TUMcampus - TUM Chancengleichheit
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TUMcampus Das Magazin der Technischen Universität München Ausgabe 4 | 2018 TUM in vier Exzellenzclustern erfolgreich Hyperloop bleibt Weltmeister | Seite 50 Jubiläumsgrüße aus dem All | Seite 12 Agrarwissenschaften im Aufschwung | Seite 33 Pionierleistung in der Kinderkardiologie | Seite 55
Impressum TUMcampus Das Magazin der Technischen Universität München für Studierende, Mitarbeiter, Freunde, erscheint im Selbstverlag viermal pro Jahr. Auflage 9 000 Herausgeber TUMcampus Der Präsident der Technischen Universität München Das Magazin der Technischen Universität München Ausgabe 4 | 2018 Redaktion Dr. Ulrich Marsch (verantwortlich) Dipl.-Biol., Dipl.-Journ. Sibylle Kettembeil Gabi Sterflinger, M.A. Technische Universität München Corporate Communications Center 80290 München Telefon (089) 289 22766 redaktion@zv.tum.de www.tum.de/tumcampus Layout © WARR Hyperloop ediundsepp Gestaltungsgesellschaft mbH, München ediundsepp.de TUM in vier Exzellenzclustern erfolgreich Herstellung/Druck Joh. Walch GmbH & Co, 86179 Augsburg Hyperloop bleibt Weltmeister | Seite 50 Gedruckt auf chlorfreiem Papier Jubiläumsgrüße aus dem All | Seite 12 Agrarwissenschaften im Aufschwung | Seite 33 walchdruck.de Pionierleistung in der Kinderkardiologie | Seite 55 © Technische Universität München. Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck, auch auszugsweise, nur in Abstimmung mit der Redaktion. Gezeichnete Beiträge geben die Meinung der Autoren wieder. Für unverlangt einge- Rasend schnell schoss die dritte Kapsel des WARR- sandte Manuskripte und Bildmaterial wird keine Gewähr übernommen. Hyperloop-Teams in Los Angeles durch die Teströhre. Zum Sprachgebrauch Damit blieben die Studierenden der TUM auch im drit- Nach Artikel 3 Abs. 2 des Grundgesetzes sind Frauen und Männer gleich- ten Hyperloop Pod Wettbewerb ungeschlagen. Mit 467 berechtigt. Alle Personen- und Funktionsbezeichnungen im Magazin TUMcampus beziehen sich in gleicher Weise auf Frauen und Männer. Stundenkilometern konnten sie die Geschwindigkeit im Vergleich zum zweiten Wettbewerb um fast 50 Prozent Redaktionsschluss für Heft 1|19: 26. November 2018 steigern. Als Trophäe gab es ein im 3D-Druckverfahren hergestelltes Modell der Röhre mit einem Pod, von Elon Musk selbst unterschrieben. Zudem erhielt das WARR-Hyperloop-Team einen Innovation Award für das Design des schnellen Pods sowie für den zweiten Pod, mit dem das Team am Tag vor dem Hauptwettbewerb ein selbst entwickeltes Schwebesystem demonstriert hatte. Nach Andruck des Heftes: Bei der neuen Runde der Exzellenzstrategie war die TUM hoch erfolgreich: In den nächsten sieben Jahren werden vier Forschungscluster mit jeweils bis zu 70 Mil- lionen Euro finanziert. Ein Bericht folgt in TUMcampus 1/2019; aktuell im In- ternet: www.exzellenz.tum.de Exzellenzcluster 2 TUMcampus 4 | 18
Editorial 150 Jahre TUM. Innovation seit 1868 Diese Reputation fällt nicht vom Himmel. Sie muss be- ständig neu erarbeitet werden, Tag für Tag. »Stant cunc- ta labore« – alles hat durch Arbeit Bestand. So steht es auf dem Deckenfresko unseres Akademiezentrums Raitenhaslach zu lesen, im ehemaligen Zisterzienser- kloster an der Salzach bei Burghausen. Dieses Motto gilt uns allen, die diese Universität heute und morgen gestalten – vor allem auch Ihnen, liebe Studierende des ersten Semesters. Geleitet vom wissenschaftlichen Fortschritt, wollen wir Sie für ihre Berufe ertüchtigen. Gelingen wird das nur, wenn Sie mit Begeisterung stu- dieren, fleißig und ausdauernd. Beherzigen Sie die Lebenserfahrung, dass noch kein Meister vom Himmel gefallen ist, dass der erste Versuch nie der letzte ist, dass man aus Rückschlägen lernen muss, und dass nichts schöner ist, als was man mit Freude macht. Mö- gen auch Genies unter Ihnen sein, am Ende kommt es auf Kritik- und Teamfähigkeit, auf Persistenz und Em- pathie an. Wir wünschen uns, dass Sie jenseits der fachlichen Begabungen auch Ihre kulturellen und sozi- alen Neigungen zur Ausprägung bringen, wozu das D as Datum sollte bezeichnend sein: Am Oster- Studium an der TUM viele Gelegenheiten bietet. sonntag 1868 unterzeichnete Ludwig II. König von Bayern die Gründungsurkunde für die »Po- Möge das Jubiläumsjahr 2018 die neuen Studierenden lytechnische Schule«, die als Technische Universität unserer Universität daran erinnern, dass wir alle auf den München längst eine Erfolgsgeschichte ist. Internatio- Schultern jener stehen, die 150 Jahre einer großen Er- nal, interdisziplinär, unternehmerisch – das sind die folgsgeschichte geformt und geprägt haben! Jetzt sind Attribute der »Marke TUM«. Für diese Leistungsdimen- Sie in der Pflicht, selbst Geschichte zu schreiben. Als sionen kennt und wertschätzt uns die Welt. Präsident und Alumnus der TUM wünsche ich Ihnen Freude und Glück beim Studium an unserer jung ge- Es waren aber nicht nur die herausragenden Entdecker bliebenen Universität. und Erfinder, nicht nur die vielgefeierten Durchbrüche in den Natur- und Ingenieurwissenschaften wie auch Ihr der Medizin, die mit der Innovationskultur seit 1868 verbunden sind. Ihrem Auftrag als »Dienerin der Gesell- schaft« ist das Sonntagskind von einst am Puls der Wolfgang A. Herrmann Wissenschaft durch die Ausbildung tausender und Präsident abertausender junger Menschen nachgekommen, die sich beruflich in Industriebetrieben, in Kliniken und Arztpraxen, in Schulen und Universitäten bewährt ha- ben. Forschung und Ausbildung gehören zusammen. Sie entsprechen sich bei uns in ihrem Exzellenzan- spruch: Wie die internationalen Rankingergebnisse durchgängig zeigen, ist aus den kleinen Anfängen einer Polytechnischen Schule von Generation zu Generation eine Universität von Weltrang geworden, die leistungs- fähigste deutsche Technische Universität allemal. TUMcampus 4 | 18 3
Inhalt 18 15 06 Umjubelte Forschen Meistersinger 18 Erste Beweise für Quelle extragalaktischer Teilchen Exklusive Vorstellung der 20 4,2 Millionen Euro für Bayerischen Staatsoper interdisziplinäre Projekte 22 STEPS 2018 23 ERC-Grants für Ingenieurwissenschaftler Editorial 18 26 KOMPASS erblickt erstes Neutronenlicht 03 150 Jahre TUM. Innovation seit 1868 Lernen und Extragalaktische Spezial Lehren 150 Jahre TUM Teilchen 27 Gegen Risiken und 06 Umjubelte Meistersinger Nebenwirkungen im Netz Studien im IceCube-Labor am Südpol 08 Silentium! Silentium! Macht kein 28 Mehr Freiraum Reden und kein Gesumm! im MINT-Studium 11 Ingenieure als Helden 29 Happy Birthday, 12 Jubiläumsgrüße aus dem All MSCE! Politik 14 TUM interaktiv App 30 Mit Online-Videos 15 Gold für die Studi-WM für den Schulberuf lernen 33 Agrarwissenschaften Beachvolleyball in München 31 Erste Promotion an der MSE im Aufschwung 16 Orbitum abgeschlossen 34 Forschung für 16 150 Jahre TUM: Der Großvater 32 20 Jahre Bildung für gesunde Ernährung und sein Enkel in Paris nachhaltige Entwicklung 35 Brücke zwischen Forschung 17 Drei neue Ehrensenatoren und Naturschutz 4 TUMcampus 4 | 18
Inhalt 32 Menschen Neu berufen 62 Bastian Blombach 62 Jakob Burger 62 Alena Buyx 63 Johann Dambeck 63 Claudia Doblinger 63 Magnus Fröhling 35 64 Sebastian J. Goerg 64 Torsten Grothmann 20 64 Alexander Hübner 65 Frank Jenko 65 Martin Klingler 65 Jenna Koenen 66 Stephan Lintner 66 Janine Maniora 66 Iris Oberhauser 36 67 67 68 69 Neuer Ehrenprofessor Die Arbeit ist ihr eine Freude »Blick in die Zukunft« Neue wissenschaftliche L am FRM II eitung TUM Campus Auszeichnungen Straubing 70 Preise und Ehrungen 36 Straubing eilt in Siebenmeilen- Die Bioökonomie startet durch Ruhestand stiefeln voran 74 Kurt Franz 37 Drei Millionen für die Krebsmedizin 75 Gerhard Wachutka 38 Platz sechs auf der Weltrangliste 76 Norbert Schwesinger 39 »Shanghai Ranking«: TUM erneut Global im deutschen Spitzentrio in memoriam 48 Dezentrale Energy-Water-Food- 76 Friedrich Dörr Systeme für Afrika 77 Klaus Guthy 49 TU9-ING Woche: Die TUM erleben 77 Paul Dietrich Fritz Wissenschaft 78 Susanne Ihsen 78 Horst Pichert und Wirtschaft Campus 79 Personalien 40 Drei neue Exzellenzpartner für die TUM 50 TUM-Hyperloop bleibt Weltmeister 86 21 Fragen an Peter Ewert 41 Presidential Award: 51 Heldinnen aus den Ein Navi für drinnen Ingenieurwissenschaften 42 Junge Ideen ausgezeichnet 53 »Ganz normale Menschen« 43 Siemens fördert Spitzenforschung 54 Genug vertraut – Kommentar zum Service 44 Kumovis siegt im MBPW 2018 Abgasskandal 45 Made by TUM, Folge 31 55 Sauerstoff für Faustus’ Herz 02 Impressum SnIP, ein flexibler Halbleiter mit 56 Gedenktafel für Kurt Magnus 82 Termine Doppelhelix-Struktur 57 TUfast – Effizient und autonom 46 Citizen Science in der Bio.Kitchen aufs Podium Ausblicke 47 Competence Center für 58 Intelligent Cars on Digital Roads 87 TUMcampus 01 | 19 europäische Robotik-Projekte 59 Fotoaktion »Typisch TUM« 60 Neu auf dem Büchermarkt TUMcampus 4 | 18 5
Spezial 150 Jahre TUM Umjubelte Meistersinger Die »TUM-Familie« hat am 27. September die 150-jährige Geschichte ihrer Universität mit einem besonderen »Geburtstagsgeschenk« gefeiert: Das Ensemble der Baye- rischen Staatsoper gab eine exklusive Vorstellung von Richard Wagners Oper »Die Meistersinger von Nürnberg«. TUMcampus 4 | 18 7
Spezial 150 Jahre TUM Silentium! Silentium! Macht kein Reden und kein Gesumm! Die TUM und die »Meistersinger« – beide hatten im Jahr 1868 in München ihre Premiere. 150 Jahre später ist Wagners Oper also das ideale Werk für eine musikalische Jubiläumsfeier der Mitglieder und Freunde der TUM. Festliche Stimmung: Mitglieder und Freun- de der TUM erwarten das Wagner-Werk. Die Meistersinger: Sie passen zur TU München, so als Der »Meistersang« beim Johannisfest ist es, der bei wären sie gemeinsam mit ihr entstanden! Uraufgeführt Wagner Handwerk und Kunst verbindet. Hans Sachs, unter Hans von Bülow am 21. Juni 1868 im Münchner der selbst an die 6 000 Meisterlieder und Spruchge Nationaltheater, ließ Richard Wagner das prächtigste dichte hinterlassen hat, lässt im Sängerwettstreit die Hohelied auf Handwerk und Kunst anstimmen, das Autonomie der eigengesetzlichen Kunst gegen fremde die Musikgeschichte kennt. Und wir von der TUM? Auf Regeln gewinnen: kein Siegerkranz für den kleingeis- handwerkliches Können und künstlerischer Kreativität tigen Spießbürger Sixtus Beckmesser, den am Buch- stehen die Natur- und Ingenieurwissenschaften – mit staben der Vorschriften klebenden Regelkonformisten! ihnen haben uns Ludwig II., Karl Max von Bauernfeind Walther von Stolzing bekommt den Meistertitel, aber und Gustav von Schlör einst ins Werk gesetzt. SCIENTI- »will ohne Meister selig sein«, bis ihn Hans Sachs er- IS ET ARTIBUS – der Wissenschaft und den Künsten – mahnt: »Verachtet mir die Meister nicht, und ehrt mir ließ Friedrich von Thiersch in großen Lettern über unser ihre Kunst!« Portal an der Gabelsbergerstraße meißeln, damit es auch zum 150-jährigen Jubiläum ja niemand übersieht! Die Parallelen laufen weiter: Das Nürnberg der Meis- Unter der Turmuhr, die uns die Stunde schlägt. tersinger war damals das Zentrum internationaler 8 TUMcampus 4 | 18
Spezial 150 Jahre TUM Handelsbeziehungen. So treten die Handwerkszünfte stark und selbstbewusst auf, wenn sie mit ihren Zunft- zeichen und -gesängen auf die Festwiese an der Peg- nitz ziehen (»Wacht auf, es nahet gen den Tag…«). Sogleich mag man an unsere Fakultäten erinnert sein. Diese wissen freilich, dass sich unsere Zukunft aus interdisziplinären Gestaltungsräumen ableitet, sofern man den Grundakkord der jeweiligen Disziplin mitbringt – von Hans Sachs im leitmotivischen Tristan-Akkord verkörpert. Von den Meistersingern des 16. Jahrhun- derts können sich die Fakultäten und Schools von heute die gemeinsame Sprache, Loyalität und gegenseitige Zuwendung abschauen. Francis Kéré vom Lehrstuhl für Architectural Design and Partici- Die Meistersinger – eine Oper für uns, komische Oper, pation der TUM wurde begleitet von seiner wissenschaftlichen Mitarbeiterin Barbara Schudok Volksoper. Der Uraufführung wohnte der junge König Ludwig II. (23) in der »Königsloge« bei, wo heute die Vorsitzenden unserer Aufsichts- und Beratungsorga- ne sitzen. Zwei Monate vorher – am 12. April, dem Ostersonntag! – hatte er die Gründungsurkunde für die »Polytechnische Schule« unterzeichnet, nachdem ihn der Besuch der Pariser Weltausstellung von 1867 – gemeinsam mit seinem 81-jährigen Großvater Lud- wig I. – endgültig zum Freund und Förderer der Technik gemacht hatte. Aus diesen kleinen Anfängen heraus ist von Generation zu Generation eine internationale Universität von Rang geworden, die das Antlitz ihrer Heimat geprägt hat. Aus dem regionalen Auftrag von damals ist der internationale Aktionsradius von heute entstanden – als Verbindung der Heimat mit der Welt. Die Meistersänger*innen von München 2018: Hand- Franziska Löhrer und Christoph Gschnaidtner vom werk, Kunst und Wissenschaft. TUM Graduate Council Wolfgang A. Herrmann Wir danken der Linde AG für die großzügige Un- Vier Forschungscluster gab es bei der neuen Runde der Exzellenzstrategie für die TUM – die freudige Nachricht erreichte Wolfgang A. Herrmann, Ana Santos, hier mit dem Ehepaar terstützung der Jubiläumsaufführung durch das Regina und Gerhard Casper, ehemaliger Präsident der Stanford University, per Smartphone. Festspielensemble der Bayerischen Staatsoper. TUMcampus 4 | 18 9
Spezial 150 Jahre TUM Vigdis Nipperdey, ehe- malige Vorsitzende des Hochschulrats der TUM, flankiert von Wolfgang A. Herrmann und Albert Berger, Kanzler der TUM Otmar Wiestler (l.), Vorsitzender des Hochschulrats der TUM, und Georg Freiherr von Walden- fels, Vorsitzender des Kuratoriums der TUM Laura Schöffel und Benedikt Retsch von der Studentischen Vertretung Der Abend galt auch als Dank an die zahl- reichen Förderer der TUM wie Carmen und Reinhold Würth, hier mit Arnulf Melzer (l.), Beauftragter des Präsidenten für Fundraising Strahlende Gesichter bei Christoph Reitzle und Sabine Tittel vom Team 150 Jahre TUM 10 TUMcampus 4 | 18
Spezial 150 Jahre TUM Ludwig Prinz von Bay- ern und die Unter nehmerin Susanne Porsche, Mitglieder im Kuratorium der TUM Das Assistenzteam der Studierenden, die für einen reibungslosen Ablauf der Veranstal- tung sorgten. Fotos: © Andreas Heddergott Ingenieure als Helden Ingenieure und Ingenieurinnen waren die Hauptakteure der gut besuchten Ausstellung »Visionäre und Alltagshelden. Ingenieure – Bauen – Zukunft« im Sommer 2018 in der Immatrikulationshalle der TUM. Mit der Ausstellung feierte die Ingenieurfakultät Bau Geo Umwelt als Gründungsfakultät der TUM auch ihr 150-jähriges Bestehen. Im Mittelpunkt standen zum einen Persönlichkeiten, die als Ingenieure mit ihren spektakulären Projekten über die Zeiten hinweg stets auf die wechselnden Anforderungen der Gesellschaft reagiert haben und wegweisende Lösungen hervor- brachten, zum anderen aktuelle, beeindruckende Pro- jekte der Ingenieurbaukunst, die einen Ausblick auf die Herausforderungen der Zukunft bieten. Die Ausstellung entstand auf Initiative des Oskar von Miller Forums, einer Bildungsinitiative der Bayerischen Bauwirtschaft © Astrid Eckert für die Ingenieure im Bauwesen, gemeinsam mit dem Museum für Architektur und Ingenieurkunst NRW, M:AI. Michaela Wenzel TUMcampus 4 | 18 11
Spezial 150 Jahre TUM Jubiläumsgrüße aus dem All Der deutsche Erdbeobachtungssatellit TerraSAR-X hat aus gut 500 km Höhe das TUM-Logo in einem Radarbild dargestellt – ein Gemeinschaftsprojekt von DLR und TUM. Die Corner-Reflektoren stehen bereit und warten auf den TerraSAR-X-Überflug. © Yuanyuan Wang Schon seit 2007 umkreist TerraSAR-X die Welt und in Radarbildern identifizierte Objekte zentimetergenau nimmt regelmäßig hochaufgelöste Bilder der Erdober- zu lokalisieren. »Corner-Reflektoren« als Zielobjekte las- fläche auf – dank Radartechnologie völlig unabhängig sen sich besonders deutlich identifizieren und genau von Tageszeit und Wetter. Seit 2010 begleitet ihn sein vermessen, was zum Beispiel genutzt werden kann, um Zwillingssatellit TanDEM-X. Beide zusammen lassen hochgenaue Straßenkarten anzufertigen. sich als Interferometer betreiben, eine Messtechnik, die es erlaubt, die komplette Landoberfläche der Erde Genau das wollte anlässlich des TUM-Jubiläums ein mit hoher Genauigkeit zu vermessen und als globales Lehrstuhl- und Instituts-übergreifendes Team im Rah- digitales Geländemodell zu vermarkten. men eines Experiments demonstrieren. Mitarbeiter des Lehrstuhls für Methodik der Fernerkundung, der Profes- Im Rahmen des Forschungsprojekts Hochauflösende sur für Signalverarbeitung in der Erdbeobachtung und Geodätische Erdbeobachtung haben Wissenschaftler des Lehrstuhls für Geodäsie sowie des DLR-Instituts des DLR-Instituts für Methodik der Fernerkundung für Methodik der Fernerkundung haben gemeinsam zusammen mit Forschern des Ingenieurinstituts für auf der südlichen Wiese der Alten Pinakothek aus Astronomische und Physikalische Geodäsie der TUM preisgünstigen, selbst gefertigten Corner-Reflektoren innovative Verfahren entwickelt, die geodätische Exper- während eines TerraSAR-X-Überflugs das TUM-Logo tise mit Radarsignalverarbeitung zusammenbringen, um nachgebildet. Dass damit nicht nur die geodätischen 12 TUMcampus 4 | 18
Spezial 150 Jahre TUM Fernerkundungsverfahren getestet werden können, sondern der TUM zum 150-Jährigen auch noch unge- wöhnliche Jubiläumsgrüße übersandt wurden, machte das Experiment doppelt interessant. Nach langer Vorbereitung – es mussten Corner-Re- flektoren gebaut sowie Lage und Form des Logos am Rechner geplant und zudem während eines geeigneten Überflugtermins Satellitenzeit für die Aufnahme gebucht werden – war es am 12. Juni 2018 um 6 Uhr soweit: Mit nur einer guten Stunde Vorlauf galt es, die Standorte der 26 benötigten Reflektoren auf der Wiese vermes- sungstechnisch abzustecken und die Ausrichtung hin zur Aufnahmerichtung des Satelliten zu optimieren. Um 7.26 Uhr bildete TerraSAR-X die Münchner Innenstadt bei dichter Wolkendecke ab – unbemerkt, denn Ra- darstrahlen kann man weder sehen noch hören. Umso größer war später die Erleichterung, als das DLR mel- dete: Aufnahme geglückt! Die Reflektoren müssen genau positioniert und ausgerichtet sein. © Michael Eineder/DLR Aus wissenschaftlicher Sicht bewies das Experiment, dass die im Selbstbau hergestellten Corner-Reflektoren mit 50 cm Kantenlänge die im Stadtgebiet vorhandenen natürlichen Reflexionen an Gebäuden und Autos domi- nieren und sich daher hervorragend für Vermessungs- aufgaben eignen. In Zukunft steht also einem operati- onellen Einsatz der geodätischen Radarfernerkundung für hochgenaue Vermessungs- und Kartierungsaufga- ben nichts mehr im Weg. Und bis dahin senden die Fernerkunder und Geodäten von TUM und DLR der TUM mittels TerraSAR-X Jubiläumsgrüße aus dem All. Michael Schmitt Es hat geklappt: Klar erkennbar formen die Corner-Reflektoren das TUM-Logo auf der südli chen Pinakothekswiese. © DLR 2018, TerraSAR-X Scientific Proposal NM_xiao.zhu_LAN2188 TUMcampus 4 | 18 13
Spezial 150 Jahre TUM TUM interaktiv App Ein spielerischer Gang durch die 14 Fakultäten der TUM – das ist die App »TUM inter- aktiv«. Im Angebot hat sie Animationen, Simulationen, Spiele und Rätsel. Entstanden ist die App aus dem glücklichen Zusammen- treffen mehrerer Umstände. Prof. Jürgen Richter-Gebert stand in seiner Rolle als Dekan der Fakultät für Mathe- matik in sehr engem Austausch mit den anderen Fa- kultäten. Gleichzeitig entwickelt er an seinem Lehrstuhl Autorensysteme zur interaktiven Visualisierung natur- wissenschaftlicher Inhalte und hat eine Leidenschaft für die Erstellung von Apps, die auch für interessierte Laien einen verständlichen Zugang zu wissenschaftli- chen Themen ermöglichen. In Kooperation mit seinem Doktoranden Aaron Montag, der unter anderem maß- geblich für die Android-Version zuständig ist, entwi- ckelte er die auf modernsten Technologien basierenden interaktiven Visualisierungen. Bewusst verspielt wird hier an Wissenschaft herangegangen. Jede einzelne der 28 Visualisierungen soll einen kleinen Aha-Moment enthalten. Einige stellen sogar virtuelle Labors dar, mit denen sich echte Simulationsexperimente durchführen Strömungssimulation Die Vielfalt angewandter Forschungsrichtungen ist ein lassen. Was passiert zum Beispiel, wenn sich in einem in TUM interaktiv Charakteristikum der TUM. Von Ingenieurwissenschaf- Raum 200 mit jeweils 50 Euro ausgestattete Personen © Andreas Heddergott ten über naturwissenschaftliche Grundlagenforschung befinden und zu Beginn jeder Minute jede Person, die bis hin zu Life Sciences, Humanities, Wirtschaft und noch nicht pleite ist, einer zufällig ausgewählten ande- Education gibt es ein breites Spektrum an Forschungs- ren einen Euro gibt? und Unterrichtsfächern. So breit, dass es manchmal selbst für TUM-Angehörige schwierig ist, die Frage Die App basiert auf den Framework CindyJS (cindyjs. »Womit beschäftigt sich eigentlich die Fakultät XY?« org), das am Lehrstuhl für Geometrie und Visualisierung schnell zu beantworten. der TUM entwickelt wird. Diese Software gestattet es, mit vergleichsweise geringem Aufwand auch aufwen- Die zum Jubiläumsjahr erschienene iOS und Android dige interaktive Echtheit-Visualisierungen umzusetzen. App »TUM interaktiv« schafft hier zumindest teilweise Insbesondere ermöglicht sie eine vergleichsweise ein- Abhilfe. Sie bietet Wissenschaft zum Anfassen im wört- fache, aber sehr effektive Programmierung von Grafik lichen Sinne. Zu jeder Fakultät werden exemplarisch karten, so dass selbst sehr aufwendige Berechnungen, zwei Themen herausgegriffen, die interaktiv und visuell wie Simulation von Wirbelbildung bei strömenden Flüs- in einige Grundgedanken der Disziplin einführen sollen. sigkeiten, auf dem Handy fließend darstellbar sind. Da werden Codes gecrackt, das Verhalten von Räuber- und Beutepopulationen simuliert, weltweit Krisenherde Die App ist kostenfrei sowohl im Apple App Store als aufgezeigt und Lichtwirkungen an Gebäuden simuliert. auch im Google Play Store erhältlich. Man kann 3D-Knochenhände betrachten, zusehen, wie sich Atome zu Molekülen formen, durch alle Dimensio- Links zu den Download-Versionen: nen des Universums fliegen oder algebraische Flächen interactive.app.tum.de bestaunen. Und wem nach so viel harter Wissenschaft der Sinn nach einer Runde entspanntem Spiel steht, der Jürgen Richter-Gebert kann an Psycho-Pong seine Auge-Hand-Koordination trainieren. 14 TUMcampus 4 | 18
Spezial 150 Jahre TUM Gold für die Studi-WM Beachvolleyball in München 128 Athletinnen und Athleten aus 29 Ländern, 8 000 Zuschauer, 100 Volunteers, 300 Ballkinder und 5 000 Tonnen Sand machten die 9. FISU (Weltverband des Hoch- schulsports) Studierenden Weltmeisterschaft Beachvolleyball aus. Passend zum Jubiläums-Motto »150 Jahre culture kennenlernen konnten. Angebote des Rahmenpro- of excellence« richteten der Zentrale Hochschulsport gramms der WUBC waren etwa Führungen in der In- (ZHS) und die Fakultät für Sport- und Gesundheitswis- nenstadt und in der BMW-Welt sowie ein Bayerischer senschaften der TUM gemeinsam mit dem Allgemeinen Abend. Aktionsstände auf dem Veranstaltungsgelände Deutschen Hochschulsportverband vom 9. bis 13. Juli sorgten abseits der Courts für Spannung und Spaß. die FISU Studierenden-Weltmeisterschaft Beachvol- »Aus vielen Gesprächen habe ich mitgenommen, dass leyball (WUBC) aus. »Ich freue mich sehr, dass wir als sich die Sportler sowie deren Betreuer hier in München TUM Gastgeber dieser Weltmeisterschaft sein und mit sehr wohl gefühlt haben. Außerdem waren die Zuschau- der neu gebauten Beachvolleyball-Anlage, der größten er und Gäste von der Atmosphäre der WUBC sowie und modernsten in Bayern, eine exzellente Infrastruktur dem sportlichen Niveau begeistert«, sagte ZHS-Leiter bereitstellen konnten«, sagte Prof. Wolfgang A. Herr- Michael Hahn. mann, Präsident der TUM. Am Finaltag verwandelte sich der Center Court in einen Eröffnet von Bayerns Wissenschaftsministerin Prof. »Hexenkessel«. Im rein deutschen Herren-Finale setzte Marion Kiechle sorgte die WUBC für große Emotionen sich vor den Augen von Prof. Gerhard Müller, Vizepräsi- auf den Courts und begeisterte fünf Tage lang die Zu- dent der TUM, und Albert Berger, Kanzler der TUM, das schauer. Die Ausrichter freuten sich über einen neuen Duo Eric Stadie und Dan John gegen die favorisierten Teilnahmerekord: 64 Teams aus 29 Nationen kämpften Zwillinge Bennet und David Poniewaz durch (21:17, in München bei bestem Strandwetter um die Medaillen. 21:19). Bronze holten die Schweizer Florian Breer und Yves Haussener. »Die Beachvolleyball-WM war ein Sonne, Stimmung, Die TUM-Studierenden trugen dazu bei, dass die perfekt organisiertes Turnier. Es hat riesigen Spaß ge- Spitzensport: der Center Court internationalen Gäste ihren Aufenthalt in München macht, hier im Olympiapark vor diesem Wahnsinns-Pu- © André Goerschel genießen sowie die bayerische Kultur und Lebensart blikum zu spielen«, freute sich Stadie nach dem Sieg. Bei den Damen triumphierten Megan und Nicole McNa- mara. Die kanadischen Zwillingsschwestern besiegten die Spanierinnen Belén Carro und Paula Soria (21:14, 18:21, 15:10). Platz drei sicherten sich die US-Amerika- nerinnen Emily Sonny und Torrey Van Winden. FISU-Vizepräsident Luciano Cabral bilanzierte nach der Siegerehrung: »Die von der TUM organisierte WM war eine herausragende Veranstaltung in der Geschichte der FISU. Sie wird allen Beteiligten noch lange in bester Erinnerung bleiben!« Fabian Kautz www.wubc2018.de TUMcampus 4 | 18 15
Spezial 150 Jahre TUM Orbitum Künstlerische Arbeiten im öffentlichen Raum visualisierten Forschungsthemen der TUM. Inspiriert durch Erkundungen der »Forschungsplaneten« Garching, Weihenstephan, Straubing, des Klinikums rechts der Isar und des Stammgeländes entstanden mit Skulpturen, Installationen, Projektionen, Ausstellungen in parkenden Autos, Performances und Aktionen für die Bewohner der Stadt Bilder, die den Einfluss der Wissenschaften der TUM künstlerisch visualisierten und reflektierten. Ein Kiosk in Satellitenform informierte auf der Wiese bei der Alten Pinakothek über die Aktivitäten des Lehrstuhls für Raumfahrttechnik. Ein weiteres Thema war die Stadt der Zukunft: Mit fliegenden Autos wäre es möglich, dass die Straßen sich vom Boden in die Luft verlagern. Das Start-up Lilium – gegründet von Absolventen des Ma- Im Stop-Motion Film Im Rahmen der 150-Jahrfeier der TUM zeigte der schinen-wesens der TUM – hat ein Flugtaxi entworfen, »Liliutopie« hält die Lehrstuhl für Bildende Kunst Werke von Architektur- das senkrecht in die Luft startet. Studierende der Archi- Natur Einzug in die Städte, nachdem sich studierenden rund um das Stammgelände der TUM. Die tektur gingen in ihrem Film »Liliutopie« der Frage nach, die Straßen in die Luft Kunstprojekte nahmen Bezug auf Forschungsthemen wie ein solcher Luftverkehr die Städte verändern kann. verlagert haben. (Still einzelner Fakultäten der TUM. Was sind die wichtigsten aus dem Film von Beltinger, Glasmann, Fragen der Zukunft? Welche Herausforderungen und Vi- Lisa Pietrzyk Kraemer, Kretschmer, sionen kreiert die Wissenschaft? Auf diese Fragen warf www.lbk.ar.tum.de/projekte Schwarz, Späth und die Ausstellung einzelne Schlaglichter und präsentierte Wagner) diese im Stadtraum. 150 Jahre TUM: Der Großvater und sein Enkel in Paris Ludwig II. König von Bayern (1845 – 1886) war den chemische Element Indium bewundern. Der Flugkolben- technischen Entwicklungen in seiner Zeit der Indust- motor von Nikolaus Otto und Eugen Langen gewann rialisierung des Landes sehr zugetan. Zur Gründung eine Goldmedaille. In Paris traf Ludwig II. mit dem fran- der heutigen Technischen Universität München durch zösischen Kaiser Napoleon III. zusammen. königlichen Erlass vom 12. April 1868 mag ihn aber auch eine bemerkenswerte Reise inspiriert haben: Ein Jahr Der 81-jährige Großvater mit dem 22-jährigen Enkel – zuvor besuchten der junge König und sein Großvater, drei Jahre vorher zum König von Bayern proklamiert der 1848 abgedankte König Ludwig I. (1786 – 1868), die – auf der Weltausstellung: Wer weiß, ob dieses Erlebnis Weltausstellung in Paris. Dort konnte man als techni- nicht den Entschluss zur Gründung der »polytechni- sche Sensationen den hochautomatischen Fahrstuhl, schen Schule« von 1868 der Umsetzung rasch näher- den Stahlbeton, den Gasmotor, die Anilinfarben und das gebracht hat? 16 TUMcampus 4 | 18
Spezial 150 Jahre TUM Drei neue Ehrensenatoren Die TUM hat ihre verdienten Alumni Dipl.-Ing. Max Aicher, Dr. Urs Brunner und Prof. Gallus Rehm zu Ehrensenatoren ernannt. Die drei Ingenieure wurden an der TUM ausgebildet und haben mit ihren herausragenden wissenschaftlichen, tech nischen und unternehmerischen Leistungen zum Ansehen ihrer Alma Mater promi- nent beigetragen. Präsident Prof. Wolfgang A. Herrmann stellte im Jubilä Förderer des TUM Schülerforschungszentrums Berch- umsfestakt der Stifterkonferenz der TUM Universitäts- tesgaden und Gründungs- sowie Jubiläumsstifter der stiftung die mäzenatische Verbundenheit der neuen TUM Universitätsstiftung. Ehrensenatoren mit ihrer Alma Mater heraus. Urs Brunner sammelte nach dem Studium des Bau Max Aicher studierte Bauingenieurwesen an der TUM. ingenieurwesens an der TUM und der Promotion in Nach einer ersten Station bei der Bayerischen Staats- Karlsruhe zunächst Berufserfahrungen in renommierten verwaltung wurde er im Alter von 30 Jahren alleiniger Unternehmen der Baubranche. 1987 gründete er die Gesellschafter der Max Aicher GmbH in Freilassing. Brunner + Co Baugesellschaft, die heute eine der füh- Das elterliche Bauunternehmen diversifizierte und ex- renden Anbieterinnen von Bauleistungen im Großraum pandierte er in der Folge stetig. Neben seinen unter- München ist. In der Folge baute er weitere Firmen auf, nehmerischen Tätigkeiten trug Max Aicher als Stadtrat die er später in der Unternehmensgruppe Dr. Brunner in Freilassing und als Kreisrat im Landkreis Berchtes- zusammenfasste. Sein unternehmerisches und fachli- gadener Land kommunalpolitische Verantwortung in ches Wissen gibt Urs Brunner als Lehrbeauftragter seit seiner Heimat. Sein außergewöhnliches Engagement vielen Jahren an junge Ingenieur-Generationen der TUM Die drei neuen Ehren senatoren Urs Brunner, und sein unternehmerisches Talent wurden 1994 durch weiter. Seiner Alma Mater ist er als kraftvoller Unterstüt- Gallus Rehm und die Verleihung des Bundesverdienstkreuzes gewürdigt. zer der TUM Universitätsstiftung verbunden. Max Aicher (v.l.) mit Max Aicher setzt sich im Besonderen für die Bildung TUM-Präsident Wolf- gang A. Herrmann (2.v.l.). junger Menschen ein. So stellte er Flüchtlingsunterkünf- Gallus Rehm studierte von 1947 bis 1951 Bauingeni- © Uli Benz te mit integriertem Unterrichtskonzept zur Verfügung, ist eurwesen an der damaligen Technischen Hochschule München und promovierte mit einer ingenieurwissen- schaftlichen Experimentalarbeit am Materialprüfamt. Später leitete er zunächst den Lehrstuhl für Baustoffe und Stahlbetonbau der TU Braunschweig, dann den Lehrstuhl für Werkstoffe im Bauwesen an der Univer sität Stuttgart, wo er gleichzeitig die Direktorenposition am renommierten Otto-Graf-Institut bekleidete. Zu den bekanntesten Bauwerken, an denen Gallus Rehm ne- ben seiner Forschungstätigkeit mitarbeitete, gehört das Olympiastadion in München, dessen avantgardistische Dachkonstruktion er zusammen mit den Architekten Frei Otto und Günther Behnisch entwickelte. Seiner Alma Mater blieb Gallus Rehm ohne Unterbrechung über Jahrzehnte verbunden – nicht zuletzt als großzü- giger Gründungsstifter der TUM Universitätsstiftung in deren erfolgreicher Aufbauphase seit 2010. Andreas Schmidt TUMcampus 4 | 18 17
Die Oberfläche des IceCube-Laboratoriums aus der Vogelperspektive © Ben Tibbets, IceCube/NSF Erste Beweise für Quelle extragalaktischer Teilchen Zum ersten Mal ist es gelungen, die kosmische Herkunft höchstenergetischer Neutri- nos zu bestimmen. Ein Wissenschaftlerteam um die TUM-Professorin Elisa Resconi hat dafür ein wichtiges Indiz geliefert. 18 TUMcampus 4 | 18
Forschen Elisa Resconi hat die Professur für Experimental Phy- Für sie markiert das Ende einer mehr als 100 Jahre sics with Cosmic Particles der TUM inne und ist Spre- dauernden Suche nach den Herkunftsorten hoche- cherin des SFB1258 an der TUM. Sie gehört zu den nergetischer kosmischer Teilchen gleichzeitig einen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern des Neu- neuen Anfang: »In Zukunft wissen wir nun besser, wo- trino-Teleskops IceCube am Südpol. Ihre Forschungs- nach wir suchen müssen«. Neutrinos sind dabei die gruppe erbrachte ein wichtiges Indiz in der Beweiskette, einzigen kosmischen Boten, mit denen sich die höchst dass die von IceCube detektierten Teilchen mit hoher energetischen Phänomene im Universum untersuchen Wahrscheinlichkeit von einer Galaxie in vier Milliarden lassen. Jedoch sind sie extrem flüchtige Teilchen. Da sie Lichtjahren Entfernung stammen. kaum mit anderer Materie wechselwirken, passieren sie praktisch jede Art von Materie ungehindert. Der IceCu- Um andere Ursprünge mit Gewissheit auszuschließen, be-Detektor im Südpol-Eis ist daher mit einem Volumen untersuchte das Team um Elisa Resconi und den Ast- von einem Kubikkilometer zwar der größte Detektor ronomen und Blazar-Experten Dr. Paolo Padovani von der Welt, aber immer noch zu klein: Seit 2013 sind nur der Europäischen Südsternwarte eine 1,33 Grad große 82 höchstenergetische Neutrinos in das IceCube-Eis Himmelsregion um die Position, aus deren Richtung am eingeschlagen. 22. September 2017 ein hochenergetisches Neutrino in den IceCube-Detektor eingeschlagen war. Daher arbeitet Resconi am Design eines über die Erde verteilten Netzwerks an Neutrino-Teleskopen. Das Ziel: Als Quelle dieses Neutrinos hatte eine internationale Die Zahl der detektierten Neutrinos so zu erhöhen, dass Kooperation, an der Resconi beteiligt ist, einen Blazar sich mit ihnen echte Astronomie betreiben lässt – und mit der Katalognummer TXS 0506+056 ausgemacht, in Kombination mit den anderen astronomischen In- eine aktive Galaxie, deren Jet hochenergetischer Teil- formationsquellen, elektromagnetischen Wellen und chen direkt in Richtung Erde zeigt. »Es ist eines der Gravitationswellen, viele bislang noch unverstandene hellsten und eigentümlichsten Objekte, das jemals be- Phänomene des Universums erforschen lassen. obachtet wurde«, sagt Resconi. Die Forschergruppe nutzte erstmals die frei zugänglichen Archiv-Daten von 2018 hat Resconis TUM-Team außerdem ein ganz »Open Universe«, einer Initiative unter Schirmherrschaft neues Projekt erfolgreich auf den Weg gebracht: Im des Büros der Vereinten Nationen für Weltraumfragen, nordöstlichen Pazifik wurden zwei 150 Meter lange die Dr. Paolo Giommi, Hans-Fischer-Senior-Fellow am Drahtseile mit insgesamt acht Detektoren in 2 700 TUM Institute for Advanced Study, ins Leben gerufen hat. Metern Tiefe auf dem Meeresgrund befestigt. »Sollte der Standort geeignet sein, könnte man dank der vor- IceCube besteht aus 5 160 Lichtsensoren – Mit einer speziell hierfür entwickelten Software durch- handenen Infrastruktur darüber nachdenken, wie dort Glaskugeln, die einen kämmten die Wissenschaftler die Daten vieler Telesko- in relativ kurzer Zeit ein komplettes Neutrino-Teleskop Photomultiplier und pe und charakterisierten die Signale. Tatsächlich fanden installiert werden könnte«, sagt Elisa Resconi. »Ein Elektronik für Zeitmes- sung und Signalverar- sie 637 Objekte, darunter auch sieben Blazar-artige, Neutrino-Teleskop im Pazifik würde IceCube und die beitung enthalten. von denen das IceCube-Neutrino stammen könnte. nächste Generation von IceCube am Südpol perfekt © Magdalena Jooss Nach sorgfältiger Analyse blieb nur noch ein Konkur- ergänzen.« renz-Blazar übrig. Dieser war dem Team insbesondere für den Zeitraum September 2014 bis März 2015 als starke Quelle hochenergetischer Gamma-Strahlung aufgefallen. In dieser Zeit hatte IceCube weitere Neu- trinos aus Richtung TXS 0506+056 detektiert, wie eine nachträgliche Untersuchung aller bisherigen IceCu- be-Neutrinos seit 2008 offenbarte. »Wir konnten aber schließlich zeigen, dass das Strah- lungsprofil von TXS 0506+056 perfekt zu den Energien der Neutrinos passt, so dass wir alle anderen Quellen und insbesondere den Hauptkonkurrenten ausschlie- ßen konnten«, erklärt Paolo Padovani. Er, Resconi und Giommi waren 2017 die ersten Wissenschaftler, die eine Beziehung zwischen hochenergetischen IceCu- be-Neutrinos und Blazaren herzustellen versuchten. »Nun können wir einen entscheidenden Beitrag zum Nachweis liefern, dass Blazare die Quellen kosmischer Neutrinos sind«, freut sich Elisa Resconi. TUMcampus 4 | 18 19
Forschen 4,2 Millionen Euro für interdisziplinäre Projekte Die Bayerische Forschungsstiftung hat 2018 elf Projekte in ihr Förderprogramm aufgenommen – an sieben von ihnen ist die TUM beteiligt. Einblick in das Projekt ShapeAM: Mittels Laserstrahlschmelzen gefertigter Kragbal ken aus Titan während der geometrieange- passten Nachbearbei- tung durch Fräsen © iwb 2017 Seit 1990 unterstützt die Bayerische Forschungsstif- Forschungsstiftung, Ordinarius i.R. für Rechnertechnik tung Forschungskonsortien mit dem Ziel, Bayern im und Rechnerorganisation und Emeritus of Excellence internationalen Wettbewerb um neue Technologien zu der TUM, bei der Übergabe der Förderbescheide. stärken und zukunftsfähige Arbeitsplätze zu schaffen. Die Vorhaben müssen gemeinsam von Wirtschaft und TUM-Präsident Prof. Wolfgang A. Herrmann freut sich Wissenschaft beantragt werden. So kooperiert die TUM über diese Anerkennung der Arbeit seiner Kolleginnen in ihren sieben interdisziplinären Forschungsvorhaben und Kollegen: »Auch im 150. Jahr unserer Geschichte mit 22 Unternehmen; die Forschungsstiftung unterstützt ist das Gründungsmotto wirksam: der gewerblichen diese Projekte mit rund 4,2 Millionen Euro. und industriellen Welt den zündenden Funken der Wis- senschaft zu bringen. Unsere Forschungsergebnisse »Herausragende Forschung und Kooperationen mit der haben großes Potenzial für die gemeinsame Umsetzung Wirtschaft und anderen Forschungseinrichtungen: Die- mit Partnern aus Wirtschaft und Industrie. So wird aus se Arbeit unterstützt die Bayerische Forschungsstiftung der wissenschaftlichen Invention die wichtige Innovati- gerne. Die Förderprojekte zeigen, wie gut bayerische on. Die Bayerische Forschungsstiftung hilft damit auch Hochschulen es verstehen, den unternehmerischen unseren Studierenden, frühzeitig mit Unternehmen an Bedarf mit ihrer Wissenschaft zu verbinden. Dadurch hochaktuellen Themen zu arbeiten und Einsichten in entsteht Mehrwert weit über die Beteiligten hinaus«, die Praxis zu gewinnen.« sagte Prof. Arndt Bode, Präsident der Bayerischen 20 TUMcampus 4 | 18
Forschen An den sieben Projekten sind die TUM-Fakultäten für kooperiert der Verbund mit dem Lehrstuhl für Staats- Maschinenwesen, für Elektrotechnik und Informati- und Verwaltungsrecht der Universität Passau, der die onstechnik, TUM School of Governance und Wissen- juristischen Aspekte des Themas beleuchtet. schaftszentrum Weihenstephan beteiligt. OparaBatt ASIMOV Moderne Lithium-Ionen-Akkus bestehen oft nicht aus Dauerhaft in den Knochen implantierte Prothesen kön- einer einzelnen Batterie-Zelle, sondern aus vielen klei- nen sich im Lauf der Zeit lockern. Die Ursache: An der neren oder größeren Zellen, die seriell und häufig parallel Schnittstelle zwischen Implantat und Knochen kann die verschaltet sind. Die Verwendung einer großen Anzahl Kraft nicht gleichmäßig übertragen werden, denn das verschalteter kleiner Zellen ist nicht nur kostengünsti- Metall, aus dem die Prothese besteht, und der Kno- ger im Vergleich zu großen Zellen, die Batteriesysteme chen haben unterschiedliche Steifigkeiten. Im Projekt werden auch sicherer und es resultieren zusätzliche Anatomiespezifische Implantatverankerung mittels Freiheitsgrade. In heutigen Elektroautos sind beispiels- optimierter Verformungseigenschaften (ASIMOV) soll weise bis zu 100 seriell und 100 parallel verschaltete eine neue Methode entstehen, verbesserte, individuell Zellen verbaut. Die Stromaufteilung zwischen den pa- angepasste Implantate zu fertigen. rallel geschalteten Zellen wird nicht gesteuert, da dies aufwendig ist. So kann es zu einer ungleichmäßigen Die Auslegung der Prothesen erfolgt mithilfe von Si- Verteilung kommen, was nutzbare Energie, Leistungs- mulationen; später werden sie nach diesen Modellen fähigkeit und Lebensdauer des Speichers einschränkt. im 3D-Druck gefertigt. Diese Methode erlaubt es, das Metall mithilfe innenliegender Strukturen flexibler zu Die Stromaufteilung hängt von vielen Parametern ab, gestalten und sich so den Materialeigenschaften der etwa von den verwendeten Materialien, dem Lastprofil Knochen anzunähern. Entwickelt wird sie am Beispiel und der Temperatur. Das Projekt Optimal Parallel Bat- des künstlichen Hüftgelenks, soll später aber auch auf tery (OparaBatt) wird diese Abhängigkeiten eingehend andere Prothesentypen übertragbar sein. Die Leitung untersuchen, um die Wechselwirkungen zwischen des Projekts liegt beim Institut für Werkzeugmaschinen den Zellen und den Verschaltungsanordnungen zu und Betriebswissenschaften. optimieren. Der Schwerpunkt liegt auf der Batteriesys- https://www.iwb.mw.tum.de/asimov temtechnik und dem Zellverbund. Federführend ist der Lehrstuhl für Elektrische Energiespeichertechnik. FORTiGe https://www.ees.ei.tum.de/forschung/oparabatt Die Gesundheit von Zuchttieren verbessern will der Forschungsverbund Tiergesundheit durch Genomik Polymeres Getriebefluid (FORTiGe). Die weiterhin steigende Produktion von Schmierstoffe sind essentiell für Lebensdauer, Leistung Lebensmitteln tierischen Ursprungs für eine wachsende und Effizienz von Getrieben und müssen bereits bei Weltbevölkerung führt zu Zielkonflikten von Tierwohl, deren Entwicklung mit einbezogen werden. Getriebe Ökonomie und Ökologie. Mit neuen Möglichkeiten der in Windkraftanlagen benötigen dabei andere Schmier- Genomanalyse können in der Zucht viel präziser für stoffe als etwa Getriebe in Außenbordmotoren. Bisher die Tiergesundheit entscheidende Genomstellen loka- basieren solche Schmierstoffe fast ausschließlich auf lisiert werden. Die genaue Kenntnis solcher Stellen ist Mineral- und Synthetikölen. Das Projekt Polymeres Voraussetzung für den Einsatz von Genom-Editierungs- Getriebefluid hat das Ziel, umweltfreundliche Schmier- verfahren, deren Potenzial im Hinblick auf das Tierwohl stoffe für Getriebe zu entwickeln, die auf Wasser, nach- ausgelotet wird und die einer bäuerlich organisierten wachsenden Rohstoffen und Additiven basieren. Erste Tierzucht zugutekommen sollen. ForTiGe prüft, welche Versuche verliefen bereits sehr vielversprechend. Der Genom-Editierungen überhaupt sinnvoll sein könnten Schmierstoff soll in systematischen Untersuchungen an den Nutztieren Rind, Schwein und Huhn. Zugleich validiert und somit seine Eignung für bestimmte Getrie- soll neben den Aspekten Sicherheit und Effizienz der beanwendungen nachgewiesen werden. Antragsteller Verfahren untersucht werden, wie Öffentlichkeit und ist der Lehrstuhl für Maschinenelemente – Forschungs- Landwirte die neuen Methoden wahrnehmen und stelle für Zahnräder- und Getriebebau. einschätzen. rAIcing Den Antrag für FORTiGe hat der Lehrstuhl für Tierzucht Im Projekt Deep Learning für automatisiertes Fahren gestellt. Das Projekt vereint Wissenschaftlerinnen auf der Rennstrecke (rAIcing) wird mit Verfahren des und Wissenschaftler der TUM und der LMU aus den maschinellen Lernens neue Software für autonom Bereichen Tierzucht und -genomik, Reproduktions- fahrende Rennautos mit Elektroantrieb entwickelt. Im technologie, Molekularbiologie, Immunologie sowie Fokus des Projekts stehen zwei Themen: Die Ermitt- Wissenschafts- und Technologiepolitik. Des Weiteren lung des Reibwertpotenzials und die Optimierung des TUMcampus 4 | 18 21
Forschen Energiemanagements. Das Reibwertpotenzial bestimmt neuen Methoden geforscht, wie die hybride Fertigung, die maximal übertragbaren Beschleunigungs-, Brems- bestehend aus additiver Herstellung und spanender und Seitenkräfte zwischen Fahrbahn und Reifen und Nachbearbeitung von Bauteilen, optimiert werden hat damit einen erheblichen Einfluss auf die Rundenzeit kann. Das Ziel ist zum einen, die additive Erzeugung des Fahrzeugs. Das Reibwertpotenzial möglichst ge- der Bauteile so zu optimieren, dass die Anforderungen nau zu kennen und optimal auszunutzen, ist daher im an Geometrie und Rauigkeit der Oberfläche eingehalten Rennsport essentiell. Ein optimiertes Energiemanage- werden. Zum anderen werden für die spanende Nach- ment soll dafür sorgen, dass das von vier Elektromoto- bearbeitung effizienzsteigernde Maßnahmen getroffen. ren angetriebene Auto mit der für eine Renndistanz zur Geleitet wird das Projekt vom Institut für Werkzeugma- Verfügung stehenden Energie so schnell wie möglich schinen und Betriebswissenschaften. fährt und den Energieverbrauch situativ anpasst. Die https://www.iwb.mw.tum.de/shapeam Software wird in einem realen Fahrzeug getestet. Gelei- tet wird das Projekt vom Lehrstuhl für Fahrzeugtechnik. Beurteilung von Aortenaneurysmen https://forschungsstiftung.de/Projekte/Details/ Abdominale Aortenaneurysmen sind krankhafte Erwei- Deep-Learning-fuer-automatisiertes-Fahren-auf- terungen der Hauptschlagader im Bauch, die schlimms- der-Rennstrecke-rAlcing.html tenfalls reißen können. Sie zählen in Deutschland für Menschen über 65 Jahren zu den zehn häufigsten ShapeAM Todesursachen. Wie groß die Rupturgefahr für An- Additive Fertigungsverfahren wie der 3D-Druck oder eurysma-Patienten ist, lässt sich bislang nicht indivi- das Laserstrahlschmelzen bergen ein großes Potenzial duell bestimmen. Die Bayerische Forschungsstiftung für die Industrie. So ist es möglich, bestimmte Funktio- fördert daher ein Projekt, das diese Frage beantworten nen bereits beim schichtweisen Aufbau der Bauteile zu soll. Patientenspezifische Simulationsmodelle und ma- integrieren und Material einzusparen. Andererseits sind schinelles Lernen individueller Parameter sollen eine diese Verfahren noch nicht vollkommen ausgereift. So individuelle Risikovorhersage bei kleinen und mittleren können zum Beispiel Verformungen dazu führen, dass abdominalen Aortenaneurysmen ermöglichen. Zudem jedes Bauteil individuell formverändert ist. Dies ist für soll eine grafische Oberfläche für die Anwendung in die Serien- oder Massenfertigung eine große Heraus- Kliniken entwickelt werden, um als Entscheidungshilfe forderung. Zudem können geforderte Rauigkeiten der für Ärzte den Weg in die klinische Praxis zu finden. Oberfläche nicht eingehalten werden. Von der TUM sind an dem Projekt beteiligt Prof. Michael Diese Aspekte machen eine Nachbearbeitung der Bau- W. Gee von der Professur für Mechanik auf Höchst- teile unvermeidbar. Daher wird im Forschungsprojekt leistungsrechnern und Prof. Simon Hegelich von der Befähigung additiver Fertigungstechnologien zur Her- Professur für Political Data Science. stellung von Funktionsbauteilen mit hohen Qualitätsan- forderungen für den industriellen Einsatz (ShapeAM) an Paul Hellmich STEPS 2018 Im Rahmen des Förderprogramms STEPS 2018 er- unterstützen, die strategische Profilbildung weiterzuent- halten 16 staatliche Hochschulen in Bayern für die wickeln und eine unterstützende Begleitforschung zu Weiterentwicklung und den strategischen Ausbau der ermöglichen. STEPS knüpft inhaltlich an die bisherigen wissenschaftlichen Weiterbildung und des lebenslan- STRUKTUR-Förderprogramme an, ermöglicht aber den gen Lernens für die Jahre 2018 bis 2020 insgesamt Hochschulen durch zwei neue Bausteine, stärker stra- 3,9 Millionen Euro. An der TUM wird das »TUM Kom- tegie- und forschungszentrierte Fördermittel zu bean- petenzzentrum Digitalisierung und Führungskräfteent- tragen. Die Projektlaufzeit beträgt maximal 32 Monate wicklung (DigiLEAD)« gefördert. und erstreckt sich auf die Haushaltsjahre 2018 bis 2020. Nach dem Leitspruch »Schritt für Schritt besser wer- den« bietet STEPS 2018 den Hochschulen die Gele- genheit, inhaltlich an bestehende Projekte anzuknüpfen. Ziel ist es, Prozesse der strategischen Orientierung und darauf aufbauende strukturelle Maßnahmen zu 22 TUMcampus 4 | 18
Rendering einer DNA-Replikations-Maschine. An solchen Replisomen untersucht die Arbeitsgruppe um Karl Duderstadt den genetischen Code des Lebens. ERC-Grants für Ingenieurwissenschaftler Besondere Anerkennung für exzellente 3D-Filme und Computerspiele kommen der Reali- Forschung in den Ingenieurwissenschaf- tät heute schon sehr nahe, sind bisher aber äußerst aufwendig zu produzieren. Mit spezieller Konstrukti- ten der TUM: Der Europäische For- onssoftware, CAD-Programmen, entwerfen Grafiker schungsrat fördert künftig drei Projekte 3D-Objekte in stundenlanger Arbeit am Computer. Wie aus den Fakultäten für Informatik sowie man den zeitraubenden Prozess automatisieren kann, für Elektrotechnik und Informationstech- erforscht Prof. Matthias Nießner von der Professur für Visual Computing in seinem Projekt »Scan2CAD: nik mit ERC Starting Grants. Learning to Digitize the Real World«. Er will 3D-Scans, die bislang oft stark rauschen, keine Struktur oder gar Löcher haben, CAD-Qualität verleihen. Dafür will er Al- Der Europäische Forschungsrat (ERC) fördert die For- gorithmen entwickeln, die in Datenbanken ein CAD-Mo- schung mit hochdotierten Grants, die personenbezogen dell suchen, das dem gescannten Objekt ähnlich ist. in verschiedenen Kategorien vergeben werden, aller- dings hochwettbewerblich mit geringer Erfolgsquote. Nießners Programm soll lernen, wie Menschen ein Ob- Starting Grants richten sich an Wissenschaftlerinnen jekt in 3D designen, um schließlich etwa einen Stuhl aus und Wissenschaftler, die noch am Anfang ihrer Karriere einem Standbild oder einem 2D-Video von allen Seiten stehen. Sie sind mit bis zu 1,5 Millionen Euro dotiert. zu zeigen. Eine solche Technologie würde die Unter- Durch die Neuzugänge steigt die Zahl der ERC-Grants haltungsindustrie nachhaltig verändern: Man bräuchte an der TUM auf 93. TUMcampus 4 | 18 23
Forschen Danny Nedialkova Matthias Nießner Julijana Gjorgjieva Antonia Wachter-Zeh Karl Duderstadt Majid Zamani keine Fachkenntnisse mehr, um 3D-Filme herzustellen. sicher sein könnten. Antonia Wachter-Zeh will mithilfe Auch bei chirurgischen Eingriffen und als Bestandteil algebraischer Codes neue Verschlüsselungsmethoden von Fertigungsstätten für Industrie 4.0 wäre die Technik entwickeln. Algebraische Codes könnten zudem helfen, hilfreich. Herausforderungen bei einer bislang rein experimen- http://niessnerlab.org tellen Speichermethode zu begegnen: Es ist möglich, Daten in DNA abzulegen und wieder auszulesen. Dabei In einer zunehmend digitalisierten Welt ist es enorm treten allerdings häufig Lese- und Schreibfehler auf. wichtig, Daten zu schützen – sowohl vor unbefugtem Wachter-Zeh will mithilfe der gewonnenen Erkenntnisse Zugriff als auch vor Fehlern beim Lesen und Speichern. zu algebraischen Codes Verfahren entwickeln, um diese Letztere können große Datenbestände nutzlos machen Fehler zu korrigieren. und etwa zu falschen Forschungsergebnissen führen. https://www.lnt.ei.tum.de Das ERC-geförderte Projekt »Coding for Security and DNA Storage« (inCREASE) von Prof. Antonia Wachter- Die heute weit verbreiteten »cyber-physikalischen« Zeh von der Professur für Codierung für Kommunikati- Systeme beinhalten zahlreiche Sensoren und Antriebs on und Datenspeicherung beschäftigt sich mit beiden elemente, die von Software gesteuert werden. Wäh- Themen. rend manche Alltagsgegenstände sind, haben andere sicherheitskritische Funktion – selbstfahrende Autos Fortschritte in der Rechner-Entwicklung, insbesondere etwa, Stromnetzwerke oder intelligente Ampeln. Bei beim Bau von Quantencomputern, sorgen dafür, dass solchen Systemen können auch kleine Softwarefehler aktuelle Verschlüsselungsmethoden bald nicht mehr katastrophale Folgen haben. 24 TUMcampus 4 | 18
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