MAGAZIN - Land in Sicht Einsame Inseln im Verkehrsmeer? Mehr Sicherheit für Alt und Jung! - VCS Verkehrs-Club der Schweiz
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VCS mAGAZIN 1 / Februar 2022 F Ü R M O B I L I TÄT M I T Z U K U N F T Land in Sicht Einsame Inseln im Verkehrsmeer? Mehr Sicherheit für Alt und Jung! Seite 20
Brauchen Sie Hilfe? © Adobe Stock – lightpoet VCS-Pannenhilfe! Ihr verlässlicher Schutz für unterwegs Die VCS-Pannenhilfe deckt die Kosten für die Strassenhilfe oder das Abschleppen Ihres Fahrzeugs, die Heim- oder Weiterreise oder die Übernachtung. Alles ohne Selbstbehalt ! Für Bestellungen und Informationen : – per Telefon 031 328 58 11 oder – via Internet www.verkehrsclub.ch/pannenhilfe
4 Kurz & bündig EDITORIAL Stadt und Land: 7 welche Rolle spielen die «Störfer»? Liebe Leserin, lieber Leser 8 Umweltrating: der schwere Stand der Umweltthemen Es stimmt, die Förderung © VCS / Jolanda Messerli 9 JungVCS: die verkehrspolitischen Schwerpunkte des Velos ist ein VCS- Schwerpunktthema. Velo- 10 EcoDrive: weil «jeder Liter zählt» fahren ist gesund, günstig 11 «Roadmap Elektromobilität»: wo der Mut fehlt und braucht wenig Platz. 12 Grenzwerte Luftschadstoffe: Gesundheit geht vor Die meisten Reaktionen 13 Luftverkehr: das saubere Flugzeug gibt es nicht auf diese Stossrichtung sind positiv. Bisweilen er- reicht uns aber auch Kritik – der Fussverkehr sei 14 Interview mit Louis Palmer: «Verzicht predigen funktioniert nicht» doch noch günstiger, platzsparender und ebenso gesund. Das ist natürlich vollkommen richtig. Der 16 Richtpläne der Stadt Zürich: Aufbruch zu mehr Grün VCS setzt sich seit jeher für die Fussgängerinnen 17 Schneetourenbus: zusammen fahren, Ressourcen sparen und Fussgänger ein. Der Fokus gilt den Kindern so- 19 Versicherungen: sicher online unterwegs wie den Seniorinnen und Senioren. In unserem Dossier nehmen wir Sie mit auf einen © Urs Geiser eindrücklichen Stadtspaziergang aus der Perspek- tive älterer Menschen. Der Perspektivenwechsel 46 Lukmanier: ist auch Grundlage für die erfolgreichen VCS- dem Winter den Rücken Mobilitätskonzepte – einst für Schulen entwickelt gekehrt und nun adaptiert als Mobilitätskonzepte für Senio- rinnen und Senioren. 48 Hotels im Winter: Musse statt Après-Ski Erfreulich auch, dass die Politik unseren Kurs zu- 50 Nachruf: Das VCS-Team trauert um Yvonne Jäger nehmend mehr stützt: Der Bundesrat hat unlängst verkündet, dass er den knappen Raum in den Städ- ten verstärkt dem Fuss- und Veloverkehr überlas- sen will. 30 Mitgliederangebote Nelly Jaggi Co-Leiterin Redaktion 34 Berichte aus den Regionen 51 Wettbewerb 53 Bitte mitdenken! mit Anders Gautschi 54 Cartoon Titelbild: © Fabian Lütolf / setrunners.ch Illustration: muellerluetolf.ch / Samira Oschounig DOSSIER Wider einsame Inseln im Verkehrsmeer Damit Kinder und ältere Menschen sicher unterwegs sein können, braucht es deren Perspektive und passende Angebote. 20
KURZ & BÜNDIG Zusammenarbeit mit Bikeable © Collectors Solothurn Velowege sollen von Jung bis Alt gefahrlos befahren werden können. Der VCS hat in den letzten zwei Jahren auf der Plattform veloinfrastruktur.ch gute und schlechte Beispiele von Velo infrastrukturen gesammelt. Neu spannt er mit der Website bikeable.ch zusammen: Bikeable.ch ermöglicht seinen Nutzerinnen und Nutzern, Beispiele (Spots) einfach selbst via App oder Browser zu teilen. Je umfangreicher diese Sammlung, desto besser, greifen doch auch Behörden vermehrt auf diese Daten zurück, um Schwach- stellen im Velowegnetz zu erkennen und zu beheben. Weitere Infos unter www.veloinfrastruktur.ch 2 / Avril 2021 Am ZINEIN ATEVCm 3/ Mai 2021 SVCS m GAAG AZ RE TÉ FUTU AGA ZIN ILI LA MOB 1/ Februar 2021 IT ZUKUNFT F Ü R M O B I L I TÄT M F Ü R M O B I L I TÄT M I T Z U K U NFT Ein Ja betrifft auch das VCS-Magazin VCS begrüsst Stossrichtung Am 13. Februar kommt das 30 ist das neue 50 Weniger Lärm, mehr Sicherheit, mehr Lebensqualität. Der Bundesrat anerkennt in einem Bericht, dass insbesondere die «Massnahmenpaket zugunsten Seite 16 sur le CO2 Oui à la loi chain urbanen Zentren stark vom Verkehr belastet sind. Nach Ansicht des der Medien» vors Stimmvolk. le 13 juin pro e direction – mehr Mehr Plan, Un Spass, pas dans la bonn le climat Suisse et pour Bundesrats soll der knappe Verkehrsraum in diesen Gebieten künftig Das Anliegen hat zwar keine la mehr Lebenpour Page 20 Boden: Nicht nur gelbe Farbe am erplan Wir fordern einen Velo-Mast stärker zu Gunsten des Fuss- und Veloverkehrs genutzt werden. Der verkehrspolitische Relevanz, Seite 18 VCS begrüsst insbesondere, dass der Bundesrat den Cargovelos eine tangiert den VCS aber trotzdem: wachsende Bedeutung zumisst und deren rentablen Betrieb durch Als Verband profitiert er von die Erhöhung der Gewichtslimite ermöglicht. Lastenvelos sind eine Förderbeiträgen für den Versand des Mitgliedermagazins, das Sie gute und umweltfreundliche Alternative für den Güterverkehr auf der in Ihren Händen halten. Bei einem Ja zur Vorlage profitiert der letzten Meile (im Bild: Cargovelo des Hauslieferdiensts Collectors in VCS künftig von den höheren Beiträgen an die Versandkosten des Solothurn). Begrüssenswert ist zudem, dass schnelle E-Bikes nicht Magazins. Deshalb informieren wir Sie an dieser Stelle über diese gezwungen sind, die Radverkehrsflächen zu benützen. wenig bekannte Neuerung. Lärm: es braucht konkrete Massnahmen © VCS Die Kommission für Lärmbekämpfung hat einen Bericht vorgelegt, der aus Sicht des VCS einmal mehr dringenden Handlungsbedarf gegen Verkehrslärm aufzeigt. In reinen Wohngebieten sollen tags- über Grenzwerte wie bisher gelten und das Grenzwertschema Tag− Nacht soll bleiben. Die Empfehlung, die Nachtruhe um eine Stunde von 22 bis 7 Uhr auszudehnen, genügt nicht: Die Lärmbelastung ist ein von der Tageszeit unabhängiges Problem. Viele Menschen arbeiten in Schichtarbeit und seit der Covid-Pandemie vermehrt zu Hause. Tags durch darf der Lärmgrenzwert nicht mehrfach höher sein als nachts. Wichtig für den VCS sind deshalb Massnahmen, die den Strassenver- kehrslärm erwiesenermassen wirksam an der Quelle senken: Tempo 30 innerorts, das rund um die Uhr für Ruhe sorgt. Gegengewicht zum lauten Motorenlärm schafft auch der Veloverkehr, für den es längst bessere Infrastrukturen und mehr Platz braucht. Der VCS will zudem eine deutliche Lärmsenkung nahe Flughäfen. Eine Lärmreduktion beim Strassenverkehr hatte der VCS bereits Ende 2018 mit einer Petition an Bundesrat und Kantone angemahnt. 4 VCS MAGAZIN 1/22
KURZ & BÜNDIG Velotransport: Verbesserungen nötig Velowege: Rasche Umsetzung gefordert Der VCS ist erfreut Der Nationalrat hat in der Wintersession das Veloweggesetz bera- über die Ankündigung ten. Die Kantone müssen nun die Planung von Velowegen bis in fünf der SBB, ab der Sai- Jahren vorgenommen haben. Bis in 20 Jahren müssen die Velowege son 2022 bis 2025 auch gebaut sein. Diese Frist entspricht einer Forderung des VCS über 400 zusätzliche und ist entscheidend, damit die Verbesserung der Velo-Infrastruk- Veloplätze in den tur auch tatsächlich umgesetzt wird. Fernverkehrszügen zu Grundsätzlich müssen die Kantone neu für einen einheitlichen Aus- schaffen. Die Umrüs- baustandard auf ihrem Gebiet sorgen. Wenn Velowege aufgehoben tung des Rollmaterials werden, greift eine gesetzliche © Fabian Lütolf/setrunners.ch entspricht den gefor- Ersatzpflicht. Zudem hat der Na- derten Verbesserun- tionalrat aus Sicht des VCS wich- gen. «Die Fahrrad tige Lücken bei den Richtplanan- © VCS kapazitäten müssen forderungen geschlossen. Abrupt so schnell wie möglich endende oder grosse Umwege erweitert werden, auch bei der neueren Flotte. Das schlechte Wetter verursachende Velowege müssten im Sommer 2021 und die dadurch geringere Nachfrage nach Velo- demnach die absolute Ausnahme transporten haben die Probleme dieses Jahr entschärft», sagt VCS- bleiben. Geschäftsführer Anders Gautschi. Zudem hat die obligatorische Re- Das Veloweggesetz geht zur Dif- servierung den Velotransport kompliziert gemacht und viele Kunden ferenzbereinigung zurück an den und Kundinnen abgeschreckt. Ständerat. Der VCS ist zuversicht- Technisch gibt es beim Reservationssystem Nachholbedarf. So ist es lich, dass strittige Punkte geklärt nicht möglich, Reservierungen zu stornieren. Und es ist unmöglich werden. Das Volk hat der Politik zu sehen, wie viele Plätze noch frei sind, und manchmal muss man mit dem klaren Ja zum Bundesbe- für die ersten Buchungen bezahlen, ohne sicher zu sein, dass alle schluss Velo einen ebenso klaren Mitglieder einer Gruppe Platz haben. Auftrag gegeben. Die Verkehrsperspektiven 2050 Verkehrswachstum ist nicht naturgegeben. Klar ist, der Verkehr wird auch in Zukunft wachsen. Bis ins Jahr 2050 rechnet das Bundesamt für Raum- entwicklung ARE mit einer im Vergleich zum Bevölkerungswachstum unter- proportionalen Zunahme der Personenkilometer von 11 Prozent. Illustrationen: muellerluetolf.ch / Samira Oschounig Die Arbeitswege – unter anderem aufgrund von mehr Homeoffice, mehr älterer Menschen und einer weitergehenden Urbanisierung – werden weniger, die Freizeitwege hingegen mehr. Erfreulich: Die Velo- und ÖV-Anteile werden steigen, die Autoanteile sinken. Markant steigen wird hingegen der Güterverkehr mit 31 Prozent. VCS MAGAZIN 1/22 5
KURZ & BÜNDIG Zufussgehen macht Schule Mit «walk to school» setzt der VCS ein Zeichen gegen «Elterntaxis» und regt Lehrkräfte, Kinder und Eltern an, sich mit dem Thema Verkehr und Schulweg- sicherheit zu befassen. Gewonnen hat die 10. Jubiläumsausgabe die Klasse 1b der Schule Sins (AG). Prämiert wurden auch die gelungensten Zeichnungen des Malwettbewerbs unter dem Motto «Mein tierischer Schulweg». Rechts die Siegerzeichnung der Kategorie Kinder- garten bis 2. Klasse von Annique Bauer aus Elch (LU), unten der Kategorie 3. bis 6. Klasse von Raslen Mansour aus Biel (BE). Umweltpolitische Lichtblicke 2021 2021 war aus umweltpolitischer Perspektive zweifelsohne stark geprägt vom CO2-Gesetz, welches in der Volksabstimmung im Juni scheiterte. Versöhnlich stimmen einzelne Lichtblicke in der zweiten Jahreshälfte. Ab 2022 müssen endlich alle Fahrzeugimporteure die mit der Energiestrategie von der Bevölkerung beschlossene Vor- gabe von durchschnittlich 95g CO2 pro Kilometer einhalten. Auch Dank der Hartnäckigkeit des VCS hat der Bundesrat nun festgelegt, dass die grössten Klimasünder (je 5 Prozent der Flotte, alle Sport- und Luxuswagen sowie Subarus und Suzukis) nicht länger davon ausgenommen sind. Ebenfalls erfreulich: Der Bundesrat will künftig die leistungsab- hängige Schwerverkehrsabgabe (LSVA) je nach CO2-Ausstoss der LKW unterschiedlich hoch ansetzen, was der VCS begrüsst. Wie dringend nötig diese Weiterentwicklung ist, haben wir bereits im VCS-Magazin 5/2021 dargelegt. Wir suchen vierbeinige Mitfahrer Nicht verpassen: Sind Sie, liebe Leserin, lieber Leser, regelmässig mit ihrem Vier beiner im Zug, im Tram oder gar per Seilbahn unterwegs und SAVE VCS-Webinare THE möchten uns von Ihren Erfahrungen berichten? Dann melden Sie sich bei uns – per E-Mail an redaktion@verkehrsclub.ch. DATE Der VCS lanciert eine Webinar-Reihe mit spannenden Gästen. Am 23. Februar um 19 Uhr spricht Stefan Carsten zum Thema «Neue Räume, neue Mobilität». Er ist Stadt- Korrigendum geograf und Experte für Mobilität der Zukunft am In der letzten Ausgabe ist beim Bericht «Schwergewichte auf dem deutschen Zukunftsinstitut. Die Teilnahme an den monatlich stattfin- Wasser» ein bedauerlicher Fehler passiert. In zweiten Teil des Textes ist denden Webinaren steht allen Interessierten offen und ist kostenlos. fälschlicherweise von Stickoxid statt von Schwefeldioxid die Rede. Wir Eine Anmeldung ist nötig. danken unserem aufmerksamen Leser für den Hinweis und entschuldigen uns für den Fehler. Alle Termine und weitere Infos unter www.verkehrsclub.ch/webinare 6 VCS MAGAZIN 1/22
© Adobe Stock – markus thoenen Siedlung Riedli bei Belp (BE): Auf dem Land leben, bedeutet Über die Motorhaube nicht zwingend, in einem Dorf zu wohnen. hinausdenken Umweltpolitik Wie kann sich der VCS in der Stadt-Land-Thematik positionieren, um seine Ziele bestmöglich zu verwirklichen? Der Von Selim Egloff Politologe Claude Longchamp liefert erstaunliche Erkenntnisse. W ie tief sind die ideologischen Verwer- fungen zwischen der Stadt und dem Land in der Schweiz? Und was bedeuten sie lebt in den Agglomerationsgemeinden, für die Longchamp den Begriff «Störfer» kreiert hat, eine Mischung aus Stadt und Dorf. Die- drohung. Denn obwohl ‹Störflerinnen› und ‹Störfler› je länger je progressiver werden, re- agieren sie überaus sensibel auf alles, was ihr für die Arbeit des VCS? An diesen Fragen se «Störfer» sind entscheidend für die politi- Mobilitätsverhalten einschränken könnte.» führt gerade bei verkehrspolitischen Dis- schen Mehrheiten auf nationaler Ebene. Sie kussionen spätestens seit der Ablehnung des sind ein komplexes Gebilde, irgendwo im Klare Lösungen aufzeigen CO2-Gesetzes kein Weg mehr vorbei. Der Limbo zwischen urbanem Lifestyle und länd- Es sind also weniger die ideologischen Politologe Claude Longchamp hat sich im licher Idylle, das schwierig zu definieren ist. Gräben zwischen konservativen und pro- Rahmen einer VCS-Veranstaltung damit Eine schlüssige Klassifizierung, um Städ- gressiven Kräften, die Mehrheiten für eine auseinandergesetzt (siehe Kasten). te, «Störfer» und Land voneinander abzu- nachhaltige Verkehrspolitik erschweren. Auch wenn die Schweiz sich gerne als Na- grenzen, ist schwierig. Die einstige Berech- Vielmehr ist es ein Mangel an Ideen, die über tion stolzer Bauersleute sieht, ist der Alltag nungsgrundlage – alle Gemeinden mit mehr die eigene Motorhaube hinausgehen. Daher der Mehrheit in diesem Land alles andere als 10 000 Einwohnenden werden als Stadt sieht Longchamp die Aufgabe des VCS dar- als ländlich geprägt. Longchamp beziffert eingestuft – erscheint durch Gemeindefusi- in, aufzuzeigen, dass nachhaltige Mobilitäts- den Anteil der ländlichen Bevölkerung mit onen der letzten Jahre nicht mehr sinnvoll. lösungen auch für die Agglomeration bereits lediglich 25 Prozent. Ein weiteres Viertel ist Gälten doch nach diesem Modell inzwischen existieren und erschwinglich sind. in urbanen Zentren zuhause. Während sich auch grosse Flächengemeinden wie das Val- Ein verbessertes ÖV-Angebot zu Rand- die Städte in den letzten 20 Jahren politisch de-Travers als eine Stadt. zeiten kann die Abhängigkeit vom eigenen deutlich nach links verschoben haben, ist Was klar ist: «Störflerinnen» und «Störf- Auto verringern. Wer sich unabhängig von man auf dem Land seit jeher konservativ. ler» ticken bei vielen politischen Anliegen einem Fahrplan fortbewegen möchte, würde weitaus progressiver als die Landbewohne- von einem flächendeckenden Velowegnetz Die Rolle der «Störfer» rinnen und -bewohner. Sie wohnen zwar profitieren. Und wer die Garage des Ein- Interessant ist der Blick auf die Bevölkerung, nicht in Zentren, haben aber ihr Freizeit- familienhauses im Grünen partout nicht die weder auf dem Land noch in den urbanen verhalten und ihren Berufsalltag stark auf zweckentfremden will, findet bereits heute Zentren lebt – in der Schweiz circa die Hälf- diese ausgerichtet. Die Grundvoraussetzung erschwingliche Elektroautos und Ladestatio- te der Einwohnerinnen und Einwohner. Sie für diesen Lebensstil ist die Mobilität: Das nen – mit Energie vom eigenen Dach. Pendeln zur Arbeit oder das Heimkommen Die Vorteile geringerer Umweltbelastung von einem Konzert am späten Abend sind dank effizienter und günstiger Verkehrsmit- Der Kontext essenziell für das Leben in den «Störfern». tel überwiegen auch in diesen Gebieten deut- Dementsprechend sensibel reagieren «Störf- lich. Claude Longchamp ist durch seine langjähri- lerinnen» und «Störfler», wenn sie diese gen Abstimmungsanalysen für die SRG wohl Möglichkeiten bedroht sehen. Selim Egloff ist Praktikant beim VCS Schweiz. Aufge- der bekannteste Politologe der Schweiz. Er Für Longchamp findet sich darin auch ein wachsen in einer Ostschweizer Metropole, lebte er hielt anlässlich der Planungskonferenz des Grund für die mangelnde Zustimmung zum während seines Studiums in einem «Storf» bei Frei- VCS Schweiz ein Referat zum angeblichen CO2-Gesetz: «Zu viele Menschen sahen die burg und kam auch da prima ohne Auto zurecht, Stadt-Land-Graben. geplanten Abgaben auf Treibstoffe als Be- nervte sich aber über nicht asphaltierte Velowege. VCS MAGAZIN 1/22 7
Der schwere Stand der Umweltthemen Umweltpolitik Im Bundeshaus ist die halbe Legislatur um – Zeit für eine Zwischenbilanz. Das Umweltrating von VCS, Greenpeace, Von Andreas Käsermann Pro Natura und WWF wartet mit Überraschungen auf. G ross war der Jubel der Umweltorgani- sationen nach den Nationalratswahlen 2019: Das Parlament ist nicht nur weiblicher, «Mitte» lässt Umwelt im Stich Im Partei-Umweltrating haben im National- rat wenig überraschend die Grünen und die entsprechend im Umweltrating nieder und Gössi personifiziert mit 37,8 Prozent um- weltfreundlichem Stimmverhalten ziemlich sondern auch grüner geworden. Allenthal- SP die Nase vorn; dicht gefolgt von EVP und exakt den Durchschnitt ihrer Partei. ben schallte es von einem Linksrutsch, von GLP. Diese Parteien haben ihren Anteil an «Wie nachhaltig der freisinnige Umwelt- der «Grünen Welle». Zwei Jahre sind ins umweltfreundlichen Abstimmungen weiter kurs ist, bleibt aber abzuwarten», meint Land gezogen, seit den grossen Hoffnungen ausgebaut. Die letzten Plätze werden von der Penher. Der neue Parteichef, Ständerat von damals – zur Legislaturhalbzeit fällt die Lega, der EDU und der SVP belegt. Thierry Burkart, jedenfalls stimmte in den Zwischenbilanz jedoch erheblich ernüch- Dazwischen gab es markante Verschie- letzten zwei Jahren in gerade mal 15,2 Pro- ternder aus. bungen: Die «Mitte», welche (als CVP und zent der Fälle umweltfreundlich. «Damit Sowohl im National- wie auch im Stän- BDP) in der vergangenen Legislatur noch landet er selbst im parteiinternen Vergleich derat haben Umweltanliegen nämlich wei- jedes zweite Mal mit der Umwelt gestimmt auf den hinteren Plätzen.» terhin einen schweren Stand. Dies zeigt das hatte, tut dies nur noch in 38 Prozent der Umweltrating, welches anhand ausgewählter Fälle. «Besonders wenn es um Themen wie Spitzenplätze in rot und grün Abstimmungen im Parlament das Stimm- Naturschutz oder Biodiversität geht, hat sich Das aktuelle Umweltrating hat bei zahlrei- verhalten aller National- und Ständerats- die ‹Mitte› mehr und mehr aus der Umwelt- chen Mitgliedern der Eidgenössischen Räte mitglieder in Umweltfragen unter die Lupe politik verabschiedet», sagt Stéphanie Penher, 100 Prozent Umweltfreundlichkeit ergeben: nimmt: Von 49 umweltpolitisch zentralen Bereichsleiterin Verkehrspolitik und Kam- Im Nationalrat sind es 32 – im Ständerat de- Abstimmungen in der Grossen Kammer pagnen beim VCS Schweiz. ren 9. Die umweltfreundlichsten Ratsmitglie- gingen deren 21 verloren. Noch umwelt- der sind allesamt Mitglied der Grünen oder feindlicher stimmte der Ständerat: 9 Ent- Die FDP auf Gössikurs der SP. Bei den Grünen stimmt damit gut je- scheide für den Umweltschutz – 14 dagegen. Während bei der «Mitte» 12 Prozentpunk- des zweite Fraktionsmitglied konsequent für te verlustig gingen, machte die FDP seit den die Umwelt, bei der SP ist es knapp die Hälfte. letzten Nationalratswahlen über 16 Zäh- ler gut: Der Freisinn liegt nun bei 37,9 Pro- Die Ökowelle ist ausgeblieben 100 zent und schliesst zur «Mitte» auf. Das Öko- Fazit: Das Bild der oft zitierten «grünen Welle» label, welches Parteipräsidentin Petra Gössi wird im Umweltrating nur teilweise bestätigt. der FDP zu verpassen suchte, schlägt sich Zwar sind die gewachsenen Fraktionen im 80 rot-grünen Flügel durchaus sichtbar, jedoch ist der Mehrheitsmacher «Mitte» weggebro- chen. So werde es schwierig, meint Stéphanie 60 Penher: «Um Umweltanliegen im Parlament Daten: www.ecorating.ch/Grafik: www.muellerluetolf.ch zum Durchbruch zu verhelfen, braucht es ne- ben einer soliden Linken zusätzlich Stimmen aus weiteren Parteien. Das Umweltrating zeigt 40 deutlich, dass diese Unterstützung häufig – und leider auch zunehmend – fehlt.» 20 Andreas Käsermann ist Mediensprecher des VCS Schweiz. 0 Grüne SP EVP GLP Mitte (CVP/BDP) FDP SVP Umweltrating: Minime Veränderungen an der Spitze und am Tabellenende – grosse Verschiebungen bei der Mitte (–11,9% umweltfreundlich) und der FDP (+16,4%). Weitere Infos unter www.umweltrating.ch 8 VCS MAGAZIN 1/22
© zVg Die ersten Mitglieder des JungVCS bei der Vereinsgründung – coronakonform per Videokonferenz. Wir bündeln junge Kräfte JungVCS Wir vom JungVCS wollen andere junge Menschen inspirieren und deren Ideen sammeln und umsetzen. Die Richtung Zusammengestellt von Nadja Mühlemann weisen uns acht politische Forderungen. Fossilfreier Verkehr bis 2030 Vergünstigter öffentlicher Verkehr für Parkplätze auf öffentlichem Boden für ein Wenn im Jahr 2030 keine Fahrzeuge mit Menschen in Ausbildung privates Fahrzeug nutzt, soll für die tat- Verbrennungsmotor mehr auf den Schwei- Während der Ausbildung ist das Budget sächlichen Kosten aufkommen. zer Strassen fahren sollen, braucht es knapp. Damit der öffentliche Verkehr in einen sofortigen Zulassungsstopp. dieser Zeit erschwinglich ist, braucht es Land der kurzen Wege einen Ausbau der Vergünstigungen. Damit die Wege in Zukunft kürzer wer- Verkehrsplanung für Menschen statt den, müssen Quartiere so gestaltet wer- für Autos Förderung internationaler den, dass Wohnen, Arbeiten, Einkaufen Die Verbesserung der Verkehrswege für Zugverbindungen und Freizeit innerhalb von 15 Minuten zu den öffentlichen Verkehr und für den Wir fordern attraktive internationale Zug- Fuss oder mit dem Velo erreichbar sind. Velo- und Fussverkehr muss in der Ver- verbindungen. Stattdessen sollen Kurz- kehrsplanung Priorität haben. streckenflüge verboten werden. Auto(bahn)freie Sonntage Wir fordern eine Reduktion der Auto- Förderung des öffentlichen Verkehrs auf bahninfrastruktur. Autofreie Sonntage dem Land und in der Agglomeration steigern die Lebensqualität und zeigen auf, Ein dichter Takt und gute Anschlüsse auf wie der öffentliche Raum besser genutzt Mitmachen? den Regionalverkehr machen den öffent- werden könnte. Wir wollen eine klimafreundliche und lichen Verkehr in ländlichen Gebieten at- zukunftsfähige Mobilität. Willst du bei traktiv. uns mitmachen oder einfach über unsere Tätigkeiten auf dem Laufenden sein? Kostenwahrheit der Mobilität Dann melde dich jetzt unter Wir fordern Transparenz bei den Kos- jung@verkehrsclub.ch! ten von Personen- und Güterverkehr. Wer VCS MAGAZIN 1/22 9
«Jeder Liter zählt» Autofahren Wer den Fahrstil optimiert, kann viel Energie sparen. Mit der Initiative «Jeder Liter zählt» bündelt die Quality Alliance Eco-Drive Von Regula Zehnder und Nelly Jaggi die Kräfte aller Akteurinnen und Akteure. O b Junglenker oder Berufsfahrerin, ob im Kleinwagen oder im schweren Nutz- fahrzeug unterwegs, mit dem nötigen Wis- sen können alle Fahrzeuglenkerinnen und Fahrzeuglenker einen Beitrag leisten, um den CO2-Ausstoss und den Energieverbrauch zu verringern. Unter dem strategischen Dach «Jeder Liter zählt» bündelt die Quality Alli- ance Eco-Drive (QAED) die Kräfte aller Ak- teurinnen und Akteure. «Jeder Liter zählt» motiviert sie, sich gemeinsam der Herausfor- derung zu stellen, CO2 zu reduzieren. Denn © EcoDrive die Initiative betont, dass alle einen Beitrag leisten können und auch sollen. Effizienz hat nämlich trotz moderner Technik viel mit der Fahrerin respektive dem Fahrer zu tun. Wie der Fahrstil opti- Wer nach den Prinzipien von EcoDrive fährt – zum Beispiel «Halten. Motor abstellen» –, miert werden kann, zeigen die zwölf Eco- kann 10 bis 15 Prozent Treibstoff und somit CO2 sparen. Drive-Tipps – unabhängig davon, ob jemand mit einem Verbrenner, einem Hybrid-, ei- nem Plug-in-Hybrid oder einem Elektroauto zial enorm: Laut Schätzung von Fachleuten ist sehr wichtig, dauert aber zu lange. Mass- unterwegs ist. Denn wer in Anbetracht der liessen sich alleine in der Schweiz durch be- nahmen an der Bestandsflotte sind etwas aus unglaublichen Entwicklungen in der Fahr- wusstes Fahren von Personenwagen zehn dem Fokus geraten, hätten aber eine erhebli- zeugtechnologie denkt, dass Fahrzeuge alles Prozent des Treibstoffverbrauchs pro Jahr che Wirkung. Gelingt es beispielsweise, die selber machen, irrt. Davon sind wir noch einsparen. Das entspricht rund 450 Millio- Verbräuche durch Massnahmen an den be- weit entfernt. Nach wie vor hat die Fahrweise nen Litern Benzin. Rechnet man die Lastwa- stehenden Fahrzeugen, zum Beispiel kor- einen massiven Einfluss auf den Treibstoff- gen dazu, sind es total 525 Millionen Liter rekter Reifendruck oder Gewichtsreduktion, respektive den Energieverbrauch und auch und 1,3 Millionen Tonnen CO2. und ökologisches Fahren um 10 Prozent ab- auf die Sicherheit. Würde nur schon bei der Hälfte der mög- zusenken, würde dies der Einführung meh- lichen Momente der Motor abgestellt, liessen rerer hunderttausend Steckerfahrzeugen Enormes Einsparpotenzial … sich in der Schweiz 50 bis 60 Millionen Li- entsprechen.» Nimmt man die Summe aller Autofahrerin- ter Treibstoff respektive rund 100 Millionen nen und Autofahrer, ist das Einsparpoten- Franken pro Jahr sparen. Mit dem richtigen Regula Zehnder verantwortet bei der QAED Einsatz der Klimaanlage – ab 18 Grad Celsi- Marketing und Kommunikation. Nelly Jaggi ist us, bei tieferen Temperaturen nur zum Ent- Co-Redaktionsleiterin des VCS-Magazins. VCS im Vorstand der QAED feuchten – liessen sich circa 50 bis 70 Millio- nen Liter Benzin sparen. An der letzten Mitgliederversammlung der QAED wurde der VCS-Projektleiter Martin … und erhebliche Wirkung Most sparen und Geld Winder in den Vorstand gewählt. Winder, der beim VCS Kampagnen mit Fokus Klima- Christian Bach, Abteilungsleiter Fahrzeug- gewinnen schutz verantwortet, ist überzeugt: «Mit antriebssysteme bei der Empa, hat die Re- Testen Sie Ihr EcoDrive-Wissen mit dem einer sparsamen Fahrweise nach den Eco- levanz der Fahrweise im Anschluss an die Quiz von «Jeder Liter zählt». Unter allen Drive-Prinzipien lassen sich 10 bis 15 Pro- Mitgliederversammlung der QAED vom Teilnehmerinnen und Teilnehmern, die bis zent Treibstoff und somit auch CO2 einspa- 17. November 2021 in einem Referat ein- zum 30. April 2022 alle ren. Damit leistet EcoDrive einen wichtigen drücklich auf den Punkt gebracht: «Die zwölf Fragen beantwor- Beitrag zum Klimaschutz. Auch bei Elektro- CO2-Minderung muss rasch erfolgen; auch ten, werden 3 x Fr. 1000.– autos ist EcoDrive sinnvoll und hilft, Ener- im Fahrzeugbereich. Der Umstieg auf alter- verlost: gie zu sparen.» native Antriebe und erneuerbare Energien www.ecodrive.ch/quiz 10 VCS MAGAZIN 1/22
Mutlose «Roadmap Elektromobilität» Autofahren Der Bund treibt mit seiner «Roadmap Elektromobilität» die Markttransformation auf Schweizer Strassen voran. Das ist gemeinhin gut – allerdings wiegen die Zugeständnisse an die Auto Von Andreas Käsermann branche schwer. lich sowohl Tank als auch Batterie und über- dies zwei Motoren verbaut. «Das macht die Fahrzeuge schwerer und zusätzlich ineffizi- ent», sagt Anette Michel. © Adobe Stock – Mario Vor diesem Hintergrund ist aus Sicht des VCS auch das in der «Roadmap Elektromo- bilität» festgelegte Marktziel, dass bis 2025 die Hälfte der neu zugelassenen Autos über einen Elektroantrieb verfügen soll, unge- nügend. «Um die Treibhausgasemissionen rasch zu reduzieren, ist es entscheidend, dass der Verkauf von Autos mit Verbrennungs- motor – und dazu gehören auch Plug-in-Hy- bride – frühzeitig und stark reduziert wird», sagt VCS-Geschäftsführer Anders Gautschi. «Die Roadmap soll keine Selbstläufer-Ziele anstreben, sondern ambitionierte Vorgaben setzen.» Solarenergie engagiert fördern Ferner sieht der VCS mit Blick auf die Lade- möglichkeiten zusätzlichen Handlungsbe- darf: Die Elektrifizierung des Verkehrs wird zu einer Zunahme des Stromverbrauchs füh- ren. Das bei weitem grösste Potenzial, mehr Grosses Potenzial verortet der VCS in der Photovoltaik, doch ausgerechnet hier liegt die Schweiz im erneuerbaren Strom zu produzieren, veror- Hintertreffen. Im Bild eine Photovoltaikanlage auf einem Dach. tet Gautschi in der Photovoltaik: «Doch aus- gerechnet hier liegt die Schweiz deutlich im Hintertreffen gegenüber anderen Ländern. G emäss der «Roadmap Elektromobili- tät» soll in drei Jahren die Hälfte aller neu zugelassenen Fahrzeuge elektrisch be- tion und Messstandards angegeben wird.» Für die Autoimporteure jedoch lohnen sich Plug-in-Hybride: Sie helfen, die theoretische Solarstrom wird gebremst anstatt entschie- den gefördert. Die Elektrifizierung des Ver- kehrs und der Zubau an Photovoltaikanla- trieben sein. Jedoch sieht die Roadmap vor, CO2-Bilanz ihrer importierten Flotten zu gen müssen darum Hand in Hand gehen.» dass auch so genannte Plug-in-Hybride als verbessern. Das spart unliebsame Strafzah- Dass sich die «Roadmap Elektromobilität» Elektroautos gelten – also Autos, welche ne- lungen – selbst dann, wenn in Wirklichkeit darüber ausschweigt, ist ein schweres Ver- ben dem Elektromotor auch noch mit einem ganz oft mit Benzin oder Diesel gefahren säumnis. Verbrennungsmotor ausgestattet sind. «Das wird. ist enttäuschend und wenig ehrgeizig», ur- Andreas Käsermann ist Mediensprecher des teilt Anette Michel, Projektleiterin eco-auto. Realität vs. Laborbedingungen VCS Schweiz. info beim VCS. «Die Roadmap sollte ambi- Tatsächlich haben Studien ergeben, dass tionierte Ziele setzen und sich nicht an den Plug-in-Hybride in fast zwei Dritteln der Forderungen der Autolobby orientieren.» Strecken mit dem Verbrennungsmotor ge- Die offiziellen Werte der Plug-in-Hyb- fahren werden. Tests zeigten zudem, dass ride haben meist wenig mit der Realität zu bei einigen Modellen eine rasche Beschleu- tun, weiss Michel: «Plug-in-Hybride fahren nigung alleine mit dem Elektromotor gar im Realgebrauch primär mit dem Verbren- nicht möglich ist. Auch die Heizung ist häu- nungsmotor. Dabei stossen sie ein Mehrfa- fig auf den Verbrennungsmotor angewiesen. Weitere Infos unter ches an CO2 aus, als dies gemäss Deklara- Schliesslich sind in Plug-in-Hybriden frei- www.roadmap-elektromobilitaet.ch VCS MAGAZIN 1/22 11
Gesundheit geht vor Luftqualität Die Weltgesundheitsorganisation hat im September 2021 aufgrund neuer Erkenntnisse die Grenzwertempfehlungen zu den Luftschadstoffen nach unten korrigiert. Eine Nachricht, die Von Fanny Zürn hierzulande hohe Wellen hätte schlagen müssen. D ie Luftqualität wird durch die Luft- schadstoffkonzentration beeinflusst. Zu diesen Schadstoffen zählen unter ande- Stickstoffdioxid: Jahresmittel 2020 rem Feinstaub (PM), Stickstoffdioxid (NO₂), Ozon (O3), Schwefeldioxid (SO2) und Koh- lenstoffmonoxid (CO). Für die Schadstoffe Feinstaub und Stickstoffdioxid empfiehlt die Weltgesundheitsorganisation (WHO) nun 10µ/m3 WHO seit September 2021 deutlich tiefere Grenz- Grenzwert werte, als sie zurzeit für die Schweiz gelten. In der Schweiz fallen Luftschadstoffe vor allem bei der Holzverbrennung, in der Landwirtschaft, der Industrie und beim motorisierten Verkehr an. Letzterer trägt insbesondere beim Feinstaub, bei den Stick- stoffdioxiden und indirekt auch bei den Ozonwerten stark zur Luftbelastung bei. In den letzten Jahren wurde zwar eine langsame Verbesserung der Luftqualität fest- gestellt. Einen kurzfristigen positiven Effekt © VCS, Daten: Bundesamt für Umwelt 2021 hatte auch der Rückgang des Verkehrsauf- kommens infolge der Lockdowns. Die ange- Wer in den rot oder orange eingefärbten Gebieten lebt, ist zu hohen Stickstoffdioxid-Werten passten WHO-Empfehlungen zeigen aber, ausgesetzt – das ist ein Grossteil der Schweizer Bevölkerung. dass ein gesundheitsverträgliches Niveau noch nicht erreicht ist. heutzutage weiterhin markant überschritten. Grenzwerte der Luftschadstoffe in der Luft- Dies führt dazu, dass in der Landwirtschaft reinhalte-Verordnung geregelt. Bundesrat Frühzeitige Todesfälle Ernteeinbussen von bis zu 15 Prozent zu be- und Parlament stehen nun in der Pflicht, die Schon kleine Mengen an Luftschadstof- klagen sind. Im Jahr 2010 beliefen sich die Immissionsgrenzwerte in Einklang mit den fen führen zu erheblichen gesundheitli- Kosten dieser Ausfälle allein in der Schweiz neuen Erkenntnissen der WHO zu bringen. chen Schäden: So sterben weltweit jährlich gemäss einer Studie des Bundesamtes für Zudem müssen gezielte Massnahmen er- sieben Millionen Menschen an den Folgen Raumentwicklung (ARE) auf über 100 Mil- griffen werden, damit die Schadstoffemis- sionen auf ein notwendiges Niveau gesenkt werden können. Da der Verkehr zu den Schon kleine Mengen an Luftschadstoffen führen zu erheblichen Hauptverursachern der Luftverschmutzung zählt, hält der VCS den Druck auf die Poli- gesundheitlichen Schäden: So sterben weltweit jährlich sieben tik hoch: Nebst der Reduktion des Strassen- Millionen Menschen an den Folgen von Luftverschmutzung. verkehrs sind für eine bessere Luftqualität strenge Abgasnormen und die Elektrifizie- rung der Motorfahrzeuge erforderlich. Mehr von Luftverschmutzung. Bei Kindern kann lionen Franken. Die gesellschaftlichen sowie dazu lesen Sie im Dossier der nächsten Aus- schlechte Luftqualität das Lungenwachstum finanziellen Kosten der Luftverschmutzung gabe. beeinträchtigen sowie Atemwegserkrankun- sind also hoch. gen hervorrufen. Erwachsene erleiden häufi- ger Schlaganfälle. Politik ist gefordert Luftverschmutzung hat aber auch ein- Welche Reaktion ist nun aufgrund der neu- Fanny Zürn ist Praktikantin beim VCS Schweiz. Sie schneidende Auswirkungen auf die Öko- en Empfehlungen seitens der Schweizer Po- würde Strassenflächen am liebsten für Federball- systeme. Namentlich die Ozonwerte werden litik erforderlich? Hierzulande werden die turniere, Rollschuhdiscos und Picknicks nutzen. 12 VCS MAGAZIN 1/22
Das saubere Flugzeug gibt es nicht Flugverkehr Eine vom VCS unterstützte internationale Petition fordert die Flugbranche und die Behörden auf, ihr Greenwashing zu beenden. Die Technologie allein wird die Luftfahrt nicht umweltfreundlicher Von Yves Chatton machen. Einen Beitrag leisten können hingegen wir alle. A m 26. Juli 2016 landete ein Flugzeug mit langen Tragflächen auf dem Flughafen von Abu Dhabi. Nichts Besonderes, werden logien wird in nächster Zeit auf den Markt kommen und die herausragendsten werden nicht in genügender Menge vorhanden sein, spät, verbrauchen zu viel Energie und wer- den nicht CO2-neutral sein. Kommt dazu, dass die beschränkten Ressourcen an erneu- Sie sagen. Und doch: Es handelte sich um die um die Emissionen der Branche signifikant erbarer Energie zweifellos besser an Orten «Solar Impulse», das Schweizer Solarflug- zu senken. investiert wären, wo ein grösserer Bevölke- zeug, das seine über ein Jahr vorher begon- Zwischen einem mit Sonnenenergie be- rungsanteil davon profitiert. Einen Beitrag nene Weltreise beendet hatte. Die Presse be- triebenen Einsitzer-Flugzeug und einer welt- zur Lösung des Problems können aber wir richtete weltweit gross darüber, und das zu weiten CO2-neutralen Luftfahrt liegen nun alle leisten – indem wir schlicht für jede Flugreise Alternativen prüfen. Zwischen einem mit Sonnenenergie betriebenen Einsitzer- Yves Chatton ist Projektleiter für den Flugverkehr beim VCS Schweiz. Flugzeug und einer weltweiten CO2-neutralen Luftfahrt liegen nun mal Welten. Recht, handelte es sich doch um eine techno- mal Welten. Zwar hat sich die Effizienz der logische Meisterleistung. Weniger erfreulich Flugzeuge in den letzten Jahren verbessert, ist, dass auch dieses Ereignis auf dem Stapel doch die positiven Folgen für die Umwelt der schönen Versprechungen der Luftfahrt- wurden durch die starke Zunahme des Luft- Technologie industrie gelandet ist. verkehrs zunichte gemacht. Letztlich sind wird uns retten. die Emissionen der Branche zwischen 2013 Mythos, der träumen lässt und 2019 um fast 30 Prozent gestiegen. Die- Seit Jahrzehnten schon hält die Luftbran- se Zunahme ist inakzeptabel angesichts der che mit grossen Marketingkampagnen und Notwendigkeit, unsere Treibhausgasemissi- ständiger Kommunikation den Mythos ei- onen bis 2030 drastisch zu senken, damit wir verkehr nen Flug ner emissionsfreien Luftfahrt am Leben. Die eine Chance haben, die Klimaerwär- Emissio Vorschläge lassen träumen: saubere Flug- mung auf 1,5 Grad zu begrenzen. zeuge dank Elektromotor oder Wasserstoff; saubere Treibstoffe dank Bio- oder syntheti- Petition, die aufwecken soll schen Treibstoffen … Wo stehen wir 2022? Mit dem Mythos der sauberen Luft- Das Erwachen tut weh. Keine dieser Techno- fahrt lassen sich die aktuellen Klima herausforderungen nicht bewältigen. Davon sind der VCS und weitere 170 Organisationen der Allianz «Stay Grounded» überzeugt. An- Die Petition fang November hat «Stay Grounded» daher eine internationale Petition lanciert, welche Die Petition «Greenwashing stoppen – die Behörden auffordert, dem Greenwashing Flugverkehr jetzt reduzieren!» von «Stay ein Ende zu setzen und den Flugverkehr auf Grounded» wurde dem Bundesrat und dem ein klimaverträgliches Parlament am 2. Dezember übergeben. Den Niveau zu senken. © muellerluetolf.ch/Samira Oschounig Text sowie Details zu den von der Luftfahrt Denn es ist klar: industrie propagierten technologischen Die Versprechen Fortschritten und zu den Gründen, weshalb können nicht ein- es sich um Scheinlösungen handelt finden gehalten werden, Sie unter www.de.stay-grounded.org/ die neuen Techno stop-greenwashing logien kommen zu VCS MAGAZIN 1/22 13
«Verzicht predigen funktioniert nicht» lektromobilität Solarpionier Louis Palmer glaubt an die Alternativen E zum benzinbetriebenen Auto. Im Interview erzählt er, warum er 2007 bis 2008 mit einem «Solartaxi» um die Welt gefahren ist und welche Überraschung er für die diesjährige E-Mobil-Rallye «Wave» im Interview: Nelly Jaggi Köcher hat. Louis Palmer, Sie sind einst während nen Batterien. Solche Autos konnten sich verschiedenen Städten Halt, um Werbung anderthalb Jahren in Ihrem selbst nicht durchsetzen. Nicht, weil die Techno- für Elektroautos zu machen.» Zu Beginn wa- gebauten «Solartaxi» um die Welt logie nicht da gewesen wäre, sondern weil ren fast ausschliesslich selbstgebaute Autos gefahren, um auf die Klimaproblematik die Gesellschaft sie nicht wollte. Es hat ein dabei. Von Jahr zu Jahr kamen immer mehr aufmerksam zu machen. In dieser Zeit paar Jahre gedauert, bis ein Elon Musk die Serienmodelle dazu, inzwischen kommen haben Sie jeden zehnten Menschen auf Idee hatte, mit dem «Tesla» ein Auto zu bau- auf hundert Autos noch drei Eigenbauten. der Erde mit Ihrer Botschaft erreicht. en, das enorm schnell und schwer ist und viel Sind Sie heute frustriert? Strom verbraucht – dabei aber den totalen Elektroautos lösen aber das Verkehrs- Natürlich hätte alles schneller gehen können. Luxus bietet. Das ist für mich auch ein Be- problem nicht. Aber in all den unterschiedlichen Bereichen, weis dafür, dass es bei den Menschen nicht In meinem Herzen bin ich Velofahrer, ich in denen CO2 entsteht, ist bei der Mobilität ankommt, den Verzicht zu predigen. möchte am liebsten Velos promoten. Aber wir vielleicht am meisten geschehen: Praktisch leben nicht in einer Diktatur. Wer Velo fahren jeder Autohersteller hat sich dazu verpflich- Ihre Lust, unterwegs zu sein, haben Sie will, fährt schon Velo; wer mit dem ÖV fah- tet, Elektroautos zu bauen. Viele haben be- in jungen Jahren aber nicht mit einem ren will, fährt schon mit dem ÖV. Wir müs- reits festgelegt, ab wann sie ausschliesslich Auto, sondern mit dem Velo auf einer sen die Autofahrer dazu bewegen, über ande- auf Strom setzen werden. In anderen Berei- Reise durch Afrika ausgelebt. re Möglichkeiten nachzudenken. Das ist sehr chen wurden null Fortschritte erzielt, zum Ich wollte schon damals ein Elektroauto mit schwierig. Verzicht predigen funktioniert Beispiel in der Fliegerei oder bei der Ab- Solarzellen kaufen. Das gab es aber noch nicht. Deshalb geben wir ihnen weiterhin ein holzung des Amazonas. Individuen können nicht und so habe ich halt das Fahrrad ge- Auto. Wenn sie im Stau stehen wollen, sollen nicht entscheiden, ob ein Kohlekraftwerk ge- nommen. sie das tun. Sie sollen dabei aber keine Abgase baut wird. Jeder Einzelne, der nicht Teil ei- und keinen Lärm mehr machen. nes Problems sein will, hat hingegen heute Wäre nicht eine Reise um die Welt die Wahl, ein Elektroauto zu kaufen. auf einem solarbetriebenen Velo die Im Mai werden VCS-Mitglieder die logische Folge gewesen? Möglichkeit haben, an der «Wave» Sie erwähnen gerne die «Tour de Sol», Anfang der 90er-Jahre gab es noch keine teilzunehmen. Wovon können sie ein Solarautorennen durch die Schweiz E-Bikes. Später konnte ich einfach zuschauen, profitieren? aus den 80er-Jahren. Was hat Sie wie sich die E-Bikes durchgesetzt haben – zu- Die «Wave» ist ein gesellschaftlicher An- daran begeistert? erst bei der älteren Generation, heute bei der lass. Man trifft auf gleichgesinnte Menschen, Die «Tour de Sol» hat mich geprägt! Das wa- ganzen Bevölkerung. Das freut mich sehr. kann sich austauschen und gemeinsam et- ren tolle Autos, die mit Sonnenlicht ange- trieben wurden und selbst bei Regen von Emmen bis nach Biel fahren konnten. Wer «Ich glaube, die Mehrheit der Menschen will ein solches Auto gebaut hatte, konnte an diesem Rennen mitmachen. Mitgefahren Teil der Lösung sein.» sind Rennmaschinen, aber auch ganz all- tagstaugliche Autos. Um dem Tross mit dem Fahrrad hinterherzufahren, habe ich damals Wir haben wirklich viele Alternativen zum was erleben. Und man kann ein Elektroauto sogar die Schule geschwänzt. benzinbetriebenen Auto; das E-Bike ist eine testen. Gerade wer eher vorsichtig ist, wird ganz wichtige. schnell merken, wie gut und einfach es funk- Inwieweit lassen sich diese Solar- tioniert. Bei der «Wave» hilft jeder jedem. autos mit den heutigen Elektroautos Seit 2011 organisieren Sie die «Wave», Das ist ein sehr schöner Rahmen, um sich vergleichen? eine E-Mobil-Rally durch die Schweiz. mit der Elektromobilität vertraut zu machen. Da bin ich heute natürlich ein Stück weit ent- Wie kam es dazu? täuscht: Die «Tour de Sol» hat gezeigt, wie Ich habe einen Aufruf in meinem Bekann- An der «Wave» 2022 werden Sie den man mit wenig Energie Autofahren kann – tenkreis gemacht: «Wir fahren mit Elektro- «Solar Butterfly» präsentieren. Was hat mit sehr leichten Fahrzeugen und mit klei- autos von Paris nach Prag und machen in es damit auf sich? 14 VCS MAGAZIN 1/22
oder man ist Teil der Lösung. Und ich glau- © zVg be, die Mehrheit der Menschen will Teil der Lösung sein. Der «Solar Butterfly» ist also gewisser massen eine Weiterentwicklung des «Solartaxis»? Ja, mit dem «Solartaxi» hatte ich auch eine positive Mission. Nämlich eine Weltreise, um zu zeigen, dass es Lösungen gegen den Klimawandel gibt. Und das mit einem auf- fallenden Fahrzeug. Der «Solar Butterfly» ist ein Unikat, das Sie gemeinsam mit der Hochschule Luzern entwickelt haben. Genau, und er wird von verschiedenen Part- nern in der Schweiz gebaut. Die Sponso- ren haben wir gefunden und das freut mich sehr. Weil der «Solar Butterfly» von einem Elektroauto gezogen wird, ist es «nur» ein Anhänger und damit nicht so schwierig um- zusetzen. Können Sie bereits verraten, wen Sie im Sommer in der Schweiz besuchen werden? Die Firma «Kyburz» macht elektrische Motorräder für «Die Post» und ist sicher ein interessantes Projekt, oder «Maxon» in Sachseln, die bauen E-Antriebe für Fahrrä- der. Es gibt auch spannende Projekte aus der Zivilgesellschaft, in Glarus möchte ich zum Beispiel die Klimajugend besuchen. Werden Sie überall selbst mit dabei sein? Sicher in der Schweiz, danach werde ich das Louis Palmer mit einem Modell des Elektroautos, das dereinst den «Solar Butterfly» ziehen wird. Projekt an ein Team übergeben und von zu Hause aus betreuen. Wir suchen übri- gens noch Mitfahrerinnen und Mitfahrer, Der «Solar Butterfly» ist ein «Tiny-House», ist Paris im Dezember 2025. Dann wird das Social-Media-Profis oder Videoleute. Es wer- das von einem Elektroauto gezogen wird. Pariser Klimaabkommen zehn Jahre alt. Wir den immer vier Leute für ein paar Wochen Der Schmetterling ist ein Symbol für die wollen sehen, was auf der Welt hinsichtlich mitfahren. Transformation. Der «Solar Butterfly» ist Umsetzung passiert ist. 10 Meter lang und 15 Meter breit und hat riesige ausklappbare Flügel voller Solarzel- Ihnen geht es um weit mehr als bloss Mitmachen bei der «Wave» 2022? len. Im Innern befindet sich ein Videostudio um die Vorteile der Elektromobilität? Möchten Sie ein Elektroauto testen und gleich- und wir werden damit Klimapioniere auf der Wir wollen den Fokus auf Lösungen gegen zeitig spannende Orte und Betriebe in der ganzen Welt besuchen. den Klimawandel setzen. Mehr als die Hälf- Schweiz kennenlernen? Dann sollten Sie mit- Im Rahmen der «Wave» wird der «Solar te des weltweiten CO2-Ausstosses könn- Butterfly» während drei Wochen durch die ten wir mit Solarenergie auffangen. Es gibt machen bei der «Butterfly Wave 2022»! Die ganze Schweiz fahren. In dieser Zeit wollen aber noch viel mehr zu tun: Kleider, die man «Wave» startet voraussichtlich am 23. Mai 2022 wir tollen Lösungen für den Klimaschutz kompostieren kann, Fahrräder, nachhaltige auf dem Berner Bundesplatz. Aufmerksamkeit schenken – zusammen mit Tourismusbranchen, nachhaltige Finanzie- Für VCS-Mitglieder haben wir für die Etappen der der «Wave», mit Schulen, mit der Bevölke- rungen und Banken … Wenn Klimaschutz ersten drei Wochen durch die Schweiz 20 ver- rung, mit der Politik. Im Anschluss geht es nicht staatlich verordnet werden kann, wol- schiedene Elektroautos reserviert und eine Teil- während fünf Monaten quer durch Europa, len wir den Menschen zeigen: «Schaut, die- nahme zu Vorzugskonditionen. Die Vorbereitun- ein Jahr später nach Nordamerika, dann se Lösungen gibt es». Nachher haben alle die gen laufen, weitere Updates folgen: nach Asien, Australien und Afrika. Das Ziel Wahl: Entweder ist man Teil des Problems www.verkehrsclub.ch/reisen VCS MAGAZIN 1/22 15
Aufbruch zu mehr Grün Lebensqualität Attraktivere Quartiere, Tempo 30, Fusswege mit erhöhter Aufenthaltsqualität, mehr Grün und Velo: Der VCS sieht sich mit dem Ja zu den Richtplänen der Stadt Zürich vom letzten November Von Markus Knauss und Gabi Petri in seiner konsequenten Verkehrspolitik der letzten 40 Jahre bestätigt. Ganz besonders freut den VCS, dass die © zVg Stimmbürgerinnen und Stimmbürger ein klares Zeichen für einen wirksamen Schutz vor Strassenlärm gesetzt haben. In den letz- ten Jahren musste der VCS allzu oft den Lärmschutz beim zögerlichen Stadtrat mit Rechtsmitteln einfordern. Mit der deutlichen Zustimmung zum Richtplan ist der Stadtrat nun aufgefordert, rund 140 000 Menschen in der Stadt wirksam mit Tempo 30 vor Lärm zu schützen. Dieses deutliche Bekenntnis der Stimmberechtigten sollte auch der ewig gestrigen FDP klarmachen, dass die Bevöl- kerung keine Abschwächung des erforderli- chen Lärmschutzes und der Verkehrssicher- heit duldet. Dass der sogenannte «historische Kom- promiss», also die einseitige Privilegierung des Autoverkehrs in der Innenstadt, ein Ende gefunden hat, ist in Zeiten der Klima Ja zu den Richtplänen, Ja zum Energiegesetz: Zürich will sich ökologisch weiterentwickeln. erwärmung nur folgerichtig. Dagegen hat der VCS während 25 Jahren gekämpft und freut sich entsprechend, dass die Menschen D ie Stadt Zürich steht vor grossen Her- ausforderungen: Wie kann das Bevöl- kerungswachstum stadtverträglich gestaltet Die Stadt beleben In der Verkehrspolitik möchte die Bevölke- rung einmal mehr den Velo- und Fussver- den öffentlichen Raum endlich wieder zu- rückerhalten. Autofreie Plätze, Cafés, Parks und Bäume machen die Stadt eben belebter, werden und welchen Beitrag kann die Stadt kehr klar gefördert haben. Zentral ist das schöner und fröhlicher als trostlose Abstell- Zürich selber gegen die Klimaerwärmung neue Velonetz mit Vorzugsrouten, weil im- plätze für Autos. und deren Auswirkungen in Form einer zu- mer mehr Velo gefahren wird und ein ent- nehmenden Überhitzung der Stadt leisten? sprechender Ausbau der Veloinfrastruktur Gabi Petri und Markus Knauss setzen sich als Die am 28. November 2021 von der Stadt- rasch realisiert werden muss. Die neu ge- Co-Geschäftsleitung der Sektion Zürich für eine lebenswerte Stadt ein. zürcher Stimmbevölkerung gutgeheissenen planten Quartierzentren und auch das damit Richtpläne geben die erforderlichen Ant- verbundene, attraktivere Fusswegnetz wer- worten dazu: Zürich will und muss sich ste- den die Stadt beleben. tig ökologisch weiterentwickeln. Während es beim kantonalen Energie gesetz (siehe Kasten) darum ging, was Pri- Energiegesetz gutgeheissen vate zu leisten vermögen, geht es bei den Die Stimmberechtigten des Kantons Zürich haben im vergangenen November auch dem Energie Richtplänen vor allem darum, dass die gesetz zugestimmt. Dieses verspricht deutlich mehr Klimaschutz und zielt in erster Linie auf die Stadtpolitik endlich den öffentlichen Raum Heizungen. attraktiver und ökologischer gestaltet. Sie Gemäss kantonaler Baudirektion sind im Kanton Zürich rund 120 000 Öl- und Gasheizungen in soll aber auch den Verkehr stadt- und klima- Betrieb, welche etwa 40 Prozent der CO2-Emissionen verursachen. Das Energiegesetz setzt hier verträglicher ausrichten. Die neuen Parks, an und verstärkt die Förderung von klimaneutralen Heizungen: Neu wird der Jahres-Etat von 8 auf Bäume und Wiesen und die Bestimmungen 15 Millionen Franken erhöht. Zusammen mit den Bundesgeldern stehen so jährlich rund 65 Millio- zur Hitzeminderung werden den Aufenthalt nen Franken zur Verfügung. für alle, die in Zürich leben, wohnen und ar- Gegen das Energiegesetz hat der Hauseigentümerverband das Referendum ergriffen. Mit 62,6 Pro- beiten, laufend verbessern. zent Ja-Stimmen hat sich jedoch eine klare Mehrheit für das Energiegesetz ausgesprochen. 16 VCS MAGAZIN 1/22
Zusammen fahren, Ressourcen sparen Öffentlicher Verkehr Der Schneetourenbus macht es möglich, beliebte Ausgangspunkte von Skitouren oder Schneeschuhrouten ohne Auto zu erreichen. Die Busse fahren diesen Winter auf acht Strecken in der ganzen Schweiz. D er Schneetourenbus ist ein regionales Verkehrsangebot für Skitourenfahrerin- nen und Schneeschuhläufer. Er verkehrt in So trägt der Schneetourenbus als Alternative zum Auto nicht nur zu einer saubereren Um- welt bei, sondern ermöglicht auch Touren men eines Pilotprojekts hat der Schweizer Alpen-Club SAC das Angebot übernommen und wird vom VCS unterstützt. Gebieten, die bis anhin im Winter nicht mit mit unterschiedlichem Start- und Endpunkt. dem öffentlichen Verkehr zugänglich waren. Nach drei Saisons der Erprobung im Rah- Samstag, Sonntag und allgemeine Feiertage bis 13. März 2022 Samstag, Sonntag und allgemeine Feiertage bis 24. April 2022 Täglich bis 6. März 2022 Sarganserland Sargans Vermol Mels Les Cernets Couvet Les Verrières Le Couvent Val-de-Travers Meiental Diemtigtal Färnigen Täglich bis Zwischenflüh 6. März 2022 Andermatt Julier Meniggrund Julierpass Ernen Binn, Fäld Silvaplana Binntal Binn, Dorf Bivio Alp Güglia Silvaplana– Alp Gügla– Samstag, Sonntag und Julierpass Freitag, Samstag, allgemeine Feiertage Täglich bis Sonntag und vom 12. März bis 30. April 2022 allgemeine Feiertage 24. April 2022 Zielorte bis 10. April 2022 Abfahrtsorte Bivio–Alp Güglia (Julier) Täglich bis 17. April 2022 So läuft es: Reservationen können online unter www.schneetourenbus.ch gemacht werden. Ist die Minimalzahl an Reservationen – in der Regel zwei Personen – eingegan- gen, findet die Fahrt statt. Reservationen müssen bis spätestens am Vorabend um 18 Uhr gemacht werden. Weitere Infos unter www.schneetourenbus.ch VCS MAGAZIN 1/22 17
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