Jetzt bist du dran - Ein interaktives Planspiel zum Thema Fluchtursache Klimawandel - Climate Cycle Tour
←
→
Transkription von Seiteninhalten
Wenn Ihr Browser die Seite nicht korrekt rendert, bitte, lesen Sie den Inhalt der Seite unten
Impressum Peer-Leader-International e.V. Idafehn-Süd 5 26842 Ostrhauderfehn Telefon 0 49 52 / 94 29 70 Telefon 0 17 2 / 4 30 71 91 info@peerleader.org www.peerleader.org „Diese Publikation wird gefördert durch Engagement Global mit Mitteln des BMZ und wurde im Rahmen der www.lead2future.org Länderinitiativen zur Umsetzung des Orientierungsrahmens für den Lernbereich Globale Entwicklung erstellt. www.climatecycle.de Peerleader International ® ist für den Inhalt alleine verantwortlich. Der Inhalt spiegelt nicht die Ansichten des www.bridgethedistance.org BMZ wider.“ 2
Inhaltsverzeichnis Prolog ……………………………………………………………………………………………………………………………………………………………… 4 Anmerkungen …………………………………………………………………………………………………………………………………………………. 5 Moderationshinweise ……………………………………………………………………………………………………………………………………… 6 Beutelsbacher Konsens …………………………………………………………………………………………………………………………………… 7 Kapitel 1 – Die Globale Erwärmung verstehen ………………………………………………………………………………………….. 8 1.1 Der Treibhauseffekt ……………………………………………………………………………………………………………………… 9 1.2 Kohlenstoff ………………………………………………………………………………………………………………………………….. 14 1.3 Fakten und Modelle …………………………………………………………………………………………………………………….. 18 1.4 Kipppunkte ………………………………………………………………………………………………………………………………….. 27 1.5 Ausblick ………………………………………………………………………………………………………………………………………. 30 1.6 Psychologie …………………………………………………………………………………………………………………………………. 31 1.6.1 Abschlussdiskussion …………………………………………………………………………………………………………………. 32 Kapitel 2 – Handeln gegen den Klimawandel ……………………………………………………………………………………………. 33 2.1 Technologie Atomkraft ………………………………………………………………………………………………………………... 34 2.2 Geoengineering / Climate Engineering ……………………………………………………………………………………….. 37 2.3 Erneuerbare Energien ………………………………………………………………………………………………………………….. 39 2.4 Fridays of future ………………………………………………………………………………………………………………………….. 41 2.5 Flache Erden ………………………………………………………………………………………………………………………………... 45 2.6 Gemeinschaftsgüter ……………………………………………………………………………………………………………………. 47 2.7 Science and Fiction ……………………………………………………………………………………………………………………... 49 2.8 Klimakonferenz ……………………………………………………………………………………………………………………………. 58 Kapitel 3 – Fluchtursache Klimawandel ……………………………………………………………………………………………………... 66 3.1 Privilege Walk ……………………………………………………………………………………………………………………………… 66 3.2 UN-Konferenz „Klimapass“ …………………………………………………………………………………………………………. 69 In Nansens Fußstapfen: Ein Klimapass für menschenwürdige Migration …………………………………………. 69 Nachwort ……………………………………………………………………………………………………………………………………………………….. 82 Literaturliste …………………………………………………………………………………………………………………………………………………… 83 3
Prolog Vom „Arabischen Frühling“, einer Reihe von Protes- an autoritär regierte afrikanische Länder. Die Rettung hende Sicherheitsrisiken und Konfliktpotentiale als ten, Aufständen und Umstürzen in der Arabischen ertrinkender Flüchtlinge wurde kriminalisiert und „Bedrohungsmultiplikator“. Welt, erhoffte man sich Verbesserungen der Men- „Flüchtlingsdeals“ machen Staaten wie die Türkei schenrechtssituation und ein Aufblühen demo- zum Türsteher der Europäischen Union. Der Club of Rome ruft zum Nachdenken über eine kratischer Strukturen in den betroffenen Ländern. weltweite neue Aufklärung auf und sieht die Not- Eingetreten ist das Gegenteil. Syrien befindet sich Dort, wo Armut, Hunger und Mangel an Rechtsstaat- wendigkeit zur Veränderung der Einstellungen, auch heute noch im Bürgerkrieg. Zwölf Millionen lichkeit vorherrschen, sind die Menschen besonders Prioritäten und Anreizsysteme aller Zivilisationen der Menschen trieb der Konflikt bisher in die Flucht. Vor hart von klimatischen Veränderungen betroffen und Erde und einer Neuerfindung der Ökonomie. Um den Protesten litten die Menschen in Syrien unter haben die geringsten Möglichkeiten zur Anpas- die Pariser Ziele zu erreichen, seien alle Produktions- der schlimmsten Dürreperiode seit Beginn des 20. sung. Zudem ist der Beitrag dieser Länder an den und Verbrauchssysteme der Welt einem raschen und Jahrhunderts. Im Nordosten des Landes verloren na- bisherigen Treibhausgasemissionen gering. Eine gründlichen Wandel zu unterziehen. All dies wird hezu alle Bauern ihre Viehherden, der Getreidepreis Greenpeace-Studie prognostiziert in den nächsten nicht ohne Veränderungen in den Köpfen der Men- verdoppelte sich und es kam zu Mangelernährung. 30 Jahren über 200 Millionen Flüchtlinge allein durch schen, grenzüberschreitender Solidarität, und auch Über eine Million Menschen flohen vom Land in die die Folgen des Klimawandels auf allen Kontinenten. der Veränderung von Bildung funktionieren. Städte. Der syrische Bürgerkrieg hat ein komplexes Auch in Europa und allen anderen Kontinenten wird Dieses Format soll ein bescheidener Anfang sein. Ursachengeflecht und gilt nicht als direkte Folge des der Klimawandel Menschen in die Flucht treiben. Klimawandels, dennoch vertreten einige Forschenden Waldbrände, steigende Meeresspiegel, tauende Per- die Meinung, dass die klimatischen Veränderungen mafrostböden, Wasserknappheit, Ernteausfälle und bereits heute einen Beitrag zu Konflikten wie diesem unerträgliche Hitze werden in Zukunft nicht mehr nur leisten. die Probleme der anderen sein. Der Weltklimarat IPCC mahnte im letzten Sach- Der Klimawandel ist der Preis für das Versprechen standsbericht, dass die sozialen und politischen des grenzenlosen Wachstums. Jährlich vermeldet Spannungen im Nahen Osten durch die fortschrei- die Wissenschaft neue Temperaturrekorde und die tende Austrocknung zunehmen werden. 65 Millio- Folgen des Klimawandels treten schneller ein als nen Menschen befanden sich im Jahre 2015 auf der vom IPCC erwartet. Entweder wird die Erderwärmung Flucht. Nur 2,6 Millionen flüchteten nach Europa, so schlimm, wie Klimaforschende seit Jahrzehnten etwa ein Drittel davon aus Syrien. Diese Einwande- warnen, oder noch viel schlimmer. Der Kampf gegen rung führte zu einem massiven Anstieg fremden- den Klimawandel ist die größte globale Herausforde- feindlicher Ausschreitungen und über 1000 Anschlä- rung des 21. Jahrhunderts. Auf dem Spiel steht nicht gen auf Flüchtlingsunterkünfte in vielen Staaten der weniger als die menschliche Zivilisation. Die Folgen Europäischen Union. Rechtspopulistische Parteien der Globalen Erwärmung sind allesübergreifend. Die und Bewegungen verzeichneten massiven Zulauf und Befriedigung existentieller Grundbedürfnisse wird große politische Erfolge. Heute wird die Flucht in die weltweit erschwert, Ressourcenkonflikte bedrohen Europäische Union durch den „Schutz der Außen- bereits jetzt Frieden und Sicherheit, Migrationsbe- grenzen“ erschwert. Die EU-Staaten zahlen Milliarden wegungen lösen soziale und politische Spannungen für „Technologietransfer“ und „Grenzmanagement“ aus. Zusätzlich vervielfacht der Klimawandel beste- 5
Anmerkungen Im ersten Teil eignen sich die Teilnehmenden selbst- bedroht sein könnten. In fiktiven Geschichten sollen ständig Wissen zu verschiedenen Themenbereichen sie die Möglichkeit der eigenen Flucht erkennen und an und geben dies in verschiedenen Präsentations- Szenarien entwickeln, die aber durch Probleme, Mau- formen an ihre Mitschüler und Mitschülerinnen wei- ern, Grenzen und Hürden, angelehnt an die heutige ter. So entsteht im ersten Kapitel ein Grundverständ- Fluchtproblematik, sabotiert werden. Sie werden nis für physikalische Zusammenhänge, ein Überblick auch für die durch den Klimawandel zu erwartenden über die Folgen des Klimawandels und die Geschich- Migrationsbewegungen sensibilisiert und werden mit te des Kohlenstoffzeitalters. Auch die Wahrnehmung den Dilemmata der Klimagerechtigkeit konfrontiert. des Klimawandels durch den Menschen wird aus verschiedenen Perspektiven beleuchtet. In einer abschließenden Konferenz sollen die Wei- chen für eine humanitäre Zukunft gelegt werden. Im Zweiten Kapitel gilt „Jetzt bist du dran!“, um den Die hier behandelten Themen nehmen Bezug auf Weg zur Lösung der Klimakrise zu ebnen. Ver- die heutige Fluchtproblematik, Fragen der globalen schiedene Technologien werden debattiert und auf Zusammenarbeit und entsprechen bereits heute Chancen und Risiken untersucht. Neben den techno- diskutierten Ideen wie einem UN-Klimapass oder der logischen Fragen wird auch hier in Gruppenarbeiten Problematik von Allmendegütern. Das Format kann die Auseinandersetzung mit Klimawandelleugnenden zusammenhängend als Projektwoche oder reduziert gesucht, die Zusammenhänge zwischen Klimawandel als Unterrichtseinheit / Workshop durchgeführt wer- und Bildung untersucht und Aktionsmöglichkeiten den. Die Materialien eignen sich auch alleinstehend ausprobiert. Auch ein Ausflug in die Astrophysik/- als Unterrichtsmaterial. biologie soll einen alternativen Blick auf die Klimak- rise ermöglichen. Das zweite Kapitel endet mit einer Klimakonferenz in der nahen Zukunft, in der die Teilnehmenden in die Rollen von Vertretern und Ver- treterinnen fiktiver Staaten und Bündnisse schlüpfen und so die großen völkerrechtlichen Herausforderun- gen bei der Lösung der Klimakrise erfahren, indem sie unterschiedliche Interessenkonflikte erleben und bewältigen müssen. Im dritten Kapitel beschäftigen sich die Teilneh- menden mit den Folgen des Klimawandels für Mensch und Gesellschaft, insbesondere die Frage der Migration, und werfen einen Blick in mögliche Zukünfte. Durch das zuvor erworbene Wissen sollen die Teilnehmenden zunächst herausfinden, ob sie selbst in irgendeiner Weise durch den Klimawandel 6
Moderationshinweise Das Ziel des Workshops besteht nicht nur darin, immer Spekulation. Deshalb sollen lediglich Anreize als Multiplikatoren und Multiplikatorinnen für eine Faktenwissen über den Klimawandel, mögliche Fol- vermittelt werden, die den Teilnehmenden helfen, ei- nachhaltige, gerechte und demokratische Zukunft gen und Lösungen zu vermitteln, sondern auch ein gene Assoziationen herzustellen und so ein individu- verlassen. Im Idealfall wird den Teilnehmenden Bewusstsein für die globalen Zusammenhänge, die elles Bild von der Gesamtproblematik zu gewinnen. nach dem Workshop weitere Unterstützung bei der Komplexität der einzelnen Themen und die Bedeu- Realisierung eigener Projektideen, selbstständiger tung für die eigene Lebenswelt zu schaffen. Es soll Die Aufgabe des Moderierenden ist es, die Teilneh- Durchführung des Formates oder der Beschäftigung verstanden werden, dass der Klimawandel die größte menden auf Augenhöhe zum Nachdenken anzu- mit anderen Themen angeboten. Bedrohung unserer Zeit ist und Lösungswege nicht regen und bei Bedarf Wichtiges zu ergänzen. Der individuell, sondern nur gesamtgesellschaftlich und Moderierende sollte sich vor Beginn in die Themen global zu beschreiten sind. Wissen über den Klima- einarbeiten. Die Teilnehmenden sollen eine Fragehal- wandel und seine Folgen soll die Teilnehmenden tung entwickeln und das Thema erforschen, die wich- befähigen, die öffentlichen Debatten zu verstehen, tigste Ressource stellen die Teilnehmenden selbst dazu beitragen, Verständnis für den Klimawandel als dar. Der Ablauf soll lebendig gestaltet und nicht nach Fluchtursache zu entwickeln und für Ungerechtigkei- starrem Schema durchgeführt werden. Der Mode- ten und globale Ungleichheiten sensibilisieren. rierende ist eingeladen, Aufgabenstellungen nach Belieben zu verändern und einzelne Elemente des Am Ende des Workshops sollen die Teilnehmenden Workshops je nach Gruppenprofil und verfügbarem Klimapolitik bewerten können, wissen, wie der Klima- Zeitraum zu selektieren. wandel bekämpft werden kann und ein Bewusstsein für die globalen Folgen durch die Globale Erwär- Peer-Education / Peer-Learning ist ein abwechslungs- mung, wie Kriege, Hunger und die damit verbun- reicher Austausch auf Augenhöhe, der auf den Erfah- denen Migrationsbewegungen bekommen. Auch rungen, dem Wissen und der Neugier der Beteiligten soll erkannt werden, welchen Einfluss klimatische basiert. Der Lernstil nutzt bewusst soziale Prozesse, Veränderungen und die damit verbundenen Fol- um Lernerfolge zu steigern, Bewusstsein für globale gen auf die eigene Lebensrealität haben oder noch Herausforderungen zu schaffen und Themen bedeu- haben können. Die Teilnahme am Workshop soll die tungsorientiert zu vermitteln. Wichtig ist, Impulse Teilnehmenden zum Handeln befähigen. Dazu sollen der Teilnehmenden aufzufangen, Raum für eigene sie eigene Ideen entwickeln, Methoden, Strategien Themen, Fragen und insbesondere Austausch und oder politische Aktionen erdenken. Zusätzlich wer- Debatten zu schaffen. Die Regeln des Workshops sol- den Handlungsmöglichkeiten vorgestellt. Bewusst len zu Beginn mit den Teilnehmenden demokratisch sollen vorsichtig Schnittmengen zu weiteren Themen verhandelt werden. Der Workshop als Ort der Kol- erkannt und heutige Macht- und Verteilungsver- laboration soll ohne Machtverhältnisse auskommen hältnisse in Frage gestellt werden. Die Forschung und den Teilnehmenden eine demokratische, eman- zur Kommunikation des Klimawandels legt nahe, zipatorische und partizipative Atmosphäre bieten. dass Verständnis individuell konstruiert wird. Die Die Teilnehmenden sollen das behandelte Thema Komplexität des Themas lässt sich nur bedingt linear nicht als Unterrichtseinheit, sondern als Vorbereitung abbilden und auch das Prognostizieren der Folgen ist auf das reale Leben wahrnehmen und den Workshop 7
Beutelsbacher Konsens I. Überwältigungsverbot. 3. Der Schüler/die Schülerin muss in die Lage ver- setzt werden, eine politische Situation und seine/ Es ist nicht erlaubt, den Schülern und Schülerin- ihre eigene Interessenlage zu analysieren, sowie nen - mit welchen Mitteln auch immer - im Sinne nach Mitteln und Wegen zu suchen, die vorgefun- erwünschter Meinungen zu überrumpeln und damit dene politische Lage im Sinne seiner/ihrer Inter- an der „Gewinnung eines selbständigen Urteils“ zu essen zu beeinflussen. hindern. Hier genau verläuft nämlich die Grenze zwischen Politischer Bildung und Indoktrination. Eine solche Zielsetzung schließt in sehr starkem Indoktrination aber ist unvereinbar mit der Rolle des Maße die Betonung operationaler Fähigkeiten ein, Lehrers/der Lehrerin in einer demokratischen Gesell- was eine logische Konsequenz aus den beiden schaft und der, rundum akzeptierten Zielvorstellung vorgenannten Prinzipien ist. Der in diesem Zusam- von der Mündigkeit des Schülers/der Schülerin. menhang gelegentlich - etwa gegen Herman Gies- ecke und Rolf Schmiederer - erhobene Vorwurf einer 2. Was in Wissenschaft und Politik kontrovers ist, „Rückkehr zur Formalität“, um die eigenen Inhalte muss auch im Unterricht kontrovers erscheinen. nicht korrigieren zu müssen, trifft insofern nicht, als es hier nicht um die Suche nach einem Maximal-, Diese Forderung ist mit der vorgenannten auf das sondern nach einem Minimalkonsens geht. engste verknüpft, denn wenn unterschiedliche Stand- punkte unter den Tisch fallen, Optionen unterschla- Quelle: https://www.lpb-bw.de/beutelsbacher-konsens/ gen werden, Alternativen unerörtert bleiben, ist der Weg zur Indoktrination beschritten. Zu fragen ist, 4. Anmerkung. ob der Lehrer/die Lehrerin nicht sogar eine Korrek- turfunktion haben sollte, d. h. ob er/sie nicht solche Politische Bildung in Deutschland ist der Demokratie, Standpunkte und Alternativen besonders heraus- den allgemeinen Menschenrechten und den Grund- arbeiten muss, die den Schülern und Schülerinnen sätzen von Würde und Gleichheit verpflichtet. Schule (und anderen Teilnehmenden politischer Bildungs- muss pluralistische und menschenrechtsorientierte veranstaltungen) von ihrer jeweiligen politischen und Werte und Haltungen vermitteln, dabei aber nicht sozialen Herkunft her fremd sind. unpolitisch sein. Wird der Beutelsbacher Konsens als Bei der Konstatierung dieses zweiten Grundprinzips Neutralitätsgebot missverstanden, könnten wichtige wird deutlich, warum der persönliche Standpunkt des gesellschaftliche Fragen oder aktuelle Ereignisse, wie Lehrers/der Lehrerin, seine wissenschaftstheoretische beispielsweise Forderungen von Abgeordneten, mit Herkunft und seine politische Meinung verhältnismä- Schusswaffen gegen Flüchtlinge vorzugehen, in der ßig uninteressant werden. Um ein bereits genanntes Schule nicht thematisiert werden. Beispiel erneut aufzugreifen: Sein/Ihr Demokratie- verständnis stellt kein Problem dar, denn auch die entgegenstehenden anderen Ansichten kommen ja zum Zuge. 8
Kapitel 1 – Die Globale Erwärmung verstehen Der Klimawandel gilt als sogenanntes Wicked Pro- blem, ein Problem, das aufgrund unvollständiger, widersprüchlicher und sich stetig ändernder Anfor- derungen, die dazu noch schwer zu erkennen oder zu verstehen sind, nur schwer oder gar nicht lösbar ist. Im ersten Teil dieses Formates soll ein Verständnis für die Komplexität und die Größenordnungen des Problems, die verschiedenen miteinander verwo- benen Systeme und die grundlegenden Ursache- Wirkungs-Beziehungen gewonnen werden. Heute ist klar: Wir verstehen das Problem sehr gut und wissen auch, was zu tun ist. Aufgabe Gruppenarbeit Jede Gruppe beschäftigt sich mit einem Unterpunkt dieses Kapitels. Ziel ist, das jeweilige Thema zu verstehen, um es den anderen Gruppen später zu präsentieren. Nehmt euch ausreichend Zeit, klärt zu- nächst alle Verständnisfragen und findet heraus, wer bereits Vorwissen zum Thema hat. Bringt euch auf einen gemeinsamen Wissensstand und bereitet das Thema verständlich auf. Für die abschließende Prä- sentation könnt ihr verschiedene Methoden nutzen. Zum Beispiel: Präsentation via Beamer / Projektor, Vortrag, Diskus- sion, Flipcharts, Zeichnungen, Quiz, etc. ... Seid kreativ und stellt sicher, dass ihr euer Wissen möglichst verständlich an die anderen Teilnehmen- den weitergebt. Hinweis: Ziel ist nicht, die gegebenen Materialien zu präsentieren, sondern eine eigene Darstellung zu entwickeln. Anschließend beantwortet ihr die Fragen der Teilneh- menden oder leitet eine Diskussion zum Thema. „Regenwald“ in Brasilien, 2014. 8
1.1 Der Treibhauseffekt Der erste Hauptsatz der Thermodynamik besagt: Damit etwas wärmer wird, muss Energie zugeführt werden. Ein PKW benötigt Kraftstoff, der durch Verbrennung im Motor in mechanische Energie umgewandelt wird. Ein Backofen benötigt Strom, um elektrische Energie in Wärmeenergie umzuwandeln. Der menschliche Körper benötigt Nahrung, um seine Temperatur aufrecht zu erhalten. Wie diese Beispiele ist auch die Erde ein thermodynamisches System, das Energie aufnimmt und abgibt. Ein Ofen wird wärmer, wenn wir ihm mehr elektrischen Strom zuführen und ein Motor gewinnt an Leistung, wenn mehr Kraftstoff in die Brennräume gelangt. Wenn die Erde sich er- wärmt, kann die dazu notwendige Energie nur durch eine Veränderung der Strahlungsbilanz zu Stande kommen. Von der Sonne empfangen wir 342 Watt pro Quadratmeter Erdoberfläche, 107 Watt werden davon zurückgespiegelt, die restlichen 235 Watt wer- den bei stabilem Klima durch die Abstrahlung von Wärme ausgeglichen. Naheliegend ist ein größerer Einfall von Sonnen- licht, zum Beispiel durch verstärkte Sonnenaktivität oder Abweichungen in der Erdbahn. Beides wurde akribisch untersucht und längst ausgeschlossen. Seit einiger Zeit nimmt die Sonnenstrahlung sogar ab! Könnte die Helligkeit der Erdoberfläche abgenom- men haben, sodass weniger Sonnenlicht reflektiert wird? Nein. Der Mensch hat die Erde durch Ackerbau und Abholzung sogar heller gemacht. Hier ist die Ursache also auch nicht zu finden. Der Klimawandel selbst verdunkelt den Planeten jedoch zusätzlich durch die Eisschmelze und beschleunigt sich so selbst. Die Ursache der Erwärmung muss also auf die Abstrahlung von Wärme ins Weltall zurückzuführen sein, also auf den Treibhauseffekt. 9
Dieses Phänomen ist heute bestens belegt. Die weltweit. Unterschiede gibt es nur in der Geschwin- von den Treibhausgasen zur Erde zurückgestrahlte digkeit und der Verteilung der Wärme. Während Wärmemenge ist messbar und entspricht genau den einige Gebiete sich nur sehr wenig erwärmen, ist Vorhersagen der Physik. Die durch die zusätzliche in anderen Regionen mit umso größerer Hitze zu Menge CO2 entstandene Heizleistung entspricht rechnen. Schon vor Ende des Jahrhunderts werden in heute ca. zwei Watt pro Quadratmeter Erdoberfläche. Regionen, in denen heute noch Millionen Menschen Durch das Ausstoßen von Treibhausgasen hat der leben, Temperaturen herrschen, die der menschliche Mensch seinen Heimatplaneten quasi mit einer Hei- Körper nicht aushalten kann. Auch in den Meeren zung ausgestattet. Diese „Heizung“ hat eine Leistung verändern sich die Temperaturen und erzeugen von ca. einem Petawatt (1.000.000.000.000.000 Watt), bereits heute sogenannte Todeszonen. Eine Erwär- das entspricht dem fünfzigfachen unseres weltweiten mung um beispielsweise zwei Grad heißt nicht, dass Energieverbrauchs oder der Energie, die bei der Ex- wir jederzeit überall zwei Grad auf die sonst üblichen plosion von fünf Hiroshima-Atombomben freigesetzt Temperaturen draufschlagen, es heißt, dass sich das wird - pro Sekunde. gesamte Spektrum in Richtung „heiß“ verschiebt. Alternative Erklärungen wie die Theorie, die Wärme Verschiedene Gase in unserer Atmosphäre besitzen oder das CO2 stamme aus den Meeren, sind auch verschiedene Eigenschaften. Einige von ihnen absor- längst widerlegt, denn auch CO2-Gehalt und Tempe- bieren einen Teil der von der Sonne ausgestrahlten ratur der Meere steigen weltweit. und vom Erdboden reflektierten Infrarotstrahlung und erwärmen so unsere Atmosphäre. Neben dem Schon im 19. Jahrhundert berechnete der schwedi- Kohlenstoffdioxid (CO2), das als Hauptverursa- sche Physiker und Nobelpreisträger Svante Arrhenius die Erderwärmung, die bei einer Verdopplung der Der Umgang mit dem Klimawandel ist keine Frage CO2-Konzentration zu erwarten sei. Seit nun fast 60 des Wissens, sondern eine Frage des Handelns. Der Jahren warnen Forscher vor den Folgen einer Erwär- Klimaforscher Stefan Rahmstorf schrieb in einem mung durch die Nutzung fossiler Brennstoffe. Sogar Gastbeitrag für den Spiegel: der Ölkonzern Exxon warnte in den 1970er-Jahren vor einer gefährlichen Erwärmung und hat die Erwär- „Wer die Fakten heute noch leugnet, um damit die mung dabei sehr genau vorhergesagt. dringend nötigen Maßnahmen zur Vermeidung einer planetaren Katastrophe hinauszuzögern, macht sich Inzwischen können wir dank modernster Technik mitschuldig an den Folgen: an stärkeren Tropenstür- die Veränderungen des Erdsystems quasi in Echt- men, Flutkatastrophen, Dürren und Waldbränden – zeit beobachten. Die dabei verwendeten Methoden und möglicherweise künftigen Hungersnöten.“ erinnern oft an Science Fiction. Das Schmelzen der großen Eisschilde kann beispielsweise durch Satelli- Die Frage, wo es eigentlich wärmer wird, ist einfach ten anhand von Veränderungen im Gravitationsfeld zu beantworten: Überall. Die Wassermassen der der Erde gemessen werden. Ozeane und die Luft, die uns umgibt, erwärmen sich 10
cher der globalen Erwärmung bekannt ist, gehören das kann gar keinen Effekt haben!“), oder um den Einheit CO2e umgerechnet, Lachgas hat eine 300-, auch Wasserdampf, Methan und Lachgas zu den Beitrag einzelner Verursacher zu relativieren (40% Methan eine 28-mal größere Wirkung als CO2. Die Treibhausgasen. Zweiatomige Gase wie Sauerstoff von 2% von 0,04% -> Der Anteil deutscher PKW am Konzentration der Treibhausgase bestimmt, wie viel und Stickstoff sind für die Wärmestrahlung „trans- Klimawandel ist winzig!“). Diese einfallslosen Ma- der Sonnenstrahlung in Wärme umgewandelt wird parent“ und tragen so nicht zum Treibhauseffekt nipulationsstrategien sind aber mit einfachen Ana- und somit die Temperaturen auf unserem Planeten. bei, während große Moleküle wie Fluorchlorkoh- logien zu entkräften. Der menschliche Organismus Die absorbierte Sonnenstrahlung sorgt dafür, dass lenwasserstoffe (FCKW) eine zehntausendmal so verträgt große Mengen Wasser oder Zucker, bei der die mittlere Lufttemperatur auf unserer Erde +15°C große Treibhauswirkung haben wie CO2. Obwohl der Zufuhr von Alkohol in das Ökosystem Mensch sollte beträgt. Würde die Atmosphäre keine Strahlung ab- CO2-Anteil in der Atmosphäre nur 0,04% beträgt, man jedoch vorsichtig sein. Ratten oder Schlangen- sorbieren, würde die Temperatur nur -18°C betragen. ist es das wichtigste Treibhausgas. Vor dem indust- gift kann unser eigenes „Klima“ bereits bei geringen Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen konnten riellen Zeitalter lag der Anteil nur bei 0,028% und er Mengen kollabieren lassen und das Gift der Pater- durch die Analyse von Eisbohrkernen nachweisen, nimmt beschleunigt zu! Wenn wir alle uns bekannten nosterbohne wirkt bereits bei weniger als einem dass die CO2-Konzentration in den letzten drei Milli- fossilen Brennstoffe verbrennen, führt dies zu einer Milliardstel unseres Körpergewichts tödlich. onen Jahren noch nie so hoch war wie heute. Beson- CO2-Konzentration von 0,16%! Gerne wird die Sug- ders besorgniserregend ist die Geschwindigkeit des gestionskraft dieser kleinen Zahlen benutzt um den Um die Wirkung anderer Treibhausgase, wie z.B. Anstiegs: Klimawandel in Frage zu stellen („0,04% ist so wenig, Methan, vergleichbar zu machen, werden sie in die 11
12
Der Treibhauseffekt (Universität zu Köln) https://www.youtube.com/watch?v=fZKMAGB9o3M Do Greenhouse Gases Actually Work? (MinuteEarth) https://www.youtube.com/watch?v=sTvqIijqvTg 13
1.2 Kohlenstoff Die Grundlage allen Lebens auf unserem Planeten vervielfachten so ihre Effizienz. Der Ertrag pro Kopf Dampf und elektrischem Strom aus Kohle be- ist Kohlenstoff, ein Element, das uns in vielen un- stieg und die gewonnene Zeit konnte nun genutzt schleunigte den Abbau und die dafür verfügbaren terschiedlichen Formen bekannt ist. Als Ruß fegen werden, um sich Gedanken über weitere Verwen- Technologien rasant. Mit dem verfügbaren Strom wir ihn aus dem Kamin, als Kraftstoff transportiert er dungszwecke von Nutztieren zu machen. Ochsen, konnten gewaltige Pumpen betrieben werden, die unsere Waren über die Ozeane, als Diamant dient Esel, Pferde und Elefanten trieben nicht nur Furchen das Grundwasser aus Kohleschächten abpumpte. er als Schmuck, Schneidwerkzeug oder High-Tech- in den Acker, sondern transportierten Menschen, Dampflokomotiven konnten große Mengen Kohle Werkstoff. Kohlenstoff ist ein elementarer Baustein drehten Mühlsteine und zogen irgendwann Kanonen schnell transportieren. Durch die Verbrennung der unserer Nahrung und sogar unsere Körper bestehen in die Schlacht. Die Geschichte des Menschen ist Kohle stiegen die Kapazitäten der Stahlproduktion an zu fast einem Drittel aus Kohlenstoff. Diesem faszi- auch die Geschichte der Nutzung von Energie. Diese – auch ein militärischer Vorteil. nierenden Stoff verdanken wir nicht nur das Leben Geschichte ist aber nicht nur eine Geschichte des auf der Erde und den Wohlstand durch die industriel- steigenden Wohlstands, sondern auch von Sklave- le Revolution, sondern auch viele bewaffnete Konflik- rei und Kriegen. Die Aneignung von Energiequellen te und die globale Erwärmung. und Lebewesen oder Maschinen zur Umwandlung von Energie in Arbeit beginnt bereits bei den Pyra- So wie der Mensch Energie benötigt, um seine miden. Nur ein großes Sklavenheer konnte durch Körpertemperatur aufrecht zu erhalten, benötigen ausreichend Nahrung solche Bauwerke errichten. Gesellschaften Energie, um ihren Wohlstand erwirt- Weder Ochsen noch Schimpansen wären in der Lage schaften zu können. Energie ist vereinfacht gesagt gewesen Steine zu formen und geometrische Regeln die Fähigkeit, mechanische Arbeit zu verrichten, bei der Konstruktion zu beachten. Auch die Energie Wärme abzugeben oder Licht auszustrahlen. Die im für das Pflücken von Baumwolle im Süden der USA Kraftstoff gebundene chemische Energie ermög- oder den Vortrieb der römischen Galeeren wurde Zwei Weltkriege später hatte die günstigere Braun- licht den Vortrieb eines Autos, die Energie, die einen von Sklaven bereitgestellt. Erst als die Sklaven knapp kohle die Steinkohle abgelöst. Braunkohlekraftwerke Fallschirmspringer auf seinem Sprung nach unten und zu teuer wurden, nutze man gegen Ende des gelten heute als Hauptverursacher der Klimakrise. beschleunigt, nennt man potenzielle Energie und die römischen Reiches verstärkt Wasserräder als Energie- Mit steigendem Wohlstand steigt auch die Nachfrage Energie, die ein Atomkraftwerk zur Verfügung stellt, quellen. nach Energie und die große Verfügbarkeit von güns- um dein Smartphone aufzuladen, hat zuvor Atom- Man vermutet, dass der Übergang zur Sesshaftig- tiger Energie führt zu Wohlstand. Viele unserer heu- kerne zusammengehalten. keit die Hälfte des Waldes auf der Erde zerstört tigen Konsumgüter benötigen elektrischen Strom. haben könnte. Wenn Zivilisationen ihren Höhepunkt Smartphones, Computer, Kühlschränke, Klimaanla- Vor langer Zeit mussten die Menschen viel Energie erreicht haben, erlebte der Wald seinen Niedergang. gen, Video-Streaming und Cloud-Computing sind aufwenden, um ihre Beute zu erlegen und Nah- Man fällte Bäume um Hütten, Boote und Brücken zu heute nicht mehr wegzudenken und das Zeitalter der rungsmittel zu sammeln. Diese Energie konnten sie bauen, um sie als Brennholz zu verheizen und um Digitalisierung verspricht weitere Anwendungsmög- nur durch ihre Nahrung aufnehmen. Als der Mensch Ackerfläche zu gewinnen. Die Tragik der Allmende, lichkeiten und somit steigenden Energiebedarf. Geht sesshaft wurde und mit seinen eigenen Händen die Einsicht, dass Nachhaltigkeit notwendig war, um man davon aus, dass ein Mensch dauerhaft 80 Watt Ackerbau betrieb, lernte er, diese Energie effizienter das eigene Überleben zu sichern, kam sehr spät. leisten kann, konsumiert ein US-Amerikaner durch- einzusetzen. Mit der Erfindung des Pfluges machte schnittlich seine 80-fache Leistungsfähigkeit. Ein man sich die größeren Energiespeicher und Leistun- Die Entdeckung der Steinkohle stellte die Weichen PKW auf der Autobahn benötigt mehr als eintausend gen von Tieren zu nutze. Jungsteinzeitliche Kulturen in Richtung Industrialisierung. Die Erzeugung von „Energiesklaven“. 14
Seit Beginn des 20. Jahrhunderts ist Erdöl unser wich- verbraucht sein könnten. Möchte man die Erder- Fossile Brennstoffe sind Teil des Kohlenstoffzyklus tigster Rohstoff und liefert uns Benzin, Diesel, Heizöl, wärmung auf ein sicheres Maß begrenzen, falls dies der Erde. Im Laufe von Millionen Jahren bildeten sich Kerosin, Kunststoffe, Medikamente und viele weitere überhaupt noch möglich sein sollte, geht man davon aus verschiedenen organischen Verbindungen, wie Betriebsstoffe des globalisierten Kapitalismus. Damit aus, dass weniger als 500 Gigatonnen CO2 in die z.B. Algen und anderer Biomasse, durch geologische das so bleibt, subventionieren die mächtigsten Staa- Atmosphäre gelangen dürfen. Die heute bekannten Prozesse unter hohem Druck und hohen Tempera- ten die Erkundung neuer Ölquellen mit 71 Milliarden globalen Reserven fossiler Brennstoffe haben jedoch turen, gasförmige, flüssige und feste Kohlenstoff- US-Dollar jährlich. Man sollte meinen, dass große das Potential für etwa 3000 Gigatonnen. wasserstoffverbindungen, die uns heute als Kohle, Erdölvorkommen Staaten zu großem Wohlstand verhelfen. Richtig ist, dass das Wirtschaftswachs- tum in der Regel geringer ist als in rohstoffarmen Ländern. Der „Ressourcenfluch“ bringt den betrof- fenen Ländern politische Instabilität, Korruption, ein niedriges Bildungsniveau und eine hohe Wahrschein- lichkeit bewaffneter Konflikte. Auch die massiven Umweltschäden finden nicht auf dem Territorium der Profiteure statt. Der Preis der gehandelten fossilen Rohstoffe ist kein echter „Marktpreis“. Staaten subventionieren Fossile Rohstoffe direkt durch Steuervergünstigungen für Stromintensive Betriebe, Förderungen der Kohle- industrie oder der Verzicht auf eine Kerosinsteuer. Schwindelerregend sind jedoch die Summen der indirekten Subventionen. Eine Studie des internatio- nalen Währungsfonds beziffert sie jährlich auf 5.300 Milliarden US-Dollar weltweit. 5.300.000.000.000$. Die indirekten Subventionen sind die Schäden, die durch die Verbrennung fossiler Brennstoffe entste- hen. Durch eine Tonne CO2 entsteht ein Schaden von 134€, der nicht eingepreist ist. Auch hier ist wieder die Frage, wem diese Subventionen zu Gute kommen und wer den Schaden trägt. Bei der Verbrennung fossiler Rohstoffe verbindet sich der Kohlenstoff C mit Sauerstoff O zu CO2 und gelangt in die Atmosphäre. Oft hört man die Sor- Quelle: Carbon Tracker Initiative 2013 / PIK Potsdam Institut für Klimafolgenfoschung ge, dass fossile Rohstoffe wie Erdöl oder Kohle bald Grafik: Felix Müller (www.zukunft-selbermachen.de) - Licence CC-BY-SA 40 15
Erdgas und Erdöl bekannt sind. Diese Stoffe waren Umgebungsluft und CO2 wird freigesetzt. Auch wir Millionen von Jahren in der Erdkruste gebunden Menschen und alle anderen Lebewesen sind Teil des Hinweis: Das Themas „Kohlenstoff“ ist sehr nicht Teil der Atmosphäre. Überall im Ökosystem ist Kohlenstoffkreislaufes. Beim Ausatmen wird Koh- komplex, deshalb bietet sich eine grafische Kohlenstoff gebunden. Die größte Kohlenstoffsenke lendioxid frei, dieser trägt aber nicht zur globalen Vereinfachung zur Präsentation an. Beispiels- ist das Meer. Auch ein großer Teil des vom Menschen Erwärmung bei, denn die Nahrung, aus denen unsere weise könnte ein Brainstorming an der Tafel zusätzlich eingebrachten CO2 kann noch vom Meer Verdauungsorgane CO2 produzieren, ist aus dem eine gute Struktur sein, die ihr gemeinsam mit aufgenommen werden, was aber die Versauerung Kohlenstoff des natürlichen Kreislaufes entstanden. der Gruppe entwickelt, während ihr Anekdo- der Meere zur Folge hat und beispielsweise die Einzig das Verbrennen fossiler Rohstoffe bringt das ten aus dem Text vermittelt oder Fragen stellt. Korallenriffe und das Phytoplankton sterben lässt. feinabgestimmte Gleichgewicht des heutigen Erdsys- Wie könnt ihr Brücken bauen, um die Zukunft Phytoplankton ist nicht nur ein wichtiger Bestandteil tems durcheinander. (Kohlenstoffblase) mit der Geschichte (Ener- der maritimen Nahrungskette, sondern auch für den giesklaven) zu verbinden? Wissen die Teilneh- Großteil des für uns lebenswichtigen Sauerstoffs menden selbst, welche Rolle der Kohlenstoff in der Atmosphäre verantwortlich. Wissenschaftler What if we burned all the fossil fuels? bei der Industrialisierung gespielt hat? Halten gehen von 50 – 80% aus. Durch die Versauerung und https://www.youtube.com/watch?v=fxJc2csvpLY die Teilnehmenden Preise für fossile Brennstof- Erwärmung der Meere ist die Menge des Phyto- Kohlenstoffkreislauf fe für gerecht? … https://www.youtube.com/watch?v=x5rBejolS6s planktons seit den 1950er-Jahren bereits um 40% zurückgegangen. Eine weitere Kohlenstoffsenke ist der Wald. Der Hauptbestandteil eines Baumes ist Kohlenstoff, dieser kommt aus der Luft. Die meisten Menschen glauben, Pflanzen würden aus dem Boden wachsen, aber das ist nicht ganz richtig. Seine Masse gewinnt der Baum aus dem Kohlendioxid der Luft, mittels Photosynthese „atmet“ er CO2, bindet den Koh- lenstoff und gibt den Sauerstoff in die Atmosphäre ab. Der Baum „baut“ sich also aus Wasser und Luft selbst. Woher nimmt der Baum aber die Kraft, um den Sauerstoff rauszuschmeißen und den Kohlenstoff mit Wasser und Spurenelementen wieder zusam- menzubauen? Der Baum nutzt dazu die Energie der Sonne. Man kann sich die Sonnenstrahlen als den Klebstoff der Einzelteile des Baumes vorstellen. Wird Holz verbrannt, sehen wir quasi den umgekehrten Prozess, die Wärme und das Licht des Feuers sind zuvor gespeicherte Sonnenenergie, die Verbren- nung des Kohlenstoffs benötigt Sauerstoff aus der 16
17
1.3 Fakten und Modelle Um abzuschätzen, welche Erwärmung unter welchen schnellen Kohleausstieg und eine globale Mobili- aufgrund einiger Unsicherheiten davon aus, dass die Umständen mit welcher Wahrscheinlichkeit zu erwar- tätswende, oder im schlimmsten Fall einen erhöh- Klimasensitivität zwischen 2°C und 4,5°C bei einer ten ist, arbeitet die Wissenschaft mit hochkomplexen ten CO2-Ausstoß, keine internationale Kooperation Verdopplung des CO2-Gehalts der Atmosphäre liegt. Klimamodellen, die die verschiedenen Klima- und und große Konkurrenz bei der Nutzung der fossilen Was die Klimamodelle heute noch wenig berücksich- Erdsysteme detailliert abbilden. Die Zuverlässig- Ressourcen, annehmen. Aus diesen modellhaften tigen sind die möglichen positiven Rückkopplungen keit dieser Computersimulationen wird geprüft, Szenarien, Socioeconomic Pathways genannt, erge- im Klimasystem. indem man sie mit Klimadaten aus der Vergangen- ben sich die Konzentrationspfade, die den, basie- heit füttert und einen bereits durch Messungen rend auf sozioökonomischen Faktoren ermittelten, bekannten Temperaturverlauf vorhersagen lässt. Treibhausgasausstoß der Menschheit in der Zukunft Die Klimamodelle sagen uns nicht, wie die Zukunft wiederspiegeln. Hieraus lassen sich wiederum die zu aussehen wird, da viele verschiedene Faktoren eine erwartenden Temperaturen ermitteln. Rolle spielen und der Verlauf der Erwärmung von uns Menschen abhängt. Die Forschenden nutzen, als Besondere Bedeutung hat hierbei die sogenannte Grundlage der verschiedenen Szenarien sozioökono- Klimasensitivität, also die Temperaturerhöhung bei mische Modelle, die z.B. eine grüne Zukunft, einen Erhöhung der Treibhausgaskonzentration. Man geht Hinweis: Eure Aufgabe ist die Präsentation der Daten und Fakten zum Klimawandel! Wichtig dabei ist, dass die Darstellungen korrekt interpretiert und vermittelt werden. Präsentiert der Gruppe die wichtigs- ten Grafiken und erklärt sie. Statt die vorgegebenen Grafiken zu nutzen, dürft ihr gerne weiteres Ma- terial sammeln. Achtet dabei auf die Seriosität der Quelle. Ob ihr Diagramme aus den IPCC-Berichten nutzt oder sogar eigene zeichnet, bleibt euch überlassen. Vergesst nicht, die Einheiten zu erklären. Was bedeutet z.B. die Einheit PPM und wie könnt ihr sie verständlich erklären? Worauf es noch ankommt, findet ihr hier: https://www.klimafakten.de/meldung/gute-grafiken-zum-klimawandel-die-anleitung https://www.klimafakten.de/meldung/sechs-tipps-vom-und-fuer-den-ipcc-wie-rede-ich-als-wissenschaftler-ueber-den-klima- wandel https://www.klimafakten.de/meldung/der-weltklimabericht-auf-60-mal-80-zentimetern https://www.klimafakten.de/fakten-kommunizieren/so-gehts/best-practice Sprecht im Anschluss über die Vermittlung von Informationen allgemein. Was haben die Teilnehmen- den verstanden und was nicht? Welche Grafiken waren hilfreich, welche nicht? Wurden alle Einheiten verstanden und ist man sich der Bedeutung der Fakten, Daten und Diagramme bewusst? Was habt ihr selbst dabei gelernt? Falls ihr eigenes Material erstellt habt, nutzt es doch als Poster für den Klassen- Stark vereinfachte grafische Darstellung der raum? Oder lassen sich Mitschüler/Mitschülerinnen motivieren, solche Grafiken zu erstellen? Geschichte der Erde und des Lebens. Quelle: United States Geological Survey 18
Die Darstellung zeigt den Verlauf der mittleren Temperatur der Erde der letzten 1000 Jahre. Seit Millionen von Jahren gab es keinen so schnellen Temperaturanstieg. 19
Veränderung der CO2-Konzentration seit Beginn der Industrialisierung. 20
Temperaturverlauf der letzten 2000 Jahre. 21
CO2-Konzentration der letzten 2000 Jahre. 22
CO2-Konzentration der letzten 400.000 Jahre. 23
24
Die hier gezeigte Grafik zeigt das optimistischste und das pessimistischste Szenario. Die farbigen Bereiche stehen für die Unsicherheiten. RCP = Representative Concentration Pathways, Repräsentative Konzentrationspfade. Die Zahl nach RCP steht für den für den Strahlungsantrieb (Quelle: IPCC 2013). Y-Achse: Temperaturanstieg und X-Achse: Zeitverlauf 25
Detaillierte Ansicht der Konzentrationspfade von SSP (Shared Socioeconomic Pathways) 1-5. Y-Achse: Jährliche Nettoemissionen der Menschheit und X-Achse: Zeitverlauf An der rechten Seite der Grafik sind die zu erwartenden Temperaturen aufgetragen. Besonders auffällig ist an dieser Grafik die Null-Linie. Aus der Grafik ergeben sich negative Emissionen. 26
1.4 Kipppunkte Kippelemente im Klimasystem verhalten sich ähnlich zu Fall bringt. Die Rückkopplungen könnten nicht nur Permafrost wie Dominosteine, fällt der erste Stein, fallen unwei- mehr CO2 freisetzen, sondern auch Kohlenstoffsen- gerlich alle anderen. Die verschiedenen Systeme, ken in Kohlenstoffquellen verwandeln. Als Permafrost werden Gebiete bezeichnet, in denen die auf unserem Planeten miteinander wechselwir- der Boden langfristig gefroren ist. Das Volumen ken, sind hochkomplexe dynamische Systeme mit Schmelzen des arktischen Meereises des Permafrosts auf der Nordhalbkugel kann den nichtlinearen Eigenschaften. Das heißt, dass kleine Meeresspiegel potentiell nur um wenige Zentimeter Veränderungen große Auswirkungen haben können. Die sogenannte Eis-Albedo-Rückkopplung be- ansteigen lassen. Problematisch ist die Freisetzung Das Klima, der Kohlenstoffkreislauf, die Meere und schreibt den Rückgang heller und somit reflek- von Methan. Methan hat eine etwa 30-mal so große die Ökosphäre befinden sich idealerweise in einem tierender Eisflächen bei Zunahme der dunkleren Treibhauswirkung wie CO2. In den gefrorenen Böden Gleichgewichtszustand. Die Treibhausgaskonzentra- Meeresfläche. Beim Schmelzen von Eis wird somit die befinden sich große Mengen organischen Materials. tionen, Temperaturen und das Auftreten von Ext- Rückstrahlfähigkeit der Erdoberfläche vermindert, die Man schätzt die Kohlenstoffmenge auf über 1500 Gi- remereignissen wie Wirbelstürmen, Hitzeperioden Strahlungsbilanz verändert sich und es wird wärmer. gatonnen. Wenn der Permafrost schmilzt, beginnen oder Dürren, schwanken in relativ stabilen Bereichen. Zerfallsprozesse, bei denen Methan und Kohlendi- Durch die Erhöhung der Treibhausgaskonzentration Schmelzen des Grönländischen Eisschildes oxid freigesetzt wird. Bereits heute können wir einen in kürzester Zeit durch den Menschen geraten diese Anstieg der Methankonzentration in der Atmosphäre Systeme aus ihrem Gleichgewicht und die aufeinan- Auch hier liegt eine Eis-Albedo-Rückkopplung vor. feststellen. Der Permafrost beinhaltet nehmen ge- der abgestimmten Systeme verändern sich rasant. Der Unterschied ist hier, dass Eisfläche nicht nur fährlich großen Mengen Kohlenstoff auch die Gefahr Dabei haben die einzelnen Systeme Einfluss aufei- durch Meerwasser, sondern auch durch Gestein er- von im Eis konservierten Krankheitserregern, die nander. Alles ist dabei miteinander verbunden und setzt wird. Zudem befindet sich der Eisschild auf dem durch das Auftauen freigesetzt werden könnten. es ist Teil der Klimaforschung die Systeme auf diese Festland, was bedeutet, dass sie beim Schmelzen den Wechselwirkungen zu untersuchen. Meeresspiegel weltweit ansteigen lassen. Ein völli- Unterdrückung der Tiefenwasserbildung ges Abschmelzen des Eisschildes würde langfristig zu einem Meeresspiegelanstieg von sieben Metern Unterschiedliche Temperaturen und Salzgehalte in Heute geht die Forschung davon aus, dass eine führen. 2018 verlor der grönländische Eisschild den Meeren bestimmen zahlreiche Klimaphänomene Erwärmung von über 1,5°C das Verlassen eines 105.000.000.000 Tonnen Eismasse. wie Meeresströmungen, globalen Wärmetransport „sicheren Korridors“ bedeutet und das Überschreiten oder auch die Nährstoffverteilung in den Ozea- von 2°C Erwärmung mit dem großen Risiko behaftet Westantarktischer Eisschild nen. Die Veränderung dieser Parameter kann unter ist, dass die einzelnen Kippelemente im Klimasystem anderem weitreichende Folgen für Wetterextreme die Erde automatisch weiter aufheizen, man spricht Die Landzunge des westantarktischen Eisschildes ist weltweit haben. dabei von positiver Rückkopplung. Dabei ist unklar, vom warmen Meerwasser bedroht. Das küstennahe welche Kipppunkte bei welcher Temperatur erreicht Eis dient dem Inlandeis als Stütze, die, wenn sie fehlt, Aufnahmefähigkeit der Meere werden und welchen Einfluss sie auf die anderen für ein kontinuierliches Abrutschen des Eises ins war- Kipppunkte haben werden. Womöglich sind einige me Wasser führt. Bei einem vollständigen Abschmel- Die Meere nehmen etwa die Hälfte der vom Men- Kipppunkte bereits erreicht, was bedeuten würde, zen würde dieses Kippelement über mehrere Hun- schen emittierten Treibhausgase auf. Die Aufnahme- dass die Annahme, es gäbe noch ein CO2-Budget, dert Jahre zu einem Meeresspiegelanstieg von etwa fähigkeit des Wassers ist jedoch begrenzt, die Meere hinfällig wäre. Wird ein Kipppunkt erreicht, könnte fünf Metern führen. Weitere Eis-Albedo-Rückkopp- versauern. Die Folge ist, dass mit der Zeit mehr dieser der erste Dominostein sein, der die anderen lungen finden wir auch im tibetischen Hochland. Kohlendioxid in der Atmosphäre verbleibt und die 27
Sie können auch lesen