MAGAZIN - "Weiße Biotechnologie" - HHU
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MAGAZIN der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf 3 · 2006 „Weiße Biotechnologie“ Düsseldorfer Forscher in Jülich
Editorial MAGAZIN der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf 3 · 2006 Ausbildung werden? Schöne Beispiele der Zusammenarbeit mit der Prager Partneruniversität sind zwei Magister- arbeiten, die wir ebenfalls vorstellen. Und dann berichten wir noch von einer Doktorarbeit, die, alpin, zwischen Kur- gästen und Skiläufern entstand. Foto: Forschungszentrum Jülich In der Medizin geht es um eine Preisträgerin (sie entwickelte einen völ- „Weiße Biotechnologie“ lig neuartigen Schadstofftest), um ein Düsseldorfer Forscher in Jülich Forschungsprojekt über abgeschlagene, mumifizierte Hände (Was sind „Leibzei- chen“?) und um ein für die nordrhein- westfälische Hochschulmedizin singulä- res Angebot: „Hyperbare Oxygenation“ in der Druckkammer. Nicht nur eine Schönheit der Forschung: Je nach schnelle Hilfe bei Tauchunfällen. Anwendung und Vorlieben der Bakte- Gleich zwei Promotionsthemen sind rienstämme haben die Nährmedien der auch für Nicht-Fachleute sicher von In- Agar-Platten verschiedene Substanzen. teresse. Eine Juristin beschäftigte sich Im Zentrum für Mikrobielle Biotechno- mit der Gen-Therapie, bei den Wirt- logie der HHU, auf dem Gelände des schaftswissenschaftlern entstand eine Forschungszentrums Jülich gelegen, Dissertation zum „Outsourcing“. Wann spielen Bakterien die Hauptrolle. Mehr lohnt sich das für welche Art von Unter- zur Arbeit der „Jülicher Düsseldorfer“ nehmen? in dieser Ausgabe. Als dreigeteilte Titel- Natürlich gibt es wieder jede Menge geschichte. Unsere Titelgeschichte hat dieses Mal Personalia. Darunter ein runder Ge- gleich drei Teile. Anlass ist ein Jubi- burtstag: Der Literaturwissenschaftler läum. Und auch wieder nicht: Vor 50 und Heine-Streiter Wilhelm Gössmann Jahren wurde die Kernforschungsan- wurde 80. Rechtzeitig erschienen seine lage Jülich gegründet, das heutige Lebenserinnerungen. Und sein wohl Forschungszentrum Jülich. Eine An- bekanntestes Buch in überarbeiteter sammlung wissenschaftlicher Kompe- Neuauflage: ein Crash-Kurs in Sachen tenz von höchstem internationalen deutscher Kulturgeschichte. Rang. Von Anfang an arbeiteten die Und auch ein bisschen literarische rheinischen Hochschulen eng mit dem Spurensuche vor Ort gibt es: Was haben Jülicher Braintrust zusammen, auch die das Universitätsklinikum und die an- Universität Düsseldorf. grenzenden Straßen mit Günter Grass Was es im Jubiläumsjahr über Koope- und seiner gerade erschienenen Auto- rationen und Innovationen zu berichten biographie „Beim Häuten der Zwiebel“ gibt, davon handeln zwei Teile der Titel- zu tun? geschichte. Was ist „Weiße Biotechno- Neugierig geworden? logie“? Was hat es mit einer neuen Ausgründung und Biokatalysatoren auf Foto: Steidl-Verlag sich? Im dritten Teil geht es dann um den Blick zurück: Wie fing alles an, da- mals 1956 in Jülich? Was verrändert sich in einer eher ländlichen Kleinstadt, wenn plötzlich Hunderte von Wissen- schaftlern zuziehen? „Beim Häuten der Zwiebel“, die Auto- Natürlich gibt es wieder viel Neues biographie von Günter Grass, sorgte aus den Fakultäten zu berichten. Aus international für Furore. Teile davon den Geisteswissenschaften zum Bei- beschreiben das Trümmer-Düsseldorf spiel. Was ist das amerikanische Kon- der späten 40er Jahre. Und laden zum zept der „Great Books“? Könnte es Spaziergang vom Campus aus zu histori- Modell für die deutsche universitäre schen Lokalitäten ein. 2 Ausgabe 3 · 2006
Inhalt Aktuell „ . . . gaben wir ein jämmerliches Bild ab“. . . . . . . . . . . . . . . 4 Teamwork von Universität und regionaler Wirtschaft . . . . . 7 Newsletter der Thomas-Mann-Sammlung . . . . . . . . . . . . . . . 7 Foto: Werner Gabriel Titel „Weiße Biotechnologie“, Schönheit der Naturstoffe . . . . . . 8 Katalysatoren: maßgeschneidert und passgenau . . . . . . . . 11 Die Anlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12 Dr. Ellen Fritsche bekam einen mit 100.000 Euro dotierten Campus Preis für ihre Forschungen in der Umweltmedizin. Ein Verfah- 30 Jahre Zeitzeuge studentischen Lebens . . . . . . . . . . . . . 16 ren, das die störende Wirkung von Stoffen auf die menschliche Seminarunterlagen mit einem Mausklick . . . . . . . . . . . . . . . 17 Hirnentwicklung nachweist. Vorteil: schneller und billiger als Skulptur „Objeto mimético“ vor der ULB . . . . . . . . . . . . . . . 18 Tierversuche. Systematische Berufsqualifizierung: KUBUS . . . . . . . . . . . . 19 Internationales Polnisches Publikum begeistert von vielseitigem Programm 20 Deutsch-italienisches Promotionsprogramm . . . . . . . . . . . 20 Juristische Fakultät Von Genen und Paragraphen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21 Philosophische Fakultät „Schlage die Trommel und fürchte dich nicht . . .“ . . . . . . . 22 Doktorarbeit zwischen Skiläufern und Kurgästen . . . . . . . 25 Foto: Thomas Bußkamp Der amerikanische Blick: Lösung aus der Misere? . . . . . . . 27 Wichtigstes E-Journal wird in Düsseldorf herausgegeben 28 „Kunststadt im Westen“ und Trümmer-Düsseldorf . . . . . . 29 Sisyphusarbeit, die sich lohnt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30 Medizinische Fakultät Im Institut für Rechtsmedizin forscht Dr. Peter Pieper an Herzinfarkt ist eine Arbeiterkrankheit . . . . . . . . . . . . . . . . . 31 mumifizierten, abgeschlagenen Händen. Schaurige Überreste Andreas Hub erhielt Preis für Wissenschaftsfotografie . . 32 grausiger mittelalterlicher Strafen? Der Archäologe kam zu Den Körper mit Sauerstoff durchfluten . . . . . . . . . . . . . . . . 33 erstaunlichen Ergebnissen. Mehr dazu auf den nächsten Seiten. 100.000 Euro Preisgeld für Umweltmedizinerin . . . . . . . . 34 Papstaudienz für Stammzellenforscher . . . . . . . . . . . . . . . 35 Weiter auf Erfolgskurs im Physikum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35 Klage mit der toten Hand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36 Personalia Augenheilkunde: Prof. Joussen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43 „Schleichenden“ Blutkrebs früher bekämpfen . . . . . . . . . . 38 Hals- Nasen- und Ohrenheilkunde: Prof. Schipper . . . . . . . 43 Wirtschaftswissenschaftliche Fakultät Hohe Auszeichnung für em. Prof. Feinendegen . . . . . . . . . 43 Outsourcing will wohlüberlegt sein . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39 Organische Chemie: Prof. Müller . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44 Forschung zum Schilddrüsenkrebs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44 Ausschreibungen Prof. Krauth im Ruhestand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44 Drupa Preis 2007 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41 Prof. Göbel emeritiert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45 Edens-Preis 2007 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41 25-jähriges Dienstjubiläum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46 Hedwig- und Waldemar-Hort-Stiftung . . . . . . . . . . . . . . . . . 42 Forschungssemester Wintersemester 2006/2007 . . . . . . 46 Forschungspreis der Christiane und Claudia Hempel- Todesfall . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46 Stiftung für Klinische Stammzellforschung 2006 . . . . . . . 42 Impressum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46 Ausgabe 3 · 2006 3
Aktuell „ . . . gaben wir ein jämmerliches Bild ab.“ Spurensuche: Günter Grass, Düsseldorf und die Uni-Kliniken Foto: Steidl-Verlag 4 Ausgabe 3 · 2006
Aktuell VON ROLF WILLHARDT amt verwiesen, das ihm eine Praktikan- säumten, so die auf Sandstein und Ba- tenstelle als Steinmetz und Steinbild- salt spezialisierte Firma Moog, die in „Beim Häuten der Zwiebel“: Die Autobio- hauer vermitteln soll („Dem Handwerk der ‚Blechtrommel’ als Großbetrieb C. graphie von Günter Grass, – ein Super- fehle es nicht an Arbeit. Grabsteine Schmoog firmiert, war mein zukünfti- coup der Marketingstrategen. Der Litera- seien jederzeit gefragt.“). ges Zuhause mit der Straßenbahn leicht turnobelpreisträger von 1999 war in der Grass: „Gleich im ersten Betrieb, in und nach nur einmal Umsteigen am Waffen-SS! Schlagzeilen weltweit. Ergeb- dem ich nahe dem Werstener Friedhof Schadowplatz zu erreichen.“ nis: satte Verkaufszahlen, übervolle Säle vorsprach, blieb ich hängen (…).“ Neben dem zeitüblichen Kohldampf bei Lesungen. Hundert Seiten sind der Es ist der Betrieb von Julius Göbel, plagen den jungen Grass aber noch an- Zeit von 1947 bis 1952 in Düsseldorf ge- das Telefonbuch von 1947, erhalten in dere Bedürfnisse: „Der dritte Hunger“. widmet. Hier lernte er die Kunst, den Jazz der Universitätsbibliothek, verzeichnet Mit täglichen Folgen. und vieles mehr kennen. Markante Loka- „Julius Göbel, Steinbildhauerei, Witzel- „Gesättigt von der morgendlichen litäten: der Bittweg, wo heute Studenten- straße 142“. Also gleich gegenüber dem Milchgriessuppe, nagte nun vorlaut der wohnheime stehen, und die Städtischen Universitätsklinikum, den damaligen andere Hunger. Und das Tag für Tag. Im- Krankenanstalten, das spätere Univer- Städtischen Krankenanstalten. Spuren- mer war ich geniert und in Furcht, es sitätsklinikum. suche vor Ort: Die Adresse gibt es heu- könnte das sperrige Ding bemerkt, als te nicht mehr. anstößig belästigend empfunden, mehr V orab das Literaturzitat und Göbel kommt in der „Blechtrommel“ noch, laut als Ärgernis beschimpft wer- nicht aus der Biographie: „Mit als „Wöbel“ vor. Grass in der Autobio- den. Aber kein Fahrgast in Rock und Straßenbahnen, die vom Bilker graphie: „Sein rapider Aufstieg zur Zeit Bluse, dem ich zu nah stand, hat sich Bahnhof in Richtung Wersten und Ben- des beginnenden Wirtschaftswunders empört. (…) Erst angesichts der Grab- rath fuhren, konnte man bequem, ohne wäre eine Geschichte für sich. Als ich steine, die auf den Vorplätzen der Stein- umsteigen zu müssen, die Städtischen den Praktikantenvertrag unterschrieb, metzbetriebe am Bittweg auf Hoch- Krankenanstalten erreichen. Herr Mat- war mir Göbels Firma aus noch ande- glanz poliert in Reihe standen (…) zerath lag dort von August fünfundvier- rem Grund verlockend: außer dem verging mir der halbstündige Erre- zig bis Mai sechsundvierzig.“ lächerlichen Monatsentgelt von hundert gungszustand der allmorgendlichen Pfleger Bruno erzählt die Geschichte Reichsmark – gleich knauserig bezahlte Straßenbahnfahrten.“ des Oskar Matzerath. Den Roman be- der Krauter Korneff den anzulernenden Die Frau seines Meisters hält in diesen ginnt der Patient selbst: „Zugegeben: Oskar – wurde mir, dem erfahrenen Tagen eine Ziege. „Sobald den Bittweg ich bin Insasse einer Heil- und Pflegean- Hungerleider, ein wöchentlich zweimal lang alles Grünzeug und selbst die stalt.“ ausgeteilter Gemüseeintopf mit Fleisch- Brennesseln abgegrast waren, blieb als Anfang einer der berühmtesten Kran- einlage versprochen, bei garantiertem Weide nur noch der Bahnkörper der kengeschichten der deutschen Litera- Nachschlag.“ Straßenbahnlinie, die nach Wersten und tur. Auch eine Düsseldorfer Geschichte. Sein Meister hat ihm eine Schlafstel- weiter nach Holthausen führte. Beider- Denn weite Passagen aus Günter Grass le besorgt, Grass wohnt bis 1951 im Cari- seits des Schienenstranges gab es Fut- Welterfolgen „Die Blechtrommel“ tas-Heim Düsseldorf-Rath, zusammen- ter vorrätig für Tage. (1959) und später, anschließend in der gepfercht auf einer Stube mit (…) Mir jedoch steigerte sich der „Danziger Trilogie“, den „Hundejahren“ Obdachlosen, Entwurzelten des Krieges, Gang mit der Ziege, die überdies Geno- (1963), spielen im Rheinland. Grass und menschlichem Treibgut. veva gerufen wurde, zur Pein. Über- Düsseldorf: eine Hassliebe? Spielstätte „Von der Haltestelle Bittweg, den, wie haupt und der Zuschauer wegen. Es zo- seines Lebens allemal. In seiner jetzt gesagt, mehrere Steinmetzbetriebe gen sich nämlich parallel zum erschienenen Biographie „Beim Häuten Gleiskörper und hinter der Zwiebel“ widmet er der Düssel- Bäumen versteckt die dorfer Zeit zwei Kapitel („Der dritte Gebäude der Städti- Hunger“, „Wie ich zum Raucher schen Krankenanstalten wurde“). Nicht viel Neues für kundige hin; wie ja nicht selten „Blechtrommel“-Leser. Oder doch? Hospitäler in der Nähe Anekdoten? Biographie-Details? von Friedhöfen und Der 19jährige Kriegsheimkehrer Der Bittweg, schräg gegenüber dem Grabsteingeschäften ihren Ort haben.“ möchte an der Düsseldorfer Kunstaka- Gelände des heutigen Universitäts- Die Straßenbahnstrecke von damals exi- demie studieren, wird aber vom etwas klinikums. Hier arbeitete Grass im stiert immer noch, Generationen von schrulligen Professor Enseling, den er Steinmetzgeschäft Karl Moog (Bitt- Studenten kennen sie. auf dem Flur trifft, erst einmal wegge- weg Nr. 1), der im „Blechtrommel“- Grass flirtet. Mit mäßigem Erfolg, schickt („Wir haben wegen Kohlenman- Roman „Großbetrieb C. Schmoog“ „Gerne ergingen sich in der Mittagszeit gels geschlossen.“) und an das Arbeits- heißt. Krankenschwestern einzeln oder in Ausgabe 3 · 2006 5
Aktuell Fotos: Christian Consten Die Witzelstraße: „Es zogen sich nämlich parallel zum Gleiskörper und hinter Bäumen versteckt die Gebäude der Städti- schen Krankenanstalten hin; wie ja nicht selten Hospitäler in der Nähe von Friedhöfen und Grabsteingeschäften ihren Ort haben.“ (Günter Grass, „Beim Häuten der Zwiebel“, 2006) fröhlichen Gruppen unter den Bäumen. donnenhaftem Gesicht auf der Zunge sucht „was die Stadt zu bieten hatte“, Ach, wie sie zwitscherten! Mein Anblick, hatte und weitere Schmeichelwörter in gründet, als Waschbrett-Virtuose, mit junger Mann mit störrischer Ziege, war Reserve hielt, begann die mir aufgehal- Kommilitonen eine Jazzband und spielt ihnen nicht nur ein Lächeln wert.“ Er ste Ziege laut und lange zu pissen. Was im „Czikos“ in der Andreasstraße. Aber kommt sich als Witzfigur vor, unbehol- tun? (…) Wie unbeteiligt erscheinen? Al- die Tage am Rhein sind gezählt, er hat fen, „war ich die Zielscheibe spitzer les vergeblich. Das Pissen der Milchzie- nur noch den Wunsch, „das wirtschafts- Worte“, „das komisch-traurige Anhäng- ge Genoveva wollte und wollte nicht en- wunderliche Düsseldorf, dessen bierseli- sel einer widerborstigen Ziege mit bau- den. Aufs Lächerlichste gepaart, gaben gen Altstadtbetrieb und den Genierum- melndem Euter.“ wir ein jämmerliches Bild ab.“ mel der Kunstakademie zu verlassen“. Romanheld und Psychiatriepatient Was Grass nicht davon abhält, dem Berlin heißt das Ziel seiner Wünsche. Oskar in der „Blechtrommel“ hingegen „dritten Hunger“ weiter intensiv zu frö- Dort will er ein wirklicher Künstler wer- hat ungeheuren Erfolg beim weiblichen nen. An den Wochenenden zieht es ihn, den. Die Stadt am Rhein als Ort einer Pflegepersonal der Städtischen Kran- kurios ausstaffiert aus der Kleiderkiste frühen Orientierungsphase, skurriler kenanstalten, er wird zum Sexmaniac des Caritas-Heims, magisch in die Loka- Typen und seltsamer Erlebnisse, die („Oskar aß in jener Zeit sehr viel frische le im Vorort Grafenberg, „schon bald erst später einmal eine Rolle spielen Blutwurst mit Zwiebelringen und trank konnte ich, wenn auch auf anders ge- werden. Bier dazu, damit sein Freund Klepp düngtem Futterplatz, schnelle Erfolge Der letzte Satz der Düsseldorf-Kapi- glaubte, Oskars Leid heiße Hunger und verbuchen, und zwar auf Tanzböden, tel lautet: „Im Interzonenzug reiste ich nicht Schwester Dorothea.“). „Ach“, die ‚Wedig’ und ‚Löwenburg’ hießen. Als am ersten Januar dreiundfünfzig mitten seufzt Grass neidisch in seiner Biogra- Tänzer war ich gefragt.“ im Wintersemester ab; mit wenig phie, „hätte ich doch nur seinen Witz Im Wintersemester 1948/49 beginnt Gepäck, doch reich an Wörtern und in- gehabt!“ Grass ein Grafiker- und Bildhauerstudi- wendigen Figuren, die noch immer nicht Und dann passiert es. um an der Düsseldorfer Kunstakademie, wussten, wohin.“ „Hinzu kam, dass mich Pech zu ver- zeichnet „auf Schützenfesten am Rhein- folgen schien. Denn einmal, als ich be- ufer die Porträts feister Biertrinker, Günter Grass: „Beim Häuten der reits ein nettes Wort für eine vereinzelt zwei Mark das Stück“, erobert für sich Zwiebel“, Steidl-Verlag Göttingen, 480 spazierende Krankenschwester mit ma- die Düsseldorfer Altstadtkneipen, be- Seiten, 24,- Euro 6 Ausgabe 3 · 2006
Aktuell Teamwork von Universität und regionaler Wirtschaft HHU und IHK setzen per Vertrag auf wechselseitige Impulse VON CHRISTIAN CONSTEN dament für ganz konkrete gemeinsame Kooperationsvertrag zugleich auch als Vorhaben. Vier Handlungsfelder stehen eine Art „Vertrag zugunsten eines Das Hochschulfreiheitsgesetz und geän- zunächst im Vordergrund. Erstens: eine Dritten“ konzipiert, nämlich der Region. derte Studienmodelle stellen die Univer- verbesserte Ausbildung der Studieren- Dr. Udo Siepmann, Hauptgeschäfts- sität vor neue Herausforderungen. In den. Entsprechende Seminare und führer der IHK Düsseldorf, erläuterte, einem vertraglich fundierten Dialog mit Praktikumsmöglichkeiten sollen das was für das kommende Jahr bereits der regionalen Wirtschaft bereitet die Studium praxisnäher machen. Zweitens: fest geplant ist: Eine Broschüre soll die HHU neuen Chancen für Forschungs- die wissenschaftliche Weiterbildung. Life-Sciences-Aktivitäten der Univer- projekte und Karrieren den Boden. Drittens: Innovations- und Technologie- sität, vor allem auf dem Gebiet der Bio- transfer, unter anderem durch Informa- technologie, darstellen und wendet sich W ir stehen eigentlich vor der tionsforen und Betriebs- bzw. Instituts- dabei insbesondere an die Führungs- Neugründung“, sagte Rektor begehungen. Viertens: gemeinsame ebenen der regionalen Unternehmen. Prof. Dr. Dr. Alfons Labisch, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit in die- Außerdem werden Sprechtage zu „und das mit dem Anspruch großer Au- sen Bereichen. technologieorientierten Unternehmens- tonomie zum einen, eines engen Fi- Für die Universität bietet sich mit der gründungen stattfinden. Hier können nanzkorsetts zum anderen.“ Eine besse- verstärkten Kooperation die Möglich- junge Wissenschaftler sich, wie Siep- re Vernetzung der Universität mit der keit, den 68.000 in der IHK organisier- mann sagte, „auf unternehmerisches regionalen Wirtschaft soll ein Weg der ten Unternehmen das Uni-Profil besser Tun systematisch vorbereiten“. Zukunft sein. Dies scheint für die Wirt- zu vermitteln. Das ist im Wettbewerb Hinter der Zuversicht bei der Ver- schaft gleichermaßen attraktiv. Deshalb um Drittmittel für die Forschung wich- tragsunterzeichnung steht langjährige haben die Spitzen von Universität und tig. „Es gilt, einen gesunden Finanzie- Erfahrung. „Eine fallweise Zusammen- der Düsseldorfer Industrie- und Han- rungs-Mix zu finden“, sagte Kanzler arbeit“ zwischen Wissenschaft und delskammer am 22. September einen Prof. Ulf Pallme König und warnte: „Die Wirtschaft in der Region, so Franzen, Kooperationsvertrag unterzeichnet. anderen Standorte schlafen nicht!“ „gibt es schon fast 20 Jahre.“ Kanzler „Dies ist kein bloßer Good-Will-Ver- Labisch fügte hinzu: „Da wir auch um Pallme König ergänzt: „Jetzt aber auch trag“, betonten Rektor Labisch und gute Köpfe bei den Studierenden kon- de jure, nämlich mit einem offiziellen Hermann Franzen, Präsident der IHK kurrieren, müssen wir hinten die Karrie- Kooperationsvertrag.“ Düsseldorf. Der Vertrag bilde das Fun- rechancen sichern.“ Damit sei der Newsletter der Thomas-Mann-Sammlung D ie Thomas-Mann-Sammlung der Sammlung“ abonniert werden. Interes- Universitäts- und Landesbiblio- senten erhalten dann die erste bereits thek Düsseldorf gibt jetzt einen erschienene Ausgabe des Newsletters Newsletter heraus, der in unregelmäßi- sowie alle weiteren zugeschickt. gen Abständen über die Neuerschei- nungen auf dem Buchmarkt, über Auf- sätze aus wissenschaftlichen Fachzeit- schriften, über wichtige Zeitungsartikel und Veranstaltungen zu Thomas Mann und seiner Familie informieren wird. Der Newsletter kann über eine E-Mail an die Ansprechpartnerin: Foto: Archiv Leitung der Thomas-Mann-Sammlung Dr. Ute Olliges-Wieczorek, (olliges@ub.uni-duesseldorf.de) mit dem Tel. 0211-81 13528, Hinweis „Newsletter der Thomas-Mann- e-mail: olliges@ub.uni-duesseldorf.de Ausgabe 3 · 2006 7
Titel I „Weiße Biotechnologie“, Schönheit der Naturstoffe Von Forschung auf höchstem Niveau profitieren auch Studierende VON VICTORIA MEINSCHÄFER Biotechnologie ist derzeit ein Forschungs- zweig mit einem immensen Wachstums- potential. Die High-Tech-Strategie der Bundesregierung will ihre industrielle An- wendung verstärkt fördern, zugleich hat das Bundesministerium für Bildung und Forschung zahlreiche Förderprogramme initiiert, darunter „Systembiologie mit Mikroorganismen“ (Sysmo), „Funktionelle Genomforschung mit Mikroorganismen“ (GenoMik-Plus) und seit kurzem auch „Bioindustrie 2021“. A n allen diesen Programmen ak- tiv beteiligt ist das neu gegrün- dete Zentrum für Mikrobielle Biotechnologie am Forschungszentrum Jülich, das aus vier Instituten besteht: den zum Helmholtz-Forschungszentrum Jülich gehörenden Instituten für „Das, was wir tun, nennt man Weiße me, das sind Proteine, die innerhalb von Biotechnologie 1 (Direktor: Prof. Dr. Her- Biotechnologie“, erklärt Jaeger, „und lebenden Zellen sehr spezifische Reak- mann Sahm) und Biotechnologie 2 das bedeutet die Herstellung einer Viel- tionen katalysieren.“ Katalyse bedeutet (Direktor: Prof. Dr. Christian Wandrey); zahl unterschiedlicher chemischer Pro- dabei Beschleunigung: Eine prinzipiell sowie den beiden zur Heinrich-Heine- dukte mit Hilfe von Mikroorganismen. mögliche Reaktion läuft in Gegenwart Universität Düsseldorf gehörenden In- Unsere Werkzeuge sind dabei die Enzy- eines Katalysators deutlich schneller stituten für Molekulare Enzymtechno- logie (Direktor: Prof. Dr. Karl-Erich Jaeger) und Bioorganische Chemie (Direktor: Prof. Dr. Jörg Pietruszka). Jaeger kommt gut zwei Mal pro Woche nach Düsseldorf, immer rund eine Stunde Fahrt, doch er hat es noch nie bedauert, nicht direkt in der Uni zu sitzen. „Wir dürfen das Know-how, die Kooperationsmöglichkeiten und die Infrastruktur im Forschungszentrum Jülich nutzen, das hilft uns, internatio- nal mit zu mischen“, erklärt er. Jaeger beschäftigt sich mit Biokatalysatoren – und hat dabei einen Lehrstuhl inne, der schon seit Jahren hoch renommiert ist: Prof. Dr. Maria-Regina Kula war hier Lehrstuhlinhaberin, als sie 2002 den Zukunftspreis des Bundespräsidenten gewann. 8 Ausgabe 3 · 2006
Titel I ab, ohne dass sich der Katalysator selbst verbraucht. In jeder Zelle, so er- klärt Jaeger, sind Tausende von Kataly- satoren in Form von Enzymen vorhan- den. Sie bestehen aus Aminosäuren, die wie Perlen an einer Schnur aufgereiht sind. Zwanzig verschiedene „Aminosäu- re-Perlen“ werden immer wieder neu kombiniert, die Reihenfolge bestimmt das Aussehen und die Funktion des Endprodukts. Die Ketten können mehre- re hundert Aminosäuren lang sein, und erst die richtige Faltung ergibt ein funk- tionierendes Enzym. Oftmals müssen sich dazu sogar mehrere Ketten zusam- men lagern. Wenn die Enzyme in der Natur so gute Arbeit leisten, arbeiten die nicht auch im Reagenzglas? Kann man sie dann nicht auch in der Chemie, und so- gar in der Industrie nutzen? Dies ist prinzipiell möglich, aber die meisten Enzyme sind im Laufe der Evo- lution der Organismen für die Arbeit in ihrer natürlichen Umgebung optimiert worden. Deshalb müssen für biotechno- logische Anwendungen ständig neue Enzyme gefunden oder schon vorhan- Auch Alltagsgeschäft im ZMB: Bei der Genanalyse werden Gene in einzelne dene mit molekularbiologischen Metho- DNA-Abschnitte aufgetrennt. Das Muster ist charakteristisch für jedes Indivi- den optimiert werden. Bevor sie neue duum und ermöglicht Rückschlüsse auf Krankheiten. Enzyme verwenden können, müssen die Wissenschaftler diese zunächst identifi- Bakterium geholt werden, was nicht Er ist ein Experte auf dem Gebiet der zieren. Aber sie suchen nicht direkt ganz einfach ist, aber auch dafür haben Synthesechemie, befasst sich also mit nach den Enyzmen, sondern nach deren wir eine Lösung gefunden.“ der gezielten Umwandlung von Sub- DNA, die nicht nur in menschlichen und Ist das Enzym erst identifiziert, so stanzen. Pietruszka beschäftigt sich in tierischen Zellen, sondern auch in muss es noch gereinigt und seine Ei- erster Linie mit der Synthese von kom- Bakterien, im Boden oder im Wasser genschaften müssen untersucht wer- plexen Naturstoffen, speziell mit organi- millionenfach vorhanden ist. den; auch das wird am Institut für Mole- schen Verbindungen, die aus terrestri- „Nehmen Sie einen Kaffeelöffel voller kulare Enzymtechnologie erfolgreich schen oder marinen Quellen isoliert Dreck, dann haben Sie Millionen von Ge- durchgeführt. Aber welche Reaktionen wurden. nen“, macht Jaeger es anschaulich. Ge- interessieren denn nun den Chemiker, ne zu finden ist also recht einfach, doch für welche Zwecke will er die Enzyme wie finden die Wissenschaftler heraus, als Biokatalysatoren einsetzen? „Wenn wofür diese Gene kodieren? „Expressi- ich allein hier säße“, erklärt Jaeger, on“ lautet die Antwort, dahinter ver- „hätte ich an dieser Stelle ein Pro- birgt sich das Geheimnis, aus einem blem“ und weist dabei ins benach- Gen ein Protein zu machen. barte Gebäude, in dem das Insti- Diesen Prozess, dem Laien ebenso tut für Bioorganische Chemie der staunend wie verständnislos gegenüber Uni Düsseldorf untergebracht ist, stehen, fasst Jaeger mit einfachen Wor- das von Prof. Dr. Jörg Pietruszka ten so zusammen: „Man bringt die DNA geleitet wird. in einen lebenden Mikroorganismus ein, z.B. in das berühmte E. coli Bakterium, Auf Agar-Platten mit Nährme- und das macht dann aus der DNA ein dien können Bakterienstämme an- Enzym. Das muss dann wieder aus dem gezüchtet und isoliert werden. Ausgabe 3 · 2006 9
Titel I Drittmitteln finanziert. Genutzt werden sie gemeinsam von den Teams aus bei- den Instituten. Neben der Forschung ist für Pietrusz- ka der Kontakt zu seinen Studierenden besonders wichtig: „Wir wollen ein Stu- dium anbieten, dessen Inhalte später auch nachgefragt sind. Interdisziplina- rität ist gefordert und viele Studierende werden nach Abschluss des Studiums gerade in den wissenschaftlichen Grenzgebieten unterkommen.“ Teure Mit Enzymen und komplexen Biomolekülen beschäftigen sich die Wissen- Großgeräte sind nicht nur für die Wis- schaftler der Heinrich-Heine-Universität auf dem Gelände des Forschungszen- senschaftler hoch interessant, sondern trums Jülich, sie arbeiten eng mit den Jülicher Biotechnologen zusammen. bilden auch für die Ausbildung der Stu- Fotos: Forschungszentrum Jülich dierenden einen deutlichen Pluspunkt für Düsseldorfer Biologen und Chemi- In diesem Zusammenhang ist „Faszi- Häufig seien natürliche Wirkstoffe aber ker. „Wer beim Bewerbungsgespräch nation“ für ihn ein wichtiges Wort, faszi- viel zu komplex aufgebaut, um sie als sagt, dass er beispielsweise schon im nierend findet er neue Strukturen, de- Medikamente einzusetzen, berichtet Studium am Syntheseroboter gearbei- ren „Schönheit“, so Pietruszka wörtlich, Pietruszka: „Durch eine gezielte Modifi- tet hat, ist deutlich im Vorteil“, ist sich ihn interessiert und motiviert. kation können wir synthetisch einfacher Pietruszka sicher. Kennt man erst die Struktur der Ver- zugängliche Substanzen bereitstellen, bindungen, so können sie nachgebaut deren physiologische Eigenschaften wir Kontakt: und z.B. für die Medikamentenherstel- dabei gegebenenfalls noch verbessern.“ karl-erich.jaeger@fz-juelich.de lung gebraucht werden. Der Synthese- Hierfür stellt der Arbeitskreis Schlüssel- j.pietruszka@fz-juelich.de chemie komme bei Fragen wie der Be- bausteine – Ergebnisse umfangreicher völkerungsexplosion, der Bekämpfung Methodenentwicklung – zur Verfügung, von Krankheiten oder auch der Verbes- die flexibel den Aufbau auch modifizier- serung der Lebensqualität im Alter eine ter Naturstoffe ermöglichen sollen. wichtige Rolle zu, so Pietruszka: „Gera- „Und hier sind wir auch wieder thema- de durch gezielte Stoffumwandlungen tisch beieinander: Als Schlüsseltechno- können entscheidende Fortschritte in logie nutzen wir u.a. die Biokatalyse: der Medizin sowie in den Bio- und Mate- Ohne ,optimierte Enzyme’ wären wir rialwissenschaften initiiert werden.“ ziemlich aufgeschmissen.“ Natürlich ist Pietruszka arbeitet bevorzugt an der dies alles immer ein Geben und Neh- Synthese von Naturstoffen, die aus men, nicht-natürliche Substrate müssen Meeresorganismen stammen: Hier wer- genauso bereitgestellt und analysiert den häufig herausragende physiologi- werden wie die Biokatalysatoren, sche Eigenschaften beobachtet und so- Screeningsysteme müssen gemeinsam mit stellt sich die Frage, ob und vor Ort entwickelt werden. Prof. Dr. Karl-Erich Jaeger inwieweit der zu synthetisierende Stoff Diese problemlose Zusammenarbeit etwa in der Medizin eingesetzt werden auch mit anderen Wissenschaftlern im könnte. Derzeit gehen immerhin rund 61 Forschungszentrum Jülich, speziell je- Prozent aller neuen chemischen Struk- doch innerhalb des Zentrums für mikro- tureinheiten für Medikamente direkt bielle Biotechnologie, sieht Pietruszka oder indirekt auf Naturprodukte zurück. als großen Vorteil seines Arbeitsplat- Viele dieser Stoffe kommen nur in zes: So gibt es seit einigen Jahren einen äußerst geringen Mengen in der Natur Kolonie-Pickroboter QPix2 der Firma vor. „Hier ist die Synthese auch Kontroll- Genetix und einen Pipettier-Roboter element, das zur Strukturaufklärung TECAN-Workstation GENESIS mit inte- beiträgt. Denn: Aus einer Tonne Roh- griertem multifunktionalen Mikrotiter- material wird häufig deutlich weniger plattenphotometer Genios, Magnetse- als ein Gramm Produkt isoliert“. Somit parator und Vakuumstation. Die wird die Synthese aus ökonomischen zusammen gut 400.000 Euro teuren und ökologischen Gründen sinnvoll. Geräte hat Jaeger zum größten Teil aus Prof. Dr. Jörg Pietruszka 10 Ausgabe 3 · 2006
Titel II Katalysatoren: maßgeschneidert und passgenau Gemeinsame Ausgründung FZ Jülich und Heinrich-Heine-Universität VON VICTORIA MEINSCHÄFER Die Firma EVOcatal GmbH ist ein gemein- sames Kind der Heinrich-Heine-Univer- sität und des Forschungszentrums Jülich. Der Name, zusammengesetzt aus Evolu- tion und Katalyse, ist Programm: Hier werden maßgeschneiderte und weiterent- Foto: privat wickelte Mikroorganismen für die Bioka- talyse hergestellt und verkauft. Prof. Dr. Karl-Erich Jaeger, Prof. Dr. Werner Hum- mel und Dr. Thorsten Eggert (Institut für Das Gründerteam: Prof. Dr. Werner Hummel, Dr. Thorsten Eggert, Prof. Dr. Karl- Molekulare Enzymtechnologie) haben im Erich Jaeger (v.l.) September 2006 dieses Spin-off der Uni- Zellen.“ Viele Katalysatoren sind nach Die Analyse läuft dann zum großen versität gegründet. einem solchen Prozess verbraucht, eine Teil computergesteuert ab, ein Roboter Aufgabe von EVOcatal ist es deshalb, bereitet das Material so auf, dass den B iokatalysatoren bieten neue Möglichkeiten, um umweltscho- die Enzyme so zu verändern, dass sie Wissenschaftlern am Ende die DNA als nend Chemikalien herzustellen“, möglichst viele Prozess-Runden über- Träger aller Erbinformationen vorliegt. erklärt Dr. Thorsten Eggert, der Ge- stehen können. Wird beim Screening der passende Mi- schäftsführer des neu gegründeten Un- Woher bekommen die Chemiker in kroorganismus gefunden, so isolieren ternehmens. „Jede normale Zelle ist der Industrie die gewünschten Biokata- ihn die Forscher und züchten ihn weiter, voll mit Katalysatoren, die in der Zelle lysatoren? „Ganz einfach aus der alle anderen gefundenen Mikroorganis- alle Stoffwechsel-Vorgänge steuern; für Natur“, so Eggert. „Wir gehen raus, men frieren sie ein für weitere Suchpro- jeden einzelnen Schritt gibt es ein spe- nehmen eine Schippe voller Erde, voller gramme. So entsteht mit der Zeit eine zielles Enzym. Diese Enzyme können Dreck mit und haben Millionen von riesige Bibliothek voller Erbinformatio- nun auch für technische Prozesse ein- Mikroorganismen. Die können wir dann nen für möglicherweise nützliche Enzy- gesetzt werden.“ Den Kunden aus der alle daraufhin analysieren, ob sie viel- me, auf die immer wieder zurückgegrif- chemischen oder pharmazeutischen In- leicht die gewünschten Enzyme ent- fen werden kann. dustrie die gewünschten passenden Ka- halten.“ Gesucht wird allerdings nicht Was hat EVOcatal, was andere Bio- talysatoren zu beschaffen, ist das Ziel irgendwo, sondern da, wo man die technologiefirmen nicht haben? „15 bis von EVOcatal. benötigten Eigenschaften vermuten 20 Jahre Forschungsvorsprung“, ant- Ein Beispiel für biokatalytisch herge- kann. Werden etwa besonders hitzebe- wortet Eggert sofort, „wir bringen das stellte Produkte sind etwa chirale Alko- ständige Mikroorganismen benötigt, so komplette Wissen aus dem Institut mit hole, die als Vorstufen verwendet wer- kann man etwa in der Umgebung heißer in die Firma.“ den, um Cholesterinsenker herzustellen. Quellen suchen. „Diese auf konventionellem Wege zu produzieren ist schwierig“, erklärt Eg- Gründer- und Patentsprechstunde gert, „mit der Enzymtechnologie ist es Die Heinrich-Heine-Universität bietet zusammen mit der Wirtschaftsförderung dagegen kein Problem.“ Quasi über Düsseldorf und der Patentverwertungsagentur Provendis GmbH regelmäßig Bera- Nacht entstehen die gewünschten Pro- tungs- und Informationsgespräche für Hochschulwissenschaftlerinnen und -wis- dukte, „in einen Fermenter werden senschaftler zu allen Themen rund um „Unternehmensgründung, Erfindungen, Nährlösung und die Mirkoorganismen Copyrightfragen und Patente“ an. Die Gründer- und Patentsprechstunde findet gegeben, das sieht aus wie Apfelsaft einmal im Monat (immer donnerstags) zwischen 12 und 17 Uhr in den Räumen und am nächsten Morgen sieht es dann der Abteilung Forschungs- und Technologie-Transfer, Gebäude 16.11, Ebene 01, aus wie naturtrüber Apfelsaft“, erklärt Raum 26 statt. Eggert. „Das Produkt ist dann entweder Nächster Termin: 21. Dezember 2006. im Nährmedium selbst oder in den Es wird um Voranmeldung unter der Telefonnummer (0211) 81-13265 gebeten. Ausgabe 3 · 2006 11
Titel III Die Anlage Rückblick: Vor 50 Jahren wurde die KFA Jülich gegründet VON ROLF WILLHARDT Der Düsseldorfer Historiker Bernd Rusi- nek schrieb die Geschichte der Kernfor- schungsanlage (KFA) Jülich, des späteren Forschungszentrums. Die Vorgeschichte Fotos: Pressestelle Forschungszentrum Jülich A b 1955 wurden in der Bundesrepu- blik Deutschland die naturwissen- schaftlich-technischen Großforschungs- einrichtungen nach amerikanischen und britischen Vorbildern gegründet. Die ersten – Jülich, Karlsruhe und Geest- hacht – waren Atomforschungszentren, die auf dem Sektor der friedlichen Kernenergie-Nutzung den Anschluss an das Weltniveau ermöglichen sollten. Schließlich war es in der Bundesrepu- Aus den ersten Tagen: Baustelle der „Kernforschungsanlage Jülich“ 1956. Wo blik bis zum Mai 1955 offiziell untersagt, anfangs rheinische Ödnis zwischen Wald und Rübenäckern vorherrschte, ent- Kernforschung und –entwicklung zu stand mit den Jahren ein großflächiges, hochmodernes wissenschaftliches betreiben. Ziel: Den Rückstand gegen- Forschungszentrum von internationalem Rang. über den USA, Großbritannien und der Sowjetunion aufzuholen. Es galt, die Kräfte der Naturwissen- schen Monographien sollte die Ge- Die Rede vom „Rückstand“, die ein hi- schaften und der Industrie zusammen- schichte der einzelnen Einrichtungen storisches Verlaufsmodell enthält, präg- zuspannen. Eigentlich nichts Neues. Die erarbeitet werden. Das Göttinger Max- te sämtliche Verlautbarungen aus die- Grundidee führt zurück in die zweite Planck-Institut für Geschichte koordi- ser Gründerzeit der westdeutschen Hälfte des 19. Jahrhunderts, als der In- nierte das Projekt, das von den Großfor- Forschungszentren. Der Rückstand soll- dustrielle Werner von Siemens im Berli- schungseinrichtungen selbst initiiert te mit einer gezielten Zusammenfas- ner Zirkus Renz das „Naturwissen- worden war. sung der wissenschaftlichen Kräfte in schaftliche Zeitalter“ ausrief. Thomas Die Monographie über die größte die- einer Organisationsform überwunden Mann konstatierte für die 90er Jahre ser Einrichtungen, das Forschungszen- werden, wie sie während des Zweiten die Verwissenschaftlichung der Indu- trum Jülich, ehemals Kernforschungs- Weltkrieges im Zuge des amerikani- strie und die Industrialisierung der Wis- anlage Jülich (KFA), wurde 1994 von schen „Manhattan Project“, der Ent- senschaft. 1909 legte Adolf von der Philosophischen Fakultät der Hein- wicklung einer einsatzfähigen Atom- Harnack Kaiser Wilhelm II. die berühmte rich-Heine-Universität als Habilitations- bombe, entstanden war. Denkschrift zur Gründung einer Kaiser- schrift angenommen. Die Arbeit, Titel: Das friedlich gewendete „Manhattan Wilhelm-Gesellschaft zur Förderung der „Die Anlage“, wurde von dem damaligen Project“ entsprach einem Trend der un- naturwissenschaftlichen Forschung vor. Privatdozenten Dr. Bernd Rusinek (geb. mittelbaren Nachkriegszeit. Progressive 1955), Historisches Seminar VI, ver- Forschungspolitiker der 50er Jahre zer- fasst; er ist heute Professor in Freiburg. KFA als Forschungsobjekt Die Gründung der KFA Jülich im Jah- brachen sich keineswegs allein darüber die Köpfe, wie die Ordinarienuniversitä- ten zu „restaurieren“ waren. Sie forder- ten vehement neue Organisationsfor- D ie seit 1970 in einer Arbeitsgemein- schaft zusammengeschlossenen deutschen Großforschungseinrichtun- re 1956 erscheint im Rückblick als die größte forschungspolitische Kraftan- strengung des zu dieser Zeit industriell men in der Wissenschaft, nachdem die gen wurzeln in dieser wissenschaftshi- potentesten Bundeslandes. Die ehrgeizi- überkommenen entweder in der Ver- storischen Tradition. Die wiederum zum gen Ambitionen der nordrhein-westfäli- gangenheit versagt hätten oder den Gegenstand der Geschichtsschreibung schen Forschungspolitik waren hierbei Aufgaben für die Zukunft nicht gewach- wurde. 1986 entstand das Projekt „Ge- auf die gesamte Bundesrepublik gerich- sen schienen. schichte der Großforschung“. In histori- tet. Da aber hob die Bundesregierung 12 Ausgabe 3 · 2006
Titel III 1956 das Kernforschungszentrum Karls- gen Besatzungsmacht Großbritannien, Verbindung von Sozialdemokratie und ruhe aus der Taufe. Die zwischen bei- wogegen die gesamte übrige bundes- Kernenergie eine bemerkenswerte Ehe. den Zentren entstehende Konkurrenz deutsche Reaktorforschung und –ent- Auf Leo Brandts Initiative hin entstand wurde für die Geschichte der KFA kon- wicklung Amerika-orientiert war. nahe Jülich um zwei britische For- stitutiv. Sie setzte sich in den beiden schungsreaktoren herum ein Kranz von nuklearen Großprojekten fort: dem Instituten, die all das wissenschaftlich SPD und Kernenergie Schnellen Brüter (Karlsruhe) und dem bearbeiten sollten, was in der Zeit der Jülicher Thorium-Hochtemperatur-Re- aktor (THTR), einer Weiterentwicklung des Kugelhaufenreaktors (in den Quel- D ie NRW-Forschungspolitik konnten in den 50er und zum Teil noch in den 60er Jahren des 20. Jahrhunderts „Atomeuphorie“ ab 1955 die „Zweite In- dustrielle Revolution“ zu versprechen schien: neben Reaktorentwicklung und len auch als „Kartoffelhaufenreaktor“ mit einem Mann fast identifiziert wer- Plasmaphysik auch Biologie und Land- bezeichnet), den eine Gruppe kommu- den: dem sozialdemokratischen Ingeni- wirtschaft sowie die Entwicklung nuklea- naler Elektrizitätsversorgungsunterneh- eur-Politiker Leo Brandt (1909 bis 1971), rer Flugzeugtriebwerke. Diese themati- men unter der Führung der Stadtwerke ehemals Mitarbeiter bei der Entwick- sche Vielfalt erleichterte der KFA später, Düsseldorf ab 1958 in Jülich errichten lung der V2 und der Funkmess-Geräte als in der Öffentlichkeit die atomeupho- ließ. Anfänglich war übrigens als ein der Wehrmacht. Er brachte die Bundes- rische Gemütslage in eine atomgegneri- alternativer Standort auch Düsseldorf SPD auf ihrem Parteitag von 1956 sche umschlug, die Diversifizierung. vorgesehen, am Rhein, in der Nähe der auf Atomkurs. Die Gründung der KFA Die Institute wurden aus den Univer- heutigen Universität. Köln-Königsforst Jülich, deren „Vater“ und „Trommler“ sitäten des Landes heraus als Arbeits- stand ebenfalls zur Debatte. (Rusinek) er ist, war der konsequente gruppen aufgebaut. Somit blieb die Prägend für die frühe Geschichte der Versuch, das sozialdemokratische Kern- enge Verbindung zu den NRW-Hoch- KFA wurden die nordrhein-westfäli- energie-Programm zu verwirklichen. schulen erhalten, die schließlich zum schen Sonderbeziehungen zur ehemali- Von heute aus betrachtet erscheint die „Jülicher Modell“ führte. Baubeginn der Reaktoren MERLIN und DIDO. Anders als an den übrigen Atomstandorten in der Bundesrepublik, setzte die KFA in der Anfangsphase nicht auf amerikanisches Know-how in der Atomtechnik, sondern orientierte sich an der ehemaligen Besatzungsmacht Großbritannien. Ausgabe 3 · 2006 13
Titel III Kampf gegen Bürokratie D ie Anfangsphase der KFA war die hohe Zeit eines bestimmten hemdsärmeligen Akteurstyps, der sich um Formalitäten wenig kümmerte. Sie endete, als sich Strukturen gebildet hat- ten, mit denen dieser Typ des Ingeni- eur-Akteurs nicht umzugehen verstand. Das traditionsreiche mentale Gegen- satzpaar Ingenieur-Jurist war auch bei der Gründung der KFA von großer Be- deutung. Die für die Aufbauphase charakteri- stischen Kämpfe zwischen „der Anlage“ und den verschiedenen Administrati- onsebenen in Land und Bund zeigen, wie unendlich schwer es bereits in den 50er Jahren war, gegen die „Bürokra- tie“ und die etablierten wissenschaftli- chen Organisationen eine neue Institu- tion durchzusetzen. Es gab endlose Standortquerelen, Fallstricke, Intrigen. Häufig verbargen sich unter einem Die große Politik war und ist oft zu Gast in Jülich: Der „Vater der Anlage“, Leo Schleier von Verfahrensrationalität und Brandt (links), im Gespräch mit Bundespräsident Heinrich Lübke bei dessen juristischer Bedenklichkeit Referenten- Besuch 1968. Eigensinn, Eitelkeit, Terrainstil, persönli- che Abneigungen und Vorlieben als gieverknappung unmittelbar bevorstün- An der Geschichte der KFA ist genau treibende Kräfte, stellt Rusinek in sei- de. Die Kernenergie, insbesondere das zu studieren, wie sich die allgemeine ner Arbeit fest. „Brüten“ und am Horizont die Kernfusi- Einstellung der Öffentlichkeit gegen- Die Etablierung der KFA als wissen- on, schienen eine unerschöpfliche Ener- über der Kernforschung sowie der schaftliche Institution gelang letztlich giequelle zu sein, geeignet, das deut- Naturwissenschaft überhaupt allmäh- nur deshalb, weil die „Politik“ in eine Si- sche Wirtschaftswunder auf Dauer zu lich wandelt, stellt Rusinek fest. Man tuation manövriert wurde, aus der sie stellen. verfolgte die nukleare Kontroverse nicht mehr heraus konnte, ohne bun- „Ängste“, schreibt Ernst Jünger, „ha- zunächst verwundert, dann besorgt, des- und europaweit an Prestige zu ver- ben ihre Moden.“ Betrachtet man die schließlich mit dem Rücken zur Wand. lieren. Geschichte der Kernenergie-Akzeptanz „Öffentlichkeit – heute ein vierter wich- Die KFA war zunächst ein rein nord- von der Epiphanie- zur Gott-sei-bei-uns- tiger Partner neben Wissenschaft, Wirt- rhein-westfälisches Vorhaben. Ab 1968 Phase, so stößt man auf eine Geschich- schaft und Staat“, hieß es 1971. Eine beteiligte sich der Bund offiziell an der te der Generationen. Art symbolischer Endpunkt war 1977 Anlage. Heute finanziert er das For- Den Vätern wurde vorgeworfen, sie erreicht, als ein KFA-Physikprofessor schungszentrum zu 90 Prozent, 10 Pro- hätten ihre wissenschaftlichen Fähig- dem Bundesinnenministerium vertraulich zent kommen vom Land NRW. keiten in den Dienst des Hitler-Regimes mitteilte, er sei nicht bereit, an einer ge- gestellt, vielleicht sogar im „Uran-Ver- planten Diskussionsveranstaltung teil- ein“ mitgearbeitet. Sie glaubten, mit zunehmen: Er hatte „physische Angst“ Nukleare Kontroverse der Beteiligung an der friedlichen Kern- vor einem prominenten und als „gewalt- W ie konnte es zugehen, dass gera- de die zivile Nutzung der Kernen- ergie als der Bereich angesehen wurde, energienutzung könnten sie sich das Kainsmal der Todesphysik von der Stir- ne reißen. tätig“ geltenden Kernkraftgegner, sei- nes Zeichens Physikprofessor an einer norddeutschen Reform-Universität. der eine grundstürzende Modernisie- Die anti-Kernkraft-bewegten Töchter rung der Gesellschaft einleiten und die und Söhne hefteten ihnen dieses Mal „Jülicher Akzeptanz“ Re-Integration Deutschlands in den wieder an, indem entweder argumen- Kreis der friedlichen Völker her- beiführen sollte? In den 50er Jahren wurde allgemein tiert wurde, die Reaktoren seien Mord- maschinen, oder, die Väter hätten oh- nehin nichts anderes vorgehabt, als D ieses gewandelte Akzeptanzge- schehen betrifft die große Linie. „Vor Ort“ dagegen, an Standorten, die befürchtet, dass eine dramatische Ener- Atombomben zu bauen. für Kernforschungseinrichtungen und 14 Ausgabe 3 · 2006
Titel III Reaktoren in Aussicht genommen wor- Es gibt wesentlich komplizierter auf- geprägte Arbeitsverständnis der Alt- den waren, hat es stets Proteste der Be- gebaute physische Organismen als Dro- Jülicher war die Tätigkeit in der KFA, – völkerung gegeben. Um so erstaunter sophila; es gibt wesentlich schwerer zu keine Arbeit. Dass „auf’m Atom“ nicht waren die Verantwortlichen über die durchschauende soziale Organismen als gearbeitet würde, war die feste Mei- große „Jülicher Akzeptanz“. die Stadt Jülich. nung vieler Alt-Jülicher. Zunächst waren die Erwartungen Aber wie vom Vererbungsgeschehen Die Frage, was soziologisch geschehe, Jülichs, der meistzerstörten deutschen der Drosophila auf höher organisierte wenn im Nahbereich einer kleineren, Stadt im Zweiten Weltkrieg, in deren Organismen geschlossen werden konn- schwach entwickelten Stadt ein großes Trümmern Churchill sich stolz fotogra- te, erlaubt die Analyse Jülichs, auf das Forschungszentrum mit Tausenden von fieren ließ, eine Wiederholung der Kommunikationsgeschehen und seine in diese Stadt ziehenden Mitarbeitern Atomeuphorie im Kleinen. Militärische soziale Vernetzung in größeren, un- errichtet wird, nimmt in Rusineks Buch Opferlandschaft seit Jahrhunderten, übersichtlicheren und in ihrer Konflikt- über die Geschichte der „Anlage“ wollte die Stadt nun ein Zentrum fried- landschaft vielgestaltigeren Städten großen Raum ein. Die Untersuchung be- licher Aktivitäten werden. Der Plan, schließen zu können. Daher wurden schränkt sich dabei nicht auf Jülich, in der Jülicher Zitadelle eine „Atom- namhafte Vertreter der Soziologie sondern zieht vergleichbare Situationen schule“ zu errichten, war Ausdruck schnell auf die Jülicher Vorgänge auf- anderer Forschungszentren heran. dieses Wunsches. merksam. Bekanntlich war die Fruchtfliege Dro- Durch die KFA-Neubürger änderten sophila wegen ihrer schlichten Struktur sich in Jülich die konfessionellen und Literatur: und der Möglichkeit, auf komplexere schließlich die politischen Verhältnisse. Bernd-A. Rusinek: Das Forschungszen- Vorgänge schließen zu können, für Ge- Jülich galt als Stadt der Dachdecker, trum. Eine Geschichte der KFA Jülich nerationen von Biologen der ideale For- und viele Jülicher Handwerker verdien- von ihrer Gründung bis 1980. Campus- schungsgegenstand. Ein solcher „Dro- ten sich während der Rübenkampagnen Verlag, Frankfurt/New York 1996 (Stu- sophila-Effekt“ stellt sich auch bei der ein Zubrot in der Zuckerfabrik. Das war dien zur Geschichte der deutschen Untersuchung des Verhältnisses zwi- schwere Arbeit, und für das davon Großforschungseinrichtungen, Band 11). schen der Stadt Jülich und der KFA ein. Zwar ist Jülich keine typische Stadt Das Forschungszentrum Jülich GmbH ist eine der größten Forschungseinrichtun- für Nordrhein-Westfalen oder die Bun- gen in Europa und hat 4.400 Beschäftigte. Sie arbeiten in den Disziplinen Physik, desrepublik, aber die innerstädtischen Chemie, Biologie, Medizin und in den Ingenieurswissenschaften. Gesellschafter Konflikte besitzen den Komfort der sim- sind die Bundesrepublik Deutschland zu 90 Prozent und zu zehn Prozent das plen Inszenierung. Land Nordrhein-Westfalen. Das Forschungszentrum ist eines von 15 Helmholtz- Schlicht die soziale Struktur bis in die Forschungszentren in Deutschland. 50er Jahre hinein, säuberlich unter- 1956 wurde das Forschungszentrum als Atomforschungsanlage, später als Kern- scheidbar die Alt- und die KFA-Neubür- forschungsanlage auf- und ausgebaut. Die Umtaufe in „Forschungszentrum ger, ohne Probleme auseinander zu hal- Jülich“ 1990 signalisierte eine Weichenstellung zu den Schwerpunkten Materie, ten die Interessen hinter den beiden Energie, Information, Leben sowie Erde und Umwelt. Pro Jahr arbeiten über großen Parteien CDU und SPD: In der 700 Gastwissenschaftler aus 50 Ländern in Jülich. SPD formulierten die KFA-Neubürger ih- Die lukrativste Entdeckung in der Geschichte der KFA war der Riesen-Magneto- re Interessen an einer Modernisierung Widerstandseffekt im Jahr 1988. Die Entdeckung des Physikers Peter Grünberg der Verhältnisse in Jülich; in der CDU hatte den Durchbruch zu Gigabyte-Festplatten gebracht. Die Technik findet sich in wehrten sich die Alt-Jülicher gegen mehr als 90 Prozent aller produzierten Festplatten. Die Lizenznehmer des Patents einen allzu schnellen Wandel. bescherten dem Forschungszentrum Einnahmen in zweistelliger Millionenhöhe. Moderne Büro- und Produktionsflächen Konferenzzentrum Bergisches Land ab 20 m2 und der Nähe zu 50 innovativen Unterneh- Flexibel gestaltbare Konferenzflächen mit men im ansprechenden Gewerbepark der TFR GmbH Ausstattung von Flip-Chart bis Beamer Tel.: 0 2191/9 00-0 Technologie-Fabrik Remscheid info@tfr.de · www.tfr.de Berghauser Str. 62 · 42849 Remscheid Ausgabe 3 · 2006 15
Campus 30 Jahre Zeitzeuge studentischen Lebens Studentenwerk verabschiedet langjährigen Geschäftsführer VON KERSTIN MÜNZER BaFöG, Mensen, Wohnheime: In zentraler Funktion leitete Dipl.-Kfm. Manfred Losen mit Engagement und beachtlichem Erfolg das Studentenwerk, zuständig für die soziale, wirtschaftliche, gesundheitliche und kulturelle Förderung der Studieren- den an den vier Düsseldorfer Hochschulen und der Hochschule Niederrhein in Krefeld und Mönchengladbach. Foto: Wilfried G. Neuse A ls Losen 1977 die Geschäfts- führung übernahm, hatte das Studentenwerk lediglich 166 Mitarbeiter und betreute vier Mensen, vier Cafeterien und sechs Wohnanla- gen. Bis heute ist es zu einem Unter- Bei der Verabschiedung am 20. September (v. l.): Frank Zehetner, Manfred nehmen mit über 330 Mitarbeitern, Losen und Rektor Prof. Dr. Dr. Alfons Labisch sechs Mensen, elf Cafeterien, achtzehn Wohnanlagen, zwei Kindertagesstätten en tätig. Von 1978 bis 2006 als Leiter arbeitete er von 1989 bis 2003 in einem und einem Jahresumsatz von über 12 des Arbeitskreises der Gastronomiebe- großen Druck- und Verlagshaus sowohl Millionen Euro herangewachsen. Sein triebe der Studentenwerke NRW und im kaufmännischen als auch techni- letztes erfolgreiches Projekt war die von 1989 bis 1999 als Vorsitzender des schen und verlegerischen Bereich. 1997 umfangreiche Mensasanierung, die im Mensaauschusses im Deutschen Stu- wurde er zum Geschäftsführer berufen. Juni dieses Jahres nach über zweijähri- dentenwerk. Daneben engagiert sich Von 2004 bis März 2006 war er als ger Bauphase abgeschlossen werden Losen seit 1977 für die Darlehenskasse selbstständiger Berater im Druck- und konnte (siehe MAGAZIN 2/2006). der Studentenwerke NRW; 1988 über- Verlagsbereich, der Chemiebranche Manfred Losen wurde 1941 in Bitburg nahm er die Position des stellvertreten- sowie im Energieversorgungsbereich geboren. Nach dem Abitur im Jahre den Vorsitzenden des Vorstandes und tätig. Zehetner ist Mitglied im Auf- 1962 machte er eine Lehre zum Indu- 1998 wurde er zum Vorstandsvorsitzen- sichtsrat einer großen Aktiengesell- striekaufmann. Von 1967 bis 1972 stu- den ernannt. schaft im Energieversorgungsbereich. dierte er an der Universität Köln Be- Dank seines fast 30-jährigen Enga- Seine Arbeitsschwerpunkte liegen in triebswirtschaftslehre und besuchte gements konnte das Düsseldorfer Stu- den Bereichen Rechnungswesen, Per- zeitgleich die Werbefachliche Akademie dentenwerk in seinem Zuständigkeits- sonal, Organisation und strategisches und Rheinisch-Westfälische Werbefach- bereich beachtliche Leistungssteigerun- Management. Zehetner ist verheiratet schule Köln als Abendschule. Im An- gen erbringen, besonders im Ausbau und hat zwei Kinder. schluss arbeitete er als Produkt- und der Gastronomieeinrichtungen, Erwei- stellvertretender Vertriebsleiter in der terung der Wohnanlagen und der Schaf- Kontakt Industrie. 1975 wurde Losen zum stell- fung von Kindertagesstätten. Studentenwerk Düsseldorf vertretenden Generalsekretär des Deut- Die Nachfolge hat am 1. September Presse- und Öffentlichkeitsarbeit schen Studentenwerks in Bonn ernannt. Diplom-Volkswirt Frank Zehetner ange- Kerstin Münzer Nach zweijähriger Tätigkeit in dieser treten. Zehetner, 1960 in Wiesbaden ge- Universitätsstraße 1 Position übernahm er 1977 die Stelle boren, studierte nach seiner Lehre zum 40225 Düsseldorf des Geschäftsführers im Studentenwerk Industriekaufmann von 1981 bis 1989 Tel. 0211 81-13314 Düsseldorf. Neben seiner täglichen Ar- Volkswirtschaft an der Johannes Guten- Fax 0211 81- 11399 beit war Losen in verschiedenen Gremi- berg-Universität Mainz. Im Anschluss muenzer@studentenwerk-duesseldorf.de 16 Ausgabe 3 · 2006
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