FORUM Das Magazin Der - Gut vernetzt Von Netzwerkforschung und vernetzter Forschung - Universität Mannheim

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FORUM Das Magazin Der - Gut vernetzt Von Netzwerkforschung und vernetzter Forschung - Universität Mannheim
Ausgabe 2/2013

FORUM                       Das Magazin der
                            Universität Mannheim

Gut vernetzt
Von Netzwerkforschung und
­vernetzter Forschung
FORUM Das Magazin Der - Gut vernetzt Von Netzwerkforschung und vernetzter Forschung - Universität Mannheim
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Schloss Ostflügel, Schneckenhoffoyer
Öffnungszeiten:
Montag bis Donnerstag von 9.30 - 19.30 Uhr
Freitag von 9.30 - 14.00 Uhr
In den Semesterferien:

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Montag bis Freitag von 10.00 - 14.00 Uhr

                                                                                              t i o
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FORum 2/2013                                                                                                                             EDItORIAL     3

      Liebe Leserinnen und Leser,                                             Dear Readers,

      über 3.500 Erstsemester beginnen jetzt an unserer Universität das       Over 3,500 first year students will now be commencing their studies
      Studium. Begrüßt werden sie traditionell mit dem Schlossfest, das in    at our university. They will be traditionally welcomed at the Schloss-
      diesem Jahr am 7. September stattfindet. Dabei können auch alle         fest, which this year is taking place on 7th September. Here all other
      anderen Universitätsangehörigen, Freunde und Bürger die Universi-       university staff, friends and citizens have the chance to discover or
      tät und ihr Schloss neu- oder wiederentdecken. Seit nunmehr zehn        re-discover their Palace. For more than ten years now the university
      Jahren veranstaltet die Universität das Schlossfest mit einer bewähr-   has been organizing the Schlossfest with a well-tried mix of art,
      ten Mischung aus Kunst, Kultur, Wissenschaft und Party (S. 44).         culture, science and party (p. 44). This is all made possible by
      Ermöglicht wird dies durch Sponsoren wie Hays und zahlreiche            sponsors like Hays and numerous partners in the cultural area as well
      Kulturpartner sowie dem Alumninetzwerk ABSOLVENTUM.                     as the alumni network ABSOLVENTUM.
          Das Schlossfest ist ein Beispiel dafür, was ein Netzwerk leisten    The Schlossfest is an example of what a network can achieve. The
      kann. So profitiert die Universität hier jedes Jahr wieder von ihren    University thus profits each year from its connections with the city
      Verbindungen in die Stadt und zur Kulturszene. Doch auch und            and the cultural scene. But as well, the University is especially
      besonders in der Forschung ist die Universität vernetzt – in der        connected with research − in the region, with cooperating institutes
      Region, mit kooperierenden Instituten wie dem Institut für Deutsche     such as the Institute for the German Language, via its own institutes
      Sprache, über unieigene Institute wie dem MZES sowie innerhalb der      such as the MZES as well as within the university in cross-faculty
      Hochschule in fakultätsübergreifenden interdisziplinären Forschungs-    and interdisciplinary research projects. The focus of this edition is
      projekten. Der Schwerpunkt dieser Ausgabe ist deshalb dem Thema         thus dedicated to the topic “Networks” and under this heading
     „Netzwerke“ gewidmet und stellt unter diesem Schlagwort For-             will introduce research projects of the university and its associated
      schungsprojekte der Universität und ihrer verbundenen Institute         institutes. Prof. Dr. Frank Kalter from the MZES for example is
      vor. Prof. Dr. Frank Kalter vom MZES etwa beschäftigt sich in           involved in a German Research Foundation (DFG) project with ethi-
      einem DFG-Projekt mit ethnischen Netzwerken und Bildungserwerb          cal networks and attainment of higher qualifications (p. 27). In
      (S. 27). Ebenfalls in einem DFG-Projekt untersucht Prof. Dr. Torsten    another DFG project, Prof. Dr. Torsten Biemann is investigating
      Biemann den Einfluss des Alters auf den Wissenstransfer in              the effect of age on knowledge transfer in working teams (p. 20).
      Arbeitsteams (S. 20). Natürlich darf das Internet bei diesem Schwer-    Of course the Internet cannot be omitted in this main focus:
      punktthema nicht fehlen: Was es bedeutet, permanent vernetzt            communications scientist Prof. Dr. Peter Vorderer is investigating
      zu sein, erforscht Kommunikationswissenschaftler Prof. Dr. Peter        what it means to be permanently connected and an interdisciplinary
      Vorderer und ein interdisziplinäres Projekt befasst sich mit Netz-      project is addressing the subject of network neutrality. The photo
      neutralität. Die Bildstrecke zeigt die Forscherinnen und Forscher und   series shows the researchers and their projects − photographed by
      ihre Projekte – fotografiert von Thommy Mardo.                          Thommy Mardo.
          Ein weiteres Beispiel für die Bedeutung der Vernetzung von For-     A further example of the importance of the interconnection between
      schung und Forschern ist die Graduate School of Economic and            research and researchers is the Graduate School of Economic and
      Social Sciences (GESS). Die GESS integriert die Disziplinen BWL, VWL    Social Sciences (GESS). The GESS integrates the disciplines Business
      und die Sozialwissenschaft in ihren Doktorandenprogrammen. Um           Administration, Economics and the Social Sciences in its doctoral
      weiterhin den exzellenten Ausbildungsstandard zu halten, startet die    programmes. To maintain the excellent training standards, the
      Universität eine neue Graduiertenförderung, bei der sie auf die         University is introducing new PhD scholarships, for which it will
      Unterstützung von Stiftungen, Unternehmen und privaten Spendern         depend on support from foundations, enterprises and private financial
      angewiesen ist. Mehr auf Seite 7.                                       backers. More on page 7.

      Ihre                                                                    Yours

      Prof. Dr. Ernst-Ludwig von Thadden                         Dr. Brigitte Fickel
      Rektor                                                     Präsidentin von ABSOLVENTUM MANNHEIM
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4   INHALTSVERZEICHNIS                                                                                                                                              FORUM 2/2013

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      Schwerpunkt                                                                    PROFIL

      Sind alle Daten gleich?                                                        BWL erhält Stiftungslehrstuhl
      Dürfen Internetanbieter Daten künftig nach                                     Acht Stifter ermöglichen Finanzierung für die nächsten fünf Jahre                  6
      Dringlichkeit der Pakete klassifizieren?                                 10
                                                                                     Spitze im CHE-Ranking
      Forschen für die Region                                                        Alle bewerteten Fächer schneiden sehr gut ab                                       6
      Die Metropolregion ist eine Fundgrube für Wirtschaftswissenschaftler     13
                                                                                     Neues Graduiertenkolleg für Statistik
      Pausenlos online                                                               DFG fördert Universitäten Mannheim und Heidelberg                                  6
      Prof. Dr. Peter Vorderer untersucht die Folgen permanenter Vernetzung    17
                                                                                     Zukunftsorientiert familienbewusst
      Vernetzt zum neuen Job                                                         Universität Mannheim erhält Zertifikat zum audit familiengerechte hochschule       7
      Der Einfluss von sozialen Netzwerken auf die Arbeitssuche                18
                                                                                     Neue Promotionsstipendien an der GESS
      Mehr Chancen durch                                                             Universität entwickelt Matchingkonzept mit dem Land                                7
      Alumni-Netzwerke
      Ein Interview über ABSOLVENTUM mit Prof. Dr. Andrea Weber                19   Summary

      Zwischen Generationen                                                          Abstracts of articles in English                                                 28
      Der Einfluss von Altersunterschieden auf den Wissenstransfer in Teams    20
                                                                                     Forschung
      Eine Million für Menschenrechte
     15 europäische Universitäten kooperieren in EU-Projekt                    23   Jugendarbeitslosigkeit in Europa
                                                                                     Das MZES erhält ein 5-Millionen-Euro-Projekt der EU                              30
      Künstliche Intelligenz,
      Matchmaking und Vertrauen                                                      Die Deutschen und ihre Sprache
      Ein interdisziplinäres Interview                                         24   Die Einstellungen der Deutschen gegenüber ihrer Sprache                           31

      Forschung gegen Vorurteile                                                     „1-2-Wissen“
      Ethnische Netzwerke und Bildungserwerb                                   27   Mit ihrem multimedialen Wissensformat beschreitet die Universität neue Wege      32

                                                                                     Erwachsenwerden im Netz
                                                                                     Hilft das Internet Jugendlichen beim Erwachsenwerden?                            32
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FORUM 2/2013                                                                                                                                              INHALTSVERZEICHNIS   5

      37                                                                                            44

      Siegeskranz für das Historische Institut                                                  Studieren im Reich der Mitte
      DFG fördert Projekt des Althistorikers Prof. Dr. Christian Mann	                  33     Kooperationen mit Asien werden ausgebaut                                  40

      Bildung
                                                                                                Kalender                                                                  42

     „Kultur und Wirtschaft“ wächst                                                             CAMPUS-LEBEN
      Zusätzliche Studienplätze und neues Kernfach                                      34
                                                                                                Neuer Sportplatz in Schlossnähe
      Fürs Leben lehren                                                                         Gebaut wird noch dieses Jahr                                               43
      Auszeichnung für Studierende der Wirtschaftspädagogik                             34
                                                                                                Neue ecUM-Chipkarte
      Diplome für 40 kluge Kinder                                                               Neue Technik und neues Design                                              43
      Das erste Jahr der Kinder-Uni war ein voller Erfolg                               35
                                                                                                Bühnen frei
      Engagiert im Hörsaal und darüber hinaus                                                   10. Mannheimer Schlossfest mit Erstsemesterbegrüßung am 7. September       44
      Nominierungen für Preise des Wissenschaftsministeriums                            36
                                                                                                MENSCHEN
      Siegel für hohe Qualität
      Akkreditierung an der Fakultät für Wirtschaftsinformatik und Wirtschaftsmathematik  36   Im Porträt: Prof. Michèle Tertilt                                         45

      Sommer, Sonne, Wissenschaft                                                               Ein Wiedersehen im Schloss mit …
                                                                                         37
      Die Summer Schools der Universität       
                                                                                                … Dr. Stefan Weiler                                                       46
      50plus studiert
      Gasthörer- und Seniorenstudium schafft Begeisterung                               38     UNI INTERN

                                                                                                Uni intern kompakt                                                        48
      Netzwerk
                                                                                                Willkommen an der
      Alexander Selent neu im Vorstand
      Freunde der Universität Mannheim                                                  39     Universität Mannheim                                                      50

      Auf dem Weg zur Professorin                                                               Impressum                                                                 50
      Neues Frauenförderungsprogramm acadeMIA                                           39
FORUM Das Magazin Der - Gut vernetzt Von Netzwerkforschung und vernetzter Forschung - Universität Mannheim
6     PROFIL                                                                                                                                                         FORUM 2/2013

                                                                                                                                Spitze im CHE-Ranking

                                                                                                                                Im aktuellen Ranking des Centrums für
                                                                                                                                Hochschulentwicklung (CHE) ist die Uni-
                                                                                                                                versität Mannheim erneut eine der erfolg-
                                                                                                                                reichsten deutschen Hochschulen. In allen
                                                                                                                                bewerteten Fächern – Anglistik/Amerikanis-
                                                                                                                                tik, Geschichte, Germanistik, Psychologie
    Rektor Prof. Dr. Ernst-Ludwig von Thadden unterzeichnet mit den Vertretern der Stiftungsorganisationen                      und Romanistik – liegt sie in der wichtigsten
    die Verträge im Senatssaal.                                                                          Foto: Jochen Günther   Kategorie, der „Studiensituation insgesamt“,
                                                                                                                                in der Spitzengruppe. Auch bei den anderen
                                                                                                                                Kriterien schneiden die Mannheimer Fächer
    BWL erhält Stiftungslehrstuhl                                                                                               sehr gut ab.
                                                                                                                                    2011 hatte Mannheim bereits in BWL,

    für Procurement                                                                                                             VWL, Politikwissenschaft und Soziologie
                                                                                                                                bundesweit die besten Bewertungen er­
                                                                                                                                halten. Damit ist Mannheim im CHE-Ran-
    Acht Stifter ermöglichen Finanzierung für die nächsten fünf Jahre                                                           king weiterhin die Hochschule mit den
                                                                                                                                meisten Spitzenbewertungen im gesamten
     Die Themen Einkauf und Beschaffung in                         von übereinstimmenden Interessen, zur För­                   Bereich der Wirtschafts-, Sozial- und Geis-
     der Wissenschaft fördern – so lautet das                      derung eines praxisrelevanten The­mas an                     teswissenschaften. Das CHE-Ranking ist
     gemeinsame Anliegen der acht Stifter Bilfin-                  unserer Universität geführt hat“. Dr. Jürgen                 der größte deutsche Hochschulvergleich.
     ger SE, Bundesverband Materialwirtschaft                      M. Schneider, Dekan der Fakultät für                         Jedes Jahr wird ein Drittel der Fächer neu
     Einkauf und Logistik e.V. (BME), Dietmar                      Betriebswirtschaftslehre, fügte hinzu: „Wir                  untersucht.
     Hopp Stiftung, Heidelberger Druckmaschi-                      freuen uns über ein weiteres Beispiel dafür,                    „Ich bin über das Ergebnis hocherfreut.
     nen AG, KSB AG, Roche Diagnostics GmbH,                       dass der Dialog zwischen Wissenschaft und                    Psychologie und Geisteswissenschaften konn-
     SAP AG und SEW Eurodrive. Vertreter dieser                    Praxis für beide Seiten relevante Erkennt-                   ten ihre Positionen verteidigen oder sogar
     Organisationen sowie Vertreter der Univer­                    nisse liefert und gemeinsame Projekte                        noch ausbauen. Das CHE-Ranking bietet
     sität Mannheim hatten sich im Juni im                         erfolgreich umgesetzt werden.“                               trotz möglicher methodischer Kritik ein­
     Mannheimer Schloss versammelt, um die                            Die Professur wird in der Area Opera-                     zelner Kriterien sicherlich den besten Ver-
     Verträge zur Schaffung einer befristeten                      tions der Fakultät für Betriebswirtschafts-                  gleichsmaßstab der Studiensituationen in
     W3-Stiftungsprofessur mit dem Lehr- und                       lehre eingebunden sein, der bisher die                       Deutschland. Hier an der Spitze zu stehen,
     Forschungsschwerpunkt „Procurement“, der                      Professuren für Logistik, Produktion, Supply                 ist ein großer Erfolg. Das Ergebnis zeigt ein
     sich wissenschaftlich mit dem Einkaufs-                       Chain Management und ab September                            weiteres Mal, dass ein Studium an der Uni-
     und Beschaffungswesen beschäftigen wird,                      auch der Lehrstuhl für Service Operations                    versität Mannheim in den Wirtschaftswissen-
     zu unterzeichnen.                                             angehören. Mit Vertragsunterschrift ist die                  schaften wie in den Sozial- und Geisteswis-
         Der Rektor der Universität Mannheim,                      Finanzierung der Professur über fünf Jahre                   senschaften auf höchstem Niveau er­folgt“,
     Prof. Dr. Ernst-Ludwig von Thadden, dankte                    gesichert, eine Anschlussfinanzierung nach                   sagte Universitätsrektor Professor Dr. Ernst-
     den Stiftern für die Initiative und lobte das                 Ablauf der fünf Jahre wird von den Ver-                      Ludwig von Thadden. 
    „konstruktive Miteinander, das, ausgehend                      tragspartnern angestrebt.               LW                                                          KH

    Neues Graduiertenkolleg für Statistik
    Für ein neues Graduiertenkolleg „Statisti-                     jeher einen hohen Stellenwert, gerade an                     statistische Methoden zu entwickeln“, so
    sche Modellierung komplexer Systeme und                        der Schnittstelle zu den modernen quanti-                    der Rektor der Universität Mannheim, Prof.
    Prozesse – Moderne nichtparametrische                          tativen Methoden der Sozial- und Wirt-                       Dr. Ernst-Ludwig von Thadden.
    Ansätze“ erhalten die Universitäten Mann-                      schaftswissenschaften. Wir haben an den                          Am neuen Graduiertenkolleg soll Dokto­
    heim und Heidelberg über die nächsten                          Universitäten Mannheim und Heidelberg                        randinnen und Doktoranden eine moderne
    fünf Jahre verteilt insgesamt vier Millionen                   mit acht ausgewiesenen Experten der Ma-                      hochrangige mathematische Basis vermit-
    Euro. In ihrer aktuellen Vergaberunde hat                      thematischen Statistik auf den Gebieten                      telt werden, die die Grundlage für verschie-
    die Deutsche Forschungsgemeinschaft den                        hochdimensionale Modellierung, Finanz-                       dene Anwendungsszenarien bildet. Zudem
    Antrag bewilligt. Die Förderperiode beginnt                    mathematik, räumliche Statistik und Zeit-                    ermöglicht das Kolleg eine internationale
    am 1. Oktober 2013.                                            reihenanalyse die idealen Voraussetzungen,                   Vernetzung für Forschungen an der vor-
      „Die Ausbildung in Statistik und mathe-                      um eine qualitativ hochwertige Doktoran-                     dersten Linie neuer Entwicklungen in der
    matischen Methoden hat in Mannheim seit                        denausbildung zu gewährleisten und neue                      theoretischen Statistik.              KH
FORUM Das Magazin Der - Gut vernetzt Von Netzwerkforschung und vernetzter Forschung - Universität Mannheim
FORUM 2/2013                                                                                                                                                    PROFIL      7

      Zukunftsorientiert familienbewusst                                                                                    Optimale
                                                                                                                            Berufsvorbereitung
      Universität Mannheim erhält Zertifikat zum audit familiengerechte hochschule

                                                                                     Studium umgesetzt. Seit 2012           Zum 12. Mal hat die Zeitschrift „Wirt-
                                                                                     ist beispielsweise die flexible Ver­   schaftswoche“ Personalverantwortliche ge-
                                                                                     lagerung des Arbeitsortes im           fragt, Absolventen welcher Universitäten sie
                                                                                     Rahmen von alternierender Tele­        am liebsten einstellen und zum 12. Mal
                                                                                     arbeit möglich. Beschäftigten          stehen die Wirtschaftswissenschaften der
                                                                                     und Studierenden steht in der          Universität Mannheim ganz oben: Absol-
                                                                                     Stabsstelle Gleichstellung und         venten der Mannheimer Studiengänge BWL,
      Prorektorin Prof. Dr. Eva Eckkrammer (hinten) bei der Verleihung des Zertifi-  soziale Vielfalt eine professionel-    VWL, Wirtschaftsinformatik und Informatik
      kats mit Bundesfamilienministerin Dr. Kristina Schröder. Foto: berufundfamilie le Beratungs- und Servicestelle        sind auf dem Arbeitsmarkt hoch begehrt.
                                                                                     zur Verfügung, die zu Themen           46 Prozent der befragten Personaler bevor-
      Für ihre strategisch angelegte familien­ wie Kinderbetreuung, Pflege von Angehöri-                                    zugen Mannheimer BWL-Absolventen. Damit
      bewusste Personalpolitik ist die Universität                      gen oder Wiedereinstieg informiert. Im Be-          liegt Mannheim hier ebenso an der Spitze
      Mannheim mit dem Zertifikat zum audit                              reich der Kinderbetreuung wurde mit der            wie im Fach VWL, wo sich 30 Prozent der
      familiengerechte hochschule ausgezeichnet                         Eröffnung der universitätsnahen bilingualen         Befragten für die hiesigen Absolventen aus-
      worden. In einer Festveranstaltung in Berlin                      Kinderkrippe „Campus Kids“ Anfang dieses            sprachen. Im Fach Wirtschaftsinformatik
      nahm die Prorektorin Prof. Dr. Eva Martha                         Jahres ein weiterer Meilenstein erreicht.           liegt die Universität Mannheim nach der TU
      Eckkrammer das von der berufundfamilie                                 Das audit unterstützt Arbeitgeber darin,       Darmstadt und der TU München auf Rang 3,
      gGmbH − eine Initiative der Gemeinnützigen                        Unternehmensziele und Mitarbeiterinteressen         im Fach Informatik erreichte sie Platz 10.
      Hertie-Stiftung − erteilte Zertifikat entgegen.                   in eine tragfähige, wirtschaftlich attraktive           Das Ranking der „Wirtschaftswoche“ legt
          Die Universität Mannheim zählt zu den                         Balance zu bringen. Es steht unter der              den Schwerpunkt darauf, an welchen Hoch-
      bundesweit zwölf Hochschulen, die das audit                       Schirm­herrschaft von Bundesfamilienminis-          schulen die Studierenden am Besten für die
      familiengerechte hochschule bereits zum                           terin Dr. Kristina Schröder und Bundeswirt-         Berufspraxis vorbereitet werden. Bei dem
      dritten Mal erfolgreich durchlaufen haben. schaftsminister Dr. Philipp Rösler. Mit ver-                               aktuellen Ranking wurden 523 Personal­
      Bereits seit 2006 wurden umfangreiche An­ bindlichen Ziel­vereinbarungen sorgt das                                    verantwortliche aus den verschiedensten
      gebots- und Maßnahmen­pakete im Bereich                            audit dafür, dass Familienbewusstsein in           Branchen befragt.
      Vereinbarkeit von Familie und Beruf bzw. der Hochschulkultur verankert wird.  KH                                                                             KB

      Neue Promotionsstipendien an der GESS
      Im neuen Graduiertenförderprogramm der Graduate School of Economic and Social Sciences (GESS) werden Mittel
      der Landesgraduiertenförderung und des DAADs mit Mitteln privater Stipendiengeber aufgestockt

      Um weiterhin exzellente Ausbildungsbedin-                  nächst für ein Jahr bewilligt, kann aber auf                 Unternehmen und private Spender künftige
      gungen an der Graduiertenschule GESS                       drei Jahre verlängert werden. Schon jetzt                    Führungskräfte für Wissenschaft, Wirtschaft
      zu gewährleisten, startet die Universität                  hat die Universität Fördermittel für neun                    und Gesellschaft. Für deren Exzellenz garan-
      zum Herbstsemester 2013/14 ein neues                       Promotionsstipendien eingeworben. Zu den                    tieren wir mit dem hohen internationalen
      Graduiertenförderprogramm. Die Hochschu-                   Förderern zählen die Heinrich-Vetter-Stif-                 Ausbildungsstandard der GESS.“
      le hat dafür mit dem Land Baden-Württem-                   tung, die Ekkehard-Stiftung, die Günter                         Die GESS wurde 2006 im Zuge der
      berg ein Matchingkonzept für die Finanzie-                 Reimann-Dubbers-Stiftung, die Freunde der                   ­Exzellenzinitiative gegründet und gehört
      rung von Promotionsstipendien entwickelt.                  Universität Mannheim sowie die Stiftung                      zu den führenden europäischen Dokto­ran­
      Dieses sieht vor, dass die Mittel privater                 der Universität Mannheim.                                    den­programmen in den Wirtschafts- und
      Stipendiengeber bis zu einer maximalen                        Die GESS ist künftig noch stärker als                    Sozial­wissenschaften. Derzeit werden an
      Förderhöhe von jährlich 7.500 Euro um die                  bisher auf die Einwerbung von Spenden                        der Graduiertenschule insgesamt 222 Dok-
      gleiche Höhe aus den Landesgraduierten-                    angewiesen: „Die Exzellenzinitiative läuft                  torandinnen und Doktoranden ausgebildet.
      fördermitteln aufgestockt werden können.                   2017 aus. Wenn wir weiterhin weltweit die                  Alle der bisher 78 Absolventinnen und
      Stipendien für ausländische Doktorandinnen                 besten Doktorandinnen und Doktoranden                      ­Ab­solventen haben Positionen an inter­
      und Doktoranden werden durch Matching­­                    für die Graduate School gewinnen wollen,                     national führenden Universitäten wie Ox-
      gelder des Deutschen Akademischen Aus-                     so müssen wir neue Wege finden, diese zu                    ford, ETH Zürich oder Hongkong University
      landsdienstes (DAAD) verdoppelt.                           fördern“, so Prof. Dr. Ernst-Ludwig von                      sowie internationalen Organisationen und
          Die Graduiertenförderung umfasst der-                  Thadden, Rektor der Universität. „Mit einem                  Regierungsorga­nisationen und in der Pri-
      zeit 1.200 Euro pro Monat und wird zu­                     Promotionsstipendium fördern Stiftungen,                    vatwirtschaft ein­genommen.             SG
FORUM Das Magazin Der - Gut vernetzt Von Netzwerkforschung und vernetzter Forschung - Universität Mannheim
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FORUM Das Magazin Der - Gut vernetzt Von Netzwerkforschung und vernetzter Forschung - Universität Mannheim
FORUM 2/2013                                                                                                                                 Schwerpunkt   9

                Gut vernetzt
      Von Netzwerkforschung und vernetzter Forschung

                Fotos: Thommy Mardo
                Make-up: Jennifer Mertens

                Netzwerke sind in aller Munde. Sei es, dass der Netz-                   Spraul und Kathrin Vogelbacher am Lehrstuhl von Bernd
                werkbegriff dabei als Metapher für dyadische Sozial­                    Helmig als Untersuchungsgegenstand für Netzwerk­
                beziehungen dient, die Gruppe als Spezialfall der Netz-                 bildung in Unternehmen dient (S. 13).
                werktheorie bezeichnet oder das Internet als dezentrales                    Mit den Motiven und Folgen permanenter Vernet-
                globales Rechnernetzwerk meint. Auch in der Forschung                   zung setzt sich eine Forschergruppe um den Kommu­
                an der Universität Mannheim spielt der vielseitig ange-                 nikationswissenschaftler Peter Vorderer auseinander
                wandte Begriff eine gewichtige Rolle und dient daher in                 (S. 17). Die Wirtschaftswissenschaftlerin Andrea Weber
                diesem Schwerpunkt als Referenz für Forschungsprojekte                  untersucht den Einfluss von sozialen Netzwerken bei der
                der verschiedensten Disziplinen. Dabei zeigt sich, dass                 Arbeitssuche. Ethnische Netzwerke sind wiederum ein
                den Forschungsarbeiten nicht nur Verknüpfungen und                      Aspekt der Arbeiten von Frank Kalter am MZES. Der So-
                Knoten gemein sind, sondern auch eine hohe gesell-                      ziologe will mit seinen Langzeitstudien die Integrations-
                schaftliche Relevanz.                                                   debatte von Vorurteilen und Träumereien bereinigen.
                   Unter dem Stichwort „Netzneutralität“ werden der-                        In einem europäischen Netzwerk von 15 Universitä-
                zeit die Anforderungen an die Datenübertragung in                       ten entwickeln die Politikwissenschaftlerinnen Sabine
                Telekommunikationsnetzen diskutiert. Thomas Fetzer                      Carey und Paulina Pospieszna Lehrpläne zum Thema
                und Martin Peitz nähern sich von juristischer und öko-                  Menschenrechte für den westlichen Balkan (S. 23). Und
                nomischer Seite der Frage, ob Daten priorisiert werden                  schließlich nähern sich der Wirtschaftsinformatiker
                dürfen und wenn ja, in welchem Ausmaß (S. 10). Für das                  Heiner Stuckenschmidt und die Sprachwissenschaftlerin
                Regionalnetzwerk Metropolregion Rhein-Neckar erfor-                     Eva Eckkrammer in einem interdisziplinären Interview
                schen die Wirtschaftsgeografen Paul Gans und Philipp                    dem Semantischem Web, einem neuen Konzept zur
                Deschermeier die Auswirkungen des demografischen                        Weiterentwicklung des Internets (S. 24).
                Wandels während ABB den Betriebswirtinnen Katharina                                                                         KB

                    Chako Habekost nennt ihn einen „Allround-Könner“,            Referenzliste ist lang und macht eine repräsentative Aus-
                    „Modell-Ästhet fürs Authentische“ und „Kunst-Schaffen-       wahl unmöglich. Genannt seien DIE ZEIT, Vogue, MTV, Sony
                    den mit dem anderen Blick(winkel)“. Die Rede ist von         Music, L’Oréal, SAP, Coca-Cola und VW. Der gelernte
                    Thommy Mardo, dem Mannheimer Fotografen, der den             Banker fotografierte unter vielen anderen auch Michael
                    Schwerpunkt dieses FORUMs gestaltet hat. Entstanden sind     Mittermaier, Rae Garvey, Sasha, Kevin Prince Boateng und
                    die Porträts in seinem Studio in der Schwetzingerstadt.      Xavier Naidoo. Seine Verbundenheit mit Mannheim zeigt
                    Hinter einer unscheinbaren Fassade versteckt sich hier ein   sich in vielen Projekten: ob im Bildband „Wir sind Mann-
                    Kino aus den 60er Jahren, das er mit viel Kreativität und    heim“ oder dem gemeinsam mit den Söhnen Mannheims
                    Liebe zum Detail zu einem eindrucksvollen Studio für Foto-   herausgebrachtem Band „Mitten unter euch“. Eine Probe
                    und Filmaufnahmen umgebaut hat. Die gleiche Leiden-          seiner Videokunst liefert der Clip „sweet dreams“ der
                    schaft und Professionalität findet sich in den zahlreichen   Sängerin Deborah Lee (www.deborahlee-music.com).
                    Arbeiten für nationale und internationale Kunden aus der
                    Mode-, Musik-, Industrie- und Kultur-Szene wieder. Seine                                www.thommy-photography.de
FORUM Das Magazin Der - Gut vernetzt Von Netzwerkforschung und vernetzter Forschung - Universität Mannheim
10    SCHWERPUNKT                                                                                                                    FORUM 2/2013

               Sind alle Daten gleich?
     Dürfen Internetanbieter ihre Daten, die sie durch die Leitungen schicken, künftig in dringliche
     und weniger dringliche Pakete klassifizieren? Eine Forschergruppe am Mannheim Centre for
     Competition and Innovation (MaCCI), die aus Prof. Dr. Thomas Fetzer, Prof. Dr. Martin Peitz
     und Prof. Dr. Heike Schweitzer von der Universität Mannheim besteht, steht den Forderungen
     von Netzaktivisten nach einer gesetzlich geregelten Netzneutralität in Form einer absoluten
     Gleichbehandlung aller Daten kritisch gegenüber.

               Ganz egal ob es eine E-Mail ist mit den Fotos vom letz- Netzneutralität“ des Ministeriums übernommen, in der
               ten Wochenende oder ein Film, der über ein Videoportal    die gesellschaftspolitisch relevant gewordene Frage mit
               abgerufen wird: Netzaktivisten fordern, dass alle Daten, Vertretern aus Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und
               die Nutzer über das Internet austauschen, gleich behan- Gesellschaft diskutiert wird. „Es war lange Zeit ein eher
               delt werden sollen – und dass alle Datenpakete auf        hypothetisches Problem, das man diskutiert hat nach
               Grundlage des „Best-Effort-Prinzips“ schnellstmöglich     dem Motto: Was wäre wenn?“, so Fetzer. Die Pläne der
               weitergeleitet werden. Sollten die Kapazitäten eines Net- Telekom, Breitband-Internetanschlüsse nach dem Errei-
               zes ausgeschöpft sein, entsteht ein Datenstau. Inhalt, chen eines bestimmten Datenvolumens drosseln zu
               Sender und Empfänger der Datenpakete spielen bisher       wollen, habe erstmals in der deutschen Diskussion ein
               keine Rolle bei der Entscheidung, welche Pakete aus dem   praktisches Anwendungsbeispiel geschaffen, erklärt der
               Stau zuerst weitergeleitet werden. „Wenn Netzneutrali- Jurist, das jedenfalls in Teilbereichen auch Netzneutrali-
               tät so verstanden wird, dass es keine Priorisierung von   tätsfragen aufwerfe.
               Diensten geben kann, keine unterschiedlichen Qualitäts-       Gerade Videoportale oder Musikdienste sorgten dafür,
               klassen und keine Preise für die Durchleitung von Daten, argumentieren die Internetanbieter, dass sich das Daten-
               dann sehe ich die Forderung als sehr problematisch,“ volumen im Internet massiv erhöht habe. Nach Angaben
               bringt VWL-Professor Peitz seine Meinung zu den           des Netzwerkausrüsters Cisco wird sich der jährliche
               Ansichten der Befürworter einer starken Netzneutralität   Datenverkehr bis zum Jahr 2016 vervierfachen, auf
               auf den Punkt.                                            1,3 Zettabyte im Jahr. Eine Zahl mit 21 Nullen.
                  Diese Forderung der Netzaktivisten hat durch eine          Hebt der Anbieter nun die Netzneutralität auf, unter-
               Online-Petition Zugang in die Bundespolitik gefunden:     scheidet er zwischen verschiedenen Diensten, führt
              „Der Deutsche Bundestag möge ein Gesetz beschließen, „Qualitätsklassen“ für Daten ein, priorisiert bestimmte
               das Internetanbieter (Provider) verpflichtet, alle Daten- Dienste. Angedacht ist auch, dass Drittanbieter für eine
               pakete von Nutzern unabhängig von ihrem Inhalt und        Priorisierung ihres Angebots an Internetprovider der
               ihrer Herkunft gleich zu behandeln“, heißt es im Peti­ Endkunden zahlen können. Hierdurch lasse sich mög­
               tionstext. „Insbesondere sollen keine Inhalte, Dienste    licherweise der Netzausbau forcieren, so Peitz.
               oder Dienstanbieter durch diese Provider benachteiligt,       Was für die Netzaktivisten ein Ärgernis darstellt, ist
               künstlich verlangsamt oder gar blockiert werden dürfen.“ für die Mannheimer Wissenschaftler aus juristischer und
               Innerhalb von sieben Tagen haben fast 70.000 Men- ökonomischer Sicht nicht notwendigerweise ein Prob-
               schen die Petition unterzeichnet. Der zuständige Aus- lem. Peitz sieht Preise auch auf der Seite der Dienstean-
               schuss des Deutschen Bundestages beschäftigte sich        bieter als einen natürlichen Bestandteil des Marktes.
               Ende Juni mit dem Anliegen.                               Und auch in der Diskussion um Qualitätsklassen von
                  Netzneutralität ist kein neues Thema auf der wissen- Daten ist seine Position klar: „Es gibt Dienste, die darauf
               schaftlichen Agenda. „Bislang fand es allerdings über- angewiesen sind, dass eine zeitgerechte Zulieferung der
               wiegend in Fachkreisen statt“, sagt Fetzer, Inhaber des   Daten gewährleistet ist. Wenn es in den Netzen zu Eng-
               Lehrstuhls für Öffentliches Recht und Steuerrecht, der    pässen kommt, gibt es also eine Effizienzbegründung,
               gemeinsam mit Peitz und Schweitzer, Lehrstuhlinhabe- diese Dienste zuerst zu bedienen. Weniger zeit­sensitive
               rin für Bürgerliches Recht und Wirtschaftsrecht mit       Datenpakete wie die einer E-Mail können dann auch
               Schwerpunkt Kartellrecht, seit 2011 in diesem Bereich     mal warten.“ Die Mannheimer Wissenschaftler plädieren
               mit dem Bundesministerium für Wirtschaft und Tech- daher dafür, zunächst einmal die weitere Entwicklung
               nologie zusammenarbeitet. Die drei Mannheimer Pro- im Internet genau zu beobachten, statt die bisher dyna-
               fessoren haben die wissenschaftliche Begleitung der       mische Entwicklung des Internets durch vorschnelle
               kombinierten Studien- und Workshopreihe „Fachdialog       staatliche Regelungen zu gefährden.                 SW
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FORUM 2/2013                                                                                                                      SCHWERPUNKT   13

                Forschen für die Region
                                        Die Metropolregion Rhein-Neckar ist mit 2,4 Millionen Einwohnern der siebtgrößte
                                        Wirtschaftsraum Deutschlands und umfasst große Teile gleich dreier Bundesländer.
                                        Internationale Firmen wie BASF, John Deere, SAP und ABB sind hier zuhause. Eine
                                        Fundgrube für wirtschaftswissenschaftliche Problemstellungen.

                 Eine rote Null. Mehr braucht es nicht, um die Bevölke-     Weichen in der Region wurden gestellt
                 rungsentwicklung in der Metropolregion Rhein-Neckar
                 bis zum Jahr 2030 zu beschreiben. Sie wird stagnieren,     Um die bevorstehende Lücke an Fachkräften auszuglei-
                 vielleicht auch leicht zurückgehen. Deshalb ist die        chen, müsse die Zahl der Erwerbstätigen in der Region
                 Null rot. Berechnet hat die Zahl der Mannheimer Wirt-      insgesamt steigen, sonst könne der Lebensstandard von
                 schaftsgeograf Prof. Dr. Paul Gans, der sich in seiner     heute in zwanzig Jahren nicht mehr erwirtschaftet wer-
                 Forschung vor allem mit den Auswirkungen des demo-         den, sagt Deschermeier. Dazu reiche es aber nicht aus,
                 grafischen Wandels auf die Region auseinandersetzt.        die großen Städte als Wohnorte attraktiver zu machen.
                 Basierend auf Gans’ Berechnungen, hat der Verband          Die Kommunen und Unternehmen müssen Maßnahmen
                 Rhein-Neckar eine einheitliche Strategie für die gesamte   ergreifen, um noch mehr Frauen ein Berufsleben zu
                 Metro­pol­region entwickelt, um auf die Herausforderun-    ermöglichen und junge Menschen schneller auf den
                 gen, die diese Bevölkerungsentwicklung mit sich bringt,    Arbeitsmarkt zu bringen. So wird in der Metropolregion
                 zu reagieren – mit der Vision, die Metropolregion Rhein-   bereits an acht Schulen versucht, über Lotsen Haupt-
                 Neckar bis 2025 als eine der attraktivsten und wett­       schüler lange vor ihrem Abschluss gezielt auf das
                 bewerbsfähigsten Regionen Europas bekannt und an­          Berufsleben vorzubereiten, sie in Kontakt mit potenziel-
                 erkannt zu machen.                                         len Arbeitgebern zu bringen, um ihnen so den Einstieg
                    Und das muss sie auch, denn rot heißt auch Alarm.       in das Berufsleben zu erleichtern. Auch die bundesweite
                 Die Bevölkerungszahl ist zwar nur leicht rückläufig. Am    Umstellung der Studiengänge auf Bachelor und Master
                 Arbeitsmarkt ist der demografische Druck jedoch beson-     mache einen schnelleren Einstieg möglich.
                 ders spürbar, sagt Dr. Philipp Deschermeier. In seiner        „Wenn es gelingt, durch solche Maßnahmen das vor-
                 Dissertation, die er am Lehrstuhl von Professor Gans       handene Potenzial an Arbeitskräften besser auszuschöp-
                 geschrieben hat, berechnet er, wie sich die Zahl der       fen und Anreize für Zuwanderung zu schaffen, dann
                 Erwerbstätigen in der Metropolregion Rhein-Neckar bis      wird sich der Arbeitsmarkt trotz demografischen Wan-
                 2030 entwickeln wird: Die geburtenstarken Jahrgänge,       dels in der Region bis 2030 sehr positiv entwickeln“,
                 die so genannten Baby-Boomer, gehen bis 2020 in            erklärt der 31-jährige Nachwuchswissenschaftler, der für
                 Rente. Junge Menschen werden zwar von den exzellen-        seine Arbeit im Juli den Klaus O. Fleck-Preis von der
                 ten Hochschulen in der Region zum Studieren angelockt,     Industrie- und Handelskammer erhalten hat. Seinen
                 nach dem Abschluss arbeiten sie aber lieber woanders.      Berechnungen zufolge wird es dann rund 20 Prozent
                „Die Zahl der Erwerbstätigen ist deutschlandweit rück-      mehr hochqualifizierte Arbeitnehmer im Rhein-Neckar-
                 läufig. Das heißt, die hochqualifizierten Arbeitskräfte    Raum geben als jetzt. „Der Vorteil hier in der Region ist,
                 können sich ihren Arbeitsort aussuchen“, fügt Gans         dass die Akteure sehr wach waren, viel in innovative
                 hinzu. „Und bei der Wahl des Arbeitsortes geht es nicht    Unternehmen investiert und so schon vor Jahren die
                 nur um die Höhe des Einkommens, sondern um Lebens-         Weichen für eine positive Entwicklung gestellt haben.
                 und Wohnqualität. Diese muss gerade in den drei Ober-      Ein Image als fortschrittliche Wachstumsregion kann
                 zentren Ludwigshafen, Mannheim und Heidelberg noch         man nicht über Nacht aus dem Boden stampfen. Das
                 gestärkt werden.“                                          wächst über Jahrzehnte.“
14   SCHWERPUNKT                                                                                                                      FORUM 2/2013

              Die Metropolregion –                                       und Institutionen entstehen, die vorher unverbunden
              eine Fundgrube für wissenschaftliche Arbeiten              waren und auf den ersten Blick auch gar nichts mit­
                                                                         einander zu tun haben“, erklärt die 29-Jährige, die ihr
              Und die großen, innovativen Unternehmen sichern nicht      Diplomarbeitsthema zum Beruf gemacht hat: Seit fast
              nur die Zukunft der Metropolregion, sondern bieten         zwei Jahren arbeitet Kathrin Vogelbacher bei „mehr-
              auch Stoff für weitere Forschung. Der Energie- und         wert“, einem Stuttgarter Unternehmen, welches sich
              Automatisierungskonzern ABB, der zu den größten            zum Ziel gesetzt hat, Unternehmen und soziale Einrich-
              Arbeitgebern in der Rhein-Neckar-Region zählt, schickt     tungen für gewinnbringende Kooperationen und einen
              seine Mitarbeiter als freiwillige Helfer zu sozialen Projek-
                                                                         gegenseitigen Perspektivwechsel zu begeistern.
              ten. Im Fachjargon nennt sich das „Corporate Voluntee-        Die bisherige Forschung zeigt, dass solche Koopera­
              ring“ – eine Idee, die in den USA bereits eine hundert-    tionen Vorteile für alle Beteiligten bringen. Für die Part-
              jährige Tradition hat. Bei uns wird sie erst jetzt zum     nerorganisation, weil sie finanziell und mit freiwilligen
              Trend. ABB ist eines der Vorreiterunternehmen und          Helfern unterstützt wird. Für die Mitarbeiter, weil sie
              ermöglicht seinen Mitarbeitern seit fast 15 Jahren die     das ehrenamtliche Engagement zufriedener macht und
              Teilnahme als Volunteers bei den Sommer- und Winter-       sie neue soziale Kontakte zu anderen Mitarbeitern
              spielen der Special Olympics – einem Sportwettbewerb       im Unternehmen knüpfen. „Hier entsteht sogenanntes
              für geistig behinderte Menschen.                           Sozialkapital, also Zugang zu Ressourcen wie Wissen
                 Forscher am Lehrstuhl für Public und Nonprofit-         und Unterstützung und das hat auch einen Wert für das
              Management der Universität Mannheim haben unter-           Unternehmen“, erklärt Katharina Spraul.
              sucht, ob das Engagement wirklich den gewünschten
              Effekt für ABB hat. „ABB hat sehr viele Standorte in In Sachen Forschung vorbildlich mit der Region vernetzt
              Deutschland. Die implizite Zielsetzung von ABB war bei
              diesem Engagement deshalb, die Mitarbeiter über die Sie ist froh, dass sich ABB dazu bereiterklärt hat, bei der
              Standortgrenzen und Hierarchieebenen hinweg zusam- Studie mitzumachen. Als Wissenschaftler stehe man
              menzubringen“, sagt die BWL-Privatdozentin Dr. Katha- schnell vor verschlossenen Türen, wenn es um die Her-
              rina Spraul. „Wir konnten tatsächlich empirisch belegen, ausgabe von Daten oder Mitarbeiterbefragungen geht.
              dass dieses Ziel erreicht wird und Netzwerke entstehen, „Gerade in einer angewandten Wissenschaft wie der BWL
              die privat, aber auch beruflich genutzt werden.“ Trotz- müssen wir uns jedoch mit realen Problemstellungen
              dem dürfe ABB die Effekte ihrer Volunteering-Maßnah- auseinandersetzen. Warum dann nicht mit den Problem-
              men auf die Netzwerkbildung im Unternehmen nicht stellungen der Einrichtungen, die hier vor Ort angesiedelt
              überschätzen, mahnt Lehrstuhlinhaber Prof. Dr. Bernd sind“, fügt Helmig hinzu. „Die Universität Mannheim ist
              Helmig: „Nur jede fünfte Bekanntschaft ist von Dauer. in diesem Bereich ein Positivbeispiel in Deutschland.
              Die neugeknüpften Beziehungen können eher aufrecht- Die Vernetzung mit den Unternehmen in der Region in
              erhalten werden, wenn die Personen in derselben Abtei- Sachen Forschung ist vorbildlich.“
              lung tätig sind. Soll die Beziehung über Standortgrenzen        So wie am Lehrstuhl für Wirtschaftsgeografie von
              und Hierarchieebenen aufrechterhalten werden, zum Gans. Hier haben die Wissenschaftler schon viele Pro­
              Beispiel zwischen einem Industriearbeiter und einem blemstellungen aus der Region untersucht, wie zum
              Vertreter aus dem Top-Management, nimmt die Intensi- Beispiel die Motive für Ab- und Zuwanderung in Mann-
              tät der Kontakte ab.“                                        heim, die Kaufkraftströme in der Metropolregion oder
                 Das haben die Wissenschaftler anhand einer sozialen Projekte für generationenübergreifendes Wohnen. Auch
              Netzwerkanalyse herausgefunden. Darin wird mathe- der junge Wirtschaftsgeograf Deschermeier möchte sich
              matisch und grafisch abgebildet, wer mit welchen Mit­ weiterhin mit der Region wissenschaftlich auseinander-
              arbeitern auch über den Einsatz bei den Special Olympics setzen. „Ich komme aus der Region, ich bin hier verwur-
              hinaus Kontakt hält, wie häufig und welcher Art dieser zelt und finde deshalb die Region als Forschungsgegen-
              Kontakt ist, beruflich oder privat. Durchgeführt hat diese stand besonders interessant“, sagt er. „Durch die Struktur
              Analyse die Mannheimer BWL-Absolventin Kathrin Vogel- der Region ist sie für Forschungszwecke außerdem eine
              bacher in ihrer Diplomarbeit am Lehrstuhl von Professor wahre Goldgrube.“
              Helmig. „Es ist toll, wenn Netzwerke zwischen Menschen                                                           ND
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                     of. Dr. Peter Vorder
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FORUM 2/2013                                                                                                                        SCHWERPUNKT   17

                Pausenlos online
                                         Es ist vielleicht die weitreichendste Entwicklung des ausgehenden 20. Jahrhunderts:
                                         Das Internet verändert unser Sicherheitsgefühl, unseren Zugang zu Wissen, unsere
                                         Kommunikation, unsere sozialen Beziehungen. Die ständige mobile Verfügbarkeit
                                         des World Wide Web und seiner Angebote, allen voran die sozialen Medien, verstärken
                                         diese Entwicklung. Was es bedeutet, permanent vernetzt zu sein, untersuchen Kommu­
                                         nikationswissenschaftler der Universität Mannheim um Prof. Dr. Peter Vorderer.

                Vor dem Aufstehen, in der Bahn, während der Vorlesung,        dem anderen zu verstehen: Es gibt etwas, das möglicher-
                 im Meeting, beim Essen, nach dem Sport, auf dem Klo,         weise spannender ist als die Situation im Hier und Jetzt.“
                 im Bett vorm Einschlafen … ständig schauen wir aufs              Die ununterbrochene Mediennutzung ist mittlerweile
                 Display von Smartphone oder Tablet. Was uns treibt, ist      allgegenwärtig. In der geplanten Forschergruppe sollen
                 Neugier. Oder die Angst, etwas zu verpassen. „Der            in Teilprojekten unterschiedliche Aspekte untersucht
                 Mensch hat das Bedürfnis, einer Gruppe zugehören zu          werden. Gemeinsam mit israelischen, amerikanischen
                wollen. Mit dem Blick aufs Handy gehen wir sicher, in         und chinesischen Kollegen sowie dem Mannheimer
                Verbindung zu bleiben“, erklärt Prof. Dr. Peter Vorderer      Kommunikationswissenschaftler Prof. Dr. Hartmut Wess-
                  ein Phänomen, das seit einigen Jahren in allen Gesell-      ler plant Vorderer, interkulturelle und internationale
                 schaftsschichten weltweit um sich greift. Vorderer ist       Unterschiede in Bezug auf Motivation und Nutzungs-
                 Medien- und Kommunikationswissenschaftler an der             verhalten zu erforschen. Sein Mannheimer Kollege Prof.
                 Universität Mannheim. „Permanently online. Perma-            Dr. Matthias Kohring beschäftigt sich mit der Frage,
                 nently connected“ ist der Obertitel seines aktuellen For-    wie sich die Arbeitsweise von Wissenschaftlern durch
                 schungsprojekts.                                             die zunehmende digitale Vernetzung ändert. Prof. Dr.
                     Gemeinsam mit weiteren Wissenschaftlerinnen und          Angela Keppler untersucht, ob und wie mobile Geräte
                 Wissenschaftlern der Universität sowie nationalen und        wie Handys und Smartphones unsere Alltagskommuni-
                 internationalen Kolleginnen und Kollegen aus den Ge-         kation verändern. Weitere Forschungsgebiete sind etwa
                 bieten Psychologie, Soziologie und Kommunikations-           der Gesundheitsbereich (Welche Einflüsse und Effekte
                wissenschaft plant er, eine DFG-Forschergruppe zu             haben Gesundheitsforen?) oder die Politik (Wie verän-
                 ­beantragen. Ziel ist, die verschiedenen Aspekte des per-    dern soziale Medien die Kommunikation und Hand-
                 manenten Online-Seins zu untersuchen und herauszu-           lungsmöglichkeiten von Politikern angesichts neuer
                finden, wie sich dadurch die Gesellschaft verändert. Un-      Formen von Bürgerbeteiligung oder Phänomenen wie
                tersucht werden sollen drei Bereiche: die Motivation,         Shitstorms?). Das methodische Vorgehen umfasst dabei
                  also Ursachen und Gründe für die fast schon exzessive       je nach Forschungsfrage sowohl den klassischen Frage-
                Online-Nutzung, deren Erscheinungsformen – wie, wann,         bogen, als auch Beobachtungen, Logfile- und Inhalts-
                wo und wieviele neue Medien werden genutzt – sowie            analysen sowie psychologische Experimente.
                 die Folgen: Welche Auswirkungen hat die veränderte               Eine besondere Herausforderung des Untersuchungs-
                Mediennutzung auf das Erleben und Bewerten von                gegenstands ist der permanente Wandel, der auf diesem
                ­Medieninhalten, aber auch auf unsere Einstellung zu          Gebiet stattfindet. Wo die Entwicklung im Zeitraum des
                  bestimmten Themen oder auf unsere sozialen Beziehun-        Forschungsprojekts hingehen wird, Stichwort Google
                  gen. „Ich habe noch nie etwas erlebt, das innerhalb von     Glass beispielsweise, ist offen. Eines scheint Vorderer
                 so kurzer Zeit unser Miteinander und das Erleben so          aber ziemlich sicher: „Noch gehen wir mit den neuen
                 stark beeinflusst hat“, sagt Vorderer. „Stellen Sie sich     Möglichkeiten um wie Kinder mit einem neuen Spiel-
                  eine Gesprächssituation vor: Wie selbstverständlich liegt   zeug, das sie zu Weihnachten bekommen haben: Wir
                 dabei heute immer das Smartphone auf dem Tisch. Das          finden es großartig und können nicht aufhören, damit
                 lässt sich selbst bei einem Abendessen zu zweit beob-        zu spielen. Irgendwann allerdings wird Ernüchterung
                  achten. Reagiert einer der beiden auf eingehende Nach-      einsetzen und wir werden uns gezielt Inseln schaffen
                  richten oder schaut er ab und zu aufs Display, gibt er      und bewusst auch mal abschalten.“                   KH
18    SCHWERPUNKT                                                                                                                        FORUM 2/2013

              Vernetzt zum neuen Job
     VWL-Professorin Andrea Weber untersucht den Einfluss
     von sozialen Netzwerken auf die Arbeitssuche. Dafür
     ­betrachtet sie die Beschäftigungsverläufe von 90.000
     Personen. Die aufwendige Datenanalyse läuft noch –
     erste Ergebnisse zeigen jedoch, dass viele Kontakte zu
     Arbeitstätigen die Jobsuche erheblich beschleunigen.
     Damit ist das Forschungsprojekt aber lange nicht ab­
     geschlossen.

               Ich kenne da jemanden, der jemanden kennt: Kaum
               jemand wird bestreiten, dass Kontakte bei der Jobsuche
               hilfreich sein können. So gibt es auch schon etliche wis-
               senschaftliche Studien, in denen Personen in den ver-
               schiedensten Ländern und Zusammenhängen befragt                                                             Foto: privat
               wurden, wie sie ihren letzten Arbeitsplatz gefunden
               haben, berichtet Prof. Dr. Andrea Weber, Lehrstuhlinhabe-    momentanen und in früheren Firmen. Bei circa 90.000
               rin für Angewandte Politische Ökonomie. „Die Meisten         Personen in einem Zeitraum von 1980 bis 2005 ist die
               antworten, dass sie ihren letzten Arbeitsplatz durch         Datenanalyse sehr umfangreich und aufwendig. Auch
               Freunde, Verwandte oder Bekannte gefunden haben.“            wenn in der Studie Unternehmen mit mehr als 3.000
               Die VWL-Professorin möchte nun herausfinden, wie             Mitarbeitern nicht berücksichtigt werden. „Wir nehmen
               wichtig soziale Netzwerke tatsächlich für die Arbeits­       eher Personen in kleineren Firmen, da kann man eher
               suche sind, und zwar ohne auf Befragungen zurückzu-          davon ausgehen, dass sie sich untereinander kennen“,
               greifen. Dafür wertet sie mit ihrem Team Datensätze aus      sagt die VWL-Professorin.
               dem österreichischen Sozialversicherungsregister aus.           Andrea Weber und ihr Team sind erst am Anfang
                   Der Vorteil der Daten aus diesem Register sei, dass es   der Auswertung, doch schon jetzt zeigt sich, dass die
               sich um relativ objektive Informationen handelt, erklärt     Größe des Netzwerks eine Rolle spielt. Personen mit
               Andrea Weber. In dem Register wird jeder erfasst, der in     einem großen Netzwerk finden definitiv schneller einen
               Österreich im privaten Sektor arbeitet. Es werden Daten      neuen Job. Aber noch wichtiger sei die Zusammen­
               wie der Beginn der Tätigkeit, das jährliche Einkommen,       setzung der Netzwerkmitglieder in Bezug auf ihren Be-
               das Ende der Tätigkeit sowie Informationen zu Arbeits-       schäftigungsstatus. „Wenn mein Netzwerk aus vielen
               losigkeit, Mutterschutz und ähnliches abgefragt. Mit         beschäftigten Mitgliedern besteht, ist das sehr nützlich
               den Daten können die Forscherinnen und Forscher              für meine Arbeitssuche. Wenn der größte Teil meiner
               jedoch nicht sehen, um welche Berufe es sich genau           Netzwerkmitglieder allerdings gerade selbst Arbeit sucht,
               handelt und wie eng die einzelnen Kontakte sind, ob es       sind sie für mich nicht besonders hilfreich“, berichtet
               sich nur um Kollegen oder vielleicht auch um Freunde         Andrea Weber.
               handelt; das spielt für ihre Fragestellung auch keine           Zukünftig sollen noch weitere Aspekte untersucht
               Rolle. Sie interessiert vielmehr, wie sich die Größe des     werden: Ob beispielsweise die Lohnhöhe der Netzwerk-
               sozialen Netzwerks auf die Jobsuche und den Beschäfti-       mitglieder einen Effekt auf die eigene Jobsuche und das
               gungsstatus der Netzwerk-Mitglieder auswirkt. „Wenn          eigene Einkommen hat. Aber auch ob sich die Effekte
               jemand heute seinen Arbeitsplatz verlieren würde, könnte     für Männer und Frauen unterscheiden. Haben Frauen
               er auf seinen Pool von Kontakten zurückgreifen. Wir          andere soziale Netzwerke als Männer? Können Frauen
               wollen wissen, wie nützlich diese Kontakte sind und wie      ihre Netzwerke ebenso gut einsetzen wie Männer, um
               schnell er damit einen neuen Arbeitsplatz findet.“           am Arbeitsmarkt erfolgreich zu sein? Andrea Weber
                   Dafür betrachten die Forscherinnen und Forscher die      interessiert aber auch die Firmenseite: Stellen Firmen
               Beschäftigungsverläufe einzelner Personen und bauen          eher Leute ein, die aus Netzwerken ihrer Beschäftigten
               darauf ihre Definition von Netzwerk auf. Das Netzwerk        kommen und empfohlen werden? Zahlreiche Fragen,
               einer Person, die in einer bestimmten Firma arbeitet,        auf die Andrea Weber im Datenberg Antworten zu finden
               besteht dabei aus den Personen, mit denen sie in den         hofft. Mit weiteren Ergebnissen ist im Herbst zu rechnen.
               letzten fünf Jahren zusammengearbeitet hat − in der                                                              SG
FORUM 2/2013                                                                                                                        SCHWERPUNKT   19

                Mehr Chancen durch
                Alumni-Netzwerke
                Interview: Nadine Diehl und Stefanie Griesser

                ABSOLVENTUM MANNHEIM ist ein fakultätsübergreifendes Netzwerk für weltweiten, lebenslangen Kontakt
                 und gegenseitige Unterstützung von Studierenden, Absolventinnen und Absolventen, Professorinnen und
                 Professoren sowie Förderern der Universität Mannheim. Seit der Gründung im Jahr 1995 verfolgt die, mit
                 derzeit 6.500 Mitgliedern weltweit, größte und älteste Alumni-Vereinigung Deutschlands das Ziel, den
                ­Dialog zwischen Universität und Praxis zu vertiefen. Zur Bedeutung von Alumninetzwerken im Allgemeinen
                 und ABSOLVENTUM im Speziellen befragte FORUM Prof. Dr. Andrea Weber.

                FORUM: In Ihrer Forschung beschäftigen Sie sich mit         Familien. Andere kommen aus einem sozialen Umfeld, das
                sozialen Netzwerken. Worin unterscheiden sich diese         sehr wenig mit ihrem Studienfach zu tun hat. Gerade für
                von Alumninetzwerken?                                       diese Berufseinsteiger sind dann andere Netzwerke wichti-
                                                                            ger. Bei der Jobsuche sind Kontakte zu Alumni wichtiger
                Weber: Alumninetzwerke zielen mehr auf berufsspezifi-       als Netzwerke unter Kommilitonen, da Alumni mehr
                sche Informationen als Freundschaftsnetzwerke. Freund-      Erfahrungen mit dem Arbeitsmarkt haben und zusätzliche
                schaftsnetzwerke hingegen haben mehr sozialen Nutzen        Informationen liefern können. Für die Arbeitssuche ist es
                als Informationsnutzen.                                     wichtig, rauszugehen und zusätzliche Informationen zu
                                                                            beschaffen, Praktika zu machen, Firmen kennenzulernen
                FORUM: Was macht ein gutes Alumninetzwerk aus?              und Kontakte zu Mitarbeitern zu knüpfen.

                Weber: Auf jeden Fall sollte das Netzwerk Informatio-       FORUM: Das bietet ja zum Beispiel das Mentoring-
                nen weitergeben, die den Mitgliedern sonst nicht zur        Programm von ABSOLVENTUM.
                Verfügung stehen würden. Wenn das Alumninetzwerk
                im Extremfall nur aus Personen bestünde, die in Mann-       Weber: Das ist eine sehr gute Einrichtung. Wenn erfah-
                heim wohnen und sich sowieso jede Woche treffen,            rene Absolventen dafür gewonnen werden, dass sie
                dann wäre es zwar eine nette soziale Einrichtung, aber      Studierende beraten, ist das für diese sehr nützlich.
                die ausgetauschten Informationen würden den Teilneh-
                mern sonst auch zur Verfügung stehen. Ein wichtiger         FORUM: Ein wichtiger Pfeiler von ABSOLVENTUM sind
                Punkt ist, dass Leute zusammengeführt werden, die           die Regionalgruppen auf der ganzen Welt. Wie schätzen
                sonst nicht Informationen austauschen würden.               Sie die Regionalgruppen ein?

                FORUM: Welche Bedeutung kann ein Alumninetzwerk             Weber: Die Regionalgruppen sind extrem wichtig. Das
                für Berufseinsteiger haben?                                 Netzwerk darf sich nicht auf Mannheim beschränken,
                                                                            sondern man muss die Informationen weiträumig ein­
                Weber: Netzwerke wie Absolventum sind sehr wichtig für      holen. Auch der Arbeitsmarkt ist nicht auf einen Platz
                arbeitsmarktrelevante Informationen. Für Berufseinsteiger   beschränkt, sondern mobil und es ist wichtig, dass man
                ist so ein Netzwerk extrem wichtig, da sie sehr wenige      auch Informationen von weiter weg bekommt. Auch der
                Informationen über den Arbeitsmarkt haben. Berufsein-       soziale Aspekt spielt hier eine große Rolle. Leute, die wei-
                steiger brauchen Kontakte zum Arbeitsmarkt, zu Leuten,      ter weggegangen sind, möchten in Kontakt bleiben und
                die ihnen sagen, wie es auf dem Arbeitsmarkt aussieht       wissen, was in Mannheim und der Universität passiert.
                und was es für unterschiedliche Möglichkeiten gibt. Kon-
                takte, die ihnen dann auch helfen können, Fuß zu fassen.    FORUM: Sind sie selbst in Netzwerken aktiv?

                FORUM: Familien-, Kommilitonen-, Freundes- oder             Weber: Als ich von ABSOLVENTUM gehört habe, dachte
                Alumninetzwerk: Welches Netzwerk ist für Berufs-            ich gleich, das ist eine sehr gute Idee. An meiner alten
                einsteiger besonders nützlich?                              Universität gibt es das nämlich nicht. Ich bin aber in
                                                                            einem professionellen Netzwerk von Arbeitsmarktöko-
                Weber: Dabei kommt es immer auf den Hintergrund der         nomen, das Informationen austauscht und Workshops
                einzelnen Personen an. Manche haben sehr gut vernetzte      veranstaltet. 
20    SCHWERPUNKT                                                                                                                       FORUM 2/2013

              Zwischen Generationen
     Der demografische Wandel stellt Unternehmen vor viele Herausforderungen: Eine davon
     ist, wie das Wissen der älteren Mitarbeiter an die jüngeren weitergegeben werden kann.
     Der Mannheimer BWL-Professor Torsten Biemann untersucht den Wissensaustausch
     zwischen Jung und Alt mit Hilfe der sozialen Netzwerkanalyse.

               In den kommenden Jahren werden mehr Arbeitnehmer in          Vorgesetzten oder das Arbeitsklima. Die Forscher möch-
               Rente gehen als bisher – bedingt durch den demografi-        ten so ein Gesamtbild vom Informationsfluss innerhalb
               schen Wandel. Das stellt Unternehmen vor eine große          des Teams bekommen: Wer kommuniziert wie stark mit
               Herausforderung, denn mit den Mitarbeitern verlässt          wem und über wen? Gibt es Subnetze, das heißt, bilden
               auch wertvolles Wissen das Unternehmen. Doch wie             sich Untergruppen im Team oder dreht sich vielleicht
               lässt sich dieses Wissen erhalten? Eine Möglichkeit be-      alles um eine zentrale Person? Die Grundlage für die
               steht in einem verstärkten Austausch zwischen jüngeren       Studie bilden Befragungen des gesamten Teams inklusive
               und älteren Mitarbeitern. Welche Rolle dabei das Alter       der Führungskraft.
               und die Altersunterschiede spielen und wie solch ein             Die Studie beschäftigt sich dabei mit den unter-
               Wissensaustausch gefördert werden kann, untersucht           schiedlichsten Arten von Arbeitsteams. Die Branche oder
               Prof. Dr. Torsten Biemann, Lehrstuhlinhaber für ABWL,        die Größe des Unternehmens oder der Organisation ist
               Personalmanagement und Führung, mit seinem Team              dabei kein Auswahlkriterium, wichtig ist den Wissen-
               in Kooperation mit der Jacobs University Bremen. Ge­         schaftlern vielmehr, dass in den untersuchten Teams der
               fördert wird das Projekt von der Deutschen Forschungs-       Wissenstransfer von großer Bedeutung ist. Dies ist bei-
               gemeinschaft (DFG).                                          spielsweise in Stationsteams in Krankenhäusern der Fall,
                  „Die Altersunterschiede der Arbeitnehmer werden auf-      in denen die Zusammenarbeit und der Wissensaustausch
               grund des steigenden Renteneintrittsalters größer, die       zwischen Pflegern, Ärzten und Verwaltungspersonal sehr
               Diversität der Arbeitsteams nimmt zu“, erläutert Professor   wichtig sind, aber auch in Managementteams aller Hier-
               Biemann. Die Studie soll zeigen, welche Rahmenbedin-         archiestufen.
               gungen einen positiven oder negativen Einfluss auf den           Welche Rolle das Alter für den Wissenstransfer spielt,
               intergenerationalen Wissenstransfer haben und wie ein        können die Forscher derzeit noch nicht beantworten, da
               Unternehmen oder eine Organisation auf den Wissen-           sie sich noch in der Datenerhebungsphase befinden. Es
               stransfer Einfluss nehmen kann. Am Ende steht dann           wären jedoch sowohl positive als auch negative Effekte
               auch die Frage, ob Teams, in denen der Wissenstransfer       denkbar. „Eine Hypothese ist, dass Menschen, die sich
               zwischen den verschiedenen Altersklassen funktioniert,       ähnlich sind, sich auch eher vertrauen. Was dafür spre-
               überhaupt leistungsfähiger sind – vor allem auch über        chen würde, dass ältere Menschen untereinander mehr
               einen längeren Zeitraum hinweg.                              Wissen weitergeben als an den jungen Berufseinsteiger“,
                   Die Wissenschaftler betrachten in ihrer Studie die       sagt Diplom-Psychologe Christoph Casper, wissenschaft-
               Arbeitsteams als Netzwerk von Beziehungen zwischen           licher Mitarbeiter am Lehrstuhl von Biemann. Es wäre
               den einzelnen Mitgliedern. „Mit der sozialen Netzwerk-       auch denkbar, dass Ältere nicht bereit sind, ihr Wissen
               analyse können wir herausfinden, welche Faktoren den         weiter zu geben, da ihr Wissensvorsprung ein Alleinstel-
               Wissensaustausch in Teams – vor allem im Hinblick auf        lungsmerkmal ist und damit ein Wettbewerbsvorteil
               die Altersstruktur – beeinflussen und wie erfolgreiche,      innerhalb des Teams. Demgegenüber stehe wiederum
               gut funktionierende Teams aussehen“, erklärt Professor       die These, dass ältere Menschen das Bedürfnis haben, der
               Biemann. Dafür betrachten sie die Persönlichkeiten der       nächsten Generation etwas weiterzugeben. Erste Ergeb-
               einzelnen Teammitglieder, Beziehungen zwischen den           nisse zur Studie werden im Herbst dieses Jahres erwartet.
               Teammitgliedern, aber auch Variablen, die das gesamte        Dann wird sich herausstellen, welche Hypothesen sich
               Team betreffen, wie etwa das Führungsverhalten der           bestätigen.                                         SG
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