Obstetrica - Führende Organisationen Les organisations principales - Das Hebammenfachmagazin / La revue spécialisée des sages-femmes - Der ...

 
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N o 12
                              2018

Obstetrica
 Das Hebammenfachmagazin / La revue spécialisée des sages-femmes

  Führende Organisationen
 Les organisations principales
Obstetrica - Führende Organisationen Les organisations principales - Das Hebammenfachmagazin / La revue spécialisée des sages-femmes - Der ...
Angenehmes                                                                         Expression agréable
Abpumpen.                                                                          du lait.
MAM Handmilchpumpe: Perfekte                                                       Tire-lait manuel de MAM : l’aide parfaite
Unterstützung für Mütter und Babys.                                                pour les mamans et les bébés.
Muttermilch ist das Beste für Babys. Und Stillen unterstützt die                   Le lait maternel est le meilleur pour les bébés. Et l‘allaitement
besondere Beziehung zwischen Mutter und Baby.                                      stimule la relation toute particulière entre la mère et le bébé.

Die Handmilchpumpe wurde in Zusammenarbeit mit Heb-                                Le tire-lait manuel a été développé en coopération avec des
ammen, Stillberaterinnen und Müttern entwickelt. So ist eine                       sages-femmes, des conseillères en allaitement et des mères.
besonders flexible Lösung entstanden, mit der Muttermilch                           Il en résulte une solution très souple grâce à laquelle le lait
effizient und schonend abgepumpt werden kann.                                        maternel peut être tiré avec efficacité et ménagement.

    Überzeugend auf ganzer Linie: 93%* Zufriedenheit                                   Concluant sur toute la ligne : une satisfaction à 93%*
  Ausgezeichnete Ergebnisse von einer Marktstudie im Vereinig-                       D‘excellents résultats obtenus dans une étude de marché
  ten Königreich (UK).                                                               realisée au Royaume Uni (UK).
  • 93%* sind sehr zufrieden oder zufrieden mit der Qualität                         • 93%* sont très satisfaite ou satisfaite de la qualité
       der Handmilchpumpe                                                                 du tire-lait manuel
  • 86%* bestätigen eine einfache Handhabung der Pumpe                               • 86%* confirment la simplicité d‘emploi de la pompe
  • im Vergleich zu anderen Pumpen im Test** braucht sie                             • en comparaison à d‘autres produits soumis à test**,
       weniger Pumpzyklen, um das gleiche Pumpvolumen                                     nécessite moins de cycles de pompage pour obtenir
       zu erreichen                                                                       un volume d‘expression égal
  • einfach und effizient: weniger Aufwand und angeneh-                                • simple et efficace: moins d‘effort et une expression plus
       mes Abpumpen durch ein längeres Vakuum                                             agréable par un vide qui dure plus longtemps
* Marktforschung UK 2017, n=90                                                     * Marktforschung UK 2017, n=90, étude de marché UK 2017, n=90
** Quelle: Labortest der BAMED AG mit Druck- und Vakuumsensoren, Österreich 2018   ** Source : test en laboratoire de la BAMED AG, avec des capteurs de pression et de vide, Autriche 2018

  WEITERE INFORMATIONEN / PLUS D‘INFORMATIONS                                        MIT EXPERTEN ENTWICKELT / DEVÉLOPPÉ AVEC LES EXPERTS
www.mambaby.com/professionals                                                                   Teamwork mit medizinischen               Un travail d‘équipe avec experts
                                                                                                Experten für höchste Sicher-             médicaux pour une sécurité maximale.
                                                                                                heit. Erst nach Freigabe durch           Ce n‘est qu‘après l‘approbation de nos
  KONTAKT / CONTACT                                                                             medizinische Experten ist eine           experts médicaux, qu‘une inno-
Bamed AG, a company of the Bamed MAM Group Ltd                                                  MAM Innovation bereit für das            vation MAM peut être mise entre les mains
                                                                                                Baby-Leben.                              de bébé.
Sihleggstrasse 15, 8832 Wollerau
                                                                                                °BPA/BPS frei: Alle MAM Produkte
Phone +41 44 787 69 96                                                               BPA        werden aus BPA- und BPS-freien
                                                                                                                                         °Tous les produits MAM sont
Mail professionals @bamedag.ch                                                       BPS        Materialien hergestellt.
                                                                                                                                         fabriqués à partir de matières
                                                                                                                                         sans BPA ni BPS.
Internet mambaby.com/professionals
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EDITORIAL

                                                                                Liebe Leserin,
                                                                                 lieber Leser

                                              W
                                                        elche Rolle spielen internationale Organisationen für den Hebam-
                                                        menberuf und welchen Einfluss haben sie? 2016 erschien eine erste
                                                        weltumspannende englische Untersuchung unter 2400 Hebammen
                                          in 93 Ländern, «Die Stimmen der Hebammen und ihr Arbeitsalltag: Erkenntnis-
                                          se einer weltumspannenden Umfrage zur Qualität der Hebammenarbeit»
                                          (Weltgesundheitsorganisation et al., 2016). Sie zeigte, dass die Bemühungen
                                          der Hebammen allzu oft wegen ungleicher Kräfteverhältnisse im Gesundheits-
                                          system behindert werden. Die Untersuchung ist insofern von Bedeutung, als
                                          dass sie aus der Feder bekannter internationaler Organisationen stammt,
                                          die sich zusammengetan haben und die Hindernisse anprangern, welche die
                                          Hebammen in fernen Ländern und auch bei uns überwinden müssen.
                                               Die Autoren bestätigen gleichzeitig klar und deutlich, dass die Hebammen
                                          mit ihren hochwertigen Pflegeleistungen Wesentliches zur Gesundheit der
                                          Frauen, Neugeborenen und Familien beitragen, und weisen auf notwendige
                                          Veränderungen hin: professionelle Unterstützung durch bessere Arbeits-
                                          bedingungen, Stärkung der Ausbildung und der gesetzlichen Rahmenbedin-
«Die Bemühungen der                       gungen in der Geburtshilfe. Ausserdem sollen die Entscheidungsträger für
Hebammen werden allzu                     die Betreuung der Mütter sensibilisiert werden, indem man sie ermutigt, bei
                                          der Ausgestaltung der Politik und der Programme rund um die Gesundheit
oft wegen ungleicher Kräfte-              von Müttern und Neugeborenen das Fachwissen der Hebammen besser
verhältnisse im Gesund-                   einzubinden.
                                               Die Beiträge in der vorliegenden Ausgabe der «Obstetrica» vermitteln
heitssystem behindert.»                   Ihnen eine Menge weiterer Informationen zur Rolle und zum Einfluss der
                                          berufsnahen Organisationen. Für uns Hebammen in der Schweiz ist v. a.
                                          wichtig, dass wir uns stets auf dem Laufenden halten und solche Dokumente
                                          beiziehen, sobald wir uns in jenen Gremien engagieren, die Entscheide im
                                          Zusammenhang mit der Gesundheit und dem Wohlbefinden der Frauen,
                                          Kinder und Familien treffen.

                                          Herzlich,
                                          Ihre

                                          Yvonne Meyer
Yvonne Meyer,
Hebamme, ordentliche Professorin an der
                                          Referenz
Haute Ecole de Santé Vaud, Haute Ecole    Weltgesundheitsorganisation, International Confederation of Midwives & White Ribbon Alliance (2016)
Spécialisée de Suisse occidentale.        Midwives’ voices, midwives realities: findings from a global consultation on providing quality midwifery care.

                                                                         Obstetrica 12/2018           03
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I N H A LT   Obstetrica

                            Im Überblick
                                                                                               32

     08
T I T ELT H EM A                                              FOKUS

08                                       03
                                         Editorial
                                                              20
Nationale und internationale             Yvonne Meyer         Praxis
Organisationen unter der Lupe                                 Wenn die Vulva juckt und brennt
Maria-Pia Politis Mercier                06                   Andreas Günthert
                                         Kurz gesagt

12                                       32                   24
                                         Verband              Porträt
Stark und geeint:
                                                              Lothar Loeffler
die Hebammen in Europa                                        Christine Loytved und Regula Hauser
Joeri Vermeulen
                                         38
                                         Sektionen            Felix von Mikulicz-­Radecki
                                                              Christine Loytved und Regula Hauser
                                         31
16                                       Impressum
                                                              28
Ärzte ohne Grenzen:
Hebammen sind gefragt                                         Fachhochschulen
Nelly Staderini                                               Doktoratsprogramm ­ermöglicht
                                                              neue ­Perspektiven
                                                              Vanessa Leutenegger

                                                              40
                                                              Fort- und Weiterbildung

                                                              30
THEMA DER
                                                              Bücher
AUSGABE 1/2 2019
                                                              62
Arbeitszufriedenheit                                          Stellenangebote

04                                       12/2018 Obstetrica
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                                                                                                                            58

                                              54               54
GRAND ANGLE                                                                FOCUS

46                               43
                                 Editorial
                                                                           58
Organisations nationales et                                                Pratique
                                 Yvonne Meyer
internationales à la loupe                                                 Quand la vulve brûle et démange
Maria-Pia Politis Mercier        44                                        Andreas Günthert et Urs Kalberer
                                 En bref
                                                                           41
50                               35                                        Formation continue
Sages-femmes européennes:        Fédération/ Federazione
                                                                           62
pour un statut fort et unique
Joeri Vermeulen                  31                                        Les offres d’emploi
                                 Impressum

54
Médecins sans frontières
recrute des sages-femmes
Nelly Staderini

THÈME DE
L’ É D I T I O N 1 / 2 2 0 1 9

La satisfaction au travail
                                                                           Titelbild: iStockphoto 618513942, Rawpixel Ltd

                                                     Obstetrica 12/2018    05
Obstetrica - Führende Organisationen Les organisations principales - Das Hebammenfachmagazin / La revue spécialisée des sages-femmes - Der ...
KURZ GESAGT

Broschüren zum
Impfen sowie zu
Recht und Finanzen
Kurz nach der Geburt ihres Kindes

                                                                                                                              iStockphoto 462119981, Artem_Furman
müssen sich Eltern die Frage stellen,
ob sie es nach staatlichem Plan
impfen oder nach individuellem
Abwägen. In der Broschüre «Kinder-
impfungen – eine Entscheidungs­
hilfe» werden die geläufigsten
Krankheiten den verschiedenen
Ansichten zu gewünschten und
unerwünschten Wirkungen der             WHO-Empfehlungen zur Reduktion
entsprechenden Impfungen gegen-
übergestellt. Dabei hat die Stiftung    der Kaiserschnittrate weltweit
für Konsumentenschutz den offiziel-
len schweizerischen Impfplan des        Am letzten Kongress der Internationalen Vereinigung für Gynäkologie und
Bundesamtes für Gesundheit zugrun-      Geburtskunde im Oktober bedauerte die Weltgesundheitsorganisation (WHO)
de gelegt und zusätzlich verschiede-    die missbräuchliche Praxis des Kaiserschnitts weltweit und veröffentlichte
ne andere Stimmen aufgeführt. Eine      Empfehlungen zur Reduktion dieses Eingriffs. Sie stützt sich dabei auf eine
konkrete Empfehlung, gegen was,         Reihe von Artikeln in «The Lancet», die aufzeigen, dass sich die Kaiserschnitt­rate
wann und wie geimpft werden soll,       in 15 Jahren weltweit fast verdoppelt hat (2015: 21  % gegenüber 12 % im
ist in der vorliegenden Zusammen-       Jahr 2000), ohne dass ein wesentlicher Nutzen für die Gesundheit von Frau und
stellung nicht zu finden.               Kind nachgewiesen werden konnte. Die WHO erklärt zwar, dass ein Kaiserschnitt
Der Ratgeber «Eltern werden – Recht     in gewissen Fällen absolut notwendig ist, doch sie prangert die Ungleichheiten
und Finanzen», ebenfalls publiziert     auf der Welt an: «Für viele Frauen wäre ein Kaiserschnitt nötig, doch sie haben
von der Stiftung für Konsumenten-       keinen Zugang dazu, insbesondere in ärmeren Regionen, während andere
schutz, will Eltern bei der Klärung     Frauen mit einem Kaiserschnitt entbunden werden, obwohl keine Notwendigkeit
rechtlicher Fragen wie z. B. zum        und keine medizinische Indikation dazu besteht» (WHO, 2018). Zur Senkung
Sorge- und Namensrecht, zur Vater-      der Anzahl überflüssiger Kaiserschnitte veröffentlichte sie eine neue Reihe von
schaftsanerkennung, zum Kündi-          Empfehlungen mit Vorschlägen für nicht klinische Massnahmen.
gungsschutz und Mutterschafts-          Empfehlungen unter www.who.int/reproductivehealth
urlaub unterstützen. Er erläutert       Artikelreihe unter www.thelancet.com
zudem wichtige Elternthemen wie
Teilzeitarbeit, externe Betreuung,
Versicherungen, Haushaltsbudget,
Unterhaltszahlungen, Kinderzulagen        BFH-Fragebogen:
oder Steuerabzüge. So können
Eltern möglichst sorglos und entlas-      mit dem Gewissen in Konflikt
tet von finanziellen und rechtlichen
Fragen in die neue Lebensphase            Im vergangenen Jahr hat die Berner Fachhochschule (BFH), Disziplin
starten.                                  Geburtshilfe, eine umfangreiche Fragebogenuntersuchung zu moralischen
Bestellungen mit beiliegendem             Problemen und Kompetenzen im Alltag von Hebammen durchgeführt.
Flyer oder unter                          280 Hebammen und Hebammenstudierende haben an der Studie teilge-
www.konsumentenschutz.ch                  nommen. Die Ergebnisse wurden nun im «Journal of Health Psychology»
                                          ver­öffentlicht und können bei stephan.oelhafen@bfh.ch angefordert werden.
                                          Oelhafen, S. & Cignacco, E. (2018). Moral distress and moral competences in
                                          midwifery: A latent variable approach. Journal of Health Psychology, Advance
                                          online publication. doi:10.1177/1359105318794842

06                                      12/2018 Obstetrica
Obstetrica - Führende Organisationen Les organisations principales - Das Hebammenfachmagazin / La revue spécialisée des sages-femmes - Der ...
K UK RU ZR ZG EGSEASGA TG T

                                                                                                   Neue Informations­
                                                                                                   broschüre zur
                                                  Monitoring-System Sucht und
            Congress                             nichtübertragbare Krankheiten                     Interprofessionalität
     «Geburtshilfe im Dialog»
                                                                                                   Was sind die Voraussetzungen für
                                                In der Schweiz stellen nichtübertragbare           eine gelungene Interprofessionalität?
     22./23. März 2019, Mannheim (D)            Krankheiten (NCD) und Sucht eine grosse            Mit welchen Problemen haben die
  Der Congress «Geburtshilfe im Dialog»,        ­Herausforderung für die öffentliche Gesund-       Teams zu kämpfen und wie gehen sie
  organisiert von Pro Medico, der Medi-         heit dar. Die Website des Schweizer Monito-        diese an? Wie können Institutionen,
  zinischen Fortbildungs- und Congress-         ring-Systems Sucht und NCD (MonAM) prä-            Fachpersonen sowie Patientinnen
  gesellschaft mbH, widmet sich nächstes        sentiert die Kennzahlen zu diesen Themen:          und Patienten davon profitieren? Die
  Jahr dem Thema «Zusammen – für den            Aktuelle Daten aus verlässlichen Quellen           Broschüre «Interprofessionalität im
  besten Weg ins Leben». Er greift u. a.        können interaktiv eingesehen werden. Das           Gesundheitswesen – Beispiele aus der
  folgende Themen auf: Late Preterm,            Schweizerische Gesundheitsobservatorium            Berufspraxis» geht diesen und
  a turning point in the history of birth,      verwaltet die Website im Auftrag und mit           weiteren Fragen nach und zeigt
  Geburt in der Geburt, Rebirthing, Stillen     ­Unterstützung des Bundesamtes für Gesund-         sieben konkrete Modelle guter Praxis
  im Dialog, Veränderung der Sexualität         heit. Die aufgeführten Indikatoren wurden im       aus verschiedenen Bereichen und
  durch das Kinderkriegen, postpartale          Rahmen der zwei nationalen Strategien              Regionen der Schweiz, u. a. «Transi-
  Kontrazeption, drohende Frühgeburt            «Nationale Strategie zur Prävention nicht-         tion to home after Pre Term Birth»
  und Immobilisierung, Beckenendlage,           übertragbarer Krankheiten (NCD-Strategie)»         aus Bern.
  Vaginal Seeding sowie Risiken einer           und «Nationale Strategie Sucht» (Laufzeit          Die Broschüre wurde im Rahmen des
  kurzen Schwangerschaftsfolge.                 2017–2024) definiert und vom Bundesrat ver-        Förderprogramms «Interprofessiona-
  Anmeldung und weitere Informationen           abschiedet. Derzeit sind 25 von 135 Indikato-      lität im Gesundheitswesen» erarbeitet
  unter www.geburtshilfe-im-dialog.de           ren online verfügbar. Nach Abschluss der           und richtet sich in erster Linie an alle
                                                Pilotphase in der ersten Jahreshälfte 2019         Institutionen und an lokale, regionale
                                                werden weitere Indikatoren aufgeschaltet.          und kantonale Leistungserbringer
                                                MonAM unter www.obsan.admin.ch                     im Gesundheitswesen. Sie hat zum
                                                                                                   Ziel, interessierte Organisationen zur
                                                                                                   Interprofessionalität zu inspirieren
                                                                                                   und interprofessionelle Zusammen-
                                                                                                   arbeit dadurch zu fördern.
                                                                                                       	B estellung der kostenlosen
                                                                                                         Broschüre unter
      Bundesrat lehnt die «Pflegeinitiative» ohne Gegenvorschlag ab                                      www.bundespublikationen.admin.ch
                                                                                                         (Artikel-Nr. 316.601.D) oder Bezug
                                                                                                         als PDF
Zum Jahrestag der Einreichung der eidgenössischen Volksinitiative für eine starke Pflege
machten in acht Schweizer Städten hunderte Freiwillige symbolisch auf den Fachkräftemangel
in den Pflegeberufen aufmerksam. Gleichentags kommunizierte der Bundesrat seine ableh-
nende Haltung zur Pflegeinitiative. Damit verpasst er es, notwendige und griffige Massnahmen
gegen den Pflegenotstand zu ergreifen. Die Schweiz bildet bereits heute massiv zu wenig Pfle-
gepersonal aus.
Mit der Ablehnung der eidgenössischen Volksinitiative ohne Gegenvorschlag verkennt der
Bundesrat die Dringlichkeit des Pflegenotstandes in der Schweiz. Der in A
                                                                        ­ ussicht gestellte
Massnahmenplan reicht bei Weitem nicht aus, um die Probleme in der Pflege zu lösen. Für
Yvonne Ribi, Geschäftsführerin des Schweizer Berufsverbandes der Pflegefachfrauen und                            Interprofessionalität im
                                                                                                                 Gesundheitswesen
Pflegefachmänner, gibt es nun zwei Möglichkeiten: «Die Initiative kommt vors Volk oder das                       Beispiele aus der Berufspraxis
Parlament greift ein und macht einen guten Gegenvorschlag.»
Quelle: Medienmitteilung des Schweizer Berufsverbandes der Pflegefachfrauen und
Pflegefachmänner vom 7. November, www.sbk.ch
                                                                                                                                                  1

Medienmitteilung des Bundesrates vom 7. November unter w
                                                       ­ ww.admin.ch

                                                                         Obstetrica 12/2018     07
Obstetrica - Führende Organisationen Les organisations principales - Das Hebammenfachmagazin / La revue spécialisée des sages-femmes - Der ...
Nationale
      und internationale
     Organisationen unter
           der Lupe
           Wie andere Berufe ist auch der Hebammenberuf
           mit verschiedenen Organisationen verbunden,
           die dazu beitragen, ihn bekannt zu machen,
           weiterzuentwickeln und dessen Strukturen sowie
           die Berufsausübung, -ausbildung und
           -reglementierung mitzuprägen. Das Ziel: einen
           Beitrag an eine Gesundheits- und Sozialpolitik zu
           leisten, die sich auf die Frauen und Familien
           ausrichtet. Der folgende Artikel beleuchtet wichtige
           Verbindungsstellen zum Beruf.

           T E X T:
           MARIA-PIA POLITIS MERCIER

08         12/2018 Obstetrica
Obstetrica - Führende Organisationen Les organisations principales - Das Hebammenfachmagazin / La revue spécialisée des sages-femmes - Der ...
Nationale und internationale Organisationen unter der Lupe   T I T ELT H EM A

                                                                                                                                                     iStockphoto 537184834, honglouwawa
D
           er Hebammenberuf ist in ein brei-      über die Gesundheitsberufe erwähnt, das              sen haben. Auch die Schweiz als Nicht-EU-
           tes nationales und internationales     sich gegenwärtig in der Vernehmlassung               Mitglied pflegt enge Beziehungen in Form
           Netzwerk eingebunden. Dabei            bzgl. des Ausführungsrechts befindet1.               von bilateralen Verträgen. Die Schweiz
           sollte man sich stets vor Augen       Jedes Land, auch die Schweiz, wird von den            ­gehört zu den ersten Unterzeichnern des
­halten, dass der Beruf vielen Einflüssen aus-   Entscheidungen und Veränderungen in den                Bologna-Prozesses, der Harmonisierung
 gesetzt ist, von denen er aber auch profitie-   politisch vereinten Ländergruppen, z. B. der           der Hochschulbildung. Über diesen Prozess
 ren kann, und dass er seinerseits weitere       Europäischen Union (EU) und den Vereinten              wurde der Hebammenberuf in die Tertiär-
 Beteiligte im Bereich der Gesundheit von        Nationen (UNO), beeinflusst. Es werden                 ausbildung integriert, indem er wie andere
 Mutter und Kind beeinflussen kann.              Richtlinien veröffentlicht, die ihrerseits von         Berufe im Gesundheits- und Sozialwesen
                                                 kontextbezogenen Daten und Forschungs-                 auf die Fachhochschulstufe gehoben wer-
                Neues Gesetz                     ergebnissen abhängen, und anschliessend                den konnte. Der Bologna-Prozess strebt die
               in der Schweiz                    in die Gesetzgebungen und Praktiken der                Schaffung eines europaweiten Hochschul-
Die vielfältigen Verbindungen und Aktivitä-      verschiedenen Länder eingebunden wer-                  raums mit einheitlichen Studiengängen und
ten innerhalb unseres Landes laufen über         den. Im Folgenden werden verschiedene                  -abschlüssen und der automatischen ge-
die Bundes- und Kantonsämter, Berufsver-         Organisationen und Instrumente vorge-                  genseitigen Anerkennung der Diplome an.
bände wie bspw. den Schweizerischen              stellt, die nicht nur den Hebammenberuf                Auf Bundesebene ist heute das Staatsse-
­Hebammenverband (SHV), über regionale           (Ausbildung und Ausübung), sondern auch                kretariat für Bildung, Forschung und Inno-
 Berufsvertretungen, Ausbildungsstätten,         die Gesundheit der Frauen, Kinder und                  vation das Kompetenzzentrum für die
 Versicherer und weitere Interessenvertre-       ­Familien direkt beeinflussen.                         Hochschulausbildung. Es gehört zum Eid-
 ter. Mit jeder Gesetzesrevision ergeben sich                                                           genössischen Departement für Wirtschaft,
 neue Wünsche von verschiedenen Interes-                            Die EU und                          Bildung und Forschung. Weitere europäi-
 sengruppen sowie kleinere oder grössere                          die Ausbildung                        sche Vereinbarungen wie bspw. die Perso-
 Veränderungen und Entwicklungen. Als ak-        Die EU besteht aus 28 Ländern, die sich poli-          nenfreizügigkeitsabkommen spielen eben-
 tuelles Beispiel sei das neue Bundesgesetz      tisch und ökonomisch zusammengeschlos-                 falls eine Rolle.

                                                                              Obstetrica 12/2018       09
Obstetrica - Führende Organisationen Les organisations principales - Das Hebammenfachmagazin / La revue spécialisée des sages-femmes - Der ...
T I T ELT H EM A

Für die reglementierten Berufe, also auch

                                                                      Der Beruf ist vielen Einflüssen
für den Hebammenberuf, stützen sich die
Länder auf verschiedene Europäische Richt-

                                                                 ausgesetzt, von denen er aber auch
linien, welche die Anerkennung von Qualifi-
kationen vorsehen und den erforderlichen

                                                                       profitieren kann, und er kann
Ausbildungstypus festlegen. Die Europäi-
sche Richtlinie 2005/36/EG über die Aner-

                                                                    seinerseits weitere Beteiligte im
kennung von Berufsqualifikationen (Euro-
päisches Parlament und Rat, 2005) wird für

                                                                 Bereich der Gesundheit von Mutter
eine minimale Harmonisierung der Grund-
ausbildungssysteme mehrerer Berufe – dar-

                                                                              und Kind beeinflussen.
unter auch des Hebammenberufs – beige-
zogen (Art. 40 bis 43 und Anhang V). Sie
beschreibt die Mindestausbildung, die
­
­Studiendauer und die Inhalte (Theorie und
 Praxis) und umfasst einen detaillierten
 ­Katalog der Mindestanzahl professioneller
  Eingriffe. In der Schweiz wird diese Richtli-
  nie in den Ausbildungsprogrammen klar            ein internationales Institut der Rechte des    von der engsten Zusammenarbeit der Ein-
  ­berücksichtigt. Gewisse Punkte der Richtli-     Kindes gibt 2.                                 zelnen und der Staaten ab. In der Verfassung
   nie wurden 2013 aktualisiert (Europäisches      Gerade heute sind die Menschenrechte ein       steht zudem, dass die Regierungen die Ver-
   Parlament und Rat, 2013).                       wichtiger Ansatzpunkt und ein unerlässli-      antwortung für die Gesundheit ihrer Völker
                                                   ches Instrument zur Förderung der Demo-        tragen.
               Die UNO und                         kratie und der Gesundheit, insbesondere        Zu den Aufgaben der WHO gehört der Aufbau
        ihre Sonderorganisationen                  jener der Frauen. Viele Punkte betreffen die   eines vielfältigen internationalen Netzes von
Die UNO wurde 1945 nach dem Zweiten                reproduktive Gesundheit und die Gewalt         Akteuren aus sämtlichen Ländern. So wer-
Weltkrieg gegründet. Sie zählt 193 Mit-            gegen Frauen. Es gibt eine Fachstelle der      den auch Gutachten über die unterschiedli-
gliedsländer. Gestützt auf ihre Charta             UNO für Gleichstellung und Frauenförde-        chen Gesundheitsfragen ausgearbeitet und
befasst sich die UNO mit verschiedenen
­                                                  rung (UN Women). Die UNO hat mehrere           ausgetauscht. Dass der Gesundheit von
­internationalen Problematiken (Sicherheit         Sonderorganisationen, welche die wesent-       Mutter und Kind und der reproduktiven
 und Frieden, Sicherheitsberatung, Men-            lichen Lebensbereiche abdecken. Für den        Gesundheit besondere Aufmerksamkeit
                                                                                                  ­
 schenrechte, Klima, Bildung, Migration,           Hebammenberuf bedeutsam sind in erster         ­geschenkt wird, zeigt sich darin, dass sich
 Landwirtschaft, Gesundheit, multilaterale         Linie die Weltgesundheitsorganisation           eine spezielle Abteilung diesen Fragen
 Diplomatie, Kontakte zu Nichtregierungsor-        (WHO), das Kinderhilfswerk der Vereinten        ­widmet. Die Förderung des Stillens – dank
 ganisationen, NGO, usw.). Sie bietet zudem        Nationen (UNICEF) und der Bevölkerungs-          des Internationalen Kodex zur Vermarktung
 ein Forum für den Dialog zwischen den Län-        fonds der Vereinten Nationen (UNFPA).            von Muttermilchersatzprodukten (1981) –
 dern. Die Generalversammlungen finden in                                                           und die Bekämpfung der weiblichen Genital-
 New York statt, während Genf bei den Akti-                 WHO, UNFPA und UNICEF                   verstümmelung sind anerkannt wichtige
 vitäten und in den von der UNO abgedeck-          Die WHO, e­ine der Sonderorganisationen          ­Fragen, die mit anderen Organisationen, na-
 ten Bereichen weltweit eine wesentliche           der UNO, hat ihren Sitz in Genf. Sie hat den      mentlich der UNICEF, angegangen werden.
 Rolle spielt.                                     Auftrag, das internationale öffentliche Ge-       Ferner trägt die WHO aussagekräftige Daten
 Ebenfalls zur UNO gehört das wichtige             sundheitswesen zu steuern und zu koordi-          und Good-Practice-Empfehlungen zusam-
 Hochkommissariat für Menschenrechte               nieren. Ihre wichtigsten Tätigkeitsbereiche       men und begleitet deren Umsetzung in den
 (United Nations High Commissioner for             sind die Beobachtung und Bekämpfung               verschiedenen Ländern. Z. B. hat die WHO
 ­Human Rights). Es verfolgt die Menschen-         übertragbarer und nicht übertragbarer          dieses Jahr ein Dokument veröffentlicht, das
  rechtslage in den verschiedenen Ländern,         Krankheiten (chronische Krankheiten), die      zur Senkung der Kaiserschnittrate auf nicht
  auch in der Schweiz. Die Allgemeine Erklä-       Vorbereitung, Überwachung und Reaktion         klinischem Weg beitragen soll (siehe Seite 6).
  rung der Menschenrechte wurde 1948 ver-          im Zusammenhang mit akuten Bedrohun-
  abschiedet. Mittlerweile wurde sie mit Fak-      gen der Gesundheit, die Förderung der Ge-                Nachhaltige Entwicklung
  ten über politische, bürgerliche, soziale,       sundheit und die Stärkung der Gesundheits-     Die Gesundheit von Mutter und Kind nahm
  wirtschaftliche und kulturelle Rechte er-        systeme. Die WHO unterstützt die Gesund-       in den Millenniumszielen (2000 bis 2015)
  gänzt. Rechtsvorschriften zu den Men-            heitsziele der Länder. Die Verfassung der      einen wichtigen Platz ein, was dank der
                                                                                                  ­
  schenrechten finden sich in den nationalen       WHO beruht auf dem Recht auf Gesundheit        ­Investitionen zu einer Reduktion der ­Mütter-
  Gesetzgebungen. Eine spezifische Konven-         als Grundrecht jedes menschlichen Wesens,       und Kindersterblichkeit führte. Heute ori-
  tion und verschiedene Zusatzprotokolle           ungeachtet seiner ­Situation. Die Gesundheit    entiert sich die internationale Gemeinschaft
  ­befassen sich mit den Kinderrechten. Dazu       aller Völker ist eine Grundbedingung für den    an den Zielen für eine nachhaltige Entwick-
   sei bemerkt, dass es in der Schweiz, in Sion,   Weltfrieden und die Sicherheit; sie hängt       lung (2016 bis 2030): Gesundheit der Frauen

10                                                 12/2018 Obstetrica
Nationale und internationale Organisationen unter der Lupe   T I T ELT H EM A

und Kinder, Geschlechtergleichstellung,          Sie unterstützt die von der UNO, den NGO              auf regionaler, nationaler oder internatio-
­Bekämpfung von Gewalt, Recht auf Bildung        und den Regierungen geförderten Ziele für             naler Ebene in Gruppen und Institutionen
 gehören zu den 17 Zielen, nebst den The-        eine nachhaltige Entwicklung und für eine             zu engagieren. Mit Weiterbildungen können
 men Umwelt, Klima und Sicherheit, deren         allgemeine Gesundheitsversorgung. Die                 sie zusätzliche Erfahrungen und die not-
 Dringlichkeit zunimmt. Das Ziel Nummer 3        Strategie 2017 bis 2010 der ICM legt das              wendigen Kompetenzen erwerben und so
 betrifft die Gesundheit und unterstützt die     Schwergewicht auf Qualität, Gerechtigkeit             die wichtigen Errungenschaften des Heb-
 Verbesserung der Gesundheit der Frauen,         und Leadership. Der Internationale Hebam-             ammenberufs im Gesundheitswesen und in
 insbesondere während der Mutterschaft.          mentag vom 5. Mai findet jeweils unter der            den entsprechenden politischen Instanzen
 Die Zusammenarbeit mit weiteren Fachper-        Federführung der ICM statt.                           einbringen und dadurch Wesentliches zur
 sonen aus dem Gesundheitsbereich oder           Die ICM hat eine Reihe von Basisdokumen-              Gesundheit und zum Wohlbefinden der
 anderen Sektoren sind ebenfalls nötig im        ten zur Berufsdefinition, zur Berufspraxis            Frauen, Mütter, Kinder und Familien sowie
 Hinblick auf die Erfüllung der Bedürfnisse      und -ethik, zu den Rechten der Frauen und             zur Weiterentwicklung des Berufs beitra-
 der Frauen und ihre Besserstellung. Beson-      Hebammen sowie Stellungnahmen zu ver-                 gen.
 deres Augenmerk gilt der zunehmenden            schiedenen frauen- und hebammenspezifi-
 Verbreitung chronischer Krankheiten und         schen Themen veröffentlicht. Das neueste
 dem Fortbestehen übertragbarer Krankhei-        Dokument «ICM essential competencies for
 ten (HIV, Tuberkulose, Malaria usw.).           midwifery practice» (ICM,2018) ist sowohl
 Die Fachpersonen aus dem Gesundheits­           für die Praxis als auch für die Ausbildung                                                    AUTORIN
 bereich, darunter auch die Hebammen,            von Bedeutung, da es sich mit den Kompe-
 werden von der WHO und dem UNFPA aktiv          tenzen und Praktiken der Hebammen be-
 gefördert, was weltweit viel zur Anerken-       fasst. Die Dossiers wurden von Vertreterin-
 nung und zur Sichtbarkeit des Berufs            nen und Vertretern der Berufsverbände und
 ­beiträgt. So wurde festgelegt, dass ausge-     vom Vorstand ausgearbeitet. Alle drei Jahre
  bildete Hebammen 87 Prozent der medizini-      findet der Internationale ICM-Kongress
  schen Grundversorgung der Mütter und           statt, an dem mehrere Tausend Hebammen
  Neugeborenen leisten können (Bericht «The      die Gelegenheit erhalten, sich zu begegnen,
  state of the world’s midwifery», koordiniert   Kontakte zu knüpfen, von anderen zu ­lernen
                                                                                                                                    Maria-Pia Politis Mercier,
  vom UNFPA, von der WHO und von der Inter-      und ihre Praktiken und Forschungsergeb-                 Leiterin der Hebammenausbildung an der Haute Ecole
  nationalen Hebammenvereinigung, 2014).         nisse bekannt zu machen. Der letzte Kon-                      de Santé Vaud, Haute école spécialisée de Suisse
                                                                                                                                                   occidentale.
  Die Websites der UN-Sonderorganisationen       gress fand 2017 in Toronto statt, der 13. Kon-
  dienen als qualitativ hochstehende, kosten-    gress wird vom 21. bis 25. Juni 2020 in Bali
  lose und leicht zugängliche Quellen für be-    über die Bühne gehen. Die Anmeldefrist
  rufsspezifische Informationen.                 läuft bereits3. Auf der Website der ICM sind
                                                                                                       1
                                                                                                         w ww.bag.admin.ch
                                                 alle Dokumente sowie die News auf Englisch
                                                                                                       2 C AS-Studiengänge in Zusammenarbeit
            Die Internationale                   und teilweise auch auf Französisch und Spa-              mit dem Institut universitaire Kurt
          Hebammenvereinigung                    nisch einsehbar.                                         Bösch, der Universität Freiburg und dem
                                                                                                          Centre interfacultaire en droits de
Die Internationale Hebammenvereinigung
                                                                                                          l’enfant der Universität Genf,
(International Confederation of Midwives,                        Sich engagieren                          www.childsrights.org
ICM) ist eine wegweisende Organisation für                          ist wichtig                        3 w ww.midwives2020.org
den Beruf der Hebamme. Sie zählt 113 Mit-        Dieser Überblick erwähnt einige bedeuten-
gliedsländer und 132 Berufsverbände, in          de Akteure, die den Beruf, seinen Wirkungs-
denen insgesamt rund 500 000 Hebammen            bereich, die Praktiken und die Autonomie in
aus allen Kontinenten vertreten sind. Der        der Berufsausübung prägen und unterstüt-
                                                                                                       Literatur
Sitz befindet sich seit 1999 im niederländi-     zen und dabei stets die Gesundheit der                Europäisches Parlament und Rat (2005) Richtlinie
schen Den Haag. Die ICM ist bei den UN-Or-       Frauen und Kinder vor Augen haben. Debat-             2005/36/EG des europäischen Parlaments und Rates
ganisationen akkreditiert und arbeitet mit       ten werden geführt, Fragen stehen im                  vom 7. September 2005 über die Anerkennung von
                                                                                                       Berufsqualifikationen (Text von Bedeutung für den
der International Federation of Gynaecolo-       Raum, es gibt Kontroversen über die Wei-              EWR). www.eur-lex.europa.eu
gy and Obstetrics und mit anderen interna-       chen, die zu stellen sind oder bereits ­gestellt      Europäisches Parlament und Rat (2013) Richtlinie
tionalen Berufsverbänden zusammen. Es            wurden. Deshalb ist es wichtig, dass sich             2013/55/EU des europäischen Parlaments und Rates
                                                                                                       vom 20. November 2013 zur Änderung der Richtlinie
ist ihr Ziel, den Beruf zu stärken und zu för-   jede einzelne Hebamme gut informiert und              2005/36/EG über die Anerkennung von Berufsqualifika-
dern (Ausbildungsstandards, Reglementie-         bei Berufsanlässen oder über die sozialen             tionen und der Verordnung (EU) Nr. 1024/2012 über die
rung, Berufsverband), damit jede Frau von        Netzwerke engagiert. Wer die internen und             Verwaltungszusammenarbeit mit Hilfe des Binnen-
                                                                                                       markt-Informationssystems («IMI-Verordnung») (Text
den Pflegeleistungen der Hebammen profi-         externen, lokalen und internationalen Be-             von Bedeutung für den EWR). www.eur-lex.europa.eu
tieren kann. Die ICM ist für die UN-Organisa-    wegungen kennt, merkt, dass nichts in Stein           ICM (2018) ICM essential competencies for midwifery
tionen eine wichtige Anlaufstelle für alles,     gemeisselt ist.                                       practice. Update. www.internationalmidwives.org
                                                                                                       Koordiniert vom UNFPA, von der WHO und von der
was den ­Beruf sowie die Gesundheit der          In Zukunft wird es entscheidend sein, dass            Internationalen Hebammenvereinigung (2014)
Frauen und die Hebammenarbeit betrifft.          immer mehr Hebammen bereit sind, sich                 The state of the world’s midwifery. www.unfpa.org

                                                                              Obstetrica 12/2018       11
Stark und geeint:
      die Hebammen
         in Europa

         Der Europäische Hebammenverband
         (European Midwives Association) hat zum Ziel,
         das Hebammenwesen in Europa zu einen,
         zu stärken und zu verbessern. 2018 feiert die
         Bewegung ihren 50. Jahrestag. Eine gute
         Gelegenheit, um die Organisation und ihr Wirken
         im Laufe der Jahre vorzustellen.

         T E X T:
         JOERI VERMEULEN

12       12/2018 Obstetrica
Stark und geeint: die Hebammen in Europa   T I T ELT H EM A

U
           rsprünglich 1968 als European

                                                                       Durch seine Mitgliedsverbände
           Midwives Liaison Committee / Co-
           mité de liaison des sages-femmes

                                                                     hört der EMA den Frauen zu und
           européennes gegründet, das die
sechs EU-Mitgliedsstaaten vertrat, wurde

                                                                        setzt sich als Fürsprecher und
die Organisation 2004 zum Europäischen
Hebammenverband (European Midwives

                                                                    Lobbyist in Bereichen ein, welche
Association, EMA). Die Schaffung des EMA
sollte heute im Lichte der damals erwarte-

                                                                    die Gesundheit dieser Frauen und
ten EU-Erweiterung gesehen werden. Die
EU erweiterte sich allmählich von sechs

                                                                             ihrer Familien betreffen.
(1968) zu 15 Mitgliedern (1995) und stand
2004 vor einer erneuten Erweiterungswelle
mit weiteren zehn Mitgliedsstaaten. Diese
erhebliche Vergrösserung der EU brachte
viele Herausforderungen mit sich, auch in
der Geburtshilfe. Um diese Herausforderun-
gen zu meistern, setzte sich der EMA folgen-      • Bindeglied zur EU, zum Europarat und zu         sationen, der Weltgesundheitsorganisati-
de Ziele:                                           anderen Institutionen auf europäischer          on, dem Internationalen Hebammenver-
• Einwirken auf rechtliche Mechanismen              Ebene und zur Weltgesundheitsorganisa-          band und weiteren Experten. Ausserdem
   auf nationaler und internationaler               tion                                            unterhält der EMA starke Beziehungen zur
   Ebene, um den Mindesstandard für               Durch seine Mitgliedsverbände hört der            Europäischen Gesellschaft für Gynäkologie
   Bildung und Praxis gemäss EU-Richtlini-        EMA den Frauen zu und setzt sich als Für-         und Geburtshilfe und zur Europäischen
   en zu gewährleisten und zu wahren              sprecher und Lobbyist in Bereichen ein,           ­Gesellschaft für perinatale Medizin.
• Übernahme ähnlicher Praxisstandards             welche die Gesundheit dieser Frauen und            Alle drei Jahre organisiert der EMA seine
   wie die bereits in der EU angewandten          ihrer Familien betreffen. Im Laufe der Jahre       «Bildungskonferenz» mit dem Ziel, die
• Verringerung von Abweichungen in den            hat sich der EMA mit der wachsenden euro-          ­Herausforderungen der aktuellen Hebam-
   Hebammenkompetenzen in der EU und              päische Gemeinschaft vergrössert und um-            menausbildung zu beleuchten und Innova-
   bei den EU-Beitrittskandidaten                 fasst derzeit Hebammenberufsverbände                tionen in Bildung und Praxis zu unter­
• Gewährleistung einer optimalen Hebam-           nicht nur aus EU-Mitgliedsstaaten, sondern          suchen, welche die Lernerfahrung der
   menbetreuung für Frauen in ganz Europa         auch aus Ländern des EWR und des Europa-            ­Aus­zubildenden und die Qualität der Heb-
In den Anfangsjahren lag der Schwerpunkt          rates. Heute vertritt der EMA 35 Hebammen-           ammenbetreuung für Frauen und ihre
des EMA hauptsächlich auf der Freizügigkeit       organisationen aus 30 Ländern. Im Vor-               Familien besser gestalten können. Die
                                                                                                       ­
der Hebammen, Mindeststandards, der               stand des EMA befinden sich Mitglieder aus           nächste Konferenz findet im Dezember
Harmonisierung der Hebammenausbildung             dem Vereinigten Königreich, Belgien, Finn-           2019 in Stockholm statt, ein Aufruf zu Kon-
und der Umsetzung der EU-Richtlinien in           land, Frankreich, Kroatien und Malta.                ferenzbeiträgen erfolgt Anfang 2019. Die
den «neuen» Mitgliedsstaaten.                                                                          EMA hofft, bei ihrer Veranstaltung eine
                                                            Anerkennung durch die                      grössere Delegation Schweizer Hebam-
         Welches sind die heutigen                      wissenschaftliche Gemeinschaft                 men in Schweden begrüssen zu können.
              Ziele des EMA?                      Mit den Veränderungen der Welt seit 2004
Der EMA ist eine gemeinnützige Nichtregie-        hat sich entsprechend auch die Arbeit des         Schwerpunkt: erforderliche Stundenzahl
rungsorganisation, die Hebammenverbän-            EMA verändert. Die Geburtshilfe hat jetzt                  für die Ausbildung
de aus den Mitgliedsstaaten der Europäi-          ihren eigenen Wissensfundus und hat sich          Trotz Fortschritten in der Arbeit des EMA
schen Union (EU) und des Europäischen             zur Wissenschaft entwickelt. Tatsächlich          bleiben die Hebammenausbildung und
Wirtschaftsraums (EWR) sowie aus den Län-         wird der EMA in der wissenschaftlichen            -praxis weiter eine Herausforderung, denn
dern des Europarates (einschliesslich der         ­Gemeinschaft anerkannt und zunehmend             in einigen Mitgliedsstaaten werden Hebam-
Schweiz, die weder EU- noch EWR-Mitglied           eingeladen, sich an europäischen Projek-         men nicht vollständig anerkannt und die
ist) vertritt. Die Ziele des heutigen EMA sind:    ten, Konferenzen und Netzwerken zu betei-        Richtlinien in Europa unterschiedlich aus-
• Förderung der allgemeinen und                    ligen. Der EMA hat eine starke Rolle in der      gelegt. 1980 war die EU mit der Richtlinie
   reproduktiven Gesundheit der Frauen in          Bereitstellung von Informationen, Fachwis-       80/154/EWG in mehreren Mitgliedsstaaten
   Europa                                          sen und Belegen durch Lobbyarbeit und            ein globaler Wegbereiter für einen Rechts-
• Stärkung der Stellung und Praxis des             ­Zusammenarbeit mit nationalen und euro-         rahmen, was die Anforderungen der Heb-
   Hebammenberufs                                   päischen Politikern, Nichtregierungsorgani-     ammenausbildung betraf. Seitdem sind

                                                                            Obstetrica 12/2018      13
T I T ELT H EM A

weitere Staaten der EU beigetreten, die alle                    gend aktualisiert werden, bspw. perinata-                                                               Der EMA ist besorgt über Schwankungen
die Einhaltung der Anforderungen gewähr-                        les Simulationstraining und respektvolle                                                                und Ungleichheiten in der Betreuung in
leisten müssen. Die neueste Änderung 2013                       Schwangerschaftsbetreuung (Vermeulen                                                                    ­Europa, die bis heute fortbestehen (Jokinen
bestätigte die Zukunft der Hebammenaus-                         et al., 2018). Vor Kurzem ist eine Arbeits-                                                              & Vermeulen, 2015). In der «The Lancet»-­
bildung als Hochschulqualifikation.                             gruppe mit Ausbildern aus acht EU-Staaten                                                                Serie über Geburtshilfe (Renfrew et al.,
Die Richtlinie gab auch die erforderliche                       zusammengekommen, um einen konkre-                                                                       2014) lautete eine der wichtigsten Aussa-
Stundenzahl für die theoretische und klini-                     ten Vorschlag für einen neuen Anhang V zu                                                                gen, dass eine wirkungsvolle Abdeckung
sche Ausbildung an, die bei der Aushand-                        entwickeln. Deren Konsens war, dass An-                                                                  der Reproduktions-, Mütter- und Neugebo-
lung der Änderungen mit ein Schwerpunkt                         hang V einer sprachlichen Aktualisierung                                                                 renengesundheit drei Massnahmen erfor-
gewesen war (Hundley et al., 2018). Anhang                      bedarf, welche die ICM-Definition der Heb-                                                               dert: Frauen die Nutzung der Hebammen-
V der Richtlinie über die Inhalte der Heb-                      amme (ICM, 2017) und die «The Lancet»-­                                                                  betreuung zu erleichtern, mehr zu tun, um
ammenausbildung muss im Hinblick auf                            Serie über Geburtshilfe (Renfrew et al.,                                                                 ihren Bedürfnissen und Erwartungen
die aktuellen Weiterentwicklungen drin-                         2014) berücksichtigt.                                                                                    ­gerecht zu werden, und die Qualität der

Mitgliedsländer des EMA 2018

     Island

                                                                                                                          Finnland

                                                                Norwegen
                                                                                    Schweden
                                                                                                                                           Estland
                                                                                                                                                                                                   Russland
                                                                                                                                           Lettland
                                                                  Dänkemark
                                                                                                                                 Litauen

                                                                                                                                                   Weissrussland
                        nd

                                                             e
                                                           nd

                                                                                                           Polen
                     la

                                  England
                                                          rla
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                                                      Nie

                                                Be
                                                    lgi
                                                                Deutschland
                                                       en

                                                    Luxemburg
                                                                                        Tschechien
                                                                                                                                                      Ukraine                                                          Kasachstan
                                                                                                                         i
                                                                                                                     ake
                                                                    Liechtenstein                               Slow                                          M
                                                                                                                                                               ol
                                                                                                                                                                  da
                                         Frankreich              Schweiz               Österreich            Ungarn
                                                                                                                                                                    u

                                                                                                    ien
                                                                                                 en
                                                                                           Slo
                                                                                              w
                                                                                                    Kroatien                             Rumänien
                                                                                                          Bosnien und
                                                                         San Marino                        Herzegowina
                                                                                                                           Serbien
                                                                  Monaco
                                          Andorra
                                                                                    Italien                         Montenegro
                                                                                                                              Kosovo
                                                                                                                                                  Bulgarien
                                                                                                                          Alban

                                                                                                                                                                                                           Georgien
                                                                                          Vatikanstadt                               Mazedonien
                                                                                                                                                                                                           Ar
                       al

                                                                                                                                                                                                                      Aserbaidschan
                                                                                                                               ien

                               Spanien
                                                                                                                                                                                                             m
                           g

                                                                                                                                                                                                              en
                     Portu

                                                                                                                                                                                                                ie
                                                                                                                                                                                                                 n

                                                                                                                                 Griechenland                           Türkei

                                                                                                                                                                                                                          Iran
                                                                       Tunesien

                                                                                                        Malta
                                                                                                                                                                               pe
                                                                                                                                                                                 rn             Syrien
                                                                                                                                                                          Zy
                                                                                                                                                                                      Libanon

                                                                                                                                                                                                         Irak
                       Marokko            Algerien
                                                                                                                                                                                                 en
                                                                                                                                                                                                ni

                                                                                                                                                                          Israel
                                                                                                                                                                                               a
                                                                                                                                                                                            rd
                                                                                                                                                                                           Jo

                                                                                                                                                                                                      Saudi-Arabien

14                                                              12/2018 Obstetrica
Stark und geeint: die Hebammen in Europa   T I T ELT H EM A

                                                                                                 ammen gesehen und gehört werden.

                      Das zunehmende Bewusstsein
                                                                                                 ­Zudem will der EMA in Zukunft weiter daran
                                                                                                  arbeiten, zusammen mit anderen europäi-

                       für psychische Gesundheit im
                                                                                                  schen Berufsverbänden und Nichtregie-
                                                                                                  rungsorganisationen für Frauengesundheit

                      Perinatalzeitraum muss ange­
                                                                                                  das Hebammenwesen in Europa zu stärken.
                                                                                                  Nur gemeinsam können Hebammen für

                     messen miteinbezogen werden.
                                                                                                  eine bessere Begleitung von Frauen, Babys
                                                                                                  und ihren Familien eintreten und eine siche-
                                                                                                  re, hochwertige Hebammenbetreuung be-
                                                                                                  wirken.
                                                                                                  Die Gründerinnen des EMA haben die Fun-
                                                                                                  damente für ein starkes, geeintes Hebam-
                                                                                                  menwesen in Europa gelegt. Herzlichen
                                                                                                  Glückwunsch zum 50. Jahrestag an das
­ etreuung für sie und Neugeborene zu ver-
B                                              mit kurz- und langfristigen gesundheitli-          ­europäische Hebammenwesen und an alle
bessern. Zwar war dies ein globaler Ansatz     chen und sozialen Vorteilen für Mütter,             europäischen Hebammen!
zur Schaffung eines Rahmenwerks für eine       Kinder, Familien und Gemeinschaften in
                                               ­
hochwertige Mütter- und Neugeborenenbe-        Verbindung bringen. Der EMA unterstützt
treuung, aber er lässt sich leicht nachvoll-   aktiv europäische Staaten, die Anstrengun-
ziehbar auch auf die Gesundheitspflege der     gen unternehmen, um Entbindungen zu
Europäerinnen anwenden.                        normalisieren und unnötige Eingriffe zu
                                               ­verringern. Die Herausforderungen für den
              Respektlose                       EMA sind zu zahlreich, um sie hier alle aufzu-
          Betreuungspraktiken                   listen, aber die Wahrung des Gleichgewichts
Gelegentlich werden respektlose Betreu-         zwischen den Anforderungen und den
                                                                                                                                             AUTOR
ungspraktiken bei Entbindungen gemeldet,        ­Kapazitäten des EMA wird ausschlaggebend
eine Erinnerung daran, dass sogar im Jahr        für den Erfolg sein.
2018 nicht alle Frauen in Europa eine mit-       Der EMA ist der Überzeugung, dass in Euro-
fühlende Betreuung erhalten, bei der sie im      pa Bedarf für einen Paradigmenwechsel in
Mittelpunkt stehen. In einigen Mitglieds-        der Schwangerschaftsbegleitung besteht,
staaten ist die Geburtshilfe durch geringen      um ein nachhaltiges Betreuungsmodell zu
Personaleinsatz, unzulängliche Finanzie-         entwickeln, das kosteneffizient ist und über
rung, rechtliche Hürden und Versicherungs-       das Spital hinausgeht. Dabei sollten der
fragen bedroht. Die Lage von Immigranten         ­inadäquate Einsatz von Hebammenperso-
ist aufgrund fehlender Zugänglichkeit oder        nal, die geringe Kontinuität der Hebammen-                                           Joeri Vermeulen,
gesundheitsdienstlicher Barrieren in eini-        betreuung für Frauen, die begrenzten Aus-      Geburtshelfer und Master in Medizin- und Sozialwissen-
                                                                                                          schaften, Schriftführer der European Midwives
gen europäischen Ländern besorgniserre-           wahlmöglichkeiten für Schwangere und die        Association und Leiter der Abteilung Hebammenwesen
gend. Das zunehmende Bewusstsein für              eingeschränkten Möglichkeiten für Hebam-                  an der Erasmushogeschool Brussel, Belgien.
psychische Gesundheit im Perinatalzeit-           men zur unabhängigen Tätigkeit angegan-
raum muss angemessen miteinbezogen                gen werden. Zum Aufbau einer primären
werden. In den vergangenen Jahren gab es          Gesundheitsversorgung ist der vollumfäng-
gemeinsame Anstrengungen in der Gemein-           liche Einsatz von Hebammen als Gesund-
                                                                                                 Literatur
schaft der Hebammen, auch unterstützt von         heitsexperten erster Wahl neben weiteren       Hundley, V., Cadée, F., Jokinen, M. (2018) Editorial
Frauengruppen, um Frauen mehr Hilfe und           Gesundheitsfachleuten erforderlich.            midwifery special issue on education: A call to all the
Ressourcen zukommen zu lassen, die auf-                                                          world’s midwife educators! Midwifery; 64, 122–123.
                                                                                                 doi:10.1016/j.midw.2018.06.013
grund bestehender Erkrankungen psychi-                Neue Publikationen rücken                  Jokinen, M. & Vermeulen, J. (2015) Investing in the
sche Gesundheitsprobleme haben oder eine           Hebammen mehr ins Rampenlicht                 future. Pan European Networks: Government 14, 60–62.
oft versteckte Verschlechterung ihrer psy-     15 Jahre nach Marianne Meads’ Beitrag             Mead, M. (2003) Midwifery and the enlarged European
                                                                                                 Union. Midwifery; 19(2), 82–86. doi:10.1016/
chischen Gesundheit während der Entbin-        «Midwifery and the enlarged European Uni-         S0266-6138(03)00021-4
dung erleiden. Frauen, die eine perinatale     on» in «Midwifery» (Mead, 2003) hat der EMA       Renfrew, M. J., Homer, C., Downe, S., McFadden, A.,
psychische Erkrankung entwickeln, fehlt es     kürzlich zwei neue Beiträge in der Fachzeit-      Muir, N. et al. (2014) Midwifery: an executive summary
                                                                                                 for The Lancet’s series. Lancet; 384(1), 8.
an einer essenziellen, möglicherweise le-      schrift veröffentlicht, ein Editorial (Hundley    Vermeulen, J., Luyben, A., Jokinen, M., Matintupa,
bensrettenden Betreuung.                       et al., 2018) und einen Artikel (Vermeulen et     E., O’Connell, R. et al. (2018) Establishing a
Die beste Betreuung während der Schwan-        al., 2018) mit externen Mitautoren. Beide         Europe-wide foundation for high quality midwifery
                                                                                                 education: The role of the European Midwives
gerschaft, der Geburtswehen und der Ent-       Publikationen sind von Bedeutung, da es           Association (EMA). Midwifery; 64, 128–131.
bindung sowie nach der Geburt lässt sich       weiterhin wichtig ist, dass europäische Heb-      doi:10.1016/j.midw.2018.06.009

                                                                         Obstetrica 12/2018      15
Ärzte ohne Grenzen:
Hebammen sind gefragt

       Was geschieht bei einer humanitären Krise
       irgendwelchen Ursprungs (militärische
       Auseinandersetzung, Naturkatastrophe oder
       fehlender Zugang zu Pflegeleistungen)?
        Welche Bevölkerungsgruppen sind betroffen
       und was brauchen sie? Was kann Ärzte ohne
       Grenzen (MSF) tun und wen benötigen sie dazu?
       MSF rekrutiert das ganze Jahr über Hebammen
       und bildet sie für ihre Arbeit vor Ort aus. Hier ein
       Einblick in deren Arbeit.

       T E X T:
       NELLY STADERINI

16     12/2018 Obstetrica
Ärzte ohne Grenzen: Hebammen sind gefragt          T I T ELT H EM A

B
           ei Ärzte ohne Grenzen (MSF) gibt es                  Ad-hoc-Ausbildung                          how vermitteln, das sie gut auf die medizini-
           vor der Entscheidung, ein neues                       und Anpassung                             schen Herausforderungen vorbereitet. Aus
           Projekt zu lancieren, immer eine       Das ganze Jahr über rekrutieren wir welt-                diesem Grund bitten wir die Hebammen
           erste mehr oder weniger lange          weit Hebammen für Einsätze von mindes-                   und Gynäkologinnen bei der Rekrutierung,
  Phase der Evaluation des Kontextes und der      tens sechs Monaten. Wir sprechen mit ihnen               ein Kompetenzraster auszufüllen, das wir
  Analyse der medizinischen Bedürfnisse. In       vor ihrer Abreise und nach ihrer Rückkehr                anschliessend analysieren, um für unsere
  den meisten Fällen erkennen wir einen           und begleiten sie bei ihrer Aufgabe, damit               spezifischen Bedürfnisse die richtigen Pro-
  enormen Bedarf an sogenannt primären            sie das fragile Gleichgewicht zwischen                   file auszuwählen. Es kommt vor, dass wir
  und sekundären Pflegeleistungen, insbe-         ­Privat- und Berufsleben in ihrem Herkunfts-             einer Hebamme bei ihrem ersten Einsatz
sondere bei Frauen und Kindern. Die Erfül-         land und ihrer Arbeit im fernen Ausland                 eine Hebamme zur Seite stellen, die bereits
lung dieser Bedürfnisse erfolgt in Anleh-          wahren können. Wir anerkennen den Aus-                  Erfahrung hat. Dieser Kompetenzentrans-
nung an die Strategien, die wir im                 bildungsbedarf im Hinblick auf Massnah-                 fer ist eine lohnende Strategie. Ist eine
Allgemeinen mit den Personen ausarbeiten,          men, die sie in ihrer Grundausbildung kaum              ­solche Begleitung beim ersten Auftrag nicht
die wir als besonders verletzlich beurteilen       gelernt haben, wie das Einsetzen eines Im-               möglich, so übernimmt eine Hebamme vor
und an die wir uns letztlich richten. So stel-     plantats oder einer Spirale, eine Abtreibung             Ort während einiger Wochen das Coaching.
len wir sicher, dass die Beratungsstellen          mittels manueller Vakuumaspiration, die                  Selbstverständlich müssen wir uns stets
und Pflegeleistungen genutzt werden,               Pflege bei Dammrissen und Episiotomie                    den neuen Situationen anpassen, oft auch
­ungeachtet davon, ob diese innerhalb der          ­sowie die Pflege von Frauen, die mit Cholera            erst vor Ort, denn wir wissen nicht alles und
 Gemeinschaften oder in medizinischen               oder dem Ebolavirus infiziert sind. Damit               verfügen nicht immer über die nötigen dia­
 ­Einrichtungen angeboten werden.                   möchten wir den Hebammen das Know-                      gnostischen Mittel. Um dem entgegenzu­
                                                                                                            wirken, haben wir technische Ansprech­
                                                                                                            partner/innen und eine Telemedizinplatt-
                                                                                                            form mit einem Netz von Expertinnen und

«Das ganze Jahr über rekrutieren
                                                                                                            Experten, die bei komplexen, möglicher-
                                                                                                            weise s­ ogar unbekannten Fällen auch aus

wir weltweit Hebammen
                                                                                                            der Entfernung bei der Betreuung helfen
                                                                                                            können.

für Einsätze von mindestens                                                                                          Flexibilität und Teamarbeit

sechs Monaten.»
                                                                                                                             sind wichtig
                                                                                                           So spielt sich das bei uns ab oder sollte sich
                                                                                                           bestenfalls abspielen. Doch zugegebener-
                                                                                                           massen stimmen unsere Wünsche oft nicht
                                                                                                           mit der Realität überein, und wir müssen
                                                                                                           notfallmässig ein Projekt lancieren. Dann

Meistens ist der Aspekt der reproduktiven
Gesundheit Teil unserer Einsätze: Beratun-
gen vor und nach der Geburt, Familien­
planung, gynäkologische Leistungen und
Geburtshilfe sowie Neonatologie in Notfäl-
len, zumal unsere technischen Einrichtun-
gen für einfache und komplizierte Gebur-
ten, d. h. wenn nötig auch für Kaiserschnit-
te, g
    ­ eeignet sind. Wir bieten ebenfalls Pflege
bei Abtreibungen und medizinische Versor-
gung für Opfer von sexueller Gewalt an. Zur
                                                                                                                                                            Pierre-Yves Bernard, MSF

Abklärung, was für das Aufgleisen dieser
Massnahmen, für die Rekrutierung, Ausbil-
dung und Supervision nationaler Teams
und für die Mitarbeit bei komplexen klini-
schen Fällen nötig ist, brauchen wir erfahre-     Die Hebamme Crystal Bailey hat fünf Monate in der Geburtsstation
                                                  von Ärzte ohne Grenzen in Agok im Südsudan verbracht.
ne, motivierte und offene Hebammen.

                                                                                Obstetrica 12/2018         17
T I T ELT H EM A

                                                                                sind in erster Linie die Qualitäten ­Anpassung    Flüchtlingslagern aufgleisen und in den
                                                                                und Kreativität gefragt, damit wir den Auf-       stark frequentierten Wöchnerinnenabtei-
                                                                                trag zwar nicht perfekt erfüllen können,          lungen der Spitäler Hebammen schulen. Je
                                                                                aber doch so, dass die erkannten grundle-         nach Tätigkeiten und Bedürfnissen kann
                                                                                genden Bedürfnisse so gut und so rasch wie        das Verantwortungsniveau den Besonder-
                                                                                möglich befriedigt werden. Aus diesem             heiten der einzelnen Projekte angepasst
                                                                                Grund benötigen wir flexible, effiziente Be-      und entsprechend ausgebaut werden. Die-
                                                                                rufsleute, die im Team arbeiten können und        se Herausforderungen müssen die Hebam-
                                                                                die Komplexität der Situationen erkennen.         men nicht allein bewältigen: Andere Mitglie-
                                                                                Die Hebammen bringen diese Qualitäten in          der des MSF-Teams, die lokal oder im Aus-
iStockphoto 517901212, Varijanta

                                                                                der Regel mit, denn ihre Grundausbildung          land rekrutiert wurden, liefern ihnen
                                                                                legt den Schwerpunkt auf das Organisieren         technischen Support sowie klinische Anlei-
                                                                                von Pflegeleistungen und auf das Reagieren        tungen und detaillierte Protokolle.
                                                                                in Notsituationen. Ausserdem haben die
                                                                                Hebammen Erfahrung im Management von                       Hebammen, die sich für
                                                                                Gebärsälen, was eine konstante Priorisie-                  MSF Schweiz engagieren
                                                                                rung der Aufgaben verlangt. Und last but          Pro Jahr reisen rund 50 Hebammen ins
                                                                                not least gewährleistet ihre ­soziale Kompe-      ­Ausland und besetzen ungefähr 20 Stellen
                                                                                tenz, dass sie zwar Ruhe b ­ ewahren und sich      an verschiedenen Orten der Welt. Die Hälfte
                                                                                dennoch empathisch verhalten können.               davon sind Ersteinsätze, die meisten in
                                                                                                                                   ­
                                                                                                                                   englischsprachigen Ländern. Momentan
                                                                                                                                   ­
                                                                                              Ein anspruchsvoller                  besteht der Pool aus über 85 Hebammen,
                                                                                                  Feldeinsatz                      wobei fast 50 % für MSF Schweiz oder für
                                        Sich informieren                        Humor und Begeisterung für die Arbeit mit          eine andere MSF-Sektion im Einsatz sind.
                                        und bewerben                            Frauen und Kindern sind für solche Stellen         Einige arbeiten anschliessend als medizini-
                                                                                die wichtigsten Eigenschaften, welche die          sche Projektverantwortliche oder medizini-
                                        Zusätzliche Informationen über          Hebammen für solche Einsätze mitbringen            sche Koordinatorinnen. Ein sehr erfahrenes
                                        MSF sind auf deren Internetseite        sollten. Die Rolle der Hebammen besteht            Hebammenteam steht ausserdem für die
                                        zu finden. Einmal pro Monat am          darin, alle Massnahmen im Bereich der se-          Schulung und Begleitung von Hebammen
                                        Dienstagabend finden abwechs-           xuellen und reproduktiven Gesundheit der           und für technische und strategische Fragen
                                        lungsweise in Genf, Zürich, Bern        Frauen zu organisieren und deren Umset-            rund um die reproduktive Gesundheit zur
                                        und Basel Informationsveran-            zung zu gewährleisten. In dieser Funktion          Verfügung.
                                        staltungen statt. Ein Team von          ist es ihr wichtigstes Ziel, die Frauen, Mütter
                                        MSF präsentiert dort die Organi-        und ihre Neugeborenen möglichst gut zu                         Zahlen und Fakten
                                        sation, ihre Charta, ihre Wert­         betreuen, indem sie Schwangere in entlege-        Dank der 2017 ins Ausland entsandten
                                        vorstellungen, die Einsätze und         nen Dörfern besuchen, geburtshilfliche            ­Hebammen und v. a. auch dank des gesam-
                                        Projekte im Ausland, den                Untersuchungen anbieten, eine effiziente
                                                                                ­                                                 ten Personals vor Ort, das Hunderte von
                                        Rekrutierungsprozess und die            Betreuung von Opfern sexueller Gewalt in          Hebammen umfasst, nahmen die Massnah-
                                        Arbeitsbedingungen vor Ort.
                                        Ausserdem besteht die Gelegen-
                                        heit zum Austausch und für
                                        Fragen zu den erforderlichen
                                        Qualifikationen und Kompeten-
                                        zen im Hinblick auf solche
                                        Einsätze. Die Teilnahme an einer
                                        dieser Veranstaltungen erlaubt
                                        einem zudem, seine Bewerbung
                                        und eine mögliche Abreise besser
                                        vorzubereiten und zu klären, ob
                                        MSF tatsächlich den eigenen
                                        Vorstellungen entspricht.
                                        Online kandidieren unter
                                          www.msf.ch/de/mitarbeiten
                                                                                                                                                                                 Peter Bauza

                                                                                Ein Neugeborenes im Spital von Ärzte
                                                                                ohne Grenzen in Agok im Südsudan.

                                   18                                           12/2018 Obstetrica
Ärzte ohne Grenzen: Hebammen sind gefragt   T I T ELT H EM A

                                                                                                                                                                       Pierre-Yves Bernard, MSF
Crystal Bailey ist glücklich über die komplikationslose Geburt
der Zwillinge von Nyanaguek.

men für die reproduktive Gesundheit be-                           In welchen Ländern unterwegs?              Migranten vermehren; 80 % der Patienten
trächtlich zu: Begleitung von 288 867 Gebur-                Im Tschad und im Niger unterstützen wir die      sind Frauen. Und schliesslich entwickeln
ten, davon fast 30 000 Kaiserschnitten                      Regierungseinrichtungen in instabilen Ver-       sich in Honduras und im Kongo gemein-
(durchschnittlich 14 % der Geburten). Im                    hältnissen, die in der Präsenz von Boko          schaftliche Ansätze, um den Bedürfnissen
Spital wurde eine Müttersterblichkeit von                   Aram begründet liegen. In Kenia, Tansania        der Bevölkerung besser zu entsprechen, ins-
weniger als 1 % verzeichnet, wobei bis zu                   und Nigeria ist MSF für die Spitäler (ein-       besondere jenen der Opfer sexueller Gewalt
30 % dieses Prozentsatzes bei gewissen                      schliesslich Wöchnerinnenabteilungen) in         und der Jugendlichen, die oft stigmatisiert
Einsätzen auf Komplikationen bei Abtrei-
­                                                                                                            werden. Für all diese Projekte tun sich Heb-
bungen zurückgeführt werden können. Heu-                                                                     ammen aus aller Welt zusammen; sie arbei-
te ist die Verhinderung unerwünschter                                                                        ten mit lokalen Teams und stellen ungeach-
Schwangerschaften eine Priorität; 2017 fan-                                                                  tet der äusseren Bedingungen eine akzepta-
den fast 310 000 Gespräche zur Familienpla-
                                                             «Wir müssen notfallmässig                       ble Qualität der Pflege sicher.
nung statt.                                                  ein Projekt lancieren. Dann
Als weitere Massnahme zur Reduktion der
Müttersterblichkeit wurde die Früherken-
                                                                sind in erster Linie die                                                             AUTORIN
nung von Gebärmutterhalskrebs in einige                      Qualitäten Anpassung und
Projekte integriert, und zwar v. a. an Orten
mit einer hohen HIV-Prävalenz und ausge-
                                                                 Kreativität gefragt.»
prägten Komorbidität. Im vergangenen
Jahr wurden über 13 000 Frauen untersucht.
Die meisten, die von Krebsvorstufen betrof-
fen waren, konnten von den Hebammen                         Flüchtlings- und Vertriebenenlagern zustän-
oder den entsprechend ausgebildeten Pfle-                   dig. Die Einsätze im Nahen Osten im Zusam-
gefachfrauen direkt behandelt werden.                       menhang mit der Syrienkrise nehmen konti-
                                                                                                                                                    Nelly Staderini
Ausserdem wurden in 130 Projekten insge-                    nuierlich zu und schenken der Gesundheit            ist Hebamme und beim medizinischen Departement
samt 18 807 Fälle von sexueller Gewalt                      der Frauen seit einigen Jahren besondere            Ärzte ohne Grenzen am Sitz in Genf zuständig für die
                                                                                                                 Bereiche sexuelle und reproduktive Gesundheit und
­behandelt. Diese Zahl nimmt seit 2015 ste-                 Aufmerksamkeit. Dies gilt auch für Grie-                  sexuelle Gewalt. Ausserdem ist sie Autorin von
 tig zu.                                                    chenland, wo sich die MSF-Pflegezentren für                       «Sage-femme en Afghanistan» (2003).

                                                                                     Obstetrica 12/2018      19
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