Küssen verboten? Wenn's am Arbeitsplatz funkt
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Zeitschrift der Bundespolizei 38. Jahrgang ISSN 2190-6718 1-2011 Küssen verboten? Wenn‘s am Arbeitsplatz funkt In- & Ausland: Vier Fragen zu den Werthebach-Empfehlungen an Dr. Thomas de Maizière Seite 13 Personal & Haushalt: Einblicke in das Auswahlverfahren der GSG 9 Seite 26 Portrait: Reisebüro Bundespolizei Seite 46
| 1-2011 Inhalt Die ersten 100 Tage Dem „Onkel“ auf der Spur „Es lebe der Sport!“ bei der Bundespolizei Wie die Bundespolizeiinspektion Zwei Polizeimeisteranwärter berichten Kriminalitätsbekämpfung Bexbach Dienstsport in der Bundespolizei von ihrem Start bei der Bundespolizei ein internationales Schleuser– und Drogennetzwerk zerschlug. Seite 10 Seite 14 Seite 50 Titelthema Personal & Haushalt Portrait Küssen verboten? – Challenge GSG 9 . . . . . . . . . . 26 Reisebüro Bundespolizei . . . . . 46 Wenn‘s am Arbeitsplatz funkt . . . 4 Technik & Logistik Warum entscheiden sich Näher als die Polizei erlaubt . . . 8 junge Menschen für die Kein feuerrotes Spielmobil … . . 48 Bundespolizei? . . . . . . . . . . . . 28 In- & Ausland Sport & Gesundheit Die ersten 100 Tage In Gedenken . . . . . . . . . . . . . . 30 Dienstsport in der bei der Bundespolizei . . . . . . . 10 Ein Schritt in die richtige Bundespolizei . . . . . . . . . . . . . 50 Vier Fragen zu den Werthebach- Richtung! . . . . . . . . . . . . . . . . 32 Leserbriefe Empfehlungen an Dr. Thomas de Recht & Wissen Maizière . . . . . . . . . . . . . . . . . 13 Zu guter Letzt 60 Jahre Bundespolizei . . . . . . 33 KrimB Bexbach zerschlägt Fliegender Notarzt für den internationales Schleuser- und Besser gerüstet - Der modulare neuen „Tatort-Kommissar“ . . . . 54 Drogennetzwerk . . . . . . . . . . . 14 Studiengang . . . . . . . . . . . . . . 39 16.000 Euro für die Ideen Der HOD – tatsächlich The Afghan K-9 program . . . . . 42 aus 2010 . . . . . . . . . . . . . . . . 54 „bezahlter Urlaub“? . . . . . . . . . 18 Identitätsfeststellung Gewinner des Preisrätsels . . . . 55 Notfall? Du hilfst – ich auch! . . . 20 gem. § 23 Abs. 1 Nr. 4 BPolG . 44 Der polnische Grenzschutz . . . 22
| 1-2011 3 Impressum Herausgeber Bundespolizeipräsidium Redaktion Sandra Pfeifer (V.i.S.d.P.), Kristian Veil, Liebe Leserinnen und Leser, Alexander Geyer, Daniel Nedwed, Stefan Perschall, Freya Schröder, Michaela Heine, Friedrich-Willhelm Britt, zunächst möchte ich mich bei würden, die bereit wären, uns ihre Armin Thiel, Lars Beyer, Torsten Henkel, Ihnen entschuldigen. Die letzte Aus- Geschichte zu erzählen. Wir haben Sven Drese, Anika Manthey, gabe der kompakt war stark fehlerbe- uns daher sehr gefreut, dass die Kurt Lachnit, Cora Thiele, haftet. So haben Sie beispielsweise Resonanz überraschend gut ausfiel. Thomas Borowik, Fiona Roloff das auf der Titelseite angekündigte Anschrift und falsch geschriebene Preisrätsel Hält eine Beziehung 24 Stunden Heinrich-Mann-Allee 103 14473 Potsdam vergeblich auf Seite 41 gesucht. „Zweisamkeit“ aus? Wie sind die Glücklicherweise haben es viele von Reaktionen der Kollegen? Unsere Telefon Ihnen dennoch gefunden. Mein Re- Pärchen behaupten: „Alles gut!“ 0331/97 997-9404, -9407 Telefax daktionsteam und ich werden künftig Überzeugen Sie sich selbst. 0331/97 997-9411 noch genauer hinschauen. Erstmalig widmen wir unseren im E-Mail redaktion.kompakt@polizei.bund.de Mit großer Spannung habe ich letzten Jahr verstorbenen Kolleginnen die Empfehlungen der Werthebach- und Kollegen Raum in unserem Ma- Layout & Satz Fachinformations- und Medienstelle Kommission gelesen. Ich war ziem- gazin. Wir wollen damit Ihnen, liebe der Bundespolizei lich überrascht oder soll ich sagen Leserinnen und Leser, aber auch den emotional berührt über das, was ich Hinterbliebenen sagen: Seid glücklich Druck Media-Print Informationstechnologie GmbH dort über die Bundespolizei las. Umso über die Momente, die Ihr gemeinsam Paderborn mehr interessierte mich, wie unser hattet und seid stark für Euch selbst, Bundesinnenminister die Bundes- die Ihr im Leben steht. Wir vergessen Auflage 12.000 polizei sieht. Die kompakt hat nach- unsere Kolleginnen und Kollegen gefragt: Wo steht die Bundespolizei nicht! Wir danken allen Autoren für die in dieser Ausgabe veröffentlichten Beiträge. heute und welche Zukunftschancen Für den Inhalt der Beiträge sind grundsätz- hat sie? Lesen Sie, was unser Minis- Ihre Sandra Pfeifer lich die Autoren verantwortlich. ter dazu sagt. Redaktion Bundespolizei kompakt Die Redaktion behält sich das Recht der Kürzung und Änderung von Beiträgen vor. Als wir uns in der Redaktion für Redaktionsschluss das Titelthema „Paare in der Bundes- für die Ausgabe 2-2011 polizei“ entschieden haben, waren 25. Februar 2010 wir nicht sicher, ob wir Paare finden
Titelthema Küssen verboten? – Wenn‘s am Arbeitsplatz funkt Sie sind der Heiratsmarkt für Singles: Kontakt- börsen im Internet. Ihre vollmundigen despolizisten nicht vor Amors Pfeilen sicher, wenn sie aus den eigenen Rei- hen abgeschossen werden. Der Satz: Nachdem es auf dem Diensttrip nach Fernost aber nachhaltig knisterte, läuteten 2001 die Hochzeitsglocken. Versprechungen gleichen sich: per „Gelegenheit macht Liebe“ gilt eben Leon (9) und Paula (8) machten das Mausklick zum Traumpartner - und auch für die Romanze in Uniform. Familienglück komplett. „Vor vier Jah- das ganz unkompliziert. Doch ab- Und die kann sogar an exotischen ren haben wir ein Haus gebaut, einen seits des Onlinedschungels hält sich oder vielmehr eher unromantischen Baum gepflanzt und uns einen Hund eine eher schnöde Kontaktbörse Orten entflammen. Bei Maike und zugelegt“, lacht Jan. Dienstlich sehen seit Jahrzehnten an der Spitze: der Jan Jaskolla (beide 35) funkte es sich die beiden nicht mehr so oft. Arbeitsplatz. Obwohl viele bei dem ausgerechnet während einer Sammel- Maike versieht seit 2005 ihren Dienst Wort nicht unbedingt an Romantik und rückführung nach Hanoi im November im Bundespolizeirevier am Mainzer Liebe denken, hatte laut einer Studie 1999. Zwar kannten sich die beiden Hauptbahnhof, während Jan nach wie des Hamburger Meinungsforschungs- bereits vom Sehen aus der Bundes- vor bei der Bundespolizeidirektion auf instituts GEWIS jeder fünfte Berufstä- polizeiinspektion Flughafen Frankfurt/ dem Frankfurter Flughafen beschäftigt tige in Deutschland schon einmal eine Main II, sie waren aber in unterschied- ist. Um für ihre beiden Kinder so oft Beziehung am Arbeitsplatz. Jeder lichen Dienstgruppen. „Wir haben uns es geht da zu sein, arbeitet Maike in Vierte davon hat sogar einen Kollegen höchstens kurz zum Schichtwechsel Teilzeit. Eine Bilderbuchgeschichte. geheiratet. Natürlich sind auch Bun- gesehen, das war’s dann“, sagt Jan. Oft kann aber gerade der Beginn
| 1-2011 Susann Kluge und Andreas Müller hatten am Anfang Angst, dass geredet und getratscht wird. gen aber auch eingeweiht werden. Geheimniskrämerei schadet langfristig nur. Auch der Vorgesetz- 5 te sollte irgendwann involviert werden.“ Die Bedenken von Susann und Andreas waren allerdings unbegründet. Fair und loyal gingen die Kollegen mit dem Outing des Pärchens um. Böse Anspielungen? - Fehlanzeige. „Es gab hin und wieder einen lockeren Spruch. Das war aber alles humorvoll und freundschaftlich,“ erklärt Andreas Müller. Das Paar sieht es als Vorteil, in derselben „Branche“ zu arbeiten und sich nicht nur privat zu sehen. „Das muss eine Beziehung aushalten können. Der Vorteil ist, dass wir nicht viel erklären müssen und sich vieles von selber versteht. Wichtig ist, dass sich jeder einfach auch Freiräume schafft, und das klappt gut bei uns “, findet Susann. Während ihr Partner sich dem Laufen, dem Rennrad sowie einer Liebesbeziehung zwischen Bei Maike und Jan Jaskolla funkte es während einer Sammelrückführung nach Hanoi. Kollegen holprig sein. Gerade, wenn beide eng zusammenarbeiten. Das Hauptproblem: Wie sage ich es dem Rest des Teams, wenn es richtig geknistert hat? Susann Kluge und Andreas Müller hielten sich zunächst bedeckt, als sie sich vor etwa sieben Jahren im Bundespolizeirevier Gießen kennen und lieben lernten. Die beiden Diensthundeführer hatten zunächst Bedenken: „Wir hatten Angst, dass geredet und getratscht wird und dass die Kolleginnen und Kollegen unsere Beziehung verurteilen würden.“ Die richtige Entscheidung - findet Kom- munikationsexpertin Meike Müller aus Berlin, die sich in ihrem Buch „Rendezvous am Arbeitsplatz“ mit Pär- chenbildung im Job auseinandersetzt: „Grundsätzlich sollte man zunächst abwarten, denn manche Liebelei ent- puppt sich als Strohfeuer. Wenn man sich sicher ist und auch das Bedürfnis hat, dann sollten vertraute Kolle-
| 1-2011 Schwulen, weil oft der Mut nicht da ist, zu sich und dem Partner zu stehen und damit Normalität zu leben.“ Erik und Christian arbeiteten teil- weise zusammen. Besonders gefallen 6 hat das Christian nicht. „Ich habe mich immer irgendwie beobachtet ge- fühlt. Das hat aber nichts mit schwul oder nicht-schwul zu tun. Ich denke, dass das für alle Paare gilt.“ Kommunikationstrainerin Meike Müller bestätigt das: „Egal ob frisch verbandelt oder längst gelangweilt, immer sehen die Kollegen zu, wie sich die Beziehung entwickelt. Und gerade in schwierigen Phasen sind die Kollegen, die meist auch zum Freundeskreis gehören, hautnah da- bei. Das muss nicht immer gut sein.“ Erik Werle ist inzwischen wieder Zugführer bei der MKÜ in Konstanz, sein Freund arbeitet weiterhin als Kontroll- und Streifenbeamter bei der Inspektion Stuttgart.170 Kilome- ter trennen die beiden. Wegen der Dienstpläne sehen sie sich etwa zwei Christian Blohm und Erik Werle wollen frei sein und sich nicht verstecken. bis drei Tage in der Woche. Trotzdem sind sie unlängst am Bodensee in der Wald- und Gartenarbeit widmet, irgendwann gesagt, dass die Kollegen eine gemeinsame Wohnung gezogen. genießt die 32-jährige Polizeiober- wissen müssen, dass wir zusammen Über eine eingetragene Lebenspart- meisterin ihre Zeit mit den Hunden, sind. Wir wollten frei sein und uns nerschaft haben beide noch nicht die Natur sowie die Zeit mit Freunden. nicht verstecken müssen.“ Erik war nachgedacht. Tochter Ronja macht das Glück der immer offen mit seiner Homosexualität Familie perfekt. Nach einem Jahr umgegangen und hatte damit schon Amouröse Verbindungen zwischen Babypause kehrte Susann in den bei der Bundeswehr keine schlech- Kollegen bieten immer auch Stoff für Dienst zurück und ist in Teilzeit im ten Erfahrungen gemacht. Christian jede Menge Fettnäpfchen, weiß Kom- Ermittlungsdienst des Bundespolizei- sah das erstmal anders: „Ich hatte munikationstrainerin Meike Müller. Ein reviers Gießen tätig. Damit bekommt während meiner Ausbildung immer ir- absolutes „No Go“: Zärtlichkeiten vor sie Familie und Beruf unter einen Hut. gendwie das Gefühl: Schwulsein und anderen Kollegen. Pärchen, die sich Polizei – das passt nicht zusammen“, wie verliebte Teenager verhalten und Anfängliche Sorgen wegen des fasst er seine Sorgen zusammen. vor versammelter Mannschaft rumbus- „Outings“ machte sich auch Christi- Doch diese erwiesen sich als völlig seln oder ständig in der „Wir-Form“ an Blohm. Während der Ausbildung unbegründet. Hundertschaftsführung, reden, werden schnell nicht mehr zum Bundespolizisten hatte er seinen Dienstgruppenleiter und Kollegen ernst genommen. Außerdem besteht Partner Erik Werle vor knapp zwei akzeptieren das Paar ohne Wenn und die Gefahr, dass sie sich durch derlei Jahren via Internet kennen gelernt. Aber. „Wir erleben absolute Normali- Verhalten von den Kollegen distanzie- Erik arbeitete bei der MKÜ Stuttgart, tät“, findet der 32 jährige Erik Werle. ren und aus den informellen Netzwer- Christian wurde nach dem Ende Und sein Freund ergänzt: „Die Prob- ken, von denen der Job auch lebt, seiner Ausbildung in der Schwaben- leme gehen meistens auch nicht von ausklinken. „Job-Pärchen sollten nicht metropole eingestellt. „Wir haben uns den Kollegen aus sondern von uns wie an der Hüfte zusammengewach-
| 1-2011 sen durchs Leben wanken, sondern rund um den Sachverhalt sexuelle Be- und Zeugnisverweigerungsrecht sind ganz normal als Kollegin und Kollege lästigung – besonders, wenn es um heikel. „Aus personalwirtschaftlicher auftreten“, rät Müller. Abhängigkeitsverhältnisse zwischen Sicht versuchen wir deshalb private Chefs und Untergebenen geht. Beziehungen und berufliche Abhän- „Wo die Liebe hinfällt“ – heißt es gigkeitsverhältnisse auszuschließen bekanntlich. Doch so einfach ist es In Deutschland gehen Personalver- und achten darauf, dass es dabei 7 nicht immer. Als besonders heikel antwortliche mit der Liebe am Arbeits- überhaupt nicht erst zum Konflikt erweisen sich Liebesbeziehungen platz grundsätzlich lockerer um. Wenn kommt. Das ist etwa durch eine zwischen Kollegen unterschiedli- es aber um Partnerschaften zwischen interne Umsetzung in einen anderen cher Hierarchieebenen. Die Liste Vorgesetzten und Untergebenen geht, Aufgabenbereich in gegenseitigem der prominenten Vorbilder ist lang. gelten auch hier bestimmte Regeln. Einverständnis mit den Betroffenen So ehelichte „Fußballkaiser“ Franz Be- Bei der Bundespolizei gibt es zwar möglich“, erklärt Andreas Dally vom ckenbauer gleich zwei seiner Sekretä- keine Vorschrift, die derlei Beziehung Personalreferat im Bundespolizeiprä- rinnen und auch Ex-Daimler-Manager per se verbietet, allerdings ergeben sidium. Jürgen Schrempp verliebte sich in sich gewisse Beschränkungen aus seine Büroleiterin. In den USA etwa den Bestimmungen des Beamtenge- Dass das Thema „Liebe am Arbeits- werden solche Verbindungen nicht setzes und anderer Vorschriften. Da- platz“ auch zu einem echten Mobbing- gerne gesehen. Im Land der Rekord- runter fällt etwa das Neutralitätsgebot Martyrium werden kann, musste Fran- Schadenersatzklagen fürchtet man oder die Verschwiegenheitspflicht. ziska M. erleben. Es war die Zeit, in teure prozessuale Verstrickungen Aber auch die Themen Beurteilung der Frauen beim damaligen BGS noch „Diskretion bitte!“ Tipps für den richtigen Umgang mit der Liebe im Job Von Kommunikationsexpertin Meike Müller Wann sag’ ich es den Kollegen? Sagen Sie den Kollegen nichts, solange es noch keine feste Beziehung ist. Manche Liebeleien entpuppen sich als Strohfeuer. So vermeiden Sie unnötigen Klatsch und Tratsch. Wenn Sie merken, dass die Sache ernst ist, sollten Sie Kollegen und auch Vorgesetzte einweihen. Keine intimen Details! Halten Sie sich bei Gesprächen mit Kollegen zurück, auch wenn Sie mit Ihrem Partner offiziell zusammen sind. Es geht niemanden etwas an, ob Ihr Liebster karierte Boxershorts trägt oder ihre Liebste eine Vorliebe für Intimpiercings hat. Machen Sie sich nicht lächerlich! Turteln Sie nicht zu viel herum. Sie machen sich schnell lächerlich. Zeigen Sie als Paar im Job, dass Sie Privates und Berufliches voneinander trennen können. Schließen Sie ihre Kollegen nicht aus! Präsentieren Sie sich nicht ständig als Paar und verfallen Sie nicht in die „Wir-Form“. Pflegen Sie weiterhin selbst- ständig die informellen Netzwerke und suchen sie nach wie vor das Gespräch und den Austausch mit anderen Kollegen, um niemanden auszuschließen. Was tun, wenn es aus ist? Suchen Sie räumlichen und zeitlichen Abstand! Ein Urlaub kann schon helfen. Nur wenn es gar nicht anders geht und zu viel räumliche Nähe besteht, sollten Sie auch über eine Versetzung an einen anderen Dienstort nachdenken.
| 1-2011 keine Selbstverständlichkeit waren. treute, habe quasi ein Vorgesetzten- Wichtig ist, dass die Betroffenen „Gerüchte und falsche Anschuldigun- verhältnis bestanden. Ganz so negativ Abstand nehmen können, etwa durch gen haben mir damals echt zugesetzt. endete die Geschichte dann aber Urlaub. Wenn das alles nicht fruchtet, Das ging sogar bis zum Disziplinarver- doch nicht für Franziska und Thors- dann müssen sich die Ex-Partner fahren“, berichtet die Bundespolizis- ten. Im Gegenteil: Sie führte zu einem überlegen, ob sie sich etwa an einen tin. Von einem verschmähten Verehrer echten Happy -End. Das Erlebte anderen Dienstort versetzen lassen“, 8 und neidischen Kollegen wurde ihr schweißte die beiden bis dato plato- rät Paare-Expertin Meike Müller. Doch eine Affäre mit dem Führer einer nischen Freunde so zusammen, dass davon sollten sich frisch verliebte anderen Gruppe angedichtet, der die nach Thorstens Versetzung und vielen Kollegenpärchen nicht abschrecken damalige BGS-Schülerin in Selbst- Telefongesprächen aus der angedich- lassen. Denn Beziehungen, die am verteidigung ausbildete. „Er war ja teten Beziehung eine echte wurde. Arbeitsplatz entstehen, gelten in der nicht mal mein direkter Vorgesetzter. Franziska und Thorsten sind heute Regel als besonders stabil und halten Wir waren uns nur sympathisch und verheiratet und haben drei Kinder. Sie oft ein Leben lang. Durch den tägli- haben auch manchmal in der Freizeit arbeiten im selben Revier – allerdings chen Umgang und die Arbeitssituation etwas unternommen, unser Verhältnis in verschiedenen Dienstgruppen. lernen die Verliebten sich und die war aber rein platonisch“, erinnert Marotten des anderen besonders in- sich die heute 36-Jährige. Die Kon- Parteibildung, Gerüchte und Mob- tensiv kennen und lieben. Die Gefühle sequenz: Gruppenführer Thorsten bing drohen aber auch dann, wenn zueinander können so langsam und bekam ein Disziplinarverfahren und eine Beziehung zwischen Kollegen beständig wachsen. wurde versetzt. Offizielle Begründung: zerbricht. „Das Problem dabei ist, Er sei zwar nominell kein Vorgesetzter dass alle Kollegen meinen, mitre- gewesen, dadurch, dass er aber die den zu können und sich der eine Kristian Veil Ausbildung von Franziska zum Teil be- oder andere auch das Maul zerreißt. Näher als die Polizei erlaubt Drei Pärchen erzählen, wie es bei ihnen „boom“ machte „Große Gefühle im Terminal C“ Geknistert hat es auf dem Gang der Wache im Termi- nal C des Münchner Flughafens. Bernd kam gerade aus der Botschaft in Prag zurück und in die Dienstgruppe von Rosi. Dann ging es weiter über das erste Glas Rotwein bis zum gemeinsamen Kochen sowie Joggen im Englischen Garten. Wegen der weit auseinander liegenden Wohn- orte verbrachten beide privat nicht viel Zeit miteinander. Außerdem war Rosi als Triathletin an den Wochenenden viel unterwegs. Bernd unterstützte beim Sprinttraining im Englischen Garten. 2005 begann Rosi ihre 3-jähri- ge Aufstiegsausbildung in den gehobenen Dienst. Das bedeutete: Wochenendbeziehung. Nach Rosis Aufstieg machte das Paar Nägel mit Köpfen und zog zusammen. Dank zweier Tauschpartner bekamen beide eine Stelle in der Inspektion Rosenheim. Für die beiden wertvoller als ein Lottogewinn. Im September 2010 läuteten die Hoch- Rosi und Bernd Balke – Bundespolizeiinspektion Rosenheim zeitsglocken. Als Vorteil einer „Bundespolizeiliebe“ sehen sie vor allem gegenseitiges Verständnis für den Job und Planungssicherheit für die gemeinsame Freizeit.
| 1-2011 „Familie ist alles!“ Gefunkt hat es schon 1995. Ganz klassisch in der Disco. Seitdem sind die beiden unzertrennlich. Ihre Liebe zueinander ist von ihren Kollegen immer akzeptiert wor- den. 1996 kamen sie auf eigenen Wunsch in die gleiche 9 Dienstgruppe. Rund um die Uhr waren die beiden zusam- men. In der ersten Zeit war das kein Problem. Mitte des Jahres 1997 heiratete das Paar. Die ganze Dienstgruppe stand an der Kirche Spalier. Frank und Martina stellten irgendwann fest, dass sich auch im Privaten alles um den Dienst drehte. Dieses „Problem“ erledigte sich anschlie- ßend von selbst als Sohn Maximilian Ende 1997 geboren und Martina Erziehungsurlaub nahm. 2004 folgte Tochter Leonie. Martina und Frank arbeiten heute im Bundespoli- zeirevier Hof in versetzten Dienstgruppen. Zu Hause wird über dienstliche Angelegenheiten nur selten gesprochen. Der Schichtdienst ist mit dem Inspektionsleiter so geplant, dass immer einer der beiden bei den beiden Kindern ist. Ein längerer Lehrgang ist für das Paar aus diesem Grund problematisch, weil der anderen in der Zeit Urlaub oder Dienstfrei nehmen müsste. Frank verzichtet deshalb auch Frank und Martina Batschko – Bundespolizeirevier Hof auf einen Aufstieg in den gehobenen Dienst. „Aufstieg ist nicht alles“, findet er. Anna Theuring und Oliver Krainer – Bundespolizeiinspektion Frankfurt IV „Zukunftspläne!“ hung. Über den Dienst reden sie in ihrer Freizeit nur, wenn es gar nicht anders geht. „Aber es ist von Vorteil, wenn der Große Gefühle füreinander entdeckten Anna und Oliver Partner um die Probleme weiß, die sich im Dienst ergeben während der Nachtschicht über die Weihnachtsfeiertage können, und mitreden kann“, sagt Anna. Über eine ge- 2007 auf dem Frankfurter Flughafen „Das war quasi unser meinsame Zukunft haben sie sich auch schon Gedanken erstes gemeinsames Weihnachtsfest“, sagt die 26jährige gemacht. „Der Dienst am Frankfurter Flughafen ist zwar Polizeikommissarin und schmunzelt. „Von da an waren wir interessant und vielseitig, aber mich zieht es doch zurück dann ein Paar.“ Oliver entscheidet sich für den Aufstieg in in meine Heimat nach Sachsen-Anhalt“, erzählt Anna. „Der den gehobenen Dienst. Das bedeutet: Wochenendbezie- Flughafen oder der Bahnhof in Halle oder Leipzig wären echt ein Traum.“
In- & Ausland Die ersten 100 Tage bei der Bundespolizei Endlich loslegen! – Nach dem langen Bewerbungsmarathon haben viele Berufsanfänger nur einen Wunsch: endlich anzufangen. Für Anne Kathrin Maletz und Eugen Willer, beide Polizeimeisteranwärter im Aus- und Fortbil- dungszentrum Eschwege, ist dieser Wunsch am 1. September 2010 in Er- füllung gegangen. Jetzt haben sie die ersten 100 Tage hinter sich gebracht, sich sozusagen „warmgelaufen“. In der Politik ist es üblich, nach den ersten 100 Tagen ein erstes Resümee zu ziehen. Und auch sein könnte. Hoffentlich würden wir uns verstehen und uns nicht schon nach den ersten Tagen die Köpfe Ausbildung bei der Bundespolizei sein „altes“ Leben in seiner Heimat Nordrhein-Westfalen hinter sich gelas- Anne Kathrin und Eugen haben sich einschlagen.“ Mittlerweile ist Anne sen und ist zusammen mit seiner Frau bereit erklärt, für die kompakt über ihre Kathrin der Meinung, dass sie großes und seinem Sohn nach Eschwege Erfahrungen während der ersten 100 Glück mit ihrer Zimmernachbarin hat- gezogen. Tage ihrer Ausbildung zu berichten. te. „Im Großen und Ganzen verstehen wir uns gut, auch wenn wir uns ab und „Es ist schon eine ganz schön „Ich habe mich sehr auf meinen zu mal anzicken.“ große Umstellung für mich“, erzählt Ausbildungsbeginn gefreut“, erzählt Eugen. „Der Tagesablauf ist durch die 21-jährige Anne Kathrin, die „Dass sich die anfänglichen Be- den Stundenplan straff durchorga- ursprünglich aus Nordrhein-Westfalen fürchtungen schnell verflüchtigten, nisiert. Viele Stunden verbringen kommt. „Ich hatte aber auch ziemlich dazu trug unter anderem auch die wir mit theoretischem Unterricht wie große Angst. Ich wusste, dass wir auf freundliche Begrüßung durch die Rechts- und Einsatzlehre. Da müssen keinen Fall ein Einzelzimmer bekom- Lehrkräfte und Martin Kröger, den wir besonders aufmerksam sein, da men würden, also malte ich mir schon Leiter des Bundespolizeiaus- und das grundlegende Wissen wichtig für die schlimmsten Horrorgeschichten Fortbildungszentrums, bei“, sagt der unsere zukünftige Tätigkeit als Polizei- aus, wie meine Zimmernachbarin wohl 25 Jahre alte Eugen. Er hat für die beamter ist. Man ist dann froh, wenn
| 1-2011 durch den Sport und die praktischen Toilettengang ist wie ein „Sechser“ im Befragt nach besonders markanten Ausbildungsabschnitte ein bisschen Lotto. Daran muss man sich erst mal Erlebnissen während der ersten 100 Bewegung in die gewöhnen.“ Tage bei der Bundespolizei geben Sache kommt.“ beide die Schießausbildung und die Zu den besonderen Highlights Vereidigung an. „Gerade bei den des Ausbildungsbeginns gehört für 11 sportlichen Aktivitäten, viele Anwärter auch der Empfang der „Mit dem Thema Schießen habe wie zum Beispiel beim ersten Uniform. ich oft meine Probleme“, berichtet Einsatztraining, muss man Anne Kathrin. „Wenn mich meine sich vor allem als Frau häufig „Es war das totale Chaos“, be- Eltern am Wochenende darauf an- beweisen“, sagt Anne Kathrin. richtet Eugen. „Unzählige Kartons sprechen, bekomme ich schon eine „Aber gejammert hat bisher mussten ausgepackt und die Kleidung leichte Krise. Wenn ich meine Waffe noch nie eine von uns Frauen, auf Vollständigkeit und Passform über- in der Hand halte, muss ich oft daran diese Blöße wollen wir uns vor den prüft werden.“ denken, dass ich vielleicht mal andere Jungs einfach nicht geben. Manch- Menschen verletzen oder sogar töten mal trainieren meine Zimmerkollegin „Ich war megastolz darauf, das ers- könnte. Obwohl der Respekt vor der und ich sogar heimlich in unserem te Mal die Uniform zu tragen“, erzählt Waffe überwiegt, macht mir das Zimmer. Aber ich muss sagen, dass Anne Kathrin. „Das Gefühl kann ich Schießen aber Spaß“, so Anne Kath- unsere männlichen Kollegen noch gar nicht mehr richtig beschreiben. rin. nie einen dummen Spruch gemacht Es war mir in diesem Moment völlig haben – von wegen: „Frauen haben egal, dass die Frauenhosen unvor- „Ich hatte zwar auch ein bisschen bei der Polizei nichts zu suchen!.“ teilhaft geschnitten sind, das fällt mir Angst, aber im Großen und Ganzen erst jetzt so richtig auf. Ein Vorteil der war es großartig, in der Schießaus- Der Berufsstart fordert von vielen Dienstbekleidung ist die Zeitersparnis bildung die Maschinenpistole MP5 in Berufsanfängern enorme Veränderun- bei der morgendlichen Auswahl der den Händen zu halten“, erzählt Eu- gen. Nicht nur die Umstellung auf ge- Kleider.“ gen. „Aber als besonderes Highlight regelte Zeitabläu- fe, auch mit dem Kennenlernen der Ausbildungsbereiche für Angehörige am 8. Oktober 2010, dem Tag der Vereidigung. Eugen Willer zeigt seiner Familie Führungs- und Einsatzmittel in der Waffenkammer. Unternehmen beziehungsweise mit der Behörde, den Strukturen und den Um- gangsformen muss man sich vertraut machen. „Ab und zu habe ich ehrlich gesagt auch Heimweh und vermisse mei- ne Familie und Freunde“, sagt Anne Kathrin. „Selbst in Ruhe telefonieren ist unmöglich. In der Unterkunft hat man einfach keine Privat- sphäre. Auch der ungestörte
| 1-2011 ist mir unsere Vereidigungsfeier im Oktober 2010 in Erinnerung geblie- ben. Unsere Angehörigen hatten die Möglichkeit, unsere Unterkünfte und die verschiedenen Ausbildungsberei- che zu besichtigen. Außerdem waren 12 verschiedene Führungs- und Einsatz- mittel der Bundespolizei ausgestellt. Die Bundespolizei live und zum Anfassen!“ Bei der Vereidigungszeremonie wurde den Anwärtern höchste Diszip- lin abgefordert: in einer geschlosse- nen Formation marschieren und über eine Stunde auf der Stelle stehen, ohne sich zu bewegen. Das war nicht ganz einfach. Bei den Proben hatte Ein „notwendiges Übel“ – aber auch die Pflege der Waffen gehört zum Dienstalltag. der Kreislauf einiger weniger Kollegen versagt. „Aber Gott sei Dank ist bei die unterschiedlichen Fächerkombina- es gibt, und sie mussten nicht beson- der offiziellen Zeremonie dann alles tionen machen unsere Arbeitswoche ders viel lernen. Ich konnte mich für gut gegangen. Es war für uns eine spannend und abwechslungsreich.“ dieses Fach nicht ganz so begeistern feierliche und unvergessliche Veran- und musste mich ganz schön zwin- staltung“, berichtet Eugen. „Na ja, mit den Unterrichtsfächern gen, dafür zu lernen. Aber zusammen- ist das so eine Sache“, sagt Anne Ka- fassend kann auch ich sagen, dass Das Resümee fällt thrin. „Ich habe in manchen Fächern die letzten 100 Tage sehr schön wa- schon gemerkt, dass mir für einige ren. Wir sind alle zusammengewach- positiv aus Sachen ein gewisses Verständnis sen, und es haben sich auch schon fehlt. Zum Beispiel haben wir eine enge Freundschaften entwickelt. Mir „Wir haben in der kurzen Zeit Arbeit zum Thema „Funken“ geschrie- persönlich ist es sehr wichtig, dass schon sehr viel erlebt“, erzählt Eugen. ben. Für die Jungs war die Technik mich meine Familie bei meinem weite- Der Unterricht gefällt uns sehr gut und des Funkgerätes das Einfachste, was ren Weg in der Bundespolizei unter- stützt. Im Freundeskreis ist es leider Das Versorgungslager Hundstadt lieferte uns unzählige Kartons mit der ersten Dienstbekleidung. nicht immer so. Ein guter Freund hat Wohin bloß mit den „tausend“ Sachen? mich zum Beispiel schon mehrfach auf Videos bei YouTube hingewiesen, wo Situationen zwischen der Polizei und Demonstranten eskaliert sind und die Polizisten für ihn immer die Bösen waren. Meistens enden solche Situ- ationen mit endlosen Diskussionen, die zu keinem Ergebnis führen. Nicht alle akzeptieren meinen neuen Job, aber ich glaube, das gehört einfach dazu, und man lernt auch langsam, damit umzugehen. Trotz allem bin ich mir immer noch sicher, dass dies die richtige Ausbildung für mich ist.“ Petra Schumacher Stefanie Kuhn Foto (Rubrikbild): Brian J. Matis
| 1-2011 Wo stehen wir, Herr Minister? Vier Fragen zu den Werthebach-Empfehlungen an Dr. Thomas de Maizière 13 de Maizière: Ganz im Gegenteil. Die Neuorganisation der Bundespolizei und die Einrichtung der Oberbehörde waren und sind die richtige Antwort auf eine veränderte Gefährdungslage. Diese vorgenommenen Organisations- änderungen sind eine gute Basis für die heutigen Überle- gungen. kompakt: Herr Minister, seit 60 Jahren können sich unsere Mitbürger auf die Bundespolizei und ihre Kom- petenzen verlassen. In einer solchen Zeitspanne wächst natürlich eine Organisationsidentität und -kultur. Droht den Mitarbeitern der Bundespolizei möglicherweise wegen der nun bevorstehenden Neuordnung der Sicherheitsarchitek- tur ein Identitätsverlust? de Maizière: Die Bundespolizei ist ein verlässlicher Partner in der deutschen Sicherheitsarchitektur mit wich- tigen Aufgaben. Sie ist gewachsen und hat ihr Bild stetig kompakt: Herr Minister, im vergangenen Jahr haben Sie verändert und den politischen Gegebenheiten angepasst. vor den Führungskräften der Bundespolizei gesagt, dass Denken Sie an den Einschnitt durch die Wiedervereini- es bei der Überprüfung der Sicherheitsarchitekur des gung, die Übernahme neuer Aufgaben – Bahnpolizei – Bundes nicht darum geht, dass eine Behörde die andere und die damit verbundene flächendeckende Aufstellung, schluckt. Sie sagten auch, dass die Bundespolizei keine jetzt an den Schengenbeitritt der letzten deutschen Anrai- Angst vor dieser Überprüfung haben müsse, es sei denn, nerstaaten und damit den Wegfall der letzten Landgrenze sie habe Angst vor zusätzlichen verantwortungsvollen rund um Deutschland – das sind nur Beispiele, aber alle- Aufgaben. Wie sehen Sie Ihre Äußerungen heute vor dem samt tiefe Einschnitte. Der dadurch ausgelöste Verände- Hintergrund der Empfehlungen der Werthebach-Kommis- rungsprozess ist Teil der Entwicklung vom Bundesgrenz- sion? schutz zu einer modernen Polizeibehörde, und das ist ein fester Bestandteil der heutigen Organisationsidentität und de Maizière: Ich stehe zu meinen Äußerungen auf der -kultur. Das ist eine Stärke der Bundespolizei. Führungskräftetagung. Wenn wir heute über Aufgaben- verteilung zwischen und Neuzuschnitte von Behörden kompakt: Herr Minister, worauf müssen sich die Angehö- nachdenken, geht es nicht darum, dass eine Behörde rigen der Bundespolizei in diesem Jahr bzw. in der Zukunft die andere schluckt. Es geht um eine Verbesserung der einstellen? Wo sehen Sie die Bundespolizei 2020? Sicherheitsarchitektur. Beide Behörden haben ihre Auf- gaben, ihr Profil und ihre Verdienste, das kann und wird de Maizière: Sie müssen sich darauf einstellen, dass ihnen niemand nehmen. Daraus ergeben sich aber auch auch in Zukunft das Leben Veränderung bringen wird. keine Denkverbote. Ich sehe 2020 die Bundespolizei als eine hochmoderne, schlagkräftige Polizei. Das wird sie sein, wenn und weil sie kompakt: Die seit 2006 laufende Neuorganisation der nicht stehen bleibt, sondern sich weiter den Veränderun- Bundespolizei sollte unter anderem die Sicherheitsar- gen in der Welt stellt und sich darauf ausrichtet. Es werden chitektur an die aktuelle Gefährdungslage anpassen und vielleicht neue Aufgaben hinzukommen, alte Aufgaben wer- die Effizienz steigern. Diese Reform ist noch nicht abge- den in den Hintergrund treten, und die Bundespolizei wird schlossen. Nun steht wieder eine Neuordnung ins Haus. an den neuen Herausforderungen weiter wachsen. Führt man damit nicht die damals begonnene Neuorgani- sation ad absurdum? Weitere Infos im Intranet unter: http://kompakt.polizei.bund.de
| 1-2011 14 Zugriffsvorbereitungen am frühen Morgen. Die BFE Blumberg in Berlin-Wedding Dem „Onkel“ auf der Spur Wie die Bundespolizeiinspektion Kriminalitätsbekämpfung (BPOLI KrimB) Bexbach ein internationales Schleuser– und Drogennetzwerk zerschlug Ein Mehrfamilienhaus in Berlin-Wedding kurz vor sechs Uhr morgens. Acht dunkle Die Hand am Pistolenholster. Jeder im Team weiß, was er zu tun hat. Sie sind Spezialisten – und schwere Jungs 500 Kilometer südwestlich – in einer Dienststelle der Bundespolizei am Stadtrand von Frankfurt am Main Gestalten huschen durch das muffige ihre Klientel. Wenn es gefährlich wer- – schaut auch Andrea C. auf die Uhr. Treppenhaus. Sie tragen schwarze den kann, ruft man Jan M. und seine Sie ist die Leiterin der eigentlich in Overalls, Schutzwesten und Helme. Kollegen. Tausend Mal haben sie das Bexbach ansässigen Bundespolizeiin- Die Plexiglasvisiere sind herunter- Eindringen in eine Wohnung geübt spektion Kriminalitätsbekämpfung. Die geklappt. Sie sind Angehörige der und auch immer wieder bei echten 40 jährigen Polizeioberrätin atmet tief Beweissicherungs- und Festnah- Einsätzen unter Beweis gestellt. Die durch. Um sie herum sitzen Frauen meeinheit (BFE) der Bundespolizei Anspannung bleibt trotzdem. Die acht und Männer an Computermonitoren. aus Blumberg (Brandenburg). Die Männer wissen nicht genau, was sie Einige von ihnen telefonieren. An ei- alten Holzstufen ächzen unter ihren hinter der Holztür erwartet. Sie wissen ner Wand hängen Bilder von grimmig Stiefeln. Vor der Wohnungstür im nur, dass der Mann, den sie fest- aussehenden Männern. P1, P2 oder dritten Stock halten die Beamten nehmen wollen, gefährlich ist. Noch P 16 steht darüber. In der Mitte hängt inne. Einheitsführer Jan M. schaut auf eine Minute – gleich muss alles ganz ein größeres Porträt. Der Mann darauf die Uhr. Noch zwei Minuten bis zum schnell gehen. Hinter der Wohnungs- schaut besonders grimmig. „Onkel“ Zugriff. Er braucht nichts zu sagen. tür bellt ein Hund. steht unter dem Foto. Der Blick von Seine Kollegen nehmen Aufstellung. Andrea C. wandert von einem Gesicht
| 1-2011 zum anderen. Sie kennt diese Män- nen können Sekunden zu Stunden Beginn der Ermittlungen gegen den ner, weiß fast alles über sie. Wann sie werden“, so Klaus B. Der Chef des „Onkel“ und dessen Bande 120.000 ins Bett gehen, wer Stress mit seiner Ermittlungsdienstes der „KrimB“ Bex- Telefongespräche ausgewertet; Frau hat, wie die Geliebte heißt. An- bach und seine Kollegen haben seit mithilfe von Dolmetschern, denn die drea C. ist eine Jägerin, die Männer auf den Fotos sind die Gejagten. Sie 15 wissen es nur nicht. Noch nicht. Noch dreißig Sekunden. Fast 800 Polizisten und Zollfahndungsbeamte hören heute auf das Kommando der Inspektionsleiterin, darunter auch zahlreiche Beamte der anderen Be- weissicherungs- und Festnahmehun- dertschaften aus Hünfeld, Bayreuth und Spezialkräfte der Bundespolizei. In ganz Deutschland und in Belgi- en werden sie mehr als 60 Häuser, Wohnungen und Lagerhallen durch- suchen und die grimmig aussehenden Männer verhaften. 17 Haftbefehle haben die Staatsanwaltschaften in Kassel und Berlin ausgestellt. Vier Monate lang haben Andrea C. und ihre Kollegen Telefongespräche mitgehört, Verdächtige observiert, Beweise gesammelt, massenweise Überstunden produziert und dabei Die BFE Hünfeld vor dem Zugriff: Dieser Schlüssel passt garantiert. ein internationales Netzwerk von Schleusern und Drogenhändlern auf- Die BFE Blumberg: Jetzt muss alles sehr schnell gehen. gedeckt. Der „Onkel“ ist der Kopf der Bande. Noch schläft er. „Bei seiner Geliebten“, weiß Andrea C. Vor deren Wohnung gehen Spezialkräfte der belgischen Polizei in Stellung. Und auch vor der Familienvilla, in der die Ehefrau des „Onkels“ nichts ahnend schläft. Andrea C. hat kaum geschla- fen. Eine Stunde vielleicht – auf einer Matratze im Büro, wie alle Kollegen der Befehlsstelle: „So ist das eben in einer solchen Nacht“, sagt sie. „Trotz der jahrelangen Erfahrung ist man bei einem Einsatz dieser Dimension natür- lich angespannt. Es darf nichts schief gehen. Dafür haben die Kollegen viel zu viel Arbeit investiert“, ergänzt sie und schaut auf die Uhr. Die Zeiger scheinen zu kriechen. Noch 15 Se- kunden bis zum Zugriff. „Zeit ist in solchen Momenten relativ, und in bestimmten Situatio-
| 1-2011 Männer stammen aus der Türkei. Observationseinheiten heraus, dass gegen die Holztür und ruft: „Aufma- „Das ist im Hinblick auf die Anzahl der der „Onkel“ Gruppen von Händlern in chen, hier ist die Polizei!“ Auf der Haftbefehle und der zu durchsuchen- Kassel und Berlin durch Kuriere mit anderen Seite der Tür ist nur das den Wohnungen eines der größten Cannabis versorgte. Diese deutschen Kläffen des Hundes zu hören. Jan M. und ereignisreichsten Verfahren, die Teile des Netzwerks verkaufen die drückt den Klingelknopf und hämmert wir hier seit Langem hatten“, sagt der Drogen dann an weitere Abnehmer. weiter gegen die Tür. In der Wohnung 16 43-Jährige nicht ohne Stolz. Danach sind Schritte zu hören. Ein Mann, nur sah es anfangs aber noch gar nicht Das Team von Carsten H. bleibt mit einer blauen Unterhose beklei- aus. Erst ging es um eine geplante den mutmaßlichen Schleusern und det, öffnet die Tür. Hinter ihm steht Schleusung von 50 Kurden und den Drogenhändlern stets auf den Fersen. eine Frau. Beide wirken überrascht. Handel mit gefälschten Papieren. Gar nicht so einfach, denn die kennen Dann geht alles ganz schnell. Nur ein Kriminalistische Puzzlearbeit, Tele- viele Tricks, um herauszufinden, ob paar Sekunden später liegt der Mann fonüberwachung und monatelange „Verfolger“ ihnen auf den Fersen bäuchlings auf dem Boden im Flur Observationen offenbarten dann sind. Aber für die „Verfolger“ lief alles seiner Wohnung. Ein Polizist kniet die Dimensionen des Netzwerkes, perfekt in den letzten Monaten. Zum auf ihm, hält ihn fest. Der eben noch an dessen Fäden der „Onkel“ in der Schein wurden gefälschte Papiere kläffende Hund, eine französische belgischen Gemeinde Essen an der gekauft. Zusammen mit dem Zoll Bulldogge, hat sich in das Hosenbein niederländischen Grenze zieht. Nicht wurden zahlreiche Kuriere des „On- eines Beamten verbissen. Vor der nur Schleusungen im großen Stil kels“ abgefangen. Dabei stellten die Lebensgefährtin des mutmaßlichen plante die Bande, auch der Schmug- Bundespolizisten 160 Kilo Marihua- Drogenhändlers baut sich ein ande- gel mit Cannabis gehörte zu ihren na sicher. „Wir brauchten Beweise, rer BFE-Mann auf. „Sicher, sicher, Aktivitäten. Deshalb holte Andrea C. durften aber unser Verfahren nicht sicher!“, tönt es aus den anderen Zim- das Zollfahndungsamt Frankfurt mit preisgeben, damit die Bandenmitglie- mern. Die BFE hat die Lage im Griff. ins Boot. Eine gemeinsame Ermitt- der nicht misstrauisch werden und lungsgruppe wurde gegründet – ganz sich ins Ausland absetzen“, erklärt Das Handy von Andrea C. piepst. formell, mit Kooperationsvertrag. Die Andrea C.. Doch davon kann jetzt Eine SMS. Der knappe Inhalt: „06:05 Leitung blieb beim „KrimB“-Team in keine Rede sein – die Chefin weiß, Uhr, Onkel verhaftet.“ In der Befehls- Bexbach. wo jede einzelne Zielperson sich zu stelle in Frankfurt ist von der anfäng- diesem Zeitpunkt aufhält. „Wir haben lichen Anspannung nichts mehr zu „Wir genießen bei den Partnerbe- jede von ihnen ins Bett gebracht“, spüren. Aus den anderen Orten, in hörden einen exzellenten Ruf. Das scherzt MFE-Chef Carsten H. denen festgenommen und durchsucht liegt an der hohen Motivation der wird, treffen ähnliche Nachrichten ein. Mitarbeiter und der Qualität unserer Punkt sechs Uhr im dritten Stock „Zielperson verhaftet“, „Objekt gesi- Arbeit: effektiv, schnell, mit kurzen des Mehrfamilienhauses im Berliner chert“, „Durchsuchung läuft“. Einer Entscheidungswegen. Wir haben Wedding. BFE-Führer Jan M. haut der größten Einsätze der „KrimB“ in Erfolg, weil wir hoch flexibel sind, denn wir müssen uns komplett am In Berlin stellten die Beamten eine Schreckschusspistole, SIM-Karten sowie größere Mengen Marihuana sicher. Täterverhalten orientieren. Ein großer Vorteil ist dabei, die Ermittler und die Observierer unter einem Dach’ zu haben“, erklärt die Chefin. Genaue Erkenntnisse über das Täterverhalten liefern die Fahn- dungs- und Observationseinheiten der Mobilen Fahndungseinheit (MFE). Aus dem Verborgenen folgen sie den Tätern, klären deren Vorgehensweise auf, observieren geheime Treffen. Ihre Mitglieder sind „die Augen“ der Ermitt- ler. Carsten H. ist einer der Observa- tionsleiter. Im engen Zusammenspiel mit den Ermittlerkollegen fanden die
| 1-2011 Im Berliner Wedding hat BFE-Füh- rer Jan M. unterdessen dem Beschul- digten die Vorwürfe der Staatsanwalt- schaft und den Durchsuchungsbefehl vorgelesen und ihn über seine Rechte belehrt. Im Schlafzimmer packt die 17 Lebensgefährtin Bekleidung in eine Sporttasche. Auf dem Boden dane- ben spielt ein kleiner Junge. Auch die Bulldogge hat sich beruhigt. Der Rest des BFE-Teams und Ermitt- Der Führungsraum KrimB Bexbach. Hier laufen alle Informationen zusammen. lungsbeamte haben die Wohnung des mutmaßlichen Drogenhändlers bereits Bexbach scheint ein voller Erfolg zu das belgische Städtchen in der Pro- auf den Kopf gestellt. Sie finden sein. Jetzt heißt es erst einmal Fakten vinz Antwerpen gereist. Zusammen größere Mengen Marihuana und eine sammeln und Beweise sichern. Für mit den belgischen Spezialkräften Schreckschusspistole. Gleich kommt die Polizisten besonders spannend: koordiniert er die Durchsuchungs- der Gefangenentransport. In einigen Was für Beweise finden die Ermittler? maßnahmen an diesem Morgen. Kurz Stunden wird auch dieser Einsatz Woher kommt das Cannabis? Hat nachdem der „Onkel“ in der Wohnung beendet sein. Doch der nächste lässt der „Onkel“ tatsächlich eine eigene seiner Geliebten verhaftet worden ist, bestimmt nicht lange auf sich warten Plantage, in der er und seine Leute durchsuchen Oliver V. und belgische … die Droge anbauen? Aufklärungs- Beamte das Wohnhaus der Familie ergebnisse der belgischen Polizei des „Onkels“. Hinter den Fliesen im In den Räumen der „KrimB“ am deuten darauf hin. Bei einem Aufklä- Badezimmer kommen 30.000 Euro Stadtrand von Frankfurt ist es ru- rungsflug über die belgische Gemein- zum Vorschein. Ein belgischer Geld- higer geworden. Jetzt kommt der de Essen hatte die Wärmebildkamera spürhund hat das Versteck entdeckt. Papierkram: Beweise katalogisieren, ein besonders warmes Areal in einer Jetzt ist die ominöse Lagerhalle dran. die Akten für die Staatsanwaltschaft Lagerhalle identifiziert. 42 Grad – die Ein echter Volltreffer. Auf 1.000 Qua- vorbereiten. Andrea C. ist zufrieden: ideale Temperatur für den Anbau von dratmetern wachsen und gedeihen „Ich bin echt stolz auf alle meine Hanfpflanzen. „Die Zusammenarbeit bei tropischen Temperaturen 1.200 Mitarbeiter. Vier Monate haben wir zu- mit den Belgiern läuft großartig“, Hanfpflanzen. „Allein die Pflanzen sammen geackert, und keiner hat sich findet Andrea C. sind 120.000 Euro wert. Mit einer geschont. Es macht wirklich Spaß, mit Ernte hätte die Bande vermutlich etwa diesem Team zu arbeiten!“ So sieht das auch Polizeihauptkom- 300.000 Euro verdienen können. missar Oliver V. Der stellvertretende „Ein großer Wurf“, kommentiert Oliver Kristian Veil Leiter des Ermittlungsdienstes ist in V. den Fund.
| 1-2011 Der HOD – tatsächlich „bezahlter Urlaub“? 18 Der Hausordnungs- und Objektschutzdienst an deutschen Auslandsvertretungen Wer hat schon elf Monate bezahlten Urlaub am Stück? Wenn man diese Frage in der pektion Kassel an. Er ist verheiratet, hat drei Kinder und befindet sich momentan in seiner 6. Verwendung ben aber auch die Dienstpläne und sind für die Urlaubsplanung des loka- len Sicherheitspersonals zuständig“, Bundespolizei stellt, bekommt man für das Auswärtige Amt (AA) als HOD erklärt Mohaupt. „An den meisten von vielen Seiten nur eine – und dazu für drei Monate in Warschau. Vorher Botschaften ist der HOD der einzige ironische – Antwort: die Kollegen vom war er elf Monate in Moskau, Buda- Schlüsselträger, der am Morgen die Hausordnungs- und Objektschutz- pest, Phnom Penh und Almaty sowie Botschaft aufschließt und die Sicher- dienst (kurz: HOD) bei den deutschen drei Monate in Minsk. Keine typischen heit feststellt.“ Auslandsvertretungen. Urlaubsziele! „Außerdem darf die Familie nicht mit mir im Ausland leben. In insgesamt 72 Ländern sind ca. Diese Einstellung resultiert aus Diese Trennung geht natürlich nur, 207 Beamte der Bundespolizei als der Unwissenheit über die Arbeit der wenn die Familie hinter einem steht“, HOD-Kräfte eingesetzt. Gemeinsam Kollegen im Ausland. Der „Objekt- so Mohaupt. mit dem Bundespolizeipräsidium ent- schutzdienst“ wird nur mit dem Bild scheidet das Bundesinnenministerium eines Pförtners verbunden. Dass Und auch die Aufgaben sind keine über die Anträge des AA – von der unsere Kollegen im Ausland aber viel einfachen Pförtnertätigkeiten. Der Anzahl der eingesetzten Kräfte bis zu mehr sind als das, das sieht man erst HOD ist für die Sicherheit an der den Einsatzländern. Dabei wird nicht bei genauerer Betrachtung. jeweiligen Botschaft verantwortlich. Er jedem Antrag zugestimmt. Insbeson- hat die Fachaufsicht über die lokalen dere in Krisensituationen muss man Schauen wir uns zum Beispiel Jörg Sicherheitskräfte und koordiniert die entscheiden, ob entweder zusätzliche Mohaupt von der Bundespolizeiins- Sicherheitsmaßnahmen. „Wir schrei- HOD-Kräfte, die Kollegen vom SIK Bundespolizisten des Hausordnungs- und Objektschutzdienst reden mit den lokalen Sicherheitskräften an der deutschen Botschaft in Sanaa/Jemen
| 1-2011 (Schutz deutscher Auslandsvertretun- Durchsetzung gen in Krisengebieten) und/oder die des Hausrechtes GSG 9 eingesetzt werden. die Nase gebro- chen. Aber auch Die Kollegen der Bundespolizei ein „HOD“ kommt sind für ihren freiwilligen, maximal elf- irgendwann nach 19 monatigen Einsatz dem AA unterstellt. Deutschland Dabei sind höchstens 4 Einsätze zurück, und da vorgesehen. Im Anschluss kann man ergeben sich noch für 2 Jahre in einem „Pool“ neue Probleme. bleiben und für kurzfristige, bis zu Er hat die Kolle- dreimonatige Einsätze zur Verfügung gen sozusagen zu stehen. Diese Einsätze können „11 Monate im zum Beispiel durch Krisensituationen Stich gelassen“, oder krankheitsbedingte Ausfälle von denn die muss- Kollegen entstehen. Danach ist die ten seine Arbeit HOD-Zeit aber endgültig vorbei. erledigen. Aber auch die Arbeit Doch warum wird auf die erfahre- im Ausland ist nen Kollegen nicht weiterhin zurück- eine wichtige Jörg Mohaupt (links) an der deutschen Botschaft in Minsk gegriffen? Klaus Müller, zuständiger und notwendige Sachbearbeiter im Bundespolizeiprä- Aufgabe, für die die Bundespolizei schwierigsten Umständen, manchmal sidium, erklärt: „Wir greifen auf die bereits seit 1974 Kollegen zum AA regelrecht eingesperrt, die Sicherheit Erfahrungen der Kollegen insoweit abordnet. der Vertretung organisieren? Selfma- zurück, dass wir bei der Erst- und nagement wird großgeschrieben. Und Zweitverwendung normalerweise Doch diese Probleme sind nicht auch wenn Familienheimfahrten zwar einfachere Einsatzgebiete auswählen die einzigen. Der Kollege bekommt grundsätzlich möglich sind, so entfallen und erst bei späteren Verwendungen von der Botschaft einen Beurtei- diese kurzerhand, wenn eine Krisensi- die Kollegen in schwierigeren Gebie- lungsbeitrag, welcher in vielen Fällen tuation auftritt,“ so Müller. ten zum Einsatz kommen. Aber das für die dienstliche Beurteilung in Hauptargument für die begrenzte Ver- Deutschland wenig berücksichtigt wird; Der Präsidenten des Bundespo- wendung ist die Gleichberechtigung: wobei angemerkt werden muss, dass lizeipräsidiums, Matthias Seeger, Das HOD-Programm ist beliebt und die Beurteilungen des AA nicht mit würdigte bei der Feierstunde für die um vielen die Teilnahme zu ermög- denen der Bundespolizei vergleichbar Teilnehmer an internationalen Po- lichen, müssen wir irgendwo eine sind. „Selbstverständlich möchte der lizeimissionen im Januar auch die Grenze ziehen. Wir haben aber die Kanzler der Botschaft als Leiter der Kollegen des HOD. „Der Hausord- Möglichkeit von maximal drei auf vier Verwaltung die gezeigten Leistungen nungs- und Objektschutzdienst ist Verwendungen erweitert.“ würdigen und sicherstellen, dass der eine wichtige Form des internationa- Kollege auch weiter als „HOD“ verwen- len Engagements, welches ich heute Jörg Mohaupt blickt gern zurück det wird. Natürlich werden aber auch nicht außer Acht lassen möchte,“ so auf seine Auslandseinsätze: „Ich habe Leistungen, die nicht den Anforderun- Seeger. viele neue Menschen und Kulturen gen entsprechen, benannt. Manchmal kennengelernt und Freundschaften erreichen uns sogar Dankschreiben Jörg Mohaupt: „Ich bereue die Ent- geschlossen. Gerade in Südostasien von Botschaftern. Unlängst telefonierte scheidung nicht, am HOD-Programm habe ich gesehen, dass man auch mit ich mit einem Dienstgruppenleiter vom teilzunehmen – auch wenn der eine wenig Geld glücklich sein kann.“ Flughafen Tegel in Berlin, um ihm ein oder andere beurteilungsmäßig an mir Feedback über einen zurückkehren- vorbeigezogen ist. Meine Erfahrungen Die Arbeit als „HOD“ ist kein den Beamten zu geben. Der DGL war und Eindrücke werden mir stets im Urlaub. Auch unter schwierigen bestens im Bild, telefonierte regelmä- Gedächtnis bleiben. Wer kann schon Umständen versehen die Kollegen ßig mit seinem Mann im Ausland und seinen Enkeln später einmal erzählen, ihren Dienst. Kürzlich wurde einem wusste um dessen Sorgen. Perfekt! dass er in verschiedenen Ländern der „HOD“ während einer Veranstaltung Wer weiß denn schon, dass unse- Welt gelebt und gearbeitet hat?“ auf dem Botschaftsgelände bei der re Kollegen vor Ort teilweise unter Alexander Geyer
| 1-2011 Notfall? Du hilfst – ich auch! Münchner trainieren Zivilcourage und Selbstsicherheit 20 Während der Be- trunkene mit der Bierflasche in der Eine plausible Antwort auf diese Fragen und viele praktische Verhal- tenstipps geben den 14 Teilnehmern unangenehmen, bedrohlichen oder gar lebensgefährlichen Situationen. Situationen, die jederzeit und über- Hand durch das Abteil torkelt, wenden des Zivilcouragetrainings die beiden all, etwa während einer S-Bahnfahrt, die Fahrgäste einer nach dem ande- Münchner Bundespolizisten Hans- vorkommen könnten. ren die Gesichter von ihm ab. Auch Werner Faust und Hartmut Brach. als sich der Trunkenbold lallend ne- Nein, Patentlösungen werden in der Als die Trainer zusammen mit den ben einer jungen Frau niederlässt und vierstündigen Veranstaltung an einem Seminarteilnehmern eine Übungsepi- anfängt, sie zu begrapschen, bleibt es verschneiten Dezembernachmittag, in sode nach der anderen nachspielen ruhig im Zug. Niemand sagt, nie- der die soeben beschriebene Szene und analysieren, wird allmählich klar: mand tut etwas. Selbst die belästigte in einem Zugwagen im Verkehrs- Zivilcourage heißt vor allem, eine Kon- Reisende ist still. Zaghaft und unbe- zentrum des Deutschen Museums frontation zu vermeiden, die begin- holfen sehen ihre Versuche aus, den realitätsnah nachgestellt wurde, nicht nende Gewaltspirale zu erkennen und aufdringlichen Händen auszuweichen. angeboten. Was die Beamten ver- rechtzeitig zu unterbrechen. Genauso Warum istdas so? Warum tun wir mitteln, ist aber einen Einblick in die falsch wie das Wegsehen und Nichts- alle nicht mehr? Und wie kann man sonst eher im Verborgenen liegenden tun ist es, einen Helden zu mimen sich eigentlich in solchen Situationen Beweggründe und Mechanismen und sich dadurch unnötig in Gefahr zu wirksam wehren? des menschlichen Verhaltens in begeben. Zumeist ist es auch falsch, Obwohl die Seminarteilnehmer wissen, dass die Situation nur gespielt wird, erschaudern sie angesichts der Messerattacke; Entsetzen und Angst spiegeln sich in ihren Augen. Trainer Hans-Werner Faust von der Bundespolizeidirektion München (links im Bild, mit Messer in der Hand): „Wenn der Räuber Sie mit einem Messer bedroht, während er Ihre 1000-Euro-Uhr verlangt, geben Sie sie ihm. Spielen Sie nicht den Helden, denn nichts ist so wertvoll, dass Sie dafür Ihr Leben riskieren sollten!“
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