ZUP 94Zürcher Umweltpraxis
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Kanton Zürich Baudirektion ZUP 94 Zürcher Umweltpraxis Monat Juli 2016 2019 Schwerpunkt: Trockensommer 2018 Naturschutz und Landwirtschaft Wetterextreme stellen Arten vor die Existenzfrage Wasser und Fischerei Wieviel Wasser ist zu wenig? Wald Trockenheit hilft Schädlingen und erhöht die Waldbrandgefahr
Vorwort von Regierungsrat Martin Neukom Bloss eine Laune der Natur? 3 Trockensommer 2018 / Einführung Sommer 2018: Dürre im Wasserschloss 5 Trockensommer 2018 / Landwirtschaft 2018 – Sonne und Schatten für die Landwirtschaft 7 Trockensommer 2018 / Wasser Wieviel Wasser ist zu wenig? 11 Zürcher Umweltpraxis (ZUP) Trockensommer 2018 / Fischerei Informations-Bulletin der Umweltschutz- Fachverwaltung des Kantons Zürich Fische brauchen kühles Wasser 15 26. Jahrgang Inhalt Trockensommer 2018 / Wald Die inhaltliche Verantwortung liegt bei Borkenkäfer, Zwangsnutzung den am Anfang jedes Beitrags genannten Personen bzw. bei der Verwaltungsstelle. und Waldbrandgefahr 17 Redaktion, Koordination und Produktion Trockensommer 2018 / Naturschutz Leitung der Gesamtproduktion: Koordinationsstelle für Umweltschutz Wetterextreme stellen seltene Arten des Kantons Zürich (KofU), Baudirektion vor die Existenzfrage 21 Postfach, 8090 Zürich Telefon 043 259 24 17, kofu@bd.zh.ch Redaktorin: Trockensommer 2018 / Boden Isabel Flynn, isabel.flynn@bd.zh.ch Staubtrocken ! Wo Pflanzen Redaktionsteam am schnellsten durstig sind 23 Daniel Aebli (Tiefbauamt/Lärm) Daniela Brunner (AWEL Amt für Abfall, Wasser, Energie und Luft/Betriebe) Trockensommer 2018 / Betriebe Isabel Flynn (Redaktorin, KofU) Ohne Wasser stünden die Maschinen still 27 Franziska Heinrich (ALN/Amt für Landschaft und Natur) Wasser Thomas Hofer (Statistisches Amt) Sarina Laustela (Stadt Uster) Der schlaue Weg zum Schutz Thomas Maag (BD/Kommunikation) von Trinkwasser 29 Alex Nietlisbach (AWEL Amt für Abfall, Wasser, Energie und Luft/Energie) Nicole Schwendener-Perret (KofU) Lärm Fabio Wintsch (Gemeindeberatung, Springer) Klangqualität und Hitzeschutz Erscheinungsweise im Einklang 33 Drei- bis viermal jährlich. Gedruckt bei der Zürcher Druckerei ROPRESS Luft Abonnements Güllelager wirkungsvoll abdecken 35 Die ZUP ist kostenfrei erhältlich (gedruckt oder / und elektronisch) unter: www.umwelt- Raumplanung schutz.zh.ch l Zürcher Umweltpraxis; kofu@bd.zh.ch. Dort oder per Mail sind Raumentwicklung: auch Adress- und Abonnementsänderungen Wie wollen Menschen leben? 37 möglich. Nachdruck Wald / Naturschutz Die in der Zürcher Umweltpraxis (ZUP) «Winti»-Ranger im Einsatz erscheinenden Beiträge sind unter Quellen- angabe zur weiteren Veröffentlichung frei. für Wald und Natur 41 Bei Kontaktnahme (Tel. 043 259 24 18) stehen auch die verwendeten Grafiken zur Verfügung. Umweltbildung Belege sind erbeten an die Koordinations- stelle für Umweltschutz des Kantons Zürich, Zombies, Regenwürmer, Postfach, 8090 Zürich. Umweltschutz … ein Erlebnis 43 Quelle Äcker und Sommerkulturen litten ganz beson- Impressum 2 ders unter dem trockenen Sommer 2019. Recht und Vollzug, verbreitete Irrtümer 4 Quelle: messager1708, pixabay, Pixabay Publikationen, Vermischtes, Veranstaltungen 45 Licence Gedruckt auf 100 % Recyclingpapier Sämtliche erschienenen ZUP-Beiträge finden Sie Refutura mit dem blauen Engel, über die Artikelsuche auf www.umweltschutz.zh.ch/zup klimaneutral und mit erneuerbarer Hier können Sie auch direkt auf Themenhefte und Themen- Energie schwerpunkte zugreifen. www.umweltschutz.zh.ch/zup
Editorial 3 ZUP Nr. 94 Juli 2019 Vorwort: Bloss eine Laune der Natur? Der Trockensommer 2018 ist aus physikalischer Sicht das Ergebnis komplexer klimatischer Prozesse, und daran liegt es unter anderem, dass er auf der poli- tischen Ebene viele Interpretationen zulässt, leider auch völlig absurde. Er wird zu einer «Laune der Natur» verharmlost, von Akteuren, deren Politik nicht minder launenhaft ist und die den Klimawandel nur als ein Modethema betrachten. So entsteht ein Geschwätz, das verschleiert, dass der Klimawandel eine wissen- schaftlich untermauerte Tatsache ist – und für den Menschen eine der grössten Herausforderungen aller Zeiten. «Der wichtigste Grund für politisches Handeln liegt darin, Katastrophen zu ver- meiden», sagte der Historiker Niall Ferguson neulich in der «ZEIT», und dem kann ich mich nur anschliessen. Nun war der Sommer 2018 vielleicht noch keine wirkliche Katastrophe, aber er gab uns eine Vorstellung davon, wie eine solche Martin Neukom aussehen könnte. Regierungsrat und Baudirektor Kanton Zürich Für die kälteliebenden Fischarten im Zürcher Rheinabschnitt war die Katastro- phe bereits Tatsache. Hier wurden rund zwei Tonnen tote Fische eingesam- melt, unter anderem Äschen, von denen es dort nun bloss noch einen kleinen Restbestand gibt. 90 Prozent der Äschen im Rhein sind im Trockensommer 2018 verendet. Der Bestand wird sich zwar erholen, in der Thur ist die Zahl der Äschenlarven hoch, aber es ist unübersehbar, dass solche Wetterextreme den Artenschwund beschleunigen. Das gilt auch für die Fichten, deren Bestände im Mittelland drastisch zurückgehen werden. Wir können uns dieser Situation ein Stück weit anpassen, etwa durch einen Baumartenwechsel in den Wäldern, vorrangig ist aber unsere Verantwortung, dass der Klimawandel als solcher aufgehalten wird. Das ist nur durch eine ra- sche Dekarbonisierung zu erreichen, die einzige Massnahme, die echten Klima- schutz bedeutet. Regierungsrat Martin Neukom Baudirektor Kanton Zürich www.umweltschutz.zh.ch/zup
Recht und Vollzug 4 ZUP Nr. 94 Juli 2019 Baudirektor: Von Markus Kägi zu Gewässerrenaturierung Verbreitete Irrtümer Martin Neukom Am 1. Januar 2011 ist eine revidier- 5G ist eine Gefahr Baudirektor und Regierungsrat Mar- te Gewässerschutzgesetzgebung in kus Kägi ist nach drei Amtszeiten als Kraft getreten. Zu den neuen Vollzugs- für die Gesundheit Die Einführung des neuen Mobilfunk- Regierungsrat Anfang Mai zurückge- aufgaben zählen die Sicherung eines standards 5G hat schweizweit Besorg- treten. 12 Jahre hat er als Baudirektor ausreichenden Gewässerraums, die nis über mögliche damit verbundene den Kanton massgeblich geprägt. Revitalisierung der Gewässer sowie die Gesundheitsgefahren ausgelöst. Dies Neuer Baudirektor ist seit Mai 2019 ökologische Sanierung der Wasser- aufgrund mehrerer verbreiteter Irrtü- Martin Neukom, Jahrgang 1986. Er kraftnutzung. Die «Plattform Revitali- mer: schloss nach seiner Lehre als Konst- sierung» und die «Plattform Sanierung 5G ist eine neue, unbekannte rukteur ein Studium der Mechatronik Wasserkraft» unterstützen die Umset- Technologie. Falsch: 5G überträgt an der ZHAW ab und machte seinen zung. Daten zwar schneller, ist bezüglich der Masterabschluss in solaren Energie- info@wa21.ch, www.wa21.ch Funktechnik aber vergleichbar mit dem systemen. Von 2011 bis 2019 war er heute verwendeten Mobilfunkstan- Ingenieur und Produktmanager bei der Trinkwasserversorgung in schweren Mangellagen dard 4G (LTE). Neu ist also weniger die Fluxim AG. Von 2008 bis 2012 war er Technologie als die Anwendungen, die Präsident der Jungen Grünen Schweiz. Der Bundesrat hat im Mai 2019 die damit ermöglicht werden. Von 2014 bis 2019 war er Mitglied des Vernehmlassung zur neuen Verordnung 5G wird in unerforschten Fre- Zürcher Kantonsrats und der Kommis- über die Sicherstellung der Trinkwas- quenzbereichen betrieben. Falsch. sion für Planung und Bau. Von 2017 bis serversorgung in schweren Mangella- 5G wird in Frequenzbereichen betrie- 2019 war er Mitglied der Geschäftslei- gen eröffnet. Der Vollzug der Verord- ben, wie sie bereits jetzt für den Mobil- tung der Grünen Kanton Zürich und nung liegt weiterhin bei den Kantonen. funk und für WLAN verwendet werden. war im gleichen Zeitraum im Vorstand info@gs-wbf.admin.ch Sogenannte Millimeterwellen (über 20 von Fussverkehr Schweiz. GHz) werden heute nicht genutzt. Hier www.bd.zh.ch Verordnungsänderungen besteht tatsächlich noch Forschungs- In der Verordnung über den Schutz bedarf. Vollzugsschlüssel Umwelt vor nichtionisierender Strahlung (NISV) aktualisiert Für 5G gibt es keine Grenzwerte. wurden technische Anpassungen vor- Falsch: Die Grenzwerte der Verordnung Der von der Baudirektion Kanton Zü- genommen, auch um den Aufbau des über den Schutz vor nichtionisierender rich erstellte «Vollzugsschlüssel Um- 5G-Netzes vorzubereiten. Eine Ände- Strahlung (NISV) unterscheiden nicht welt» beschreibt kompakt und über- rung der Gewässerschutzverordnung zwischen den verschiedenen Techno- sichtlich die Aufgaben der Gemeinden (GSchV) tritt erst ab 2028 in Kraft: Ab logien von Mobilfunk (2G, 3G, 4G, 5G) im Umweltschutz. Er führt die gesetz- dann sollen zusätzlich kleine Abwas- und gelten auch für die neuen verwen- lichen Grundlagen auf und dient als serreinigungsanlagen mit einer Reini- deten Frequenzen. Die Einhaltung der Wegweiser zu wichtigen Informationen gungsstufe zur Elimination von Spu- Grenzwerte wird von den kantonalen wie Webseiten, Merkblättern oder Kon- renstoffen (z. B. hormonaktive Stoffe und kommunalen Fachstellen für nicht- taktstellen. oder Antibiotika) ausgebaut werden. ionisierende Strahlung streng kontrol- Jetzt wurde er von den kantonalen Der Ausbau erfolgt jedoch nur, wenn liert. Fachstellen auf den neusten Stand ge- damit die Belastung des Gewässers Die Behörden ignorieren alarmie- bracht. Die aktualisierte Version (Mai stark verringert wird. rende Studien zu 5G. Falsch. Die 2019) ist verfügbar unter www.bafu.admin.ch Beratende Expertengruppe NIS (BE- www.umweltschutz.zh.ch l «Vollzugsschlüssel RENIS) des Bundesamts für Umwelt Umwelt» Landschaftskonzept Schweiz (BAFU) sichtet und bewertet laufend Das Landschaftskonzept Schweiz die nationale und internationale For- Mehrwertausgleichsgesetz (MAG) (LKS) fördert die Zusammenarbeit zwi- schung zu gesundheitlichen Auswir- Die Kommission für Planung und Bau schen den Bundesstellen sowie den kungen von Mobilfunkstrahlung nach (KPB) präsentiert zum Mehrwertaus- Kantonen, Regionen und Gemeinden einem transparenten Bewertungsras- gleich einen sehr breitabgestützten in den Bereichen der Landschaft, Na- ter. Sollten die Ergebnisse der Bewer- Kompromiss (Vorlage 5434a). Die tur und Baukultur. Um den veränder- tung es erfordern, würde das BAFU Mehrwertabgabe beträgt für Einzonun- ten politischen, wirtschaftlichen und dem Bundesrat eine Anpassung der gen (kantonaler Mehrwertausgleich) 20 gesellschaftlichen Bedürfnissen Rech- Grenzwerte empfehlen. Prozent des Mehrwerts. Unter einem nung zu tragen, soll es angepasst Mehrwert von 30 000 Franken wird werden. Bis zum 15. September 2019 www.luft.zh.ch keine Abgabe erhoben. Die Erträge können Kantone, Gemeinden, Organi- fliessen in einen kantonalen Mehrwert- sationen und die interessierte Öffent- ausgleichsfonds. lichkeit zum aktualisierten LKS Stel- Ausbauschritt der Bahninfrastruktur Die Gemeinden können bei Auf- und lung nehmen. (STEP 2035) können die grössten Eng- Umzonungen eine Abgabe von höchs- www.uvek.admin.ch pässe im Schienennetz im Grossraum tens 40 Prozent vornehmen. Dies er- Zürich beseitigt werden. Davon pro- möglicht den Gemeinden, ihre sehr un- Ausbau des Bahnangebots fitieren einerseits jeden Tag hundert- terschiedlichen Bedürfnisse individuell im Kanton Zürich tausende S-Bahn-Passagiere, und an- wahrzunehmen. Die Gemeinden regeln Dank der beiden Schlüsselprojekte dererseits wird auch das Rückgrat des den Ausgleich in ihren Bau- und Zo- Brüttenertunnel und Ausbau des Bahn- Fernverkehrs, die nationale Ost-West- nenordnungen. hofs Stadelhofen sowie zahlreicher Achse gestärkt. www.zh.ch weiterer Massnahmen im nächsten www.zvv.ch www.umweltschutz.zh.ch/zup
Trockensommer 2018 5 ZUP Nr. 94 Juli 2019 Sommer 2018: Dürre im Wasser- schloss Ausgetrocknete Bachläufe, welke Kulturen, Waldbrand- gefahr ... 2018 war ein Grosse Hitze und Niederschlagsarmut führten 2018 vielerorts zu tiefen Ausnahmesommer, ausser- Wasserständen, teilweise sogar zu ausgetrockneten Bachläufen und toten Fischen. ordentlich trocken und sehr Quelle: adege, pixabay, Pixabay Licence heiss. Auf den folgenden 24 Seiten fasst der Themen- schwerpunkt «Trockensom- mer 2018» die Ereignisse Sommer und Herbst 2018 werden in Er- musste darum Fremdwasser zukaufen. zusammen, ordnet Folgen innerung bleiben. Die Winzer erhielten Wenig beachtet ging es auch Torfmoo- sowie getroffene Massnah- einen gehaltvollen Jahrgang, die Men- ren und Feuchtgebieten schlecht, ihnen men ein und zeigt Wege schen genossen die Badesaison, die mangelte es an Wassernachschub aus zum Umgang mit künftigen Stimmung war mediterran, nur leicht Grundwasser, Fliessgewässern und Re- Trockensommern, denn die getrübt durch das Grillverbot und das gen. So waren auch wertvolle Lebens- werden häufiger werden. gestrichene Feuerwerk zum 1. August. räume und seltene Arten zusätzlich un- Isabel Flynn Anderen war es zu heiss. Die Menschen ter Druck. Besonders feuchteliebende Redaktorin Zürcher Umweltpraxis schwitzten besonders im überwärmten Tiere wie Amphibien litten stark unter Koordinationsstelle für Umweltschutz Stadtgebiet und suchten weniger heis- der Trockenheit. Borkenkäferpopulatio- Baudirektion Kanton Zürich Telefon 043 259 24 18 se Plätze im Schatten. Besonders Kran- nen dagegen profitierten von den durch isabel.flynn@bd.zh.ch ke, Kleinkinder sowie Ältere litten. Und knappen Niederschlag und anhaltende www.umweltschutz.zh.ch/zup es war definitiv zu trocken. Das merkten Trockenheit geschwächten Bäumen. l Artikel ZUP 91, 2018: «Komfort im Landwirte, Gärtner und alle diejenigen, Sommer durch richtiges Bauen», «Le- die Balkonpflanzen giessen mussten ... Die Schweiz wird ben mit Auswirkungen des Klimawan- besonders schnell warm dels», «Neue Klimakarten zeigen, wo es Folgen der Trockenheit waren «Die Schweiz ist von der Klima- heiss ist», «Die Fichte auf dem Rückzug vor dem Klimastress», ZUP 92, 2018: offensichtlich erwärmung besonders stark betrof- «Massnahmen zum Klimawandel im Dürre und Hitze bedeuteten auch: Flüsse fen. Mit zwei Grad Celsius seit 1864 Kanton Zürich», ZUP 93, 2019: und Bäche führten extrem wenig Wasser ist die Durchschnittstemperatur mehr «Klimaänderung im Kanton Zürich» l Vermischtes, Seite 47: Erlebnistage und waren zu warm – der Rhein zeitweise als doppelt so stark angestiegen wie Klima, Klimastreik, Klima-Express, sogar 28 Grad! Eine grosse Anzahl Fische im weltweiten Durchschnitt (0,9° C). Klimapioniere wurde in wasserreichere, kühlere Ge- Die Folgen sind bereits spürbar: Die wässer versetzt, viele gingen jedoch ein.Hitzebelastung in Städten nimmt zu, Ackerkulturen wuchsen schlecht oder Niederschlagsmangel führt lokal zu verdorrten auf ausgetrockneten Böden. Wasserknappheit, steile Bergflanken in Bäume färbten sich bereits im Sommer Alpentälern werden instabiler, wie auch herbstlich ein und warfen Blätter ab. Undder Bergsturz im bündnerischen Bondo weil das Gras in den trockenen, heissen gezeigt hat. Das wichtigste Instrument Monaten nicht mehr nachwuchs, muss- im weltweiten Kampf gegen die Er- ten teilweise die Viehbestände reduziert wärmung ist die massive Senkung des Schwerpunkt werden. Ausstosses von Treibhausgasen. Im Trockensommer 2018 Rahmen des Klimaübereinkommens Der extrem trockene Sommer 2018 Weniger Sichtbares von Paris hat sich die Schweiz ver- war ein ausserordentliches Ereignis. In Neben den Fischen verendeten weni- pflichtet, ihre Emissionen bis 2030 um dieser ZUP erläutern mehrere Artikel ger offensichtlich auch andere Was- 50 Prozent gegenüber dem Stand von die Auswirkungen auf Landwirtschaft, serorganismen wie Krebse, Amphibien 1990 zu verringern». Gewässer, Fische, sensible Lebensräu- und tierische Kleinlebewesen. In Fliess- Marc Chardonnens, www.bafu.admin.ch me und Arten, Wald, Boden sowie Be- gewässern mit tiefen Pegeln konzent- triebe und zeigen Massnahmen für die rierten sich Nährstoffe und Mikroverun- Bewältigung künftiger derartiger Som- reinigungen. Kleinere Quellen tröpfelten mer (Seiten 5-28). statt zu sprudeln, manch eine Gemeinde www.umweltschutz.zh.ch/zup
Trockensommer 2018 6 ZUP Nr. 94 Juli 2019 Regenmengen im Sommerhalbjahr Jahresmitteltemperaturen Abweichung °C von der Norm 1981 – 2010 140 3.0 % der Norm 1981 – 2010 feuchter Jahr 2018: +2.3 °C 130 2.5 heisser 120 2.0 110 1.5 1.0 100 0.5 90 0.0 80 −0.5 70 −1.0 60 −1.5 trockener 50 −2.0 kühler 1880 1900 1920 1940 1960 1980 2000 1880 1900 1920 1940 1960 1980 2000 Jahre über dem Durchschnitt 1981−2010 Jahre unter dem Durchschnitt 1961−1990 Jahre unter dem Durchschnitt 1981−2010 Jahre über dem Durchschnitt 1961−1990 Der Sommer 2018 war extrem trocken, das zeigt der langjährige Verlauf der Regensumme April bis November gemittelt über die Ostschweiz. Auch die Erwärmung ist klar erkennbar (2 Grad Celsius von 1864 bis 2017 in Genf). Quelle: MeteoSchweiz Noch war es nur ein blaues Auge Trotz teilweise einschneidender Schä- hingegen gross. Spannungen sind vor- Die verantwortlichen Fachpersonen den kam der Kanton Zürich im Sommer programmiert. des Teilstabs Trockenheit des kanto- 2018 noch immer insgesamt mit einem Für den Kanton Zürich bedeutet dies vor nalen Führungsstabs behielten die zu- blauen Auge davon: Die Trinkwasser- allem, die Situation aus dem Jahr 2018 nehmend kritischer werdende Situati- versorgung war immer sichergestellt. weiter zu analysieren, zum Beispiel was on, insbesondere die Waldbrandgefahr, Es kam zu keinen ausgedehnten Wald- die Notbewässerungen wirklich ge- bränden, und immerhin konnten vie- laufend im Auge. Im Teilstab lief auch die bracht haben, und zu überlegen, wie Koordination der getroffenen Massnah- le Fische durch das Umsetzen gerettet man künftig Wasser auf die verschiede- men zusammen. Die beiden einschnei- und Schäden für den einen oder ande- nen Bedürfnisse verteilen will und wie- dendsten waren die Genehmigung von ren Landwirtschaftsbetrieb durch Not- viel Wasser dafür überhaupt zur Verfü- Notbewässerungen sowie das Feuer- bewässerungen gemildert werden. gung steht. Mit diesem Wissen kann der verbot in Waldesnähe. Zudem infor- In den folgenden Fachartikeln wird de- Kanton bereits getroffene sowie zukünf- mierte der Kanton mit seiner Webseite taillierter beschrieben, was die unmit- tige Massnahmen optimieren. www.trockenheit.zh.ch zur Lage und zu telbaren Auswirkungen der Trockenheit den getroffenen Massnahmen. und Hitze waren, was alles unternom- An den Klimawandel men wurde, um Schlimmeres zu verhin- anpassen Jahrhundertereignis dern, was die mittelfristigen Folgen sein Hier eine Auswahl von Massnahmen: MeteoSchweiz, das Bundesamt für könnten und was Kanton und Gemein- – Landwirte und Forstwirte: Meteorologie und Klimatologie, reiht den für kommende Trockenereignisse Kulturen-/Baumartenwahl, Boden- das Jahr 2018 in seinem Klimabul- wissen und anpassen müssen. bewirtschaftung und Bewässerung letin in die allgemeine Entwicklung optimieren ein: «Wärme und Regenarmut ohne Künftige Schäden minimieren – Gemeinden: Wasserver- und -ent- Ende … Zehn von zwölf Monatstempe- Laut der Klimaszenarien des Bundes- sorgungen ausbauen, Grün- und raturen lagen deutlich über der Norm, amts für Meteorologie und Klimatolo- Wasserflächen in Siedlungen för- sechs davon im extremen Bereich. Die gie Meteo Schweiz wird der Klimawan- dern, Durchlüftungsachsen erhalten andauernde Wärme führte nicht nur del vier konkrete Auswirkungen auf die – Bauherrschaften: klimagerecht zu einem neuen Jahresrekord, auch Schweiz haben: Trockenere Sommer, bauen und kühlen (Form, Materiali- das Sommerhalbjahr war so warm heftigere Niederschläge, mehr Hitzeta- en, Beschattung, Begrünung usw.) wie noch nie seit Messbeginn 1864 ge und schneearme Winter. Neben Kli- – Bevölkerung: hitzeangepasst ver- und lag 2.4° C über der Normperiode maschutzmassnahmen geht es infol- halten, Wasser sparen 1981-2010. Begleitet wurde die Re- gedessen besonders darum, sich auf – Betriebe / Gewerbe: Mitarbeiten- kordwärme von einer ungewöhnlichen allen Ebenen – Bund, Kanton, Gemein- de für Thema Hitze sensibilisieren, monatelangen Regenarmut (Grafik den, Betriebe und Bevölkerung – anzu- wassersparende Prozesse und Vor- oben). In der Ostschweiz entwickel- passen und Vorkehrungen zu treffen, behandlungsanlagen verwenden te sich das massive Regendefizit von um künftig möglichst viele Schäden zu April bis November zu einem Jahrhun- verhindern. Dies wird besonders auch Weiterlesen dertereignis. Im Mittel über die ganze Landwirtschafts- und Forstbetriebe be- l www.meteoschweiz.ch l Klima- Schweiz erreichte die Regensumme treffen, die sich künftig anders aufstel- bullettin Jahr 2018 von Juni bis August nur 71 Prozent der len müssen, was ihre Baum- und Kul- l www.klimaszenarien.ch Norm 1981– 2010. Der Juni lieferte in turenwahl sowie Bewässerung betrifft. l www.klima.zh.ch l Themenblätter einigen Gebieten nur 20 bis 40 Prozent Der letzte Sommer zeigte jedenfalls, (Publikationen Seite 46) sowie der normalen Regenmenge. Verschärft dass selbst im Wasserschloss Schweiz Massnahmenplan Anpassung an wurden die Auswirkungen der Trocken- die Ressource Wasser begrenzt ist. Das den Klimawandel heit wiederum von der durch die Hitze Bedürfnis nach Wasser für verschiede- l www.trockenheit.zh.ch verursachten höheren Verdunstung. ne Zwecke wie Landwirtschaft, Gewer- l www.trockenheit.ch (BAFU) be, Feuchtgebiete und Fischerei, aber natürlich auch für Trinkwasser, Garten- bewässerung sowie Körperpflege bleibt www.umweltschutz.zh.ch/zup
Trockensommer/Landwirtschaft 7 ZUP Nr. 94 Juli 2019 2018 – Sonne und Schatten für die Land- wirtschaft 2018 litten Ackerkulturen wie auch der Futterbau unter der brütenden Sonne sowie dem unterdurch- schnittlichen Niederschlag. Die Zuckerrüben litten sichtlich unter Hitze und Wassermangel. Teilweise mussten hohe Quelle: Jürg Hiltbrunner, Agroscope Ertragseinbussen hinge- nommen werden. Nutztiere litten unter Hitzestress. Nun sind Überlegungen zur Das Klima und der Boden einer Regi- schweiz von April bis November 2018 längerfristigen Risikoab- on beeinflussen grundsätzlich die Pro- nur gerade 59 Prozent der sonst übli- sicherung in der Landwirt- duktionsmöglichkeiten sowie das Po- chen Regenmenge (1981– 2010). Die schaft angezeigt. tenzial eines Landwirtschaftsbetriebs. Jahresmitteltemperatur lag 1,5 Grad Andreas Rüsch (Leiter Fachstellen) In Kenntnis des Klimas kann sich die über der Norm. Damit war diese Periode Martin Bertschi (Leiter Pflanzenbau) Landwirtschaft langfristig orientieren. die trockenste und wärmste seit Mess- Markus Bopp (Biolandbau / Landtechn.) Das jährliche qualitative und quantita- beginn. Das Jahr 2018 ging auch als René Gämperle (Pflanzenbau) Christof Gubler (Spezialkulturen) tive – also letztendlich das wirtschaft- eines der sonnigsten der letzten 155 Dr. Matthias Schick (Leiter Tierhaltung und liche – Produktionsergebnis eines Be- Jahre in die Geschichte ein. Milchwirtschaft) triebs ist jedoch von der entsprechen- David Szalatnay (Leiter Spezialkulturen) Daniel Widmer (Pflanzenbau) den Jahreswitterung bzw. vom Wetter Sommer-Ackerkulturen litten Strickhof, Lindau im Jahresverlauf abhängig. Wetterext- am meisten ALN, Baudirektion Kanton Zürich reme traten die letzten 15 Jahre gehäuft Die im Herbst 2017 gesäten Winterkul- Telefon 058 105 98 00 auf. 2018 war eines der extremsten. turen Getreide und Raps konnten von andreas.ruesch@bd.zh.ch im Winter aufgebauten Bodenwasser- Dr. Lukas Keller, Leiter Direktzahlungen Historische Wettersituation 2018 reserven profitieren. Bei diesen Kul- Dr. Susanne Preiswerk (Meliorationen) Mit dem April 2018 begann ein nicht turen führte die Trockenheit meist nur Abteilung Landwirtschaft (ALA) ALN, Baudirektion Kanton Zürich enden wollender Sommer, der lange in zu einer früheren Ernte als sonst. Der Telefon 043 259 27 10 / 66 Erinnerung bleiben wird. Der April war Krankheitsdruck war im Vegetations- lukas.keller@bd.zh.ch schweizweit der wärmste, gefolgt vom susanne.preiswerk@bd.zh.ch fünftwärmsten Mai seit Messbeginn Schweizer Süsskartoffeln, 1864. Im April fiel nur gerade 38 Pro- dem Klimawandel sei Dank zent der üblichen Regenmenge. Im Mai Süsskartoffeln kannte man bis vor fünf waren es immerhin 75 Prozent. Jahren hauptsächlich als Importware Mit Beginn des Sommers wurde die Si- aus warmen Ländern, weil die Knolle tuation zunehmend dramatischer. Die aus der Familie der Windengewäch- Trockenheit setzte sich unvermindert se am besten bei 25 °C wächst. Erste fort. Während der Hauptwachstums- Versuche zeigten bald, dass auch im zeit im Juni und Juli fiel weniger als die Schweizer Klima Süsskartoffeln produ- Hälfte der üblichen Regenmenge. Ver- ziert werden können. Der Klimawandel Schwerpunkt schärft wurde das Regendefizit durch kommt dieser Kultur entgegen, was die Trockensommer 2018 die extrem hohen Verdunstungsraten Wärme betrifft, jedoch ist eine Bewäs- Der extrem trockene Sommer 2018 von sechs bis neun Liter pro Quadrat- serung zwingend. Ein hoher Preisdruck war ein ausserordentliches Ereignis. In meter und Tag. Erst der August brachte aus dem Ausland, eine arbeitsintensive dieser ZUP erläutern mehrere Artikel wieder normale Niederschlagsmengen. Produktion und hohe Pflanzgutkosten die Auswirkungen auf Landwirtschaft, Diese waren jedoch nur ein Tropfen auf sorgen jedoch dafür, dass Schweizer Gewässer, Fische, sensible Lebensräu- den heissen Stein. Süsskartoffeln ein Nischenprodukt blei- me und Arten, Wald, Boden sowie Be- Mit Beginn des Herbsts ging zwar die ben werden. triebe und zeigen Massnahmen für die extreme Verdunstung zurück, die Tro- Bewältigung künftiger derartiger Som- ckenheit setzte sich aber weiter fort. mer (Seiten 5-28). Laut Meteo Schweiz fielen in der Ost- www.umweltschutz.zh.ch/zup
Trockensommer/Landwirtschaft 8 ZUP Nr. 94 Juli 2019 Niederschlag und Wasserbilanz 2018, Beispiel Flughafen Zürich 200.0 Der Auslauf der Tiere auf die Weide konnte durch Auslauf in den Laufhof er- Niederschlag und Wasserbilanz (mm) 150.0 setzt werden. Es machte keinen Sinn, die Tiere auf die Weide zu lassen, wenn dort kein Futter vorhanden war. Das 100.0 hätte höchstens zu Trittschäden auf der Grasnarbe geführt und die Bedingun- 50.0 gen für den dringend notwendigen Fol- geaufwuchs der Pflanzen verschlech- 0.0 tert. Januar Februar März April Mai Juni Juli August September Oktober November Dezember Da sich die Abreife bei Silo- und Körner- -50.0 mais um mehrere Wochen verfrühte und diese Kulturen wegen Futtermangels bereits vor Ende August geerntet wur- -100.0 den, wurde in diesen Fällen die Begrü- Niederschlag 2018 (Total: 854 mm) Niederschlag langjähriges Mittel (1961 bis 1990, Total: 1046 mm) nungspflicht für 2019 aufgehoben. Dies Wasserbilanz 2018 (Niederschlag minus Verdunstung, 300 mm) bedeutet, in diesen Fällen mussten nach der Ernte nicht zwingend Zwischen- Der Messstandort Flughafen war typisch für viele andere im Jahr 2018: In den Wintermonaten gab es überdurchschnittlich hohe Niederschläge (blau). oder Winterkulturen angesät werden. Im Sommer dagegen regnete es sehr wenig. Durch die Hitze verdunstete zudem aussergewöhnlich viel Feuchtigkeit. Standortspezifische Bewirt- Quelle: MeteoSchweiz schaftungsstrategien für Hitze und Trockenheit Fruchtbare Böden sind die Grundlage der pflanzenbaulichen und letztendlich verlauf erfreulich gering, und die Qua- Agrarvollzug: Ausserordentliche auch der tierischen Produktion. Gesun- lität des Ernteguts war gut. Insgesamt Situationen … de, durchlässige, tiefgründige und mit- kann trotz vieler Befürchtungen auf ein Aufgrund der grossen Trockenheit er- telschwere Böden liefern auch bei unre- erfreuliches Getreide- und auch Raps- liess die Abteilung Landwirtschaft 2018 gelmässigen Niederschlägen genügend jahr zurückgeblickt werden. einige Ausnahmeregelungen für die Wasser und Nährstoffe für ein gutes Sogenannte Sommer-Ackerkulturen wie Landwirte und Landwirtinnen. Die Di- Pflanzenwachstum (Artikel «Staubtro- Zuckerrüben, Sonnenblumen, Mais, rektzahlungsverordnung sieht solche cken! Wo Pflanzen am schnellsten durs- Soja und Kartoffeln dagegen, welche Ausnahmen bei ausserordentlichen tig sind», Seite 23). Wie schwer (hoher über die Sommermonate Juli und meteorologischen Ereignissen wie Dür- Tongehalt) oder leicht (hoher Sand- August wachsen, waren der extremen re, Frost, Hagelschlag oder wesentli- anteil) und wie tiefgründig der Boden Trockenheit wesentlich einschneiden- chen Abweichungen vom langjährigen ist, hängt vom Standort ab. Grundsätz- der ausgesetzt. Je nach Saatzeitpunkt, Mittel vor. lich kann dieser durch die Landwirte Lage, Bodentyp, -mächtigkeit und -be- Ab Ende Juli durften Biodiversitätsflä- kaum beeinflusst werden. Der Bewirt- arbeitung fielen die Auswirkungen von chen wie extensive und wenig intensive schafter kann allerdings durch regel- Hitze und Trockenheit aber sehr unter- Wiesen vorzeitig beweidet werden, statt mässige Zufuhr an organischem Ma- schiedlich aus. erst ab erstem September (Artikel «Wet- terial versuchen, den Humusgehalt zu Sofern die Möglichkeit zur Bewässe- terextreme stellen seltene Arten vor die erhöhen. Denn Humus speichert Was- rung der Kartoffeläcker bestand, konn- Existenzfrage», Seite 21). Mit dieser ser und Nährstoffe, was besonders bei ten teilweise Spitzenerträge in guter Massnahme sollte die Futterknappheit flachgründigen oder eher sandigen Bö- Qualität geerntet werden. Hingegen bil- entschärft werden. Zirka zweihundert den wertvoll ist. dete Mais vielerorts schwache Kolben Betriebe machten davon Gebrauch. Mit konservierender Bodenbearbei- aus, und auch die Zuckerrüben blieben tung kann zudem versucht werden, die in Ertrag und Zuckergehalt unter den Er- … erfordern ausserordentliche Wasserverdunstung zu vermindern und wartungen. Mais und Soja sind grund- Massnahmen gleichzeitig den Boden besser vor Ero- sätzlich Pflanzen, welche mit trockenen Da die Trockenheit weiter andauerte, sion zu schützen (z. B. ohne Pflugein- und warmen Bedingungen gut zurecht- wurden Anfang August weitere Ausnah- satz). Denn trotz Zunahme von Hitze kommen. In der frühen Jugendentwick- men beschlossen: und Trockenphasen muss die Landwirt- lung und vor allem wenige Wochen vor Bei der Nährstoffbilanz 2018, einem schaft auch vermehrt mit Extremnie- und nach der Blüte reagieren allerdings wichtigen Pfeiler für Direktzahlungen im derschlägen rechnen. Durch eine gute beide Pflanzen empfindlich auf Hitze Rahmen des Ökologischen Leistungs- Bodenlockerung (pflanzlich oder me- und Trockenheit, was zu weniger Ertrag nachweises (ÖLN), durften statt der tie- chanisch) können die Wasserinfiltration führt. Üblicherweise verbreitete Pilz- fen Erträge 2018 die Erträge der Bilanz erhöht und das Wassererosionsrisiko krankheiten spielten 2018 in der Regel 2017 als Referenzwert eingesetzt wer- vermindert werden. Auch die Pflanzen- eine sehr geringe Rolle. Hingegen traten den. Damit wollte man Härtefälle verhin- wahl entscheidet über Erfolg oder Miss- vielerorts Schadinsekten stärker auf. dern, da der termingerecht ausgebrachte erfolg. Im Gegensatz zum langlebigen Dünger von den Pflanzen wegen der Tro- System Wald kann sie in der Landwirt- ckenheit nicht in Ertrag umgesetzt wer- schaft auch relativ kurzfristig verändert den konnte. Die Auflagen für die Bilanz werden. wären nicht mehr zu erfüllen gewesen. www.umweltschutz.zh.ch/zup
Trockensommer/Landwirtschaft 9 ZUP Nr. 94 Juli 2019 Schon ab 24 Grad Celsius geraten Rinder in Hitzestress und fühlen sich unwohl, Kühe produzieren weniger Milch. Stalllüftung und Ventilatoren sind dann wichtige Massnahmen. Quelle: agrotech.ch Ammoniakverlustrisiko vielen Betrieben durch teure Zukäufe tiere sehr stark gefordert und teilweise bei Extremwetter ausgeglichen werden. Im Rahmen bäu- auch überfordert. Hitze und Trockenheit bedeuten jedoch erlicher Selbsthilfe hat der Zürcher Bau- auch ein erhöhtes Ammoniakverlust- ernverband deshalb im Sommer 2018 Massnahmen für das Tierwohl risiko (Artikel «Güllelager wirkungsvoll eine eigene Futtermittelbörse ins Leben Als erste und einfachste Massnahme abdecken», Seite 35). Die Landwirt- gerufen. zur Vermeidung von Hitzestress inten- schaftsbetriebe sind also bei solchen Teilweise wurden aufgrund der Futter- sivieren Betriebe die Stalllüftung. Eine Wetterextremen auch im Umweltschutz knappheit im Sommer 2018 auch Kühe mechanische Unterstützungslüftung ist stark gefordert. Ansätze gegen erhöhte viel früher als üblich und zu deutlich Ammoniakverluste sind: Stickstoffdün- niedrigeren Preisen geschlachtet. ger früher im Vegetationsverlauf aus- bringen, Stickstoffmineraldünger in Kühe mögen es gerne kühl flüssiger Form ausbringen, stickstoff- Langanhaltende Hitzeperioden wie haltige Dünger in den Boden einarbei- 2018 bedeuten Stress für Mensch und ten, Gülle gut verdünnen bzw. ansäuern Tier. Die tierischen Leistungen sinken. oder stabilisierte Stickstoffdünger ein- Kühe fühlen sich bei Temperaturen zwi- setzen. Um gasförmige Stickstoffver- schen 4 °C und 16 °C und einer Luft- luste möglichst gering zu halten, emp- feuchtigkeit von 50 bis 80 Prozent wohl. fiehlt die gute landwirtschaftliche Praxis Dann können sie ihr Leistungspotenzial beispielsweise Schleppschläuche zu voll ausschöpfen. verwenden, die Stickstoffdüngung auf Schon ab einer Umgebungstemperatur den Pflanzenbedarf auszurichten und von 24 °C werden beim Rind erste An- sie auf mehrere Gaben aufzuteilen. zeichen von Hitzestress erkennbar, egal ob es im Laufstall oder auf der Weide Das Futter wurde knapp gehalten wird. Solche Stresssympto- Eine sehr negative Auswirkung auf die me sind zum Beispiel erhöhte Atemfre- landwirtschaftliche Produktion hatte quenz, verkürzte Liegedauer, reduzier- das verminderte Wachstum der Gräser te Futteraufnahme, ein Rückgang der Bei Trockenheit und Hitze gab es nur wenig Futter auf den Weiden. auf den Wiesen und Weiden. Je nach Milchleistung sowie ein vermindertes Quelle: ALN Region mussten bereits Ende Juli Win- Brunstverhalten. Im Sommer 2018 mit terfuttervorräte verfüttert werden. Die seiner mehrwöchigen Hitzeperiode war zu geringen Futtervorräte mussten bei das Anpassungsvermögen der Nutz- www.umweltschutz.zh.ch/zup
Trockensommer/Landwirtschaft 10 ZUP Nr. 94 Juli 2019 auf jeden Fall sinnvoll und hilft, die gros- sen Wärmemengen, welche die Kühe produzieren, aus dem Stall zu transpor- tieren. Bei der Milchviehfütterung müssen ebenfalls einige wesentliche Vorgaben beachtet werden. Kühe nehmen bei grosser Hitze bis zu 170 Liter Trinkwas- ser je Tag auf. Ausserdem sollte bei Hit- zeperioden zehn bis zwanzig Prozent mehr Mineralfutter und Viehsalz in die Ration gegeben werden, um die erhöhte Ausschwemmung auszugleichen. Falls in Hitzeperioden noch geweidet werden kann, ist unbedingt auf eine ausreichende Wasserversorgung auf der Weide sowie auf Schatten für die Tiere zu achten. Die Nachtweide bietet Ein Sektor, der vom Sommer 2018 profitierte, dann auf jeden Fall Vorteile. war der Weinbau mit einem ausserordentlich guten Jahrgang. Futterbaulich hat sich die Anlage von Quelle: Marianne Baracchi-Meier, Strickhof Kleegrasmischungen in Trockenperio- den als vorteilhaft herausgestellt, da der Bewässerungsinfrastruktur Klee als Tiefwurzler in tieferen Boden- bescherte der «Sommer ohne Ende» für die Landwirtschaft schichten noch Wasser und Nährstoffe den Traubenproduzenten und Winzern Die Sicherung der Wasserverfügbar- erreichen kann. Meisterin der Trocken- ein Jahr mit extrem früher Weinlese und keit bereitet vielen Gemüsebetrieben heitsbewältigung ist die Luzerne, eine ausserordentlicher Traubenqualität. Sorgen. Infolge zurückgehender Pegel- Leguminosenart, welche sehr tief wur- stände aufgrund abnehmender Nieder- zelt. schläge im Sommer werden an Land- Kurz zusammengefasst wirte erteilte Wasserrechte zum Bezug Schlüsselfaktor Bewässerung – Wetterextreme wie 2018 erlebte die von Grund- oder Oberflächenwasser Trockenheit und Hitze kann für sensible Landwirtschaft in den letzten 15 teilweise nicht mehr erneuert. Beim Pflanzen mit einem kleinen Wurzelwerk, Jahren vermehrt. Trinkwasser entscheidet die jeweilige also für viele Gemüsearten oder frisch – 2018 machte vor allem die langan- Gemeinde, ob, wann, wo und zu wel- gepflanzte Bäume und Reben, zum Pro- haltende Trockenheit zu schaffen. chem Preis sie Wasser an die Land- blem werden, wenn keine Bewässerung – Es fehlten grosse Mengen an Fut- wirtschaft liefert und ob sie es in fünf möglich ist. Glücklicherweise muss- ter, was zu teuren Futterzukäufen Jahren auch noch tun will. Im Furttal, te 2018 im Kanton Zürich dank ausrei- und teilweise frühzeitigen Schlach- in Steinmaur, in Alten, Flaach und Dät- chender Wasserreserven kein Bewäs- tungen führte. wil sind gemeinschaftliche Anlagen serungsverbot ausgesprochen werden. – Einzelne Kulturen konnten gar von in Planung, Bau oder Betrieb, welche Rund 60 Landwirtschaftsbetriebe nutz- der Witterung 2018 profitieren, zum diese Liefersicherheit für 20 bzw. 30 ten 2018 die vom Kanton beschlossene Beispiel die Reben. Jahre gewährleisten. Die jeweilige Ge- Möglichkeit zur Notbewässerung aus – Im Agrarvollzug mussten Ausnah- nossenschaft beantragt ein eigenes grösseren Zürcher Gewässern (Artikel men gewährt werden, um finanziel- Wasserrecht und beliefert ihre Mitglie- «Wieviel Wasser ist zu wenig?», Seite le Härtefälle zu vermeiden. der mit Wasser. Damit werden kleinere 11). Das AWEL erteilte den einzelnen – Tiere geraten in Hitzestress. Küh- Gewässer, Grundwasservorkommen Gemeindebehörden die Kompetenz lung durch Ventilatoren und reich- und insbesondere die Trinkwasser- zur Bewilligung einer Wasserentnah- lich Wasserzufuhr lindern den versorgungen entlastet. Da im Kanton me in den heissesten Sommerwochen Stress. Zürich jedoch die konzessionierbaren aus dem Zürich-, Greifen- und Pfäffiker- – Im Futterbau können Mischungen Wassermengen begrenzt sind, steht see sowie aus der Glatt, der Reuss und verschiedener Arten besser mit ext- die Nutzung von Oberflächengewäs- der Thur. Dadurch konnte punktuell das remen Witterungsbedingungen um- sern durch die Landwirtschaft im Kon- komplette Austrocknen von Wiesen, gehen. flikt mit Interessen von Naturschutz, Mais, Gemüse sowie jungen Obst- und – Für Spezialkulturbetriebe ist eine Fischerei und weiteren Nutzniessern. Christbäumen verhindert werden. Bewässerungsmöglichkeit in sol- Bewässerungsgenossenschaften, de- Bewässerungsverbote hätten für Spezi- chen Situationen existenziell. ren Wasserrechte in den nächsten alkulturbetriebe weitreichende Folgen: Jahren ablaufen, müssen ihr Konzes- geringe Erträge, mangelnde Qualität sionsgesuch mit gewichtigen Argu- und in der Folge grosse finanzielle Ein- menten einreichen und bei Erneuerung bussen. Dank grossem Aufwand, ver- der Konzession mit einer Laufzeit unter bunden mit zusätzlichen Kosten, konn- zehn Jahren rechnen. ten die Zürcher Betriebe mit gezielter Bewässerung dafür sorgen, dass den- noch ansprechende Erträge in Spitzen- qualität geerntet werden konnten. So www.umweltschutz.zh.ch/zup
Trockensommer / Fischerei 15 ZUP Nr. 94 Juli 2019 Fische brau- chen kühles Wasser Nicht nur die Lufttempera- tur erreichte im Sommer 2018 Spitzenwerte, sondern auch die Wassertempera- turen. Der aussergewöhn- liche Sommer setzte den Fliessgewässern und seinen Zonen mit kühlen Grundwasseraufstössen im Rhein werden von den Fischen Bewohnern im Kanton während Hitzeperioden als Rückzugsort genutzt. Zürich besonders stark zu. Eine temporäre Absperrung schützt sie vor dem regen Badebetrieb. Vor allem kälteliebende Quelle: FJV Fischarten wie die Bach- forelle und die Äsche litten unter den extremen Wetter- bedingungen. Für den Metabolismus von aquatischen reits in sämtlichen Unterläufen aller Ein- Maja Kevic, Praktikantin Lebewesen, insbesondere Fischen, ist zugsgebiete vorhanden. Es ist davon Lukas Bammatter, Adjunkt Fischerei die Temperatur ein zentraler Faktor. Die auszugehen, dass die höheren Was- Fischerei- und Jagdverwaltung Umgebungstemperatur beeinflusst so- sertemperaturen einen massgeblichen Amt für Landschaft und Natur ALN Baudirektion Kanton Zürich wohl biochemische wie auch physische Faktor für den starken Fischrückgang Telefon 043 257 97 56 Prozesse der Fische entscheidend. Je in den Fliessgewässern darstellen. lukas.bammatter@bd.zh.ch nach Entwicklungsstadium können die www.fjv.zh.ch Temperaturbedürfnisse ganz unter- 2018 wurden tausende Fische schiedlich sein. Während die Forelle im umgesiedelt Eistadium maximal 15 Grad erträgt, liegt Nachdem seit April Niederschläge weit- die Toleranzgrenze bei den erwachse- gehend ausgeblieben waren, traten be- nen Tieren bei über 25 Grad. reits Ende Juni durch die tiefen Was- serpegel erste Probleme auf (Artikel Fische bekommen Herzrasen «Wieviel Wasser ist zu wenig?», Seite und sind anfällig für Krankheiten 11). Ab diesem Zeitpunkt mussten re- Bei kälteliebenden Fischarten wie der gelmässig Bäche abgefischt werden, Forelle oder der Äsche bedeuten hohe die auszutrocknen drohten. Die Lage Wassertemperaturen einen grossen spitzte sich bis Anfang August weiter metabolischen Umsatz. Dies erzeugt zu. In gewissen Regionen, insbeson- einen höheren Bedarf an Sauerstoff, der dere im Einzugsgebiet der Töss, fielen durch einen erhöhten Herzschlag aus- nahezu sämtliche Bäche trocken. Die geglichen wird. Dauert dieser Zustand Fischereiaufseher und ihre nebenamt- über längere Zeit an, bedeutet das lichen Helfer mussten insgesamt rund einen erheblichen Stress für das Tier 200 Trockenheitsabfischungen durch- und kann, auch wenn genügend Sauer- führen und tausende Fische aus über stoff im Wasser gelöst ist, zu einem 120 Kilometer Fliessgewässerstrecke Organversagen führen. Weissfische wie in wasserreichere Abschnitte umsie- Karpfen, Rotaugen oder Alet weisen deln. Trockenheitsbedingte Abfischun- Schwerpunkt gegenüber warmen Temperaturen eine gen haben 2018 die Zahlen der letzten Trockensommer 2018 deutlich höhere Toleranz auf als Salmo- Jahre um ein Vielfaches überstiegen. Der extrem trockene Sommer 2018 niden wie Forelle und Äsche. war ein ausserordentliches Ereignis. In Zusätzlich treten parasitäre Krankhei- Der Rhein war 2018 viel zu warm dieser ZUP erläutern mehrere Artikel ten wie zum Beispiel die Proliferative Den Fischen im Rhein setzte insbeson- die Auswirkungen auf Landwirtschaft, Nierenkrankheit (PKD) bei wärmeren dere die hohe Wassertemperatur stark Gewässer, Fische, sensible Lebensräu- Wassertemperaturen verstärkt auf. Im- zu. Sie lag über mehrere Wochen fast me und Arten, Wald, Boden sowie Be- Zusammenspiel mit der reduzierten Im- durchgehend bei 25 Grad und darüber. triebe und zeigen Massnahmen für die munabwehr der hitzegestressten Forel- Ab dem 3. August wurden vermehrt veren- Bewältigung künftiger derartiger Som- le führt PKD zu einer hohen Mortalität. dete Fische gefunden. Das Fischsterben mer (Seiten 5-28). Im Kanton Zürich ist die Krankheit be- nahm bis zum 6. August stetig zu. Erst www.umweltschutz.zh.ch/zup
Trockensommer / Fischerei 16 ZUP Nr. 94 Juli 2019 Kein Wasser in Sicht. Aus über 120 Kilometer Fliessgewässerstrecke mussten die Fischereiaufseher im Kanton Zürich die Fische in wasserreichere Abschnitte umsiedeln. Quelle: FJV ein grösseres Gewitter am 9. August ist die Sohle mit einer ausgepräg- Konzepte für kommende entspannte die Situation. Auf dem Zür- ten Niederwasserrinne zu versehen, Trockenperioden cher Rheinabschnitt wurden rund zwei um auch bei Niedrigabflüssen ausrei- Zuletzt braucht es auch aufseiten Tonnen tote Fische von der Fischerei- chend tiefe Fliesspartien sicherzustel- der Wassernutzung griffige Konzepte. aufsicht und den Revierpächtern einge- len. Nicht zuletzt braucht es eine regel- Durch Wasserentnahmen wie zum Bei- sammelt. Es handelte sich grösstenteils mässige Abfolge an tiefen Kolken, die spiel für die Bewässerung von Agrar- um Äschen, Aale, Alet, Barben und Fo- kühles Wasser speichern und ein idea- flächen kann sich das Niedrigwasser- rellen. Vereinzelt waren auch Karpfen so- les Rückzugsrefugium bei längeren Hit- problem während der Trockenperioden wie weitere Weissfische betroffen. zeperioden für die Fische bilden. zusätzlich verschärfen. Es muss eine Lösung gefunden werden, wie spezi- Kühles Wasser durch Kaltwasserzonen ell während Trockenphasen das Was- Beschattung und tiefe Kolke im Rhein schaffen ser genutzt werden darf. Vorstellbar ist Da in Zukunft vermehrt mit ausgepräg- In den Nachbarkantonen Schaffhau- zum Beispiel ein Notfallkonzept, das ten Hitze- und Trockenheitsphasen zu sen und Thurgau haben künstlich ge- bei extrem niedrigen Abflüssen und ho- rechnen ist, kommt der naturnahen Ge- schaffene Kaltwasserzonen an Bach- hen Wassertemperaturen die Wasser- staltung von Fliessgewässern beson- mündungen im Rhein grosse Wirkung entnahmen für die Landwirtschaft ein- dere Bedeutung zu. Damit sich Flüsse gezeigt. Vor allem Äschen und Forellen schränkt oder kurzzeitig untersagt. und Bäche bei starker Sonneneinstrah- schwammen stellenweise zu Tausen- lung nicht zu stark erwärmen, müssen den in die bis zu zehn Grad kühleren Ge- sie durch möglichst üppigen Uferbe- wässerbereiche. Nicht überraschend wuchs beschattet werden. Ausserdem konnte man bei Bestandeserhebun- gen im 2019 in den Abschnitten dieser Kaltwasserrefugien noch am meisten Äschen feststellen. Für die Zukunft sol- len deshalb diese Kaltwasserzonen noch weiter ausgebaut und optimiert werden. Da es im Zürcher Rhein nur wenige grössere, kühle Zuflüsse gibt, ist nun geplant eine Stelle mit starken Grund- wasseraufstössen für die Nutzung als Äschen haben es nicht gerne warm. Kaltwasserrefugium aufzuwerten. Dazu Quelle: FJV soll im Rhein ein Damm geschüttet wer- den, der das warme Rheinwasser wäh- rend einer Hitzeperiode abweist und dahinter das kühle Grundwasser als Zu- fluchtsort für die Fische sammelt. www.umweltschutz.zh.ch/zup
Trockensommer / Wald 17 ZUP Nr. 94 Juli 2019 Borkenkäfer, Zwangs- nutzung und Waldbrand- gefahr Bei extremer Trocken- heit wachsen die Wälder schlechter und werden anfällig auf Schädlinge wie den Borkenkäfer. Wegen Waldbrandgefahr wurde im letzten Sommer ein Feuerverbot im Wald und in Waldesnähe ausgespro- chen. Als langfristige Stra- tegie bleibt vor allem die vorbeugende Verjüngung des Waldes mit weniger anfälligen Baumarten. Urs Kamm, Waldentwicklung und Ressourcen Abteilung Wald Amt für Landschaft und Natur ALN Baudirektion Kanton Zürich Telefon 043 259 51 25 urs.kamm@bd.zh.ch www.wald.kanton.zh.ch www.trockenheit.zh.ch Voraussichtlich ab Juli: www.zh.ch/waldbrandgefahr Waldrand in Bülach am 25. Juli 2018: Während die Eichen trotz Trockenheit l BAFU grün im Saft stehen, zeigen die Buchen, die weniger tief wurzeln, zum Teil www.waldbrandgefahr.ch bereits im Sommer eine herbstliche Blattfärbung. Quelle: Urs Kamm, Abt. Wald flamma@bafu.admin.ch l ZUP91, Artikel «Die Fichte auf dem Rückzug vor dem Klimastress» l Veranstaltungen Seite 48, «Wald im Klimawandel» Wie sich die extreme Sommertrocken- Vorzeitige Herbstfärbung und heit 2018 direkt auf den Wald und die Blattabwurf als kluge Strategie Bäume auswirkte, war im letzten Som- In ihrem langen Leben müssen Bäume mer für aufmerksame Waldspazier- mit hoher Wahrscheinlichkeit Phasen gängerinnen und -spaziergänger gut erhöhter Trockenheit überstehen und sichtbar. Schon Ende Juli sah es man- können diesen nicht durch Abwande- cherorts aus wie im Herbst – verfärb- rung ausweichen. Deshalb haben Bäu- te Baumkronen und trockenes Laub me «Strategien» für den Umgang mit Schwerpunkt am Boden (Foto oben). Jedoch wer- Wassermangel entwickelt. Um die Ver- Trockensommer 2018 den nicht alle Baumarten gleichermas- dunstung und somit den Wasserver- Der extrem trockene Sommer 2018 sen von einer solchen Trockenheit be- brauch zu reduzieren, verschliessen sie war ein ausserordentliches Ereignis. In einträchtigt. Bei den Laubbaumarten litt als Erstes die Spaltöffnungen («Poren») dieser ZUP erläutern mehrere Artikel die im Zürcher Wald mit Abstand häu- der Blätter. Hält die Trockenheit länger die Auswirkungen auf Landwirtschaft, figste Baumart, die Buche, am stärksten an, verfärben sich die Blätter, denn Blatt- Gewässer, Fische, sensible Lebensräu- und hatte braune Kronen, während be- grün sowie eingelagerte Nährstoffe wer- me und Arten, Wald, Boden sowie Be- nachbarte Eichen weiterhin ein grünes den aus ihnen abtransportiert, dann wer- triebe und zeigen Massnahmen für die Blätterkleid trugen. den die Blätter frühzeitig abgeworfen. Bewältigung künftiger derartiger Som- mer (Seiten 5-28). www.umweltschutz.zh.ch/zup
Trockensommer / Wald 18 ZUP Nr. 94 Juli 2019 Sehr starke Trockenheit wie im Som- Waldbrandgefahr und Feuerverbot mer 2018 führt neben vorzeitigen Blatt- Warnungen bzw. Feuerverbote im Wald abwürfen auch vereinzelt zum sponta- stützen sich auf die Gefahrenbeurtei- nen Abbrechen ganzer und noch grüner lung durch die kantonalen Forstdiens- Äste. Ein bekanntes Phänomen, das te. Im Kanton Zürich schätzt der Forst- sich Sommerbruch beziehungsweise dienst die Waldbrandgefahr jeweils Grünastabbruch nennt (Plakat rechts). durch Umfragen bei den Revierförstern ein. Zuständig für ein allfälliges Feu- Erhöhte Waldbrandgefahr erverbot in Wald und Waldesnähe ist im August 2018 der Kantonsforstingenieur. Dieses gilt Eine weitere direkte Auswirkung der auf dem ganzen Kantonsgebiet. Für grossen Sommertrockenheit war die das restliche Gebiet (Feld und Flur, Waldbrandgefahr. So musste der Kan- Siedlungsgebiet) sind die Gemeinden ton Zürich kurz vor dem Nationalfeier- zuständig, das heisst, jede Gemeinde tag vom 1. August nach wochenlanger kann für ihr Territorium selbst ein ent- Trockenheit und anhaltend hohen Tem- sprechendes Verbot erlassen. peraturen ein absolutes Feuerverbot in Die Website des Kantons informiert Wäldern und in Waldesnähe ausspre- über die Waldbrandgefahr, die Mass- chen. Im Abstand von 200 Metern zum nahmen und die genauen Bestimmun- Waldrand war es weder erlaubt zu gril- gen. Bei einem Feuerverbot bringen Bei einem Feuerverbot bringen lieren noch Feuerwerk abzubrennen. die Revierförster an Waldeingängen die Revierförster an Waldeingängen Erst nach über 40 Tagen konnte dieses und Feuerstellen Plakate an. und Feuerstellen Plakate an. Quelle: Abteilung Wald Verbot nach kräftigen Regenfällen wie- Der Kanton prüft zurzeit die Entwick- der aufgehoben werden. lung von Empfehlungen für die Ge- Erfreulicherweise stiess die Massnah- meinden bei der Umsetzung eines me bei der Bevölkerung auf grosses Feuerverbots. Verständnis und wurde weitgehend ein- gehalten. Die Präventionsmassnahmen Erich Good, Waldentwicklung und Ressour- cen, Abteilung Wald, Kanton Zürich, haben sich bewährt: Es wurden im Kan- Telefon 043 259 2978, erich.good@bd.zh.ch ton keine grösseren Brände registriert (Infotext rechts). Borkenkäfer profitieren doppelt von der Trockenheit Durch Trockenheit gestresste Bäume wachsen nicht nur schlechter, sie sind Die Populationen des Buchdruckers wa- auch weniger widerstandsfähig und so- ren bereits 2017 relativ gross (Grafik Sei- mit anfälliger für Krankheiten und Schäd- te 19). Dann fegte Anfang Januar 2018 linge. Ein bekanntes Beispiel für den en- der seit Lothar stärkste Sturm in der gen Zusammenhang von Trockenheit, Schweiz – der Wintersturm «Burglind» Wärme und Waldschäden sind die Bor- – über das Land und sorgte für reich- kenkäfer, allen voran der Buchdrucker lich vorhandenes Brutmaterial für den Wie diese Gefahrentafel an der häufigsten Nadelbaumart Fichte. Borkenkäfer. Im Kanton Zürich betrug der Stadt Zürich zeigt, bestand Während eine vitale Fichte anbohrende die Schadholzmenge rund 145 000 Ku- nicht nur Brandgefahr. Quelle: Abteilung Wald Borkenkäfer durch Harzfluss abwehren bikmeter, wobei es sich bei drei Vierteln kann, ist ein trockengestresster Baum des Schadholzes um Fichten handel- den Käfern weniger gut gewachsen. Ne- te (in einem normalen Jahr werden zwi- ben den reduzierten Abwehrmöglichkei- schen 400 000 und 500 000 Kubikmeter ten des Baums ist auch die Anzahl der Holz geschlagen). So waren die Vermeh- Bekämpfungsmassnahmen durch Borkenkäfer für die erfolgreiche Besie- rungsmöglichkeiten für die Borkenkä- Pauschalbeiträge ergänzt delung eines Baums massgebend. fer bereits Anfang 2018 beinahe ideal. Kantonsweit wurden 2018 im Vergleich Der markante Temperaturanstieg im zum Vorjahr gut doppelt so viele Be- Frühjahr und die folgende Sommertro- fallsherde gezählt. Die Anzahl der ge- ckenheit waren folglich die Ursache da- fundenen Käfernester war 2018 fast für, dass viel mehr Bäume durch den so hoch wie im Extremjahr 2003, wo- Käfer befallen wurden und vorzeitig als bei die Werte von 2003 regional deutlich «Käferholz» geschlagen werden muss- übertroffen wurden. Als Präventions- ten. Die Käfer profitieren auch direkt und Bekämpfungsmassnahmen wur- vom warmen trockenen Klima, da die den Fichtenstämme geschält, gehackt Entwicklungsgeschwindigkeit der Lar- oder auf Zwischenlager ausserhalb Wegen der charakteristischen ven temperaturabhängig ist. So konn- des Walds transportiert. Die Abteilung Frasspuren wird der Borkenkäfer ten 2018 drei Borkenkäfergenerationen Wald unterstützte die Förster und Wald- auch Buchdrucker genannt. Quelle: Petr Kapitola, CISTA heranwachsen, während im «Normal- eigentümer mit Pauschalbeiträgen, wel- fall» nur zwei Generationen pro Saison che zumindest einen Teil der «käferbe- möglich sind. dingten» Mehrkosten decken konnten. www.umweltschutz.zh.ch/zup
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