Gams versus Abschussplan-verordnung - Verehrt und gehasst - das Rotwild in Österreich - OÖ LJV
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SEPTEMBER 2020 47. JAHRGANG · NR. 168 Info-Magazin des OÖ Landesjagdverbandes Hohenbrunn 1 · 4490 St.Florian Gams versus Abschussplan- verordnung Verehrt und gehasst – das Rotwild in Österreich Vermarktung von Wildbret direkt vom Jäger
BEZAHLTE ANZEIGE BRANDMARK © 2020 Abgabe von Waffen nur an Inhaber einer Erwerbserlaubnis. 10 %auf alle Mauser 03 – Büchsen sowie Komponenten und Ersatzteile! MAUSER 03 EXPERT chni k trifft ende Te nheit. Bestechassische Schö ufgeregte auf kl ist der una lle, die ERT r a Die EXPm-Auftritt fü können. Premiu sen, was sie wis Import & Fachhandels-Auskunft: Idl GmbH | Südbahnstraße 1 | A-9900 Lienz office@waffen-idl.com
Natur und Jagd als besonderer Stabilitätsfaktor in turbulenten Zeiten! Ein aus gesellschaftlicher Sicht überaus turbulentes Jahr nimmt seinen Lauf. Mit besonderer Auf- merksamkeit aber auch Unsicherheit betrachten wir die Entwicklungen dieser ungewöhnlichen Zeit. Die Natur bleibt allerdings davon unbeeindruckt; ein Stabilitätsfaktor, den wir in diesen Zeiten besonders wahrnehmen, schätzen und auch brauchen. Glücklich ist jeder Mensch, der die Natur, ihre Flora und Fauna erleben, spüren und genießen darf. Wir Jägerinnen und Jäger gehören zu jenen Menschen, die Tag für Tag reich beschenkt sind, wenn wir mit wachen Sinnen durch unsere Reviere streifen, zu Ruhe kommen und tief in unsere Jagd eintauchen. So unterschiedlich und indi- viduell wir die Jagd in unseren OÖ Revieren leben, so sehr sind wir einig in der besonderen Sorge, aber auch Freude an den Lebensräumen und dem Wild. Bei all den großen Aufgaben, Leistungen und Herausforderungen um und für unsere Natur bleiben die vielen Erlebnisse und oft einzigartigen Eindrücke bei der Jagd die große Freude und der unermüdliche Antrieb für die Jägerinnen und Jäger. Der OÖ Landesjagdverband mit unseren Mitarbeitern, die vielen Funktionäre auf Landes- und Bezirksebene und alle aktiven Mitglieder bilden und schaffen die notwendige Unterstützung für das kostbare Kulturgut “Jagd in OÖ“. In Zeiten der Veränderung und Weiterentwicklung nehmen wir an vielen wich- tigen Prozessen teil und etablieren die Jagd als besonders wertvollen und zukunftsfähigen Teil unserer Gesellschaft. Dabei ist uns die Beachtung der vielfältigen jagdlichen Werte besonders wichtig. Die zahlreichen Gespräche zu den unterschiedlichen Themenbereichen in den letzten Monaten haben gezeigt, dass Jagd in OÖ eine wichtige Rolle spielt und unsere Anliegen, Vorschläge oder Empfehlungen durchaus ernst genommen werden und auch von maßgeblichen Entscheidungs- trägern unterstützt werden. Danke dafür! Euch, liebe Jägerinnen und Jäger, bitte ich um bestmögliche Zusammenarbeit und Unterstützung in unserer großen Jagdfamilie. Alle Jungjäger*innen darf ich in unserer Gemeinschaft herzlich willkommen heißen. Ich ersuche um bestmögliche Mitarbeit! Viel Freude und Erfüllung beim Leben unserer jagdlichen Leidenschaft wünscht Euer Herbert Sieghartsleitner Landesjägermeister von Oberösterreich SEPTEMBER 2020 OÖ JÄGER 3
EDITORIAL Der Herbst ist immer unsere beste Zeit. Dieser Satz von Johann Wolfgang von Goethe trifft auf die Jagd vortrefflich zu, denn der (Spätsommer und) 10 18 Herbst ist die eigentliche Jagdzeit, in der aus dem Vollen geschöpft werden kann. Es ist „Ernte“, wenn man so will. Ob sich die Arbeit in den Revieren gelohnt hat, sieht man in den kommenden Monaten, wobei der Jäger beim Herbstrehabschuss, bei den Niederwildjagden, bei der Hirschbrunft sowie dem Kahlwildabschuss oder bei der Gamsjagd sein Wissen, das jagdliche Ge- schick und die hohe Verantwortung unter Beweis stel- len muss. Auch das Buschieren auf den Schnepf, die Taubenjagd oder dem Nachstellen auf Raubwild und vieles mehr stehen auf dem Plan vieler Jägerinnen und Jäger. 43 50 Viel Freude in und mit der Natur und natürlich viel Spaß beim Lesen! Aus Sicht des Landesjägermeisters 3 Ihr OÖ Abschussplanverordnung: Neuerungen bei der Abschussplanung und -durchführung 6 Gams versus Abschussplanverordnung 10 Verehrt und gehasst – Mag. Christopher Böck das Rotwild in Österreich 18 Geschäftsführer, Wildbiologe, Redaktionsleiter Vermarktung von Wildbret direkt vom Jäger 30 AUS DER GESCHÄFTSSTELLE. ab 34 Aktuelle Informationen aus dem JBIZ 34 Beilage: Schuss- und Schonzeiten, Sicherheit im Jagdbetrieb 35 Jagdkurse des OÖ Landesjagdverbandes 38 IM VISIER. DIE JAGD IN DER ÖFFENTLICHKEIT. ab 40 OÖ JagdTV – der Streaming-Kanal 40 Titelfoto: wild auf Wild: Der Gams – eine immer faszinierende Wildart. Hasenrücken im Speckmantel Foto: R. Reiner, mit Rotwein Zwetschken 42 www.wildlifepics.net Wildes Österreich – die Onlineplattform für Wildbret 43 4 OÖ JÄGER SEPTEMBER 2020
SEITENBLICKE AUF‘S JAGDMUSEUM 30 40 TASCHENJAGDHORN (um 1830) 58 61 Das Jagdhorn gehört zur Familie der Blechblasin- strumente mit kreisförmig gewundenem Messing- rohr. Es war in seiner ursprünglichen Verwendung als Signalinstrument (Signalhorn) bei Gesellschafts- LEBENSRAUM. ab 44 jagden im Einsatz. Wildschutzprojekt OÖ: Endbericht Periode 2011 – 2019 44 Schon im frühen Mittelalter (700 bis 1000 n.Chr.) Wertvolle Pflanzen: Mehlbeere 46 war das weithin hörbare Jagdhorn beliebt. Man konnte damit auch auf große Entfernung Befehle Kleine Naturkunde: Die Preiselbeere 48 oder Richtungsanweisungen geben. Am Ende der Monarchie verschwand das Jagdhorn HUNDEWESEN. ab 50 fast zur Gänze. Nur vereinzelt tauchten Jagdhörner bei Förstern wieder auf. BRAUCHTUM & JAGDKULTUR. ab 54 Heute gehört das Jagdhorn zum jagdlichen Brauch- tum. Die Jagdhornbläser sind die musikalischen SCHIESSWESEN. ab 56 Botschafter der Jagd. Tipps vom Büchsenmacher: Reinigung von Schalldämpfer 56 FALKNEREI. ab 58 Die Jagd mit dem Steinadler in der Falknerei 58 DER STREAMING-KANAL DES OÖ LJV: AUS DEN BEZIRKEN. ab 61 Lernen vor Ort – pädagogisch wertvolle Unterstützung der Jungjäger*innen am Beispiel des Bezirks Vöcklabruck 61 PRODUKTE AUF DEM JAGDSEKTOR. ab 69 NEUE BÜCHER. 72 Kleinanzeigen 73 Impressum, Sonne und Mond 74 Seite 40 SEPTEMBER 2020 OÖ JÄGER 5
L AT T SETZB D E S G ERÖSTERREICH „Sollte ein N Einver nehme A der Behörd e n die Vergle ichs-nicht zustan de komme L und Weiser flächen n, legt der .gv.at§ 4 Abs. 2 lautet: 6. örtlich fest.“ Forstte chnisc he Dienst R O BE is.b ka ww w.r „(2) Für jedes FÜ Mä rz 202 0 re i ndei e Ve Jagdge biet i t d e J a g d ge rg l e i c h s fl ä c h e a n z u l e ist je angefa ngene 100 Hektar am 31. ierun g, m uss list e b i e t m gen, wobei geb en Waldfl äche esreg Ab sch genoss enscha i n d e s t e n s d r e i u n d die Anzahl mindes tens Au sge Land und die ftliche n Jagdge höc d e r Ve rg l e i bieten kann h s t e n s z w a n z i g z u chsflächen 0 Oö. pla n Einvernehm pro ng 202 ung der sch uss Jagdauss en mit den über das der Forstte chnisc betrag he Dienst der e n h a t . I n Jah rga g: Ve r ordn übe r den Ab Jagdausübu chussobf r a u b z w . Wa l d g r u n d s t ü c k Ve r f ü Behörd e im ord nun nun g ngsberechti gten bei B d e m J a g d a u s s c h u gungsberech t Nr. 30 Ver Ver ord rt wir d g e n o s s e n schaftlic edarf weite s s o b m a n n igten, der h r e Ve rg l e i c geä nde Jagdausübu ngsberechti e n J a g d g e b i e t e n hsflächen f u n d d e n zuständige gte oder d kann die estlegen. I ie zuständi n vorsch n Jagdaussch us ge Jagdaus b z w . d e r j e w e i l s nun g sch uss pla lagen. Der Vorsch lags o b m a n n z u s ä t z l i c h e schussobfra Ver ord Ab z w e i Wo c h e n v o betreff F l ä c hen für d u b z w. der r den r der Bege end die ie Beurtei g übe einzub ringen h u n g b e i m zusätz lichen Fläche n ist lung ord nun wir d in der . Die Anzah l dieser Fors bis spätes tens die Vergeä nde rt eine 196 4,Fläche je angefa ngene zusätz lichen t t e c h n i s c h e n D i e n s t mit der e Nr. 32/die Anzah l fünf bereits Fläche n darf der Behörd run g, Ab sch uss list LG Bl. dieser betrag en. Komm zusätz lichen Fläche besteh ende Fläche n betragBegeh ung maxim al pro e sre gie setz es, net : . La nde und die Jag dge ver ord Forsttechn t ein Einver n jedoch maxim en. al vier Fläche Insges amt darf der Oö 51 des Oö. 201 9, wir d L G iBslc. h e D i e n s nehme n nach dieser Bestim n pro Jagdge Ve r g lee, fl ä cth e n h a t d e r B e h ö r d e d i e §§ 50 und Nr. 42/ s s l i s t i c h sfolg mung nicht zustan de, legt biet nd der LG Bl. b s c h u aufzuw wie ben ein zusätz Auf Gru Lan des ges etz es Art ike l I die A wir d eisen. Die Minde sthöhe M i n d e s t a u s m a ß v o l i c h e n F l ä c h e n f e s t der und 201 2, für Hochw ild 1,90 des n s . D g des s s p l a n Bl. Nr. 91/ Meter zu betrag Zaunes hat für Reh- e c h s m a l s e c h s M e i e Fas sun bschu LG en.“ und Gamsw ild 1,50 Meter,n ter d e n A ord nun g 7. Im § 4 Abs. über Ver vierter Satz“ 3 ich s- letzter Satz wird das ung g der Ver gle durch rordn Fas sun des das Zitat „§ 3 Abs. Zitat „§§ 3 Abs. 2 und D i e Ve4, in der rtei 8.lba ren bzw . 2 und § 4 Abs. 4 Abs. 2 dritter 200 dre i beuhus ses ,Die derÜbersc bzwhrift. deszu 2“ ersetzt . und Nr. 74/ rt: r als ssc iter in der § 6 lautet: geä nde wen ige Jag dau der Jag dle ertu ng h e n lau tet: ten mit men des en die BewErfüll lic Abs . 5 dge bie neh ftsj agd auc h t ä h n ung „§ 6 1. § 1 men Jag im Ein ver oss ens cha Beh örd e b i e t e m i nic htdes Absch usspla wal dar n Gen der d g e 9.Ein neh men ertu ng ns und Maßna „(5 ) In fläc hen kanten bzw . beien Die nst es e n d e r J a g § 6ver Abs. 1 lautet: hmen der Wildle We iser htig isch renz mt ein die zur Bew ond ere nkung “ ode r süb ung sbe rec For stte chn c h e n a n g den . Kom ördM e „ ( 1 ) ins D ibese angezeig Jag dau des rflä tigt wer nst der Beh e Um n d ede, istän stabschuss, ten oder iter s und We i s e ück sich Die ich männli chen der nicht festges unter-, jed e t z t e n A b s c h u s s z a h l Jag dle i c h s - u n d nge n mit ber chn isch e aus sin d örtl Rot- und Rehwi och übersc e Ve r g l e edi ngu For stte r hin tige n.“ jeweil s ab dem vollen ld sowie hritten wer n g e l t e n a l s rau mb n leg t der fes t. Dar übeber ück sich grunds ätzlich zwi lde s istdeten zweite beim weibli chen den darf. Bei Leb ens n Sch war weder n Lebens jahr und männli chen Gamsw m tan de, dannde n Flä che itua tion , zu unddes Rehwi ld bis 31. 12. noch unter- übersc hritten dürfen die ild zus uzi ehe nflu sss me 16. 09.abgen dem , Absch usspla Aus nah durch om menvollen deten zweite werden nzahle n her anz uel le Wil dei lde s mit Zei t von einen Jugend n aus zumind est agd en gleich n Lebens jahr . Eine Unters chreitu ng die akt : nwi der dan cha ftsj lichen hohen Absch kann bei Rot- lau ten Sch ale Reh wil d in elg ebieinen ete n klasse oss ens ausgeg bei der jeweil und 3 tlic hen zumind die s zum werden . Beim uss beim weibli chen igen Wildar Abs . 2 chs g säm bot ist das Rot wil dwe te bzw . bei tste llt, das Gen ests gleich nur Gamsw ild kann Wild oder t 2. § 2 Kir run d ü r f e n hohen Mehra bschus s in dieser Ausgle bei der „(2 ) Die Ver die sem dge bie ten und rec htig iter10.fes§ 6 r m i t t3e lundt u a t i o n i m der Jugend klasse ich durch Von wil süb ung sbe ge Jag dle A l s K i rAbs. w i l d s i 4 lauten § 48 : erfolge n.“ en. dau eili t . r z des ver bot alb von Rotjew eils Jag . der jew d e r l i c h i s d i e S c„(3) h w aZur nge nung Sicher mu r e r btim hrt. der Absch auß erh bzw . der iter in bzw l u n g e r f o e n . A u f K i r r vBes . Die o t erü ( § 2 r usspla nerfüll wen n die Jag dle s p l a n e r f ü l et we rd neh menibe B e j a gdav n u n on unb g s m e t h o d endw Aild b s .ode2) sowie ung kann die Behörd e Ausna eili ge hus r w e n d Bed ach t zu ng ble insbes Sta n , wäun i e en. im Absch die jew d e r A b s c r m i t t e l v e alls dnu ondere wil d alsbei Vorlie ein zuz zB die Be w e gungsjagd ussplanbe s c h e hmen vom id bestim Zweck chte Futte jed enf nve ror en Rot bzw. ildd ichsübung der Jagdau t gen .“ von Fläche n in der Beurte o d e r S c h w e r p u n k t b mte e bie t ist onz eite , in denbzw. en rotw wen den sberec htigte, a r t g e r gen Jag dge der Oö. Sch tste ilen tter ung der cm Jagdlezu ver iter, kann „(6 )“ bei genoss ilungs stufe III, ejagung, jew eili dge setz und dge bie wil dfü aum r r v e19 K ivon )“, zur Sicher ung der enscha ftliche n Jagden vorseh en. Die ode r Jag d Reh r enr Bezirk b o tngb e„(4 i )“, d e r „(5 Behör Absch usspla die Jagdle iterin Oö. Jag bie ten auf trit t, sin em Zw isch sjägerm hnu eisteri n bzw. d e a n r e g e n . D i e B e nerfüll ung Ausna Jag dge ein Bez eic (3) In We chs elw ild oss en mit 6 die (4) Weiter s den r „füBezirk h sjägerm eister ö r d e h a t i n d i e s e m hmen vom . 3 bis Wo rte häu fig als end e Spr ige n Abs Ablenk fütteru n“ kanndie die Behörd e Maßna anzuhö ren. Fall die sin d steh bis her rrst ellengen, vorsch hmen zur Daz u n die Wo ergehe rt „Kin und Ort, Zeitrau reiben . Derart ige Anord Wildle nkung, wie insbes alte m, Art und Ausma nungen haben ondere § 2 erh h dem ß der Maßna in Besche idform 3. Im )“. den nac 11. Im § 6 erhalte hmen zu enthal zu und „(7 . 7 wer n die bisher igen Abs. 4 ten.“ § 2 Abs . efü gt: 12. und 5 die Bezeic neu en gef ügt Sat z ang Im neuen § 6 Abs. 5 hnung „(5)“ 4. Im zwi ld“ ein zwe iter „Diese An wird folgen der und „(6)“. end er ordnung ka dritter Satz Sch war . 1 wir d folg nn auch v om jeweili angefü gt: § 4 Abs gen Jagdau sschuss od 5. Dem er von de r OÖ ABSCHUSSPLANVERORDNUNG NEUERUNGEN BEI DER ABSCHUSSPLANUNG UND -DURCHFÜHRUNG I m Landesgesetzblatt Nr. 30/2020 FESTLEGUNG VON VERGLEICHS- Neu ist auch, dass ausdrücklich die wurde eine Novelle der Verord- UND WEISERFLÄCHEN örtlichen Umstände, insbesondere die nung über den Abschussplan und In waldarmen Jagdgebieten mit weni- aktuelle Wildeinflusssituation, zu be- die Abschussliste veröffentlicht, die ger als drei beurteilbaren Vergleichs- rücksichtigen sind. Durch diese For- mit 1. April 2020 in Kraft getreten ist. oder Weiserflächen konnte schon mulierung soll sichergestellt werden, bisher auch die Bewertung von Ver- dass möglichst praxisnahe und der Die Novelle enthält folgende Ände- gleichs- und Weiserflächen angren- aktuellen Situation vor Ort entspre- rungen: zender Jagdgebiete mit ähnlichen chende Entscheidungen getroffen wer- Lebensraumbedingungen mitberück- den. n Festlegung von Vergleichs- und sichtigt werden. Weiserflächen Nunmehr ist das Einvernehmen zwi- Bei der Neufestlegung von Vergleichs- n Erstellung und Festlegung schen Jagdausschuss, Jagdausübungs- und Weiserflächen soll hinsichtlich des Abschussplans berechtigten bzw. Jagdleitern/Jagdlei- der Verjüngung der Mischbaumarten n Erfüllung des Abschussplans terinnen und Forsttechnischem Dienst der Repräsentativität (z.B. räumliche n Neue Regelungen für die Kirrung herzustellen. Kommt ein solches nicht Verteilung) des Vergleichs- und Wei- von Rehwild zustande, hat der Forsttechnische serflächennetzes eine größere Bedeu- n Vorlagepflicht für das ganze Unter- Dienst die Lage der Vergleichs- oder tung beigemessen werden, da dies für kiefer im Zuge der Trophäenschau Weiserflächen (allerdings in Abstim- die Zielsetzung der Abschussplanver- n Behördliche Anordnung mung mit den über das Waldgrund- ordnung entscheidend ist. der Grünvorlage stück Verfügungsberechtigten) fest- n Neues Formular zur Abschuss-/Fall- zulegen, wobei dies entsprechend zu Außerdem kann auf Wunsch der bzw. wildmeldung begründen ist. des Jagdausübungsberechtigten oder 6 OÖ JÄGER SEPTEMBER 2020
THEMA OÖ Abschussplanverordnung Neuerungen bei der Abschussplanung und -durchführung des Jagdausschusses eine zusätzliche die Neuregelung soll das verhindert zahlen grundsätzlich weder unter- Vergleichs- oder Weiserfläche für die werden. Grundlage der Veränderung noch überschritten werden. Beurteilung vorgeschlagen werden ist immer der Abschussplan. (§ 4 Abs. 2). Diese ist dem Forsttech- Neu ist, dass eine Unterschreitung bei nischen Dienst aus organisatorischen Bei Beurteilungsstufe I kann bei Er- männlichem Rot- und Rehwild ab dem Gründen möglichst früh, spätestens füllung des Abschussplanes und bei vollendeten zweiten Lebensjahr bei aber zwei Wochen vor der Begehung, positiver Verbissentwicklung oder bei der jeweiligen Wildart durch einen zu- bekannt zu geben. sehr niedrigem Verbissprozent eine mindest gleich hohen Abschuss beim Abschussabsenkung erfolgen. Hin- weiblichen Wild oder bei der Jugend- Die Anzahl dieser zusätzlichen Flä- sichtlich eines sehr niedrigen Verbis- klasse ausgeglichen werden kann. chen darf pro Begehung maximal eine sprozentes ist als Maßstab in etwa 1/3 Beim Gamswild kann dieser Ausgleich Fläche je angefangene fünf bereits be- der zulässigen Verbissintensität der durch einen zumindest gleich hohen stehende Flächen betragen. Insgesamt Beurteilungsstufe I heranzuziehen. Mehrabschuss in der Jugendklasse er- darf die Anzahl dieser zusätzlichen folgen. Flächen jedoch maximal vier Flächen Bei Beurteilungsstufe II hat eine Er- pro Jagdgebiet betragen. höhung um 15 % zu erfolgen, wenn der Abschussplan erfüllt worden ist. NEUE REGELUNG FÜR DIE Der Forsttechnische Dienst prüft in der Wurde dieser nicht erfüllt, wird der KIRRUNG VON REHWILD Folge die Repräsentativität der vorge- Abschussplan um 20 % erhöht. Im Das Rehwild wird außerhalb von Rot- schlagenen Fläche. Wird von beiden ersten Jahr der Nichterfüllung wird wildgebieten und Rotwild-Wechselge- Seiten jeweils ein Vorschlag einge- zusätzlich noch der Minderabschuss bieten in der Zeit vom 16.09. bis 31.12. bracht, wird jene Fläche herangezo- zugeschlagen. vom Kirrverbot ausgenommen, wenn gen, die – bei gleicher grundsätzlicher dies zur Erfüllung des Abschussplanes Eignung – die bessere Repräsentati- Beispiel für Beurteilungsstufe II und erforderlich ist. vität hinsichtlich der Verjüngung der Nichterfüllung im ersten und zweiten Mischbaumarten aufweist. Wenn eine Jahr: Die Erforderlichkeit stellt die bzw. der Fläche nach Ansicht des Forsttech- 1. Jahr: jeweilige Jagdausübungsberechtigte nischen Dienstes nicht repräsentativ Abschussplan 100 Stück bzw. bei Genossenschaftsjagden die ist, ist dies stichwortartig zu begrün- Erlegt 80 Stück Jagdleiterin bzw. der Jagdleiter fest. den. Wenn davon auszugehen ist, dass die Erhöhung 20 % von 100 20 Stück Kirrung problematisch hinsichtlich der Wenn eine zusätzliche Fläche geneh- + Mindererfüllung 20 Stück Schwarzwildsituation ist, hat die Kir- migt wird, so kann eine bestehende Neuer Abschussplan 140 Stück rung zu unterbleiben. Fläche aufgelassen werden, wenn so- 2. Jahr: Die Abgrenzung jener Gebiete, in de- wohl der Jagdausschussobmann, die Abschussplan 140 Stück nen die Kirrung von Rehwild verboten bzw. der Jagdausübungsberechtigte Erlegt 115 Stück bzw. erlaubt ist, ist anhand der bei- und die Vertreterin bzw. der Vertreter liegenden Karte (Abb. 1) ersichtlich. des Forsttechnischen Dienstes zustim- Bei Beurteilungsstufe II Diese Karte dient ausschließlich für men. Erhöhung 20 % von 140 28 Stück die Einschränkung jener Gebiete, in Neuer Abschussplan 168 Stück denen die Kirrung zulässig ist und ist keinesfalls als Abgrenzung von Hoch- ERSTELLUNG UND FESTLEGUNG Bei Beurteilungsstufe III hat weiter- wild- bzw. von Hochwildwechselge- DES ABSCHUSSPLANS hin eine Erhöhung von mindestens bieten heranzuziehen. Im Zuge der jährlichen Erstellung der 35 % zu erfolgen. Zur Kirrung darf nur artgerechtes und Abschusspläne ist zudem eine etwaige strukturreiches Futter (wie z.B. Mais- Präsenz von Großraubtieren zu würdi- bruch mit Trestersilage, mit einem gen, sowie nachgewiesene Risse durch ERFÜLLUNG DES maximalen Anteil von ½ Kilogramm diese entsprechend zu berücksichti- ABSCHUSSPLANS Mais, hochqualitativer getrockneter gen. Die angezeigten oder festgesetzten Apfeltrester, Hafer mit Spelzen oder Die bisherige Regelung bei der Festle- Abschusszahlen gelten als Mindestab- Obst) verwendet werden. Bei der Aus- gung des Abschussplanes bei Beurtei- schuss, der nicht unter-, jedoch über- wahl des Kirrmaterials ist jedenfalls die lungsstufe II und Nichterfüllung des schritten werden darf. Beim männ- bestehende Schwarzwildsituation zu Abschussplanes führt bei wiederholter lichen Rot- und Rehwild sowie beim berücksichtigen. Die vorgenommene Anwendung zu einer sehr schnellen weiblichen und männlichen Gamswild Kirrung darf keine Dauereinrichtung Erhöhung, die oft nicht mehr als erfüll- jeweils ab dem vollendeten zweiten werden, sondern dient ausschließlich bar angesehen werden konnte. Durch Lebensjahr dürfen die Abschussplan- der Erleichterung des Abschusses. SEPTEMBER 2020 OÖ JÄGER 7
THEMA OÖ Abschussplanverordnung Neuerungen bei der Abschussplanung und -durchführung Diese nunmehr vorgesehene Kir- VORLAGEPFLICHT FÜR DAS ÜBERPRÜFUNG VON rungsmöglichkeit in Rehwildgebieten GANZE UNTERKIEFER IM ZUGE SCHWARZWILDKIRRUNGEN soll zu einer leichteren Erfüllung des DER TROPHÄENSCHAU Hinsichtlich der Kirrung von Schwarz- Herbstrehabschusses und somit des Die Vorlagepflicht des Unterkiefers im wild soll aufgrund der problema- Abschussplanes beitragen. Dies ist vor Zuge der Trophäenschau wird auf den tischen Situation (Zunahme der allem in den Waldgebieten von Bedeu- ganzen Unterkiefer ausgedehnt. Da- Schwarzwildpopulation und Afrika- tung. durch soll die Feststellung des Alters nische Schweinepest) verstärkt darauf erleichtert werden. Darüber hinaus geachtet werden, dass nur an die Be- Die Meldepflicht für Kirrstellen gilt nur wird die Pflicht zur Rückgabe der vor- hörde gemeldete Kirrstellen betrieben mehr für Schwarzwild. Rehwildkir- gelegten Trophäen und Unterkiefer werden. rungen bedürfen daher keiner behörd- spätestens am Ende des Bezirksjäger- lichen Meldung. tages festgelegt. NEUES FORMULAR ZUR AB- Davon unberührt bleibt die Möglich- SCHUSS-/FALLWILDMELDUNG keit der Behörde, zur Sicherung der BEHÖRDLICHE ANORDNUNG In der Anlage 3 zur Abschussplanver- Abschussplanerfüllung unter anderem DER GRÜNVORLAGE ordnung ist das Formular für die Ab- Ausnahmen vom Kirrverbot gewähren Die behördliche Anordnung der Grün- schuss-/Fallwildmeldung abgedruckt. zu können. Jagdausübungsberechtigte vorlage kann nunmehr auch vom Alternativ dazu kann auch das mit der bzw. Jagdleiter/innen können solche Jagdausschuss oder von der Bezirks- Abteilung Ernährungssicherheit und Ausnahmen vom Kirrverbot bei der jägermeisterin bzw. vom Bezirksjäger- Veterinärwesen abgestimmte Formu- Behörde anregen, wenn dies als zur meister angeregt werden. lar, (siehe Homepage des OÖ LJV) ver- Abschusserfüllung erforderlich ange- wendet werden. sehen wird. Die Behörde hat die Be- Wenn Zweifel an den tatsächlich zirksjägermeisterin bzw. den Bezirks- RIED durchgeführten Abschüssen bestehen, LJM Herbert Sieghartsleitner PERG PERG jägermeister vor ihrer Entscheidung Dr. Werner Schiffner MBA WELS-STADT GRIESKIRCHEN soll in Zukunft mehr auf dieses Mittel GF Mag. Christopher Böck anzuhören. RIED zurückgegriffen werden können. LINZ-LAND Rotwild- und Rotwild-Wechselgebiet WELS-LAND Oberösterreich STEYR-STADT VÖCKLABRUCK Legende: Rotwildgebiete Landesgrenze Moos Bezirksgrenzen Feichtenberg Kaltenmarkt Kogl Dörfl Kufhaus Pinsdorf Dorf Gmunden STEYR-LAND Stiedelsbach Traundorf Kleingschnaidt Trattenbach Platten Ort-Altmünster Edt St. Konrad Gmundnerberg Ort-Gmunden Neustiftgraben Schlagen Oberdürndorf Außerbreitenau Altmünster Neudorf Gaflenz Viechtwang Untermicheldorf Ebenzweier Hintstein Mühldorf II Leonstein Reindlmühl Oberinzersdorf Grasberg Mittermicheldorf Mühldorf I Nachdemsee Molln Pettendorf Eben Anger Traunstein Oberplaißa Weyer Mühlbach GMUNDEN Obermicheldorf Neukirchen Winkl Mühlbachberg Pichl Oberaschau Innerbreitenau Traunkirchen Klaus Reichraming Ramsau Oberaschau Oberlangbath Grünau Innerschwand Unterach Au Kleinreifling Lumpelgraben Langwies KIRCHDORF Steinbach am Attersee Nach der Enns Steyrling St. Pankraz Ebensee Jainzen Rading Laussa St. Wolfgang Wolfgangthal Pichl Rosenau Haiden Windischgarsten Ahorn Bad Edlbach Ischl Vorderstoder Rettenbach Lindau Kaltenbach Gleinkerau Hinterstoder Fahrenberg Rossleithen Reiterndorf Perneck Lauffen Spital am Pyhrn Lasern Ramsau Goisern Untersee Obersee 0 0,5 1 2 3 4 5 Gosau Kilometer Maßstab Hallstatt Diese Karte dient ausschließlich für die Einschränkung jener Gebiete, 1:100.000 in denen die Kirrung zulässig ist. Obertraun Sie ist keinesfalls als Abgrenzung der Hochwild- bzw. der Hochwildwechselgebiete heranzuziehen. Datenquelle: BFIs, DORIS Kartographie: Roland Paumann; LFW; 1.2020 Abb. 1: Die Abgrenzung jener Gebiete, in denen die Kirrung von Rehwild verboten bzw. erlaubt ist. 8 OÖ JÄGER SEPTEMBER 2020
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THEMA Gams versus Abschussplanverordnung TEXT Wildmeister Helmut E. Neubacher FOTOS F. Fritsch, N. Mayr, W. Peyfuß, H. Sallmann Vom Gamswildsymposium des OÖ Landesjagdverbandes aus dem Jahr 2019 – zum (teilweisen) Nachsehen unter www.ooeljv.at/tv Sind die in Oberösterreich geltenden Rechtsvorschriften geeignet, der Bewirtschaftung des Gamswildes im Kontext einer Kulturlandschaft gerecht zu werden? Der Hinweis auf Kulturlandschaft besteht zu Recht, da davon auszugehen ist, dass auch der oö. Gamswildlebensraum eindeutig und ausschließlich als eine (von Menschen stetig beeinflusste) Kulturlandschaft eingestuft werden muss.1 Um jedoch greifbare Aussagen über die zeitgemäße Relevanz der rechtlichen Rahmenbedingung treffen zu können, müssen im Vorfeld grundsätzliche Überlegungen angestellt werden. WER JAGT DEN GAMS, Das Gamswild hingegen ist lediglich struktur OÖs fällt sofort die starke Flä- IM REHWILDLAND? auf etwa 18 % der Landesfläche behei- chenpräsenz der genossenschaftlichen Oberösterreich ist ein von Rehwild do- matet, wobei sich dieses Vorkommen Jagdgebiete gegenüber den Eigenjagd- miniertes Bundesland, man kann sogar wiederum ausschließlich auf die im Sü- revieren auf. Analysiert man jedoch die davon ausgehen, dass Oberösterreich den befindlichen Kalkalpen und deren Gamswildlebensräume, so zeigt sich, das Rehwildbundesland schlechthin Vorgebirge beschränkt. Bei oberflächli- dass in diesen Regionen die Eigenjagd- ist. cher Betrachtung der jagdlichen Infra- gebietsflächen deutlich überwiegen. 10 OÖ JÄGER SEPTEMBER 2020
Im Durchschnitt der vergangenen zehn entscheidend auf die Lebensbedingun- Jahre wurden in OÖ 1.580 Stk. Gams gen, explizit auf das Konfliktpotential erlegt. Eine auffallende Zunahme der im Lebensraum des Gamswildes ein- Abschüsse ist in den vergangenen wirken. Hierbei kommt vor allem zum Jahren (Jagdjahr 2016/17: 1.732 Stk., Tragen, dass keine wie in den zent- JJ 2017/18: 2.098 Stk., JJ 2018/19: ralalpinen Urgesteinsregionen üblichen 1.840 Stk.)2 zu verzeichnen. Die Ab- klare Trennung von Tal nahen Wirt- schusserfüllung liegt in den vergange- schaftswaldbereichen zu den sich darü- nen zehn Jahren bei durchschnittlich ber befindlichen ausgedehnten alpinen 82 % des Plansolles. Bemerkenswert Offenlandflächen besteht. Ganz im Ge- ist jedenfalls, dass die Abgänge in der genteil finden wir eine unübersichtliche Mittelklasse bei beiden Geschlechtern Gemengelage an Weideflächen, Wirt- deutlich überrepräsentiert sind und schaftswäldern, Schutzwaldbereichen mit großer Wahrscheinlichkeit im ur- und Felsregionen vor. Dieses „Durch- sächlichen Zusammenhang mit dem einander“ bringt vielerorts eigenartige Rückgang von erlegten alten Individu- Konstellationen hervor, sodass an steile en stehen. Felspartien im Talgrund, daneben und/ oder darüber Wirtschaftswaldberei- che anschließen, welche wiederum in WIE LEBT DER GAMS Schutzwaldflächen übergehen können, IM REHWILDLAND? um schlussendlich, aber nicht zwin- Wenn wir an den Lebensraum dieser gend, in alpine Offenlandflächen zu Wildart denken, haben wir spontan münden. Auf Grund der mangelnden alpine Offenlandflächen vor Augen. Höhenlage und geologischen Eigenart Dieser sich aufdrängende Eindruck be- von Gebirgsbildungen im Kalk, sind darf jedoch einer Differenzierung. Der gerade solche ausgedehnten Offenland- oö. Gebirgsraum besteht zur Gänze aus flächen nur in sehr beschränktem Um- dem Nordkalkalpentyp, dessen speziel- fange vorhanden oder münden, wenn le Topographie und Bodenbedeckung überhaupt, dann zumeist in dermaßen schroffe Kalksteinformationen die zwar Gamswildlebensräume suggerieren, tatsächliche aber nur in einem einge- schränkten saisonalen Zeitfenster für die Gemsen nutzbar sind. Gamswild gehört auch in OÖ zu jener Wildwiederkäuerart, die keiner künstli- chen Überwinterung unterzogen wird. Folglich ist Gamswild nicht, wie etwa Rotwild, für mehrere Monaten in ih- rem natürlichen Aktionsradius einge- schränkt. Dies bedingt jedenfalls auch, dass bei dieser Wildart die Mortalitäts- rate eine sehr dynamische sein kann, und naturbedingte Dichteschwankun- gen völlig normal sind.3 Trotzdem ist Gamswild an die widrigen Witterungs- bedingen, hier vor allem an die hohen Niederschlagsmengen und mitunter langanhaltende Schneebedeckung im Winterhalbjahr sowie an die sich stän- Der oö. Gebirgsraum besteht zur Gänze aus dem Nordkalkalpentyp, dessen spezielle Topographie dig auch in den Sommermonaten än- und Bodenbedeckung entscheidend auf die Lebensbedingungen, explizit auf das Konfliktpotential dernde territoriale Äsungsverfügbar- im Lebensraum des Gamswildes einwirken. SEPTEMBER 2020 OÖ JÄGER 11
THEMA Gamswild versus Abschussplanverordnung keiten gut angepasst. So zeigt gerade nisse alle sich bietenden und mitunter der Gams eine hohe Reaktionsbereit- auf engstem Raume neben- und/oder schaft auf extreme Umwelteinflüsse, übereinander liegenden unterschiedli- Die ausgeprägte Sozialbindung vor allem in Form von mitunter abrup- chen Lebensraumtypen je nach saiso- des Gamswildes im Kontext seiner ten und weiträumigen Standortsverän- naler Äsungsattraktivität aufsucht, res- Lebensweise ist es, die im positiven derungen.4 Dem folgernd kann auch pektive nach witterungsbedingten oder Falle wesentlich zu einer Konfliktmini- die Lebensweise von Gamswild als durch menschliche Aktivitäten (Touris- mierung im Wald-Wildgefüge beiträgt, sehr raumgreifend eingestuft werden mus…) erzwungene Notwendigkeiten im negativen Falle aber, und zwar und dies nicht nur entlang der Schich- nutzen muss. auch bei abgesenkten Bestandsdich- tenlinie, sondern vor allem im ausge- Die Conclusio daraus ist, dass die oö. ten, den Schadensdruck eindeutig prägten Wechsel von Höhenstufen. Gamspopulation die Freigebirgsregi- verstärkt! onen ebenso wie den Gebirgswald, sei es nun Wirtschafts-, Schutz- oder Bannwald als natürlichen Lebensraum FÜHLT SICH GAMSWILD WOHL? Die besprochenen Umstände unter de- wahrnimmt und immer wahrgenom- Der Gams ist von Natur aus ein men hat.6 Stellt man nun die Flächen- nen das Gamswild in OÖ lebt, sagen Rudeltier. Dieses für seine Art so präsenz der alpinen Offenlandgebiete aber noch nichts über das Befinden wesentliche Sozialverhalten verlässt den bewaldeten Bergregionen gegen- dieses Wildes aus. Hierbei ist nicht der er auch nicht, wenn er sich in über, so zeigt sich für unser Bundes- Blick auf das Einzelindividuum von bewaldeten Regionen aufhält. land, dass die von Gamswild belebten Belang, sondern vielmehr und gerade bei einer sozial lebenden Wildart wie Bergwaldgebiete gegenüber den Of- dieser, die Analyse von Bestandsstruk- Der Gams ist von Natur aus ein Rudel- fenlandflächen deutlich überwiegen. turen der Gradmesser des Wohlbefin- tier. Dieses für seine Art so wesentliche Der Sucus dieser Überlegungen steht dens. Sozialverhalten verlässt er auch nicht, im krassen Gegensatz zu der immer Hierzu gab es in OÖ bis dato keine wenn er sich in bewaldeten Regionen wieder angewandten Polarisierung von großflächigen Untersuchungen, so- aufhält.5 Er nutzt, wenn sein Sicher- „gut und böse“, also Gratgams versus dass bislang lediglich dokumentierte heitsbedürfnis gestillt ist, sehr inten- Waldgams. Diese Differenzierung ist Abschussdaten zur Verfügung stan- siv kleinräumige Strukturen, hält sich im Kontext einer fachlichen Diskussi- den. Diese lassen jedoch nur einen dort mitunter tagelang auf, wodurch on über eine integrale Bewirtschaftung sehr eingeschränkten Blick auf die Be- er durchaus einen starken Lebensraum von Gamswild unter den spezifischen standsstruktur dieser Wildart zu. Die gestaltenden Einfluss ausüben kann. Lebensraumbedingungen hierorts Überrepräsentanz an Abgängen in der Unter solchen Bedingungen liegt es auf schlichtweg unsinnig, zumindest aber Mittelklasse und der auffallende Rück- der Hand, dass Gamswild in Bezug auf als zu oberflächlich, folglich als äu- gang an erbeuteten reifen Trophäen- die spezifisch oö. Lebensraumverhält- ßerst kontraproduktiv einzustufen. trägern legen jedoch die Einschätzung nahe, dass es hierzulande mit dem Al- tersaufbau, als wesentlichen Determi- nanten für eine intakte Sozialstruktur der Gämsen nicht zum Besten steht. Die ausgeprägte Sozialbindung (intakte Familienverbände etc.) des Gamswildes im Kontext seiner Lebensweise ist es aber, die im positiven Falle wesentlich zu einer Konfliktminimierung im Wald- Wildgefüge beiträgt, im negativen Falle aber, und zwar auch bei abgesenkten Bestandsdichten, den Schadensdruck eindeutig verstärkt! Schlussfolgernd ist das Wissen über die Bestandsstruktur und die daraus ableitbaren jagdfachlichen Regulie- rungsmechanismen eine unabdingba- re Voraussetzung für ein erfolgreiches Wildmanagement. Dieser Erkenntnis folgend wurde in den vergangenen Jahren (und folgenden) durch den OÖ 12 OÖ JÄGER SEPTEMBER 2020
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THEMA Landesjagdverband eine Gamswilder- sechs Jahre durch die zuständigen Be- nachlässigbare Ausdehnung des Gams- fassung in ausgewählten Referenzzähl- hörden ein Statusbericht an die EU zu wildlebensraumes in Oberösterreich. gebieten installiert und durchgeführt. erstellen ist.7 Vielmehr ist es jedoch die Sensibili- Die daraus gewonnene Datenlage ist tät desselben, vor allem in Bezug auf jedoch bis dato noch zu dürftig, um Auf lokaler Eben regelt das Oö. Jagd- die mannigfaltigen Konfliktpotentiale, greifbare Aussagen über die Sozialver- gesetz den Umgang mit unseren Gäm- die nicht nur in den herkömmlichen hältnisse, ergo den Erhaltungszustand sen, im Speziellen die Abschussplan- menschlichen Nutzungsformen (Land- (s. u. FFH Richtlinie) des Gamswildes verordnung (APVO).8 Vermittels dieser u. Forstwirtschaft) zu suchen sind, in OÖ treffen zu können. hat OÖ vor Jahrzehnten einen eigenen sondern durch eine immer intensivere Eine Fokussierung alleine auf Gams- Weg beschritten und als Planungs- Freizeitnutzung besonders die Lebens- wild in Bezug auf den Lebensraum grundlage nicht mehr eine wie auch raumkonkurrenz Mensch und Gams- erscheint jedoch als zu kurz gegrif- immer geartete Wildbestandserfassung wild stetig zunimmt.10 fen, denn Gamswild „belebt“ seine gewählt, sondern den Grad der Wild- oö. Heimat nicht alleine, sondern teilt einwirkung auf die Waldvegetation als Zusammenfassend kann somit erkannt sich diese Territorien, bis auf wenige bestimmende Größe festgelegt. Getra- werden, dass die APVO zwar auf den lokale Ausnahmen, mit anderen Wild- gen wurde dieser Gedanke vom Primat durch Wildwiederkäuer verursachten wiederkäuern, explizit Rotwild, aber aus § 1, Oö. Jagdgesetz, dass nämlich Einfluss auf den Vegetationszustand auch Rehwild. Im Kontext der hier an- den Interessen der Landeskultur unein- einiger ausgewählter Forstpflanzen gestellten Überlegungen kommt gera- geschränkte Vorrangstellung einzuräu- eingeht, dabei aber die Umstände die de diesem Umstand eine wesentliche men sei.9 dazu geführt haben, lediglich auf eine Bedeutung zu, dass nämlich mehrere Betrachtet man nun die Umstände, die undifferenzierte Abundanz aller im Wildwiederkäuerarten mit zumindest zur APVO geführt haben, muss die Tat- Untersuchungsgebiet vorkommenden ähnlichen Lebensäußerungen auf ein sache unterstrichen werden, dass in Wildbestände bzw. auf deren Verände- und denselben Lebensraum, in unse- OÖ gerade das Rehwild als dominie- rungstrends reduziert. Dieses fußt pri- rem Falle gerade jene Bereiche mit ge- rende Wildwiederkäuerart vorherrscht, mär auf dem Grundgedanken, dass es steigertem Konfliktpotential (Bergwald und folglich dem alleinigen Vorkom- für die Waldverjüngung unwesentlich in welcher Form auch immer) einwir- men von Rehwild auf 80% der Landes- ken. fläche und den sich daraus ergebenden Konsequenzen in der Gesetzesfindung vorrangig Rechnung getragen wurde. WIE KOMMT DER GAMS Eine wesentliche Rolle spielte dabei die MIT DEM RECHT ZURECHT? Erkenntnis, dass die quantitative sowie In OÖ gibt es zwei Rechtssphären, wel- qualitative Erfassung von Rehwild- che die Bewirtschaftung von Gamswild beständen nicht in dem Maß möglich im Wesentlichen regeln. Da wäre zum ist, dass hiervon jagdfachlich brauch- einen, und das ist auch in Jägerkrei- bare Planungsgrundlagen zur Regulie- sen nicht allgemein bekannt, die seit rung dieser Wildart abgeleitet werden 25 Jahren auch für Österreich geltende können. Hinzu kommt, dass der Le- FFH-Richtlinie (Fauna-Flora-Habitat- bensradius von Rehwild (im krassen Richtlinie) der europäischen Union. Gegensatz zu Gamswild) ein eher über- Darin ist das Gamswild explizit im An- schaubarer ist. hang V angeführt. Zusammenfassend Die Schlussfolgerung daraus war offen- besagt diese, dass Gamswild natürlich sichtlich, dass die Beurteilungseinheits- einer jagdlichen Nutzung unterzogen größe auf Jagdgebietsebene (mind. 115 werden kann, hierfür aber „umfas- ha) grundsätzlich als ausreichend er- sende Managementpläne“ vorliegen achtet wurde. müssen, und dass ein „günstiger Er- Diese OÖ-weite Dominanz von Rehwild haltungszustand“ gegeben sein muss. führte ebenfalls dazu, dass den ande- Folglich erwächst dem Gamswild ren, zugegebenermaßen unterrepräsen- durch diese Regelung im Vergleich zu tierten, Wildwiederkäuerarten keine beispielsweise Reh- und Rotwild ein große Bedeutung beigemessen bzw. besonderer Schutzstatus. Zur Einhal- von der irrigen Annahme ausgegangen tung dieser EU-Richtlinie haben sich wurde, dass diese keiner anderen Be- alle Mitgliedsstaaten verpflichtet. Was handlung bedürfen. Die Problematik wiederum bedeutet, dass deren Um- liegt gerade hier in der Fokussierung setzung zu gewährleisten ist und alle auf die geringe, augenscheinlich ver- 14 OÖ JÄGER SEPTEMBER 2020
THEMA Gamswild versus Abschussplanverordnung IM REVIER. sei, WER darauf einwirkt, gleichgültig Konfliktlösung basierende Abschuss- ob Reh, Gams und/oder Co. Die Proble- planung ist gerade beim Gamswild kein matik hierbei liegt in der Tatsache, dass „Wunschkonzert“ von Revierinhabern, dieser undifferenzierte Ansatz auch sondern kann nur auf übergeordneter keinerlei strukturierte Regulierungs- Ebene (Bewirtschaftungseinheit aus mechanismen, welche die spezifischen mehreren Revieren, welche einen ge- Lebensäußerungen der einzelnen Wild- schlossenen Gamslebensraum reprä- wiederkäuerarten würdigen würde, zu- sentieren) angesiedelt sein und von lässt. dort auf die nächstniedrige Stufe = Re- Vermittels des derzeitigen Ermittlungs- vierebene, und zwar unter Würdigung verfahrens kann folglich keine Aussa- aller lokalen Einflussfaktoren (Wildein- ge darüber getroffen werden, wer (bei fluss, Bestandsstruktur etc.) funktio- Vorhandensein mehrerer Wiederkäuer- nieren. Zwar sieht die Satzung des OÖ arten) denn eigentlich der Verursacher Landesjagdverbandes die Bildung von ist. Bezieht man nun die verschiedenen Hegeringen vor, doch haben diese nicht Lebensweisen der Wiederkäuer mit ein, jenen verbindlichen Rechtscharakter, im Besonderen die unterschiedlichen der zur Umsetzung unabdingbar wäre. Territorialansprüche, wird die Proble- Denn, jagdwirtschaftlichen Befind- matik bereits ersichtlich: Im Gegensatz lichkeiten von Revierinhabern können zur lokalen Lebensweise von Rehwild, im Rahmen der Abschussplanung nur HOHENZELL. Ende Juli verfingen sich dessen Verbissdruck unmittelbar wirkt insofern Rechnung getragen werden, im Jagdgebiet Hohenzell ein sehr gut veranlagter Jahrlingsbock und ein etwa und demensprechend im direkten Um- wenn diese den Intentionen zur Kon- vierjähriger Sechser beim Revierkampf feld, wenn nötig mit jagdlichen Mitteln fliktminimierung und einer strukturier- derart in einem Weidezaun, dass sich entgegengetreten werden kann, sieht ten Bestandssicherung nicht im Wege beide dabei strangulierten. Sie durften diese bei Gamswild in der Regel völlig stehen. die Brunft nicht mehr miterleben. anders aus. Gemäß der Grundaussage Für den Fall einer notwendigen Be- der APVO, dass lediglich die Gesamt- standsabsenkung sieht die APVO ledig- heit (weil nicht näher erfasst) des vor- lich einen undifferenzierten verstärk- handenen Wildes abgesenkt zu werden ten Eingriff bei den Zuwachsträgern braucht, geht dies an einer lösungs- vor.13 Der weiter oben bereits thema- orientierten Gamswildbewirtschaftung tisierte, für diese Wildart intakte Al- eindeutig vorbei. tersaufbau hat gerade bei den weib- lichen Bestandsgliedern durch ihre Führungsrolle im Familienverband eine WAS SIND DIE FOLGEN besondere Bedeutung. Folglich ist ein FÜR DEN GAMS? prozentual breiter Pool an mittelalten Die APVO schreibt die Herstellung ei- Gamsgeißen, dessen ungeachtet in nes ausgeglichenen Geschlechtsver- welcher Dichte sich der Gesamtbestand hältnisses zwar vor,11 bietet jedoch befindet, zu erhalten bzw. unbedingt keinerlei Überprüfungsszenarien an. anzustreben. Für die praktische Umset- Im Gegensatz zu Rehwild wäre dies zung bedeutet dies aber auch, dass bei bei Gamswild durchaus möglich, je- der Abschussdurchführung als Folge doch nur dann sinnvoll, wenn eine der Abschussplanung, auch wenn ein Bestandserhebung bzw. Statusbeur- hoher Eingriff bei den Zuwachsträgern teilung, in welcher Form auch immer, notwendig sein sollte, die Mittelklasse in die Abschussplanung mit einfließen hiervon, wenn überhaupt, dann nur GROSSRAMING. Der Hl. Hubertus war kann. Eine schlüssige Erfassung von in äußerst geringem Umfang betroffen Thomas Schwandegger bereits Mit- Bestandsstrukturen ist alleine wegen sein kann und das Groß der Abschüs- te November des Vorjahres besonders der raumgreifenden Lebensweise von se in der Jugendklasse erfolgen muss. wohl gesonnen. Er konnte auf eigenem Gamswild auf Revierebene schlichtweg Um nun den nötigen Abschuss bei den Grund und Boden der Eigenjagd Stocker unmöglich, sondern muss überregional Zuwachsträgern strukturgerecht gestal- in Großraming diesen hochkapitalen rei- stattfinden. Dem folgert ebenfalls, dass ten zu können, liegt die Konsequenz fen Hirsch zur Strecke bringen. Dieser eine Abschussplanung für Gamswild in der Installation einer eigenen Mit- Lebenshirsch, wie ihn der glückliche auf Revierebene im krassen Wider- telklasse beim weiblichen Gamswild Schütze gerne nennt, war der kapitalste spruch zu einem lösungsorientierten in der APVO. Beispielsweise bedingen Rothirsch im letzten Jagdjahr im Bezirk Bestandsmanagement steht.12 Eine auf lokal unbefriedigende Vegetationszu- Steyr. SEPTEMBER 2020 OÖ JÄGER 15
stände schwerpunktmäßige Bejagungs- die außergewöhnliche, jedoch natürli- Zwar wird dem, keinesfalls in Frage zu strategien, welche eine Absenkung che, Reduktion (Jänner bis März) mit stellenden, Schutz des Waldes große der Bestandsdichte als Ziel haben. Bei Sicherheit erst nach dem bereits getä- Aufmerksamkeit geschenkt, dem ei- alleinigem Vorhandensein von lokal tigten Abschuss (bis Ende Dezember) gentliche Rechtsobjekt der Jagdgesetz- lebendem Rehwild ist dies durchaus eintritt. Wäre nun der Anteil an nicht gebung, nämlich dem Wild bzw. seinen gerechtfertigt, da die jagdlichen Ein- durch jagdliche Eingriffe erfolgter Mor- spezifischen Lebensäußerungen wird griffe direkt auf den an Ort und Stelle talität konstant, dann könnte er auch nicht im mindesten eine Würdigung lebenden Bestand einwirken. Im Falle unberücksichtigt bleiben. Im Falle vom zuteil. Die lapidare Begründung der, des Gamswildes würde dies jedoch zur Gamswild stellt sich jedoch die Situati- zugegebenermaßen schwierigen Zu- Folge haben, dass der raumgreifenden on so dar, dass in günstigen Jahren die standserfassung von Wildbeständen, Lebensweise wegen, Rückzugs- res- natürliche Sterblichkeit durchaus in ei- stellt jedoch keine ausreichende Recht- pektive Ruhegebiete geschaffen wer- nem vernachlässigbaren Rahmen liegt, fertigung dar, geflissentlich darauf ver- den müssen. Ist dies nicht der Fall, jedoch in den periodisch auftretenden zichten zu können und ausschließlich so würde das bedeuten, dass ein und Extremereignissen unbedingt seinen andere Entscheidungskriterien, die derselbe Bestand (weil nicht standört- Niederschlag in der Abschussplanung nach ihrem Aussagegehalt Wildbe- lich gebunden) mehreren voneinander finden muss. stände zwar wesentlich beeinflussen, unabhängigen Bejagungsstrategien mit Eine Nichtanrechnung bedeutet, dass die Qualität und Quantität der Auswir- unterschiedlichen Zielsetzungen unter- sich der Bestand über die erfolgte Ab- kungen jedoch keinesfalls erkennen worfen wird. schusserfüllung hinaus deutlich verrin- lassen. Dem folgend bedarf eine lö- gert und dieser Umstand sich auf den sungsorientierte Rechtsgrundlage zur zu begutachtenden Vegetationszustand Abschussplanung eine Erweiterung AUCH BEIM GAMS für die neuerliche Abschussplanung des Ermittlungsverfahrens wie auch WIRD FALLWILD NICHT gar nicht niederschlagen konnte, da der Regelmechanismen, welche die Le- ANGERECHNET – die natürliche Bestandsreduktion erst bensweise (zumindest) dieser Wildart FACHLICH RICHTIG? eingetreten ist, als die mögliche nega- eingehend würdigen. In Schlagworten Der Gesetzgeber sieht keine Anrech- tive Vegetationsbeeinflussung bereits würde das bedeuten: nung von Fallwild auf die Abschuss- erfolgt war.15 planerfüllung vor und begründet dies n Periodische Erfassung der Bestands- durch den Umstand, dass ein wie situation von Gamswild als integra- auch immer erfasster Wildstand keine ler Teil der Abschussplanung. Aussagekraft im Ermittlungsverfahren hätte.14 Nun ist Gamswild die einzige n Anrechnung von jeglichem Im Falle vom Gamswild stellt sich Wildwiederkäuerart, die nicht künst- dokumentierten Gamsfallwild auf jedoch die Situation so dar, dass lich überwintert wird, sodass die na- die Abschussplanung. in günstigen Jahren die natürliche turgegebenen Sterblichkeitseinflüsse Sterblichkeit durchaus in einem ver- ebenfalls nicht durch künstliche Fütte- n Einführung einer eigenen Mittel- nachlässigbaren Rahmen liegt, rung bzw. Lenkung verhindert werden. klasse bei den Zuwachsträgern zum jedoch in den periodisch auftre- Die Auffindungswahrscheinlichkeit Zwecke einer strukturierten tenden Extremereignissen unbedingt von verendetem Gamswild ist schon Abschussverteilung. seinen Niederschlag in der Abschuss- durch die Topographie des Lebensrau- planung finden muss. mes als eher gering einzuschätzen. In n Verankerung von Wildbewirtschaf- der Praxis sind Häufungen von (auf- tungseinheiten mit Weisungsrecht. gefundenem) Fallwild keine lokalen In der Zusammenschau all dieser Über- Einzelereignisse, sondern korrelieren legungen kann zumindest erkannt wer- n revierübergreifende Abschusspla- mit außergewöhnlichen Witterungs- den, dass die APVO in der derzeitigen nung in Gamswildgebieten. phänomenen (langanhaltende gefro- Form zwar geeignet ist, einen allgemei- rene Schneedecke, extreme Häufung nen Wildeinfluss auf die Waldvege- n revierübergreifende Vegetationsbe- von Lawinenabgängen etc.). Wenn also tation nach ökonomischen Tragfähig- urteilung in Gamswildgebieten. Fallwild vermehrt auftritt, ist davon keitsgrenzen zu zeigen. Als alleiniges auszugehen, dass die Dunkelziffer be- Entscheidungskriterium für die Ab- n Erhebung des Vegetationszustandes trächtlich über der Auffindungsquote schussplanung ist sie, zumindest was nach tatsächlich verursachenden liegen wird. Nun ist es aber für eine das Gamswild betrifft, nicht geeignet, Wildarten. angestrebte Bestandsreduktion einer- weil zu undifferenziert. Diese Undif- lei ob dies durch des Jägers Hand oder ferenziertheit ist es, die schon aus der Nach dem Motto: auf natürlichem Wege geschieht. Die Natur der Sache einer Jagdgesetzge- JAGD VERPFLICHTET Problematik liegt in der Tatsache, dass bung als nicht angemessen erscheint. (Gamsjagd auch) 16 OÖ JÄGER SEPTEMBER 2020
THEMA Gamswild versus Abschussplanverordnung Der OÖ Landesjagdverband ist seit Aktualitätsgehalt unterzogen werden 13 Oö. ASPVO §1 Abs.: 3, vgl.: ASPVO längerem schon bemüht, im Sinne ei- müsste. Zwar besteht kein Zweifel – Novelle 2012 – Erlass.: zu § 1, S. 2 ner intakten Sozialstruktur beim Gams- darüber, dass auch künftig einer 14 Oö. ASPVO §7, vgl.: ASPVO – No- wild die in diesem Artikel thematisierte Sicherstellung der Bergwaldfunktionen velle 2012 – Erlass.: zu § 7, S. 11 Installation einer eigenen Mittelklasse oberste Priorität eingeräumt werden 15 Artikel 11 der FFH-Richtlinie sieht bei den Gamsgeißen einzuführen. muss, doch steht zumindest zur Dis- die „regelmäßige Überwachung“ Im Zuge der Neugestaltung der APVO kussion, ob der besondere Schutzsta- zum Zwecke der Dokumentation für ist es nun dem OÖ LJV unter Federfüh- tus von Gamswild ebenfalls implizie- die Wahrung eines günstigen Erhal- rung von LJM Herbert Sieghartsleit- ren könnte, dass im Konfliktfalle die tungszustandes vor. Durch das Fehlen ner gelungen, den Gesetzgeber von Tragfähigkeitsgrenzen beim Vegetati- von Bestandserfassungen als Teil der der Dringlichkeit dieser Forderung zu onszustand im Gamswildlebensraum Abschussplanung kann nicht sicher- überzeugen, sodass dieser Punkt in nach ökologischen und nicht wie gestellt werden, dass die nach einem die Neufassung der APVO aufgenom- bisher nach ökonomischen Kriterien Extremereignis unberücksichtigte men werden konnte. zu bemessen wären. naturbedingte Bestandsreduktion 10 INGOLD P., Freizeitaktivitäten im keine Würdigung in einer neuerli- Lebensraum der Alpentiere, S 177 ff, chen Abschussplanung finden wird. LITERATUR Basel 2005 Dies bedeutet jedoch auch, dass eine 1 INGOLD P., Freizeitaktivitäten im 11 Oö. ASPVO §1 (3), vergl.: APVO weitere Absenkung, ohne erkennbare Lebensraum der Alpentiere, S 15 ff, – Novelle 2012 – Erlass.: zu § 1, S. Notwendigkeit (Vegetationszustand), Basel 2005 2, hierin erkennt der Gesetzgeber: welche es rechtfertigen würde eine 2 STATISTIK AUSTRIA, Jagdstatistik „Besondere Bedeutung bei Wildscha- Zustandsverschlechterung (Gamsbe- JJ. 2017, 18, 19; OÖ. Landesjagdver- densreduktion kommt (…) einem stand) wissentlich in Kauf zu nehmen, band JADA JJ. 2018 Geschlechtsverhältnis von 1 : 1 zu“ vorgenommen würde. 3 KNAUS W., SCHRÖDER W., Das 12 DEUTZ A., GRESSMANN G., Gams- Gamswild, S.66 ff, Berlin 1975 u. Steinwild, S. 87 f, Stuttgart 2001; 4 ZEILER H., Gams, S 109 ff, Wien vgl.: ZEILER H., Gams, S 248 ff, Wien 2012, vgl.: BAUMANN Martin, 2012 STRUCH Mark, Waldgams, Bern 2000, vgl.: KNAUS W., SCHRÖDER W., Das Gamswild, S. 70ff, Berlin 1975 5 DEUTZ A., GRESSMANN G., Gams- u. Steinwild, S. 38 f, Stuttgart 2001 IM REVIER. 6 BAUMANN Martin, STRUCH Mark, Waldgams, Bern 2000 7 Umweltbundesamt, Richtlinie 92/43/ EWG zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen, Anhang V, Artikel 1, 11, 14 8 Oberösterreichisches Jagdgesetz, § 50, § 51; vgl.: Verordnung der Oö. Landesregierung über den Abschuss- plan und die Abschussliste, LGBl. Nr. 74/2004 i.d.F. LGBl. Nr. 91/2012 9 Oberösterreichisches Jagdgesetz, § 1, Abs.: 2; Es wäre zu prüfen, ob dieser Passus bezüglich der FFH-Richtlinie (betreffend Gamswild) nicht einer neuerlichen Beurteilung auf dessen WINDHAAG BEI FREISTADT. Ein be- Perückenbock zur Strecke bringen. sonderes Weidmannheil hatte Jung- Revierpächter Bmst. Ing. Christian jäger Patrick Laßlberger im genossen- Schaumberger (links) und Jagdleiter schaftlichen Jagdgebiet Windhaag bei Wolfgang König (rechts) freuten sich Freistadt. Er konnte Mitte Juli einen mit dem Schützen. SEPTEMBER 2020 OÖ JÄGER 17
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