Jetzt bist du dran - Ein interaktives Planspiel zum Thema Fluchtursache Klimawandel - Climate Cycle Tour
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Jetzt bist du dran Ein interaktives Planspiel zum Thema Fluchtursache Klimawandel. A1: Schwimmwesten auf Lesbos. CC BY-ND 4.0. Peer-Leader-International (PLI).
Impressum Erarbeitet und herausgegeben von Gefördert durch Mit Mitteln des Peer-Leader-International e.V. Idafehn-Süd 5 26842 Ostrhauderfehn Telefon 0 49 52 / 94 29 70 Telefon 0 17 2 / 4 30 71 91 Diese Publikation wird gefördert durch Engagement Global mit Mitteln des BMZ und wurde im Rahmen der info@peerleader.org Länderinitiative des Pädagogischen Landesinstituts Rheinland-Pfalz zur Umsetzung des Orientierungsrah- www.peerleader.org mens für den Lernbereich Globale Entwicklung erstellt. www.lead2future.org Peerleader International ® ist für den Inhalt alleine verantwortlich. Die hier dargestellten Positionen geben www.climatecycle.de nicht den Standpunkt von Engagement Global oder des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammen- www.bridgethedistance.org arbeit und Entwicklung wieder. 2
Inhaltsverzeichnis Prolog ……………………………………………………………………………………………………………………………………………………………… 4 Anmerkungen …………………………………………………………………………………………………………………………………………………. 5 Moderationshinweise ……………………………………………………………………………………………………………………………………… 6 Der Orientierungsrahmen Globale Entwicklung ……………………………………………………………………………………………… 7 Beutelsbacher Konsens …………………………………………………………………………………………………………………………………… 8 Kapitel 1 – Die Globale Erwärmung verstehen ………………………………………………………………………………………….. 9 1.1 Der Treibhauseffekt ……………………………………………………………………………………………………………………… 10 1.2 Kohlenstoff ………………………………………………………………………………………………………………………………….. 15 1.3 Fakten und Modelle …………………………………………………………………………………………………………………….. 19 1.4 Kipppunkte ………………………………………………………………………………………………………………………………….. 28 1.5 Ausblick ………………………………………………………………………………………………………………………………………. 31 1.6 Psychologie …………………………………………………………………………………………………………………………………. 32 1.6.1 Abschlussdiskussion …………………………………………………………………………………………………………………. 33 Kapitel 2 – Handeln gegen den Klimawandel ……………………………………………………………………………………………. 34 2.1 Technologie Atomkraft ………………………………………………………………………………………………………………... 35 2.2 Geoengineering / Climate Engineering ……………………………………………………………………………………….. 38 2.3 Erneuerbare Energien ………………………………………………………………………………………………………………….. 40 2.4 Fridays of future ………………………………………………………………………………………………………………………….. 42 2.5 Flache Erden ………………………………………………………………………………………………………………………………... 46 2.6 Gemeinschaftsgüter ……………………………………………………………………………………………………………………. 48 2.7 Science and Fiction ……………………………………………………………………………………………………………………... 50 2.8 Klimakonferenz ……………………………………………………………………………………………………………………………. 59 Kapitel 3 – Fluchtursache Klimawandel ……………………………………………………………………………………………………... 67 3.1 Privilege Walk ……………………………………………………………………………………………………………………………… 67 3.2 UN-Konferenz „Klimapass“ …………………………………………………………………………………………………………. 70 In Nansens Fußstapfen: Ein Klimapass für menschenwürdige Migration …………………………………………. 70 Nachwort ……………………………………………………………………………………………………………………………………………………….. 83 Literaturliste …………………………………………………………………………………………………………………………………………………… 84 Abbildungsverzeichnis …………………………………………………………………………………………………………………………………… 85 3
Prolog Vom „Arabischen Frühling“, einer Reihe von Protes- an autoritär regierte afrikanische Länder. Die Rettung hende Sicherheitsrisiken und Konfliktpotentiale als ten, Aufständen und Umstürzen in der Arabischen ertrinkender Flüchtlinge wurde kriminalisiert und „Bedrohungsmultiplikator“. Welt, erhoffte man sich Verbesserungen der Men- „Flüchtlingsdeals“ machen Staaten wie die Türkei schenrechtssituation und ein Aufblühen demo- zum Türsteher der Europäischen Union. Der Club of Rome ruft zum Nachdenken über eine kratischer Strukturen in den betroffenen Ländern. weltweite neue Aufklärung auf und sieht die Not- Eingetreten ist das Gegenteil. Syrien befindet sich Dort, wo Armut, Hunger und Mangel an Rechtsstaat- wendigkeit zur Veränderung der Einstellungen, auch heute noch im Bürgerkrieg. Zwölf Millionen lichkeit vorherrschen, sind die Menschen besonders Prioritäten und Anreizsysteme aller Zivilisationen der Menschen trieb der Konflikt bisher in die Flucht. Vor hart von klimatischen Veränderungen betroffen und Erde und einer Neuerfindung der Ökonomie. Um den Protesten litten die Menschen in Syrien unter haben die geringsten Möglichkeiten zur Anpas- die Pariser Ziele zu erreichen, seien alle Produktions- der schlimmsten Dürreperiode seit Beginn des 20. sung. Zudem ist der Beitrag dieser Länder an den und Verbrauchssysteme der Welt einem raschen und Jahrhunderts. Im Nordosten des Landes verloren na- bisherigen Treibhausgasemissionen gering. Eine gründlichen Wandel zu unterziehen. All dies wird hezu alle Bauern ihre Viehherden, der Getreidepreis Greenpeace-Studie prognostiziert in den nächsten nicht ohne Veränderungen in den Köpfen der Men- verdoppelte sich und es kam zu Mangelernährung. 30 Jahren über 200 Millionen Flüchtlinge allein durch schen, grenzüberschreitender Solidarität, und auch Über eine Million Menschen flohen vom Land in die die Folgen des Klimawandels auf allen Kontinenten. der Veränderung von Bildung funktionieren. Städte. Der syrische Bürgerkrieg hat ein komplexes Auch in Europa und allen anderen Kontinenten wird Diese Einsicht hat in Deutschland zu Überlegungen Ursachengeflecht und gilt nicht als direkte Folge des der Klimawandel Menschen in die Flucht treiben. geführt, wie eine „Bildung für Nachhaltige Entwick- Klimawandels, dennoch vertreten einige Forschenden Waldbrände, steigende Meeresspiegel, tauende Per- lung“ (BNE) in Schulen Einzug halten kann. Einige die Meinung, dass die klimatischen Veränderungen mafrostböden, Wasserknappheit, Ernteausfälle und Antworten gibt der „Orientierungsrahmen Globale bereits heute einen Beitrag zu Konflikten wie diesem unerträgliche Hitze werden in Zukunft nicht mehr nur Entwicklung“ der Kultusministerkonferenz, in dessen leisten. die Probleme der anderen sein. Kontext auch dieser Beitrag entstanden ist (siehe Seite 7). Der Weltklimarat IPCC mahnte im letzten Sach- Der Klimawandel ist der Preis für das Versprechen standsbericht, dass die sozialen und politischen des grenzenlosen Wachstums. Jährlich vermeldet Spannungen im Nahen Osten durch die fortschrei- die Wissenschaft neue Temperaturrekorde und die tende Austrocknung zunehmen werden. 65 Millio- Folgen des Klimawandels treten schneller ein als nen Menschen befanden sich im Jahre 2015 auf der vom IPCC erwartet. Entweder wird die Erderwärmung Flucht. Nur 2,6 Millionen flüchteten nach Europa, so schlimm, wie Klimaforschende seit Jahrzehnten etwa ein Drittel davon aus Syrien. Diese Einwande- warnen, oder noch viel schlimmer. Der Kampf gegen rung führte zu einem massiven Anstieg fremden- den Klimawandel ist die größte globale Herausforde- feindlicher Ausschreitungen und über 1000 Anschlä- rung des 21. Jahrhunderts. Auf dem Spiel steht nicht gen auf Flüchtlingsunterkünfte in vielen Staaten der weniger als die menschliche Zivilisation. Die Folgen Europäischen Union. Rechtspopulistische Parteien der Globalen Erwärmung sind allesübergreifend. Die und Bewegungen verzeichneten massiven Zulauf und Befriedigung existentieller Grundbedürfnisse wird große politische Erfolge. Heute wird die Flucht in die weltweit erschwert, Ressourcenkonflikte bedrohen Europäische Union durch den „Schutz der Außen- bereits jetzt Frieden und Sicherheit, Migrationsbe- grenzen“ erschwert. Die EU-Staaten zahlen Milliarden wegungen lösen soziale und politische Spannungen für „Technologietransfer“ und „Grenzmanagement“ aus. Zusätzlich vervielfacht der Klimawandel beste- 4
Anmerkungen Im ersten Teil eignen sich die Teilnehmenden selbst- bedroht sein könnten. In fiktiven Geschichten sollen ständig Wissen zu verschiedenen Themenbereichen sie die Möglichkeit der eigenen Flucht erkennen und an und geben dies in verschiedenen Präsentations- Szenarien entwickeln, die aber durch Probleme, Mau- formen an ihre Mitschüler und Mitschülerinnen wei- ern, Grenzen und Hürden, angelehnt an die heutige ter. So entsteht im ersten Kapitel ein Grundverständ- Fluchtproblematik, sabotiert werden. Sie werden nis für physikalische Zusammenhänge, ein Überblick auch für die durch den Klimawandel zu erwartenden über die Folgen des Klimawandels und die Geschich- Migrationsbewegungen sensibilisiert und werden mit te des Kohlenstoffzeitalters. Auch die Wahrnehmung den Dilemmata der Klimagerechtigkeit konfrontiert. des Klimawandels durch den Menschen wird aus verschiedenen Perspektiven beleuchtet. In einer abschließenden Konferenz sollen die Wei- chen für eine humanitäre Zukunft gelegt werden. Im Zweiten Kapitel gilt „Jetzt bist du dran!“, um den Die hier behandelten Themen nehmen Bezug auf Weg zur Lösung der Klimakrise zu ebnen. Ver- die heutige Fluchtproblematik, Fragen der globalen schiedene Technologien werden debattiert und auf Zusammenarbeit und entsprechen bereits heute Chancen und Risiken untersucht. Neben den techno- diskutierten Ideen wie einem UN-Klimapass oder der logischen Fragen wird auch hier in Gruppenarbeiten Problematik von Allmendegütern. Das Format kann die Auseinandersetzung mit Klimawandelleugnenden zusammenhängend als Projektwoche oder reduziert gesucht, die Zusammenhänge zwischen Klimawandel als Unterrichtseinheit / Workshop durchgeführt wer- und Bildung untersucht und Aktionsmöglichkeiten den. Die Materialien eignen sich auch alleinstehend ausprobiert. Auch ein Ausflug in die Astrophysik/- als Unterrichtsmaterial. biologie soll einen alternativen Blick auf die Klimak- rise ermöglichen. Das zweite Kapitel endet mit einer Klimakonferenz in der nahen Zukunft, in der die Teilnehmenden in die Rollen von Vertretern und Ver- treterinnen fiktiver Staaten und Bündnisse schlüpfen und so die großen völkerrechtlichen Herausforderun- gen bei der Lösung der Klimakrise erfahren, indem sie unterschiedliche Interessenkonflikte erleben und bewältigen müssen. Im dritten Kapitel beschäftigen sich die Teilneh- menden mit den Folgen des Klimawandels für Mensch und Gesellschaft, insbesondere die Frage der Migration, und werfen einen Blick in mögliche Zukünfte. Durch das zuvor erworbene Wissen sollen die Teilnehmenden zunächst herausfinden, ob sie selbst in irgendeiner Weise durch den Klimawandel A2: PLI Designbild A. © Mit freundlicher Genehmigung von Tammo F. Bruns. 5
Moderationshinweise Das Ziel des Workshops besteht nicht nur darin, immer Spekulation. Deshalb sollen lediglich Anreize als Multiplikatoren und Multiplikatorinnen für eine Faktenwissen über den Klimawandel, mögliche Fol- vermittelt werden, die den Teilnehmenden helfen, ei- nachhaltige, gerechte und demokratische Zukunft gen und Lösungen zu vermitteln, sondern auch ein gene Assoziationen herzustellen und so ein individu- verlassen. Im Idealfall wird den Teilnehmenden Bewusstsein für die globalen Zusammenhänge, die elles Bild von der Gesamtproblematik zu gewinnen. nach dem Workshop weitere Unterstützung bei der Komplexität der einzelnen Themen und die Bedeu- Realisierung eigener Projektideen, selbstständiger tung für die eigene Lebenswelt zu schaffen. Es soll Die Aufgabe des Moderierenden ist es, die Teilneh- Durchführung des Formates oder der Beschäftigung verstanden werden, dass der Klimawandel die größte menden auf Augenhöhe zum Nachdenken anzu- mit anderen Themen angeboten. Bedrohung unserer Zeit ist und Lösungswege nicht regen und bei Bedarf Wichtiges zu ergänzen. Der individuell, sondern nur gesamtgesellschaftlich und Moderierende sollte sich vor Beginn in die Themen global zu beschreiten sind. Wissen über den Klima- einarbeiten. Die Teilnehmenden sollen eine Fragehal- wandel und seine Folgen soll die Teilnehmenden tung entwickeln und das Thema erforschen, die wich- befähigen, die öffentlichen Debatten zu verstehen, tigste Ressource stellen die Teilnehmenden selbst dazu beitragen, Verständnis für den Klimawandel als dar. Der Ablauf soll lebendig gestaltet und nicht nach Fluchtursache zu entwickeln und für Ungerechtigkei- starrem Schema durchgeführt werden. Der Mode- ten und globale Ungleichheiten sensibilisieren. rierende ist eingeladen, Aufgabenstellungen nach Belieben zu verändern und einzelne Elemente des Am Ende des Workshops sollen die Teilnehmenden Workshops je nach Gruppenprofil und verfügbarem Klimapolitik bewerten können, wissen, wie der Klima- Zeitraum zu selektieren. wandel bekämpft werden kann und ein Bewusstsein für die globalen Folgen durch die Globale Erwär- Peer-Education / Peer-Learning ist ein abwechslungs- mung, wie Kriege, Hunger und die damit verbun- reicher Austausch auf Augenhöhe, der auf den Erfah- denen Migrationsbewegungen bekommen. Auch rungen, dem Wissen und der Neugier der Beteiligten soll erkannt werden, welchen Einfluss klimatische basiert. Der Lernstil nutzt bewusst soziale Prozesse, Veränderungen und die damit verbundenen Fol- um Lernerfolge zu steigern, Bewusstsein für globale gen auf die eigene Lebensrealität haben oder noch Herausforderungen zu schaffen und Themen bedeu- haben können. Die Teilnahme am Workshop soll die tungsorientiert zu vermitteln. Wichtig ist, Impulse Teilnehmenden zum Handeln befähigen. Dazu sollen der Teilnehmenden aufzufangen, Raum für eigene sie eigene Ideen entwickeln, Methoden, Strategien Themen, Fragen und insbesondere Austausch und oder politische Aktionen erdenken. Zusätzlich wer- Debatten zu schaffen. Die Regeln des Workshops sol- den Handlungsmöglichkeiten vorgestellt. Bewusst len zu Beginn mit den Teilnehmenden demokratisch sollen vorsichtig Schnittmengen zu weiteren Themen verhandelt werden. Der Workshop als Ort der Kol- erkannt und heutige Macht- und Verteilungsver- laboration soll ohne Machtverhältnisse auskommen hältnisse in Frage gestellt werden. Die Forschung und den Teilnehmenden eine demokratische, eman- zur Kommunikation des Klimawandels legt nahe, zipatorische und partizipative Atmosphäre bieten. dass Verständnis individuell konstruiert wird. Die Die Teilnehmenden sollen das behandelte Thema Komplexität des Themas lässt sich nur bedingt linear nicht als Unterrichtseinheit, sondern als Vorbereitung abbilden und auch das Prognostizieren der Folgen ist auf das reale Leben wahrnehmen und den Workshop 6
Der Orientierungsrahmen Globale Entwicklung che vor, die Bezug zu verschiedenen Fächern haben. Somit wird eine strukturierte curriculare Entwicklung des Lernbereichs „Globale Entwicklung“ über Fächer- grenzen hinweg möglich. Lehr- und Lernmaterialien, die auf der konzeptionel- len Grundlage des OR basieren, gehen vom Leit- bild der Nachhaltigen Entwicklung aus, das die vier Dimensionen Wirtschaft, Soziales, Umwelt und Politik umfasst. Nachhaltige Entwicklung wird dabei als der Prozess verstanden der zum Ziel hat, ökologische Verträglichkeit, soziale Gerechtigkeit, wirtschaftliche Leistungsfähigkeit und demokratische Politikgestal- tung weltweit und zwischen den Generationen zu erreichen. Dabei tauchen zwangläufig Zielkonflikte zwischen und innerhalb der vier Dimensionen auf. Schülerinnen und Schüler werden ermutigt und angeleitet, solche Zielkonflikte zu erkennen, sie im Einzelfall zu bewerten und eine eigene begründete Position zu beziehen. Dabei ist entscheidend, dass ein angemessener Umgang mit der Unsicherheit der zukünftigen Entwicklung genauso wie dem Bewusst- sein, mit unvollständigen Informationen zu arbeiten, eingeübt wird. Die Schülerinnen und Schüler werden an der Gestal- tung des Lernprozesses beteiligt, um so Interessen, A3: SDG-Poster. © United Nations. Ängsten und Sorgen gleichermaßen Rechnung zu tragen und eine gute Anbindung an die Lebenswelt Der Orientierungsrahmen für den Lernbereich der Lernenden zu erreichen. Durch Formate wie Peer- Der OR benennt elf Kernkompetenzen in den Be- Globale Entwicklung (OR) ist das Ergebnis eines Learning wird der Austausch zwischen den Lernen- reichen Erkennen – Bewerten – Handeln, von denen gemeinsamen Projekts der Kultusministerkonferenz den sichergestellt und sie lernen selbständig Verant- sich fachbezogene Kompetenzen ableiten lassen. Er (KMK) und des Bundesministeriums für wirtschaftli- wortung für ihren Lernprozess zu übernehmen. greift die Kompetenzbeschreibungen der beteiligten che Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ). Er ist Unterrichtsfächer auf. Auf diese Weise definiert er fä- ein Referenzrahmen zur Einbindung von Bildung für cherübergreifende Kernkompetenzen und formuliert nachhaltige Entwicklung (BNE) im Bereich Schule, daran anknüpfend fachspezifische Teilkompetenzen. unter anderem in Lern- und Lehrmaterialien. Er schlägt zudem 21 übergreifende Themenberei- 7
Beutelsbacher Konsens I. Überwältigungsverbot. 3. Der Schüler/die Schülerin muss in die Lage ver- setzt werden, eine politische Situation und seine/ Es ist nicht erlaubt, den Schülern und Schülerin- ihre eigene Interessenlage zu analysieren, sowie nen - mit welchen Mitteln auch immer - im Sinne nach Mitteln und Wegen zu suchen, die vorgefun- erwünschter Meinungen zu überrumpeln und damit dene politische Lage im Sinne seiner/ihrer Inter- an der „Gewinnung eines selbständigen Urteils“ zu essen zu beeinflussen. hindern. Hier genau verläuft nämlich die Grenze zwischen Politischer Bildung und Indoktrination. Eine solche Zielsetzung schließt in sehr starkem Indoktrination aber ist unvereinbar mit der Rolle des Maße die Betonung operationaler Fähigkeiten ein, Lehrers/der Lehrerin in einer demokratischen Gesell- was eine logische Konsequenz aus den beiden schaft und der, rundum akzeptierten Zielvorstellung vorgenannten Prinzipien ist. Der in diesem Zusam- von der Mündigkeit des Schülers/der Schülerin. menhang gelegentlich - etwa gegen Herman Gies- ecke und Rolf Schmiederer - erhobene Vorwurf einer 2. Was in Wissenschaft und Politik kontrovers ist, „Rückkehr zur Formalität“, um die eigenen Inhalte muss auch im Unterricht kontrovers erscheinen. nicht korrigieren zu müssen, trifft insofern nicht, als es hier nicht um die Suche nach einem Maximal-, Diese Forderung ist mit der vorgenannten auf das sondern nach einem Minimalkonsens geht. engste verknüpft, denn wenn unterschiedliche Stand- punkte unter den Tisch fallen, Optionen unterschla- Quelle: https://www.lpb-bw.de/beutelsbacher-konsens/ gen werden, Alternativen unerörtert bleiben, ist der Weg zur Indoktrination beschritten. Zu fragen ist, 4. Anmerkung. ob der Lehrer/die Lehrerin nicht sogar eine Korrek- turfunktion haben sollte, d. h. ob er/sie nicht solche Politische Bildung in Deutschland ist der Demokratie, Standpunkte und Alternativen besonders heraus- den allgemeinen Menschenrechten und den Grund- arbeiten muss, die den Schülern und Schülerinnen sätzen von Würde und Gleichheit verpflichtet. Schule (und anderen Teilnehmenden politischer Bildungs- muss pluralistische und menschenrechtsorientierte veranstaltungen) von ihrer jeweiligen politischen und Werte und Haltungen vermitteln, dabei aber nicht sozialen Herkunft her fremd sind. unpolitisch sein. Wird der Beutelsbacher Konsens als Bei der Konstatierung dieses zweiten Grundprinzips Neutralitätsgebot missverstanden, könnten wichtige wird deutlich, warum der persönliche Standpunkt des gesellschaftliche Fragen oder aktuelle Ereignisse, wie Lehrers/der Lehrerin, seine wissenschaftstheoretische beispielsweise Forderungen von Abgeordneten, mit Herkunft und seine politische Meinung verhältnismä- Schusswaffen gegen Flüchtlinge vorzugehen, in der ßig uninteressant werden. Um ein bereits genanntes Schule nicht thematisiert werden. Beispiel erneut aufzugreifen: Sein/Ihr Demokratie- verständnis stellt kein Problem dar, denn auch die entgegenstehenden anderen Ansichten kommen ja zum Zuge. 8
Kapitel 1 – Die Globale Erwärmung verstehen Der Klimawandel gilt als sogenanntes Wicked Pro- blem, ein Problem, das aufgrund unvollständiger, widersprüchlicher und sich stetig ändernder Anfor- derungen, die dazu noch schwer zu erkennen oder zu verstehen sind, nur schwer oder gar nicht lösbar ist. Im ersten Teil dieses Formates soll ein Verständnis für die Komplexität und die Größenordnungen des Problems, die verschiedenen miteinander verwo- benen Systeme und die grundlegenden Ursache- Wirkungs-Beziehungen gewonnen werden. Heute ist klar: Wir verstehen das Problem sehr gut und wissen auch, was zu tun ist. Aufgabe Gruppenarbeit Jede Gruppe beschäftigt sich mit einem Unterpunkt dieses Kapitels. Ziel ist, das jeweilige Thema zu verstehen, um es den anderen Gruppen später zu präsentieren. Nehmt euch ausreichend Zeit, klärt zu- nächst alle Verständnisfragen und findet heraus, wer bereits Vorwissen zum Thema hat. Bringt euch auf einen gemeinsamen Wissensstand und bereitet das Thema verständlich auf. Für die abschließende Prä- sentation könnt ihr verschiedene Methoden nutzen. Zum Beispiel: Präsentation via Beamer / Projektor, Vortrag, Diskus- sion, Flipcharts, Zeichnungen, Quiz, etc. ... Seid kreativ und stellt sicher, dass ihr euer Wissen möglichst verständlich an die anderen Teilnehmen- den weitergebt. Hinweis: Ziel ist nicht, die gegebenen Materialien zu präsentieren, sondern eine eigene Darstellung zu entwickeln. Anschließend beantwortet ihr die Fragen der Teilneh- menden oder leitet eine Diskussion zum Thema. A4: „Regenwald“ in Brasilien, 2014. CC BY-ND 4.0. Peer-Leader-International (PLI). 9
1.1 Der Treibhauseffekt Der erste Hauptsatz der Thermodynamik besagt: Damit etwas wärmer wird, muss Energie zugeführt werden. Ein PKW benötigt Kraftstoff, der durch Verbrennung im Motor in mechanische Energie umgewandelt wird. Ein Backofen benötigt Strom, um elektrische Energie in Wärmeenergie umzuwandeln. Der menschliche Körper benötigt Nahrung, um seine Temperatur aufrecht zu erhalten. Wie diese Beispiele ist auch die Erde ein thermodynamisches System, das Energie aufnimmt und abgibt. Ein Ofen wird wärmer, wenn wir ihm mehr elektrischen Strom zuführen und ein Motor gewinnt an Leistung, wenn mehr Kraftstoff in die Brennräume gelangt. Wenn die Erde sich er- wärmt, kann die dazu notwendige Energie nur durch eine Veränderung der Strahlungsbilanz zu Stande kommen. Von der Sonne empfangen wir 342 Watt pro Quadratmeter Erdoberfläche, 107 Watt werden davon zurückgespiegelt, die restlichen 235 Watt wer- den bei stabilem Klima durch die Abstrahlung von Wärme ausgeglichen. Naheliegend ist ein größerer Einfall von Sonnen- licht, zum Beispiel durch verstärkte Sonnenaktivität oder Abweichungen in der Erdbahn. Beides wurde akribisch untersucht und längst ausgeschlossen. Seit einiger Zeit nimmt die Sonnenstrahlung sogar ab! Könnte die Helligkeit der Erdoberfläche abgenom- men haben, sodass weniger Sonnenlicht reflektiert wird? Nein. Der Mensch hat die Erde durch Ackerbau und Abholzung sogar heller gemacht. Hier ist die Ursache also auch nicht zu finden. Der Klimawandel selbst verdunkelt den Planeten jedoch zusätzlich durch die Eisschmelze und beschleunigt sich so selbst. Die Ursache der Erwärmung muss also auf die A5: Die Energiebilanz der Erde. Nach Kiehl und Trenberth (2009). Gemeinfrei. Abstrahlung von Wärme ins Weltall zurückzuführen sein, also auf den Treibhauseffekt. 10
Dieses Phänomen ist heute bestens belegt. Die Ozeane und die Luft, die uns umgibt, erwärmen sich von den Treibhausgasen zur Erde zurückgestrahlte weltweit. Unterschiede gibt es nur in der Geschwin- Wärmemenge ist messbar und entspricht genau den digkeit und der Verteilung der Wärme. Während Vorhersagen der Physik. Die durch die zusätzliche einige Gebiete sich nur sehr wenig erwärmen, ist Menge CO2 entstandene Heizleistung entspricht in anderen Regionen mit umso größerer Hitze zu heute ca. zwei Watt pro Quadratmeter Erdoberfläche. rechnen. Schon vor Ende des Jahrhunderts werden in Durch das Ausstoßen von Treibhausgasen hat der Regionen, in denen heute noch Millionen Menschen Mensch seinen Heimatplaneten quasi mit einer Hei- leben, Temperaturen herrschen, die der menschliche zung ausgestattet. Diese „Heizung“ hat eine Leistung Körper nicht aushalten kann. Auch in den Meeren von ca. einem Petawatt (1.000.000.000.000.000 Watt), verändern sich die Temperaturen und erzeugen das entspricht dem fünfzigfachen unseres weltweiten bereits heute sogenannte Todeszonen. Eine Erwär- Energieverbrauchs oder der Energie, die bei der Ex- mung um beispielsweise zwei Grad heißt nicht, dass plosion von fünf Hiroshima-Atombomben freigesetzt wir jederzeit überall zwei Grad auf die sonst üblichen wird - pro Sekunde. Temperaturen draufschlagen, es heißt, dass sich das gesamte Spektrum in Richtung „heiß“ verschiebt. Alternative Erklärungen wie die Theorie, die Wärme oder das CO2 stamme aus den Meeren, sind auch Verschiedene Gase in unserer Atmosphäre besitzen längst widerlegt, denn auch CO2-Gehalt und Tempe- verschiedene Eigenschaften. Einige von ihnen absor- ratur der Meere steigen weltweit. bieren einen Teil der von der Sonne ausgestrahlten und vom Erdboden reflektierten Infrarotstrahlung Schon im 19. Jahrhundert berechnete der schwedi- und erwärmen so unsere Atmosphäre. Neben dem sche Physiker und Nobelpreisträger Svante Arrhenius A6: Salzburger Volksblatt vom 26.06.1917, Seite 4. © ÖNB. die Erderwärmung, die bei einer Verdopplung der CO2-Konzentration zu erwarten sei. Seit nun fast 60 Der Umgang mit dem Klimawandel ist keine Frage Jahren warnen Forscher vor den Folgen einer Erwär- des Wissens, sondern eine Frage des Handelns. Der mung durch die Nutzung fossiler Brennstoffe. Sogar Klimaforscher Stefan Rahmstorf schrieb in einem der Ölkonzern Exxon warnte in den 1970er-Jahren Gastbeitrag für den Spiegel: vor einer gefährlichen Erwärmung und hat die Erwär- mung dabei sehr genau vorhergesagt. „Wer die Fakten heute noch leugnet, um damit die dringend nötigen Maßnahmen zur Vermeidung einer Inzwischen können wir dank modernster Technik planetaren Katastrophe hinauszuzögern, macht sich die Veränderungen des Erdsystems quasi in Echt- mitschuldig an den Folgen: an stärkeren Tropenstür- zeit beobachten. Die dabei verwendeten Methoden men, Flutkatastrophen, Dürren und Waldbränden – erinnern oft an Science Fiction. Das Schmelzen der und möglicherweise künftigen Hungersnöten.“ großen Eisschilde kann beispielsweise durch Satelli- ten anhand von Veränderungen im Gravitationsfeld Die Frage, wo es eigentlich wärmer wird, ist einfach der Erde gemessen werden. zu beantworten: Überall. Die Wassermassen der A7: Handlungsspielräume. AR5 WGII SPM.9. © IPCC. 11
nimmt beschleunigt zu! Wenn wir alle uns bekannten fossilen Brennstoffe verbrennen, führt dies zu einer CO2-Konzentration von 0,16%! Gerne wird die Sug- gestionskraft dieser kleinen Zahlen benutzt um den Klimawandel in Frage zu stellen („0,04% ist so wenig, das kann gar keinen Effekt haben!“), oder um den Beitrag einzelner Verursacher zu relativieren (40% von 2% von 0,04% -> Der Anteil deutscher PKW am Klimawandel ist winzig!“). Diese einfallslosen Ma- nipulationsstrategien sind aber mit einfachen Ana- logien zu entkräften. Der menschliche Organismus verträgt große Mengen Wasser oder Zucker, bei der Zufuhr von Alkohol in das Ökosystem Mensch sollte man jedoch vorsichtig sein. Ratten oder Schlangen- gift kann unser eigenes „Klima“ bereits bei geringen Mengen kollabieren lassen und das Gift der Pater- nosterbohne wirkt bereits bei weniger als einem Milliardstel unseres Körpergewichts tödlich. Um die Wirkung anderer Treibhausgase, wie z.B. Methan, vergleichbar zu machen, werden sie in die Einheit CO2e umgerechnet, Lachgas hat eine 300-, Methan eine 28-mal größere Wirkung als CO2. Die Konzentration der Treibhausgase bestimmt, wie viel der Sonnenstrahlung in Wärme umgewandelt wird und somit die Temperaturen auf unserem Planeten. Die absorbierte Sonnenstrahlung sorgt dafür, dass die mittlere Lufttemperatur auf unserer Erde +15°C beträgt. Würde die Atmosphäre keine Strahlung ab- A8: Atmospheric CO2 Concentration. CC BY 4.0. Our World in Data. sorbieren, würde die Temperatur nur -18°C betragen. Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen konnten Kohlenstoffdioxid (CO2), das als Hauptverursacher während große Moleküle wie Fluorchlorkohlenwas- durch die Analyse von Eisbohrkernen nachweisen, der globalen Erwärmung bekannt ist, gehören auch serstoffe (FCKW) eine zehntausendmal so große dass die CO2-Konzentration in den letzten drei Milli- Wasserdampf, Methan und Lachgas zu den Treib- Treibhauswirkung haben wie CO2. Obwohl der onen Jahren noch nie so hoch war wie heute. Beson- hausgasen. Zweiatomige Gase wie Sauerstoff und CO2-Anteil in der Atmosphäre nur 0,04% beträgt, ders besorgniserregend ist die Geschwindigkeit des Stickstoff sind für die Wärmestrahlung „transpa- ist es das wichtigste Treibhausgas. Vor dem indust- Anstiegs: rent“ und tragen so nicht zum Treibhauseffekt bei, riellen Zeitalter lag der Anteil nur bei 0,028% und er 12
A9: Atmospheric CO2 Concentration II. CC BY 4.0. Our World in Data. 13
A10: Geschichte der Klimaforschung. © Deutsche Klima Konsortium. Der Treibhauseffekt (Universität zu Köln) https://www.youtube.com/watch?v=fZKMAGB9o3M Do Greenhouse Gases Actually Work? (MinuteEarth) https://www.youtube.com/watch?v=sTvqIijqvTg 14
1.2 Kohlenstoff Die Grundlage allen Lebens auf unserem Planeten vervielfachten so ihre Effizienz. Der Ertrag pro Kopf Die Entdeckung der Steinkohle stellte die Weichen ist Kohlenstoff, ein Element, das uns in vielen un- stieg und die gewonnene Zeit konnte nun genutzt in Richtung Industrialisierung. Die Erzeugung von terschiedlichen Formen bekannt ist. Als Ruß fegen werden, um sich Gedanken über weitere Verwen- Dampf und elektrischem Strom aus Kohle be- wir ihn aus dem Kamin, als Kraftstoff transportiert er dungszwecke von Nutztieren zu machen. Ochsen, schleunigte den Abbau und die dafür verfügbaren unsere Waren über die Ozeane, als Diamant dient Esel, Pferde und Elefanten trieben nicht nur Furchen Technologien rasant. Mit dem verfügbaren Strom er als Schmuck, Schneidwerkzeug oder High-Tech- in den Acker, sondern transportierten Menschen, konnten gewaltige Pumpen betrieben werden, die Werkstoff. Kohlenstoff ist ein elementarer Baustein drehten Mühlsteine und zogen irgendwann Kanonen das Grundwasser aus Kohleschächten abpumpte. unserer Nahrung und sogar unsere Körper bestehen in die Schlacht. Die Geschichte des Menschen ist Dampflokomotiven konnten große Mengen Kohle zu fast einem Drittel aus Kohlenstoff. Diesem faszi- auch die Geschichte der Nutzung von Energie. schnell transportieren. Durch die Verbrennung der nierenden Stoff verdanken wir nicht nur das Leben Kohle stiegen die Kapazitäten der Stahlproduktion an auf der Erde und den Wohlstand durch die industriel- Diese Geschichte ist aber nicht nur eine Geschichte – auch ein militärischer Vorteil. le Revolution, sondern auch viele bewaffnete Konflik- des steigenden Wohlstands, sondern auch von Skla- te und die globale Erwärmung. verei und Kriegen. Die Aneignung von Energiequel- Zwei Weltkriege später hatte die günstigere Braun- len und Lebewesen oder Maschinen zur Umwand- kohle die Steinkohle abgelöst. Braunkohlekraftwerke So wie der Mensch Energie benötigt, um seine lung von Energie in Arbeit beginnt bereits bei den gelten heute als Hauptverursacher der Klimakrise. Körpertemperatur aufrecht zu erhalten, benötigen Pyramiden. Nur ein großes Sklavenheer konnte durch Mit steigendem Wohlstand steigt auch die Nachfrage Gesellschaften Energie, um ihren Wohlstand erwirt- ausreichend Nahrung solche Bauwerke errichten. nach Energie und die große Verfügbarkeit von güns- schaften zu können. Energie ist vereinfacht gesagt Weder Ochsen noch Schimpansen wären in der Lage tiger Energie führt zu Wohlstand. Viele unserer heu- die Fähigkeit, mechanische Arbeit zu verrichten, gewesen Steine zu formen und geometrische Regeln tigen Konsumgüter benötigen elektrischen Strom. Wärme abzugeben oder Licht auszustrahlen. Die im bei der Konstruktion zu beachten. Auch die Energie Smartphones, Computer, Kühlschränke, Klimaanla- Kraftstoff gebundene chemische Energie ermög- für das Pflücken von Baumwolle im Süden der USA gen, Video-Streaming und Cloud-Computing sind licht den Vortrieb eines Autos, die Energie, die einen oder den Vortrieb der römischen Galeeren wurde heute nicht mehr wegzudenken und das Zeitalter der Fallschirmspringer auf seinem Sprung nach unten von Sklaven bereitgestellt. Erst als die Sklaven knapp Digitalisierung verspricht weitere Anwendungsmög- beschleunigt, nennt man potenzielle Energie und die und zu teuer wurden, nutze man gegen Ende des lichkeiten und somit steigenden Energiebedarf. Geht Energie, die ein Atomkraftwerk zur Verfügung stellt, römischen Reiches verstärkt Wasserräder als Energie- man davon aus, dass ein Mensch dauerhaft 80 Watt um dein Smartphone aufzuladen, hat zuvor Atom- quellen. leisten kann, konsumiert ein US-Amerikaner durch- kerne zusammengehalten. schnittlich seine 80-fache Leistungsfähigkeit. Ein Man vermutet, dass der Übergang zur Sesshaftig- PKW auf der Autobahn benötigt mehr als eintausend Vor langer Zeit mussten die Menschen viel Energie keit die Hälfte des Waldes auf der Erde zerstört „Energiesklaven“. aufwenden, um ihre Beute zu erlegen und Nah- haben könnte. Wenn Zivilisationen ihren Höhepunkt rungsmittel zu sammeln. Diese Energie konnten sie erreicht haben, erlebte der Wald seinen Niedergang. Seit Beginn des 20. Jahrhunderts ist Erdöl unser wich- nur durch ihre Nahrung aufnehmen. Als der Mensch Man fällte Bäume um Hütten, Boote und Brücken zu tigster Rohstoff und liefert uns Benzin, Diesel, Heizöl, sesshaft wurde und mit seinen eigenen Händen bauen, um sie als Brennholz zu verheizen und um Kerosin, Kunststoffe, Medikamente und viele weitere Ackerbau betrieb, lernte er, diese Energie effizienter Ackerfläche zu gewinnen. Die Tragik der Allmende, Betriebsstoffe des globalisierten Kapitalismus. Damit einzusetzen. Mit der Erfindung des Pfluges machte die Einsicht, dass Nachhaltigkeit notwendig war, um das so bleibt, subventionieren die mächtigsten Staa- man sich die größeren Energiespeicher und Leistun- das eigene Überleben zu sichern, kam sehr spät. ten die Erkundung neuer Ölquellen mit 71 Milliarden gen von Tieren zu nutze. Jungsteinzeitliche Kulturen US-Dollar jährlich. Man sollte meinen, dass große 15
Erdölvorkommen Staaten zu großem Wohlstand Fossile Brennstoffe sind Teil des Kohlenstoffzyklus Erdgas und Erdöl bekannt sind. Diese Stoffe waren verhelfen. Richtig ist, dass das Wirtschaftswachs- der Erde. Im Laufe von Millionen Jahren bildeten sich Millionen von Jahren in der Erdkruste gebunden tum in der Regel geringer ist als in rohstoffarmen aus verschiedenen organischen Verbindungen, wie nicht Teil der Atmosphäre. Überall im Ökosystem ist Ländern. Der „Ressourcenfluch“ bringt den betrof- z.B. Algen und anderer Biomasse, durch geologische Kohlenstoff gebunden. Die größte Kohlenstoffsenke fenen Ländern politische Instabilität, Korruption, ein Prozesse unter hohem Druck und hohen Tempera- ist das Meer. Auch ein großer Teil des vom Menschen niedriges Bildungsniveau und eine hohe Wahrschein- turen, gasförmige, flüssige und feste Kohlenstoff- zusätzlich eingebrachten CO2 kann noch vom Meer lichkeit bewaffneter Konflikte. Auch die massiven wasserstoffverbindungen, die uns heute als Kohle, aufgenommen werden, was aber die Versauerung Umweltschäden finden nicht auf dem Territorium der Profiteure statt. Der Preis der gehandelten fossilen Rohstoffe ist kein echter „Marktpreis“. Staaten subventionieren Fossile Rohstoffe direkt durch Steuervergünstigungen für Stromintensive Betriebe, Förderungen der Kohle- industrie oder der Verzicht auf eine Kerosinsteuer. Schwindelerregend sind jedoch die Summen der indirekten Subventionen. Eine Studie des internatio- nalen Währungsfonds beziffert sie jährlich auf 5.300 Milliarden US-Dollar weltweit. 5.300.000.000.000$. Die indirekten Subventionen sind die Schäden, die durch die Verbrennung fossiler Brennstoffe entste- hen. Durch eine Tonne CO2 entsteht ein Schaden von 134€, der nicht eingepreist ist. Auch hier ist wieder die Frage, wem diese Subventionen zu Gute kommen und wer den Schaden trägt. Bei der Verbrennung fossiler Rohstoffe verbindet sich der Kohlenstoff C mit Sauerstoff O zu CO2 und gelangt in die Atmosphäre. Oft hört man die Sor- ge, dass fossile Rohstoffe wie Erdöl oder Kohle bald verbraucht sein könnten. Möchte man die Erder- wärmung auf ein sicheres Maß begrenzen, falls dies überhaupt noch möglich sein sollte, geht man davon aus, dass weniger als 500 Gigatonnen CO2 in die Atmosphäre gelangen dürfen. Die heute bekannten globalen Reserven fossiler Brennstoffe haben jedoch A11: Kohlenstoffbudget. CC0. Selbst erstellte Grafik nach den Daten der Carbon Tracker Initiative 2013 / PIK Potsdam Institut für Klima- das Potential für etwa 3000 Gigatonnen. folgenforschung. 16
der Meere zur Folge hat und beispielsweise die ist aus dem Kohlenstoff des natürlichen Kreislaufes Korallenriffe und das Phytoplankton sterben lässt. entstanden. Einzig das Verbrennen fossiler Rohstoffe Hinweis: Das Themas „Kohlenstoff“ ist sehr Phytoplankton ist nicht nur ein wichtiger Bestandteil bringt das feinabgestimmte Gleichgewicht des heuti- komplex, deshalb bietet sich eine grafische der maritimen Nahrungskette, sondern auch für den gen Erdsystems durcheinander. Vereinfachung zur Präsentation an. Beispiels- Großteil des für uns lebenswichtigen Sauerstoffs weise könnte ein Brainstorming an der Tafel in der Atmosphäre verantwortlich. Wissenschaftler eine gute Struktur sein, die ihr gemeinsam mit gehen von 50 – 80% aus. Durch die Versauerung und What if we burned all the fossil fuels? der Gruppe entwickelt, während ihr Anekdo- Erwärmung der Meere ist die Menge des Phyto- https://www.youtube.com/watch?v=fxJc2csvpLY ten aus dem Text vermittelt oder Fragen stellt. planktons seit den 1950er-Jahren bereits um 40% Kohlenstoffkreislauf Wie könnt ihr Brücken bauen, um die Zukunft https://www.youtube.com/watch?v=x5rBejolS6s zurückgegangen. (Kohlenstoffblase) mit der Geschichte (Ener- giesklaven) zu verbinden? Wissen die Teilneh- Eine weitere Kohlenstoffsenke ist der Wald. Der menden selbst, welche Rolle der Kohlenstoff Hauptbestandteil eines Baumes ist Kohlenstoff, bei der Industrialisierung gespielt hat? Halten dieser kommt aus der Luft. Die meisten Menschen die Teilnehmenden Preise für fossile Brennstof- glauben, Pflanzen würden aus dem Boden wachsen, fe für gerecht? … aber das ist nicht ganz richtig. Seine Masse gewinnt der Baum aus dem Kohlendioxid der Luft, mittels Photosynthese „atmet“ er CO2, bindet den Koh- lenstoff und gibt den Sauerstoff in die Atmosphäre ab. Der Baum „baut“ sich also aus Wasser und Luft selbst. Woher nimmt der Baum aber die Kraft, um den Sauerstoff rauszuschmeißen und den Kohlenstoff mit Wasser und Spurenelementen wieder zusam- menzubauen? Der Baum nutzt dazu die Energie der Sonne. Man kann sich die Sonnenstrahlen als den Klebstoff der Einzelteile des Baumes vorstellen. Wird Holz verbrannt, sehen wir quasi den umgekehrten Prozess, die Wärme und das Licht des Feuers sind zuvor gespeicherte Sonnenenergie, die Verbrennung des Kohlenstoffs benötigt Sauerstoff aus der Umge- bungsluft und CO2 wird freigesetzt. Auch wir Menschen und alle anderen Lebewesen sind Teil des Kohlenstoffkreislaufes. Beim Ausatmen wird Kohlendioxid frei, dieser trägt aber nicht zur globalen Erwärmung bei, denn die Nahrung, aus denen unsere Verdauungsorgane CO2 produzieren, A12: Weltweiter Energieverbrauch. CC0. 17
A13: Kohlenstoffkreislauf. Public Domain. 18
1.3 Fakten und Modelle Um abzuschätzen, welche Erwärmung unter welchen schnellen Kohleausstieg und eine globale Mobili- aufgrund einiger Unsicherheiten davon aus, dass die Umständen mit welcher Wahrscheinlichkeit zu erwar- tätswende, oder im schlimmsten Fall einen erhöh- Klimasensitivität zwischen 2°C und 4,5°C bei einer ten ist, arbeitet die Wissenschaft mit hochkomplexen ten CO2-Ausstoß, keine internationale Kooperation Verdopplung des CO2-Gehalts der Atmosphäre liegt. Klimamodellen, die die verschiedenen Klima- und und große Konkurrenz bei der Nutzung der fossilen Was die Klimamodelle heute noch wenig berücksich- Erdsysteme detailliert abbilden. Die Zuverlässig- Ressourcen, annehmen. Aus diesen modellhaften tigen sind die möglichen positiven Rückkopplungen keit dieser Computersimulationen wird geprüft, Szenarien, Socioeconomic Pathways genannt, erge- im Klimasystem. indem man sie mit Klimadaten aus der Vergangen- ben sich die Konzentrationspfade, die den, basie- heit füttert und einen bereits durch Messungen rend auf sozioökonomischen Faktoren ermittelten, bekannten Temperaturverlauf vorhersagen lässt. Treibhausgasausstoß der Menschheit in der Zukunft Die Klimamodelle sagen uns nicht, wie die Zukunft wiederspiegeln. Hieraus lassen sich wiederum die zu aussehen wird, da viele verschiedene Faktoren eine erwartenden Temperaturen ermitteln. Rolle spielen und der Verlauf der Erwärmung von uns Menschen abhängt. Die Forschenden nutzen, als Besondere Bedeutung hat hierbei die sogenannte Grundlage der verschiedenen Szenarien sozioökono- Klimasensitivität, also die Temperaturerhöhung bei mische Modelle, die z.B. eine grüne Zukunft, einen Erhöhung der Treibhausgaskonzentration. Man geht Hinweis: Eure Aufgabe ist die Präsentation der Daten und Fakten zum Klimawandel! Wichtig dabei ist, dass die Darstellungen korrekt interpretiert und vermittelt werden. Präsentiert der Gruppe die wichtigs- ten Grafiken und erklärt sie. Statt die vorgegebenen Grafiken zu nutzen, dürft ihr gerne weiteres Ma- terial sammeln. Achtet dabei auf die Seriosität der Quelle. Ob ihr Diagramme aus den IPCC-Berichten nutzt oder sogar eigene zeichnet, bleibt euch überlassen. Vergesst nicht, die Einheiten zu erklären. Was bedeutet z.B. die Einheit PPM und wie könnt ihr sie verständlich erklären? Worauf es noch ankommt, findet ihr hier: https://www.klimafakten.de/meldung/gute-grafiken-zum-klimawandel-die-anleitung https://www.klimafakten.de/meldung/sechs-tipps-vom-und-fuer-den-ipcc-wie-rede-ich-als-wissenschaftler-ueber-den-klima- wandel https://www.klimafakten.de/meldung/der-weltklimabericht-auf-60-mal-80-zentimetern https://www.klimafakten.de/fakten-kommunizieren/so-gehts/best-practice Sprecht im Anschluss über die Vermittlung von Informationen allgemein. Was haben die Teilnehmen- den verstanden und was nicht? Welche Grafiken waren hilfreich, welche nicht? Wurden alle Einheiten verstanden und ist man sich der Bedeutung der Fakten, Daten und Diagramme bewusst? Was habt ihr selbst dabei gelernt? Falls ihr eigenes Material erstellt habt, nutzt es doch als Poster für den Klassen- A14: Ein Diagramm der geologischen Zeitskala. Public Domain. raum? Oder lassen sich Mitschüler/Mitschülerinnen motivieren, solche Grafiken zu erstellen? 19
A15: Proxy based temperature reconstruction. © NASA. Die Darstellung zeigt den Verlauf der mittleren Temperatur der Erde der letzten 1000 Jahre. Seit Millionen von Jahren gab es keinen so schnellen Temperaturanstieg. 20
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