Digitalisierung in ländlichen Räumen und - AGRARSOZIALE GESELLSCHAFT E.V.

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Digitalisierung in ländlichen Räumen und - AGRARSOZIALE GESELLSCHAFT E.V.
AG RAR S O Z IALE                             G E S E LLS C HAF T                  E. V.

                         Digitalisierung
                        in ländlichen Räumen und
                           in der Landwirtschaft

H 20781 | 72. Jahrgang | Schwerpunktheft | 03/2021 | www.asg-goe.de   Einzelpreis 13,50 Euro
Digitalisierung in ländlichen Räumen und - AGRARSOZIALE GESELLSCHAFT E.V.
Ethik in der Landwirtschaft
                               Herbsttagung 2021
Mittwoch, 3. November 2021                                            Donnerstag, 4. November 2021

13.00 Uhr    Ethische Fragen in der Landwirtschaft –                      8.30 Uhr    Lösungsansätze zu ethischen Fragen
             der Blick von außen                                                      in der Landwirtschaft

            „Unser täglich Brot, aber bitte in Bio“ –                                Was kann und will Ethik (in) der Landwirtschaft?
            Landwirtschaft als ethisches Konfliktfeld                                Dr. Lieske Voget-Kleschin, Philosophisches Seminar
            Dr. Petra Bahr, Regionalbischöfin,                                       Christian-Albrechts-Universität zu Kiel
            Evangelisch-lutherische Landeskirche Hannover
                                                                                     „Hineindenken und Verstehen-Wollen!“
            Zwischen Idyll und Skandal. Was erwartet                                 Landjugend und BUNDJugend schaffen
            die Gesellschaft von der Landwirtschaft?                                 gemeinsames Zukunftsbild der Landwirtschaft
            Dr. Christian Dürnberger, Messerli Forschungsinstitut,                   Kathrin Muus, Bund der Deutschen Landjugend e.V. (BDL)
            Abteilung Ethik der Mensch-Tier-Beziehung, Vetmeduni
            Vienna, Universität Wien, Medizinische Universität Wien
                                                                                     (Deutsche) Unternehmen in der Verantwortung:
                                                                                     Kann das Lieferkettengesetz das Elend von
            Visionen für eine klimagerechte Landwirtschaft
                                                                                     Saisonarbeiterinnen stoppen?
            Tilman von Samson, Fridays for Future
                                                                                     Dr. Franziska Humbert, Oxfam Deutschland e.V.

             Ethische Fragen in der Landwirtschaft –                                 Ethik in der Ausbildung
             die Binnensicht                                                         Prof. Dr. Peter Kunzmann, Stiftung Tierärztliche
                                                                                     Hochschule Hannover
            Gespräch: Handeln in ethischer Verantwortung
            – Selbstbild und Perspektiven der Landwirtschaft                         Werte in der beruflichen Fortbildung
            Bernhard Barkmann, Landwirt, Landvolk-Mitglied,                          Friedrich Gronauer-Weddige, Leiter Höhere Land­-
            Agrarblogger                                                             bau- und Technikerschule Triesdorf

            Regina Selhorst, Landwirtin, Präsidentin                                 Fairfleisch – Agrarwende von unten;
            Westfälisch-Lippischer LandFrauenverband e.V.
                                                                                     über Tierwohl und schonende Schlachtung
            Eckard Holloh, Biolandwirt, AbL-Mitglied                                 Matthias Minister, Geschäftsführer und Inhaber
                                                                                     fairfleisch GmbH, Schlachthof Überlingen
            N.N., DLG-Mitglied

            Agrarpolitik für eine zukunftsfähige Landwirtschaft                      Podiums- und Plenumsdiskussion
                                                                                     mit den Referent*innen und Teilnehmer*innen
            Ministerin Ursula Heinen-Esser, Ministerium für
            Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz
            des Landes Nordrhein-Westfalen                            12.50 Uhr Schlusswort

            Podiums- und Plenumsdiskussion                                           Moderation an beiden Tagen:
            mit den Referent*innen und Teilnehmer*innen
                                                                                     Dr. Christian Röther, Freier Journalist
                                                                                     und Moderator für den Deutschlandfunk
17.30 Uhr ASG-Mitgliederversammlung

19:45 Uhr Auszeichnung der Preisträger*innen
          des Tassilo Tröscher-Wettbewerbs 2021

            Anmeldung                                        Tagungsort
            Agrarsoziale Gesellschaft e.V.                   Aula am Waldweg
            Postfach 1144, 37001 Göttingen                   Waldweg 26
            Tel.: 0551- 49709 - 0, Fax 49709 -16             37075 Göttingen
            E-Mail: info@asg-goe.de
            Online-Anmeldung: www.asg-goe.de
Digitalisierung in ländlichen Räumen und - AGRARSOZIALE GESELLSCHAFT E.V.
Editorial                                                                                                     1

                                 Während der Frühjahrstagung der ASG haben wir uns bereits mit den
Foto: Foto-Wagner, Rendsburg

                               Chancen und Risiken der Digitalisierung in der Landwirtschaft und in
                               den ländlichen Räumen befasst. Wir alle sind in unseren verschiedenen
                               Lebensbereichen von dem Megatrend Digitalisierung betroffen. Es berührt
                               unsere Arbeitsplätze, unser ehrenamtliches Tun, unsere Freizeitaktivitäten
                               und sogar unser Familienleben. Gerade in der Zeit der Pandemie haben
                               wir gelernt, uns in Videokonferenzen auszutauschen und in virtuellen
                               Räumen gemeinsam Dokumente zu bearbeiten. Sogar die Familientreffen
                               fanden am Sonntag nur vor dem Bildschirm statt.

                                 Die Referentinnen und Referenten haben uns über Strategien der Digita­
                               lisierung, praktische Beispiele in der Arbeitswelt, im kommunalen Bereich
                               und in der Landwirtschaft berichtet. Dabei haben wir nicht nur die Vorteile
                               der Digitalisierung, sondern auch die Risiken kennengelernt. Solange die
                               Prozesse von allen Beteiligten gemeistert werden können, überwiegen
                               die Vorteile. Sobald wir jedoch einen Teil der Gesellschaft während dieses
                               immensen Transformationsprozesses verlieren, besteht die Gefahr einer
                               Spaltung, sowohl hinsichtlich der unterschiedlichen technischen Ausstattung,
                               als auch bezüglich des sozialen Miteinanders.

                                 An die Erkenntnisse aus der Frühjahrstagung knüpfen wir mit dieser
                               Ausgabe des Ländlichen Raums an. In den Beiträgen werden weitere
                               Möglichkeiten der Digitalisierung und der Datenverarbeitung in der Land­
                               wirtschaft und in den ländlichen Räumen, der Unterstützung kommunaler
                               Daseinsvorsorge, der Verwaltung und der Bevölkerung, des Ehrenamts
                               und des Hauptamts beschrieben. Dabei profitieren wir von dem Ideen­
                               reichtum vieler Engagierter, ihrem Mut und ihrem Willen, die neuen
                               Chancen zu nutzen und auszuprobieren und uns an ihren Erfolgen und
                               Lehren aus ihren Fehlern teilhaben zu lassen. Doch auch hier weisen
                               einige Autor*innen wieder auf mögliche Risiken der Digitalisierung hin,
                               fragen nach der Sicherheit unserer Daten in den Verwaltungen, nach
                               unseren Notfallplänen im Falle von Cyberangriffen und vor allem nach
                               unserer Kommunikation über Misstrauen und Ängste, unsere soziale
                               Strategie, unseren gesellschaftlichen Dialog.

                                 Es wird deutlich, dass wir uns nicht allein um technische und infrastruk­
                               turelle Ausstattung und Anwendungsmöglichkeiten, sondern gleich­zeitig
                               unbedingt auch um die gesamtgesellschaftliche Transformation kümmern
                               müssen – auf allen politischen Ebenen, in unseren Dörfern, Ämtern und
                               Kreisen, auf Landes- und Bundesebene.

                               Ihre Dr. Juliane Rumpf
                               Vorsitzende des Vorstandes der Agrarsozialen Gesellschaft e.V.

| ASG | Ländlicher Raum | 03/2021 |
Digitalisierung in ländlichen Räumen und - AGRARSOZIALE GESELLSCHAFT E.V.
2                                                                               Inhaltsverzeichnis

 1 Editorial
		Dr. Juliane Rumpf, Vorsitzende des Vorstandes der Agrarsozialen Gesellschaft e.V.

    Möglichkeiten und Nutzen der Digitalisierung in ländlichen Räumen

  4 Die digitale Zukunft in den ländlichen Regionen gestalten
		Dr. Markus Kerber, Staatssekretär im Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat
  8 Smart.Region Salzlandkreis – Erprobung digitaler Instrumente zur Unterstützung regionaler Wirtschaftskreisläufe
		Dirk Helbig, Matthias Grothe und Dr. Holger Naumann, Stabsstelle Digitalisierung und Innovation, Salzlandkreis
		 Sebastian Marschall, Projektmanagement Mobiler Marktplatz 4.0, RKW Sachsen-Anhalt
10		 Die Meck Schweizer lassen die Kirschen im Dorf
		 Theresa Silberstein, Meck Schweizer
13		 Mobilität und Digitalisierung
 		 Kathrin Karola Viergutz, Institut für Verkehrssystemtechnik des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt e.V.
		 Dr. Christian Langhagen-Rohrbach, Hessisches Ministerium für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Wohnen
18		 Verbraucherschutz im ländlichen Raum – mit Videochat-Beratung im Digimobil
		Erk Schaarschmidt, Verbraucherzentrale Brandenburg e.V.
20		 Landkreis St. Wendel, Saarland: Internetplattform bündelt Unterstützungsangebote für Vereine
		Tina Noack, Landkreis St. Wendel, Koordinierungsstelle Ehrenamt
		 Katja Winckler, Wirtschaftsförderungsgesellschaft St. Wendeler Land mbH
23 Digitale Dörfer in Südniedersachsen – das Dorf Bremke als Modell
   		 Dr. Carola Croll, Stiftung Digitale Chancen
26 Die Dorfapp als Ersatz für die Dorfkneipe? Erfahrungen aus einem Dorf in der Vulkaneifel
   		 Dr. Ariane Sept, Leibniz-Institut für Raumbezogene Sozialforschung
30		 VIBS – Vorpommersches Informations- und Buchungssystem
		Sven Köppert, Tourismusverband Vorpommern e.V.
32		 Digitalisierung, Körper und Geist
		Nils Hadenfeld, KSH – Kampfkunstschulen Schleswig-Holstein

    Digitalisierung in Kommunen

34 Eine unendliche Geschichte? Stand und Perspektiven der Digitalisierung in der öffentlichen Verwaltung
		Alexander Handschuh, Deutscher Städte- und Gemeindebund
37		 Digitale Attacken auf kommunale Verwaltungen und Einrichtungen:
		 Wie steht es um die Informationssicherheit der ländlichen Kommunalverwaltung?
		Prof. Dr.-Ing. Ulrich Greveler, Hochschule Rhein-Waal | Rhine-Waal University of Applied Sciences, Campus Kamp-Lintfort
40		 Gute Daten für eine gute Zukunft – die Soester Datenstrategie als Kompass im Digitalzeitalter
		Kerstin Großbröhmer, Elisabeth Söllner und Stephan Siegert, Team Soest Digital
42		 Digitale Daseinsvorsorge im Bereich des Starkregenrisiko-Managements
		Prof. Dr.-Ing. Alpaslan Yörük und Dr.-Ing. Oliver Buchholz, Hydrotec Ingenieurgesellschaft für Wasser und Umwelt mbH
		 Rebecca Hinsberger, Hochschule für Technik und Wirtschaft des Saarlandes

  Digitalisierung in der Landwirtschaft

46 Das Datenportal für die Landwirtschaft. Ein zentrales staatliches Suchportal für Open-Data in der Landwirtschaft
		Tim Griese, Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft
48		 SVLFG und Digitalisierung: Neue Chancen im Alltag (aber auch Risiken)
		Arnd Spahn, Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau
51		 Digitalisierung kann zur Nachhaltigkeit beitragen – muss sie aber nicht
		Reinhild Benning, Deutsche Umwelthilfe e.V.
54		 Digitalisierung im Stall. Ethische Perspektiven auf einen Trend der Zukunft
		Dr. Christian Dürnberger, Messerli Forschungsinstitut, Vetmeduni Vienna, Medizinische Universität Wien
58		 Landwirtschaft 4.0 im Ökolandbau
		Dr. Stephanie Lehmann, Biokreis e.V.

                                                                            | ASG | Ländlicher Raum | 03/2021 |
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Inhaltsverzeichnis                                                                                                                              3

60		 Unterstützung und Umsetzung der digitalen Landwirtschaft
		Nikolas Neddermann, Mittelstand 4.0-Kompetenzzentrum Lingen, Hochschule Osnabrück
64		 Beratung auf Kacheln: Notlösung für landwirtschaftliche Familien in der Corona-Krise und Chance
		 für die Zukunft … und was die Digitalisierung von uns fordert
		Dr. Andrea Hötger, bilden und beraten
65		 Auf Distanz gut beraten: Online-Beratung in der Landwirtschaftlichen Familienberatung
		Žana Schmid-Mehić, BAG Familie und Betrieb e.V.
66		 Videogestütze Online-Beratung aus Sicht einer Beraterin von Familie & Betrieb in Hessen
		Christina Meibohm, Familie & Betrieb – die Ländliche Familienberatung von Hessen und Rheinhessen
68		 Lesetipp: Digitalisierung in ländlichen und verdichteten Räumen
69		 Digitale Tools in der Waldbrandbekämpfung
		Lena Bolz, Agrarsoziale Gesellschaft e.V.

       Kritische Auseinandersetzung mit den Auswirkungen auf Gesellschaft, Demokratie und Umwelt

72 Umwelt in die Algorithmen: Digitalisierung nachhaltig gestalten
		Svenja Schulze, Bundesministerin für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit
74 Digitalisierung und Klimaschutz im Spannungsfeld: Warum eine nachhaltige Ausrichtung der Digitalisierung
		 wichtig ist
		Anke Brüggemann, KfW Research, KfW Bankengruppe
79		 Lesetipp: Der Wert der Digitalisierung. Gemeinwohl in der digitalen Welt
80 Transformation des Arbeitsmarktes und flankierende Maßnahmen des BMAS
		Dagmar Babel, Agrarsoziale Gesellschaft e.V.
82 Daten, algorithmische Systeme, Künstliche Intelligenz – gesellschaftliche Chancen, Herausforderungen
		 und notwendige Antworten
		Leonie Beining und Maria Jacob, Stiftung Neue Verantwortung e.V.
86 Digitalisierung – Gefahr für die Demokratie? Wie die Monopolisierung von Datenmärkten unsere Zukunft bedroht
		Hendrik Zimmermann, Germanwatch e.V.

       Hör- und Lesetipps

89		   Der blinde Fleck der Digitalisierung. Wie sich Nachhaltigkeit und digitale Transformation in Einklang bringen lassen
89		   Digital aufs Land. Wie kreative Menschen das Leben in Dörfern und Kleinstädten neu gestalten
89     Land.Schafft.Wissen. Eine Podcast-Reihe des Zukunftszentrums Holzminden-Höxter
90		   Mein Netzwerk-Freunde Buch. Ein Überblick über die wichtigsten Netzwerke für ländliche Impulsorte

       Personalie

90 StS a.D. Dr. Hermann Onko Aeikens 70 Jahre

       Termin

90 „Neue Wege digital und analog! Den Wandel im ländlichen Raum aktiv gestalten“

       Aus der Forschung

91		   Verbesserung der Klimabilanzen landwirtschaftlicher Betriebe und der Beitrag der Digitalisierung
91     Digitalisierung und Onlinehandel: Fluch oder Segen für ländliche Räume?
91     Umweltpolitische Unterstützungs- und Förderstrategien zur Stärkung sozial-ökologischer Formen
		     von Zusammenleben und Gemeinwohlorientierung

Fotonachweise Titelbild: © dlyastokiv, Markus Wegmann, kinwun, Alex from the Rock, FotoSabine, artiemedvedev, bittedankeschön (alle stock.adobe.com)
Sofern keine Nachweise an den Fotos und Abbildungen stehen, wurden diese der Redaktion von den Autor*innen, Fotograf*innen und Verlagen
überlassen oder stammen aus dem Bildarchiv der Agrarsozialen Gesellschaft e.V.

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4                                                       Digitalisierung in ländlichen Räumen

                    Die digitale Zukunft in den ländlichen Regionen gestalten
                                                                Dr. Markus Kerber

                    Die Bundesregierung verfolgt mit ihrer Politik das Ziel, gleichwertige Lebensverhältnisse in allen
                    Teilregionen Deutschlands herzustellen, bestehende Unterschiede zu verringern und deren Verfes­
                    tigung zu verhindern. Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat (BMI) fördert vor
                    allem im Rahmen des Programms Region gestalten innovative Projekte mit Modellcharakter und
                    stellt die Ergebnisse einer breiten Öffentlichkeit zur Verfügung. Ein weiterer Beitrag wird durch
                    die „Modellprojekte Smart Cities“ geleistet, die Städte, Kreise und Gemeinden unterstützen, die
                    Qualitäten der Europäischen Stadt in das Digitale Zeitalter zu übertragen. Hinzu kommt die Auf-
                    bereitung und Bereitstellung digitaler Daten.

                    Digitalen Wandel in ländlichen      Vernetzung der Akteure oder zur
                    Regionen unterstützen               Bereitstellung von Informationen.

                    Programm Region gestalten           Heimat 2.0
                      Im Rahmen von Region gestalten      Digitale Anwendungen leisten
                    setzt die Heimatabteilung des BMI   einen wesentlichen Beitrag, um
                    seit 2019 15 Projekte mit ca. 60    den Zugang zu Angeboten der
                    Modellvorhaben im Bereich der       Daseinsvorsorge für die Bürgerin­
                    Raumordnung und des gesell­         nen und Bürger unseres Landes
                    schaftlichen Zusammenhalts mit      unabhängig von Zeit und Ort zu
                    spezieller Ausrichtung auf länd­    verbessern. Um ländliche struk­
                    liche Räume um. Das BMI arbeitet    turschwache Regionen bei der
                    bei der Durchführung der Projekte   Implementierung solcher Anwen­
                    eng mit dem Bundesinstitut für      dungen zu unterstützen, fördert
                    Bau-, Stadt- und Raumforschung      das BMI in der Förderinitiative
                    zusammen. Fragen der Digitali­      „Heimat 2.0“ seit Ende 2020
                    sierung spielen in den meisten      bundesweit 16 Modellvorhaben.
                    Projekten eine große Rolle, sei
                    es als Gegenstand des Projektes       Inhaltlich geht es dabei um              Das Modellvorhaben „Digitaler
                    an sich oder als Instrument zur     digitale Angebote der Daseins­           Landgenuss“ des Landkreises
                                                        vorsorge, wie z. B. die Auswei­          Cham mit den Partnern Land­
                                                        tung von Bildungsangeboten,              Genuss Bayerwald und der ört­
                                                        den Erhalt und die Förderung ­           lichen Volkshochschule erhöht
                                                        von Kultureinrichtungen, die             beispielsweise die Selbstversor­
                                                        Vermarktung regionaler Erzeug­           gung mit regional erzeugten Pro­
                                                        nisse oder die Pflege- und Ge­           dukten durch eine Plattform. Die
                                                        sundheitsversorgung. Für die             Herausforderung liegt dabei da­
                                                        wirksame Etablierung digitaler           rin, die gesamte Wertschöpfungs­
                                                        Anwendungen in ländlichen Räu­           kette von Erzeugern, Vertreibern
                                                        men ist eine aktive Mitgestaltung        sowie Kundinnen und Kunden in
                                                        auf Nutzer- und Geberseite von           der Region ganzheitlich zu be­
Quelle: BMI

                                                        Beginn an und darüber hinaus             trachten und mittels künstlicher
                                                        von Bedeutung. Wichtige Voraus­          Intelligenz laufend zu optimieren.
                                                        setzungen liegen darüber hinaus
                                                        in dem Kompetenzaufbau und                Die Modellprojekte werden über
                                                        -transfer, der Motivation sowie          einen Zeitraum von ca. drei Jahren
                                                        Akzeptanz bei den potenziellen           umgesetzt sowie wissenschaftlich
                                                        Nutzergruppen und Anbietern.             begleitet. Hierdurch können bei­
              Dr. Markus Kerber                                                                  spielgebende digitale Anwendun­
              Staatssekretär im Bundes­ministerium       „Heimat 2.0“ setzt auf Koopera­tions­   gen entwickelt werden, von denen
              des Innern, für Bau und Heimat            vorhaben zwischen öffentlichen und       auch andere Regionen profitieren
                                                        zivilgesellschaftlichen Akteuren:        können.

                                                                                         | ASG | Ländlicher Raum | 03/2021 |
Digitalisierung in ländlichen Räumen und - AGRARSOZIALE GESELLSCHAFT E.V.
Digitalisierung in ländlichen Räumen                                                                                   5

                                                                              Digitalisierungszentrum Zeitz
                                                                                Die Region Zeitz in Sachsen-
                                                                              Anhalt ist stark vom Struktur­
                                                                              wandel geprägt. Mit dem Digitali­
                                                                              sierungszentrum Zeitz wird ein
                                                                              Experimentierraum für digitale
                                                                              Innovationen geschaffen, der
                                                                              u. a. auf Basis datengetriebener
                                                                              Anwendungen neue Potenziale
                                                                              zur Entwicklung der Region er­
                                                                              schließt und breite Vernetzungs­
                                                                              angebote unterbreitet. Im „Maker­
                                                                              space” entsteht parallel eine Art
                                                                              Werkstatt, in der Kreative, Exis­
                                                                              tenzgründerinnen und -gründer
                                                                              sowie Unternehmerinnen und
                                                                              Unternehmer sich ausprobieren
                                       Practice-Beispielen, sondern die       und ihre Produkte in 3D drucken
Regionale Open
                                       Erarbeitung der Methodik für eine      können. In dem LearnLabZ kön­
Government Labore
                                       erfolgreiche Zusammenarbeit            nen Schülerinnen und Schüler
  Zur Digitalisierung ländlicher       zwischen Verwaltung und Zivil­         aus Zeitz und den angrenzenden
Räume leisten auch die 13 Regio­       gesellschaft. Dabei werden Ko­         Regionen Medienkompetenz und
nalen Open Government Labore           operationsprozesse dauerhaft           den Umgang mit Computer-Soft­
mit vielen Einzelprojekten Pionier­    etabliert und deren positive Wir­      ware erlernen sowie sich mit neu­
arbeit. Das Labor Merseburg /          kungen auf regionale Entwicklung       en Technologien vertraut machen.
Schkopau / Saalekreis beispiels­       und Demokratiefestigkeit nach­-        Auch soll dadurch selbständiges
weise adressiert die Problematik,      ge­wiesen. Digitalisierung ist dabei   Lernen, Problemlösungsfähigkeit,
dass fehlende personelle und           ein Mittel, um Wissen und Engage­      Kommunikationsfähigkeit, kriti­
finanzielle Ressourcen die Digi­       ment der gesamten regionalen           sches Denken sowie Kreativität
talisierung der Verwaltungsarbeit      Gesellschaft zu erschließen.           gefördert werden.
in kleineren Gemeinden erschwe­
ren. Das Labor intensiviert den

                                                                                                                             Foto: Digitalisierungszentrum Zeitz
Aufbau eines interkommunalen
Netzwerks und führt Bürgerdia­
loge durch. Die Labore Marburg­
Biedenkopf und Partheland wol­
len mit digitalen Lösungen die
Vernetzung zivilgesellschaftlicher
Initiativen und damit bürger­
schaftliches Engagement erleich­
tern. Dazu baut Marburg-Bieden­
kopf ein „Digitales Dorfgemein­
schaftshaus“ und die Stadt
Brandis stellt mit der Parthe­Cloud
ein Instrument zur Vernetzung
z. B. der Jugend-, Vereins- und
Seniorenarbeit in der Region bereit.
Die Labore Merzenich / Kerpen
und Bad Belzig setzen digitale
Beteiligungsmöglichkeiten zur
Regionalentwicklung um. Ziel der
Regionalen Open Government
                                        Im LearnLabZ im Digitalisierungszentrum Zeitz können Schülerinnen und Schüler neue
Labore ist nicht in erster Linie        Technologien kennenlernen.
die Aneinanderreihung von Best-

| ASG | Ländlicher Raum | 03/2021 |
Digitalisierung in ländlichen Räumen und - AGRARSOZIALE GESELLSCHAFT E.V.
6                                    Digitalisierung in ländlichen Räumen

                                                                         sind Informationen zu Konzeptio­
                                                                         nierung, zu rechtlichen und finan­
                                                                         ziellen Instrumenten und zu Um­
                                                                         setzungshilfen sowie zahlreiche
                                                                         bundesweite Projektbeispiele
                                                                         insbesondere aus dem ländlichen
                                                                         Raum hinterlegt. Ziel ist es,
                                                                         Lösungsansätze für Mobilitäts­
                                                                         herausforderungen und bereits
                                                                         erprobte Maßnahmen sachge­
                                                                         recht aufbereitet publik zu ma­
                                                                         chen, damit andere Interessierte
                                                                         von den Erfahrungen profitieren
                                                                         sowie Handlungsprozesse auf­
                                                                         setzen können. Mobilikon wird
                                                                         vom Kompetenzzentrum länd­
                                                                         liche Mobilität im Bundesinstitut
    Online-Nachschlagewerk           Das Online-Nachschlagewerk          für Bau-, Stadt- und Raumfor­
    „Mobilikon“                      Mobilikon. Seit November 2020       schung betrieben.
     Im Bereich Mobilität ist mit    können Kommunen und Inte­
    Unterstützung des Programms      ressierte strukturiert nach pass­     Das Online-Nachschlagewerk
    Region gestalten ein zentrales   genauen Mobilitätsmaßnahmen         steht allen Interessierten unter
    digitales Angebot entstanden:    für ländliche Räume suchen. Hier    www.mobilikon.de zur Verfügung
                                                                         und wird stetig aktualisiert. Der­
                                                                         zeit umfasst Mobilikon knapp 300
                                                                         Maßnahmen, Instrumente, Um­
                                                                         setzungshilfen und Praxisbeispie­
                                                                         le. Eine digitale Übersichtskarte
                                                                         bildet die bundesweiten Projekte
                                                                         ab. Darüber hinaus sind auf Mo­
                                                                         bilikon 23 Videos zu unterschied­
                                                                         lichen Maßnahmen und Projekten
                                                                         eingestellt. Im Fokus stehen hier
                                                                         die Menschen, die ihre Ideen und
                                                                         Erfahrungen bei der Umsetzung
                                                                         in einer sehr eindrucksvollen Art
                                                                         darstellen. Hier erzählen z. B.
                                                                         Ehrenamtliche aus der Kommune
                                                                         Darup, wie sie in die Pedale einer
                                                                         E-Rikscha treten, um mobilitäts­
                                                                         eingeschränkte Personen zu ihrem
                                                                         Zielort zu bringen, oder es wird
                                                                         gezeigt, wie von Geisterhand ein
                                                                         Bus ohne Fahrer durch Kronach
                                                                         fährt.

                                                                         Wissensportal
                                                                         „Transformation von Klöstern“
                                                                          In Deutschland gibt es über
                                                                         1 000 Klöster, die aufgrund ge­
                                                                         sellschaftlicher und demografi­
                                                                         scher Veränderungen vielerorts
                                                                         aufgegeben werden müssen.
                                                                         In diesem Vorhaben soll ein
                                                                         Online-Wissensportal entstehen,

                                                                  | ASG | Ländlicher Raum | 03/2021 |
Digitalisierung in ländlichen Räumen und - AGRARSOZIALE GESELLSCHAFT E.V.
Digitalisierung in ländlichen Räumen                                                                           7

welches die Transformation der         und Zukunftspaket werden dafür       Deutschlandatlas eine wichtige
oft denkmalgeschützten Häuser          820 Mio. € Programmmittel zur        Erkenntnisgrundlage für die
und Liegenschaften zu regional         Verfügung gestellt. Mit der kürz­    Politik gleichwertiger Lebens­
bedeutsamen, sinnvollen Nach­          lich ausgewählten dritten Staffel    verhältnisse auch in ländlichen
nutzungen unterstützt. Das Portal      werden 73 Modellprojekte und         Räumen. Die Karten werden
zielt darauf ab, hilfreiches Praxis­   ein starker Wissenstransfer          zweimal im Jahr aktualisiert
wissen für die anstehende Um­          finanziert.                          und stehen zum Download
nutzung von Klöstern und Liegen­                                            zur Verfügung.
schaften zur Verfügung zu stellen.       Mit den Modellprojekten Smart
Zielgruppen des Projekts sind          Cities werden digitale Lösungen      Smart Farming
demnach die Ordensgemein­              für stadtentwicklungspolitische        Die satellitengestützten
schaften selbst, die Gemeinden         Ziele entwickelt und getestet.       Positionierungssysteme wie
und Regionen sowie künftige            Gleichermaßen sollen sie Wege        Galileo und GPS liefern den
Nutzer der Liegenschaften.             finden, um mit den Wirkungen der     Anwenderinnen und Anwen­
                                       Digitalisierung auf stadtentwick­    dern eine Genauigkeit im fünf
Datentool „daviplan“                   lungspolitische Belange umzuge­      bis zehn Meter-Bereich. Der
für die regionale                      hen. Gefördert werden Ansätze,       vollautomatische personen­-­
Daseinsvorsorgeplanung                 die im Einklang mit der Smart        lose Betrieb von Landmaschi­
  Für eine datengestützte integ­       City Charta und der integrierten     nen ist mit dieser Auflösung
rierte Daseinsvorsorgeplanung          Stadtentwicklung stehen. Ent­        nicht denkbar. Die Landwirt­
fehlt es auf der regionalen und        scheidend ist darüber hinaus die     schaft nutzt daher seit langem
kommunalen Ebene häufig an             Modellhaftigkeit des Vorgehens.      den SAPOS®­Dienst der Bun­
Ressourcen und geeigneten,             Entwickelte Lösungen werden als      desländer, der zwar Genauig­
nutzerfreundlichen Werkzeugen.         Open Source für alle Kommunen        keiten im einstelligen Zenti­
Mit dem in Entwicklung befind­         zur Verfügung gestellt.              meterbereich liefert, aber zwin­
lichen Datentool „daviplan“ für                                             gend eine Internetverbindung
Kommunen und Regionen kön­              Der Wissenstransfer nimmt einen     für Korrekturdaten voraussetzt
nen die Ausgangslage, die ab­          zentralen Bestandteil der Modell­    – üblicherweise über Mobil­
sehbaren Trendentwicklungen            projekte Smart Cities ein. Lokale    funk, der gerade in ländlichen
sowie die Auswirkungen unter­          Netzwerke sowie der Wissens­         Gebieten nicht flächendeckend
schiedlicher Strategieansätze          austausch und die Zusammen­          verfügbar ist.
auf die Versorgungsqualität auf­       arbeit mit anderen Kommunen
bereitet werden. Dies fördert eine     haben dabei eine wesentliche           Das Bundesamt für Karto­
zielorientierte regionale Diskus­      Bedeutung. Auf der Website           graphie und Geodäsie, eine
sion über eine bedarfsgerechte         www.smart-city-dialog.de wird        Behörde im Geschäftsbereich
Daseinsvorsorgeplanung.                eine Wissens- und Vernetzungs­       des BMI, entwickelt daher
                                       plattform eingerichtet, auf der      gemeinsam mit den Ländern
Städte auf dem Weg                     zukünftig gezielte Lern- und Wis­    einen Positionierungsdienst,
ins digitale Zeitalter                 sensformate angeboten werden.        der ohne Internet auskommt.
                                                                            Das Precise Point Positioning
Smart Cities                           Aufbereitung                         (PPP) genannte Verfahren
  Das BMI als Stadtentwicklungs­       und Bereitstellung                   wird die Korrekturdaten bun­
ressort fördert seit 2019 mit den      digitaler Daten                      desweit über das Digitalradio
Modellprojekten Smart Cities                                                dab+ ausstrahlen. Ab 2023
Kreise, Städte und Gemeinden           Deutschlandatlas                     werden erste Feldversuche
als Lernbeispiele, um die Quali­         Der Deutschlandatlas illustriert   starten, zwei bis drei Jahre
täten der europäischen Stadt in        unter www.deutschlandatlas.          später ist der bundesweite
das Zeitalter der Digitalisierung      bund.de auf 68 interaktiven Kar­     Wirkbetrieb geplant. Damit
zu übertragen. Ihre Erkenntnisse       ten Daten und Fakten über das        soll SAPOS nicht abgelöst
sollen in die Breite getragen und      Leben in Deutschland. Sortiert       werden, mittelfristig wird
allen Kommunen nutzbar gemacht         nach wichtigen Lebensbereichen       jedoch die Zusammenführung
werden. Damit wirken die Modell­       wie Arbeit, Bildung oder Sicher­     mit PPP angestrebt.
projekte auch auf die Regional­        heit, zeigen die Karten räumliche
entwicklung. Inklusive der Auf­        Strukturen und regionale Unter­
stockung durch das Konjunktur-         schiede auf. Damit liefert der

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8                                                  Digitalisierung in ländlichen Räumen

          Smart.Region Salzlandkreis – Erprobung digitaler Instru-
          mente zur Unterstützung regionaler Wirtschaftskreisläufe
                            Dirk Helbig, Matthias Grothe, Dr. Holger Naumann und Sebastian Marschall

         Können möglichst flächendeckende regionale Nahversorgungsnetze für Waren und Dienstleistungen
         des täglichen Bedarfes im ländlichen Raum auf lange Sicht funktionieren? Welchen Beitrag können
         digitale regionale Schaufenster als zentrale Informations- und Kommunikationsdrehscheibe hierzu
         leisten? Kann mittels digitaler Werkzeuge die Attraktivität von Regionen erhalten bleiben, die in ho-
         hem Maße vom demografischen Wandel beeinflusst werden? In einem Modell- und Demonstrations-
         vorhaben des Bundes wird im Salzlandkreis nach Antworten gesucht.

           Überalterung und Rückgang der           Ausgangslage im Salzlandkreis             Austausch zwischen Anbietern
         Bevölkerung erhöhten im Salz­                                                       und Nutzer*innen zukünftiger An­
         landkreis den Handlungsdruck,               Die Beobachtung, dass die Corona­       gebote half dabei, die Akzeptanz
         neue Wege für den Erhalt wichtiger        Pandemie dem Online-Handel einen          für zukünftige Lösungsansätze zu
         Daseinsvorsorgeinfrastrukturen in         weiteren großen Schub versetzt            fördern und bereits bestehende
         ländlich geprägten Regionen zu            hat, trifft auch im Salzlandkreis         Netzwerkaktivitäten in die Projekt­
         gehen. Dabei ist vor allem die            zu. Vielerorts entstehen Online­          arbeit einfließen zu lassen. In der
         Sicherung von Waren sowie                 Marktplätze, aber inzwischen              Projektantragsphase Ende 2017
         Dienstleistungsangeboten für die          zeigt sich oft, nicht jeder digitale      angedachte digitale Hilfsmittel
         Bevölkerung, insbesondere für             Marktplatz „funktioniert“! Zur Lö­        sicherten während der zur Projekt­
         die wachsende Gruppe an Älteren           sung trägt demzufolge nicht die           laufzeit akuten Corona-Situation
         und Mobilitätseingeschränkten,            Entwicklung weiterer regionaler           die Bedarfsanalyse ab. Geplante
         von großer Bedeutung. Bestehende          Kopien international erfolgreicher        Präsenzveranstaltungen wurden
         Angebote stehen unter wachsen­            Online-Marktplätze bei. Es braucht        in digitalen oder hybriden Formaten
         dem wirtschaftlichen Druck und            vielmehr weitergreifende Rahmen­          realisiert, Bedarfe mittels geeig­
         sind derzeit stark gefährdet.             bedingungen, um regionale Be­             neter Online-Partizipations-Werk­
         Zunehmend sind hier einzelne              darfe mit vor Ort existierenden           zeuge erfasst.
         Regionen schon unterversorgt.             Angeboten zusammenbringen zu
         Gleichwertige Lebensverhältnisse          können. Daher untersucht der              Regionalität schlägt Preis
         können für die nächsten Jahre             Salzlandkreis neue Ansätze und
         nur mit wachsendem Aufwand                hat – neben dem aktuellen Vorha­            Gute Nachrichten für den Einzel­
         sichergestellt werden. Die Förde­         ben – in einer Reihe von eigenen          handel im Salzlandkreis: Regio­
         rung des bis Ende 2021 laufenden          Projekten in den letzten Jahren           nalität schlägt Preis! Das ist eine
         Vorhabens erfolgt aus Mitteln des         tatsächliche regionale Bedarfe            der wichtigsten Erkenntnisse der
         Bundesministeriums für Ernäh­             identifiziert.                            Bedarfsanalyse. „Vielen Bürger*in­
         rung und Landwirtschaft (BMEL)                                                      nen ist wichtig, dass sie auf regio­
         aufgrund eines Beschlusses des             Die gewonnenen Erkenntnisse              nale Produkte zurückgreifen bzw.
         deutschen Bundestages. Projekt­           wurden in iterativen Prozessen            ihre Waren oder Dienstleistungen
         träger ist die Bundesanstalt für          mit regionalen Akteur*innen (Bür­         von regionalen Händlern und
         Landwirtschaft und Ernährung              ger*innen, Politik, Verwaltung,           Firmen beziehen können“, sagt
         (BLE), die die Fördermaßnahme             Wirtschaft) in Einzelinterviews           Landrat Markus Bauer. Der Preis
         „Land.Digital“ im Rahmen des              und Workshops besprochen und              sei bei der Entscheidung nicht
         Bundesprogramms für Ländliche             zur Ableitung geeigneter Lösungen         das ausschlaggebende Argument.
         Entwicklung durchführt.                   weiter konkretisiert. Ein moderierter     Smarte Ideen sind gefragt, um

          Dirk Helbig                       Matthias Grothe                  Dr. Holger Naumann             Sebastian Marschall
Stabsstellenleiter, Gesamtprojekt­   Fachexperte Geo-Informations­        Projektmitarbeiter Mobiler      Projektverantwortlicher für
 verantwortlicher, Salzlandkreis        systeme, Salzlandkreis           Marktplatz 4.0, Salzlandkreis     das Projektmanagement
                                                                                                            Mobiler Marktplatz 4.0,
                                Stabsstelle Digitalisierung und Innovation                                  RKW Sachsen-Anhalt

                                                                                    | ASG | Ländlicher Raum | 03/2021 |
Digitalisierung in ländlichen Räumen                                                                                                                                9

                                                                                                                                      Perspektive

                                                                                                         Pressestelle Salzlandkreis
                                                                                                         Foto: Marko Jeschor /
                                                                                                                                        Parallel zur gegenwärtig laufen­
                                                                                                                                      den Programmierung des multi­
                                                                                                                                      funktionalen Online-Angebots soll
                                                                                                                                      im nächsten Schritt die Eingabe
                                                                                                                                      erster realer Daten erfolgen, um
                                                                                                                                      erste konkrete Anwendungsfälle
                                                                                                                                      (Bestellung, Transport, Abholung,
Mit Umfragen in den Städten sammelt der Salzlandkreis Daten zum Bedarf der Bürger*innen und Firmen: Kreis­                            ggf. Bezahlung) testen zu können.
seniorenbeiratsvorsitzende Rosemarie Ziem, Martin Lampadius von der Kaufmannsgilde Aschersleben, Carmen                               Eine abschließende Ergebnis-
Niebergall vom RKW Sachsen-Anhalt, Staßfurts Oberbürgermeister Sven Wagner und Landrat Markus Bauer (v.l.n.r.).
                                                                                                                                      und Akzeptanzanalyse, die auch
                                                                                                                                      das Projekt beendet, soll ein Feed­
        regionalen Handel und Bürger*in­                      daten eine große Bedeutung                                              back der Ziel- und Nutzergruppen
        nen wieder enger zusammen­                            beigemessen. Angebote von                                               hinsichtlich „Praxistauglichkeit“
        zubringen.                                            Waren und Dienstleistungen                                              des Ansatzes liefern, damit ein­
                                                              haben in der Regel einen Raum­                                          zelne Funktionalitäten beim Über­
          Dank der Unterstützung des                          bezug, eine Adresse. Durch                                              gang in einen Regelbetrieb weiter
        Bundes und Projektpartnern wie                        die koordinatenmäßige Veror­-                                           verfeinert werden können. Nach
        der Hochschule Anhalt und dem                         tung der Angebote können                                                Ende der Projektlaufzeit ist eine
        RKW Sachsen-Anhalt wurden                             diese mit Transportwegen ver­                                           Verstetigung des Projektes durch
        gemeinsam mit der Region tech­                        knüpft und dargestellt werden.                                          das sich weiterentwickelnde
        nische Lösungsansätze erarbei­                        Kund*innen können so erken-                                             regionale Partnernetzwerk an­
        tet, wie regionale Angebote im                        nen, wo etwas angeboten wird                                            gestrebt. Entsprechende Ab­
        Salzlandkreis besser vernetzt und                     und ob sie sich die Ware ab­-                                           stimmungen potenzieller Partner
        für alle Interessierten sichtbar ge­                  holen oder anliefen lassen                                              zum Weiterbetrieb des Angebots
        macht werden können. Ziel war                         möchten. Auch Mitfahrgele-                                              laufen bereits. Regionale Unter­
        es, dass sich der Salzlandkreis                       genheiten können so ange­-                                              nehmen zeigen Interesse an den
        mit digitaler Unterstützung neu                       boten, genutzt und zusätzlich                                           Ergebnissen und den Möglich­
        kennenlernt, dass regionale An­                       mit einem digitalen Veranstal­                                          keiten der zukünftigen Präsen­
        gebote für bestehende Bedürfnis­                      tungskalender verknüpft                                                 tation ihrer Angebote im Salz­
        se der Menschen nutzbar werden                        werden.                                                                 landkreis.
        und dass eine Versorgung auch
        jenseits der urbanen Zentren
        langfristig möglich bleibt. Ist in
        Zukunft die Beteiligung groß, ent­
        steht ein „digitales Schaufenster“
        für bestehende regionale Ange­
        bote, Waren und Dienstleistungen.
        Verschiedene Kommunikations­
        kanäle fördern die Nachfrage
        durch den Austausch zwischen
        Bedarf und Angebot, regionale
        Bezahlsysteme wie die Salzland­
        karte halten Geldströme in der
        Region, regionale Transport- und
        Logistikketten werden besser
        ausgelastet.

        Raumdaten zur Vernetzung                                   Weiterführende Informationen
         Bei der Entwicklung der Projekt­                          Eine Übersicht zu regionalen Aktivitäten, laufenden und
        skizze und der Umsetzung tech­                             abgeschlos­sen Vorhaben und zum Partnernetzwerk
        nischer Lösungsansätze wurde                               finden Sie unter dem Link: https://rdz.salzlandkreis.de.
        der Nutzung von Geoinformations­

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10                                             Digitalisierung in ländlichen Räumen

                Die Meck Schweizer lassen die Kirschen im Dorf
                                                          Theresa Silberstein

        Die Meck Schweizer sind eine Regionalvermarktungsinitiative aus Mecklenburg-Vorpommern.
        Regionale Produkte für die heimische Bevölkerung wieder verfügbar zu machen und damit lokale
        Wertschöpfungsketten zu erhalten und auszubauen, steht im Zentrum der Bemühungen. Der Ort für
        authentischen Regionalhandel ist der Dorfladen, wo es neben dem echten Regionalprodukt noch
        eine passende Geschichte, einen Kaffee und ein bisschen soziale Nähe gibt.

          Zwischen Hauptstadt und Küste, im Herzen Meck­             Fragen auf den Grund zu gehen, gründeten sich im
        lenburg-Vorpommerns, liegt die Mecklenburgische              Jahr 2014 DIE MECK-SCHWEIZER als regionales
        Schweiz. Eine ursprüngliche Landschaft geprägt               Unternehmernetzwerk in Vereinsform. Die Stärkung
        von Weite und wenigen Menschen. Neben gelbem                 der regionalen Wertschöpfungsketten war das Ziel.
        Raps weiden Rinder und Schafe und nach einigen               Das Kennen und Erkennen potenzieller Handels­
        Kilometern sammeln sich einige Häuser zu einem               partner war ein erster Schritt, die Hürden zu einem
        klassischen Straßendorf, danach wieder Wiesen,               funktionalen Regionalhandel zu nehmen.
        Wald und Weite. Die Versorgung der hei­mischen
        Bevölkerung erfolgt fast ausschließlich über die               Aus einem Verein, der sich seit 2014 mit den Fragen
        großen Discounter in den kleinen Städten, doch               zur Organisation des Regionalhandels beschäftigte,
        die sind oft mehr als 10 km entfernt. Sie werben             ging im Jahr 2017 die Genossenschaft „ELG Meck­
        zwar mit Produkten aus der Region, doch echte                lenburgische Schweiz eG“ hervor, welche seither
        Regionalprodukte findet man kaum. Der Ort für                die Meck Schweizer B2B-Handelsplattform betreibt.
        authentischen Regionalhandel ist und bleibt der              Diese führt Angebot und Nachfrage von Regional­
        Dorfladen – doch dieser stirbt, aus verschiedenen            produkten für Geschäftskunden zusammen.
        Gründen.
                                                                      Als digitaler Marktplatz nur für Geschäftskunden ist
          Im Herbst 2013 eröffnete entgegen der allgemeinen          es erstmals möglich, Produkte verschiedener Erzeu­
        Schließbewegung in einem kleinen Ort mit knapp               ger und Verarbeiter in einem Warenkorb gebündelt
        60 Einwohner*innen ein Dorfladen. Die Alleinstel­            darzu­stellen und in einer Summe zu bezahlen, ohne
        lungsmerkmale sind Naturkost und regionale Pro­              dass eine Kommissionierung erfolgt. Die Handels­
        dukte. Die Nachfrage nach regionalen Lebensmit­              beziehungen finden also auf direktem Wege statt,
        teln ist groß, noch größer der logistische Aufwand,          wobei ein Bezahldienstleister die Summe des Waren­
        diese ins Regal zu bringen. In einem Flächenland             korbs im Hintergrund verteilt. Die Rechnungsstellung
        mit wenig Menschen und langen Wegen war das                  erfolgt für den Erzeugerbetrieb bequem und auto­
        Einsammeln der regionalen Produkte am Vormittag              matisch über das System. Über eine E-Mail werden
        zum Verkauf am Nachmittag ökonomischer und                   PDF-Dateien verschickt, wobei in einer Gesamt­
        ökologischer Wahnsinn.                                       übersicht alle Käufe dargestellt sowie die einzelnen
                                                                     Rechnungen zum Ablegen auffindbar sind.
        Herausforderung Regionalprodukte –
        Angebot und Verfügbarkeit                                     Auf dem Marktplatz tummeln sich aktuell mehr
                                                                     als 200 Ge­schäftsleute, von denen etwa 100 aktiv
         Spricht man mit Handel und Gastronomie über                 und regelmäßig die Plattform nutzen. Mit der Unter­
        Regional­produkte, hört man häufig „Ich würde ja             stützung des Landes ist es nun für Mitglieder der
        gern, aber …“. Angebot und Verfügbarkeit scheinen            Landesgruppe Regionalbewegung M-V möglich,
        die zentralen Herausforderungen zu sein, sprich:             auch in anderen Regionen Por­tale zu eröffnen,
        Wer hat was, wieviel und wie lange? Um diesen                um den digitalen B2B-Marktplatz zu nutzen. Eine
                                                                     Verbindung der verschiedenen regionalen Portale
                                                                     erfolgt über Markt M-V.
Theresa Silberstein
Projektleiterin, Netzwerkmanagerin und Dorfladen-Coach,               Ebenfalls in Anwendung bzw. im Aufbau ist dieses
Meck Schweizer, Basedow                                              Modell in Niedersachsen und in der Schweiz. Anders
silberstein@meck-schweizer.de                                        als in der Mecklenburgischen Schweiz ringen alle
www.meck-schweizer.de                                                anderen Regionen noch mit der Herausforderung
                                                                     des Warentransportes.

                                                                                | ASG | Ländlicher Raum | 03/2021 |
Digitalisierung in ländlichen Räumen                                                                           11

Abbildung: Meck-Schweizer-Handelsplattform für Geschäftskunden (Screenshots vom Onlineshop)

Quelle: https://shop.meck-schweizer.de/

Herausforderung Warentransport                         die Autos mit und ohne Fahrer*in gemietet werden;
                                                       gleichzeitig Waren und Personen („Kombiverkehre“)
  In dem Fall der Meck Schweizer bietet die Platt­     zu befördern, ist ein langfristiges Ziel.
form drei Optionen: Selbstabholung, Lieferung vom
Erzeuger und die Lieferung mit dem Logistikunter­      Hüterin der Werte und Trägerin der Marke
nehmen „Die Meck-Schweizer GmbH“. Zu über
90 % wird die Lieferung über die Meck Schweizer         Das Regionalbündnis Mecklenburgische Schweiz
Logistik in Anspruch genommen, welche dann             e.V. ist seit 2017 der gemeinnützige Partner der
ebenfalls über das System informiert wird. Mit einer   Genossenschaft. Hauptauf­gaben sind die Förderung
Flotte von mittlerweile drei solarstrombetriebenen     der Heimatpflege und der regionalen Identität. Den
(Kühl-)Fahrzeugen fahren die Meck Schweizer            Gedanken einer nachhaltigen, regional- und umwelt­
Montag bis Freitag auf festen Routen frische Waren     bewussten Lebensweise an die Menschen der Regi­
durch die Region. Den Strom liefert eine eigene        on weiterzugeben, ist ihr wichtiges Anliegen. Dafür
Photovoltaikanlage auf dem Dach, mit Pufferspeicher    organisiert der Verein den regionalen Erfahrungs­
und Schnellladesäule am Standort Gessin – Tür an       austausch, die Netzwerkbildung und die Bündelung
Tür mit dem Dorfladen, dessen Gäste die E-Tank­        der Interessen regionaler Initiativen; so findet sich
stelle mitnutzen. Außerhalb der Lieferzeiten können    hier auch das Netzwerk für Dorfläden in M-V.

| ASG | Ländlicher Raum | 03/2021 |
12                                                Digitalisierung in ländlichen Räumen

                                                                                                                                     Foto: Sabine Rübensaat / BauernZeitung
Über die Handelsplattform bestellte Ware wird mit einer eigenen solarstrombetriebenen Fahrzeugflotte ausgeliefert.

        Die Entstehungsgeschichte der gesamten Meck                dem Dorfladen (den Kassensystemen, dem Groß­
      Schweizer­-Initiative zeigt die Relevanz der Dorf­           handel etc.) kostenfrei zur Verfügung stellen.
      läden in unserem täglichen Denken und Handeln.
                                                                     So etwas braucht auch der Regionalhandel, deshalb
      Dorfkonsum Plus – Dorfläden in der                           bauen die Meck Schweizer „Regio Data“, das PIM
      Mecklenburgischen Schweiz gehen online                       für Regionalprodukte. Aktuell befindet sich das PIM
                                                                   bereits in der ersten Testphase, bevor es Ende des
        Nachdem die zentrale Handelsplattform dem                  Jahres mit dem ersten Onlineshop verknüpft wird.
      Dorfladen viele Regionalprodukte verfügbar macht,            Vorerst als „Inhouse-Lösung“ für die Meck Schweizer
      beschäftigt sich das aktuelle Projekt (Dorfkonsum            wird das PIM, unterstützt durch den Bundes­verband
      Plus) mit dem Onlinehandel von regionalen Waren              der Regionalbewegung, auch für andere Regionen
      durch den Dorfladen. Das durch das Bundes­programm           weiterentwickelt. Dafür gilt es u. a. auch eine Genossen­
      Land.Digital geförderte Projekt hat u. a. das Ziel,          schaft zu gründen und die technische Entwicklung der
      den Onlinehandel für Dorfläden durch ein zentrales           Mehrmandantenfähigkeit voranzutreiben.
      PIM (Produktinformationsmanagement-System)
      für regionale Produkte zu ermöglichen. Schaut man            Ausblick – das wäre schön
      auf das veränderten Konsumverhalten im Zuge der
      Corona-Pandemie, dann ist dieses Thema aktueller               Da die Unternehmensform Dorfladen klein und wenig
      als je zuvor.                                                finanzstark ist, gibt es von großen Unternehmen kein
                                                                   Interesse, spezielle Kassenkonzepte für die multifunktio­
        Doch der Onlinehandel mit Lebensmitteln ist extrem         nalen Handelsorte zu schaf­fen. Schön wäre jedoch eine
      voraussetzungsvoll. Die Deklarationspflicht besagt,          integrierte, Cloud-basierte, Out-of-the-box-Lösung für
      dass alle Daten, die die Kundschaft im Lebens­               Warenwirtschaft, Kasse und Onlineshop. Dies „labor­
      mitteleinzelhandel auf dem Etikett lesen kann, auch          mäßig“ darzustellen, ist ein zukünftiges Ziel.
      online abgebildet sein müssen. Doch wie kommen
      die Daten ins Netz? Betreibt man aktuell einen
      Onlineshop, erfolgt die Datenpflege händisch. Die
      Eingabe eines einzelnen Produktes kann dann bis                Mehr Informationen unter:
      zu 45 min. dauern, hinzu kommt die laufende Daten­
      pflege. Diesen Aufwand betreibt auf Dauer niemand              Jetzt wird's regional! – Regionalbündnis Mecklenburgische Schweiz:
      und auch das Fotografieren der Etiketten ist juris­            www.meck-schweizer.de
      tisch eine Grauzone.
                                                                     Land.Digital: „Dorfkonsum Plus“ – So können Dorfläden ihre
       Die Lösung macht der Naturkosthandel längst vor.              Produkte leichter auch online anbieten:
      Eine Produktdatenbank bzw. ein PIM, in welchem                 www.youtube.com/watch?v=QXch5Z0rYTM
      die Produzierenden ihre eigenen Daten pflegen und

                                                                                   | ASG | Ländlicher Raum | 03/2021 |
Digitalisierung in ländlichen Räumen                                                                                                                            13

                                            Mobilität und Digitalisierung
                                         Kathrin Karola Viergutz, Dr. Christian Langhagen-Rohrbach

Die Digitalisierung führt in der Mobilität dazu, dass neue Angebotsformen entstehen, neue Marktteil-
nehmer in den Markt treten sowie andere Unternehmen versuchen, diesen Markt mit neuen Dienst-
leistungen für sich zu erschließen. Dies führt zu einer großen Flexibilität in der Mobilität für Einzel-
personen, während es gleichzeitig immer schwerer wird, Mobilität für jede Bürgerin und jeden Bür-
ger als Teil der Daseinsvorsorge kostengünstig anzubieten.1

Neue Angebotsformen                                          anzubieten, um im Wettbewerb                              Idealfall ad hoc bereitgestellt.
im Verkehrsmarkt                                             überhaupt noch bestehen                                   Neben der bereits aktuell mögli­
entwickeln sich                                              zu können.                                                chen automatisierten dynami­
                                                                                                                       schen Routenplanung wird pers­
  Digitalisierung und Vernetzung                               Wer sich heute auf einen Weg                            pektivisch die Kombination von
sowie neue Mobilitätsformen, die                             begibt, steigt oft entweder ins                           DRT mit fahrerlosen Fahrzeugen
insbesondere Shared Mobility und                             Auto oder begibt sich zu einer                            möglich sein.
On-Demand-Dienste beinhalten                                 Haltestelle. Die Digitalisierung
und eine stärkere Individualisie­                            schafft neue Möglichkeiten des                              Diese beschriebenen flexiblen
rung der Mobilität ermöglichen,                              algorithmenbasierten Matchings                            Angebote stellen eine Herausfor­
stellen laut einiger Expert*innen                            von Verkehrsangebot und -nach­                            derung dar und bedeuten auch,
die großen Trends im Nahverkehr                              frage. Durch die Bündelung zeit­                          dass Verkehr kaum mehr planbar
dar (Frisch 2017; Wittmer und                                lich und räumlich korrespondie­                           ist, da neben dem öffentlichen
Linden 2018; Heß und Polst 2017).                            render Fahrtwünsche werden                                und dem Individualverkehr zu­
Auch in anderen Lebensbereichen                              dynamische Routen errechnet,                              sätzliche Spielarten mit unter­
ändern sich Nutzungsgewohnheiten                             die es den Fahrgästen möglich                             schiedlichsten Fahrzeugen und
durch die Möglichkeiten digitaler                            machen, ihre Mobilitätsbedürfnisse                        Mobilitätsplattformen entstehen,
Dienste wie z. B. Spotify, Foodora                           haltestellenunabhängig und zeit­                          die auf jeweils eigenen Algorith­
oder booking.com (Viergutz und                               lich flexibel zu erfüllen (Viergutz                       men basieren.
Brinkmann 2018). Das Geschäfts­                              2019). Möglich wird dies mithilfe
modell dahinter liegt in der Bereit­                         echtzeitbasierter Informations-                           Herausforderungen
stellung einer digitalen Plattform                           und Kommunikationssysteme, die                            in der Fläche
zur Vermittlung zwischen Anbieter                            mit dem Begriff „Demand-respon­
und Kund*innen. Dabei gilt: Je                               sive Transport“ (DRT) beschrie­                             Im Rahmen der Untersuchung
stärker die Plattform ist, die sich                          ben werden. Sie bieten im Sinne                           „Mobilität in Deutschland“ (MiD)
zwischen Anbieter und Kund*in­                               einer „Mobility as a Service“ eine                        wurde 2018 erneut festgestellt,
nen als Vermittler schiebt, desto                            hohe Servicequalität und kombi­                           dass das Bedürfnis nach Mobilität
geringer wird der Einfluss des                               nieren die Vorteile individueller                         unabhängig von der Raumstruk­
eigentlichen Anbieters auf die                               und öffentlicher Mobilität. Von                           tur gleichbleibend hoch ist. Dabei
Gestaltung des Angebots und                                  herkömmlichen Rufbussystemen                              wird der öffentliche Nahverkehr
desto größer wird der Zwang                                  unterscheiden sich DRT durch                              in seiner Aufgabe, die Mobilität
auch für andere Anbieter, eben­                              ihren deutlich höheren Sponta­-                           der Menschen auch im ländlichen
falls auf der Plattform Dienste                              n­eitätsgrad. Fahrten werden im                           Raum sicherzustellen, zzt. vor
Foto: privat

                                                                                                                                                                     Foto: privat

                                     Kathrin Karola Viergutz                                     Dr. Christian Langhagen-Rohrbach
                                     Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut                 Leiter des Referates Mobilität, Logistik, Binnen­
                                     für Verkehrssystemtechnik des Deutschen                     schifffahrt, Hessisches Ministerium für Wirtschaft,
                                     Zentrums für Luft- und Raumfahrt e.V.                       Energie, Verkehr und Wohnen, Wiesbaden
                                     (DLR), Braunschweig
                                                                                                 christian.langhagen-rohrbach@
                                     Kathrin.Viergutz@dlr.de                                     wirtschaft.hessen.de
                                     www.dlr.de                                                  www.wirtschaft.hessen.de

1
     Gekürzte Fassung des Beitrages „Mobilität und Digitalisierung“. In: Spellerberg, Annette (Hrsg.): Digitalisierung in ländlichen und verdichteten Räumen.
     Hannover 2021, S. 102 –113 = Arbeitsberichte der ARL 31. https://nbn-resolving.org/urn:nbn:de:0156-43189; CC_BY_SA 4.0 International,
     https://creativecommons.org/licenses/by-sa/4.0/deed.de

| ASG | Ländlicher Raum | 03/2021 |
14                                           Digitalisierung in ländlichen Räumen

     immense Herausforderungen ge­          die Vertragslaufzeiten oft bei

                                                                                                                            Foto © Tada Images / adobe.stock.com
     stellt. Flexiblen, bedarfsgesteuer­    mehreren Jahren, bei Schienen­
     ten Bedienformen wird großes           fahrzeugen werden oft Jahrzehnte
     Potenzial zugesprochen, konven­        angesetzt. Während in den Städten
     tionelle Linienverkehre in dispersen   häufig der Stadtwerke­-Verbund
     Räumen zu ersetzen und somit           auflaufende Defizite aus dem
     einerseits im Sinne der Daseins­       ÖPNV mit Gewinnen aus anderen
     vorsorge ein Grundangebot an           Sparten auffängt, besteht diese
     öffentlicher Mobilität zu gewähr­      Möglichkeit in ländlicher gepräg­
     leisten und andererseits zu einer      ten Regionen nicht. ÖPNV erfor­
     Verbesserung der Kostendeckung         dert zunächst hohe Anfangsinves­
     beizutragen (Enoch et al. 2004).       titionen und verursacht anschlie­       seinem Börsengang im Herbst
                                            ßend hohe Betriebskosten, die           2018 eine Marktkapitalisierung
       Auch im urbanen Raum mit einem       nur z. T. aus Fahrgeldeinnahmen         von 120 Mrd. US-Dollar erreichte
     guten Angebot an Linienverkehr         gedeckt werden.                         – das entspricht dem Wert der
     und hohen Taktdichten steigt die                                               Automobilkonzerne GM, Ford und
     Nachfrage nach flexiblen Mobili­       Neue Marktstrukturen                    FiatChrysler (ManagerMagazin
     tätskonzepten. Daher erlebt der        entstehen                               2018) und illustriert die mit dem
     öffentliche Verkehr derzeit eine                                               Geschäftsmodell des Unterneh­
     Verschiebung von einem durch             Diesen klassischen Strukturen         mens (und digitalisierten Mobilitäts­
     Fahr- und Linienpläne sowie feste      im Verkehrsmarkt des ÖPNV               dienstleistungen allgemein) ver­
     Haltestellen definierten angebots­     stehen hochdynamische neue              bundene Gewinnerwartung. Die
     orientierten, aber als starr emp­      Angebote gegenüber, die in vie­         Kleinstadt Innisfil im kanadischen
     fundenen Betrieb hin zu einem          len Fällen gerade diese hohen           Ontario verzichtet z. B. seit 2016
     flexiblen, individuell abrufbaren      Anfangsinvestitionen durch die          auf Busse und sonstige öffentliche
     nachfrageorientierten Verkehrs­        geschickte Nutzung vorhandener          Verkehrsmittel und bietet den Be­
     system.                                Fahrzeuge und Infrastruktur ver­        wohner*innen stattdessen Fahr­
                                            meiden. Der digitale Wandel be­         ten mit Uber als Mobilitätsmög­
       In urbanen Zentren ist das Ver­      ruht auf der Digitalisierung von        lichkeit sowie ergänzend Taxis für
     ständnis der Mobilität als Daseins­    Wertschöpfungsketten, der Ent­          die barrierefreie Beförderung an.
     vorsorge noch heute in vielen          stehung neuer Märkte und im             Damit sind alle Fahrten in Innisfil
     Städten erkennbar. So finden sich      Aufkommen plattformbasierter            on demand (Innisfil 2017).
     Verkehrsbetriebe häufig unter          Geschäftsmodelle (Lütjens et al.
     einem organisatorischen wie ge­        2018). Beispiele dafür sind das           Gleichzeitig ändert sich auch die
     sellschaftsrechtlichen Dach der        Ridesharing, bei dem bei Privat­        Marktstruktur: Die beiden „Blöcke“
     Stadtwerke mit anderen Funktio­        personen vorhandene Fahrzeuge           Individualverkehr und ÖPNV ver­
     nen der Daseinsvorsorge wie der        auf bekannten Strecken mithilfe         schmelzen zusehends, drängen
     Strom-, Gas-, Fernwärme- und           von (Internet-)Plattformen mit          doch immer mehr „Player“ wie
     Wasserversorgung, der Abwas­           Personen, die eine Mitfahrgelegen­      Automobilkonzerne in den Mobili­
     ser- oder Müllentsorgung. Die          heit suchen, verknüpft werden,          tätsmarkt hinein. Moovel ist nicht
     Verkehrsleistungen wiederum            sowie das Peer-to-Peer-Carsharing,      nur der Betreiber von ShareNow,
     werden im engen Rahmen er­             bei dem ungenutzte Privat-Pkw           einem der weltgrößten Anbieter
     bracht, den das deutsche Perso­        mit potenziellen Mieter*innen ver­      von Free-Floating-Carsharing,
     nenbeförderungsgesetz (PBefG),         bunden werden. Auch Modelle             sondern betreibt darüber hinaus
     das nebenbei auch den Taxi- und        wie Uber sind hier zu nennen, die       auch eine eigene multimodale
     Mietwagenmarkt reguliert und Plan­     vorhandene Fahrzeuge samt               Plattform. MOIA ist nicht nur ein
     feststellungsverfahren normiert,       Fahrer*innen in taxiähnlichen           nachfrageorientiertes Mobilitäts­
     absteckt. Die Genehmigungen            Verkehren nutzen, ohne dabei an         angebot von VW, sondern auch
     nach PBefG geben sehr genau            die Regeln des Gewerbes (Taxi­          der Versuch, mittel- bis langfristig
     vor, welches Fahrzeug wo in wel­       konzession, Ortskundeprüfung            Wertschöpfung durch neue Mobi­
     cher Taktung zu verkehren hat.         etc.) gebunden zu sein.                 litätsdienstleistungen im Konzern
     Selbst wenn einzelne Bündel im                                                 zu halten. Softwarekonzerne ent­
     Bus- und seltener auch Bahn­            Wie groß der Druck ist, der auf        decken dieses Geschäftsfeld
     verkehr ausgeschrieben und von         die traditionellen Anbieter ausge­      ebenfalls für sich. Für Nutzer*in­
     Dritten erbracht werden, liegen        übt wird, zeigt allein, dass Uber bei   nen – oder Kund*innen – ist es

                                                                              | ASG | Ländlicher Raum | 03/2021 |
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