Schulblatt 5/2017 Film ab! - Filmbildung - bewegte Bilder lesen lernen - Edudoc CH
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Kanton Zürich Schulblatt Bildungsdirektion 5/2017 Film ab! Filmbildung – bewegte Bilder lesen lernen Generationenkonflikte Schülerinnen und Schüler entwickeln Strategien Vermittlerrolle Der oberste Schulkommissionspräsident Starthilfe Grüne Branche profitierte vom Berufsbildungsfonds
6 10 Magazin Fokus: Volksschule Film ab! 4 22 Kommentar 12 Generationenkonflikt Bildungsdirektorin Silvia Hinter der Kamera Eine 6. Klasse übt Steiner sieht die Immersion Ein Klassenlager der den entspannten Umgang als Erfolgsmodell besonderen Art mit den Eltern 5 16 24 Lehrerzimmer Im Gespräch Stafette Allgemeine Berufsschule André Grieder von «Kino- An der Schule Schmittenwies Zürich kultur in der Schule» über in Niederweningen baut den Sinn von Filmbildung man auf die «Sek 2015» 6 Persönlich 20 27 Gabriela Kohler macht Filmlesung In Kürze sich für die Rolle der Eltern Auf der Suche nach der in der Schule stark Botschaft hinter den Bildern 9 Meine Schulzeit Marc Sway, Musiker Schulblatt Kanton Zürich 5/2017 Inhalt Wichtige Adressen Impressum Nr. 5/2017, 25.8.2017 Bildungsdirektion: www.bi.zh.ch Generalsekretariat: 043 259 23 09 Herausgeberin: Bildungsdirektion Kanton Zürich, Walcheplatz 2, 8090 Zürich Erscheinungs Bildungsplanung: 043 259 53 50 Bildungsstatistik: www.bista.zh.ch weise: sechsmal jährlich, 132. Jahrgang, Auflage: 19 000 Ex. Redaktion: Redaktionsleiter Volksschulamt: www.vsa.zh.ch, 043 259 22 51 Mittelschul- und reto.heinzel@bi.zh.ch, 043 259 23 05; Redaktorin jacqueline.olivier@bi.zh.ch, 043 259 23 07; Berufsbildungsamt: www.mba.zh.ch, 043 259 78 51 Amt für Jugend Sekretariat schulblatt@bi.zh.ch, 043 259 23 14 Journalistische Mitarbeit an dieser und Berufsberatung: www.ajb.zh.ch, 043 259 96 01 Lehrmittel Ausgabe: Walter Aeschimann, Bettina Büsser, Andreas Minder, Luzia Schmid, Charlotte verlag Zürich: www.lmvz.ch, 044 465 85 85 Fachstelle für Schulbe Spindler. Abonnement: Lehrpersonen einer öffentlichen Schule im Kanton Zürich können urteilung: www.fsb.zh.ch, 043 259 79 00 Bildungsratsbeschlüsse: das Schulblatt in ihrem Schulhaus gratis beziehen (Bestellwunsch an Schulleitung). www.bi.zh.ch > Bildungsrat > Beschlussarchiv Regierungsratsbe Bestellung des Schulblatts an Privat adresse sowie Abonne ment weiterer Interessierter: schlüsse: www.rrb.zh.ch abonnemente@staempfli.com, 031 300 62 52 (Fr. 40.– pro Jahr) Online: www.schulblatt.zh.ch Gestaltung: www.bueroz.ch Druck: www.staempfli.com Inserate: inserate@staempfli.com, 031 767 83 30 Re daktions- und Inserateschluss nächste Aus gabe: 21.9.2017 Titelbild: Dieter Seeger Das nächste Schulblatt erscheint am: 27.10.2017 2
28 36 Mittelschule Berufsbildung 41 Amtliches 28 34 Schulkommissionen Berufsbildungsfonds 57 Gespräch mit Thomas Fausch, Lehrbetriebsverbünde Weiterbildung Präsident der Präsidenten- erhalten Starthilfe Kurs für Fachbegleiter konferenz wurde angepasst 36 30 Berufslehre heute Kurse und Module Arbeitsort Mittelschule Zahntechnikerin EFZ Der Küchenchef backt 68 sogar die Brownies selbst 39 schule&kultur In Kürze 33 70 In Kürze Agenda Editorial Einen eigenen Film zu drehen, ist zum Kinderspiel geworden. Man zückt einfach Schulblatt Kanton Zürich 5/2017 Inhalt das Handy und legt los. Unmittelbar nach der Aufnahme lässt sich das Ergebnis mit der virtuellen Welt teilen. Dank Internet und Smartphone sind wir täglich Reto Heinzel mit einer wahren Flut an bewegten Bildern konfrontiert – professionellen und amateurhaften. Angesichts der vielen Tricks zur Bildmanipulation ist es mit- unter fast unmöglich geworden, Reales von Fiktivem zu unterscheiden. Hier sind Medienkompetenz und Kunstwissen gefragt: Wer weiss, wie Filme gemacht und welche Stilmittel eingesetzt werden, um bestimmte Stimmungen hervor- zurufen, wer gelernt hat, Filme zu «lesen», schärft auch den kritischen Blick. Unter dem Titel «Film ab!» haben wir uns dem Thema von verschiedenen Seiten genähert. Wir möchten zeigen, wie wertvoll Filmbildung für Schulen sein kann. Vor allem bietet sie die Möglichkeit, Kinder und Jugendliche auf spielerische Weise auf die medialen Herausforderungen der Welt vorzubereiten. Wir wünschen anregende Lektüre! 3 Die Redaktion freut sich über Reaktionen auf das Schulblatt: reto.heinzel@bi.zh.ch, jacqueline.olivier@bi.zh.ch
Immersionsunterricht und Englisch habe ich erst nach der Zweisprachigkeit Schulzeit durch Sprachaufenthalte vertieft und praxisorientiert lernen können. Die heutigen Angebote der Mittelschulen fin- macht Schule de ich sehr wertvoll. Dass die Schülerin- nen und Schüler der KZU in der 5. Klasse von August bis Weihnachten nach Eng- land reisen und dort die Schule besuchen, von Silvia Steiner, Bildungsdirektorin freut mich besonders. Das ist ein grosser Schritt für die 17-Jährigen. Viele von ihnen sind das erste Mal über einen län- geren Zeitraum von zu Hause weg, was einen Reifungsprozess ermöglicht, der im Soeben sind wir ins neue Schuljahr üblichen Schulrahmen kaum möglich gestartet. Das ist jedes Mal ein Grund zur wäre. Diesen Frühling besuchte überdies Freude, sorgt aber auch für etwas Herz- erstmals eine Gruppe aus Manchester die klopfen – gerade bei jenen Lehrerinnen KZU. Ich bin überzeugt, dass beide Seiten und Lehrern, die neue Klassen überneh- vom Eintauchen in eine andere Sprache men, oder bei Schülerinnen und Schülern, und Kultur viel profitieren können. die in ein neues Schulhaus oder in eine Natürlich gibt es für die Zürcher neue Klasse kommen. Dieses Jahr durfte Schülerinnen und Schüler auch die ich am ersten Schultag bei der Kantons- Möglichkeit des Austausches mit der fran- schule Zürcher Unterland (KZU) «live» zösischen Sprache und Kultur. An den «Die Immersion dabei sein. Es war spannend, die Klasse 3c Kantonsschulen Zürich Nord und Freuden- an ihrem ersten Schultag zu begleiten. Vor berg können Französisch-Immersions- allem, da es sich dabei um eine Immer sionsklasse handelt. Immersion bedeutet, an den Zürcher lehrgänge belegt werden. Als Präsidentin der Schweizerischen Konferenz der kan- dass gewisse Fächer in einer Fremd Gymnasien tonalen Erziehungsdirektoren freue ich sprache unterrichtet werden. Die Klasse 3c absolviert beispielsweise Geschichte, ist eine Erfolgs mich über diesen wichtigen Beitrag mei- nes Kantons zum sprachlichen, kulturel- Mathematik und Biologie auf Englisch. Die Immersion an den Zürcher Gym- geschichte.» len und persönlichen Austausch zwischen Jugendlichen der Romandie und der nasien ist jung – und sie ist eine Erfolgs- Deutschschweiz. Sogar der französische geschichte. In der Pilotphase von 2001 bis Staat ist auf diese Initiative aufmerksam 2009 waren 13 Mittelschulen beteiligt. Baccalaureate erworben werden. Eine geworden: Auf Vorschlag der französi- Heute bieten 18 Gymnasien eine zwei- Besonderheit ist auch die Italienisch- schen Botschaft in Bern wird der Kan- sprachige Maturität in Englisch, Franzö- Immersion am Liceo Artistico – ein Ange- tonsschule Freudenberg das Qualitäts sisch oder Italienisch an. Am Literargym- bot, das auf einem Staatsvertrag zwischen label «LabelFrancÉducation» verliehen. nasium Rämibühl und am Realgymnasium der Schweiz und Italien beruht. In diesem Sinne: Enjoy the language Rämibühl kann zusätzlich zur zweispra- In meiner Gymizeit gab es diese Mög- exchange et bonne réussite pour la nou- chigen Maturität sogar das International lichkeiten leider noch nicht. Französisch velle année scolaire! Schulblatt Kanton Zürich 5/2017 Magazin Mein Traumschulhaus Julia Kurteshi, 8 Jahre, Klasse 3a, Tagesschule Mattenbach, Winterthur 4
Im Lehrerzimmer Allgemeine Berufsschule Zürich Kaffee trinken mit Blick auf Limmat und Sihl Fotos: Marion Nitsch Schulblatt Kanton Zürich 5/2017 Magazin Alte Mauern und neues Mobiliar: harmonieren bestens im denkmalgeschützten Bau von 1933. Als Vorzeigemodell: für das «Neue Bauen» im Kanton Zürich präsentiert sich das Gebäude nach aufwendigen Restaurationsarbeiten wieder weitgehend im Originalzustand. Unter einem Dach: befindet sich hier seit Anfang Jahr die Allgemeine Berufsschule Zürich (ABZ), die zuvor auf vier Standorte verteilt war. Spektakulär: ist die Aussicht auf Zusammenfluss von Sihl und Limmat und auf den Zürichberg aus der Fensterfront des Lehrer- zimmers im fünften (und obersten) Stockwerk. An den Bartischen am Fenster: treffen sich vor allem die «Köche», welche die grösste Berufsgruppe an der ABZ vertreten. Zwei Schulküchen: mit modernsten Geräten wurden beim Umbau im Untergeschoss eingerichtet. Hausgebacken: sind denn auch die Cantuccini, die von Lernenden für den Tag der offenen Tür vor drei Tagen hergestellt wurden und deren «Überproduktion» nun die Pause der Lehrerinnen und Lehrer versüsst. Problematisch: sei der Hall in den hohen, grosszügigen, aber kaum gedämmten Räumen, sagt Prorektor Romeo Scheidegger, man suche im Moment nach Lösungen. Auf dem neusten Stand: ist dafür die ICT-Ausstattung, die darauf ausgerichtet ist, in absehbarer Zeit auf «Bring your own device» umzustellen. [jo] 5
Persönlich Zusammenarbeit zwischen Schule und Pionierin der Eltern verbessert.» Angefangen hatte alles mit dem neuen Volksschulgesetz 2005. Seither ist die ersten Stunde Elternmitwirkung gesetzlich verankert. Eltern haben ein Recht auf eine Mitwir- kung, die über die individuelle Kooperati- on in Sachen eigenes Kind hinausgeht. Gabriela Kohler stellt seit gut «Das Gesetz sagt aber auch, was man nicht darf», betont Kohler. So steht etwa 13 Jahren einen grossen Teil ihrer freien darin, dass man bei personellen und Zeit in den Dienst der Eltern. Sie ist didaktischen Entscheiden nicht mitreden darf. Festgeschrieben ist im Gesetz hinge- Präsidentin des Dachverbandes für die gen ein sogenanntes Anhörungsrecht am Schulprogramm. «An vielen Schulen wird Elternräte (KEO). das aber leider noch nicht praktiziert», sagt die KEO-Präsidentin. Text: Luzia Schmid Foto: Stephan Rappo Oft mangelt es den Eltern auch an In- formationen. Als Beispiele nennt sie The- men wie das altersdurchmischte Lernen oder den Lehrplan 21. «Es ist wichtig, dass die Eltern wissen, wo die Schule steht, die ihr Kind besucht.» Der Lehrplan 21 bein- haltet komplexe Themen wie das kompe- tenzorientierte Lernen oder neue Fächer wie Medien und Informatik. «Eltern ha- ben ein Recht zu erfahren, wie sich ihre Schule darauf vorbereitet.» Kohler appel- liert damit sowohl an die Elternräte als Kinder und deren schulischer Weg inter- Schulen wüssten gar nicht, wie gross die auch an die Schulleitungen. «Heute laufen essieren Gabriela Kohler schon ein halbes Palette der Möglichkeiten der Elternmit- die Aktivitäten vieler Elternräte parallel zu Leben lang. Mit 42 Jahren wurde die drei- wirkung sei und dass es für sie auch Vor- jenen der Schule – statt miteinander koordi- fache Mutter bereits Grossmutter. Ihr teile brächte, wenn sie Mitglied wären. niert.» Damit die Elternmitwirkung ge- 9-jähriger Enkel sorgt dafür, dass sie auch winnbringend für die Schule sei, müsse der heute noch nah am schulischen Alltag ist. Zunächst wenige Interessenten Elternrat die Planung seiner Aktivitäten «Kinder haben mich nie losgelassen», sagt Als der Dachverband 2012 gegründet auf die Schule ausrichten. «Und Schullei- sie. Ursprünglich lernte die heute 51-Jäh- wurde, war Kohler als eine Art Pionierin tungen sollten die Elternräte beiziehen, rige Dentalassistentin, verlor dann nach der ersten Stunde dabei – und wurde an wenn es um aktuelle Themen wie Gewalt der Kinderpause aber den Anschluss an die Spitze der Organisation gewählt. Sie auf dem Schulhausplatz geht.» den Beruf. Nach ein paar Jahren Arbeit in hatte damals bereits mehrere Jahre Er- einem Büro in der Baubranche holte die fahrung in diesem Bereich gesammelt, Ein junges Kind alleinerziehende Mutter von zwei puber- hatte beim Aufbau eines Elternrates an So ist die KEO-Präsidentin nach zwölf tierenden Kindern die KV-Ausbildung der Sekundarschule ihrer Kinder in Win- Jahren gesetzlich verankerter Elternmit- nach. Seit mehreren Jahren arbeitet sie terthur-Wülflingen mitgewirkt und spä- wirkung denn auch manchmal etwas nun in e inem Holzbaubetrieb, «wo ich viel ter die IG Elternräte der Stadt Winterthur ernüchtert. «Wir sind noch nicht dort, wo Eigenverantwortung habe und grosse initiiert. Zu Beginn seien die Leute noch wir sein wollen», sagt sie. Und etwas Wertschätzung erhalte», wie sie sagt. Das skeptisch gewesen. Als man nach der zugespitzt fügt sie an: Um am Sporttag die sei ihr sehr wichtig. Einführung von geleiteten Schulen Leute Uhr zu drücken oder am Besuchsmorgen für einen Elternrat suchte, hatten sich Kaffee auszuschenken, brauche es keinen Grosse Palette der Mitwirkung wenige Interessierte gemeldet. «Man hatte Elternrat. Trotzdem legt Kohler Wert Die Kantonale Elternmitwirkungsorgani- vielleicht Bedenken, dass es dem eigenen darauf, zu betonen, dass es im ganzen sation (KEO) ist so etwas wie ein weiteres Kind schaden könnte, wenn man sich ein- Kanton auch gute Zusammenarbeitsformen Kind der vor Energie sprühenden Frau. bringt», glaubt Kohler. und erfolgreiche Projekte auf Initiative Schulblatt Kanton Zürich 5/2017 Magazin Die Organisation berät die Elternräte im Ihre eigene Motivation erwuchs unter von Elterngremien gebe. Ebenso sei die Kanton und verleiht den Anliegen der anderem aus persönlichen Erfahrungen Zusammenarbeit mit anderen Verbänden Eltern als Vernehmlassungspartnerin des aus der Schulzeit ihrer Tochter. Die Zu- aus dem Schulbereich und mit der Bil- Volksschulamts politisches Gewicht. Ihre sammenarbeit mit der Schule entsprach dungsdirektion sehr gut. «Wir fühlen uns Mitglieder sind aber nicht direkt die nicht ihrer Vorstellung, die junge Frau wertgeschätzt und auf Augenhöhe.» Elterngremien, sondern die Schulgemein- machte damals immer wieder schlechte Die KEO-Präsidentin hofft deshalb, den. Sie entscheiden über einen Beitritt Erfahrungen bei Gesprächen mit der dass sich die Elternmitwirkung in Zukunft und bezahlen den Mitgliederbeitrag von Schule. «Es wurde uns wenig Verständnis noch besser etablieren wird. So sagt sie 300 Franken jährlich. Jede Schulgemeinde entgegengebracht und die Bereitschaft zu denn auch, dass die Elternmitwirkung stellt dann einen Delegierten, welcher die helfen, war sehr klein», sagt Kohler. Doch immer noch ein junges Kind sei. «Ihre Informationen der KEO an die Elternver- auch bei ihr selbst sei die Unkenntnis Kultur muss sich im Schulalltag noch einigungen weitergibt. «Auf diese Weise der schulischen Belange gross gewesen, entwickeln.» Sie selbst ist immer noch hoffen wir, möglichst viele Eltern zu errei- räumt sie ein. Daraus sei ihr Ansporn dabei, weil es ihr wichtig ist, «dass das chen», sagt Kohler. Von insgesamt 176 entstanden, sich für die Rolle der Eltern Kind auf eigenen Beinen stehen kann. Schulgemeinden im Kanton seien mittler- in der Schule starkzumachen. «Ich w ollte Sonst wäre mein ganzer Einsatz ja um- weile 106 Mitglied bei der KEO. Viele mich dafür einsetzen, dass sich die sonst gewesen.» 6
Schulblatt Kanton Zürich 5/2017 Magazin Wünscht sich eine noch engere Zusammenarbeit zwischen Elternräten und Schulen: Gabriela Kohler, Präsidentin des Dachverbandes KEO. 7
Schulleiterinnen/Schulleiter leiden zu viel und scheitern zu oft Das muss nicht sein! Ein periodischer Erfahrungsaustausch mit anderen Führungspersonen auf Augenhöhe ist Gold wert! Lehre! Zukunft? Unendlich lang ist die Liste der Forderungen und Ansprüche an gute Führungsarbeit. Klagen über Vorgesetzte gehören zum Alltag. Wie kommt das? Viele scheinen es besser zu wissen als die Führenden selbst. Zugleich dienen Schulleiterinnen/Schul eiter oft als Projektionsfläche für die eigene Unzufriedenheit der Mitarbeitenden. Als Folge entsteht bei vielen von ihnen Frustra tion und Wut. Das edle Leiden nimmt seinen Lauf! Was tun? Die eigene Führungsrolle periodisch mit einer erfahre Infoanlass für Lehrpersonen nen Führungsperson diskutieren und reflektieren wirkt Wunder. Nutzen Sie die Gelegenheit, sich zum Thema Berufskunde auf den Ein Austausch, eine Situationsanalyse, ein Gespräch bringt neusten Stand zu bringen. Nehmen Sie an einem der geführten Sicherheit und Souveränität. Rundgänge durch die Berufsmesse Zürich teil und treffen Sie Fach- Ich stehe Ihnen für Gespräche, Situationsanalysen, Erfahrungs personen aus verschiedenen Berufsfeldern. austausch, Vorbereitung von schwierigen Führungsgesprächen und Reflexionen in geschütztem Rahmen zur Verfügung. Das Infoanlass für Lehrpersonen am Montag, 20. November 2017 Verständnis meiner Zusammenarbeit beruht auf Vertrauen und Anmeldung unter www.berufsmessezuerich.ch/infoanlass Offenheit. Messedauer: 21. bis 25. November 2017 | Messe Zürich Otmar Wittensöldner langjähriger erfolgreicher Schulleiter Eidg. Dipl. Betriebsausbildner, Personalentwickler und Marathonläufer Wallrütistrasse 101, 8404 Winterthur Hauptsponsorin Unterstützt durch Veranstalter otmar.wittensoeldner@bluewin.ch +41 79 628 48 65 Lern Coach Center GmbH www.lerncoach.ch, lcc@lerncoach.ch BMZ16_Inserat_Fachpersonen_87x137_4c_lp.indd 1 Kanton Zürich 18.07.17 11:01 Bildungsdirektion Mittelschul- und Berufsbildungsamt Berufsfachschulen und Weiterbildung ZKB Nachhaltigkeitspreis für Berufslernende 2018 Vertiefungsarbeiten des Schuljahres 2017/18 Jetzt informieren und anmelden: nachhaltigkeitspreis.ch Schulblatt Kanton Zürich 5/2017 8 ZK469_Inserat_Schulblatt_178x137_prepress.indd 1 26.07.17 10:06
Wenn Sie an Ihre Schulzeit denken, was Meine Schulzeit «Die Sommer- kommt Ihnen als Erstes in den Sinn? Ferien! Unendlich lange Sommerferien! Aber auch Schulfreundschaften, Lehrer ferien schienen und ein spannender Schulweg. Über alles gesehen fast nur schöne Erinnerungen. Welcher Lehrperson geben Sie unendlich» rückblickend die Note 6 und warum? Arthur Koller, der uns Deutsch und Fran- zösisch beibrachte. Er war der fairste Lehrer meiner Schulzeit. Streng, aber auch einfühlsam und verständnisvoll. Als jun- Fünf Fragen an Marc Sway, Musiker ger Mensch braucht man Richtlinien und klare Grenzen, das hat er uns vermittelt. Das war ganz wichtig, auch wenn mir das erst später so richtig bewusst wurde. Bei mir persönlich erkannte er meine Legasthenie und gleichzeitig mein Kom- leben. Wichtig ist auch, dass Schüler munikationstalent. Dieses hat er intensiv möglichst praxisnah lernen, nicht dass es gefördert. Er hat auf meine Stärken beim Schulabschluss heisst: Sie wissen gesetzt. Damit machte er mir Mut und alles, aber können nichts. stärkte mein Selbstbewusstsein. Warum wären Sie ein guter Inwiefern hat Ihnen die Schule Lehrer – oder eben nicht? geholfen, Musiker zu werden? Ich könnte den Stoff sicher interessant Musik war mit Abstand mein liebstes vermitteln. Das ist ein Teil meines Berufs Fach. Musik und Rhythmus haben ja viele als Musiker und Entertainer. Das liebe Parallelen zur Mathematik, Lesen und ich, und das liegt mir. Hingegen müsste Schreiben brauche ich täglich in mei - ich mich mehr in Geduld üben lernen. nem Beruf. Ich verdiene meinen Lebens- Ich habe grossen Respekt vor dem unterhalt als Musiker, deshalb ist es für Lehrerberuf. Ich wünschte mir aber, dass mich ganz wichtig, Verträge lesen und die Kinder ihre Bezugspersonen in der verstehen zu können, vom Rechnen ganz Schule länger behalten könnten und zu schweigen – all das habe ich in der weniger Lehrerwechseln ausgesetzt wären. Schule gelernt. Ich selber habe in meiner Schulzeit zwar Marc Sway (38) ist eine feste Grösse der Schweizer Musikszene. Die Kindheit Was ist das Wichtigste, was Kinder keine diesbezüglichen Erfahrungen ge- des in Männedorf aufgewachsenen Singer- heute in der Schule lernen sollten, und macht. Jetzt, als Vater zweier Töchter, stelle Songwriters wurde von Melodien und Rhythmen geprägt. Die brasilianische Mutter warum? ich aber fest, dass sich eine Generation impfte ihn mit Samba und Bossa nova, der Lernen zu lernen! Den Kindern bei später einiges verändert hat und Lehrer- Schweizer Vater, Sänger einer Bluesband, steuerte Motown-Rhythmen bei. Mit 23 bringen, wie man lernt, welche Technik wechsel viel eher an der Tagesordnung erhielt er den ersten Plattenvertrag – aus man anwendet. Das erleichtert das Schul- sind als früher. der Berufung wurde ein Beruf. Bildungs-Slang Ruedi Widmer, Cartoonist, interpretiert Begriffe aus Bildung und Schule – diesmal: Lernstandserhebung Schulblatt Kanton Zürich 5/2017 Magazin 9
Fokus Film ab! Literatur, Musik, Theater, bildende Kunst – in der Schule geniessen sie einen hohen Stellenwert. Anders der Film, der als Kunstform immer noch oft unterschätzt wird. Doch Filmbildung sei gerade angesichts der heutigen Bilderflut wichtig, sagt Filmliebhaber und Kulturvermittler André Grieder. Im Gespräch erklärt er, was Filmbildung beinhaltet und bezweckt. Dass man dabei auch viel Spass haben kann, zeigt ein Besuch in der Projektwoche einer Primarschulklasse, die selber Kurzfilme dreht. Bei Lernenden an einer Berufsfachschule wiederum geht es darum, wie man Filme liest. Fotos: Dieter Seeger anlässlich des Besuchs in der Projektwoche der 6. Klasse aus Nänikon Schulblatt Kanton Zürich 5/2017 Fokus 11
Hinter der Kamera lobt dagegen die Filmemacherin. «Ver- Eine Klasse gesst nicht: Wir drehen ja nur einen Film von ein paar Minuten.» Die Autorinnen und Autoren haben im Filmfieber unterdessen fleissig Notizen gemacht. An ihnen liegt es nun, mit Unterstützung von Remo Hegglin die Vorschläge und Anre- gungen in die Geschichte einzubauen und Eine Story entwickeln, Drehbuch schrei- den Drehbüchern bis am Abend den letz- ten Schliff zu geben, denn morgen wird ben, filmen, schneiden, vertonen. Die gedreht. Die Klasse zerstreut sich in alle 6. Klasse aus dem Schulhaus Singvogel in Richtungen. Während Ott am beschatte- ten Seeufer einen kleinen Schauspiel- Nänikon hat während ihres Klassenlagers Workshop für die Darstellerinnen und Darsteller leitet, zieht es die Schreiben- drei Kurzfilme gedreht. Filmprofis unter- den in den angenehm kühlen Keller des stützten die Schülerinnen und Schüler. Ritterhauses. «Es ist wunderbar, wie un- befangen die Schülerinnen und Schüler ans Werk gehen», sagt Hegglin. «Handyfil- Text: Reto Heinzel me machen ja mittlerweile alle, und zwar täglich. Doch jetzt sehen sie, was es alles braucht, damit eine Szene gut wirkt.» Bei der filmischen Umsetzung lässt die Film- kids-Crew der Klasse sehr viele Freihei- Das Ritterhaus Uerikon gleicht an diesem mit dem Smartphone. Kamera- und Ton- ten. «Wichtig ist vor allem, dass am Ende frühen Dienstagnachmittag der perfekten workshops fanden am Vortag statt, ebenso die Kinder selbst mit dem Produkt zufrie- Filmkulisse. Draussen brennt die Som- eine kurze theoretische Einführung in die den sind», sagt Hegglin. mersonne vom Himmel, die säuberlich Filmkunst (Was ist Film? Was braucht es Obwohl die Nachtruhe eher kurz war gemähte Wiese leuchtet in sattem Grün, dazu?) sowie ins Drehbuchschreiben. und die Schülerinnen und Schüler all- der nahe Zürichsee schimmert türkis. Es «Unser Zeitplan ist sehr ambitioniert», mählich etwas erschöpft aussehen, sind lockt der Sprung ins kühle Nass. räumt Filmemacherin Liliane Ott ein. Sie sie mit Begeisterung bei der Sache. Ella, Im Esssaal des altehrwürdigen Ge- und ihr Berufskollege Remo Hegglin, die die als Schauspielerin bisher nicht gefor- bäudes ist die Stimmung aufgeräumt. beide für die Stiftung Filmkids (siehe dert wurde, freut sich riesig auf den 26 Sechstklässlerinnen und -klässler sitzen Kasten) tätig sind, begleiten die Klasse. morgigen Drehtag: «Endlich können wir an den Tischen und warten plaudernd auf Die Filmprofis sind zuversichtlich, dass dann praktisch umsetzen, was wir uns die Kursleiterin. Am Morgen des Vortages bis Lagerschluss alles im Kasten sein vorgenommen haben.» Tim fungiert als sind sie zusammen mit ihrer Klassenleh- wird. «Bis jetzt läuft alles super. Notfalls Drehbuchautor und Regisseur. Auch er rerin Ursina Mettler aus Nänikon ange- helfen wir einfach noch ein klein wenig findet nur lobende Worte. «Mir gefällt es reist. Es sind die letzten gemeinsamen nach», sagt die Künstlerin. hier sehr gut. Toll ist vor allem, dass wir so Tage vor dem Übertritt in die Sekundar- viele Freiheiten haben und wir die eige- stufe oder in die Mittelschule, in zwei «Das war doch super!» nen Ideen umsetzen können. Das macht Wochen beginnen die Sommerferien. Es ist kurz nach 14 Uhr. Erwartungsvoll grossen Spass. Auch wenn mir vom Zum Abschluss erwartet die Schülerinnen blicken die Schülerinnen und Schüler auf Schreiben langsam die Hand schmerzt.» und Schüler noch einmal ein ganz spezi- die Künstlerin. Ott blickt zufrieden in die elles Klassenlager. Während fünf Tagen Runde: «Die Drehbuchautorinnen und Mit Frustration umgehen werden sie drei Kurzfilme von rund fünf -autoren haben heute Morgen richtig hart «Diese Klasse ist sehr selbstständig und Minuten Länge drehen. Weil die Zeit dafür gearbeitet», sagt sie. «Schauen wir doch enorm motiviert», sagt Klassenlehrerin knapp ist, wurden bereits in der Vorwoche mal, ob das, was ihr geschrieben habt, Ursina Mettler. Vor einiger Zeit hätten sie drei Gruppen gebildet und erste inhaltli- auch funktioniert.» Die Kinder stürmen bereits einen kleinen Film-Workshop be- che Ideen entwickelt. Alles andere soll in nach draussen, wo sie sich im Schatten sucht und alle seien begeistert gewesen. und ums Ritterhaus passieren: Drehbuch eines mächtigen Nussbaums versammeln. Auch hätten viele Spass an der Schau- schreiben, filmen, schneiden und verto- «Jetzt geht es darum, die szenischen spielerei. Wieso sich die Lehrerin für eine nen. Wie in der Welt der Profis gibt es Grundgedanken zu optimieren und die Filmwoche entschieden hat? «Bis jetzt Drehbuchautoren, Schauspielerinnen, Ton- verschiedenen Drehbücher zusammen fuhr ich mit meinen Klassen meistens in Schulblatt Kanton Zürich 5/2017 Fokus techniker, Regisseurinnen und die für den durchzugehen», erklärt Ott, die seit Jahren die Berge. Ich wollte einfach mal etwas Schnitt zuständigen Filmeditoren – jede Film-Workshops leitet. Den Anfang ma- anderes, Spezielles machen.» Sie ist über- Schülerin, jeder Schüler hat eine oder chen die Schauspielerinnen und Schau- zeugt, dass die Kinder von der Projekt mehrere spezifische Aufgaben. spieler der ersten Gruppe. Nachdem sie woche viel profitieren können. Hier lernten Bei der Wahl des Inhalts waren die die einzelnen Szenen für den Film «Drei- sie nicht nur einiges über Kameraeinstel- Gruppen frei. Dass die aufkeimenden Ge- ecksbeziehung» der Klasse vorgespielt lungen, den richtigen Blickwinkel oder fühle der Liebe in der 6. Klasse momentan haben, folgt die Feedbackrunde. Dann ist den perfekten Schnitt. Ganz wichtig seien ein zentrales Thema sind, ist offensicht- die nächste Gruppe an der Reihe. Trotz auch die überfachlichen Kompetenzen. lich: Gleich zwei Gruppen haben sich für schwüler Hitze sind die Kinder konzent- «Die Gruppenmitglieder müssen ein ge- eine Liebesgeschichte entschieden. Eine riert und mit Ernst bei der Sache. Sie meinsames Ziel verfolgen und sich mit eher düstere Atmosphäre schwebt den kommentieren, kritisieren, geben Tipps. Respekt begegnen, damit am Ende ein Macherinnen und Machern der dritten «Ich finde, die Szenen haben gut funktio- fertiger Film entsteht.» Aber nicht nur Produktion vor – einer Horrorstory mit niert», tönt es hier, «Der Ablauf war etwas das: Man müsse auch lernen, mit Frustra- blutigem Ausgang. Zwei Gruppen arbei- unlogisch», heisst es dort. Ein Knabe fand tion umzugehen, «denn nicht jede Idee 12 ten mit professionellem Equipment, eine «alles etwas kurz». «Nein, das war super!», auf dem Papier lässt sich filmisch einfach
umsetzen.» Mettler ist sich sicher: «Die lehrerin. Die Drehorte befinden sich an egie, Ton, Kamera, Schauspielerin. Jetzt R Kinder werden Filme danach mit anderen verschiedenen «Locations» innerhalb und gilt es ernst. «Ruhe bitte, wir drehen!», Augen sehen.» ausserhalb des Ritterhauses. Wegen der ruft der Regisseur in den Gang hinaus. Es Lichtverhältnisse werden zuerst die herrscht volle Konzentration. Und dann, Die Regie übernimmt Szenen im Innern gedreht. «Überlegt endlich, die bekannte Formel: «Kamera Mittwochmorgen, neun Uhr. Heute ist noch einmal, wo ihr Nahaufnahmen, wo läuft. Ton läuft. Und Action!» Die Schau- Drehtag. Die Aufregung und Vorfreude ist eine Einstellung ‹over the shoulder› spielerin sitzt auf dem Bett, als sie dämo- trotz zunehmendem Schlafmangel gross braucht», gibt Ott den Filmcrews als nische Stimmen vernimmt und aus dem und setzt erstaunlicherweise neue Ener- Ratschlag mit auf den Weg. Kameramann Zimmer stürmt. Die Szene wird am gien frei. Viele Schülerinnen und Schüler Dario nimmt derweil im Materialraum Schluss nur wenige Sekunden dauern, wirbeln durchs Haus, haben sich ge- von Remo Hegglin die Kamera in Emp- doch die Aufnahmen nehmen viel Zeit schminkt oder sich in ein passendes Outfit fang, Tonmeister Luis schnappt sich eine in Anspruch. Take um Take wird gedreht, gestürzt. Wann sie zum Einsatz kommen, Tonangel und bekommt das Richtmikro- die Szene wird vorzeitig abgebrochen, bestimmen die Regisseurinnen und fon in die Hand gedrückt. wiederholt, variiert. Nach einem halben Regisseure, denn sie geben heute den Ton Das Team des Horrorstreifens hat sich Dutzend Versuche ist es so weit – die ge- an. Zu ihnen gehört auch Nico, der sich bis im Bubenschlag eingerichtet, sekundiert samte Crew ist zufrieden. gestern noch eher zurückhaltend gab. von Liliane Ott. Noch einmal wird geprobt, Auf dem Filmset am See ist derweil «Aber jetzt hat er definitiv die Initiative diskutiert, gekichert und gelacht, ehe sich Vincent als Kameraassistent im Einsatz. übernommen», freut sich die Klassen alle Beteiligten in Stellung bringen – Morgen wird er als Cutter am Schnitt des Films «Liebesdreieck» mitwirken. «Filme drehen ist sehr cool», sagt er. «Dass man «Ein wichtiger Beitrag zur Medienbildung» zusammen etwas machen kann mit dem Der Non-Profit-Verein Filmkids wurde 2007 gegründet. Seither organisiert und Ziel, am Schluss ein fertiges Produkt zu Schulblatt Kanton Zürich 5/2017 Fokus gestaltet er in der ganzen Schweiz Kurse, Workshops, Lesungen und Lager zum haben, das gefällt mir extrem gut. Und ich Thema «Filmemachen». Als Kursleiter werden ausschliesslich professionelle glaube, wir werden es schaffen.» Filmschaffende engagiert. Neben Freizeit- und Ferienangeboten engagiert sich Geschafft haben es schliesslich alle. filmkids.ch auch an Schulen. Das einwöchige Filmkids-Angebot «Action!» zum Bis am Freitagnachmittag waren die drei Beispiel kann via schule&kultur des Volksschulamts zu einem vergünstigten Filme fertiggestellt inklusive Nachver Tarif gebucht werden. Das Angebot von Filmkids richtet sich an Jugendliche tonung. «Am Schluss haben die Kinder zwischen 10 und 18 Jahren. noch einmal Vollgas gegeben», sagt die «In einer Zeit, in der Smartphones und audiovisuelle Medien unseren Alltag in Klassenlehrerin einige Tage später. «Und einem nie da gewesenen Ausmass prägen, ist audiovisuelle Kompetenz von ich glaube auch, dass sie sehr stolz sind höchster Priorität für Kinder und Jugendliche», sagt Filmkids-Gründerin Simone auf ihre Leistung. Sie haben das auch Häberling. Die intensive Auseinandersetzung damit könne die öffentliche Schule wirklich toll gemacht.» Zurück im Schul- nicht immer führen. Mit seinen Angeboten wolle der Verein diese Lücke schlies zimmer hätten sich die Gruppen ihre sen und gleichzeitig einen wichtigen Beitrag zur Medienbildung leisten. [rh] Werke gegenseitig vorgeführt. «Alle ap- www.filmkids.ch, www.schuleundkultur.zh.ch plaudierten und waren glücklich. Ja, es 13 war ein richtig schönes Happy End.»
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Im Gespräch es darum, Filme im Hinblick auf verwen- «Im Film sind dete Gestaltungsmittel zu analysieren, etwas über die Geschichte des Films zu erfahren und schliesslich auch selbst zu sämtliche Kunst- filmen. Solange es allerdings kein Fach Filmkunde gibt, ist es natürlich schwierig zu garantieren, dass die Schülerinnen und formen vereint» Schüler sich während ihrer Schulzeit so systematisch mit dem Film auseinander- setzen können. Letztlich hängt es also immer vom Interesse der Lehrperson ab. Warum soll in der Schule Filmvermittlung Und wie schätzen Sie dieses Interesse generell ein? betrieben werden? Wie sieht diese Wenn man Filme vermittelt, ist es auf- konkret aus und was kann sie bewirken? schlussreich, zu sehen, welche Filme ein Publikum finden und welche nicht. Ein André Grieder, vormaliger Leiter von extremes Beispiel ist der Film «Citizen Kane». Wenn man diesen Klassiker, der schule&kultur, heutiges Vorstandsmitglied jahrzehntelang als bester Film der Film- von «Kinokultur in der Schule» und geschichte bezeichnet wurde, den Schu- len anbietet, meldet sich niemand. Beliebt passionierter Filmliebhaber, gibt Antworten. sind hingegen Filme, die einen konkreten Ansatz im Unterricht haben, etwa «More Interview: Jacqueline Olivier Foto: Hannes Heinzer than Honey». Das heisst, es gibt kaum Lehrpersonen, die aus rein filmischen Gründen mit ihren Schülern ins Kino gehen. Dass «More than Honey» tatsäch- lich ein gut gemachter Dokumentarfilm ist, wird nicht thematisiert. Es gibt auch Lehrpersonen, die mit ihren Schülern mal zum Ende des Semesters oder des Schul- jahrs ins Kino gehen – quasi als Beloh- nung. Dagegen lässt sich nichts sagen, auch wenn es schade ist, dass ein solcher Welches war Ihr erstes Filmerlebnis? seits schützt es vor Manipulation, wenn Besuch nicht weiter gehend genutzt wird. Meine filmische Initiation geschah über man beispielsweise einen Subtext oder Wie erklären Sie sich das offenbar das Fernsehen. Als ich Kind war, gab es ein Product-Placement erkennen kann. geringe Interesse an Filmbildung? den Schweizer Sender, vielleicht noch den Was ist das primäre Ziel von Der Film hat das Problem, dass er nicht in deutschen – mit etwas Geriesel –, und die Filmbildung? erster Linie als Kunstform gesehen wird. grossen Abende, an die ich mich erinnere, Da gibt es verschiedene Ansätze, die sich Man sieht darin reine Unterhaltung oder waren jene mit Hitchcock- oder John- in zwei Hauptzielrichtungen zusammen- sogar etwas, was gefährlich sein kann und Wayne-Filmen in Schwarz-Weiss. Das hat fassen lassen: zum einen den medien vor dem man die jungen Menschen be- mich unglaublich fasziniert. Ins Kino bin pädagogischen Ansatz, der den Fokus auf wahren respektive ihnen den richtigen ich später am liebsten ohne Vorkenntnisse den richtigen Umgang mit Bildern legt Umgang damit zeigen muss. Und anders gegangen, einfach aufgrund eines P lakats, und somit einen präventiven Charakter als bei anderen Kunstformen – Theater das mich angesprochen hat. Auf diese hat. Stichwort Medienkompetenz. Zum oder bildende Kunst – muss man die Weise sah ich beispielsweise vor Jahr- andern die Vermittlung des Films als Jugendlichen vermeintlich auch nicht an zehnten im Kino Alba «To Be or Not to Be» von Ernst Lubitsch. Ein unvergessliches Erlebnis! Bis vor Kurzem waren Sie Leiter von Schule und Kultur und haben sich «Einen Film im Kino zu schauen, dort stark für die Filmvermittlung eingesetzt, warum? ist die edelste Form. Schulblatt Kanton Zürich 5/2017 Fokus Film ist für mich die spannendste Kunst- form überhaupt. Im Rahmen der Kunst- Die muss gepflegt werden.» vermittlung an Schulen spielte die Film- vermittlung jedoch lange Zeit eine marginale Rolle. Das wollte ich ändern – auch, weil mit der Bilderflut, die das Kunstform. Dabei geht es darum, den den Film heranführen, weil sie ohnehin Alltagsleben gerade von Kindern und jungen Menschen im Laufe ihres schuli- täglich damit konfrontiert sind. Man kann Jugendlichen heute stark prägt, eine an- schen Wegs den Film anhand verschiede- vielleicht sagen, dass man sie an einen dere Zeit angebrochen war. Es ging also ner Kriterien näherzubringen. Das ist guten Film heranführen muss. Aber was nicht nur um künstlerische, sondern auch mein grosses Anliegen. ist ein guter Film? Darüber liesse sich ebenso um pädagogische Überlegungen, Welche Kriterien sind das? trefflich streiten. darum, dass man das Lesen von Filmen Idealerweise lernen die Schülerinnen und Wie lautet denn Ihre Definition lernen muss wie das Lesen von schriftli- Schüler erst einmal die Urfilmgeräte wie eines guten Films? chen Erzeugnissen. Denn diese Fähigkeit das Stroboskop, das Daumenkino und Ein guter Film öffnet überraschend eine 16 erhöht einerseits den Genuss, anderer- ähnliche Techniken kennen. Später geht neue, erkenntnisreiche Sicht auf die Welt.
Nehmen wir ein aktuelles Beispiel: «Hell or High Water». Dieser Film hat mir auf filmisch und erzählerisch eindrückliche Weise klargemacht, warum Donald Trump Präsident der USA werden konnte. Er kommt zwar nicht vor, droht für mich aber in der texanischen Einöde bereits als vermeintlicher Retter im aussichtslosen Leben der Filmfiguren. Solche Filme sind anspruchsvoll und fesselnd zugleich. Man kann sich aber auch anhand eines Block- busters aus Hollywood mit spannenden Themen auseinandersetzen. Wie zum Beispiel? Man kann wie Thomas Binotto in seinen Filmlesungen (Anmerkung der Redaktion: siehe Reportage Seite 20) das Thema «Superhelden» aufgreifen, indem man verschiedene Superhelden-Filme anschaut und aufzeigt, woher solche Helden geschichten kommen und nach welchem Strickmuster sie funktionieren. Oft liegt diesen Geschichten ein Buch oder ein Comic zugrunde, mit den Filmen lässt sich also auch eine Textkritik verbinden. Demnach können Filmvermittlung und Medienpädagogik auch Hand in Hand gehen? Diese beiden Aspekte lassen sich hervor- ragend miteinander verbinden. Anhand von «The Hunger Games», dem ersten Film der «Tribute von Panem», zeigt Tho- mas Binotto zum Beispiel auf, wie man mit Bildern manipulieren kann. Das lässt sich anschliessend auf die Fotografie herunter- brechen, etwa indem man veranschau- licht, wie in bestimmten Ländern aus Bildern etwas wegretuschiert wird. So kann man über die künstlerische Betrach- tungsweise darauf zu reden kommen, dass man skeptisch bleiben sollte im Hinblick auf die Botschaft eines Films oder eines Bildes. Man könnte auch den umgekehr- ten Weg wählen und ausgehend vom Selfie über die Qualität von Fotografien André Grieder arbeitete 20 Jahre als Kultur- und Sportjournalist und leitete beim sprechen und sogar zur bildenden Kunst Nachrichtenmagazin «Facts» die entsprechenden Ressorts. Ab 2008 setzte er sich als Leiter von schule&kultur stark für die Filmbildung ein. 2016 trat er überleiten: Wie wurden früher Porträts vorzeitig in den Ruhestand, engagiert sich jedoch im Vorstand von «Kinokultur gemalt, wer ist porträtiert worden, was in der Schule» und bei der Programmgruppe von «Yesh! Neues aus der jüdischen Filmwelt» weiterhin für die Filmvermittlung. durfte man zeigen und was nicht? Geht es also auch darum, angesichts der täglichen Bilderflut wieder ein Bewusstsein für Qualität zu fördern? Das denke ich, ja. Im Grunde geht es dar- sehen dadurch Filme oft schon bevor sie Forschung ist dies ein wichtiges Thema, Schulblatt Kanton Zürich 5/2017 Fokus um, Kinder und Jugendliche für das Bild ins Kino kommen, geschweige denn am und die Empfehlungen der Wissenschaft- und für die Filmsprache zu sensibilisie- Fernsehen gezeigt werden. ler gehen klar in die Richtung, das Refle- ren, damit sie auf einem höheren Niveau Das Erlebnis, einen Film im Kino xionsvermögen zu stärken, und nicht, in darüber reflektieren können. Dafür gibt zu sehen, geht dabei aber verloren. Medienphobie zu verfallen. es viele Zugänge. Es gibt natürlich auch Kann man da im Rahmen der Film In der Schule werden teilweise Kinder, für die sich eine Welt auftut, wenn vermittlung ein Stück weit Gegen auch selbst Filme gedreht – was bringt die Klasse in die Stadt fährt und ein Kino steuer geben? das punkto Filmbildung? aufsucht – weil sie das von zu Hause nicht Der Parade-Ort des filmischen Wissens ist Einerseits lernt man die Wirkung von kennen. Andere Kinder und Jugendliche natürlich das Kino. Einen Film im Kino zu filmischen Gestaltungsmitteln wie Schnitt gehen enorm virtuos um mit dem, was ge- schauen ist die edelste Form. Die muss ge- und Montage, von Musik oder Licht boten wird, mit Youtube, Netflix und wie pflegt werden, und das versucht man kennen – durch die unmittelbare Erfah- die verschiedenen Kanäle heissen. Fern- auch. Aber die andere, heutige Form des rung des Selbst-Ausprobierens. Man lernt sehen hingegen spielt heute keine Rolle Filmeschauens ist eine Tatsache. Das zu ausserdem, ein Drehbuch zu schreiben mehr. Jugendliche schauen alles auf ihren verteufeln wäre falsch. Vielmehr muss und eine Dramaturgie zu entwickeln. Und 17 Geräten – PC, Tablet, Smartphone – und man sich damit auseinandersetzen. In der einen Stoff zu reduzieren. Dies lässt sich
etwa an «The Lord of the Rings» veran- Neben jenen von Schule und Kultur Film-Tage, die erstmals diesen November schaulichen: Bei der Verfilmung eines sol- gibt es heute im Bereich Filmvermitt im Kulturzentrum Kosmos stattfinden chen Stoffs kann man nicht alles, was im lung diverse weitere Angebote für werden. Dort geht es um die Frage, wie Buch passiert, auf die Leinwand bringen, Schulklassen. Ist das Bewusstsein für aus einem Buch ein Film wird. In den sondern muss sich auf Bilder beschrän- die Bedeutung der Filmbildung heute Workshops werden die Schülerinnen und ken, die die Essenz des Buches transpor- also vorhanden? Schüler natürlich auch lesen und schrei- tieren. Ausserdem lernen die Schüler, Zumindest ist es am Wachsen. 2010 hat ben und sich dabei mit spannenden dass es für einen gelungenen Film unab- die Unesco ein Manifest veröffentlicht zur Fragen auseinandersetzen: Mit welchen dingbar ist, zusammenzuarbeiten, und quantitativen und qualitativen Steigerung Mitteln transportiert man ein Gefühl, ein dass jeder auf seiner Position rechtzeitig der Künste in der Bildung. Vorausgegan- Geschehen, eine Stimmung aus dem Buch bereit sein muss. Es kommen also ganz gen sind diverse Workshops mit Experten ins Bild? Wo braucht es im Bild noch unterschiedliche Aspekte zusammen. aus den verschiedenen Bereichen, da wa- Sprache? Wo braucht es Musik? Was kann Wie weit kann in diesem Rahmen ren wir von Schule und Kultur auch dabei. man weglassen, was nicht? Dazu muss wiederum der medienpädagogische Die meisten Teilnehmerinnen und Teil- man erst das Buch analysieren. Und viel- Ansatz einbezogen werden? nehmer stammten aus der bildenden leicht weckt dies beim einen oder anderen Wenn es um das Drehen von Trickfilmen Kunst, weitere aus Tanz, Theater, Musik, Jugendlichen tatsächlich die Neugierde geht, haben wir festgestellt, dass Buben oft einige aus der Literatur – aus dem Bereich auf die Literatur. sehr brutale Szenen umsetzen. Da kann und sollte eine Lehrperson oder ein Ex- perte Einfluss nehmen, die Frage ist, wie. Es einfach zu verbieten, ist meines Erach- tens der falsche Ansatz. Vielmehr würde ich die Schüler darauf hinweisen, dass dies «Der Film hat das Problem, nicht sonderlich originell ist, weil man das dass er nicht in erster Linie als schon hundertmal gesehen hat, und man stattdessen eine andere Geschichte erzäh- Kunstform gesehen wird.» len könnte. So lenkt man die Kreativität der Schüler in eine andere Richtung und würgt sie nicht einfach ab. Gleichzeitig wird durchaus eine Sensibilisierung für die Wirkung von Bildern erreicht. Film habe ich auf der Teilnehmerliste nie- Sie haben zu Beginn gesagt, Gelegentlich werden in der Schule manden gefunden. Noch zu diesem Zeit- der Film sei für Sie die spannendste Filme zu einem Unterrichtsthema punkt hat also der Film im Rahmen der Kunstform. Was fasziniert Sie am produziert. Ist auch dies Filmbildung? Kunstbildung absolut keine Rolle gespielt. Film so sehr? Natürlich. Filmen ist grundsätzlich über- Nach Erscheinen des Manifests wurde Um 1800 haben die Frühromantiker – all einsetzbar. Wenn in der Schule ein Un- dann Cineducation gegründet und so der Schlegel, Tieck, Novalis – die Universal terrichtsthema als Grundlage fürs Filmen Stein ins Rollen gebracht. Man merkt auf poesie propagiert, in der sie alle prosai- dient, setzen sich die Schüler auf kreative verschiedensten Ebenen, dass im Bereich schen und lyrischen Formen vereinen Weise mit dem Thema auseinander und Film Handlungsbedarf besteht, und in- wollten. Diese Universalpoesie respektive lernen gleichzeitig, was es alles braucht, zwischen existieren diverse Einzelinitiati- das von Richard Wagner angestrebte um daraus einen spannenden Film zu ven, die sich immer mehr vernetzen. «Gesamtkunstwerk» haben wir heute mit drehen. Dies setzt aber eine Lehrperson Nun lesen Jugendliche bekanntlich dem Film. In ihm sind sämtliche Kunst voraus, die dafür ein gewisses Flair und immer weniger Bücher. Gleichzeitig formen vereint: Musik, Bild, Licht, Prosa, auch einige Kenntnisse hat. Denn einen sind Literaturverfilmungen en vogue. Lyrik, Schauspiel. Und wenn alles perfekt Film zu produzieren ist nicht ganz ein- Lässt sich über solche Filme allenfalls zusammenspielt, ist ein Film ein gross fach. Darum können über Schule und die Lust am Buch wieder wecken? artiges Kunstwerk. Kultur Experten beigezogen werden, die Das Letzte, was ich bei Schule und Kultur Haben Sie einen Lieblingsfilm? ein solches Projekt begleiten. noch aufgegleist habe, sind die Literatur- «To Be or Not to Be» ist für mich ein ab- solutes Meisterwerk. Ich kann diesen Film immer wieder anschauen und ich Cineducation – der Dachverband lache immer wieder und bin begeistert. 2011 schlossen sich zahlreiche Organisationen, die sich im Bereich Filmbildung Als Bub war ich Fan von «La Guerre des engagieren, im nationalen Verein Cineducation zusammen. Vertreten sind Boutons». Für diesen Film bin ich drei- ebenso kantonale Fachstellen wie schule&kultur als auch Vereine wie Kino mal hintereinander ins Kino gegangen. Schulblatt Kanton Zürich 5/2017 Fokus kultur in der Schule, Kino Xenix oder Roadmovie und nationale Institutionen Das war damals ebenso ein Erlebnis für wie das Filmarchiv Cinémathèque suisse oder e-media.ch. mich wie später die erste Begegnung mit Vertreten sind ausserdem Universitäten, Fachhochschulen und Festivals. «To Be or Not to Be». Darauf hofft man Cineducation geht es einerseits um die Vernetzung der Angebote, um den letztlich auch in der Kulturvermittlung – Austausch unter den Fachleuten sowie um die Sensibilisierung der Öffentlich- egal, in welchem Bereich: dass die keit. Der Verein will aufklären über Sinn und Zweck sowie das Potenzial der Jugendlichen ein Erlebnis haben, bei Filmbildung inner- und ausserhalb der Schule. Er initiiert laut Homepage gezielt dem sie einfach nur noch sagen: «Wow.» kultur- und bildungspolitische Massnahmen, vertritt seine Interessen nach Damit sie sich dann vielleicht einmal auf aussen und tauscht sich mit verwandten Organisationen des In- und Auslands eigene Faust in ein Kino oder ein Theater aus. Cineducation, heisst es weiter, wolle «das Verstehen der Filmsprache, die begeben. Dafür muss man die innere ästhetische Sensibilität für verschiedene filmische Formen, das medienhistorische Bereitschaft kultivieren, sich auch auf Bewusstsein sowie die aktive Filmarbeit fördern und damit den kompetenten Unbekanntes einlassen, seinen eigenen Umgang von Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen mit Film stärken». [jo] Standpunkt zur Kunst entwickeln. D iesen www.cineducation.ch Prozess anzustossen – darum geht es in 18 der Kulturvermittlung.
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Filmlesung Tonmaterial aufbereitet hat. Das Panem Panem ist überall in Roman und Film ist ein imaginäres Land, errichtet auf den Trümmern eines zerstörten Nordamerikas und geprägt von Unterdrückung, Vernichtung und Auf- Welche Botschaften werden in Filmen ständen. Nicht zufällig erinnert der Name an die Formel «panem et circenses», «Brot transportiert? In seinen Filmlesungen und Spiele», mit denen im alten Rom das Volk bei Laune gehalten wurde. Und die zeigt Thomas Binotto, was hinter Bezüge sind nicht zu übersehen. In einer bewegten Bildern steckt – und fördert gigantischen Arena treten jedes Jahr junge Leute gegeneinander an; es sind die Medienkompetenz von Schülerinnen Hungerspiele, denn in vielen Distrikten Panems leben die Leute in Elend. und Schülern. Binotto stellt die Hauptfiguren vor: die jungen Tribute mit ihren unschuldigen Text: Charlotte Spindler Foto: Dieter Seeger Gesichtern, den Diktator, der die Hunger Games braucht zur Festigung seiner Macht, die Moderatoren, Strippenzieher und die versteckten Rebellen aus den Armutsdistrikten. Als Auftakt wird der Einzug der Tribute (eine Art Gladiatoren) mit pompöser Wagenparade inszeniert, dann treten die Jungen und Mädchen ge- geneinander an. Das ganze Spektakel Noch Monate nach dem Wahlkampf sorgt im In- und Ausland tätig, auch in der funktioniert als öffentliches Fest mit der neue US-Präsident für Aufregung – vor Erwachsenenbildung. Sponsoring und wird am Fernsehen und allem wegen der medialen Inszenierung Für seine Filmlesung vor den Winter- in Public Viewing übertragen – eine einzige seiner Auftritte. Von den Jugendlichen der thurer Lernenden hat er die US-Roman riesige Show, bei der es aber real Tod und Berufsbildungsschule Winterthur, ange- trilogie «The Hunger Games» / «Die Tribute Zerstörung gibt. hende Polymechanikerinnen, Lernende in von Panem» gewählt, die 2012 als mehr- Maschinen- und Apparatebau im dritten teiliges Science-Fiction-Epos in die Kinos Elemente der Dramaturgie Lehrjahr, die an diesem Sommernachmit- kam. Einige Lernende im Saal haben die Das Spektakel hat eine lange Geschichte: tag an die Filmlesung mit Thomas Binotto Romane gelesen, wie sie auf Thomas Bilder für Binottos Lesung liefern nicht gekommen sind, haben wohl fast alle die Binottos Frage erklären. Und natürlich ist nur die Gladiatorenkämpfe im alten Rom, ständig neuen über Twitter und andere der Blockbuster bekannt; die jugendli- sondern auch die Olympischen Spiele Medien verbreiteten Eskapaden Donald chen Hauptdarsteller des Films waren als 1936 in Berlin. Das Dritte Reich wusste Trumps mitbekommen. Identifikationsfiguren für ein junges Ziel- um die Macht der Bilder. Und so zeigt «Die amerikanischen Wahlen 2016 publikum perfekt gewählt. Thomas Binotto Ausschnitte aus Leni sind auch jetzt noch ein guter Einstieg in Riefenstahls Propagandafilm «Fest der das Thema ‹Medienmacht und -manipu- Inszenierung wie im alten Rom Völker», wo der aufstrebende national lation›», sagt Thomas Binotto. Er ist Film- «Panem ist überall» nennt Thomas Binotto sozialistische Staat machtvoll und in journalist, Philosoph und Medienexperte seine knapp zweistündige Veranstaltung, Farbe (!) in Szene gesetzt wurde. Es war und seit zehn Jahren an Bildungsstätten für die er filmgeschichtliches Bild- und eine Botschaft an die Jugend der Welt – kritische Geister hingegen erhielten eine bange Vorahnung dessen, was da über «Eine Sehschule» Europa hereinbrechen würde. Mit seinen Filmlesungen ist Thomas Binotto schon seit zehn Jahren an Schulen Als Bilderleser hat Thomas Binotto die unterwegs; seine Lesungen richten sich je nachdem an Schülerinnen und Filmgeschichte stets vor Augen. Zusam- Schüler der Mittelstufe, der Oberstufe, an Mittelschülerinnen und -schüler und men mit seinen jugendlichen Zuhörerin- Lernende an Berufsschulen. «Autorenlesungen sind den Schülerinnen und nen und Zuhörern nimmt er sich Beispiele Schülern vertraut, aber dass man auch Bilder und Filme lesen und nicht nur von Inszenierungen und manipulierten anschauen kann, ist nicht geläufig», sagt er und nennt das, was er macht, Bildern vor; er erklärt Bildschnitte, erläu- «Sehschule». «Ich möchte den Jugendlichen zeigen, wie sie mit der täglichen tert den Spannungsaufbau anhand von Schulblatt Kanton Zürich 5/2017 Fokus Bilderflut in den Medien umgehen können. Bilder zeigen nicht einfach die Filmsequenzen und zeigt, wie die Musik Wahrheit, sondern vermitteln Inhalte.» Im Kanton Zürich arbeitet der «Film das dramatische Geschehen unterstrei- leser» mit schule&kultur zusammen. chen und überhöhen kann. Die Schlüssel- Der Buchautor, Filmkritiker und -publizist für NZZ, «zoom», «Filmbulletin» u. a. melodie, zunächst zaghaft angestimmt beschäftigt sich schon lange mit dem Medium Film. Die Filmszenen, die er für von der Hauptdarstellerin, schwillt an seine Veranstaltungen auswählt, schaut er sich 20, 30 Male an, entdeckt dabei zum Chor der unterdrückten «Tributes of immer neue Details, und bis eine Präsentation in Bild und Ton steht, vergehen Panem» – und ist so eingängig, dass wir sie Wochen. Anita Ackermann, Leiterin der Lernlounge/Mediothek im Anton-Graff- noch nach Stunden mitsummen könnten. Haus in Winterthur, organisiert viermal im Jahr eine Lesung. Veranstaltungen Ein weiteres Beispiel für eine totale mit Thomas Binotto hat sie mehrfach schon gebucht, unter anderem eine Inszenierung, über die der Protagonist Filmlesung über Suspense bei Alfred Hitchcock und eine über Superhelden von im Unklaren gelassen wird, ist der Herkules bis Superman. Eine nächste Filmlesung ist schon in Vorbereitung; US-Film «The Truman Show» von 1998. diesmal wird es um den Actionfilm gehen. [cs] Hier wird ein junger Mann schon als www.filmleser.com, www.schuleundkultur.ch Kind von einer Fernsehanstalt adoptiert 20 und spielt ohne sein Wissen von da an
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