MBZ - Standes politik im Wandel

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MBZ - Standes politik im Wandel
MBZ
                                                          07/08 2017

Mitteilungsblatt Berliner Zahnärzte

                                                Senatorin Kolat
                                       und der Kammervorstand
                                                  im Interview

                                      Standes­
                                       politik
                                         im
                                       Wandel
MBZ - Standes politik im Wandel
Aus der Redaktion

                                                                                    10

Liebe Leserinnen, liebe Leser,                                         •   Auch in seinem Leitartikel auf Seite 6 erläutert Dr. Karsten Hee-
                                                                       gewaldt am Beispiel der Validierung, wie die Politik in den Praxis­
                                                                       alltag eingreift und wendet sich strikt gegen eine staatliche Gänge-
seit Anfang Dezember ist der neue Berliner Senat im Amt, seit          lung der Zahnarztpraxen.
Anfang Februar der neue Vorstand der Zahnärztekammer Berlin.
Gerade hat Ende Juni der Berliner Senat den Entwurf des neuen
Berliner Heilberufekammergesetzes verabschiedet. Ende Septem-
                                                                       •  Der Fokus der höchsten Gremien der KZV Berlin und der Zahn-
                                                                       ärztekammer Berlin lag diesmal auf Wissenschaft und Fortbildung.
ber sind wir zur Wahl zum Deutschen Bundestag aufgerufen. Ob           Die Vertreterversammlung der KZV diskutierte mit den Professoren
auf europäischer, Bundes- oder Landesebene, überall stehen poli-       Dommisch und Dörfer die aktuelle Situation zur Parodontitisthera-
tische Entscheidungen ins Haus, die letztlich den Alltag jeder Zahn-   pie. In der Delegiertenversammlung der Zahnärztekammer bildete
arztpraxis in Berlin betreffen werden.                                 der positive Jahresbericht des Philipp-Pfaff-Instituts einen Schwer-
                                                                       punkt. Wir berichten ab Seite 18.
Anlass genug nachzufragen: Wie sind die Positionen der neuen Se-
natorin für Gesundheit, Pflege und Gleichstellung, Dilek Kolat, zu
aktuellen Themen, die den Berliner Zahnärztinnen und Zahnärzten
                                                                       •  Zwei Zahnärztinnen aus Hamburg und Berlin erzählen ab Seite
                                                                       52 von ihren Erfahrungen in Fortbildungen des Philipp-Pfaff-Insti-
unter den Nägeln brennen. Und welche Pläne haben die Mitglie-          tuts, von Hypnose und Kommunikation bei der zahnärztlichen Be-
der des neuen Kammervorstands für ihre Amtszeit?                       handlung sowie von einem praktischen Endo-Kurs.

Zwei Schwerpunkte werden deutlich. Das neue Kammergesetz
möchte den Patienten in den Mittelpunkt stellen, der Kammervor-
                                                                       •BZÄK-Ausschuss
                                                                          Das Mutterschutzgesetz wurde novelliert und war Thema im
                                                                                       Beruflicher Nachwuchs, Familie und Praxisma-
stand seinen Service für die Berliner Zahnärztinnen und Zahnärzte      nagement. Von der Tagung berichten wir auf Seite 30 und infor-
weiter ausbauen. Lesen Sie die Interviews ab Seite 10.                 mieren auf Seite 59 über die wichtigsten Änderungen, die alle An-
                                                                       gestellten, ob Zahnärztin oder ZFA, in den Praxen betreffen.
Darüber hinaus dokumentieren wir ab Seite 28 die gesundheits-
politischen Perspektiven, die die Bundeszahnärztekammer für die        Einen erquicklichen Sommer
nächste Legislaturperiode auf Bundesebene einfordert: pro Pati-        und eine anregende Lektüre wünscht
ent, pro Kollegen, pro Gesellschaft.
                                                                       Stefan Fischer

                                                                                                                     MBZ 07/08 2017            3
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Inhalt

                                                                                                                                        Foto: BMG / Schinkel
                                                               Foto: KZV Berlin
                                                                                        28

                                                                                        Beruf & Politik
                                                                                        Vertreterversammlung der KZV Berlin             18
                                                                                        eGk-Produktivbetrieb                            20
                 26                                                                     Delegiertenversammlung der ZÄK Berlin           22
                                                                                        Minamata-Übereinkommen verabschiedet            24
                                                                                        Digitalisierungs-Konzepte                       25
                                                                                        Der KZV-Vorstand unterwegs                      26
                                                                                        Gesundheitspolitische Perspektiven der BZÄK     28
                                                                                        Mutterschutz im Fokus                           30

                 A
                  us der Redaktion                       3                             Zahnmedizin
                                                                                        Hypnose und Kommunikation                       52
                 L
                  eitartikel                             6                             Endo-Revision ohne Mikroskop                    53
                                                                                        Kursangebot des Philipp-Pfaff-Instituts         54
                 M
                  eldungen                               8                             Dienstagabend-Fortbildung der Zahnärztekammer   56
                                                                                        Fortbildung der BG Paro                         56
                 T
                  hema                                                                 Seminar der DLG Gesundheit                      56
                 Standespolitik im Wandel                                               Herbstsymposium 2017                            58
                 Interview mit Senatorin Kolat            10                            Alte Pfaff-Kataloge gesucht                     58
                 Interview mit dem Kammervorstand         13                            Zahnmedizin barriereärmer                       78

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4   MBZ 07/08 2017
MBZ - Standes politik im Wandel
Inhalt

                                                     Foto: alice photo - fotolia.com
59

Recht
Neues Mutterschutzgesetz                    59

GOZ & BEMA
GOZ-Workshops erfolgreich gestartet         60

                                                                                                                                                        Foto: KZV Berlin
Berechnung einer Implantatabdeckung         60
Doppelabrechnung                            61
Heilmittel-Richtlinie Zahnärzte             61
                                                                                           64
Praxis & Team
Zahnärztliche Händehygiene                  62
Abnahmeprüfung für DVT-Bestandsgeräte       64
Urlaubsvertretung                           64

Amtliches
Prüfungstermine Oralchirurgie               65                                              Panorama
Prüfungstermine Kieferorthopädie            65                                              Seniorenfahrt nach Wittenberg                       71
Prüfungstermine für ZFA                     66
Entschädigungsregelung für                                                                  Kalender
FZP-Aufstiegsfortbildung                    67                                              Deutscher Zahnärztetag                              78
Kammerbeitrag                               67                                              Brandenburgischer Zahnärztetag                      78
Sitzungstermine des Zulassungsausschusses   68
Delegiertenversammlung der ZÄK Berlin       68                                         	Rubrik-Anzeigen                                        72
Vertreterversammlung der KZV Berlin         68                                           Impressum                                              75
Neuzulassungen im Juni                      70                                           Ansprechpartner                                        77

                                                                                                                                              Anzeige

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                                                                                                                          Otto
     Praxiswertermittlung
 Praxiswertermittlung                                                                                      Olaf Steingräber
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 Kauf-  undund  Mietvertragsabwicklung
              Mietvertragsabwicklung
                                                                                                             Olaf Steingräber
     Vermittlung von Kaufinteressenten                                                                      Volker Schorling
 Vermittlung von Kaufinteressenten
     Unterstützung bei Vertrags-
 Unterstützung bei Vertrags-
      Arztsitzausschreibungen
  Arztsitzausschreibungen
                                                                                                                                 FAB
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    Praxiskooperation                                                                                        medizinische
                                                                                                   Giesebrechtstraße        Berufe
                                                                                                                     6 • 10629      oHG
                                                                                                                               Berlin
 Praxiskooperation
   Job-Sharing Partnerschaften                                                                     Giesebrechtstraße     6 • 213
                                                                                                      Tel.: 213 90 95 • Fax:  10629  Berlin
                                                                                                                                  94 94
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                                                                                                                    info@fab-invest.de
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                                                                                                                          MBZ 07/08 2017                           5
MBZ - Standes politik im Wandel
Leitartikel

    Pläne des Gesetzgebers
    Gegen eine staatliche Gängelung der Zahnarztpraxen

    Liebe Kolleginnen und Kollegen,

    seit nunmehr gut vier Monaten ist der neue Vorstand dank Ihres         re Aufbereitungsmaschinen eingelegt, die bestätigen sollen, dass
    Vertrauens bei der Kammerwahl im Amt, und seit dem zweiten Ju-         die angegebenen Temperatur- und Vakuumdaten auch der Rea-
    ni-Wochenende liegt die erste Klausurtagung hinter uns. Alle Vor-      lität entsprechen. Das ist Otto Normalbürger nicht verständlich zu
    standsmitglieder sind in ihrem neuen Bereich gut eingearbeitet. Wir    machen. Und um noch einen draufzusetzen, werden drei Durch-
    schauen nach vorn und sind für die Interessen der Zahnärzteschaft      gänge dieser Leistungskontrolle verlangt. Die Kammer steht zurzeit
    gut aufgestellt. Dafür zu kämpfen, lohnt sich und ist aktuell mehr als in Verhandlungen mit dem Landesamt für Gesundheit und Sozi-
    erforderlich. Denn die Pläne der staatlichen Seite bedrohen unse-      ales (LAGeSo), um ein alternatives Verfahren genehmigt zu be-
    re Selbstverwaltung und damit die Praxis jedes einzelnen Kollegen.     kommen. Das würde einen Durchgang bei der Leistungskontrolle
    So stellt das Anfang März in Kraft getretene sogenannte „Selbst-       beinhalten und nach Untersuchungen vieler Validierungen in der
    verwaltungsstärkungsgesetz“ eine Gefahr für Kammer und KZV             Vergangenheit eine ebenso hohe Qualität garantieren. Für die Pra-
    dar. Der Name an sich ist schon eine euphemistische Perversi-          xis hieße das, die Kosten und die Praxisausfallzeit würden enorm
    on. Möchten doch das Bundesgesundheitsministerium und die              reduziert.
    Gesundheitsverwaltungen der Länder das genaue Gegenteil:               Drücken Sie uns bei den Verhandlungen die Daumen, denn ein
    die Selbstverwaltung schwächen und direkt Einfluss z. B. auf           kammereigener Validierungsdienst ist – wie unser bewährter Q-
    unser Haushaltsrecht nehmen. Dabei handelt es sich nicht etwa          BuS-Dienst – immer besser auf die Bedürfnisse unserer Praxen
    um öffentliche Steuern, die wir für uns investieren, sondern um        eingestellt als private Unternehmen auf dem Markt, die derzeit die-
    die Gelder unserer Mitglieder für unsere Mitglieder. Doch es           se Aufgabe übernehmen.
    passiert immer häufiger, dass die Senatsverwaltung bei ureige-         Ständig ansteigende Hygienestandards müssen wir nur deshalb
    nen Aufgaben der Kammer ein Mitspracherecht einfordert und             ertragen, weil in anderen Medizinbereichen wie den Krankenhäu-
    versucht, unsere inhaltliche Ausrichtung mitzubestimmen.               sern oft hygienische Mängel offenbar werden. Unsere Zahnarzt-
                                                                                                                       praxen werden hier in
                                                                                                                       eine Gesamthaftung ge-
                                                                  Wir werden für
    Foto: ZÄK / Titze

                                                                                                                       nommen, obwohl unser
                                                         Hygienemängel anderer                                         kammereigener Q-BuS-
                                                                                                                       Dienst durch engagierte
                                                   in Gesamthaftung genommen,                                          Mitarbeiter einen aner-
                                                       obwohl der kammereigene                                         kannt hohen Hygiene-
                                                                                                                       standard erreicht hat.
                                                    Q-BuS-Dienst einen anerkannt                                       Unsere Zahnarztpraxen
                                                             hohen Standard hat.                                       sind gut aufgestellt und
                                                                                                                       werden trotzdem wei-
                                             Ein Beispiel hierfür ist eine ter gegängelt. Begehungen durch das LAGeSo bringen neue Unru-
                                             eigene Validierungsstelle,    he in unsere Praxen. Doch unser Q-BuS-Dienst hat sich im neuen
                                             die die Zahnärztekammer       Zyklus, der im nächsten Jahr beginnt, zum Ziel gesetzt, die Praxen
                                             Berlin im Referat Praxisfüh-  für diese Begehungen fit zu machen. Wir werden diese Anforderun-
                                             rung gründen möchte. Diese    gen vorstellen, um damit den Inhabern und Mitarbeitern ihre Sor-
    Dr. Karsten Heegewaldt,
    Präsident der Zahnärztekammer Berlin
                                             stößt derzeit auf Widerstän-  gen zu nehmen.
                                             de in der Gesundheitsver-     Liebe Kolleginnen und Kollegen, Kammerarbeit lohnt sich für uns
                                             waltung – und auch Senato-    alle. Ich verspreche Ihnen, dass der Vorstand immer für die Inter-
    rin Kolat äußert sich dazu im Interview mit dem MBZ (Seite 10) leider  essen der Berliner Zahnärzteschaft eintreten wird, auch wenn uns
    nur vage. Neben dem Qualitätsmanagement, Betriebsärztlichen und        der Wind zurzeit ins Gesicht bläst. Wir sind für Sie da!
    Sicherheitstechnischen Dienst (Q-BuS-Dienst) soll die Validierung un-
    sere Praxen auf sicherem Weg durch den aufgrund neuer Gesetze im       Herzliche Grüße
    Hygienebereich immer dichteren Bürokratiedschungel führen.             Ihr
    Denn es reicht leider nicht, wenn ein gewarteter Sterilisator fehler-
    frei arbeitet und wir mit unserem Teststreifen in der Helix nachwei-
    sen, dass er auch wirklich funktioniert. Die Richtlinien des Robert-
    Koch-Instituts fordern einen weiteren Funktionsnachweis – die
    Validierung. Bei der Validierung werden Fremdmessgeräte in unse-       Karsten Heegewaldt

6   MBZ 07/08 2017
MBZ - Standes politik im Wandel
Meldungen

    Deutscher Ärztetag                                                      Finanzergebnisse der Krankenkassen
    Gesundheitsunterricht                                                   GKV-Reserven steigen
    an Schulen gefordert                                                    auf 25 Milliarden Euro

    D                                                                       D

                                                                                                                                            Foto: Jakub Krechowicz- Fotolia.com
               er 120. Deutsche Ärztetag in Freiburg hat eine frühzeiti-               ie Gesamt-
               ge Förderung der Gesundheit und der gesundheitlichen                    reserven in
               Kompetenzen im Kindes- und Jugendalter gefordert.                       der gesetzli-
    „Kinder und Jugendliche sollen körperliche und seelische Prozes-        chen Krankenversiche-
    se besser verstehen und Kenntnisse sowie die Motivation zu einer        rung (GKV) sind auf
    gesundheitsförderlichen Lebensführung erlernen“, heißt es in ei-        25 Milliarden Euro ge-
    ner Entschließung des Ärzteparlaments.                                  stiegen. Sie setzen sich
    Um dieses Ziel zu erreichen, schlägt die Ärzteschaft vor, gesund-       aus den Reserven der
    heitsrelevante Themen in die Ausbildung von Lehrern und Erzie-          Krankenkassen in Höhe von 15,9 Milliarden Euro und den Mitteln
    hern sowie in die schulischen Lehrpläne aufzunehmen. Denkbar            im Gesundheitsfonds in Höhe von 9,1 Milliarden Euro zusammen.
    seien projektbezogener Unterricht, eigene Unterrichtseinheiten so-      Demnach erwirtschafteten die Kassen im vergangenen Jahr einen
    wie ein eigenes Schulfach. An allen Schulen sollte im Lehrplan das      Überschuss von 1,38 Milliarden Euro: 224,15 Milliarden Euro an Ein-
    Fach „Gesundheit und Prävention“ ab der ersten Jahrgangsstufe           nahmen standen Ausgaben von 222,77 Milliarden Euro gegenüber.
    bis zum Schulabschluss eingeführt werden. Der Ärztetag forder-          2015 hatten die Krankenkassen noch ein Minus von 1,13 Milliarden
    te die Kultusministerkonferenz dazu auf, die entsprechenden Rah-        Euro zu verzeichnen. Der Gesundheitsfonds schloss 2016 mit einem
    menbedingungen zu schaffen.                                             Minus von rund 865 Millionen Euro ab, verfügte allerdings zum Jah-
                                                                            resende noch über Finanzreserven in Höhe von 9,1 Milliarden Euro.
    PM BÄK
                                                                            PM BMG

    Jugend forscht
    Marburger erfinden                                                      Zahncremes im Test
    Zahnarzt-Lampe                                                          Billig putzt am besten

    D                                                                       D
                                Foto: Stiftung Jugend forscht e. V.

                rei Studen-                                                            as Verbrauchermagazin Öko-Test unterzog 37 Zahn-
                ten    des                                                             cremes einer genauen Prüfung, darunter auch Natur-
                Zentrums                                                               kosmetikprodukte. Ein Drittel erhielt in der Mai-Ausgabe
    für Zahn-, Mund- und                                                    nur ein „mangelhaft“ oder „ungenügend“.
    Kieferheilkunde in                                                      So verwenden beispielsweise zwölf Pasten zum Schäumen Na-
    Marburg haben beim                                                      triumlaurylsulfat, ein aggressives Tensid, das die empfindlichen
    Bundeswettbewerb                                                        Schleimhäute reizen kann. Zudem bemängelten die Tester, dass
    „Jugend forscht“ den                                                    fünf der Zahncremes, vorwiegend Naturkosmetikprodukte, kein
    ersten Preis in der Ka-                                                 Fluorid aufwiesen. Stattdessen kam hier Xylitol zum Einsatz.
    tegorie Arbeitswelt ge-                                                 Zu den Spitzenreitern im Test gehören die besonders günstigen
    wonnen. Sie entwi-         Die Bundessieger in der Kategorie Arbeits-   Zahnpasten. Von den 37 getesteten Zahncremes schnitten die
    ckelten eine Lampe,        welt: v. l. Saeed Mohamad, Flavio Krug und   Pasten der Discountermärkte am besten ab.
                               Albrecht von Bülow
    die Zahnärzten die Ar-
    beit erleichtert.                                                       PM Öko-Test
    Stressfreies Legen von Kompositfüllungen – alles eine Frage der Be-
    leuchtung. Albrecht von Bülow (20), Flavio Krug (18) und Saeed          Berliner Hilfswerk Zahnmedizin
    Mohamad (20) wissen als Studenten der Zahnmedizin um ein all-
    tägliches Problem aus der Zahnarztpraxis: Füllmaterial, das beim Auf-   Dank für große Hilfe

                                                                            B
    tragen durch die Ausleuchtung der Mundhöhle mit herkömmlichen
    Dioden schnell zäh und spröde wird.                                             ei der Meldung im MBZ 06/2017 zur gespendeten Be-
    Die drei Jungforscher haben deshalb eine Lampe entwickelt, die ein              handlungseinheit für die Zahnarztpraxis für Obdachlose
    zu schnelles Aushärten des Materials verhindert. Sie basiert auf gel-           fehlte durch ein technisches Versehen die Bildunterschrift,
    ben und türkisen LEDs und sorgt dennoch für kräftiges weißes Licht,     so dass der Spender nur im Web-Link erwähnt wurde. Herzlichen
    wodurch sich die Verarbeitungszeit des Komposits vervielfacht.          Dank noch einmal an rdv Dental.

    PM Jugend forscht                                                       BHZ

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MBZ - Standes politik im Wandel
Thema

   Die Gesundheitssenatorin im Interview

   Der Patient im Mittelpunkt

   S       eit Dezember ist der neue Berliner Senat im Amt und da-
           mit auch die Senatorin für Gesundheit, Pflege und Gleich-
           stellung. Ende Juni hat der Berliner Senat den Entwurf des
   neuen Berliner Heilberufekammergesetzes verabschiedet. Anlass
   für uns, bei Senatorin Dilek Kolat, SPD, nachzufragen, welche Zie-
                                                                           richtungen und die Einbeziehung anderer Berufsträger in eine
                                                                           Behandlung werden jetzt im Berufsrecht abgebildet. Die Weiter-
                                                                           bildung der Kammermitglieder als Kernaufgabe der Selbstverwal-
                                                                           tung wird flexibilisiert und entbürokratisiert. Die Berufsaufsicht wird
                                                                           gestärkt, indem die Vorschriften für das berufsrechtliche Verfahren
   le im Fokus der Änderung standen und wie ihre Position zu aktu-         angepasst werden. Aufgrund einer Erweiterung des Sanktionsrah-
   ellen Themen ist, die den Berliner Zahnärztinnen und Zahnärzten         mens können die Kammern bei Berufsvergehen ihrer Mitglieder
   unter den Nägeln brennen.                                               neben Rügen und Geldauflagen auch Maßnahmen zur Qualitäts-
                                                                           sicherung verhängen.
   Frau Senatorin Kolat, Sie sind ein halbes Jahr im Amt. Gab es
   für Sie in Ihrer Einarbeitungszeit Unerwartetes, Überraschen-           Welche Chancen bietet das Gesetz vier Jahrzehnte nach der
   des im Bereich der Gesundheitsthematik, womit Sie nicht ge-             letzten großen Änderung des Berliner Kammergesetzes spezi-
   rechnet haben?                                                          ell den Berliner Zahnärzten und deren Patienten?

   Senatorin Dilek Kolat: Nicht innerhalb des Tagesgeschäftes. Al-         Das Gesetz bietet den rechtlichen Rahmen für die fünf Heilbe-
   lerdings hat uns natürlich der fürchterliche Terroranschlag am 19.      rufekammern in Berlin, die sich in ihrer Mitglieder- und Beschäf-
   Dezember überrascht und zutiefst erschüttert. Die Sicherheitsbe-        tigtenanzahl stark unterscheiden. Die Kammern haben während
   hörden, Feuerwehr und der Krisenstab in meiner Verwaltung ha-           der Erstellung des Gesetzentwurfs die Gelegenheit erhalten,
   ben gut und engmaschig zusammengearbeitet. In den Kranken-              ihre Anliegen und Änderungswünsche einzubringen. Ich glaube
   häusern waren Hunderte Ärztinnen und Ärzte, Pflegerinnen und            deshalb, dass auch alle Kammern gut damit arbeiten können.
   Pfleger in Bereitschaft, weil der interne Alarm gut funktioniert hat.   Spezielle Regelungen für einzelne Kammern und ihre Mitglie-
   Ich war beeindruckt, wie viele auch außerhalb der Bereitschaft ge-      der kann die Selbstverwaltung als Satzungsrecht beschließen.
   kommen sind, um zu helfen.                                              Das Gesetz ermächtigt die Kammern an verschiedenen Stellen,
                                                                           konkretisierende Regelungen zu treffen. Die Zahnärztekammer
   Ende Juni hat der Berliner Senat den Entwurf des neuen Ber-             Berlin kann diesen Gestaltungsspielraum für die Berliner Zahn-
   liner Heilberufekammergesetzes verabschiedet. Was sind die              ärztinnen und Zahnärzte und deren Patientinnen und Patien-
   grundlegenden Neuerungen für die betroffenen fünf Heilbe-               ten nutzen.
   rufekammern in Berlin?

   Inhaltlich soll vor allem die Position von Pa-
   tientinnen und Patienten verbessert wer-
                                                           Das neue Kammergesetz sieht erweiterte
   den. Zum Beispiel durch die Einführung ei-               Möglichkeiten der Berufsausübung vor,
   nes Auskunftsanspruchs, der die Kammern                            so dass die Vereinbarkeit
   berechtigt und verpflichtet, Beschwerde-
   führerinnen und Beschwerdeführern Sach-                  von Familie und Beruf gewährleistet ist.
   standsauskünfte zu geben und das Ergebnis
   der berufsrechtlichen Prüfung mitzuteilen.
   Eine solche Mitteilung der Kammern war bisher ohne die erforder-    Immer mehr, vor allem junge Zahnärztinnen und Zahnärzte
   liche Rechtsgrundlage nicht zulässig. Besonders die Patienten- und  legen Wert auf ein gutes Miteinander von Beruf und Familie.
   Datenschutzbeauftragten haben das kritisiert und deshalb wird das   Inwieweit geht der Kammergesetz-Entwurf auf diese Bedürf-
   jetzt geändert. Eine weitere Verbesserung zum Schutz der Patien-    nisse ein, z. B. im Bereich der Praxisführung und der zahnme-
   tinnen und Patienten ist die gesetzliche Verpflichtung der Kam-     dizinischen Weiterbildung?
   mermitglieder, eine Berufshaftpflichtversicherung zu unterhalten.
   Behandlungsfehler passieren, dürfen aber nicht zu Lasten der Pa-    Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist ein wichtiges Thema,
   tientinnen und Patienten gehen. Außerdem gibt es Änderungen         das ich als Senatorin für Gleichstellung immer mit im Blick habe.
   und Neuregelungen im Bereich der Berufsausübung und der be-         Eine ausgeglichene Work-Life-Balance ist vielen jungen Menschen,
   ruflichen Kooperation. Zusammenschlüsse verschiedener Fach-         nicht nur jungen Zahnärztinnen und Zahnärzten, wichtig. Aus die-

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MBZ - Standes politik im Wandel
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                                                                                                                                Thema

                                            Dilek Kolat

                                            geboren in Kelkit im Nordosten der Türkei, Abitur in Berlin-Neukölln,
                                            Studium an der Technischen Universität Berlin, Diplom-Wirtschaftsmathematikerin

                                            1995–1999          Mitglied der Bezirksverordnetenversammlung Schöneberg
                                            seit 2001	Mitglied des Abgeordnetenhauses von Berlin für den Wahlkreis Friedenau
                                            seit 2004          Kreisvorsitzende der SPD Tempelhof-Schöneberg
                                            2006–2011          stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende im Abgeordnetenhaus
                                            2011–2016          Senatorin für Arbeit, Integration und Frauen
                                            seit Dezember 2016 Senatorin für Gesundheit, Pflege und Gleichstellung

sem Grund wird auch das Weiterbildungsrecht flexibilisiert und die        zess-Validierung der Aufbereitungsverfahren nur durch privat-
Möglichkeit der Weiterbildung in Teilzeit gesetzlich verankert. Wäh-      wirtschaftliche Betriebe der Dentalindustrie möglich, was zu
rend das alte Kammergesetz nur die klassische Niederlassung in            erheblichen Kosten für die Zahnarztpraxen führt. Das Qualitäts-
eigener Praxis kannte, sieht das neue Gesetz erweiterte Möglich-          management sowie der Betriebsärztliche und Sicherheitstech-
keiten der Berufsausübung vor. Die Führung einer Praxis in der            nische Dienst (Q-BuS-Dienst) als Angebot der Zahnärztekam-
Rechtsform einer juristischen Person des Privatrechts, zum Beispiel       mer Berlin an ihre Mitglieder wird von 90 Prozent der Berliner
einer GmbH, wird unter bestimmten Voraussetzungen ausdrück-               Zahnarztpraxen angenommen. Wie stehen Sie zu einer Über-
lich zugelassen. Zahnärztinnen und Zahnärzte können dort im An-           nahme der Validierung – wie in anderen Bundesländern üb-
gestelltenverhältnis tätig werden und ihre Arbeitszeiten so festle-       lich – durch die neutrale, nicht von wirtschaftlichen Interessen
gen, dass die Vereinbarkeit von Familie und Beruf gewährleistet ist.      geleitete und am Patientenwohl orientierte Zahnärztekammer?

Künftig können nach dem Entwurf des Heilberufekammerge-                   Auch hier steht aus meiner Sicht der Patientenschutz im Mittel-
setzes auch Studentinnen und Studenten freiwillig Kammer-                 punkt. Deshalb ist es unverzichtbar, die gesetzlich verankerten
mitglied werden. Welche Erwartungen verbinden Sie mit der                 Forderungen einzuhalten. Das Thema Aufbereitung von Medizin-
frühzeitigen Einbindung der Studierenden?                                 produkten in Zahnarztpraxen ist sehr vielschichtig und im Detail
                                                                          fachlich anspruchsvoll. Berliner Aufsichtsbehörde ist das Landes-
Studierende können als freiwillige Kammermitglieder die Aufga-            amt für Gesundheit und Soziales (LAGeSo), das bei der Über-
ben und Gestaltungsmöglichkeiten der Selbstverwaltung frühzeitig          wachung selbstverständlich den Vorgaben der Medizinproduk-
kennenlernen und sich beteiligen. In den verschiedenen Gremien            te-Betreiberverordnung (MPBetreibV) und der Empfehlung der
und Ausschüssen der Kammern ist viel ehrenamtliches Engage-               Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention
ment gefragt und es braucht auch hier Nachwuchskräfte, die sich           (KRINKO) beim Robert-Koch-Institut (RKI) und des Bundesinsti-
für den Berufsstand einsetzen. Der Eintritt in die Berufstätigkeit ver-   tuts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) (der sog. KRIN-
langt den jungen Leuten viel ab, weshalb es gut ist, wenn das In-         KO-BfArM-Empfehlung) sowie den geltenden Normen verpflich-
teresse für die Kammern schon früher geweckt wird und die Kam-            tet ist und auf deren Einhaltung achten muss. Das betrifft auch die
mern von dem „frischen Wind“ profitieren können.                          Validierung des Aufbereitungsprozesses. Dabei ist es nicht vorge-
                                                                          schrieben, wer die Validierung durchführt. Es ist aber in der Medi-
Aktuell interessieren sich die Berliner Zahnärzte besonders für           zinprodukte-Betreiberverordnung vorgegeben, dass der Validierer
die immer höheren Hygieneanforderungen im Bereich der                     für diese Tätigkeit einschlägig qualifiziert und weisungsunabhän-
Aufbereitung von Medizinprodukten, da sie den Ablauf im                   gig sein und über eine geeignete technische Ausstattung verfügen
Praxisalltag stark beeinflussen. Zurzeit ist in Berlin eine Pro-          muss. Dazu kommen auch die personellen Ressourcen. Entschei-

                                                                                                                       MBZ 07/08 2017 11
MBZ - Standes politik im Wandel
Thema

   dend wird bei einer behördlichen Inspektion der Zahnarztpraxis       Ich sehe eine gute Zusammenarbeit zwischen Senat und der
   sein, ob alle diese Anforderungen nach den geltenden Vorschrif-      Zahnärztekammer. Ich glaube, das hat man auch während des Ge-
   ten erfüllt sind.                                                    setzgebungsverfahrens gesehen. Außerdem findet auf Fach­ebene
                                                                        ein reger Austausch statt und es besteht ein vertrauensvolles, kol-
   Die Berliner Zahnärzte suchen intensiv nach Zahnmedizi-              legiales Verhältnis.
   nischen Fachangestellten (ZFA) für ihre Praxisteams. Wenn
   es auch der Zahnärztekammer gelungen ist, im Vergleich               Die SPD sieht in der Bürgerversicherung ein zentrales Projekt
   der Bundesländer den Anteil der ZFA-Auszubildenden im                für die Bundestagswahl. Welche Kriterien sprechen aus Ihrer
   letzten Jahr um 16 Prozent zu steigern, bleibt doch der              Sicht für eine Einführung?
   Fachkräftebedarf bestehen. Sehen Sie – in Zusammenar-
   beit mit Ihren Kolleginnen und Kollegen anderer Ressorts –           Die Bürgerversicherung ist eine Frage der Gerechtigkeit: Wir wol-
   Möglichkeiten, z. B. bei den Beschulungszeiten unterstüt-            len, dass alle Bürgerinnen und Bürger gleichermaßen Zugang zur
   zend einzuwirken?                                                    Solidargemeinschaft der gesetzlichen Krankenversicherung be-
                                                                        kommen. Es kann nicht sein, dass ganze Bevölkerungsgruppen
   Die Fachkräftesicherung ist eine große Aufgabe, an der wir alle      wie Beamtinnen und Beamte oder Selbstständige mit geringem
   gemeinsam und stetig arbeiten müssen. Als Arbeitssenatorin hat       Einkommen aus dem derzeitigen System der gesetzlichen Kran-
   mich das Thema umgetrieben und es beschäftigt mich auch jetzt        kenversicherung de facto ausgeschlossen sind.
   im Gesundheits- und Pflegebereich, wo die demografischen Aus-
   wirkungen besonders deutlich werden. Wenn ich im Rahmen              Frau Senatorin Kolat, die Arbeit des Senats steht noch am An-
   meiner Zuständigkeit unterstützend tätig werden kann, mache          fang. Welche weiteren gesundheitspolitischen Schwerpunkte
   ich das gerne.                                                                                        möchten Sie in dieser Legis-
                                               Die Fachkräftesicherung                                   laturperiode setzen?
   Die Zahnärztekammer setzt
   sich in vielfältiger Weise                        ist eine große Aufgabe,                               Ich möchte beispielsweise die
   ein: von der Gruppenpro-                      an der wir alle gemeinsam                                 Investitionsförderung für die
   phylaxe in Kitas über die                                                                               Berliner Krankenhäuser erhö-
   Patientenberatung bis zur
                                                und stetig arbeiten müssen.                                hen. Es ist eines meiner zen-
   Seniorenzahnmedizin, von                                                                                tralen Projekte, bei den Kran-
   der Verbesserung der Mundgesundheit von Menschen mit                kenhausinvestitionen ein gutes Stück voranzu­kommen. Für die
   Behinderung bis zur Behandlung von Wohnungslosen und                Patientinnen und Patienten ist es ganz wichtig, dass sie nicht in
   Menschen ohne Krankenversicherung. Wie bewerten Sie                 maroden Krankenhäusern liegen müssen. Die Investitionen sind
   das soziale Engagement der Berliner Zahnärztinnen und               aber auch für die Arbeitsbedingungen dort sehr bedeutsam. Es
   Zahnärzte?                                                          geht also zum einen um eine bessere Versorgung der Bevölke-
                                                                       rung, zum anderen um die Beschäftigten im Gesundheitswesen.
   Es ist natürlich toll, wenn sich einige Zahnarztpraxen für Menschen Ein weiterer Schwerpunkt ist der gleiche Zugang für alle zur Ge-
   ohne Krankenversicherung und für andere Mittellose einsetzen, in-   sundheitsversorgung, unabhängig von der sozialen Stellung. Wir
   dem sie mit ihrem Wissen, durch Spenden und durch ehrenamt-         haben zwar in Berlin eine Überversorgung mit Kassenärzten, in
   liche Arbeit helfen. Gleiches gilt für das Engagement für die Zahn- den ärmeren Bezirken aber oft zu wenig Fachärzte. Außerdem
   gesundheit von Kindern und Jugendlichen. Auch hinsichtlich des      wollen wir den öffentlichen Gesundheitsdienst stärken. Wichtig
   Kinderschutzes gibt es bereits eine Zusammenarbeit zwischen den     ist mir auch die Pflege, die in der neuen Verwaltung deutlich auf-
   Berliner Zahnärztinnen und Zahnärzten sowie den zuständigen Be-     gewertet wird. Nicht nur im Titel und in der ministeriellen Struk-
   hörden wie Gesundheits- und Jugendämtern.                           tur, sondern vor allem natürlich auch inhaltlich. Ich sage immer
                                                                       ganz gerne: 17 Prozent der Berlinerinnen und Berliner haben
   Wie schätzen Sie die Zusammenarbeit zwischen dem Berliner           Kinder, aber alle haben Eltern, die auch Gott sei Dank immer äl-
   Senat und der Zahnärztekammer Berlin ein? Wo sehen Sie              ter werden. Da spielt das Thema Pflege dann eine große Rolle.
   Optimierungsmöglichkeiten oder -notwendigkeiten, wo Syn-
   ergieeffekte?                                                       Interview: Stefan Fischer

12 MBZ 07/08 2017
MBZ - Standes politik im Wandel
Thema

Der Vorstand der Zahnärztekammer Berlin im Interview

Service für unsere Kolleginnen und Kollegen

                                                                                                       Zahnärzte arbeiten die Körper-
Foto: ZÄK Berlin

                                                                                                       schaften ZÄK Berlin und KZV
                                                                                                       Berlin seit Jahren erfolgreich zu-
                                                                                                       sammen. Gibt es Pläne für wei-
                                                                                                       tere gemeinsame Projekte?
                                                                                                       Sehen Sie Verbesserungsmög-
                                                                                                       lichkeiten?

                                                                                                       Die Zusammenarbeit von Kammer
                                                                                                       und KZV in Berlin könnte nicht bes-
                                                                                                       ser sein. Das hat kürzlich auch wie-
                                                                                                       der die gemeinsame Vorstandssit-
                                                                                                       zung gezeigt. Neben den genannten
                                                                                                       Projekten möchten wir in Zukunft bei
                                                                                                       den Themen Qualitätsmanagement,
                                                                                                       Landesarbeitsgemeinschaft Berlin
                                                                                                       zur Verhütung von Zahnerkrankun-
                                                                                                       gen e. V. (LAG), Gutachterschulun-
Der Vorstand der Zahnärztekammer Berlin                                                                gen oder gemeinsame Auftritte in
                                                                                                       den neuen Medien die Zusammen-
                                                                                                       arbeit weiter intensivieren. Kammer
Herr Dr. Heegewaldt und Herr Dr. Dreyer, der neue Vorstand                                             und KZV sollten nach außen mit ei-
der Zahnärztekammer Berlin ist bald fünf Monate im Amt. Mit-                                           ner Stimme sprechen.
te Juni trafen Sie sich zu Ihrer ersten Klausurtagung, um sich
                                                                       Foto: ZÄK / Titze

Gedanken über die künftige Ausrichtung der Kammer zu ma-                                               Herr Dr. Heegewaldt, in ein
chen. Wofür steht der neue Vorstand? Welche Themen stehen                                              paar Wochen findet die Bun-
referatsübergreifend in den nächsten Jahren für Sie im Fokus?                                          destagswahl statt. Welche
                                                                                                       Wünsche haben Sie an die Ge-
Service für unsere Kolleginnen und Kollegen ist die Kernmar-                                           sundheitspolitik auf Bundes-
ke der Zahnärztekammer Berlin. So sollen unsere Praxen zum                                             ebene?
Beispiel im neuen Zyklus des Q-BuS-Dienstes auf Begehungen
durch das Landesamt für Gesundheit und Soziales (LAGeSo) vor-                                          Wir wünschen uns von einer zu-
bereitet werden, damit Ängste in unseren Praxen genommen                                               künftigen Bundesregierung ein
und die vertrauensvolle Zusammenarbeit mit dem LAGeSo ver-                                             deutliches Bekenntnis zur Freibe-
tieft werden können.                                                                                   ruflichkeit. Wir erwarten eine klare
                                                                       Dr. Karsten Heegewaldt
Grundsätzlich steht der Vorstand für Transparenz, den Erhalt der                                       Absage an eine Bürgerversiche-
                                                                       Präsident
Freiberuflichkeit und die Stärkung der Selbstverwaltung, da sie am     Mitglied des Vorstands der Bun- rung und stattdessen eine patien-
nächsten am Berufsalltag der Kollegen ist.                             deszahnärztekammer (BZÄK)       tenorientierte Weiterentwicklung
                                                                       BZÄK-Vorstandsreferent Soziale
Viele Gesetze in Deutschland und Europa gefährden gerade die           Aufgaben, Hilfsorganisationen   der dualen Krankenversicherung,
Einheit unseres Berufsstandes – nur unsere Selbstverwaltung ga-        Mitglied im BZÄK-Ausschuss      um die uns die ganze Welt benei-
                                                                       Praxisführung und Hygiene
rantiert ein selbstbewusstes, deutliches und einheitliches Auftreten                                   det. Wir fordern einen Bürokra-
gegenüber den politischen Kräften unseres Landes. Wir streben ei-                                      tieabbau in unseren Praxen, der
nen konstruktiven Dialog mit unserer Senatsverwaltung und dem          seinen Namen verdient, und eine Stärkung unserer Selbstver-
Bundesministerium für Gesundheit an.                                   waltung. Wir erwarten die Beibehaltung der freien (Zahn-)Arzt-
                                                                       wahl und eine gute Prävention für unsere Patienten, die auch
Bei einigen Projekten wie dem Berliner Zahnärztetag, dem               durch mehr Geld im System untermauert wird. Wichtig ist die
Herbstsymposium und der Patientenberatung der Berliner                 Beibehaltung eines guten und ständigen Dialogs mit der Politik.

                                                                                                                    MBZ 07/08 2017 13
Thema

   In den letzten Jahren hat sich die Zusammenarbeit mit der             und vielen weiteren Akteuren in der Zahnklinik der Cha-
   Berliner Senatsverwaltung positiv entwickelt. Wie vertritt die        rité in Berlin-Wilmersdorf veranstaltet, war letztes Jahr so
   Kammer die Interessen der Berliner Zahnärzte auf der politi-          gefragt, dass sogar interessierten Schulklassen abgesagt
   schen Ebene?                                                          werden musste. Was steckt hinter dem Erfolg und welches
                                                                         Ziel verfolgen Sie mit dieser Veranstaltung?
   Wir pflegen mit allen politischen Ebenen eine gute Kommuni-
   kation. Nur auf diesem Weg können wir zum Beispiel die Mitar-         Der große Aktionstag mit Kinder-Uni, einem Marktplatz Zahn-
   beiter der Senatsverwaltung für unsere Themen sensibilisieren.        gesundheit, einem Bakterienabwehrzelt, Kariestunnel, mit Kino
   Ein Gegeneinander bringt eine unnötige Konfrontation. So konn-        und vielem mehr spricht Schüler altersgerecht und spielerisch
   ten wir in der Vergangenheit beim Thema Hygiene trotz immer           an, sich mit dem Thema Mundgesundheit auseinanderzusetz-
   neuer gesetzlicher Regelungen, hervorgerufen durch Probleme in        ten. Spannende Vorlesungen für die Schüler bieten die Möglich-
   Krankenhäusern, in Verhandlungen unter Einbeziehung des Pati-         keit, in der Kinderzahnheilkunde den zahnärztlichen Arbeitsplatz
   entenschutzes passgenaue Anforderungen für unsere Praxen er-          mal anders kennenzulernen. Die Angebote aller Abteilungen
   reichen.                                                              der Charité-Zahnmedizin und der weiteren Beteiligten geben
                                                                         die Gelegenheit, Mundgesundheit auf vielfältige Weise zu er-
                                  Herr Dr. Dreyer, mit dem Refe-         leben.
                                  rat Öffentlichkeitsarbeit haben        Die Rückmeldungen der Kinder und der Lehrer zeigen, dass wir
                                  Sie in den letzten Jahren er-          damit unser Ziel, die Kinder für die Mundgesundheit zu interes-
                                  folgreich regelmäßige Veran-           sieren, erreichen. Die große Nachfrage erfüllt alle Beteiligten mit
                                  staltungen für den zahnärzt-           Stolz, spornt uns an, diesen tollen Aktionstag weiterhin zu veran-
                                  lichen Nachwuchs etabliert.            stalten und dem Gedanken der Prävention in Patienten-Veranstal-
                                  Warum liegt Ihnen diese Ziel-          tungen zusätzliche Impulse zu verleihen.
                                  gruppe besonders am Herzen?
                                                                                                        Herr Dr. Förster, durch vielfäl-
                                    Mit dem Netzwerk Junge Zahn-                                        tige Aktionen wie z. B. Messe-
   Dr. Michael Dreyer
                                    ärzte und dem Welcome Day                                           auftritte und eine große Kam-
   Vizepräsident                    für unsere Neumitglieder wol-                                       pagne des ZFA-Referats ist im
   Öffentlichkeitsarbeit            len wir neue Anknüpfungspunkte                                      letzten Jahr die Zahl der ZFA-
   Zahnärztl. Behindertenbehandlung
                                    zur Zahnärztekammer bieten, In-                                     Auszubildenden um stolze 16
                                    formationen in persönlichen Ge-                                     Prozent gestiegen. Gibt es noch
   sprächen weitergeben, aber auch mögliche Hemmschwellen                                               weiteres Potenzial, um die Aus-
   gegenüber der Institution Zahnärztekammer abbauen. Selbst-                                           zubildendenzahl zu erhöhen
   verständlich möchten wir auch das Interesse an der berufs-                                           und dem wachsenden Fach-
   politischen Tätigkeit der Kammer verstärken und die Unter-                                           kräftemangel entgegenzuwir-
                                                                         Dr. Detlef Förster
   stützungsmöglichkeiten zum Beispiel bei der Niederlassung             Aus- und Fortbildung
                                                                                                        ken?
   darstellen.                                                           Zahnmedizinischer Fach­
   Gerade aus den Gesprächen mit jungen Kollegen über deren Pro-         angestellter                  Die Anpassung der Ausbildungs-
   bleme im Arbeitsalltag können wir neben konkreten Hilfen auch                                       vergütung ist nach wie vor von
   zukünftige Ausrichtungen der Kammer erarbeiten. Die jungen Kol-       zentraler Bedeutung; derzeit laufen wieder Tarifverhandlun-
   legen sind unsere Zukunft und werden noch viel mehr Zeit im Be-       gen. Uns ist es wichtig, dass die ZFA-Ausbildungsvergütung im
   rufsalltag verbringen als wir schon länger Tätigen. Die Kammer ar-    Vergleich zu anderen Ausbildungsberufen attraktiv und kon-
   beitet für die Zukunft der Zahnärzte, deshalb liegen mir die jungen   kurrenzfähig bleibt. Darüber hinaus engagieren wir uns regel-
   Kollegen besonders am Herzen.                                         mäßig auf Ausbildungsmessen und konzipieren laufend neue,
                                                                         zeitgemäße Werbemittel wie zum Beispiel Infobroschüren
   Der Tag der Zahngesundheit, den die ZÄK Berlin mit dem                oder Postkarten und überlegen uns zielgruppengerechte An-
   CharitéCentrum für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde,                  sprechmöglichkeiten für Schüler und potenzielle ZFA-Auszu-
   den Zahnärztlichen Diensten der Bezirksämter, der LAG                 bildende.

14 MBZ 07/08 2017
Thema

Welche konkreten Ziele und Wünsche haben Sie für Ihr Re-            endlich zum Abschluss bringen. Wir möchten außerdem das The-
ferat?                                                              ma Qualitätszirkel wieder mehr in den Fokus rücken und begin-
                                                                    nen jetzt mit einer Umfrage zum Thema. Den Fragebogen gibt es
Ich wünsche mir, dass unsere nicht-ärztlichen Kollegen in den       ab Herbst bei uns im Referat. Ich würde mich freuen, wenn die
Praxen für ihre Arbeit noch mehr wertgeschätzt werden, damit        Dienstagabend-Fortbildung weiter so gut angenommen wird und
sie ihre Freude am Beruf behalten. Um die Ausbildungsqualität       auch Wünsche für Themen und Referenten des nächsten Jahres
konstant sichern zu können, ist es unser Ziel, dass die Ausbil-     an mich herangetragen werden.
dung kontinuierlich in Praxis und Berufsschule erfolgt und dass
                                                                    Fotos: ZÄK / Titze

die Fehlzeiten der Schüler deutlich reduziert werden. Wir en-                                       Herr Dr. Kesler, mit welchen
gagieren uns zudem für weiter wachsende Ausbildungszahlen                                           Maßnahmen und Einrichtungen
und für optimale Ausbildungsbedingungen, die mit dem zahn-                                          unterstützt das Referat Praxis-
medizinischen Fortschritt Schritt halten. Deshalb beteiligt sich                                    führung die Berliner Zahnarzt-
die ZÄK Berlin auch im BZÄK-Ausschuss an der Novellierung                                           Kolleginnen und Kollegen im
der Ausbildungsverordnung für ZFA.                                                                  Praxisalltag?

                              Frau von Hoyningen-Huene, wa-                                         Bei der Führung einer Zahnarzt-
                              rum ist Ihrer Meinung nach eine                                       praxis ist eine Fülle von Richtlini-
                              Änderung der Weiterbildungs-                                          en, Verordnungen und Gesetzen
                              ordnung (WBO) notwendig?                                              zu beachten. Getreu dem Motto
                                                                    Dr. Helmut Kesler
                              Welche Punkte betrifft dies be-       Praxisführung
                                                                                                    „Wir sind für Sie da!“ wollen wir
                              sonders?                              Prophylaxe                      vom Referat Praxisführung un-
                                                                                                    seren Mitgliedern möglichst um-
                               Die neue WBO soll die Quali-         fänglich mit Beratung, Information und Angeboten zu allen Fra-
                               tät der Weiterbildung verbes-        gen der zahnärztlichen Praxisführung zur Seite stehen. Dabei
                               sern und gleichzeitig die aktuelle   ist es mir besonders wichtig, dass wir unsere Mitglieder rechts­
                               Rechtslage abbilden. Die theo-       sicher in der Praxisorganisation, dem Arbeitsschutz und der Hy-
ZÄ Juliane v. Hoyningen-Huene
M. Sc.
                               retischen Inhalte werden festge-     giene unterstützen. Daneben wird das Thema Patientenschutz
Zahnärztliche Fort- und        schrieben, die dann durch Fortbil-   bei uns großgeschrieben. So verantwortet z. B. unsere Zahn-
Weiterbildung, Hochschulwesen  dungen oder den Weiterbildungs-      ärztliche Stelle die Qualitätssicherung nach der Röntgenverord-
Beruf und Familie
                               berechtigen vermittelt werden.       nung und die Aktualisierung der Fachkunde sowie Kenntnis-
                               Der Gesetzgebung insbesonde-         se im Strahlenschutz für die Zahnarztpraxen. Die bekannteste,
re zur Anerkennung der im europäischen Ausland erworbenen           sichtbarste und praxisnahste Unterstützung unserer Mitglieder
Fachzahnarzttitel wird Rechnung getragen. Bisher war die Un-        dürfte jedoch unser Q-BuS-Dienst darstellen.
terbrechung der Weiterbildung sowie eine Teilzeitweiterbildung
zeitlich nur sehr begrenzt möglich. Mein Wunsch ist es, die Wei-    Welche konkreten Ziele und Wünsche haben Sie für Ihr Re-
terbildungsordnung an die Musterordnung der BZÄK anzuglei-          ferat?
chen. Diese empfiehlt eine Gesamtzeit von sieben Jahren, in
der die Weiterbildung abgeschlossen werden muss. Auch die           Wir werden den zunehmenden Hygieneanforderungen mit praxis-
Weiterbildung in Teilzeit wäre dann ohne Angabe von Gründen         nahen Lösungen begegnen, so dass alle geforderten Rechtsvor-
möglich – ein wichtiger Schritt zur Vereinbarkeit von Beruf und     schriften einfach, aber sicher dokumentiert werden können. Wir
Familie.                                                            möchten unser Portfolio an Dienstleistungen sukzessive erweitern.
                                                                    Zu den von uns angestrebten Serviceleistungen sollen z. B. nicht
Welche konkreten Ziele und Wünsche haben Sie für Ihr Re-            an wirtschaftlichen Interessen orientierte Validierungen der Auf-
ferat?                                                              bereitungsverfahren von Medizinprodukten gehören. Zusätzlich
                                                                    werden wir zukünftig alle Arbeitsmittel neben der gewohnten ana-
Die WBO ist schon meine Hauptbaustelle, seit ich vor mehr als       logen Papierform auch in digitaler Form und gegebenenfalls inter-
sechs Jahren das Referat übernommen habe. Die möchte ich jetzt      aktiv anbieten.

                                                                                                                 MBZ 07/08 2017 15
Thema

                                      Herr Dr. Kuhn, die Anfragen im Re-         nen und Kollegen war die GOZ-Einführung gedacht, zum Thema
                                      ferat Berufsrecht nehmen – auch            Steigerungsfaktor hatten wir dann generell Zahnärztinnen und Zahn-
                                      in ihrer Schärfe – von Jahr zu Jahr        ärzte eingeladen. Dies taten wir aus der Erfahrung des Referates he-
                                      deutlich zu. Woran liegt das? Ha-          raus, denn immer wieder gibt es gerade dazu viele Fragen auch aus
                                      ben sich die Themenschwerpunk-             „gestandenen“ Praxen. Zum Thema Analogberechnung haben wir
                                      te verlagert?                              den Teilnehmerkreis auch für das Praxispersonal geöffnet, da sich in
                                                                                 den meisten Fällen die oder der ZMV um diese teils sehr komplizier-
                                       In den letzten Jahren hat sich die        te Berechnungsform in den Praxen kümmert. Die Hauptzielgruppe
                                       Möglichkeit für Patienten, ihre Rechte    werden aber auch in Zukunft die jungen Zahnärztinnen und Zahn-
                                       im Behandlungsvertrag wahrzuneh-          ärzte sein. Wir möchten sie gerne an die Zahnärztekammer heran-
                                       men, sehr deutlich erweitert. Mit dem     führen und uns speziell um deren Bedürfnisse kümmern.
   Dr. Dietmar Kuhn
   Berufsrecht, Schlichtung, Gutachter
                                       Patientenrechtegesetz sind 2013 klar
                                       definierte Anforderungen geregelt
   Mitgliederverwaltung
   Patientenberatung                   worden. Nicht zuletzt durch das Inter-
                                                                                    Wir möchten uns speziell um
                                       net ist der Informationsstand hierüber     die Bedürfnisse der jungen Zahn­
   in der Bevölkerung, anders als beispielsweise noch vor zwanzig Jahren,
                                                                                 ärztinnen und Zahnärzte kümmern.
   sehr hoch, so dass sehr viele Bürger Rat bei auf solche Fälle spezialisier-
   ten Anwälten suchen.
   Die Eingaben bei der Zahnärztekammer haben sich in den letz-                  Für alle anderen zahnärztlichen Kolleginnen und Kollegen sowie
   ten zehn Jahren rund verzehnfacht, zudem muss jeder Fall heutzu-              Azubi, ZMF, ZMP, ZMV und DH gibt es ganz hervorragende Kur-
   tage individuell juristisch und zahnmedizinisch aufgearbeitet wer-            se und Workshops im Philipp-Pfaff-Institut, dem Fortbildungsins-
   den. Nur so kann der hohe Standard in der Bewertung der Fälle                 titut der Zahnärztekammern Berlin und Brandenburg. Schön wäre
   von vermuteten Behandlungsfehlern, aber auch z. B. bei Uneinig-               es, einen sich regelmäßig treffenden GOZ-Qualitätszirkel für junge
   keit über die Rechnungshöhe und sonstigen Auseinandersetzun-                  Zahnärzte zu etablieren, in dem sowohl inhaltlich gearbeitet wer-
   gen zwischen Patienten und Zahnärzten einerseits, jedoch auch                 den als auch ein kollegialer Austausch stattfinden kann.
   unter zahnärztlichen Kollegen andererseits, gehalten werden.
                                                                                 Welche konkreten Ziele und Wünsche haben Sie für Ihr Re-
   Welche konkreten Ziele und Wünsche haben Sie für Ihr Re-                      ferat?
   ferat?
                                                                                 Ich wünsche mir, dass die Berliner Kolleginnen und Kollegen unser
   Es ist das erklärte Ziel des Referats Berufsrecht, den erhöhten Anfor-        Referat als Servicestelle für ihre Praxen ansehen und unsere Angebo-
   derungen gerecht zu werden, so dass die Interessen beider Seiten              te weiterhin reichlich nutzen. Zu allen Fragen rund um die GOZ kön-
   gewahrt und eine zahnmedizinisch-fachlich richtige Einschätzung im            nen die Mitarbeiter im Referat täglich kontaktiert werden. Viele Fragen
   Rahmen des Praxisalltages möglich bleiben.                                    können schnell am Telefon geklärt werden. Auch Praxen können je-
                                                                                 derzeit einen Kostenplan oder eine Abrechnung zur gebührenrecht-
   Fotos: ZÄK / Titze

                                      Frau Dr. Lo Scalzo, Sie sind erst          lichen Überprüfung einreichen. Dies steht übrigens auch den Patien-
                                      ein paar Monaten als Vorstands-            ten zu. Wir führen nach Zustimmung von Behandler und Patient eine
                                      mitglied im Amt und haben be-              neutrale Rechnungsprüfung durch. Weiterhin wünsche ich mir regen
                                      reits erfolgreich GOZ-Workshops            Kontakt zu den jungen Kolleginnen und Kollegen. Aus eigener Erfah-
                                      eingeführt. An wen richtet sich            rung weiß ich, dass gerade das Thema GOZ anfangs sehr kompliziert
                                      dieses neue Angebot und was                und undurchsichtig ist. Gerne würde ich mit dem Referat auch enger
                                      erhoffen Sie sich von diesen re-           mit der BZÄK zusammenarbeiten, um unsere Kompetenz auch auf
                                      gelmäßigen Arbeitstreffen?                 Bundesebene einzubringen. Eine ständige Überarbeitung und Novel-
                                                                                 lierung der GOZ (und der GOÄ) ist sicherlich für alle Praxen und Pati-
                                      Die Zielgruppe für die ersten drei         enten wünschenswert.
   Dr. Jana Lo Scalzo
                                      Workshops war je nach Thema fest-
   Gebührenordnung für Zahnärzte      gelegt. Speziell für junge Kollegin-       Interview: Kornelia Kostetzko

16 MBZ 07/08 2017
Beruf & Politik

   Vertreterversammlung der KZV Berlin

   Standespolitik trifft Wissenschaft

   S       tudien zufolge sind die Erfolgsaus-
           sichten einer Parodontitisbehand-
           lung umso größer, je früher die Er-
   krankung erkannt und therapiert wird. Die
   nach aktuellen, internationalen Empfeh-
                                                          kontinuierlicher risikoorientierter Nachsor-
                                                          ge“ erläuterte Dommisch anschaulich an-
                                                          hand eines Praxisbeispiels die vier Phasen
                                                          der systematischen PAR-Therapie – ein
                                                          System konsequenter Reevaluation, bei
                                                                                                                           Grundsätzlich stört sich Dommisch am
                                                                                                                           Begriff „Vorbehandlung“. Seiner Meinung
                                                                                                                           nach verwirre dieser den Patienten, da
                                                                                                                           Maßnahmen zu diesem Zeitpunkt bereits
                                                                                                                           Teil der Behandlung seien.
   lungen in der Fünften Deutschen Mund-                  der die Beurteilung des Krankheitsverlaufs
   gesundheitsstudie (DMS V) durchgeführ-                 der wesentliche Aspekt sei.                                      Compliance des Patienten
   ten Untersuchungen zur Parodontitis legen              Das oberste Ziel der PAR-Therapie sei es,                        entscheidend
   nahe, dass die Erkrankung in der Bevölke-              Zähne zu erhalten, wobei in erster Linie
   rung sogar eher weiter verbreitet ist, als bis-        die Entzündungsflächen reduziert werden                          Zunächst werde nach Dommisch eine op-
   lang angenommen: Demzufolge ist davon                  müssten. Weitere Ziele der PAR-Therapie                          timale professionelle mechanische Pla-
   auszugehen, dass die bisherigen Schätzun-              sind:                                                            queentfernung (PMPR) durchgeführt. Hier-
   gen zur parodontalen Erkrankungslast in                •	optimale interdisziplinäre medizinische                       bei sei von entscheidender Bedeutung,
   der Bevölkerung – methodisch bedingt –                     Situation                                                    dass der Patient umfassend informiert
   eher auf zu niedrigen Werten basieren.                 •	optimale Mundhygiene (Plaque- und                             werde und auf ihn angepasste Instruktio-
   Die Kassenzahnärztliche Bundesvereini-                     Blutungsindex ≤ 15 %)                                        nen zur Mundhygiene erhalte. Mit Verweis
   gung wird voraussichtlich im Herbst dieses             • Sondierungstiefen ≤ 4–5 mm                                     auf verschiedene Studien verdeutlichte er,
   Jahres ein modernes Versorgungskonzept                 • keine Suppuration                                              wie wichtig die Compliance des Patienten
   vorstellen; die Richtlinie zur systemati-              • keine harten Beläge                                            ist. Eine Beratung über Rauchstopp und
   schen Behandlung von Parodontopathien                  • keine Lockerungen                                              Diabeteseinstellung sollte ebenso berück-
   wird gerade im Gemeinsamen Bundesaus-                  •	gesunde Mundschleimhautverhältnisse                           sichtigt werden wie eine eventuelle Abklä-
   schuss überarbeitet.                                                                                                    rung bezüglich anderer Systemerkrankun-
   Für die Vertreterversammlung der Kassen-               Bei der Frage, ob eine Vorbehandlung in                          gen. Diese Schritte dienen, so Dommisch,
   zahnärztlichen Vereinigung Berlin (KZV                 manchen Fällen die systematische PAR-                            zur Beseitigung von sog. Plaqueretentions-
   Berlin) Anlass genug, Professor Dr. Hen-               Therapie sogar überflüssig werden lassen                         faktoren.
   rik Dommisch, Leiter der Abteilung Paro-               kann, differenziert Dommisch: Bei der Di-                        Dommisch erläuterte, dass neue moleku-
   dontologie und Synoptische Zahnmedizin                 agnose „Klinisch gesund/Gingivitis“ kann                         larbiologische Erkenntnisse zum Verständ-
   im Charité Centrum Zahn-, Mund- und Kie-               nur die primäre Prävention (Prävention                           nis beitragen, inwiefern Zusammenhänge
   ferheilkunde, einzuladen, um mit ihm die               der Gingivitis) das Risiko für die Entwick-                      zwischen parodontalen und systemischen
   aktuelle Situation zur Parodontitistherapie            lung einer Parodontitis reduzieren. Wird                         Erkrankungen bestehen. Es ist bekannt,
   (PAR-Therapie) zu diskutieren.                         aber eine Parodontitis diagnostiziert, kann                      dass systemische Erkrankungen parodon-
   Mit seinem Vortrag „Einfluss von Mund-                 die professionelle Zahnreinigung (PZR) al-                       tale Entzündungsreaktionen beeinflus-
   hygieneinstruktionen, professioneller Ent-             lein die systematische PAR-Therapie nicht                        sen können. Umgekehrt kann eine syste-
   fernung von bakteriellen Belägen und von               ersetzen.                                                        matische PAR-Therapie zu Veränderungen
                                                                                                                           systemischer Erkrankungsverläufe führen.
                                                                                                     Foto: parostatus.de

                                                                                                                           Folglich besteht eine Wechselbeziehung
                                                                                                                           zwischen der Parodontitis und kardiovas-
                                                                                                                           kulären Erkrankungen, Diabetes mellitus
                                                                                                                           sowie Rheumatoider Arthritis. Anhand von
                                                                                                                           Schaubildern verdeutlichte Dommisch,
                                                                                                                           dass klinische Parameter und individuel-
                                                                                                                           le Risikofaktoren die Grundlage für die in-
                                                                                                                           dividuelle Einschätzung des Patienten mit
                                                                                                                           anschließender Festlegung der Therapie
                                                                                                                           und der Behandlung bilden. Neben den
                                                                                                                           zahnbezogenen und lokalen Faktoren wie
                                                                                                                           bspw. die Gesamtzahl der residualen Ta-
                                                                                                                           schen und der parodontale Knochenab-
                                                                                                                           bau in Bezug zum Alter des Patienten sind
                                                                                                                           die patientenbezogenen Faktoren wie das
   Parodontale Befunderhebung mittels PISA-Score (Periodontal Inflamed Surface Area –
   www.parostatus.de) – PA-Vergleich mit Visualisierung der Gesamtentzündungsfläche, hier:
                                                                                                                           Rauchen, die Medikamente und Mundhy-
   Parodontitis_b – chronische_PA-Status-Vergleich1717                                                                     giene sowie systemische und genetische

18 MBZ 07/08 2017
Beruf & Politik

                                                                                                                                       Foto: KZV Berlin
Faktoren von besonderer Bedeutung. Das          (bei jeder UPT).                             Hier ergänzte Dörfer, dass die Definition
Patientenverhalten bedingt die Prognose;     •	Systemische Parameter sind kontrol-          von „Erkrankung“ entscheidend sei, und
die Compliance ist somit entscheidend.          lierbar.                                     warf die Frage auf, ob es nur um den De-
Dommisch betonte, dass die unterstützen-     •	Die Compliance des Patienten ist aus-        fekt oder die tatsächliche Erkrankung gehe.
de Parodontitistherapie (UPT) integraler        reichend.                                    Welche realistischen Veränderungen also
Teil der PAR-Therapie ist. Seiner Meinung                                                    sollte der „Kassenzahnarzt“ in Angriff neh-
nach müsse aber sowohl die kontinuier-       Bewusstsein in der Gesellschaft                 men? Hierfür, so Dörfer, müsse das Be-
liche Diagnostik als auch eine adäquate      schaffen                                        wusstsein in der Gesellschaft geschaffen
Therapie hinzukommen. Gleichzeitig müs-                                                      werden, die diese Frage letztlich auch be-
se die UPT entsprechend der individuellen    Die anschließende Diskussionsrunde, die         antworten müsse. Mit Verweis auf die an-
Patientenbedürfnisse optimiert werden.       von Professor Dr. Christof Dörfer, Präsident    schauliche Darstellung der Entzündungs-
Zahlreiche Studien würden belegen, dass      der Deutschen Gesellschaft für Parodonto-       fläche auf der Hand (siehe Abbildung)
die UPT für den langfristigen Erfolg der     logie e. V., moderiert wurde, eröffnete der     machte Dörfer deutlich, dass es sich hier-
PAR-Therapie erforderlich ist. Sein Appell   VV-Vorsitzende, Dr. Heinrich Schleithoff, mit   bei auch um eine ethische Frage handle –
an den behandelnden Zahnarzt: Er müs-        der Frage, wie die Therapie in den Zahn-        nämlich, ob solche Entzündungen behan-
se immer die Gesamtziele der PAR-Thera-      arztpraxen mit dem Leistungskatalog der         delt werden sollen. Denn wenn der Patient
pie im Hinterkopf haben, also:               gesetzlichen Krankenversicherung (GKV)          kein „Putzproblem“, sondern ein systemi-
• Kontrolle der Infektion                    umgesetzt werden könne. Nach Dörfer ist         sches Problem habe, stelle sich zwangs-
• Vermeiden der Re-Infektion                 entscheidend, optimale Bedingungen zu           läufig die Frage, inwieweit die Gesellschaft
• Therapeutische Intervention                schaffen, um Zähne zu erhalten. Seiner          bereit sei, hierfür solidarisch die Kosten zu
                                             Meinung nach müsse der Anspruch dahin-          tragen.
Ob es möglich sei, das Ergebnis der akti-    gehend formuliert werden, auch mit klei-        Dr. Jörg Meyer, stv. Vorsitzender des Vor-
ven PAR-Therapie über Jahre hinweg stabil    nen Therapieerfolgen zufrieden zu sein.         standes der KZV Berlin, fragte, inwieweit
zu halten, bejaht Dommisch daher auch        Im Ergebnis: Selbst wenn der Zahn letzt-        Studien erstellt werden können, die vom
nur eingeschränkt; die folgenden Voraus-     lich gezogen werden müsse, sei zumindest        Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit
setzungen müssen erfüllt sein:               aufgebauter Knochen vorhanden.                  (IQWIG) akzeptiert werden. Hierzu erläu-
•	Die Behandlungsziele konnten weitest-     Dr. Jörg-Peter Husemann, Vorsitzender des       terte Dörfer das Problem, dass alle Studi-
    gehend erreicht werden (Cave: ST ab      Vorstandes der KZV Berlin, betonte, dass        en, die nicht so aufgebaut sind wie Arznei-
    6 mm, BOP, Furkation).                   die PAR-Richtlinie nicht mehr den heutigen      mittelstudien, vom IQWIG als nicht evident
•	Eine regelmäßige UPT (PMPR inkl. Mo-      Ansprüchen entspricht. Er stellte die Frage     bezeichnet werden. Dies wirft die grund-
    tivation) wird durchgeführt (zwei- bis   in den Raum, inwieweit die Krankenkassen        sätzliche Frage auf, ob die Methoden des
    viermal im Jahr).                        die Kosten für die UPT übernehmen soll-         IQWiG zur Nutzenbewertung von Arznei-
•	Ein individuelles Risiko wird bestimmt    ten, obgleich diese Therapie langwierig ist.    mitteln überhaupt auf nicht medikamentö-

                                                                                                                   MBZ 07/08 2017 19
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