50 JAHRE BIOLAND Werte, Wachstum, Wünsche - Striegeln, was das Zeug hält Weide ans Klima angepasst
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DAS FACHMAGAZIN FÜR DEN ÖKOLOGISCHEN LANDBAU April 2021 | 5,90 Euro Striegeln, was das Zeug hält Weide ans Klima angepasst Brauerei Härle trotzt der Krise 50 JAHRE BIOLAND Werte, Wachstum, Wünsche
E-Transporter aus Deutschland BIS 30.4.2021: AUFBAU 1 GRATIS ! Abb. zeigen Sonderausstattung. Bis zum 30.4.2021 erhalten Sie beim Kauf eines Tropos ABLE Elektrotransporter die Pritsche oder den Koffer L gratis1. 1 Anspruch auf einen Gratis-Aufbau (Pritsche oder Koffer L) haben juristische Personen, Kommunen und selbständig Tätige, die im Aktionszeitraum vom 8. Februar 2021 bis zum 30. April 2021 einen Kaufvertrag über ein Neufahrzeug der Modelle Tropos ABLE ST, Tropos ABLE XT1, Tropos ABLE XT2 bei TROPOS MOTORS EUROPE GmbH oder einem teilnehmenden Tropos Vertrags- händler abschließen. Wird ein anderer als der in der Aktion angebotene Gratis-Aufbau gewünscht, wird der Listenpreis des Aktionsaufbaus mit dem Listenpreis des Wunschaufbaus verrechnet. Die Pritsche wird entsprechend mit Pritschenaufbauten (Pritsche mit Plane, Pritsche mit Laubgitter) und der Koffer L mit Kofferaufbauten (Koffer XL, Koffer mit Rollo) aus dem Tropos Motors Sortiment verrechnet. Eine Barauszahlung ist nicht möglich. Sollte der Kaufvertrag nachträglich wegfallen entfällt auch der Anspruch auf den Gratis-Aufbau. Details zur Aktion auf www.tropos-motors.de/aktion-aufbau-gratis. TROPOS MOTORS EUROPE GmbH, Dettinger Straße 157-159, 73230 Kirchheim/Teck tropos-motors.de
April 2021 EDITORIAL „Es braucht Gewissheit und Mut, Widerstände auszuhalten“ viel entwickelt, viel erreicht, viele Menschen verbunden und noch lange nicht fertig! Bioland wird 50 Jahre alt. Wir blicken gemeinsam auf fünf Jahrzehnte zurück, die viele engagierte Mitglieder geprägt und gestaltet haben – nicht nur in den Anfängen, sondern immer wieder bis heute. Es sind fünf Jahrzehnte, in denen unsere Prinzipien und Werte geblieben sind, sich aber auch viel verändert hat. In der Landwirtschaft, im Gartenbau, in Herstellung und im Handel möglichst souverän zu sein, das war und ist das Ziel von Bioland. Selbstbestimmt ökologische Landwirtschaft zu betreiben bedeutet bis heute, die propagierte Industrialisierung der Landwirtschaft immer wieder in Frage zu stellen. Dafür braucht es eine ganze Portion Gewissheit und viel Mut, Widerstände aushalten zu können. Siegfried Kuhlendahl, Bioland-Pionier aus Nordrhein-Westfalen, beschreibt es so: „Wir waren Exoten, wir sind gemieden worden im Kollegenkreis, weil wir etwas Utopisches wollten.“ 50 Jahre später hat sich diese Utopie immer mehr in die landwirtschaftliche Wirklichkeit einge- pflanzt. Auch wenn unser Weg auch heute noch bekämpft wird und wir selbst nicht auf alle PORTRÄT: SEBASTIAN SCHOEN Probleme schon eine Lösung gefunden haben, so ist der Biolandbau heute für viele Bäuerinnen und Bauern die beste Option, um die Existenz ihrer Betriebe zu sichern. Wir haben erfahren, dass sich der Weg in eine Richtung, die vor 50 Jahren Utopie war, in der Breite bewährt. Ich freue mich, das 50-jährige Jubiläum von Bioland mit euch zu nutzen, um auf Basis der bewährten Werte und Prinzipien die Utopien für die Landwirtschaft der Zukunft zu denken. Seid mit dabei! ApRIL 2021 bioland 3
April 2021 INHALT 38 Raus aus der Klimakrise mit neuen Grünlandkonzepten FOTOS: OLAF TAMM, ALEXANDER KÖGEL, CHRISTINE BAJOHR 10 Titelthema: 50 Jahre Bioland 24 Mit dem Striegel und der richtigen Einstellung in die Kulturen POLITIK PFLANZENBAU MARKT & MANAGEMENT 5 kurz & knapp 24 Mit dem Striegel in alle Kulturen 46 „Unser Bier ist längst Präsidentschaftswahl & Klimaziele Gut vorbereitet und zur richtigen Zeit klimaneutral“ 6 Tierwohl in der Warteschleife 28 Geschäftsfeld CO₂-Speicher Interview mit Gottfried Härle Mängel der Borchert-Empfehlungen Handel mit Klimazertifikaten 48 Region Süd startet mit 49,5 Cent 7 Absolut unzureichende Vorschläge 31 Beratung Der Bio-Milchpreistrend Verhandlungen über die GAP-Reform Gärreste Richtlinien-konform 49 Blick auf den Markt 8 Eine Pestizidabgabe für 32 Jordanvirus, eine Gefahr für Gemüse, Strauchbeeren & Kartoffeln Deutschland Bio-Tomaten! Meldungen 50 Bioland-Markennutzung, Was in Dänemark funktioniert, Kulturen vor Befall schützen Öko-Feldtage 2023, Geflügelschlachtmobil könnte auch hier Wirkung zeigen 34 Rascheltrocken soll er sein & Neuer Studiengang der HSWT 9 Aus dem BÖLW Knoblauch richtig lagern Öko-Wahlomat & Öko-Verordnung Meldungen 30 Kleegraskompost & BIOLAND & GÄA AKTIV Richtig Hacken und Striegeln 31 Bestände TITELTHEMA auf Kleekrebs prüfen 52 Gewinnspiel Biohotel Schloss Kirchberg 10 Beständiger Fortschritt TIERHALTUNG 53 Aktuelles aus den Bioland-Betriebe im Wandel der Zeit Bioland-Landesverbänden 14 Schon immer am Puls der Zeit 36 Zufütterung auf dem Prüfstand Von Hamburger Offensive über beste Weggefährten von Bioland gratulieren Kühe verwerten sogar dürre Weiden Hofläden bis zu Bio-Kompetenz 18 „Die Kraft der gemeinsamen Werte“ 38 Raus aus der Klimakrise 60 Aktuelles aus dem Gäa-Verband Kommentar von Volker Krause Acht Grünlandbetriebe sind unterwegs Hof Stubenrauch und Bio-Laden 41 Beratung Speisekammer ausgezeichnet 20 „Die Kreisläufe sind geschlossen“ Rinder für Bio-Betriebe 42 Wettbewerb um Proteine SERVICE Kommentar von Lisa Born Meldungen 22 Bioland feiert 50. Ge- Hennen müssen viel Futter aufnehmen 61 Termine burtstag, Social Media fürs Jubiläum & 44 Frühe Blüte stresst Bienen 62 Vorschau & Impressum Literaturempfehlungen Imker fürchten veränderte Vegetation 63 Anzeigen & Angebote Meldungen 41 Rehkitze melden TITELFOTO: Olaf Tamm. Drei Generationen auf dem Biolandhof Sandrock im hessischen Reichensachsen/ Wehretal, seit 1975 bei Bioland 4 bioland ApRIL 2021
April 2021 POLITIK Meldungen: kurz & knapp Jan Plagge führt Bioland weiter Durch Kooperation zu besseren Lösungen Fehlende Beteiligung M it überwältigender Mehrheit von 98 Prozent hat die Bundesdelegier- tenversammlung (BDV) Jan Plagge am 23. März in seinem Amt als Bioland-Präsident bis 2026 bestätigt. Plagge war der einzige Kandidat für Greenpeace verlässt die Zukunftskommission Landwirtschaft. Grund sei die fehlende Be- den Posten an der Spitze des größten deutschen Bio-Verbandes. „Ich freue reitschaft von Teilen der Bundesregierung, mich über dieses überwältigende Vertrauen“, sagte er nach seiner Wahl auf die Arbeit der Zukunftskommission zur Aus- der Frühjahrs-BDV, die digital stattfand. „Ich bin total dankbar, Bioland mit gestaltung der Agrarreform in Deutschland euch gemeinsam dienen zu dürfen!“, wandte er sich an die Delegierten aus Deutschland und Südtirol. Obgleich er wisse, dass er mit seinem Tatendrang zu berücksichtigen. Die Bundeslandwirt- manches Ehren- und Hauptamt an den Rand der Überforderung bringe, schaftsministerin habe dazu völlig unzurei- versicherte er, auch künftig auf Kooperation zu setzen. „Nah an den Men- chende Vorschläge vorgelegt. Auch der schen dran zu sein, ist einer meiner stärksten Antriebe.“ BUND forderte die Bundesregierung auf, die Vor der Abstimmung stellte der alte und nun neue Bioland-Präsident sein Ergebnisse der Zukunftskommission nicht Wahlprogramm vor. Plagge will den Ökolandbau fachlich weiterentwickeln und in dem wachsenden Verband Beteiligung, Informationsfluss und Ab- länger zu ignorieren. stimmungsprozesse sowie die Digitalisierung maßvoll optimieren. Stark machen will er sich für eine Wirtschaft, in der der Wettbewerb die Beteiligten nicht gegeneinander ausspielt, sondern fördert. Sein größtes Projekt: Die Aktionsplan Ökolandbau Lücke zwischen Verbraucher/Verbraucherin und Bürger/Bürgerin schließen, Der EU-Aktionsplan Ökolandbau sollte Ende durch Beteiligung und Mitgestaltung in der Land- und Lebensmittelwirtschaft. März – nach Redaktionsschluss – vorgestellt werden. Einige Inhalte sind schon vor Veröf- Nachbessern beim Klimaziel fentlichung bekannt geworden. Demnach will die EU die Nachfrage nach Bio-Lebensmit- Deutschland muss EU-Ziele in deutsches Recht übernehmen teln durch verschiedene Instrumente stark erhöhen und die Forschung stärken. Zudem D eutschland muss sein Klimaschutzgesetz nachbessern, um das Pariser Klimaabkommen einzuhalten, fordern die Klima-Allianz und 85 Or- ganisationen, darunter Bioland. Im Dezember haben die Mitgliedstaaten der soll die GAP-Reform genutzt werden, um den Ökolandbau über die nationalen Strate- giepläne zu fördern. Auch verstärkte investive EU beschlossen, das Klimaziel nachzuschärfen. Die Treibhausgasemissionen (THG) sollen bis 2030 nun nicht mehr um 40, sondern um 55 Prozent Maßnahmen sind vorgesehen. gegenüber 1990 sinken, Brüssel verhandelt inzwischen über 60 Prozent. Im Klimaschutzgesetz hat die Bundesregierung die deutschen Klima- schutzziele insgesamt und für die einzelnen Sektoren festgelegt. Das Gesetz Extreme Sommerdürren verpflichtet die Regierung zudem, die Fortschritte bei der Reduktion der Die sommerlichen Hitzewellen und Dürren THG darzulegen. Das haben das Bundesumweltministerium und das Um- in Europa etwa in den Jahren 2003, 2015 und weltbundesamt im März zum ersten Mal getan. Danach wurden in Deutsch- 2018 waren extrem. Nach einer internationa- land im vergangenen Jahr 739 Mio. Tonnen THG freigesetzt, rund 8,7 len Studie, die im Fachblatt „Nature Geosci- Prozent weniger als 2019 und 40,8 Prozent gegenüber 1990. Das aktuelle Klimaziel wurde damit knapp übererfüllt. Gut ein Drittel der Reduktion sei ence“ veröffentlicht wurde, waren sie weitaus allerdings auf die Corona-Pandemie zurückzuführen. Auch die Landwirtschaft gravierender als rund 2.100 Jahren zuvor. hat ihr Sektorziel erfüllt und ihre Emissionen auf rund 66 Mio. Tonnen ge- Die Wissenschaftler nutzten für ihre Analyse drückt. Gründe dafür seien ein vergleichsweise geringer Einsatz von Mine- Baumringe und erstellten so einen Datensatz, raldünger, kleinere Rinderbestände und wiederholte Trockenheit, heißt es in der die hydroklimatischen Bedingungen in der Presseerklärung von BMU und UBA. Die Bundesregierung müsse das Mitteleuropa von der Römerzeit bis zur Ge- neue Klimaziel der EU von mindestens 55 Prozent THG noch vor der Som- merpause in deutsches Recht übertragen, fordert die Klima-Allianz. genwart abbildet. ApRIL 2021 bioland 5
April 2021 POLITIK Die höchste Stufe für Schweine im Tierwohllabel muss dem Bio-Standard entsprechen, fordern die Öko-Verbände. Tierwohl in der Warteschleife Die Mängel der Borchert-Empfehlungen AUTORIN: ter an – würde eine erhöhte Mehrwertsteuer Daneben besteht fundamentale Kritik Annegret Grafen tierische Produkte, die sowieso schon hö- am Borchert-Plan und seiner Finanzierung. herpreisig sind, übermäßig stark verteuern. Da er keine Ansätze enthält, die Tierhal- K ühen, Schweinen und dem Federvieh soll es bessergehen. Der nötige Umbau der Tierhaltung in Deutschland wird viele Diese Lösung hält die Bio-Branche daher für ungeeignet: „Der höchste Aufschlag würde genau auf die Produkte erhoben, tung insgesamt zu reduzieren, etwa über eine Bindung der Tierzahlen an die Fläche, könnte die großzügige Förderung von Stäl- Milliarden Euro kosten. Vor gut einem Jahr die bereits hohen Tierhaltungsstandards len sogar dazu führen, dass in Deutschland hat das Kompetenznetzwerk Nutztierhal- entsprechen. Vor allem würden Bio-Pro- noch mehr Tiere gehalten werden – abge- tung, die „Borchert-Kommission“, Emp- dukte so besonders belastet“, urteilt der sichert durch staatliche Prämien über viele fehlungen zum Umbau der Tierhaltung BÖLW. Jahre. „Es fehlt eine Strategie zur Reduk- samt verschiedener Finanzierungsmög- tion der Tierzahlen, die für das Erreichen lichkeiten vorgelegt. Anfang März kam eine Nicht mehr in dieser der Klimaziele unerlässlich ist“, sagte die Machbarkeitsstudie dazu heraus, die Bun- Legislaturperiode Grünen-Politikerin Renate Künast gegen- deslandwirtschaftsministerin Klöckner in Tierschutz- und Umweltverbände werfen über der Osnabrücker Zeitung. Auftrag gegeben hatte. Das beauftragte dem BMEL schon länger vor, die Umset- Weitere Hinweise zu Mängeln in den Anwaltsbüro hat verschiedene Finanzie- zung des Borchert-Plans zu verzögern. Der Borchert-Empfehlungen liefert die Mach- rungsinstrumente auf ihre Stärken und Bundesrat hat die Bundesregierung am barkeitsstudie. So ist die Auszahlung von Schwächen sowie rechtliche Implikationen 5. März aufgefordert, noch in dieser Legis- Tierprämien über einen Zeitraum von bis abgeklopft. Zur Auswahl stehen im We- laturperiode ein schlüssiges Konzept vorzu- zu 20 Jahre mit dem Beihilferecht der EU sentlichen eine Erhöhung der Mehrwert- legen – verbunden mit der Forderung nach nicht vereinbar. Ungeklärt ist auch die Frage, steuer auf tierische Produkte von sieben einem verpflichtenden Tierwohllabel. ob es sinnvoll ist, dass die deutschen Kon- auf 19 Prozent und eine mengenbezogene Das will Bundeslandwirtschaftsministerin sumenten und Konsumentinnen einen Verbrauchssteuer Fleisch, Milch und Eier. Julia Klöckner nicht, die stattdessen ihr frei- höheren Tierwohlstandard finanzieren, Beide Instrumente sind grundsätzlich williges Tierwohllabel vorantreibt, das sie deren Nutznießer dann auch die Export- machbar, sagen die Gutachter, müssen eng an die Umsetzung des Borchert-Plans industrie wäre. Fleisch- und Milchprodukte, jedoch ohne Zweckbindung erhoben wer- knüpft. Ihr Vorschlag dazu enthält drei Stu- erzeugt mit hohen Tierwohlstandards, den. Eine Erhöhung der Mehrwertsteuer fen und soll zunächst nur für die Schweine- könnten, durch Prämien subventioniert, würde etwa fünf bis sechs Milliarden Euro haltung gelten. Aktuell steckt Klöckners weiter zu Weltmarktpreisen angeboten wer- pro Jahr ergeben, bei der Verbrauchssteu- Entwurf in der Ressortabstimmung mit dem den. Auch dies würde zu steigenden Tier- er müssten etwa 47 Cent pro Kilogramm Bundesumweltministerium fest. Anders als zahlen führen. Fleisch erhoben werden, um eine ähnliche immer wieder gefordert, berücksichtigt die Dass die Borchert-Empfehlungen noch Summe zu ereichen. Steuerliche Instru- Landwirtschaftsministerin in ihrem Konzept in dieser Legislaturperiode umgesetzt wer- FOTOS: IMAGO mente haben den Vorteil, den Fleischkon- die Bio-Schweinehaltung nicht. So soll die den, ist unwahrscheinlich geworden. Zumal sum zu lenken – das Fleisch wird teurer, höchste Stufe in der Schweinehaltung un- Klöckner noch auf die Ergebnisse einer die Konsumenten kaufen weniger. Aller- terhalb des Bio-Standards liegen, was den Studie des Thünen-Instituts zur Folgen- dings – und das merken auch die Gutach- Forderungen der Bio-Branche widerspricht. abschätzung wartet. 6 bioland ApRIL 2021
Absolut unzureichende Vorschläge Bund und Länder verhandeln unter Zeitdruck über die GAP-Reform AUTORIN: Das Umweltministerium will sowohl einen höheren Anteil von Annegret Grafen Erste-Säule-Mitteln für Umweltmaßnahmen als auch eine höhere Umschichtung. A uch die Sonder-Agrarministerkonferenz (AMK) am 17. März ist nach elf Stunden Verhandlung ohne Ergebnis zu Ende gegangen. Eine weitere AMK sollte in der letzten Märzwoche – Deutschland greift dem Trilog vor Unterdessen läuft der Trilog zwischen Kommission, Parlament nach Redaktionsschluss – dort weitermachen, wo die Gespräche und Agrarministerrat auf EU-Ebene weiter. Klöckner macht mit gescheitert sind. Bund und Länder ringen um die Ausgestaltung ihren Entwürfen Zeitdruck, um vor der Bundestagswahl im Herbst der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) in Deutschland. Dabei fertig zu sein, auch wenn noch nicht klar ist, wie die Vorgaben aus geht es um Zuständigkeiten und Inhalte; Konfliktlinien bestehen Brüssel sein werden. „Solange in Brüssel die Trilog-Verhandlungen zwischen den grün-geführten Länderministerien und den übrigen zwischen EU-Kommission, EU-Parlament und EU-Rat nicht acht, genauso wie zwischen Ost- und den Westländern. Wesent- abgeschlossen sind, kann es gar keine Verhandlungsposition auf liche Streitpunkte sind, welchen Anteil die Eco-Schemes am nationaler Ebene geben“, kritisiert der grüne Europaabgeordnete Budget der Ersten Säule haben sollen und wieviel Geld aus der Martin Häusling das Vorgehen. Der Trilog selbst kommt unter Ersten in die Zweite Säule umgeschichtet wird. Im Ganzen geht portugiesischer Ratspräsidentschaft zurzeit nur schleppend voran, es also darum, welcher Anteil des Budgets für die Ökologisierung „die offenen Punkte häufen sich“, so Häusling. Am 26. März, der Landwirtschaft zur Verfügung stehen wird. ebenfalls nach Redaktionsschluss, sollte ein „Super-Trilog“ statt- Die Bundesagrarministerin hatte Anfang März drei Gesetzes- finden. entwürfe zur GAP vorgelegt. Bis Ende März wollte sie eine Eini- „Nur mit einem konsequenten Politikwechsel sind die Ziele gung im Bundeskabinett erreichen, damit die Vorschläge noch des europäischen Green Deals im Umwelt- und Klimaschutz vor der Sommerpause durch den Bundestag gehen können. sowie die Flächenziele von EU, Bund und Ländern zum Ausbau Klöckner will lediglich 20 Prozent der Ersten Säule für die Eco- des Ökolandbaus zu erreichen“, kommentiert Bioland und fordert Schemes reservieren und orientiert sich dabei an der Position des eine grundlegende Überarbeitung der Klöckner-Entwürfe. Sonst Agrarministerrats in Brüssel. Auch die nicht-grün geführten würde weiterhin das meiste Geld unqualifiziert über die Fläche Landwirtschaftsministerien der Bundesländer plädieren für den vergeben, ein schädlicher Status quo auf Jahre zementiert, Um- niedrigen Anteil. Genauso wenig ambitioniert ist, dass das BMEL welt- und Klimaschutz in der Landwirtschaft hätten weiterhin lediglich acht Prozent von den Direktzahlungen der Ersten in die das Nachsehen. Zweite Säule umschichten will, bisher sind es sechs Prozent. „Viel zu wenig“ sei das, kritisieren unisono Bioland, der BÖLW und die Umweltverbände. „Die Bedarfe in den Bereichen Um- welt- und Klimaschutz, Ausbau des Ökolandbaus sowie Entwick- Die Vorstellungen des BMEL zur lung der Natura-2000-Gebiete erfordern viel höhere Umschich- künftigen Agrarpolitik sind weder ein Systemwechsel noch tungsmittel“, kommentierte Bioland-Präsident Jan Plagge. Zumal werden sie wesentlich zur die Zweite Säule finanziell sowieso geringer ausgestattet ist als Versöhnung von Landwirtschaft und Natur beitragen. bisher und spätestens 2025 die Gelder des Corona-Wiederauf- baufonds auslaufen werden. Dynamische Umschichtung gefordert Der BÖLW kämpft wie Bioland daher für ein Modell einer dy- namischen Umschichtung. Von 16 Prozent im Jahr 2023 soll die Umschichtung um jährlich zwei Prozent steigen. Ein Prozent, um das 20-Prozent-Ziel für den Ökolandbau zu erreichen, ein Prozent für ambitionierte Agrarumweltmaßnahmen. 2026 wäre man dann bei 22 Prozent umgeschichteter Mittel in der Zweiten Säule, die direkt umwelt- und klimagerechten Anbauverfahren zugutekom- men. Ein Modell, dem sich unter anderem der Deutsche Natur- schutzring (DNR) angeschlossen hat. Auch das SPD-geführte Bundesumweltministerium hat Klöck- ners Gesetzesentwürfe abgelehnt, sie seien „in allen Bereichen absolut unzureichend“, urteilte Staatssekretär Jochen Flasbarth. ApRIL 2021 bioland 7
April 2021 POLITIK Eine Pestizidabgabe für Deutschland Was in Dänemark funktioniert, könnte auch hier Wirkung zeigen AUTORIN: benwirkung der Mittel. Neben den Schäd- der Gefährlichkeit der jeweiligen Produkte, Annegret Grafen lingen sterben auch andere Insekten; kumu- würde mittelfristig zu Innovationen in Rich- lative, langfristige und indirekte Effekte von tung weniger gefährlicher Mittel und alter- W enn der nächsten Bundesregierung die Artenvielfalt am Herzen liegt, muss sie eine Pestizidabgabe als ein wich- Pestiziden bleiben unberücksichtigt. Pflan- zenschutzmittel wehen auf andere Flächen, auch weit. Der intensive und breitflächige nativer Verfahren führen. Um der Diskussion um die Pestizidab- gabe neuen Schwung zu verleihen, hat die tiges Instrument einsetzen“, fordert ein Einsatz von Pflanzenschutzmitteln hat des- GLS Bank eine Studie zur Umsetzbarkeit Bündnis aus Umweltorganisationen und halb nach wie vor gravierende Auswirkun- eines solchen Instruments beim Helm- landwirtschaftlichen Verbänden. Nach ei- gen auf Natur und Umwelt. holtz-Zentrum für Umweltforschung in ner neuen Studie ist eine Pestizidabgabe Auftrag gegeben. Unterstützt wurde das in Deutschland möglich und wirkungsvoll. Externe Kosten mindern Vorhaben von Greenpeace, dem Bündnis Die EU-Kommission will die Ausbrin- Die Anwendungsmengen und -intensitäten für eine enkeltaugliche Landwirtschaft, gung von Pflanzenschutzmitteln gemäß von Pestiziden sind in Deutschland in den Bioland und weiteren Organisationen. Die ihrer Farm-to-Fork-Strategie bis zum Jahr vergangenen zehn Jahren nicht wesentlich Studienautoren haben den Pflanzenschutz- 2030 um die Hälfte reduzieren. Ein großer zurückgegangen, abgesehen von den mitteleinsatz in Deutschland sorgfältig Schritt, waren doch bisherige Reduktions- zuletzt zwei trockenen Jahren. Anders in untersucht und verschiedene Modelle einer bemühungen wenig wirkungsvoll: Bereits Dänemark und Schweden: Dort wurden Pestizidabgabe auf kurz- und langfristige seit 2014 ist der Integrierte Pflanzenschutz Abgaben auf Pestizide eingeführt, in Wirkungen analysiert. Eine Abgabe auf in der EU Pflicht, wonach die Anwender Schweden 1984, in Dänemark 2013. Die Pestizide könnte – je nach Ausgestaltung nichtchemischen Methoden den Vorzug ausgebrachte Menge von Pestiziden je – den Absatz von Pflanzenschutzmitteln geben sollen. Das Konzept wurde nie wirk- Hektar liegt in beiden Ländern bei rund langfristig um bis zu 49 Prozent verringern, lich umgesetzt und auch der Nationale der Hälfte des deutschen Niveaus. rechnen die Autoren vor. Noch wirkungs- Aktionsplan Pflanzenschutz der Bundes- Auch in Deutschland wird seit Langem voller wäre sie bei den problematischen regierung von 2013, der die Risiken von eine Pestizidabgabe diskutiert. Eine solche Herbiziden, darunter das umstrittene Gly- Pestiziden auf Gesundheit und Naturhaus- würde auf der einen Seite die ausgebrach- phosat. halt mindern soll, gilt als gescheitert. ten Mengen reduzieren, auf der anderen Die Forderungen der beteiligten Orga- Zudem sind die Zulassungs- und An- Seite wäre Geld da, um Alternativen zum nisationen an die Politik sind daher ein- wendungsbestimmungen notgedrungen chemischen Pflanzenschutz zu fördern. deutig: Eine Pestizidabgabe muss kommen. Kompromisse zwischen Wirkung und Ne- Eine risikobasierte Abgabe, gestaffelt nach Das Reduktionsziel der Farm-to-Fork- Strategie könne so in greifbare Nähe rü- cken. Gleichzeitig könne es gelingen, die externen Kosten des chemischen Pflan- Deutlich weniger Pestizide durch Pestizidabgabe zenschutzes zu mindern, ob sie nun der Wirkstoffabsatz in Frankreich, Deutschland, Dänemark und Schweden Wasserwirtschaft, der Umwelt oder dem Gesundheitssystem entstehen. Zudem 4 stünden durch die Pestizidabgabe erheb- Frankreich liche Finanzmittel bereit, um pestizidfreie Anbauverfahren in der Landwirtschaft zu unterstützen. Die Abgabe wäre ein wich- 3 tiger Baustein der dringend nötigen und Wirkstoff (kg/ha) Deutschland geforderten Agrarwende. Der Blick nach Dänemark übrigens 2 zeige, dass sich die Erträge durch die dor- tige Pestizidabgabe nicht verringert haben, darauf wies die Greenpeace-Sprecherin Dänemark bei der Studienvorstellung hin. Eine Studie 1 aus Frankreich kommt zu ähnlichen Er- FOTO: IMAGO Schweden gebnissen. Die Studie des Helmholtz-Zentrums hier: 0 www.kurzelinks.de/ufz-pestizidabgabe 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 QUELLE: HELMHOLTZ-ZENTRUM FÜR UMWELTFORSCHUNG NACH DATEN VON EUROSTAT bioland-Fachmagazin 8 bioland ApRIL 2021
April 2021 AUS DEM BÖLW Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft Der Öko-Wahlomat BÖLW-Jahrestagung im Superwahljahr M it den ersten Landtagswahlen in Baden- Württemberg und Rheinland-Pfalz wurde klar: Die Bürgerinnen und Bürger setzen weniger machen? Wie die Le- bensmittelwirtschaft insgesamt auf ein nach- auf Populisten, und: Umwelt- oder Klimaschutz haltiges Gleis setzen? sind keine Nebensache – auch in Krisenzeiten. Bis Das wollen wir von Ver- zur Bundestagswahl im September bleibt es span- treterinnen und Vertre- nend, welche Themen den Menschen wichtig sind tern von Union, SPD, und wo sie entsprechend ihr Kreuzchen machen FDP, Die Linke, Bünd- werden. Klar ist: An Landwirtschaft und Ernäh- nis 90/Die Grünen wis- rung kommt keine Partei mehr vorbei, das zeigen sen. Wir wollen deshalb in den vergangenen Jahren Themen wie Glyphosat, gemeinsam mit gesell- Schlachthofskandal, Agro-Gentechnik oder die Volksbegehren schaftlichen Akteuren und mit Ihnen auf der BÖLW-Jahrestagung für Artenvielfalt deutlich. Doch mit welchen Programmen wollen 2021 im Superwahljahr diskutieren. die Parteien in der kommenden Legislaturperiode die Agrar- und Die Tagung „Öko-Wahlomat:Was tun Parteien für eine nachhaltige Umweltkrise beantworten? Wie wollen diejenigen, die das Volk Agrar- und Wirtschaftspolitik?“ startet am 19. Mai um 16.30 Uhr nach der Wahl vertreten, die Bäuerinnen und Bauern zukunftsfit digital. Anmeldung unter: www.boelw.de/jahrestagung21 Wie steht es eigentlich … … um die neue Öko-Verordnung? A nfang des Jahres wurde es rechtskräf- tig: Der Starttermin des neuen Bio- Rechts der EU wird um ein Jahr verscho- dem Abschluss. Ebenso weitgehend aus- gehandelt: Die Listen zu den im Ökoland- bau erlaubten Betriebsmitteln, in vielen Demnach dürfen sich künftig bis zu 2.000 Mitglieder einer Kooperative für eine Zer- tifizierung zusammenschließen. Aktuell ben, damit haben sich auch die zugehörigen Bereichen wurde der derzeitige Stand verhandelt werden auch die künftigen Re- Übergangsfristen, etwa bei der Tierhaltung übernommen. Festgelegt wurden auch geln für das Bio-Zertifikat. und Fütterung oder für die Regeln zur neue Dokumentationspflichten für Betriebe Ein weiterer Schwerpunkt der Verhand- Aquakultur, entsprechend verlängert. Dies und Unternehmen. Sie sind weiterhin recht lungen sind Bio-Importe und die Frage, ist ein wichtiger Meilenstein unserer Arbeit, umfangreich und betreffen vor allem die wie die Anerkennung und Überwachung das neue Bio-Recht wird nun ab dem Landwirtschaft. von Bio-Kontrollstellen im Ausland erfol- 1. Januar 2022 gelten. Fast abgeschlossen sind Arbeiten an den gen soll. Diese und weitere Themen füllen Unterdessen läuft die Arbeit an den neuen Bio-Kontrollregeln. Darin enthalten die Brüsseler Agenda zum Bio-Recht. Be- neuen Regeln unter Hochdruck weiter. Bei sind die Details zum Umgang mit Ver- teiligt sind die Kommission und die Mit- den Produktionsregeln ist vieles erledigt, dachtsfällen – also, ob Bio-Regeln verletzt gliedstaaten. In Berlin arbeiten die Verant- folgende Rechtsakte konnten fertiggestellt wurden und in welchem Fall eine vertiefte wortlichen gleichzeitig an der deutschen werden: Kriterien und Verfahren in Kata- Untersuchung erfolgen muss. Es wurde die Umsetzung des neuen Bio-Rechts im Rah- strophensituationen wie großer Trocken- rechtliche Basis dafür geschaffen, dass bei men des Ökolandbaubaugesetzes. Ärgerlich heit, Umgang mit Pflanzenvermehrungs- erheblichen Verstößen überall in Europa in ist, dass die Vorlage, die das Bundeskabinett material, Nutzung von Umstellungsfutter, gleicher Weise Sanktionen ausgesprochen auf Initiative des BMEL Anfang Februar Vorgaben zu Saatgutmischungen und werden. Neu hinzugekommen sind ergän- verabschiedet hat, die Rückmeldungen der Regeln für Sprossen und Chicorée. Der zende Regeln zur Gruppenzertifizierung, Bundesländer und der Verbände kaum be- Rechtsakt zum Umgang mit ökologischem, die besonders für Kleinbauernkooperativen rücksichtigt. Aktuell beginnen die Bera- heterogenem Zuchtmaterial steht kurz vor in den Ländern des Südens bedeutsam sind. tungen des Gesetzes im Bundestag. ApRIL 2021 bioland 9
TITELTHEMA: 50 Jahre Bioland Der Treffler-Striegel war eine kleine Revolution für den Ackerbau im Betrieb von Manfred (links) und Stefan Weller. BESTÄNDIGER FORTSCHRITT FOTOS: KAREN KÖHLER, OLAF TAMM (2) Bioland-Betriebe im Wandel der Zeit 10 bioland ApRIL 2021
Der Biolandhof Sandrock wurde 1967 in Reichensachsen bei Kassel errichtet und wird seit 1975 nach den Bioland-Richtlinien bewirtschaftet. AUTORIN, AUTOR: Annegret Grafen, Niklas Wawrzyniak DARUM GEHT’S: Manche Bioland-Betriebe waren fast von Anfang an dabei. Wie sich die Höfe der Familien Sandrock und Weller seither verändert haben. W enn man Gita Sandrock beim Erzählen zuhört, wird man selbst ganz ruhig. Es ist die Mi- schung aus Gelassenheit, die sie ausstrahlt – dass schon alles gut ist, wie es ist – und aus Veränderungswillen, es immer noch Gita Sandrock führt den ein bisschen besser zu machen. Dazwi- Legehennenbetrieb seit 2004 schen liegt eine Konstanz, eine Verwurze- mit Gelassenheit und Weitblick. lung, die der Biolandhof Sandrock in Reichensachsen/Wehretal und seine Men- schen verströmen. Die Menschen, das mehr zwischen dem Aussäen und dem sind Mutter Cornelia, Gita und Heiko mit Ernten. Der Roggenschlag ist Anfang ihren drei Töchtern Lea, Ella und Maila. März lückenlos von Ackerwildkräutern Ein halber Mitarbeiter kümmert sich um im Rosettenstadium bewachsen. Kultur den Ackerbau, Heiko arbeitet als Bauin- und Begleitflora gedeihen in Koexistenz genieur extern. und erhöhen die Biodiversität in der Flä- Der Bioland-Betrieb liegt alleingele- che enorm. gen am leichten Hang, angesiedelt 1967 von Gitas Großeltern. Die Gebäude – „Ich wollte gar nichts Flachbauten, weiß gestrichener Klinker, ändern“ verzinkte Silos, aufgesatteltes Wohn- Gita hat bis 2004 in Bonn studiert und stockwerk – und der mit grauen Knochen- dann den Betrieb übernommen. „Dann steinen gepflasterte Hof erinnern eher an Und Gita: „Mein Vater war ein Einzelgän- habe ich mit Bioland-Berater Jan Gröner ein auf Effizienz ausgelegtes Verarbeitungs- ger.“ Er sei aber genauso ein Menschen- eine betriebliche Standortbestimmung ge- unternehmen als an einen bio-landwirt- freund gewesen, zeigte gerne den Bio- macht. Viele, die einen Betrieb überneh- schaftlichen Betrieb. Betrieb vor. men, wollen alles neu machen. Ich fand es Herbert und Cornelia haben den Be- aber gut, wie es läuft und wollte gar nichts „Wir haben uns oft mit trieb am 4. Februar 1975 nach den Vorga- ändern.“ Gleichgesinnten getroffen“ ben des Fördervereins Ökologischer Land- Gitas Großeltern haben damals drei Wie das Haus, so die Menschen. Hier wird bau umgestellt. Erstmal wurde nur der Ställe für Legehennen gebaut, konventio- gewirtschaftet. Nicht weniger aber gelebt, Acker umgestellt, rund 50 Hektar, einen nell, für 8.000 Tiere. Als ihre Eltern 1985 die Menschen sind zentral, die Arbeit passt Umstellungsplan gab es nicht, keine Öko- die Hühner auf Bioland umgestellt haben, sich an. „Wir haben gerne gearbeitet, es Prämien. Man hat sich mit zwei, drei Be- hatten sie noch drei Mal 800. Seit 2002 hat Spaß gemacht! Und haben unser trieben aus Hessen überlegt, etwas anders mischt Gita Sandrock das Futter mit zwei Drumherum versucht so zu gestalten, dass wir uns wohlfühlen und dass wir da gerne sind.“ Das sagt Cornelia Sandrock, Jahr- gang 1945, Witwe von Herbert Sandrock. „Ich habe die Sorge, dass der Gedanke irgendwann Sie führt den Hofladen, der 2004 einge- abhanden kommt, warum der Verband gegründet richtet wurde, mit Begeisterung. Dort gibt es Eier, Geflügelfleisch und Kartoffeln vom wurde“ Gita Sandrock Hof und ein Naturkostvollsortiment von Naturkost Elkershausen. Der Bio-Gedanke kam Sandrocks für zu machen und sich intensiver ausge- anderen Kollegen zusammen selbst. 2005 den Garten. Und weil das gut ging, haben tauscht als vielleicht heute. Heute ruft man musste ein Grünauslauf für die Hühner sie ihn auch im Feld umgesetzt. „Wir ha- den Berater an. Die ersten fünf Jahre waren her, so wollten es die Bioland-Richtlinien. ben uns oft in den Familien von Gleichge- richtig hart, „die Felder sahen aus wie „Das war einschneidend. Deshalb mussten sinnten getroffen und den Dr. Müller auf Hulle, voll Unkraut.“ Den Hackstriegel wir einen Stall aufgeben“, erklärt die Hüh- dem Möschberg in der Schweiz besucht“, musste man erst einsetzen lernen. Aber nerhalterin. Es waren dann weniger Hüh- erzählt die Hofälteste, Cornelia Sandrock. heute striegeln Sandrocks bewusst nicht ner in zwei Ställen. 2012 wurden die beiden ApRIL 2021 bioland 11
TITELTHEMA: 50 Jahre Bioland Ställe so umgebaut, dass wieder genauso Es ändert sich einiges um sie herum, sodass viele Hühner hineinpassten, 2.230 Loh- sie sich neu positionieren muss. „Das ist mann Klassik, „das reicht und passt perfekt nicht schlimm, aber ich stehe jetzt ein biss- zum Ackerbau.“ Der Ackerbau ist 2016 chen bei Null und fange an zu überlegen.“ um 20 Hektar Pachtfläche gewachsen, seit- Die Geflügelhaltung bei Bioland ist stark dem ein Bioland-Kollege im Nachbarort reguliert, das sei aber in Ordnung. „Wir aufgehört hat. sind so viele bei Bioland, da kann man sich nicht mehr darauf verlassen, dass alle in „Wir sind so viele die gleiche Richtung denken“, sagt Gita bei Bioland“ Sandrock. Doch auch die Zukunft hält Herausforde- rungen bereit. Die Landwirtin überlegt, „Ich kann mir nichts noch einen anderen Eiweißträger anzubau- Schöneres vorstellen“ en, zum Beispiel Lein. „Noch nicht soweit Dass man sich noch reihum am Küchen- bin ich mit den Zweinutzungstieren. Dazu tisch trifft, geht mittlerweile schlecht. Trotz- müsste ich den Stall umbauen und den dem sei es ganz wichtig, dass diese Tierbesatz halbieren.“ Und weil auch die Gemeinschaft praktiziert wird, in den Junghennen jetzt Grünauslauf brauchen, Gruppentreffen und den Seminaren. „Ich hören viele Aufzüchter offensichtlich auf. habe die Sorge, dass der Gedanke, warum der Verband gegründet wurde oder man die Dinge anders machen muss als die anderen, irgendwann abhandenkommt“, sorgt sich die Bioland-Landwirtin. Im Großen und Ganzen hat sich der F Betrieb dann aber nicht so stark verändert, rüher“, so erinnert sich Manfred meint Gita Sandrock. Doch besser könne Weller, hing beim Bioland-Vorreiter man es immer noch machen: klimafreund- Ernst Weichel eine Karte im Büro. licher, artenreicher. Und wer übernimmt Dort waren die ersten Bioland-Betriebe einmal den Betrieb? Lea, die Älteste der mit Punkten markiert, darüber stand „Die jungen Generation, kann es sich schon gut Saat ist gesät“. Heute, sagt der Bioland- vorstellen: „Ich helfe immer mehr bei den Landwirt zufrieden, ist die Saat aufgegan- Hühnern mit und frage immer mehr. Also, gen und hat gute Erträge geliefert. eigentlich kann ich mir nichts Schöneres Manfred Weller ist dem Verband 1981 vorstellen.“ beigetreten. Der elterliche Betrieb in Fran- ken bewirtschaftete 17 Hektar, Raps und Zuckerrüben waren neben dem Getreide Cornelia Sandrock stellte den Betrieb mit ihrem die tragenden Früchte. „Ein stinknormaler Mann Herbert um. Sie führt den Hofladen. Betrieb für die Region“, sagt Weller. Und heute? „Sind wir immer noch ein stinknor- maler Betrieb ohne Viehhaltung“, ergänzt Stefan Weller, der Hofnachfolger. Die Zu- ckerrüben wurden durch Kartoffeln ersetzt, vor ein paar Jahren sind Kürbiskerne als lukrative Frucht hinzugekommen. Der Betrieb umfasst heute knapp 30 Hektar und wird im Nebenerwerb geführt. „Einen Betrieb ohne Vieh umzustellen, passte damals überhaupt nicht ins Kon- zept“, erinnert sich Weller Senior. Deshalb FOTOS: OLAF TAMM (2), KAREN KÖHLER (3) hat er sich viele Gedanken über die Frucht- folge gemacht. Zunächst wurden Acker- bohnen und Erbsen als Fruchtfolgeglied etabliert, zudem kam auf jeden Acker eine Untersaat oder Zwischenfrucht. Das Sys- tem wurde zu einer Grünbrache mit Grob- Die Hühner waren und sind leguminosen und nichtlegumen Partnern zentral auf dem Biolandhof weiterentwickelt. „Wir bauen die Grün- Sandrock. brache wie eine Hauptkultur mit einer richtigen Saatbettvorbereitung an“, erzählt der Landwirt. Dieser Schritt habe den 12 bioland ApRIL 2021
Boden bedeckt. Vor Jahren schon hat Manfred Weller das Pflug-Mulch-System entwickelt, der zugehörige Schlegelhäcksler steht in der Halle. „Offener in Punkten, die früher verpönt waren“ Wie hätten Vater und Sohn einem interes- sierten Landwirt den Ökolandbau erklärt, früher und heute? „Ich hätte gesagt, dass wir ein anderes Düngesystem haben, dass wir das Bodenleben düngen und das stellt Wie vor 50 Jahren sieht der der Pflanze dann alles Notwendige zur Ver- Bioland-Hof Weller auch heute fügung“, meint Manfred Weller. „Das brau- noch aus – ein dreihundert chen wir, weil wir keinen Pflanzenschutz Jahre altes Fachwerkhaus im haben. Wir müssen das System Boden auf- Ortskern von Büchenbach, bauen, um gesunde Pflanzen zu haben.“ einem Vorort von Erlangen. „Die Bodenernährung ist auch heute Stefan Weller ist der wichtig, aber man würde viel technischer Hofnachfolger. argumentieren“, erwidert Stefan Weller. „Das Unkrautthema würde schnell kom- men. Bodenernährung ja, aber man muss Ackerbau wesentlich vorangebracht, „das Phosphat in den Mangel gewirtschaftet den Boden trotzdem in Form von Frucht- System ist viel runder geworden“. Auch haben. „Das würde man heute nicht mehr folgen und Nährstoffversorgung unterstüt- dem Sohn ist die intensive Bodenbearbei- so machen.“ zen. Da ist die heutige Generation einfach tung wichtig: „Wir pflügen teilweise ein- bis Heute steht das „Nährstoffdenken“ ne- offener in Punkten, die vor 40 Jahren viel- zweimal im Jahr flach zur Hauptsaat.“ ben der Technik ganz im Vordergrund, leicht noch verschrien waren.“ Eine kleine Revolution im Betrieb war Fragen zur Bodenfruchtbarkeit und zum die Anschaffung eines Treffler-Striegels vor drei Jahren. „Wir haben das Getreide ja immer gehackt“, erzählt Stefan Weller. Sein Vater war ein Vorreiter des Getreidehackens „Man muss den Boden Tropfbewässerung vom Profi und hat das Verfahren als Berater auf vielen Betrieben verbreitet. Das Getreide blind- trotzdem in Form von www.saelens.de striegeln zu können hat den Anbau wesent- Fruchtfolgen und lich verändert. Die wirklichen Innovationen im Ackerbau, die stünden aber noch aus, Nährstoffversorgung um mit der Trockenheit zurechtzukommen. unterstützen“ Stefan Weller Der Regen fehlt zur Zeit des Wachstums, die Vegetationszeit ist kürzer geworden, T-Tape „heute ernten wir das Getreide vier Wochen früher als zu der Zeit, als ich angefangen Humus würden nur noch selten gestellt. habe“, sagt Stefan Weller. „Das ist dann unsere Aufgabe als Berater, dies anzusprechen“, sagt der Landwirt. „Früher hattest du nur Sein Sohn begrüßt die neue Haltung: „Die Überzeugte“ neuen Betriebsleiter sind in ihrer Denk- D5000 PC Beide, Vater wie Sohn, sind und waren ne- weise moderner und sehr technikaffin.“ ben der Bewirtschaftung des eigenen Be- Nicht bei dem stehenbleiben, was man vor triebs auch als Berater tätig. Wie hat sich 20 Jahren gelernt hat, auf Forschung und der Beratungsbedarf in den vergangenen Wissenschaft zu hören, ist für ihn Voraus- Jahrzehnten verändert? „Früher hattest du setzung erfolgreichen Wirtschaftens. nur Überzeugte“, sagt Manfred Weller. In Neue Beratungsinhalte sind hinzuge- HydroPC erster Linie an die Betriebswirtschaft zu kommen: „Wie kühlen wir den Boden?“, denken, war verpönt. Die frühen Bio- fragt Weller, „wie gelingt eine durchgehen- Landwirte haben sich für den Boden inte- de Bodenbedeckung?“ In diesem Jahr sol- Rivulis ressiert das „Nährstoffdenken war nicht len Einsaaten in den Reihenkulturen er- I r r i gati on da“. Ein Grund, warum damals viele probt werden, zum Beispiel ein Mikroklee Ackerbauern Nährstoffe wie Kali und im Kürbis, der nicht hoch wird, aber den
TITELTHEMA: 50 Jahre Bioland SCHON IMMER AM PULS DER ZEIT Weggefährten von Bioland gratulieren DARUM GEHT’S: Ihr bezeichnet euch selbst als eine treibende Kraft für die Zum 50. Jubiläum von Bioland kommen Menschen zu Landwirtschaft der Zukunft – und könnt stolz darauf sein, dass Wort, die sich wie der Verband und gemeinsam mit ihm ihr das in der Praxis lebt und euch politisch dafür stark macht. schon lange für den ökologischen Landbau in Deutsch- Herzlichen Glückwunsch zu euer aller Bio-Lebenswerk – auf die land engagieren. nächsten 50 Jahre. Dr. Felix Prinz zu Löwenstein ist Naturland-Landwirt und enga- giert sich seit Jahrzehnten politisch für den Ökolandbau. Seit 2002 „Zukunft findet bei Bioland ist er Vorsitzender des Bund für Ökologische Lebensmittelwirtschaft (BÖLW). längst statt“ „Jedes Mitglied setzt eine W er erst 50 Jahre jung ist, bleibt sichtlich innovativ, kraftvoll, politisch politische Agenda“ engagiert und kämpferisch. Hat aber auch schon viel Erfahrung. Und während alle über die Zukunft reden, M ehr als 8.000 Betriebe wirtschaften mittlerweile nach den Standards von Bioland: Gratulation zu diesem großartigen Erfolg! Das Bioland-Siegel ist bekannt bei Bürgern und Bürge- machen die vielen tausend rinnen, es steht für ein hohes Maß an Glaubwürdigkeit. Das ist Bioland-Betriebe längst die hart erarbeitet und wohl verdient. Alle Bäuerinnen und Bauern, Zukunft. Und zwar schon die sich für den Umstieg auf den Ökolandbau entscheiden, ent- seit 1971. scheiden sich damit für eine ökologischere und gerechtere Welt. Während Klimakrise, Sie verdienen die Anerkennung der gesamten Gesellschaft. Zerstörung der Artenvielfalt Wer einem Verband wie Bioland beitritt, geht sogar noch einen oder Schädigung der Bo- Schritt weiter. Nicht nur, weil er die besonderen Anforderungen denfruchtbarkeit immer an die Bewirtschaftung erfüllt, es steckt darin ein bürgerschaftli- mehr Sorgen machen, zeigt Felix Prinz zu Löwenstein ches Engagement. Die großen Räder, allen voran die Gemeinsa- jeder Hektar, den Bioland- me Agrarpolitik, lassen sich nur dann bewegen, wenn die Betrof- Bauern, -Gärtnerinnen, fenen ihre Stimme erheben. Jedes Mitglied von Bioland hilft also -Imkerinnen oder -Winzer mit, dass nicht nur die alten Stimmen der Agrarindustrie vernom- bewirtschaften, dass es anders geht. Die Betriebe und ihre Part- men werden, sondern auch das Leitbild einer nachhaltigen ner in Herstellung und Handel beweisen, dass Öko eine Alterna- Agrarpolitik. Jedes Mitglied ist ein agrarpolitisches Agenda-Setting! tive ist, die schon längst funktioniert. Und diese Alternative funk- Die Gründe für Bio werden immer wichtiger: Hunger und tioniert vor allem auch deshalb, weil tausende Bioland-Bauern in Mangelernährung, Klimakrise und Verlust von Artenvielfalt, den vergangenen fünf Dekaden mit viel Innovationsgeist immer weiter erprobt haben, wie man etwa seine Pflanzen ökologisch gesund hält – von den Pionieren, die Bioland 1971 aus der Taufe gehoben haben, bis hin zu den ganz jungen Bäuerinnen und Bauern und Start-ups, die die deutsche Lebensmittelszene mit ihren Produkten in großer Vielfalt bereichern. FOTOS: BÖLW, LAURENCE CHAPERON, SONJA RODE Die Zukunft findet bei Bioland längst statt: Digitalisierung? Für euch nichts wirklich Neues, sondern integrativer Bestandteil eines Systems, das ganzheitlich innerhalb der Belastungsgrenzen Renate Künast unseres Planeten wirtschaftet. Tierwohl? Entwickelt ihr ständig weiter. Öko-Regeln? Darum kümmern sich eure Experten auf EU-Ebene beim europäischen Bio-Recht und im eigenen Verband. Denn zur nachhaltigen Zukunft gehört eben auch, am Puls der Zeit auf alle Instrumente, Techniken und Methoden von Frucht- folge bis Feldroboter zu setzen. Mit eurem Handeln sorgt ihr dafür, dass sich immer mehr Praktiker und Kundinnen für Bio entscheiden. Und Multiplikatoren am gelebten Beispiel sehen, dass es die ökologische Alternative in Landwirtschaft und Ernäh- rung längst gibt. 14 bioland ApRIL 2021
Marktkonzentration und neue Techniken. Die Welt wird sich nur die großen ökologi- ökologisch ernähren können. Deshalb brauchen wir eine neue schen Krisen. Es ist europäische und nationale Agrarpolitik. Eine der wichtigsten absehbar, dass der Lehren aus der Pandemie ist zudem: Die Ausbeutung von Mensch heutige Vorsprung und Natur muss beendet werden. Der ökologische Landbau des Ökolandbaus leistet hierfür den entscheidenden Beitrag. künftig nicht reichen Das Ziel von 25 Prozent Ökolandbau, wie es etwa der Green wird, den genannten Deal und die Farm-to-Fork-Strategie vorsehen, erreichen wir nur, Krisen zu begegnen. wenn der Ökolandbau neben starker Interessenvertretung jungen Das bedeutet, dass Menschen Lust auf eine Zukunft in der Landwirtschaft macht. sich auch der Bio- Die konkrete Beratung im Alltag, der vertrauliche Austausch und landbau mächtig das Gespräch unter vier Augen sind unbezahlbar. Deshalb ein anstrengen muss, großes Danke an all die vielen Menschen, die in unterschiedlicher besser zu werden: in Form jeden Tag für Bioland aktiv sind! der Energieeffizienz, Renate Künast war von 2001 bis 2005 die erste und bisher einzige beim Ressourcen- grüne Bundeslandwirtschaftsministerin. Sie leitete 2001 die und Naturschutz „Agrarwende“ ein und setzte damals schon das Ziel 20 Prozent und beim Tierwohl. Jürgen Heß Ökolandbau. Das wird nur mit großer Anstrengung gelingen, und zwar „Praktiker laden die Wissenschaft in enger Kooperation von Bauern und Bäuerinnen, Beratung und Forschung. zur Kooperation ein“ Prof. Dr. Jürgen Heß leitet das Fachgebiet Ökologischer Land- & Pflanzenbau an der Universität Kassel. Zum Ökolandbau kam er im Studium, das Thema seiner Dissertation verdankt er Gesprächen Z ur Gründungszeit von Bioland war die Praxis des Biolandbaus auf sich allein gestellt. Unter den Betrieben gab es einen regen Austausch von Erfahrungswissen, Pionierbetriebe entwickelten mit Bioland-Landwirt Uwe Deckert, Anfang der 80er Jahre. Konzepte und Ideen, zunächst allerdings weitgehend ohne Unterstützung durch Wissenschaft, Beratung und Politik. Gleichwohl, mit der Verbandsgründung von Bioland haben sich Bauern und Bäuerinnen auf den Weg gemacht, ihre Wirt- schaftsweise weiterzuentwickeln. Dabei waren von Anfang an Innovationen Teil der DNA des Biolandbaus. Nur Innovationen – technische und Verfahrensinnovationen – können helfen, die gesetzten Restriktionen zu meistern. Ab den 1980er Jahren öff- neten sich die Hochschulen langsam, aber zunehmend für den Biolandbau, so dass zunehmend wichtige Fragen gemeinsam erforscht werden konnten. Ende der 1980er Jahre ging es unter anderem um die Frage, wie der legume Stickstoff gemanagt wer- Bio Öle seit über 25 Jahren den kann. Bioland-Landwirte auf leichten Böden in Schleswig- Wir suchen Landwirte für den Anbau von BIOLAND Ölsaaten! Holstein entwickelten das Konzept des „heilen Umbruchs“ von Feldfutterleguminosen zur Vermeidung unproduktiver vorwin- terlicher Stickstoffmineralisation. Bioland-Mitglieder entwickelten den Mobilstall, um dem Eutrophierungsproblem in der Legehen- VFI Oils for Life gratuliert nenhaltung entgegenzuwirken. Diese Beispiele zeigen das Poten- zial, das in der Praxis steckt. Sie lädt die Wissenschaft zur Ko- Bioland zu 50 Jahren operation ein. Auf bundespolitischer Ebene gelang mit dem Bundesprogramm erfolgreicher Bio Pionierarbeit! Ökologischer Landbau (BÖL) Anfang der 2000er Jahre der Durchbruch. Das Bundesprogramm setzt bis heute auf die Er- kenntnis, dass in der Kooperation von Wissenschaft und Praxis die Lösungsansätze der Zukunft liegen. Praxis und Beratung sind in die Förderentscheidungen ebenso eingebunden wie in die Umsetzung. Mit den Praxis-Forschungs-Netzwerken entstanden neue Förderformate, in denen Praxis, Beratung und Wissenschaft zielführend zusammenarbeiten. Heute, zu Beginn der 2020er Jahre, stehen wir alle vor neuen Herausforderungen. Die planetaren Grenzen sind vielfach bereits überschritten. Im Moment verdeckt die Pandemie den Blick auf vfi-oilsforlife.com office.de@vfi-oilsforlife.com
TITELTHEMA: 50 Jahre Bioland „Die Marke lebt von unten“ „Von den Segnungen der Arbeit profitieren alle“ L iebes Bioland, nun kennen wir uns schon seit 35 Jahren. Anfänglich in Hessen, später im Bundesverband, Sitz in Göppingen. Du hast es mir nicht immer einfach gemacht. Mit deinen gewählten Vertretern lief es in der Vergangenheit nicht immer glatt, nicht alle deine Entscheidungen konnte ich nach- G ut zwei Drittel der vergangenen 50 Jahre arbeiten Bioland und Alnatura schon zusammen. Ohne Bio-Bauern gibt es keine Bio-Landwirt- vollziehen. Gerne betone ich Schwächen und Unzulänglichkeiten schaft und keine des Ökolandbaus, auch bei Bioland. Nicht um den Verband zu Bio-Lebensmittel. diskreditieren, sondern um ihn besser zu machen. Und ich bin Ist das banal, eine auch mit anderen Öko-Verbänden befreundet, was du gelegentlich „Binse“? Ich denke: als „Fremdgehen“ missinterpretiert hast. nein. Vielmehr han- Aber wie auch immer, jetzt wirst du 50 Jahre alt, und ich stelle delt es sich um die fest: Ich habe dich immer noch lieb. Du hast es geschafft, dass entscheidende Vor- die Marke Bioland „von unten lebt“, also von den Betrieben und aussetzung und Tat- deren Bäuerinnen und Bauern. Und was mich besonders freut, sache. Dies wird nur ist, dass diese Energie, dieses Leben schon über mehrere Gene- allzu oft vergessen. rationen hält, teilweise schon in der dritten Generation. Längst Deswegen stelle hat die Gründergeneration von Bioland die Betriebe in jüngere ich meinen von Her- Hände gegeben. Nicht nur eine jüngere Generation auf den be- zen ausgesproche- stehenden Bioland-Betrieben, auch einen starken Zuwachs hat nen großen Dank an der Verband verkraftet. Der „Spirit“ ist weiterhin da, wenn man die Bioland-Bauern auf Bioland-Betrieben ist. Es gab immer wieder Stimmen, die den und -Bäuerinnen Öko-Verbänden eine begrenzte Überlebenszeit vorausgesagt für ihre Arbeit an haben, weil durch gesetzliche Regelungen Bio doch eigentlich den Anfang meiner ausreichend definiert wird. Genau das Gegenteil ist der Fall, wir Ausführungen. brauchen privatrechtliches und zivilgesellschaftliches Engagement Ohne heimische mehr denn je. Bio muss von den Verbraucherinnen, Landwirtin- Bio-Bauern, die täg- Götz Rehn nen und engagierten Verarbeitern definiert werden, nicht vom lich hier bei uns im Staat. Bioland, warte weiter nicht auf den Staat, sondern bringe Land an der Erde Bio voran, wie beispielsweise im Bereich Biodiversität. Dement- arbeiten, könnten sprechend sage ich Bioland eine erfolgreiche Zukunft voraus und wir hier nicht von den Segnungen ihrer Arbeit über die erzeugten bin gerne Teil davon. Früchte aus dem Stall und von den Feldern hinaus profitieren: Dr. Robert Hermanowski ist Geschäftsführer des FiBL Deutschland, der Pflege des Bodens durch Fruchtfolge und organische Dün- seit 35 Jahren arbeitet er im und für den Ökolandbau, darunter gung, der Arbeit am Aufbau des Bodenhumusgehaltes für mehr einige Jahre auch bei Bioland. Klimaschutz durch Bindung des klimaschädlichen Gases CO₂, dem Schutz der Gewässer und des Grundwassers, dem Schutz und der Pflege der Biodiversität in unseren Agrarlandschaften. Dankbar bin ich auch für weitere zentrale Tätigkeiten des Verbands. Einmal das Mitwirken an der politischen Meinungs- bildung durch hörbare Interessenvertretung für die Belange der Bio-Bäuerinnen und -Bauern, nicht zuletzt auch über die natio- nalen und internationalen Dachorganisationen BÖLW und IFOAM. Zum anderen – und da berühren sich die Tätigkeiten Robert Hermanowski von Bioland und Alnatura – die Vermittlung von Bedarf und Angebot von Bio-Produkten zwischen den landwirtschaftlichen Erzeugern und der abnehmenden Seite des Handels. Als Händler machen wir den Endkundinnen und -kunden diese Produkte zugänglich und wir informieren sie darüber. Alnatura bietet in seinen Märkten viele frische Produkte von regionalen Bioland- Höfen und -Bäckereien an. Viele Alnatura-Markenprodukte sind aus Bioland-Getreide hergestellt. Milchprodukte, Fleisch- und FOTOS: FIBL, ANNIKA LIST Wurstwaren und viele, viele Eier erzeugen und verarbeiten von Bioland zertifizierte Unternehmen für Alnatura. Für unsere stets konstruktive Zusammenarbeit danke ich dem Bioland-Verband, seinen Repräsentanten und allen Mitarbeiten- den sehr und freue mich auf unser weiteres gemeinsames Wirken. Prof. Dr. Götz Rehn gründete 1984 das Unternehmen Alnatura mit heute mehr als 130 Märkten in Deutschland. 16 bioland ApRIL 2021
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