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N o 12 2018 Obstetrica Das Hebammenfachmagazin / La revue spécialisée des sages-femmes Führende Organisationen Les organisations principales
Angenehmes Expression agréable Abpumpen. du lait. MAM Handmilchpumpe: Perfekte Tire-lait manuel de MAM : l’aide parfaite Unterstützung für Mütter und Babys. pour les mamans et les bébés. Muttermilch ist das Beste für Babys. Und Stillen unterstützt die Le lait maternel est le meilleur pour les bébés. Et l‘allaitement besondere Beziehung zwischen Mutter und Baby. stimule la relation toute particulière entre la mère et le bébé. Die Handmilchpumpe wurde in Zusammenarbeit mit Heb- Le tire-lait manuel a été développé en coopération avec des ammen, Stillberaterinnen und Müttern entwickelt. So ist eine sages-femmes, des conseillères en allaitement et des mères. besonders flexible Lösung entstanden, mit der Muttermilch Il en résulte une solution très souple grâce à laquelle le lait effizient und schonend abgepumpt werden kann. maternel peut être tiré avec efficacité et ménagement. Überzeugend auf ganzer Linie: 93%* Zufriedenheit Concluant sur toute la ligne : une satisfaction à 93%* Ausgezeichnete Ergebnisse von einer Marktstudie im Vereinig- D‘excellents résultats obtenus dans une étude de marché ten Königreich (UK). realisée au Royaume Uni (UK). • 93%* sind sehr zufrieden oder zufrieden mit der Qualität • 93%* sont très satisfaite ou satisfaite de la qualité der Handmilchpumpe du tire-lait manuel • 86%* bestätigen eine einfache Handhabung der Pumpe • 86%* confirment la simplicité d‘emploi de la pompe • im Vergleich zu anderen Pumpen im Test** braucht sie • en comparaison à d‘autres produits soumis à test**, weniger Pumpzyklen, um das gleiche Pumpvolumen nécessite moins de cycles de pompage pour obtenir zu erreichen un volume d‘expression égal • einfach und effizient: weniger Aufwand und angeneh- • simple et efficace: moins d‘effort et une expression plus mes Abpumpen durch ein längeres Vakuum agréable par un vide qui dure plus longtemps * Marktforschung UK 2017, n=90 * Marktforschung UK 2017, n=90, étude de marché UK 2017, n=90 ** Quelle: Labortest der BAMED AG mit Druck- und Vakuumsensoren, Österreich 2018 ** Source : test en laboratoire de la BAMED AG, avec des capteurs de pression et de vide, Autriche 2018 WEITERE INFORMATIONEN / PLUS D‘INFORMATIONS MIT EXPERTEN ENTWICKELT / DEVÉLOPPÉ AVEC LES EXPERTS www.mambaby.com/professionals Teamwork mit medizinischen Un travail d‘équipe avec experts Experten für höchste Sicher- médicaux pour une sécurité maximale. heit. Erst nach Freigabe durch Ce n‘est qu‘après l‘approbation de nos KONTAKT / CONTACT medizinische Experten ist eine experts médicaux, qu‘une inno- Bamed AG, a company of the Bamed MAM Group Ltd MAM Innovation bereit für das vation MAM peut être mise entre les mains Baby-Leben. de bébé. Sihleggstrasse 15, 8832 Wollerau °BPA/BPS frei: Alle MAM Produkte Phone +41 44 787 69 96 BPA werden aus BPA- und BPS-freien °Tous les produits MAM sont Mail professionals @bamedag.ch BPS Materialien hergestellt. fabriqués à partir de matières sans BPA ni BPS. Internet mambaby.com/professionals free
EDITORIAL Liebe Leserin, lieber Leser W elche Rolle spielen internationale Organisationen für den Hebam- menberuf und welchen Einfluss haben sie? 2016 erschien eine erste weltumspannende englische Untersuchung unter 2400 Hebammen in 93 Ländern, «Die Stimmen der Hebammen und ihr Arbeitsalltag: Erkenntnis- se einer weltumspannenden Umfrage zur Qualität der Hebammenarbeit» (Weltgesundheitsorganisation et al., 2016). Sie zeigte, dass die Bemühungen der Hebammen allzu oft wegen ungleicher Kräfteverhältnisse im Gesundheits- system behindert werden. Die Untersuchung ist insofern von Bedeutung, als dass sie aus der Feder bekannter internationaler Organisationen stammt, die sich zusammengetan haben und die Hindernisse anprangern, welche die Hebammen in fernen Ländern und auch bei uns überwinden müssen. Die Autoren bestätigen gleichzeitig klar und deutlich, dass die Hebammen mit ihren hochwertigen Pflegeleistungen Wesentliches zur Gesundheit der Frauen, Neugeborenen und Familien beitragen, und weisen auf notwendige Veränderungen hin: professionelle Unterstützung durch bessere Arbeits- bedingungen, Stärkung der Ausbildung und der gesetzlichen Rahmenbedin- «Die Bemühungen der gungen in der Geburtshilfe. Ausserdem sollen die Entscheidungsträger für Hebammen werden allzu die Betreuung der Mütter sensibilisiert werden, indem man sie ermutigt, bei der Ausgestaltung der Politik und der Programme rund um die Gesundheit oft wegen ungleicher Kräfte- von Müttern und Neugeborenen das Fachwissen der Hebammen besser verhältnisse im Gesund- einzubinden. Die Beiträge in der vorliegenden Ausgabe der «Obstetrica» vermitteln heitssystem behindert.» Ihnen eine Menge weiterer Informationen zur Rolle und zum Einfluss der berufsnahen Organisationen. Für uns Hebammen in der Schweiz ist v. a. wichtig, dass wir uns stets auf dem Laufenden halten und solche Dokumente beiziehen, sobald wir uns in jenen Gremien engagieren, die Entscheide im Zusammenhang mit der Gesundheit und dem Wohlbefinden der Frauen, Kinder und Familien treffen. Herzlich, Ihre Yvonne Meyer Yvonne Meyer, Hebamme, ordentliche Professorin an der Referenz Haute Ecole de Santé Vaud, Haute Ecole Weltgesundheitsorganisation, International Confederation of Midwives & White Ribbon Alliance (2016) Spécialisée de Suisse occidentale. Midwives’ voices, midwives realities: findings from a global consultation on providing quality midwifery care. Obstetrica 12/2018 03
I N H A LT Obstetrica Im Überblick 32 08 T I T ELT H EM A FOKUS 08 03 Editorial 20 Nationale und internationale Yvonne Meyer Praxis Organisationen unter der Lupe Wenn die Vulva juckt und brennt Maria-Pia Politis Mercier 06 Andreas Günthert Kurz gesagt 12 32 24 Verband Porträt Stark und geeint: Lothar Loeffler die Hebammen in Europa Christine Loytved und Regula Hauser Joeri Vermeulen 38 Sektionen Felix von Mikulicz-Radecki Christine Loytved und Regula Hauser 31 16 Impressum 28 Ärzte ohne Grenzen: Hebammen sind gefragt Fachhochschulen Nelly Staderini Doktoratsprogramm ermöglicht neue Perspektiven Vanessa Leutenegger 40 Fort- und Weiterbildung 30 THEMA DER Bücher AUSGABE 1/2 2019 62 Arbeitszufriedenheit Stellenangebote 04 12/2018 Obstetrica
Obstetrica CONTENU Aperçu 35 58 54 54 GRAND ANGLE FOCUS 46 43 Editorial 58 Organisations nationales et Pratique Yvonne Meyer internationales à la loupe Quand la vulve brûle et démange Maria-Pia Politis Mercier 44 Andreas Günthert et Urs Kalberer En bref 41 50 35 Formation continue Sages-femmes européennes: Fédération/ Federazione 62 pour un statut fort et unique Joeri Vermeulen 31 Les offres d’emploi Impressum 54 Médecins sans frontières recrute des sages-femmes Nelly Staderini THÈME DE L’ É D I T I O N 1 / 2 2 0 1 9 La satisfaction au travail Titelbild: iStockphoto 618513942, Rawpixel Ltd Obstetrica 12/2018 05
KURZ GESAGT Broschüren zum Impfen sowie zu Recht und Finanzen Kurz nach der Geburt ihres Kindes iStockphoto 462119981, Artem_Furman müssen sich Eltern die Frage stellen, ob sie es nach staatlichem Plan impfen oder nach individuellem Abwägen. In der Broschüre «Kinder- impfungen – eine Entscheidungs hilfe» werden die geläufigsten Krankheiten den verschiedenen Ansichten zu gewünschten und unerwünschten Wirkungen der WHO-Empfehlungen zur Reduktion entsprechenden Impfungen gegen- übergestellt. Dabei hat die Stiftung der Kaiserschnittrate weltweit für Konsumentenschutz den offiziel- len schweizerischen Impfplan des Am letzten Kongress der Internationalen Vereinigung für Gynäkologie und Bundesamtes für Gesundheit zugrun- Geburtskunde im Oktober bedauerte die Weltgesundheitsorganisation (WHO) de gelegt und zusätzlich verschiede- die missbräuchliche Praxis des Kaiserschnitts weltweit und veröffentlichte ne andere Stimmen aufgeführt. Eine Empfehlungen zur Reduktion dieses Eingriffs. Sie stützt sich dabei auf eine konkrete Empfehlung, gegen was, Reihe von Artikeln in «The Lancet», die aufzeigen, dass sich die Kaiserschnittrate wann und wie geimpft werden soll, in 15 Jahren weltweit fast verdoppelt hat (2015: 21 % gegenüber 12 % im ist in der vorliegenden Zusammen- Jahr 2000), ohne dass ein wesentlicher Nutzen für die Gesundheit von Frau und stellung nicht zu finden. Kind nachgewiesen werden konnte. Die WHO erklärt zwar, dass ein Kaiserschnitt Der Ratgeber «Eltern werden – Recht in gewissen Fällen absolut notwendig ist, doch sie prangert die Ungleichheiten und Finanzen», ebenfalls publiziert auf der Welt an: «Für viele Frauen wäre ein Kaiserschnitt nötig, doch sie haben von der Stiftung für Konsumenten- keinen Zugang dazu, insbesondere in ärmeren Regionen, während andere schutz, will Eltern bei der Klärung Frauen mit einem Kaiserschnitt entbunden werden, obwohl keine Notwendigkeit rechtlicher Fragen wie z. B. zum und keine medizinische Indikation dazu besteht» (WHO, 2018). Zur Senkung Sorge- und Namensrecht, zur Vater- der Anzahl überflüssiger Kaiserschnitte veröffentlichte sie eine neue Reihe von schaftsanerkennung, zum Kündi- Empfehlungen mit Vorschlägen für nicht klinische Massnahmen. gungsschutz und Mutterschafts- Empfehlungen unter www.who.int/reproductivehealth urlaub unterstützen. Er erläutert Artikelreihe unter www.thelancet.com zudem wichtige Elternthemen wie Teilzeitarbeit, externe Betreuung, Versicherungen, Haushaltsbudget, Unterhaltszahlungen, Kinderzulagen BFH-Fragebogen: oder Steuerabzüge. So können Eltern möglichst sorglos und entlas- mit dem Gewissen in Konflikt tet von finanziellen und rechtlichen Fragen in die neue Lebensphase Im vergangenen Jahr hat die Berner Fachhochschule (BFH), Disziplin starten. Geburtshilfe, eine umfangreiche Fragebogenuntersuchung zu moralischen Bestellungen mit beiliegendem Problemen und Kompetenzen im Alltag von Hebammen durchgeführt. Flyer oder unter 280 Hebammen und Hebammenstudierende haben an der Studie teilge- www.konsumentenschutz.ch nommen. Die Ergebnisse wurden nun im «Journal of Health Psychology» veröffentlicht und können bei stephan.oelhafen@bfh.ch angefordert werden. Oelhafen, S. & Cignacco, E. (2018). Moral distress and moral competences in midwifery: A latent variable approach. Journal of Health Psychology, Advance online publication. doi:10.1177/1359105318794842 06 12/2018 Obstetrica
K UK RU ZR ZG EGSEASGA TG T Neue Informations broschüre zur Monitoring-System Sucht und Congress nichtübertragbare Krankheiten Interprofessionalität «Geburtshilfe im Dialog» Was sind die Voraussetzungen für In der Schweiz stellen nichtübertragbare eine gelungene Interprofessionalität? 22./23. März 2019, Mannheim (D) Krankheiten (NCD) und Sucht eine grosse Mit welchen Problemen haben die Der Congress «Geburtshilfe im Dialog», Herausforderung für die öffentliche Gesund- Teams zu kämpfen und wie gehen sie organisiert von Pro Medico, der Medi- heit dar. Die Website des Schweizer Monito- diese an? Wie können Institutionen, zinischen Fortbildungs- und Congress- ring-Systems Sucht und NCD (MonAM) prä- Fachpersonen sowie Patientinnen gesellschaft mbH, widmet sich nächstes sentiert die Kennzahlen zu diesen Themen: und Patienten davon profitieren? Die Jahr dem Thema «Zusammen – für den Aktuelle Daten aus verlässlichen Quellen Broschüre «Interprofessionalität im besten Weg ins Leben». Er greift u. a. können interaktiv eingesehen werden. Das Gesundheitswesen – Beispiele aus der folgende Themen auf: Late Preterm, Schweizerische Gesundheitsobservatorium Berufspraxis» geht diesen und a turning point in the history of birth, verwaltet die Website im Auftrag und mit weiteren Fragen nach und zeigt Geburt in der Geburt, Rebirthing, Stillen Unterstützung des Bundesamtes für Gesund- sieben konkrete Modelle guter Praxis im Dialog, Veränderung der Sexualität heit. Die aufgeführten Indikatoren wurden im aus verschiedenen Bereichen und durch das Kinderkriegen, postpartale Rahmen der zwei nationalen Strategien Regionen der Schweiz, u. a. «Transi- Kontrazeption, drohende Frühgeburt «Nationale Strategie zur Prävention nicht- tion to home after Pre Term Birth» und Immobilisierung, Beckenendlage, übertragbarer Krankheiten (NCD-Strategie)» aus Bern. Vaginal Seeding sowie Risiken einer und «Nationale Strategie Sucht» (Laufzeit Die Broschüre wurde im Rahmen des kurzen Schwangerschaftsfolge. 2017–2024) definiert und vom Bundesrat ver- Förderprogramms «Interprofessiona- Anmeldung und weitere Informationen abschiedet. Derzeit sind 25 von 135 Indikato- lität im Gesundheitswesen» erarbeitet unter www.geburtshilfe-im-dialog.de ren online verfügbar. Nach Abschluss der und richtet sich in erster Linie an alle Pilotphase in der ersten Jahreshälfte 2019 Institutionen und an lokale, regionale werden weitere Indikatoren aufgeschaltet. und kantonale Leistungserbringer MonAM unter www.obsan.admin.ch im Gesundheitswesen. Sie hat zum Ziel, interessierte Organisationen zur Interprofessionalität zu inspirieren und interprofessionelle Zusammen- arbeit dadurch zu fördern. B estellung der kostenlosen Broschüre unter Bundesrat lehnt die «Pflegeinitiative» ohne Gegenvorschlag ab www.bundespublikationen.admin.ch (Artikel-Nr. 316.601.D) oder Bezug als PDF Zum Jahrestag der Einreichung der eidgenössischen Volksinitiative für eine starke Pflege machten in acht Schweizer Städten hunderte Freiwillige symbolisch auf den Fachkräftemangel in den Pflegeberufen aufmerksam. Gleichentags kommunizierte der Bundesrat seine ableh- nende Haltung zur Pflegeinitiative. Damit verpasst er es, notwendige und griffige Massnahmen gegen den Pflegenotstand zu ergreifen. Die Schweiz bildet bereits heute massiv zu wenig Pfle- gepersonal aus. Mit der Ablehnung der eidgenössischen Volksinitiative ohne Gegenvorschlag verkennt der Bundesrat die Dringlichkeit des Pflegenotstandes in der Schweiz. Der in A ussicht gestellte Massnahmenplan reicht bei Weitem nicht aus, um die Probleme in der Pflege zu lösen. Für Yvonne Ribi, Geschäftsführerin des Schweizer Berufsverbandes der Pflegefachfrauen und Interprofessionalität im Gesundheitswesen Pflegefachmänner, gibt es nun zwei Möglichkeiten: «Die Initiative kommt vors Volk oder das Beispiele aus der Berufspraxis Parlament greift ein und macht einen guten Gegenvorschlag.» Quelle: Medienmitteilung des Schweizer Berufsverbandes der Pflegefachfrauen und Pflegefachmänner vom 7. November, www.sbk.ch 1 Medienmitteilung des Bundesrates vom 7. November unter w ww.admin.ch Obstetrica 12/2018 07
Nationale und internationale Organisationen unter der Lupe Wie andere Berufe ist auch der Hebammenberuf mit verschiedenen Organisationen verbunden, die dazu beitragen, ihn bekannt zu machen, weiterzuentwickeln und dessen Strukturen sowie die Berufsausübung, -ausbildung und -reglementierung mitzuprägen. Das Ziel: einen Beitrag an eine Gesundheits- und Sozialpolitik zu leisten, die sich auf die Frauen und Familien ausrichtet. Der folgende Artikel beleuchtet wichtige Verbindungsstellen zum Beruf. T E X T: MARIA-PIA POLITIS MERCIER 08 12/2018 Obstetrica
Nationale und internationale Organisationen unter der Lupe T I T ELT H EM A iStockphoto 537184834, honglouwawa D er Hebammenberuf ist in ein brei- über die Gesundheitsberufe erwähnt, das sen haben. Auch die Schweiz als Nicht-EU- tes nationales und internationales sich gegenwärtig in der Vernehmlassung Mitglied pflegt enge Beziehungen in Form Netzwerk eingebunden. Dabei bzgl. des Ausführungsrechts befindet1. von bilateralen Verträgen. Die Schweiz sollte man sich stets vor Augen Jedes Land, auch die Schweiz, wird von den gehört zu den ersten Unterzeichnern des halten, dass der Beruf vielen Einflüssen aus- Entscheidungen und Veränderungen in den Bologna-Prozesses, der Harmonisierung gesetzt ist, von denen er aber auch profitie- politisch vereinten Ländergruppen, z. B. der der Hochschulbildung. Über diesen Prozess ren kann, und dass er seinerseits weitere Europäischen Union (EU) und den Vereinten wurde der Hebammenberuf in die Tertiär- Beteiligte im Bereich der Gesundheit von Nationen (UNO), beeinflusst. Es werden ausbildung integriert, indem er wie andere Mutter und Kind beeinflussen kann. Richtlinien veröffentlicht, die ihrerseits von Berufe im Gesundheits- und Sozialwesen kontextbezogenen Daten und Forschungs- auf die Fachhochschulstufe gehoben wer- Neues Gesetz ergebnissen abhängen, und anschliessend den konnte. Der Bologna-Prozess strebt die in der Schweiz in die Gesetzgebungen und Praktiken der Schaffung eines europaweiten Hochschul- Die vielfältigen Verbindungen und Aktivitä- verschiedenen Länder eingebunden wer- raums mit einheitlichen Studiengängen und ten innerhalb unseres Landes laufen über den. Im Folgenden werden verschiedene -abschlüssen und der automatischen ge- die Bundes- und Kantonsämter, Berufsver- Organisationen und Instrumente vorge- genseitigen Anerkennung der Diplome an. bände wie bspw. den Schweizerischen stellt, die nicht nur den Hebammenberuf Auf Bundesebene ist heute das Staatsse- Hebammenverband (SHV), über regionale (Ausbildung und Ausübung), sondern auch kretariat für Bildung, Forschung und Inno- Berufsvertretungen, Ausbildungsstätten, die Gesundheit der Frauen, Kinder und vation das Kompetenzzentrum für die Versicherer und weitere Interessenvertre- Familien direkt beeinflussen. Hochschulausbildung. Es gehört zum Eid- ter. Mit jeder Gesetzesrevision ergeben sich genössischen Departement für Wirtschaft, neue Wünsche von verschiedenen Interes- Die EU und Bildung und Forschung. Weitere europäi- sengruppen sowie kleinere oder grössere die Ausbildung sche Vereinbarungen wie bspw. die Perso- Veränderungen und Entwicklungen. Als ak- Die EU besteht aus 28 Ländern, die sich poli- nenfreizügigkeitsabkommen spielen eben- tuelles Beispiel sei das neue Bundesgesetz tisch und ökonomisch zusammengeschlos- falls eine Rolle. Obstetrica 12/2018 09
T I T ELT H EM A Für die reglementierten Berufe, also auch Der Beruf ist vielen Einflüssen für den Hebammenberuf, stützen sich die Länder auf verschiedene Europäische Richt- ausgesetzt, von denen er aber auch linien, welche die Anerkennung von Qualifi- kationen vorsehen und den erforderlichen profitieren kann, und er kann Ausbildungstypus festlegen. Die Europäi- sche Richtlinie 2005/36/EG über die Aner- seinerseits weitere Beteiligte im kennung von Berufsqualifikationen (Euro- päisches Parlament und Rat, 2005) wird für Bereich der Gesundheit von Mutter eine minimale Harmonisierung der Grund- ausbildungssysteme mehrerer Berufe – dar- und Kind beeinflussen. unter auch des Hebammenberufs – beige- zogen (Art. 40 bis 43 und Anhang V). Sie beschreibt die Mindestausbildung, die Studiendauer und die Inhalte (Theorie und Praxis) und umfasst einen detaillierten Katalog der Mindestanzahl professioneller Eingriffe. In der Schweiz wird diese Richtli- nie in den Ausbildungsprogrammen klar ein internationales Institut der Rechte des von der engsten Zusammenarbeit der Ein- berücksichtigt. Gewisse Punkte der Richtli- Kindes gibt 2. zelnen und der Staaten ab. In der Verfassung nie wurden 2013 aktualisiert (Europäisches Gerade heute sind die Menschenrechte ein steht zudem, dass die Regierungen die Ver- Parlament und Rat, 2013). wichtiger Ansatzpunkt und ein unerlässli- antwortung für die Gesundheit ihrer Völker ches Instrument zur Förderung der Demo- tragen. Die UNO und kratie und der Gesundheit, insbesondere Zu den Aufgaben der WHO gehört der Aufbau ihre Sonderorganisationen jener der Frauen. Viele Punkte betreffen die eines vielfältigen internationalen Netzes von Die UNO wurde 1945 nach dem Zweiten reproduktive Gesundheit und die Gewalt Akteuren aus sämtlichen Ländern. So wer- Weltkrieg gegründet. Sie zählt 193 Mit- gegen Frauen. Es gibt eine Fachstelle der den auch Gutachten über die unterschiedli- gliedsländer. Gestützt auf ihre Charta UNO für Gleichstellung und Frauenförde- chen Gesundheitsfragen ausgearbeitet und befasst sich die UNO mit verschiedenen rung (UN Women). Die UNO hat mehrere ausgetauscht. Dass der Gesundheit von internationalen Problematiken (Sicherheit Sonderorganisationen, welche die wesent- Mutter und Kind und der reproduktiven und Frieden, Sicherheitsberatung, Men- lichen Lebensbereiche abdecken. Für den Gesundheit besondere Aufmerksamkeit schenrechte, Klima, Bildung, Migration, Hebammenberuf bedeutsam sind in erster geschenkt wird, zeigt sich darin, dass sich Landwirtschaft, Gesundheit, multilaterale Linie die Weltgesundheitsorganisation eine spezielle Abteilung diesen Fragen Diplomatie, Kontakte zu Nichtregierungsor- (WHO), das Kinderhilfswerk der Vereinten widmet. Die Förderung des Stillens – dank ganisationen, NGO, usw.). Sie bietet zudem Nationen (UNICEF) und der Bevölkerungs- des Internationalen Kodex zur Vermarktung ein Forum für den Dialog zwischen den Län- fonds der Vereinten Nationen (UNFPA). von Muttermilchersatzprodukten (1981) – dern. Die Generalversammlungen finden in und die Bekämpfung der weiblichen Genital- New York statt, während Genf bei den Akti- WHO, UNFPA und UNICEF verstümmelung sind anerkannt wichtige vitäten und in den von der UNO abgedeck- Die WHO, eine der Sonderorganisationen Fragen, die mit anderen Organisationen, na- ten Bereichen weltweit eine wesentliche der UNO, hat ihren Sitz in Genf. Sie hat den mentlich der UNICEF, angegangen werden. Rolle spielt. Auftrag, das internationale öffentliche Ge- Ferner trägt die WHO aussagekräftige Daten Ebenfalls zur UNO gehört das wichtige sundheitswesen zu steuern und zu koordi- und Good-Practice-Empfehlungen zusam- Hochkommissariat für Menschenrechte nieren. Ihre wichtigsten Tätigkeitsbereiche men und begleitet deren Umsetzung in den (United Nations High Commissioner for sind die Beobachtung und Bekämpfung verschiedenen Ländern. Z. B. hat die WHO Human Rights). Es verfolgt die Menschen- übertragbarer und nicht übertragbarer dieses Jahr ein Dokument veröffentlicht, das rechtslage in den verschiedenen Ländern, Krankheiten (chronische Krankheiten), die zur Senkung der Kaiserschnittrate auf nicht auch in der Schweiz. Die Allgemeine Erklä- Vorbereitung, Überwachung und Reaktion klinischem Weg beitragen soll (siehe Seite 6). rung der Menschenrechte wurde 1948 ver- im Zusammenhang mit akuten Bedrohun- abschiedet. Mittlerweile wurde sie mit Fak- gen der Gesundheit, die Förderung der Ge- Nachhaltige Entwicklung ten über politische, bürgerliche, soziale, sundheit und die Stärkung der Gesundheits- Die Gesundheit von Mutter und Kind nahm wirtschaftliche und kulturelle Rechte er- systeme. Die WHO unterstützt die Gesund- in den Millenniumszielen (2000 bis 2015) gänzt. Rechtsvorschriften zu den Men- heitsziele der Länder. Die Verfassung der einen wichtigen Platz ein, was dank der schenrechten finden sich in den nationalen WHO beruht auf dem Recht auf Gesundheit Investitionen zu einer Reduktion der Mütter- Gesetzgebungen. Eine spezifische Konven- als Grundrecht jedes menschlichen Wesens, und Kindersterblichkeit führte. Heute ori- tion und verschiedene Zusatzprotokolle ungeachtet seiner Situation. Die Gesundheit entiert sich die internationale Gemeinschaft befassen sich mit den Kinderrechten. Dazu aller Völker ist eine Grundbedingung für den an den Zielen für eine nachhaltige Entwick- sei bemerkt, dass es in der Schweiz, in Sion, Weltfrieden und die Sicherheit; sie hängt lung (2016 bis 2030): Gesundheit der Frauen 10 12/2018 Obstetrica
Nationale und internationale Organisationen unter der Lupe T I T ELT H EM A und Kinder, Geschlechtergleichstellung, Sie unterstützt die von der UNO, den NGO auf regionaler, nationaler oder internatio- Bekämpfung von Gewalt, Recht auf Bildung und den Regierungen geförderten Ziele für naler Ebene in Gruppen und Institutionen gehören zu den 17 Zielen, nebst den The- eine nachhaltige Entwicklung und für eine zu engagieren. Mit Weiterbildungen können men Umwelt, Klima und Sicherheit, deren allgemeine Gesundheitsversorgung. Die sie zusätzliche Erfahrungen und die not- Dringlichkeit zunimmt. Das Ziel Nummer 3 Strategie 2017 bis 2010 der ICM legt das wendigen Kompetenzen erwerben und so betrifft die Gesundheit und unterstützt die Schwergewicht auf Qualität, Gerechtigkeit die wichtigen Errungenschaften des Heb- Verbesserung der Gesundheit der Frauen, und Leadership. Der Internationale Hebam- ammenberufs im Gesundheitswesen und in insbesondere während der Mutterschaft. mentag vom 5. Mai findet jeweils unter der den entsprechenden politischen Instanzen Die Zusammenarbeit mit weiteren Fachper- Federführung der ICM statt. einbringen und dadurch Wesentliches zur sonen aus dem Gesundheitsbereich oder Die ICM hat eine Reihe von Basisdokumen- Gesundheit und zum Wohlbefinden der anderen Sektoren sind ebenfalls nötig im ten zur Berufsdefinition, zur Berufspraxis Frauen, Mütter, Kinder und Familien sowie Hinblick auf die Erfüllung der Bedürfnisse und -ethik, zu den Rechten der Frauen und zur Weiterentwicklung des Berufs beitra- der Frauen und ihre Besserstellung. Beson- Hebammen sowie Stellungnahmen zu ver- gen. deres Augenmerk gilt der zunehmenden schiedenen frauen- und hebammenspezifi- Verbreitung chronischer Krankheiten und schen Themen veröffentlicht. Das neueste dem Fortbestehen übertragbarer Krankhei- Dokument «ICM essential competencies for ten (HIV, Tuberkulose, Malaria usw.). midwifery practice» (ICM,2018) ist sowohl Die Fachpersonen aus dem Gesundheits für die Praxis als auch für die Ausbildung AUTORIN bereich, darunter auch die Hebammen, von Bedeutung, da es sich mit den Kompe- werden von der WHO und dem UNFPA aktiv tenzen und Praktiken der Hebammen be- gefördert, was weltweit viel zur Anerken- fasst. Die Dossiers wurden von Vertreterin- nung und zur Sichtbarkeit des Berufs nen und Vertretern der Berufsverbände und beiträgt. So wurde festgelegt, dass ausge- vom Vorstand ausgearbeitet. Alle drei Jahre bildete Hebammen 87 Prozent der medizini- findet der Internationale ICM-Kongress schen Grundversorgung der Mütter und statt, an dem mehrere Tausend Hebammen Neugeborenen leisten können (Bericht «The die Gelegenheit erhalten, sich zu begegnen, state of the world’s midwifery», koordiniert Kontakte zu knüpfen, von anderen zu lernen Maria-Pia Politis Mercier, vom UNFPA, von der WHO und von der Inter- und ihre Praktiken und Forschungsergeb- Leiterin der Hebammenausbildung an der Haute Ecole nationalen Hebammenvereinigung, 2014). nisse bekannt zu machen. Der letzte Kon- de Santé Vaud, Haute école spécialisée de Suisse occidentale. Die Websites der UN-Sonderorganisationen gress fand 2017 in Toronto statt, der 13. Kon- dienen als qualitativ hochstehende, kosten- gress wird vom 21. bis 25. Juni 2020 in Bali lose und leicht zugängliche Quellen für be- über die Bühne gehen. Die Anmeldefrist rufsspezifische Informationen. läuft bereits3. Auf der Website der ICM sind 1 w ww.bag.admin.ch alle Dokumente sowie die News auf Englisch 2 C AS-Studiengänge in Zusammenarbeit Die Internationale und teilweise auch auf Französisch und Spa- mit dem Institut universitaire Kurt Hebammenvereinigung nisch einsehbar. Bösch, der Universität Freiburg und dem Centre interfacultaire en droits de Die Internationale Hebammenvereinigung l’enfant der Universität Genf, (International Confederation of Midwives, Sich engagieren www.childsrights.org ICM) ist eine wegweisende Organisation für ist wichtig 3 w ww.midwives2020.org den Beruf der Hebamme. Sie zählt 113 Mit- Dieser Überblick erwähnt einige bedeuten- gliedsländer und 132 Berufsverbände, in de Akteure, die den Beruf, seinen Wirkungs- denen insgesamt rund 500 000 Hebammen bereich, die Praktiken und die Autonomie in aus allen Kontinenten vertreten sind. Der der Berufsausübung prägen und unterstüt- Literatur Sitz befindet sich seit 1999 im niederländi- zen und dabei stets die Gesundheit der Europäisches Parlament und Rat (2005) Richtlinie schen Den Haag. Die ICM ist bei den UN-Or- Frauen und Kinder vor Augen haben. Debat- 2005/36/EG des europäischen Parlaments und Rates ganisationen akkreditiert und arbeitet mit ten werden geführt, Fragen stehen im vom 7. September 2005 über die Anerkennung von Berufsqualifikationen (Text von Bedeutung für den der International Federation of Gynaecolo- Raum, es gibt Kontroversen über die Wei- EWR). www.eur-lex.europa.eu gy and Obstetrics und mit anderen interna- chen, die zu stellen sind oder bereits gestellt Europäisches Parlament und Rat (2013) Richtlinie tionalen Berufsverbänden zusammen. Es wurden. Deshalb ist es wichtig, dass sich 2013/55/EU des europäischen Parlaments und Rates vom 20. November 2013 zur Änderung der Richtlinie ist ihr Ziel, den Beruf zu stärken und zu för- jede einzelne Hebamme gut informiert und 2005/36/EG über die Anerkennung von Berufsqualifika- dern (Ausbildungsstandards, Reglementie- bei Berufsanlässen oder über die sozialen tionen und der Verordnung (EU) Nr. 1024/2012 über die rung, Berufsverband), damit jede Frau von Netzwerke engagiert. Wer die internen und Verwaltungszusammenarbeit mit Hilfe des Binnen- markt-Informationssystems («IMI-Verordnung») (Text den Pflegeleistungen der Hebammen profi- externen, lokalen und internationalen Be- von Bedeutung für den EWR). www.eur-lex.europa.eu tieren kann. Die ICM ist für die UN-Organisa- wegungen kennt, merkt, dass nichts in Stein ICM (2018) ICM essential competencies for midwifery tionen eine wichtige Anlaufstelle für alles, gemeisselt ist. practice. Update. www.internationalmidwives.org Koordiniert vom UNFPA, von der WHO und von der was den Beruf sowie die Gesundheit der In Zukunft wird es entscheidend sein, dass Internationalen Hebammenvereinigung (2014) Frauen und die Hebammenarbeit betrifft. immer mehr Hebammen bereit sind, sich The state of the world’s midwifery. www.unfpa.org Obstetrica 12/2018 11
Stark und geeint: die Hebammen in Europa Der Europäische Hebammenverband (European Midwives Association) hat zum Ziel, das Hebammenwesen in Europa zu einen, zu stärken und zu verbessern. 2018 feiert die Bewegung ihren 50. Jahrestag. Eine gute Gelegenheit, um die Organisation und ihr Wirken im Laufe der Jahre vorzustellen. T E X T: JOERI VERMEULEN 12 12/2018 Obstetrica
Stark und geeint: die Hebammen in Europa T I T ELT H EM A U rsprünglich 1968 als European Durch seine Mitgliedsverbände Midwives Liaison Committee / Co- mité de liaison des sages-femmes hört der EMA den Frauen zu und européennes gegründet, das die sechs EU-Mitgliedsstaaten vertrat, wurde setzt sich als Fürsprecher und die Organisation 2004 zum Europäischen Hebammenverband (European Midwives Lobbyist in Bereichen ein, welche Association, EMA). Die Schaffung des EMA sollte heute im Lichte der damals erwarte- die Gesundheit dieser Frauen und ten EU-Erweiterung gesehen werden. Die EU erweiterte sich allmählich von sechs ihrer Familien betreffen. (1968) zu 15 Mitgliedern (1995) und stand 2004 vor einer erneuten Erweiterungswelle mit weiteren zehn Mitgliedsstaaten. Diese erhebliche Vergrösserung der EU brachte viele Herausforderungen mit sich, auch in der Geburtshilfe. Um diese Herausforderun- gen zu meistern, setzte sich der EMA folgen- • Bindeglied zur EU, zum Europarat und zu sationen, der Weltgesundheitsorganisati- de Ziele: anderen Institutionen auf europäischer on, dem Internationalen Hebammenver- • Einwirken auf rechtliche Mechanismen Ebene und zur Weltgesundheitsorganisa- band und weiteren Experten. Ausserdem auf nationaler und internationaler tion unterhält der EMA starke Beziehungen zur Ebene, um den Mindesstandard für Durch seine Mitgliedsverbände hört der Europäischen Gesellschaft für Gynäkologie Bildung und Praxis gemäss EU-Richtlini- EMA den Frauen zu und setzt sich als Für- und Geburtshilfe und zur Europäischen en zu gewährleisten und zu wahren sprecher und Lobbyist in Bereichen ein, Gesellschaft für perinatale Medizin. • Übernahme ähnlicher Praxisstandards welche die Gesundheit dieser Frauen und Alle drei Jahre organisiert der EMA seine wie die bereits in der EU angewandten ihrer Familien betreffen. Im Laufe der Jahre «Bildungskonferenz» mit dem Ziel, die • Verringerung von Abweichungen in den hat sich der EMA mit der wachsenden euro- Herausforderungen der aktuellen Hebam- Hebammenkompetenzen in der EU und päische Gemeinschaft vergrössert und um- menausbildung zu beleuchten und Innova- bei den EU-Beitrittskandidaten fasst derzeit Hebammenberufsverbände tionen in Bildung und Praxis zu unter • Gewährleistung einer optimalen Hebam- nicht nur aus EU-Mitgliedsstaaten, sondern suchen, welche die Lernerfahrung der menbetreuung für Frauen in ganz Europa auch aus Ländern des EWR und des Europa- Auszubildenden und die Qualität der Heb- In den Anfangsjahren lag der Schwerpunkt rates. Heute vertritt der EMA 35 Hebammen- ammenbetreuung für Frauen und ihre des EMA hauptsächlich auf der Freizügigkeit organisationen aus 30 Ländern. Im Vor- Familien besser gestalten können. Die der Hebammen, Mindeststandards, der stand des EMA befinden sich Mitglieder aus nächste Konferenz findet im Dezember Harmonisierung der Hebammenausbildung dem Vereinigten Königreich, Belgien, Finn- 2019 in Stockholm statt, ein Aufruf zu Kon- und der Umsetzung der EU-Richtlinien in land, Frankreich, Kroatien und Malta. ferenzbeiträgen erfolgt Anfang 2019. Die den «neuen» Mitgliedsstaaten. EMA hofft, bei ihrer Veranstaltung eine Anerkennung durch die grössere Delegation Schweizer Hebam- Welches sind die heutigen wissenschaftliche Gemeinschaft men in Schweden begrüssen zu können. Ziele des EMA? Mit den Veränderungen der Welt seit 2004 Der EMA ist eine gemeinnützige Nichtregie- hat sich entsprechend auch die Arbeit des Schwerpunkt: erforderliche Stundenzahl rungsorganisation, die Hebammenverbän- EMA verändert. Die Geburtshilfe hat jetzt für die Ausbildung de aus den Mitgliedsstaaten der Europäi- ihren eigenen Wissensfundus und hat sich Trotz Fortschritten in der Arbeit des EMA schen Union (EU) und des Europäischen zur Wissenschaft entwickelt. Tatsächlich bleiben die Hebammenausbildung und Wirtschaftsraums (EWR) sowie aus den Län- wird der EMA in der wissenschaftlichen -praxis weiter eine Herausforderung, denn dern des Europarates (einschliesslich der Gemeinschaft anerkannt und zunehmend in einigen Mitgliedsstaaten werden Hebam- Schweiz, die weder EU- noch EWR-Mitglied eingeladen, sich an europäischen Projek- men nicht vollständig anerkannt und die ist) vertritt. Die Ziele des heutigen EMA sind: ten, Konferenzen und Netzwerken zu betei- Richtlinien in Europa unterschiedlich aus- • Förderung der allgemeinen und ligen. Der EMA hat eine starke Rolle in der gelegt. 1980 war die EU mit der Richtlinie reproduktiven Gesundheit der Frauen in Bereitstellung von Informationen, Fachwis- 80/154/EWG in mehreren Mitgliedsstaaten Europa sen und Belegen durch Lobbyarbeit und ein globaler Wegbereiter für einen Rechts- • Stärkung der Stellung und Praxis des Zusammenarbeit mit nationalen und euro- rahmen, was die Anforderungen der Heb- Hebammenberufs päischen Politikern, Nichtregierungsorgani- ammenausbildung betraf. Seitdem sind Obstetrica 12/2018 13
T I T ELT H EM A weitere Staaten der EU beigetreten, die alle gend aktualisiert werden, bspw. perinata- Der EMA ist besorgt über Schwankungen die Einhaltung der Anforderungen gewähr- les Simulationstraining und respektvolle und Ungleichheiten in der Betreuung in leisten müssen. Die neueste Änderung 2013 Schwangerschaftsbetreuung (Vermeulen Europa, die bis heute fortbestehen (Jokinen bestätigte die Zukunft der Hebammenaus- et al., 2018). Vor Kurzem ist eine Arbeits- & Vermeulen, 2015). In der «The Lancet»- bildung als Hochschulqualifikation. gruppe mit Ausbildern aus acht EU-Staaten Serie über Geburtshilfe (Renfrew et al., Die Richtlinie gab auch die erforderliche zusammengekommen, um einen konkre- 2014) lautete eine der wichtigsten Aussa- Stundenzahl für die theoretische und klini- ten Vorschlag für einen neuen Anhang V zu gen, dass eine wirkungsvolle Abdeckung sche Ausbildung an, die bei der Aushand- entwickeln. Deren Konsens war, dass An- der Reproduktions-, Mütter- und Neugebo- lung der Änderungen mit ein Schwerpunkt hang V einer sprachlichen Aktualisierung renengesundheit drei Massnahmen erfor- gewesen war (Hundley et al., 2018). Anhang bedarf, welche die ICM-Definition der Heb- dert: Frauen die Nutzung der Hebammen- V der Richtlinie über die Inhalte der Heb- amme (ICM, 2017) und die «The Lancet»- betreuung zu erleichtern, mehr zu tun, um ammenausbildung muss im Hinblick auf Serie über Geburtshilfe (Renfrew et al., ihren Bedürfnissen und Erwartungen die aktuellen Weiterentwicklungen drin- 2014) berücksichtigt. gerecht zu werden, und die Qualität der Mitgliedsländer des EMA 2018 Island Finnland Norwegen Schweden Estland Russland Lettland Dänkemark Litauen Weissrussland nd e nd Polen la England rla Ir de Nie Be lgi Deutschland en Luxemburg Tschechien Ukraine Kasachstan i ake Liechtenstein Slow M ol da Frankreich Schweiz Österreich Ungarn u ien en Slo w Kroatien Rumänien Bosnien und San Marino Herzegowina Serbien Monaco Andorra Italien Montenegro Kosovo Bulgarien Alban Georgien Vatikanstadt Mazedonien Ar al Aserbaidschan ien Spanien m g en Portu ie n Griechenland Türkei Iran Tunesien Malta pe rn Syrien Zy Libanon Irak Marokko Algerien en ni Israel a rd Jo Saudi-Arabien 14 12/2018 Obstetrica
Stark und geeint: die Hebammen in Europa T I T ELT H EM A ammen gesehen und gehört werden. Das zunehmende Bewusstsein Zudem will der EMA in Zukunft weiter daran arbeiten, zusammen mit anderen europäi- für psychische Gesundheit im schen Berufsverbänden und Nichtregie- rungsorganisationen für Frauengesundheit Perinatalzeitraum muss ange das Hebammenwesen in Europa zu stärken. Nur gemeinsam können Hebammen für messen miteinbezogen werden. eine bessere Begleitung von Frauen, Babys und ihren Familien eintreten und eine siche- re, hochwertige Hebammenbetreuung be- wirken. Die Gründerinnen des EMA haben die Fun- damente für ein starkes, geeintes Hebam- menwesen in Europa gelegt. Herzlichen Glückwunsch zum 50. Jahrestag an das etreuung für sie und Neugeborene zu ver- B mit kurz- und langfristigen gesundheitli- europäische Hebammenwesen und an alle bessern. Zwar war dies ein globaler Ansatz chen und sozialen Vorteilen für Mütter, europäischen Hebammen! zur Schaffung eines Rahmenwerks für eine Kinder, Familien und Gemeinschaften in hochwertige Mütter- und Neugeborenenbe- Verbindung bringen. Der EMA unterstützt treuung, aber er lässt sich leicht nachvoll- aktiv europäische Staaten, die Anstrengun- ziehbar auch auf die Gesundheitspflege der gen unternehmen, um Entbindungen zu Europäerinnen anwenden. normalisieren und unnötige Eingriffe zu verringern. Die Herausforderungen für den Respektlose EMA sind zu zahlreich, um sie hier alle aufzu- Betreuungspraktiken listen, aber die Wahrung des Gleichgewichts Gelegentlich werden respektlose Betreu- zwischen den Anforderungen und den AUTOR ungspraktiken bei Entbindungen gemeldet, Kapazitäten des EMA wird ausschlaggebend eine Erinnerung daran, dass sogar im Jahr für den Erfolg sein. 2018 nicht alle Frauen in Europa eine mit- Der EMA ist der Überzeugung, dass in Euro- fühlende Betreuung erhalten, bei der sie im pa Bedarf für einen Paradigmenwechsel in Mittelpunkt stehen. In einigen Mitglieds- der Schwangerschaftsbegleitung besteht, staaten ist die Geburtshilfe durch geringen um ein nachhaltiges Betreuungsmodell zu Personaleinsatz, unzulängliche Finanzie- entwickeln, das kosteneffizient ist und über rung, rechtliche Hürden und Versicherungs- das Spital hinausgeht. Dabei sollten der fragen bedroht. Die Lage von Immigranten inadäquate Einsatz von Hebammenperso- ist aufgrund fehlender Zugänglichkeit oder nal, die geringe Kontinuität der Hebammen- Joeri Vermeulen, gesundheitsdienstlicher Barrieren in eini- betreuung für Frauen, die begrenzten Aus- Geburtshelfer und Master in Medizin- und Sozialwissen- schaften, Schriftführer der European Midwives gen europäischen Ländern besorgniserre- wahlmöglichkeiten für Schwangere und die Association und Leiter der Abteilung Hebammenwesen gend. Das zunehmende Bewusstsein für eingeschränkten Möglichkeiten für Hebam- an der Erasmushogeschool Brussel, Belgien. psychische Gesundheit im Perinatalzeit- men zur unabhängigen Tätigkeit angegan- raum muss angemessen miteinbezogen gen werden. Zum Aufbau einer primären werden. In den vergangenen Jahren gab es Gesundheitsversorgung ist der vollumfäng- gemeinsame Anstrengungen in der Gemein- liche Einsatz von Hebammen als Gesund- Literatur schaft der Hebammen, auch unterstützt von heitsexperten erster Wahl neben weiteren Hundley, V., Cadée, F., Jokinen, M. (2018) Editorial Frauengruppen, um Frauen mehr Hilfe und Gesundheitsfachleuten erforderlich. midwifery special issue on education: A call to all the Ressourcen zukommen zu lassen, die auf- world’s midwife educators! Midwifery; 64, 122–123. doi:10.1016/j.midw.2018.06.013 grund bestehender Erkrankungen psychi- Neue Publikationen rücken Jokinen, M. & Vermeulen, J. (2015) Investing in the sche Gesundheitsprobleme haben oder eine Hebammen mehr ins Rampenlicht future. Pan European Networks: Government 14, 60–62. oft versteckte Verschlechterung ihrer psy- 15 Jahre nach Marianne Meads’ Beitrag Mead, M. (2003) Midwifery and the enlarged European Union. Midwifery; 19(2), 82–86. doi:10.1016/ chischen Gesundheit während der Entbin- «Midwifery and the enlarged European Uni- S0266-6138(03)00021-4 dung erleiden. Frauen, die eine perinatale on» in «Midwifery» (Mead, 2003) hat der EMA Renfrew, M. J., Homer, C., Downe, S., McFadden, A., psychische Erkrankung entwickeln, fehlt es kürzlich zwei neue Beiträge in der Fachzeit- Muir, N. et al. (2014) Midwifery: an executive summary for The Lancet’s series. Lancet; 384(1), 8. an einer essenziellen, möglicherweise le- schrift veröffentlicht, ein Editorial (Hundley Vermeulen, J., Luyben, A., Jokinen, M., Matintupa, bensrettenden Betreuung. et al., 2018) und einen Artikel (Vermeulen et E., O’Connell, R. et al. (2018) Establishing a Die beste Betreuung während der Schwan- al., 2018) mit externen Mitautoren. Beide Europe-wide foundation for high quality midwifery education: The role of the European Midwives gerschaft, der Geburtswehen und der Ent- Publikationen sind von Bedeutung, da es Association (EMA). Midwifery; 64, 128–131. bindung sowie nach der Geburt lässt sich weiterhin wichtig ist, dass europäische Heb- doi:10.1016/j.midw.2018.06.009 Obstetrica 12/2018 15
Ärzte ohne Grenzen: Hebammen sind gefragt Was geschieht bei einer humanitären Krise irgendwelchen Ursprungs (militärische Auseinandersetzung, Naturkatastrophe oder fehlender Zugang zu Pflegeleistungen)? Welche Bevölkerungsgruppen sind betroffen und was brauchen sie? Was kann Ärzte ohne Grenzen (MSF) tun und wen benötigen sie dazu? MSF rekrutiert das ganze Jahr über Hebammen und bildet sie für ihre Arbeit vor Ort aus. Hier ein Einblick in deren Arbeit. T E X T: NELLY STADERINI 16 12/2018 Obstetrica
Ärzte ohne Grenzen: Hebammen sind gefragt T I T ELT H EM A B ei Ärzte ohne Grenzen (MSF) gibt es Ad-hoc-Ausbildung how vermitteln, das sie gut auf die medizini- vor der Entscheidung, ein neues und Anpassung schen Herausforderungen vorbereitet. Aus Projekt zu lancieren, immer eine Das ganze Jahr über rekrutieren wir welt- diesem Grund bitten wir die Hebammen erste mehr oder weniger lange weit Hebammen für Einsätze von mindes- und Gynäkologinnen bei der Rekrutierung, Phase der Evaluation des Kontextes und der tens sechs Monaten. Wir sprechen mit ihnen ein Kompetenzraster auszufüllen, das wir Analyse der medizinischen Bedürfnisse. In vor ihrer Abreise und nach ihrer Rückkehr anschliessend analysieren, um für unsere den meisten Fällen erkennen wir einen und begleiten sie bei ihrer Aufgabe, damit spezifischen Bedürfnisse die richtigen Pro- enormen Bedarf an sogenannt primären sie das fragile Gleichgewicht zwischen file auszuwählen. Es kommt vor, dass wir und sekundären Pflegeleistungen, insbe- Privat- und Berufsleben in ihrem Herkunfts- einer Hebamme bei ihrem ersten Einsatz sondere bei Frauen und Kindern. Die Erfül- land und ihrer Arbeit im fernen Ausland eine Hebamme zur Seite stellen, die bereits lung dieser Bedürfnisse erfolgt in Anleh- wahren können. Wir anerkennen den Aus- Erfahrung hat. Dieser Kompetenzentrans- nung an die Strategien, die wir im bildungsbedarf im Hinblick auf Massnah- fer ist eine lohnende Strategie. Ist eine Allgemeinen mit den Personen ausarbeiten, men, die sie in ihrer Grundausbildung kaum solche Begleitung beim ersten Auftrag nicht die wir als besonders verletzlich beurteilen gelernt haben, wie das Einsetzen eines Im- möglich, so übernimmt eine Hebamme vor und an die wir uns letztlich richten. So stel- plantats oder einer Spirale, eine Abtreibung Ort während einiger Wochen das Coaching. len wir sicher, dass die Beratungsstellen mittels manueller Vakuumaspiration, die Selbstverständlich müssen wir uns stets und Pflegeleistungen genutzt werden, Pflege bei Dammrissen und Episiotomie den neuen Situationen anpassen, oft auch ungeachtet davon, ob diese innerhalb der sowie die Pflege von Frauen, die mit Cholera erst vor Ort, denn wir wissen nicht alles und Gemeinschaften oder in medizinischen oder dem Ebolavirus infiziert sind. Damit verfügen nicht immer über die nötigen dia Einrichtungen angeboten werden. möchten wir den Hebammen das Know- gnostischen Mittel. Um dem entgegenzu wirken, haben wir technische Ansprech partner/innen und eine Telemedizinplatt- form mit einem Netz von Expertinnen und «Das ganze Jahr über rekrutieren Experten, die bei komplexen, möglicher- weise s ogar unbekannten Fällen auch aus wir weltweit Hebammen der Entfernung bei der Betreuung helfen können. für Einsätze von mindestens Flexibilität und Teamarbeit sechs Monaten.» sind wichtig So spielt sich das bei uns ab oder sollte sich bestenfalls abspielen. Doch zugegebener- massen stimmen unsere Wünsche oft nicht mit der Realität überein, und wir müssen notfallmässig ein Projekt lancieren. Dann Meistens ist der Aspekt der reproduktiven Gesundheit Teil unserer Einsätze: Beratun- gen vor und nach der Geburt, Familien planung, gynäkologische Leistungen und Geburtshilfe sowie Neonatologie in Notfäl- len, zumal unsere technischen Einrichtun- gen für einfache und komplizierte Gebur- ten, d. h. wenn nötig auch für Kaiserschnit- te, g eeignet sind. Wir bieten ebenfalls Pflege bei Abtreibungen und medizinische Versor- gung für Opfer von sexueller Gewalt an. Zur Pierre-Yves Bernard, MSF Abklärung, was für das Aufgleisen dieser Massnahmen, für die Rekrutierung, Ausbil- dung und Supervision nationaler Teams und für die Mitarbeit bei komplexen klini- schen Fällen nötig ist, brauchen wir erfahre- Die Hebamme Crystal Bailey hat fünf Monate in der Geburtsstation von Ärzte ohne Grenzen in Agok im Südsudan verbracht. ne, motivierte und offene Hebammen. Obstetrica 12/2018 17
T I T ELT H EM A sind in erster Linie die Qualitäten Anpassung Flüchtlingslagern aufgleisen und in den und Kreativität gefragt, damit wir den Auf- stark frequentierten Wöchnerinnenabtei- trag zwar nicht perfekt erfüllen können, lungen der Spitäler Hebammen schulen. Je aber doch so, dass die erkannten grundle- nach Tätigkeiten und Bedürfnissen kann genden Bedürfnisse so gut und so rasch wie das Verantwortungsniveau den Besonder- möglich befriedigt werden. Aus diesem heiten der einzelnen Projekte angepasst Grund benötigen wir flexible, effiziente Be- und entsprechend ausgebaut werden. Die- rufsleute, die im Team arbeiten können und se Herausforderungen müssen die Hebam- die Komplexität der Situationen erkennen. men nicht allein bewältigen: Andere Mitglie- Die Hebammen bringen diese Qualitäten in der des MSF-Teams, die lokal oder im Aus- iStockphoto 517901212, Varijanta der Regel mit, denn ihre Grundausbildung land rekrutiert wurden, liefern ihnen legt den Schwerpunkt auf das Organisieren technischen Support sowie klinische Anlei- von Pflegeleistungen und auf das Reagieren tungen und detaillierte Protokolle. in Notsituationen. Ausserdem haben die Hebammen Erfahrung im Management von Hebammen, die sich für Gebärsälen, was eine konstante Priorisie- MSF Schweiz engagieren rung der Aufgaben verlangt. Und last but Pro Jahr reisen rund 50 Hebammen ins not least gewährleistet ihre soziale Kompe- Ausland und besetzen ungefähr 20 Stellen tenz, dass sie zwar Ruhe b ewahren und sich an verschiedenen Orten der Welt. Die Hälfte dennoch empathisch verhalten können. davon sind Ersteinsätze, die meisten in englischsprachigen Ländern. Momentan Ein anspruchsvoller besteht der Pool aus über 85 Hebammen, Feldeinsatz wobei fast 50 % für MSF Schweiz oder für Sich informieren Humor und Begeisterung für die Arbeit mit eine andere MSF-Sektion im Einsatz sind. und bewerben Frauen und Kindern sind für solche Stellen Einige arbeiten anschliessend als medizini- die wichtigsten Eigenschaften, welche die sche Projektverantwortliche oder medizini- Zusätzliche Informationen über Hebammen für solche Einsätze mitbringen sche Koordinatorinnen. Ein sehr erfahrenes MSF sind auf deren Internetseite sollten. Die Rolle der Hebammen besteht Hebammenteam steht ausserdem für die zu finden. Einmal pro Monat am darin, alle Massnahmen im Bereich der se- Schulung und Begleitung von Hebammen Dienstagabend finden abwechs- xuellen und reproduktiven Gesundheit der und für technische und strategische Fragen lungsweise in Genf, Zürich, Bern Frauen zu organisieren und deren Umset- rund um die reproduktive Gesundheit zur und Basel Informationsveran- zung zu gewährleisten. In dieser Funktion Verfügung. staltungen statt. Ein Team von ist es ihr wichtigstes Ziel, die Frauen, Mütter MSF präsentiert dort die Organi- und ihre Neugeborenen möglichst gut zu Zahlen und Fakten sation, ihre Charta, ihre Wert betreuen, indem sie Schwangere in entlege- Dank der 2017 ins Ausland entsandten vorstellungen, die Einsätze und nen Dörfern besuchen, geburtshilfliche Hebammen und v. a. auch dank des gesam- Projekte im Ausland, den Untersuchungen anbieten, eine effiziente ten Personals vor Ort, das Hunderte von Rekrutierungsprozess und die Betreuung von Opfern sexueller Gewalt in Hebammen umfasst, nahmen die Massnah- Arbeitsbedingungen vor Ort. Ausserdem besteht die Gelegen- heit zum Austausch und für Fragen zu den erforderlichen Qualifikationen und Kompeten- zen im Hinblick auf solche Einsätze. Die Teilnahme an einer dieser Veranstaltungen erlaubt einem zudem, seine Bewerbung und eine mögliche Abreise besser vorzubereiten und zu klären, ob MSF tatsächlich den eigenen Vorstellungen entspricht. Online kandidieren unter www.msf.ch/de/mitarbeiten Peter Bauza Ein Neugeborenes im Spital von Ärzte ohne Grenzen in Agok im Südsudan. 18 12/2018 Obstetrica
Ärzte ohne Grenzen: Hebammen sind gefragt T I T ELT H EM A Pierre-Yves Bernard, MSF Crystal Bailey ist glücklich über die komplikationslose Geburt der Zwillinge von Nyanaguek. men für die reproduktive Gesundheit be- In welchen Ländern unterwegs? Migranten vermehren; 80 % der Patienten trächtlich zu: Begleitung von 288 867 Gebur- Im Tschad und im Niger unterstützen wir die sind Frauen. Und schliesslich entwickeln ten, davon fast 30 000 Kaiserschnitten Regierungseinrichtungen in instabilen Ver- sich in Honduras und im Kongo gemein- (durchschnittlich 14 % der Geburten). Im hältnissen, die in der Präsenz von Boko schaftliche Ansätze, um den Bedürfnissen Spital wurde eine Müttersterblichkeit von Aram begründet liegen. In Kenia, Tansania der Bevölkerung besser zu entsprechen, ins- weniger als 1 % verzeichnet, wobei bis zu und Nigeria ist MSF für die Spitäler (ein- besondere jenen der Opfer sexueller Gewalt 30 % dieses Prozentsatzes bei gewissen schliesslich Wöchnerinnenabteilungen) in und der Jugendlichen, die oft stigmatisiert Einsätzen auf Komplikationen bei Abtrei- werden. Für all diese Projekte tun sich Heb- bungen zurückgeführt werden können. Heu- ammen aus aller Welt zusammen; sie arbei- te ist die Verhinderung unerwünschter ten mit lokalen Teams und stellen ungeach- Schwangerschaften eine Priorität; 2017 fan- tet der äusseren Bedingungen eine akzepta- den fast 310 000 Gespräche zur Familienpla- «Wir müssen notfallmässig ble Qualität der Pflege sicher. nung statt. ein Projekt lancieren. Dann Als weitere Massnahme zur Reduktion der Müttersterblichkeit wurde die Früherken- sind in erster Linie die AUTORIN nung von Gebärmutterhalskrebs in einige Qualitäten Anpassung und Projekte integriert, und zwar v. a. an Orten mit einer hohen HIV-Prävalenz und ausge- Kreativität gefragt.» prägten Komorbidität. Im vergangenen Jahr wurden über 13 000 Frauen untersucht. Die meisten, die von Krebsvorstufen betrof- fen waren, konnten von den Hebammen Flüchtlings- und Vertriebenenlagern zustän- oder den entsprechend ausgebildeten Pfle- dig. Die Einsätze im Nahen Osten im Zusam- gefachfrauen direkt behandelt werden. menhang mit der Syrienkrise nehmen konti- Nelly Staderini Ausserdem wurden in 130 Projekten insge- nuierlich zu und schenken der Gesundheit ist Hebamme und beim medizinischen Departement samt 18 807 Fälle von sexueller Gewalt der Frauen seit einigen Jahren besondere Ärzte ohne Grenzen am Sitz in Genf zuständig für die Bereiche sexuelle und reproduktive Gesundheit und behandelt. Diese Zahl nimmt seit 2015 ste- Aufmerksamkeit. Dies gilt auch für Grie- sexuelle Gewalt. Ausserdem ist sie Autorin von tig zu. chenland, wo sich die MSF-Pflegezentren für «Sage-femme en Afghanistan» (2003). Obstetrica 12/2018 19
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