Vorhang auf für die Kunst - Schreibförderung Wenn Schulkinder zu Reportern werden Schweizer Schulpreis Warum es sich lohnt mitzumachen ...

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Vorhang auf für die Kunst - Schreibförderung Wenn Schulkinder zu Reportern werden Schweizer Schulpreis Warum es sich lohnt mitzumachen ...
Schulblatt des Kantons Zürich 6/2012

Vorhang auf für die Kunst
Schreibförderung Wenn Schulkinder zu Reportern werden
Schweizer Schulpreis Warum es sich lohnt mitzumachen
Schülerfeedbacks Drei Lehrpersonen, drei Methoden
Vorhang auf für die Kunst - Schreibförderung Wenn Schulkinder zu Reportern werden Schweizer Schulpreis Warum es sich lohnt mitzumachen ...
Das Schülerlabor am Paul Scherrer Institut

Das Labor für die iPod-Generation
 Nachwuchs für die Forschung

Bei der Nachwuchsförderung in Naturwissenschaften will das          Melden Sie Ihre Schulklasse noch heute an.
Paul Scherrer Institut PSI neue Wege gehen. In einem Schülerlabor   Anmeldeformular im Internet: www.ilab-psi.ch
experimentieren Jugendliche in Zweiergruppen mit Schallpulsen und
                                                                    Kontakt: ilab@psi.ch
Vakuum. Sie erfahren spielerisch die Geheimnisse von Phänomenen,
die für die Forschung am PSI von zentraler Bedeutung sind.          Paul Scherrer Institut
                                                                    Schülerlabor iLab
In erster Linie richtet sich das iLab an Jugendliche im Alter von   5232 Villigen PSI, Schweiz
14 bis 15 Jahren, das Programm kann aber für 12- bis 20-Jährige     Tel. +41 56 310 55 40
angepasst werden.                                                   Fax +41 56 310 55 41

A
von

      Wir sind umgezogen!
                                                                                    Pädagogische Hochschule Zürich
                                                                                    Lehrmittelverlag Zürich
                                                                                    Stiftung Bildung und Entwicklung

      Unser neur Laden befindet sich an der

                                                                                                      b
      Lagerstrasse 14 · 8004 Zürich

      Mo–Fr 09.00–18.30 Uhr                                                                         nach
      Sa     09.00–17.00 Uhr

      Telefon 043 305 61 00
      Fax    043 305 61 01
      www.lernmedien-shop.ch
      lernmedien-shop@phzh.ch
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Inhalt

18         Musik: Wenn die Klasse
           zum Orchester wird.               36      Süss und spannend: der Alltag einer
                                                     angehenden Bäckerin-Konditorin.       40      Pensionierung: Luc Grütter schaut
                                                                                                   auf 34 Berufsjahre zurück.

                                                                             Editorial von Katrin Hafner
Kommentar von Bildungsdirektorin Regine Aeppli                5              Ich habe schön gestaunt: Zum Abschluss sei-
                                                                             nes ersten Kindergartenjahres hat unser Sohn
Magazin
Im Lehrerzimmer: Primarschule Weinberg                        6              mit seinen Gspändli ein Theaterstück aufge-
Jürg Schmid unter der Lupe                                    7              führt. Die Kindergärtnerinnen haben aus
Jürgen Oelkers über den neuen Schweizer Schulpreis            9              Liedern, Texten, selbst gebauten Kulissen und
                                                                             20 Kindern ein Gesamtwerk geschaffen – oder
Fokus: Vorhang auf für die Kunst                             10
                                                                             müsste man sagen: Kunstwerk? Chapeau!
Volksschule                                                                      Hatten Schulkinder früher weit weniger
Schreibförderung am Beispiel der Schule Leutschenbach        20              Gelegenheit, kreativ zu sein, und besuchten
Stimmen zum abgeschlossenen Projekt Lehrmittelpolitik        22              sie vielleicht einmal in neun Schuljahren
Wo der Lehrplan 21 steht und wie es weitergeht               25              das Schauspielhaus, sind heute verschiedene
Kurzmeldungen                                                26
                                                                             Kontakte mit Kultur bereits ab Eingangsstufe
Mittelschule                                                                 üblich – und dauern an über die Volksschule
Was Lehrpersonen und Schüler von Feedbacks halten            28              bis in die Berufsfach- oder Mittelschulen.
Vorverlegte Matur gut angelaufen                             31                  Museen, Theater und weitere Institutionen
So lebendig können Schulpulte aussehen                       32              buhlen um die Aufmerksamkeit ihres künfti-
Berufsbildung                                                                gen Publikums; vor lauter Angeboten ist es für
Margrit Stamm über Berufseinsteiger mit Migrationshintergrund 34             die Lehrperson schwierig, den Überblick zu
Berufslehre heute: Bäckerin-Konditorin-Confiseurin            36             behalten. Welches kulturelle Projekt passt zur
                                                                             Klasse, und wo und wie kann man es realisie-
Porträt
                                                                             ren? Dazu kommen grundsätzliche Fragen:
Luc Grütter: Nach 34 bewegten Jahren in den Ruhestand        40
                                                                             Welche Kultur interessiert Jugendliche über-
Service                                                                      haupt? Fördert Auseinandersetzung mit Kunst
Schule und Kultur                                            42              die Integration oder gar die Leistungsbereit-
Hinweise auf Veranstaltungen                                 44              schaft? Und: Was, wenn Kultur bloss konsu-
Weiterbildung                                                45
                                                                             miert wird, das Ereignis zum Happening mu-
Amtliches                                                    53              tiert, das die Schülerinnen und Schüler wider-
                                                                             willig über sich ergehen lassen? Im Fokus
Impressum und wichtige Adressen                              63
                                                                             dieses Heftes stehen solche Fragen.
                                                                                 Ich wünsche gute Inspiration und sage:
Titelillustration: Daniel Müller
                                                                             Vorhang auf!                               !
                                                                                                     Schulblatt des Kantons Zürich 6/2012       3
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10 Jahre
                                           Schulen
                                           ans Internet.
                                           6800 Schulen. 100 000 Lehrpersonen und
                                           1,4 Millionen Schülerinnen und Schüler. Sie
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                                           für Umwelt und Gesellschaft

4   Schulblatt des Kantons Zürich 6/2012
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Kommentar

                         Husi-Kurse oder eine unendliche Geschichte
                         Die Diskussion um die Husi-Kurse an den Mittel-
                         schulen geht in die nächste Runde: Die Frage
                         über eine Vorverlegung kommt vors Volk. Es ist
                         zu hoffen, dass dann endlich eine Lösung mit
                         Bestand gefunden wird.
                         Von Regine Aeppli, Bildungsdirektorin

                                                                                      Untergymnasium, also in die 2. Klasse, vorzuverlegen. Dem
Foto: Béatrice Devènes

                                                                                      haben der Kantonsrat und auch der Regierungsrat klar zu-
                                                                                      gestimmt. Jetzt wäre also ein Vorschlag auf dem Tisch, der
                                                                                      alle Schülerinnen und Schüler gleich behandelt. Denn wer
                                                                                      von der Sekundarschule ins Kurzgymnasium übertritt, hat
                                                                                      bereits Hauswirtschaftsunterricht absolviert.
                                                                                           Doch gegen die vorliegende Lösung wurde auf Anstoss
                                                                                      der Husi-Lehrerinnen das Behördenreferendum ergriffen.
                                                                                      Damit haben die Stimmbürgerinnen und Stimmbürger zu
                                                                                      entscheiden. Die Volksabstimmung wird voraussichtlich im
                                                                                      nächsten Frühling stattfinden.
                                                                                           Weil stabile Rahmenbedingungen für die Schule wich-
                                                                                      tig sind, ist ein baldiges Ende der Husi-Geschichte wün-
                                                                                      schenswert. Persönlich hoffe ich, dass sich die Stimmbür-
                                                                                      gerinnen und Stimmbürger der Regierung und dem Kan-
                                                                                      tonsrat anschliessen und das Referendum ablehnen. Denn
                                                                                      ich bin überzeugt, dass eine gute Lösung getroffen wurde.
                                                                                      Es ist nämlich nicht einzusehen, dass das, was für Sek-
                                                                                      Schülerinnen und Sek-Schüler gut ist, nicht auch für Gym-
                                                                                      nasiastinnen und Gymnasiasten recht ist. Zudem kann mit
                         Gute Schule, guter Unterricht braucht stabile Rahmenbe-      der Verschiebung ins zweite Jahr des Untergymnasiums
                         dingungen. Das wird im Schulfeld immer wieder betont.        mehr Unterrichtszeit vor der Matura gewonnen werden.
                         Dies ist auch der Bildungsdirektion wichtig. Leider lässt    Und für Mittelschulen mit gemischten Klassen (Lang- und
                         sich ein Hin und Her nicht immer vermeiden, wie das Bei-     Kurz-Gymnasium) ist die Organisation der Kurse und des
                         spiel der Husi-Kurse zeigt.                                  Unterrichts wesentlich einfacher.
                              Vor 15 Jahren beschloss der Bildungsrat, die Haus-           Bei einem anderen Geschäft steht der Zeitpunkt der
                         wirtschaftskurse nur noch für Klassen kantonaler Mittel-     Abstimmung bereits fest. Am 25. November stimmen die
                         schulen mit Langgymnasium durchzuführen. Ein paar            Stimmbürgerinnen und Stimmbürger über die «prima-
                         Jahre später wurden die Hauswirtschaftskurse im Zuge des     Initiative» und den Gegenvorschlag für eine freiwillige
                         Sanierungsprogramms San04 abgeschafft. Gegen die Ab-         Einführung der Grundstufe ab. Der Kantonsrat und der
                         schaffung regte sich aber Widerstand. Eine Volksinitiative   Regierungsrat unterstützen den Gegenvorschlag.
                         «Ja zur Husi» wurde eingereicht, und der Kantonsrat buch-         Die Gemeinden sollen die Freiheit haben zu entschei-
                         stabierte beim Sparen nicht nur zurück, sondern weitete      den, ob sie die Grundstufe an ihren Schulen einführen
                         das Angebot sogar auf alle Gymnasiastinnen und Gymna-        wollen oder nicht. In besonderen Fällen können in einer
                         siasten aus, also auch auf jene Schülerinnen und Schüler,    Gemeinde sogar der Kindergarten wie auch die Grundstufe
                         die ein Kurzgymnasium besuchen.                              geführt werden. Damit soll insbesondere ermöglicht wer-
                              Im Rahmen des Sanierungsprogramms San10 bean-           den, dass die Gemeinden das Modell wählen können, das
                         tragte der Regierungsrat dem Kantonsrat, die Husi-Kurse      ihren Bedürfnissen oder ihrer Tradition am besten ent-
                         auf die 4. Klassen des Langgymnasiums zu beschränken         spricht. Denn auch hier ist es uns wichtig, dass die Schulen
                         wie vor 2004. Die vorberatende Kommission des Kantons-       auf stabile Rahmenbedingungen aufbauen können und
                         rates beantragte dem Kantonsrat indessen, die Kurse ins      nicht unnötig viel umkrempeln müssen.                     !
                                                                                                                   Schulblatt des Kantons Zürich 6/2012   5
Vorhang auf für die Kunst - Schreibförderung Wenn Schulkinder zu Reportern werden Schweizer Schulpreis Warum es sich lohnt mitzumachen ...
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Im Lehrerzimmer der Primarschule Weinberg im Zürcher
Stadtkreis 6 riecht es noch ganz neu.

Fotos: Marion Nitsch

Schulhaus: 1891 gebaut, jüngst fertig saniert und ausge-     war das Lehrer- ein Schulzimmer. Meist funktionieren:
baut, riecht noch ganz neu. Seit den Sommerferien: beleben   Sonnenstoren und Licht automatisch – aber nicht immer.
4 Mittelstufenklassen und 70 Kinder, die den Hort besu-      Begeisterung: lösen die Objekte aus alten Plastiksäcken
chen, das Haus. Zur Schule gehören auch: das Schulhaus       aus, die eine Lehrerin selbst gemacht hat und in der 10-
Turner, wo jetzt die Unterstufenklassen sind, 6 Kinder-      Uhr-Pause dem Team zeigt. Stimmung: heiter, familiär.
gärten, 2 weitere Betreuungsstätten und 2 Morgentische.      Nerven braucht: das Entstauen des Kopiergeräts. Bis anhin
Team: 8 Lehrpersonen und Schulleiter Matthias Jordi. Far-    ungenutzt: die im Lehrerzimmer eingebaute Telefonkabine.
biger: soll das Lehrerzimmer werden, wünscht sich der        Blitzblank: ist die Küchenkombination. Hausdienstleiter
Schulleiter, und: dass das Weinbergschulhaus zum Zentrum     Vitomir Djalovic poliert sie. Ihm gefällt es im neuen Leh-
der Schuleinheit Weinberg Turner wird. Vor dem Umbau:        rerzimmer. «Es ist schön wie in einem Hotel.» [kat]

6     Schulblatt des Kantons Zürich 6/2012
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Unter der Lupe Fünf Fragen an Jürg                                                 Das Zitat «Als Leh-
Schmid, Direktor Schweiz Tourismus.                                                rerin oder Lehrer ist
                                                                                  man eine öffentliche
Wenn Sie an Ihre Schulzeit denken, was kommt Ihnen als Erstes in den Sinn?             Person. Ich rate
Unbeschwertheit. Natürlich aus heutiger Sicht. Denn was wir heute als
wertvoll erkennen, haben wir selber damals nicht oder anders wahrge-                den Lehrpersonen,
nommen. Ich ging stets gerne in die Schule. Und dann kommen mir natür-
lich die Klassenlager in den Sinn. Zum ersten Mal so richtig weg von zu
                                                                                   bei ungewünschten
Hause. Freiheit pur. Klassenlager sind wichtige Momente der Integration               Kontakten an der
ins Kollektiv und der persönlichen Entfaltung. Schade, gibt es heute immer
weniger Schneelager. Das bedauere ich vor allem auch als Touristiker.
                                                                                  Migros-Kasse einen
Welcher Lehrperson geben Sie rückblickend die Note 6 und warum? Meiner            flotten Spruch parat
Sekundarlehrerin Frau Vögeli. Sie hat uns gefordert und gefördert. Stoisch
und souverän konnte sie mit dem pubertären Verhalten von uns Jugendli-                      zu haben.»
chen umgehen. Als Vater von drei Jugendlichen muss ich ihr heute da-
                                                                                     Maja Storch, Psychologin, in «Education»,
für höchsten Respekt zollen. Inwiefern hat die Schule Ihnen geholfen, der              Amtliches Schulblatt des Kantons Bern
oberste Chef von Schweiz Tourismus zu werden? Sie hat mir entscheidend
geholfen. Ausbildung ist das Fundament, das später zusammen mit der
eigenen Persönlichkeit die Berufsleistung ermöglicht. Dabei erachte ich
weniger die Erinnerung an einzelnen Schulstoff als relevant für den Er-
folg – da spielt uns die Halbwertszeit der Wissensspeicherung ohnehin
einen Streich –, sondern das schulisch vermittelte Erkennen der Zusam-
menhänge und das methodische Vorgehen. Aber ohne Persönlichkeit und
Sozialkompetenz kann sich Wissen nie optimal entfalten. Gerade im Tou-
rismus, wo man mit Menschen Träume für Menschen ermöglicht, ist der
motivierende Umgang mit ganz unterschiedlichen Leuten von grundlegen-
der Bedeutung. Was ist das Wichtigste, was Kinder heute in der Schule ler-
nen sollen, und warum? In einer globalen kompetitiven Welt ist und bleibt
eine möglichst umfassende Ausbildung das A und O. Sprachkenntnisse
und das Verständnis anderer Kulturen und Gesellschaften werden dabei
immer wichtiger. Die Vermittlung von Werten wie Teamfähigkeit, Respekt
oder Toleranz ist aber ebenso hoch einzustufen. Hier leisten die Schu-
len einen wichtigen Beitrag. Etwas fällt mir aber bei                          Die Zahl
Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern aus anderen                                  Das Wachstum in den öffentlichen
Kulturkreisen, insbesondere aus dem angel-                                       Kindergärten des Kantons Zürich
sächsischen Raum, immer wieder auf: Sie                                             setzt sich fort: Zählte die Bil-
beherrschen das selbstbewusste Präsen-                                                dungsstatistik letztes Jahr noch
tieren und Vortragen besser. Sie kön-                                                  12 623 Jungen und Mädchen
nen gleich viel Wissen besser verkau-                                                   im ersten Kindergartenjahr,
fen. Vielleicht liegt es daran, dass sie                                                 so schauten zum Schulanfang
viel früher und umfassender Präsen-                                                      diesen Sommer ungefähr
tationstechniken und Methodiken er-                                                      13 220 Kinder* erwartungs-
lernen. Diesbezüglich haben hiesige                                                      voll ihrer ersten Kinder-
Schulen noch Entwicklungspotenzial.                                                     gartenstunde entgegen. Dies
Warum wären Sie eine gute Lehrperson –                                                 entspricht einem Anstieg von
oder eben nicht? Das müssten die Schü-                                               4,7 Prozent gegenüber dem Vor-
lerinnen und Schüler beurteilen. Aber das                                          jahr. Verändert hat sich über die
werde ich wohl leider nie herausfinden, denn                                     Jahre auch die Herkunft der Kinder-
der Tourismus ist eine faszinierende und heraus-                               gärtler. So nimmt beispielsweise die
fordernde Arbeit, die mich motiviert und erfüllt.                              Anzahl Kinder serbischer Nationalität
                                                                               stetig ab. Die Schweizer Mädchen und
                                                                               Buben treffen heute am häufigsten
Zur Person Jürg Schmid, geboren 1962 in Zürich, studierte Betriebsökonomie
                                                                               auf deutsche Spielkameradinnen und
an der Höheren Wirtschafts- und Verwaltungsschule (HWV). Erste Berufser-
fahrungen sammelte er bei Hewlett-Packard und der Bank Vontobel. Später        -kameraden. [ana]
war er in führender Stellung für das Softwareunternehmen Oracle Corporation    * Schätzung der Bildungsplanung.
tätig. Seit 1999 ist Jürg Schmid Direktor von Schweiz Tourismus. Er lebt mit   Die effektive Zahl ist derzeit noch nicht
seiner Frau und seinen drei Kindern in Uitikon.                                verfügbar.

                                                                                         Schulblatt des Kantons Zürich 6/2012   7
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Intensiv DaZ-Kurse
                                                                                                                           für Kinder & Jugendliche
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                                                                                                                           ‡   Ganz- und Halbtagesvariante möglich
    Die aktuellsten Angebote                                                                                               ‡   26/20 Lektionen pro Woche in Kleingruppen
                                                                                                                           ‡   Mittagstisch
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    Pädagogische Hochschule Thurgau                                                                                        ‡    Behördenvertreter öffentlicher Schulen
    Weiterbildung                                                                                                          ‡    Eltern unserer Intensiv DaZ-Kurs SchülerInnen
    Hafenstrasse 50d
    CH-8280 Kreuzlingen                                                                                                    Schule: Stettbachstrasse 7 | 8600 Dübendorf | T +41 (0)44 888 58 58
    Tel. +41 (0)71 678 56 33                                                                                               Anmeldung und Infos: T +41 (0)43 888 70 70 | info@allegra-sprachen.ch
    weiterbildung@phtg.ch
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                                                CHF 1198.– (statt 1315.–)             –                                    CHF 1825.– (statt 1998.–)
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                             mit 8 GB RAM       CHF 1278.– (statt 1395.–)
                                                                  1395.–)             CHF 1515.– (statt 1659.–)
                                                                                                        1659.–)            CHF 1899.– (statt 2078.–)
                                                                                                                                             2078.–)            CHF 2135.– (statt 2339.–)
                                                                                                                                                                                  2339.–)
                             mit 16 GB RAM                        1485.–)
                                                CHF 1368.– (statt 1485.–)             CHF 1685.– (statt 1829
                                                                                                        1829.–)
                                                                                                            .–)                              2168.–)
                                                                                                                           CHF 2010.– (statt 2168.–)            CHF 2310.– (statt 2498.–)
                                                                                                                                                                                  2498.–)

                               Irrtümer, Preis- und Angebotsänderungen vorbehalten. Aktuellste Preise finden Sie unter www.heinigerag.ch. *9% Rabatt gilt auf den offiziellen Heiniger-Verkaufspreis.
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8          Schulblatt des Kantons Zürich 6/2012
Vorhang auf für die Kunst - Schreibförderung Wenn Schulkinder zu Reportern werden Schweizer Schulpreis Warum es sich lohnt mitzumachen ...
Magazin

«Die Schweiz hat viele hervorragende Schulen»
Das Forum Bildung lanciert den Schweizer Schul-
preis. Bildungsforscher und Jurypräsident
Jürgen Oelkers erklärt, was die Schule davon hat.
Interview: Katrin Hafner Foto: Reto Schlatter

Herr Oelkers, was ist Sinn und Zweck                                                      Wer sitzt in dieser Jury?
des neu lancierten Preises?                                                               Experten aus der Wissenschaft, Lehr-
Jürgen Oelkers: Wir wollen zeigen,                                                        personen und Behördenmitglieder aus
dass die Schweiz viele hervorragende                                                      dem deutschsprachigen Raum, dem
Schulen hat. Es sollen nicht nur nega-                                                    Tessin und der Romandie. Für die
tive Schlagzeilen herumgeistern. Das                                                      Vorauswahl werden zirka 20 Personen
Hauptziel ist, die Schulqualität in der                                                   zuständig sein; die Anzahl hängt ab
Schweiz zu verbessern, indem wir gute                                                     von der Zahl der Bewerbungen. Die
Beispiele ins Schaufenster der Öffent-                                                    Hauptjury besteht aus 13 Personen,
lichkeit stellen.                                                                         die die Schulen zwei Tage besuchen
Was ist denn eine gute Schule?                                                            und beobachten.
Wir stützen uns auf sechs Qualitätskri-                                                   Ab sofort können sich Schulen melden,
terien – darunter «Umgang mit Hete-                                                       im nächsten Sommer werden die
rogenität», «Schulklima» oder «Unter-                                                     ersten ausgezeichnet. Wie viele Be-
richtsqualität».                                                                          werbungen erwarten Sie?
Wie wollen Sie Kriterien wie «Schul-                                                      Das kann ich derzeit nicht abschätzen.
klima» messen?                                    Bildungsforscher Jürgen Oelkers.        Bewerben können sich Schulen aller
Diese Kriterien sind in Deutschland                                                       Stufen, auch Berufsfach- sowie Privat-
aufgrund des aktuellen Forschungs-                                                        schulen und Institutionen der frühen
stands entwickelt und von unabhängi-                                                      Förderung.
gen Experten evaluiert worden. Die              uns bekommen alle aus der engeren         Auch einzelne Lehrpersonen?
Robert-Bosch- und die Heidehof-Stif-            Auswahl ein Feedback. Auch Nicht-         Nein, sie können aber ihre Schullei-
tung verleihen den Preis seit sieben            Gewinner profitieren dadurch.              tung überzeugen mitzumachen.
Jahren, von ihren Erfahrungen profi-             Dennoch: Es ist ein Wettbewerb,           Sie wollen auch den Erfahrungsaus-
tieren wir nun.                                 das erzeugt Druck.                        tausch zwischen den Schulen fördern.
Gibt es nicht schon genug solcher               Historisch betrachtet ist es so: Wenn     Nun sind aber die jeweiligen Be-
Auszeichnungen?                                 sich eine Schule entwickeln will,         dingungen so verschieden, dass es
Der Schulpreis ist kein behördlicher            braucht sie bessere Schulen vor Au-       wohl schwierig wird, von einer anderen
Test, sondern eine freiwillige Angele-          gen. Ein gewisser Ansporn und Wett-       Schule abzugucken.
genheit. Erstmals werden zudem alle             bewerb sind nicht schlecht.               Dieses Argument ist bekannt, man sagt
Schulstufen über alle Sprachregionen            Die Teilnahme verursacht Aufwand.         dann, die können locker individuali-
hinweg für aussergewöhnliche Leis-              Warum lohnt sich dies für die Schule?     siert unterrichten, bei uns wäre das
tungen ausgezeichnet. Darüber hinaus            Will sich eine Schule bewerben, muss      viel schwieriger et cetera. Aber die lo-
lockt ein Preisgeld, das frei verwendet         sie eine Dokumentation erstellen, das     kalen Bedingungen werden natürlich
werden darf. Jedes zweite Jahr gewin-           bedeutet Arbeit. Aber das alleine ist     berücksichtigt. Und eine Schule wird
nen sechs bis acht Schulen insgesamt            auch ein Gewinn. Aus Deutschland          nicht ein ganzes Konzept von einer
225 000 Franken.                                wissen wir, dass es der Schule viel       anderen übernehmen, sondern punk-
Welche Geldgeber stecken dahinter?              bringt, wenn sie freiwillig bilanziert,   tuell das, was ihr hilft. In Deutschland
Sponsoren wie Crédit Suisse, Müller-            was sie auszeichnet und was sie leis-     funktioniert das gut. Zahlreiche Schu-
Möhl Foundation, Kulturprozent der              tet punkto Unterricht, Eltern- oder       len interessieren sich für die Ausge-
Migros, Jugend und Wirtschaft und ei-           Schülerpartizipation. Die Lehrperso-      zeichneten, besuchen diese oder las-
nige Kantone – etwa Bern.                       nen fühlen sich anschliessend als         sen sich von ihnen inspirieren.       !
Ist ein Ranking sinnvoll?                       Team gestärkt – unabhängig davon,
Wir machen kein Ranking; man kann               wie das Urteil der professionellen,       ∑Bewerbungen bis 22. Februar 2013 an:
gewinnen, aber nicht verlieren. Bei             neutralen Jury ausfällt.                  www.schweizerschulpreis.ch

                                                                                                  Schulblatt des Kantons Zürich 6/2012   9
Vorhang auf für die Kunst - Schreibförderung Wenn Schulkinder zu Reportern werden Schweizer Schulpreis Warum es sich lohnt mitzumachen ...
Fokus

10      Schulblatt des Kantons Zürich 6/2012
Fokus

Vorhang auf für die Kunst
Was bringt es, wenn sich
Lehrpersonen, Schülerinnen
und Schüler mit Kultur aus-
einandersetzen? Es öffnet
Welten. Aber nicht nur.
Illustrationen von Daniel Müller.

André Grieder über den Sinn von Kultur im Unterricht                                12
Graffiti oder Lesung? Besuch in zwei Schulen                                        16
Jedem sein Instrument – Musik als Integrationsprojekt                               18
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Fokus

«Niemand versagt wegen zu viel Kultur» Welche
Kunst interessiert junge Menschen? Und was
kümmert das die Lehrperson? André Grieder,
Leiter Sektor schule&kultur der Bildungsdirektion,
über Opernbesuche und Rapproduktionen.
Interview: Katrin Hafner Fotos: Hannes Heinzer

Herr Grieder, seit vier Jahren leiten            den Alltag geschafft. Und: Die Lehr-        Der Stellenwert von Kultur ist in
Sie den Sektor schule&kultur.                    personen sind viel offener gegenüber        Zürcher Schulen also hoch?
Was verstehen Sie unter Kultur?                  verschiedenen Formen von Gestaltung.        Wir müssen uns im nationalen und
André Grieder: Ich mache es mir jetzt            Viele setzen eigene Projekte um.            internationalen Vergleich nicht ver-
einfach: Alles, was nicht Natur ist.             Verstehen Sie solche Projekte –             stecken. Schon seit zehn Jahren gibt
Das ist mir zu allgemein.                        etwa die gemeinsame Gestaltung des          es den Sektor schule&kultur; wir ver-
Dann wirds komplex. Denn der Kultur-             Pausenplatzes – als Kunst?                  mitteln Projekte und Veranstaltungen
begriff ist umkämpft. Einigen wir uns            Ich vielleicht nicht, weil das Kunst-       und erreichen damit über die Hälfte
darauf: schule&kultur versteht unter             verständnis subjektiv geprägt ist. Wir      aller Schülerinnen und Schüler – vom
Kultur Musik, Theater, Film, Literatur,          dürfen aber auf keinen Fall missiona-       Kindergarten bis zu Gymnasium und
Tanz, die bildenden Künste sowie Wis-            risch werden und Initiativen kritisie-      Berufsfachschule.
sensthemen (vgl. Kasten).                        ren, nur weil sie nicht irgendwelchen       Was entgeht denn jemandem, der
Heute führen bereits Kindergärtler               hehren Vorstellungen entsprechen.           nie mit der Schule in die Oper geht
Theater auf, und Erstklässler organi-            Qualitätsansprüche darf man dennoch         oder nie Graffiti sprayt?
sieren Ausstellungen. So kulturell war           stellen, nicht?                             Die Auseinandersetzung mit Künsten
die Schulzeit wohl nie zuvor.                    Als Fachstelle sind wir dazu verpflich-      öffnet Welten. Wenn Kinder und Ju-
Das ist so. Während meiner Schulzeit             tet. Aber Lehrpersonen, die sich mit        gendliche mit Ansichten und Darstel-
ging man in der neunten Klasse ins               ihren Klassen künstlerisch betätigen –      lungen konfrontiert werden, die ihnen
Schauspielhaus zu Schillers «Wilhelm             und das passiert heute auf allen Stu-       nicht geläufig sind, machen sie wert-
Tell». Das wars. Inzwischen hat die              fen –, wollen wir nicht kritisieren, son-   volle Erfahrungen. Sie lernen, mit Un-
Kultur den Schritt aus den Palästen in           dern unterstützen.                          gewohntem umzugehen, und das ist

12      Schulblatt des Kantons Zürich 6/2012
Fokus

                                              André Grieder: «Ein junger Mensch sollte das Kulturerbe kennen, das unsere Gesellschaft prägt.»

heutzutage eine zentrale Kompetenz.       liche Kunst nicht zu verleugnen. Die              Schwieriger wirds wohl, wenn
Ausserdem trägt kulturelle Bildung        Heranwachsenden sollen wissen, dass               dieselben Berufsfachschüler die Oper
zur Chancengleichheit bei.                Roman Signer in der Kunstszene ein                besuchen müssen.
Inwiefern trägt sie zur Chancen-          sehr anerkannter Name ist; deswegen               Im Gegenteil. Der riesige Kronleuch-
gleichheit bei?                           müssen sie ihn nach der Ausstellung               ter im Saal, die Ouvertüre, der Tenor
Manche Kinder werden mit verschie-        nicht toll finden.                                 oder das Bühnenbild beeindrucken sie
denen Kunstformen konfrontiert, an-       Welche Art von Kultur finden heutige               oft sehr. Und: Fast alle Jugendlichen                    3
dere nie. Für weniger wohlhabende         Junge denn toll?
Familien ist musische Förderung oft       Grundsätzlich jede Art.
zu teuer. Gemäss Kinderrechtskon-         Man hört aber von Kulturschaffenden,                   Zur Person André Grieder, 58,
                                                                                                 leitet seit vier Jahren den Sektor
vention der UNO hat aber jedes Kind       dass manche Volksschüler keinen
                                                                                                 schule&kultur der Bildungsdirektion,
das Recht auf Teilnahme am kultu-         Schimmer haben von Kunst.
                                                                                                 der den Kontakt mit Kunst und den
rellen Leben. Und da spielt die Schule    Es ist schon so, dass junge Menschen                   Austausch mit Kulturschaffenden
eine wichtige Rolle: Sie kann junge       vor allem Hollywood-Filme konsumie-                    ermöglicht und u.a. das Nachwuchs-
Menschen, unabhängig von ihrem            ren. Unsere Aufgabe ist es eben, sie                   band-Festival «Band it», die Kultur-
Hintergrund, an Kultur heranführen,       an andere Filme und Künste heranzu-                    tage Au und das «Blickfelder»-Fe-
und zwar sehr nah – zum Beispiel, in-     führen.                                                stival organisiert. Er war zuvor
                                                                                                 Sport- und Kulturjournalist, hat zwei
dem die Klasse die Ausstellung von        Und was, wenn sie sich – speziell wohl
                                                                                                 Kinder und lebt in Zürich.
Roman Signer besucht und nicht bloss      Teenager – nicht heranführen lassen
von diesem Künstler hört.                 wollen? Wenn ihnen das Angebot der                     schule&kultur Wie gewinnen
Schätzen junge Menschen die Kunst         Schule lästig ist?                                     Lehrpersonen den Überblick über
eines Roman Signer?                       Oft wird Desinteresse zelebriert. Ich                  die Kulturangebote? Diverse Kultur-
Viele sagen: Das ist doch gar keine       war in Horgen in einer Berufsfach-                     institute bieten Führungen oder
Kunst. Andere sind fasziniert. Zeit-      schule, in der zwei Slam-Poeten auf-                   Veranstaltungen an. Der Sektor
genössische Kunst ist erklärungsbe-       traten. Die Schüler fläzten sich in ihre                schule&kultur prüft und koordiniert
                                                                                                 die Angebote und ordnet sie auf
dürftig. Es ist eine Herausforderung,     Stühle, Kaugummi im Mund, Handy in
                                                                                                 seiner Website nach Themen, Daten
Schülerinnen und Schüler richtig zu       der Hand, voll das Klischee der Kul-                   und Stufen an: vom Schauspieler,
begleiten.                                turuninteressierten. Ich dachte schon:                 der Bewerbungsgespräche üben
Was heisst richtig begleiten?             Oje, das kommt nicht gut.                              kommt, über Führungen durch das
Es geht darum, die Kunst in einen         Und dann folgte die Bekehrung?                         Kunsthaus bis zum Radio-Sen-
Kontext zu stellen, zu hinterfragen, zu   Die Jugendlichen merkten schnell,                      dung-Machen mit Profis. Seit einem
interpretieren. Warum lässt Roman         dass diese zwei Typen äusserst krea-                   Jahr unterstützt schule& kultur das
                                                                                                 internationale Projekt Mus-E, bei
Signer einen Stuhl in die Luft jagen,     tiv mit Sprache umgehen, und waren
                                                                                                 dem 2.- bis 4.-Klässler jede Woche
während der Bildhauer Hermann Hal-        fasziniert. Einer der beiden slammte
                                                                                                 zwei Lektionen mit einem Künstler
ler ein Reiterstandbild von Hans Wald-    frech und gescheit über Goethe in                      zusammenarbeiten.
mann anfertigte? Es ist wichtig, auch     Berlin. Vor allem das beeindruckte das
die sperrige, scheinbar unverständ-       Publikum.                                              ∑   www.schuleundkultur.ch

                                                                                                      Schulblatt des Kantons Zürich 6/2012      13
Fokus

kommen festlich gekleidet. Sie verste-         Das ist wohl nicht falsch. Auch kann       mer wieder, dass nach kulturellen Ver-
hen den Opernhausbesuch als grosses            man sagen, dass Teamarbeit – und kul-      anstaltungen oder Projekten Schüle-
Ereignis. Dass sie das Libretto merk-          turelle Projekte funktionieren meist       rinnen und Schüler mitdiskutieren, die
würdig und die Stücke zu lang finden,           so – die Sozialkompetenz steigert. Oder    sich sonst nie zu Wort melden. Es kom-
sei ihnen vergeben.                            ein Theaterprojekt die Auftrittskom-       men Qualitäten zum Vorschein, die
Verkommen all die kulturellen An-              petenz. Doch sehe ich in der kulturel-     sonst verborgen bleiben. Das fördert
gebote nicht zu einem Unterhaltungs-           len Bildung kein Heilsversprechen. Im      die Beziehung, und dies ist zentral fürs
programm, das die Schülerinnen                 Gegenteil: Mich dünken die Erwartun-       Gelingen des Unterrichts.
und Schüler letztlich konsumieren wie          gen diesbezüglich oft zu hoch.             Nun haben Lehrer schon einiges
einen lässigen Youtube-Film?                   Was also bringt kulturelle Bildung         am Hut mit dem Stoff, den sie durch-
Wir vermitteln hauptsächlich Veran-            wirklich? Würden die Schülerinnen und      bringen müssen.
staltungen, die nicht einfach konsu-           Schüler nicht gescheiter mehr Deutsch      Ja, allerdings gibt es viele Kulturange-
mierbar sind, eine aktive Beteiligung          oder Mathe lernen?                         bote, die unterrichtsrelevante Themen
                                                                                          aufnehmen.
                                                                                          Zum Beispiel?
                                                                                          Lesungen und Theaterinszenierun-
«Man lernt, mit Ungewohntem                                                               gen – gerade bei Gymilehrpersonen
                                                                                          beliebt, die auch traditionellen, klassi-
umzugehen, und das ist heutzutage                                                         schen Stoff vermitteln müssen.
eine zentrale Kompetenz.»                                                                 Warum sollte ein Mathelehrer sich für
                                                                                          kulturelle Bildung interessieren?
                                                                                          Kürzlich besuchte ich das Realgymna-
                                                                                          sium Rämibühl. Das Forumtheater act-
der Schülerinnen und Schüler ermög-            Cocteau hatte recht: Es geht häufig um      back spielte dort Szenen zum Thema
lichen und mit Lehrplanthemen ver-             nicht Messbares. Und das ist in un-        «Aggression». Aniya Seki, die Berner
bunden sind. Doch eine Klasse darf             serer Leistungsgesellschaft schwer zu      Doppelweltmeisterin im Boxen, er-
sich mit ihrer Lehrperson auch einmal          rechtfertigen. Die Auseinandersetzung      zählte von ihrem Kampf gegen Sucht
vergnügen. Wir verteufeln Unterhal-            mit Kunst macht Schülerinnen und           und Gegnerin. Organisiert hatte das
tendes keinesfalls, bieten auch ver-           Schüler nicht unbedingt zu besseren        Ganze ein Mathelehrer. Obwohl das
günstigte Tickets für «Fabrikk» von            oder kompetenteren Menschen, berei-        keine mathematische Aufgabe lösen
Karls Kühne Gassenschau oder Scor-             chert sie aber.                            hilft. Grossartig.
seses Film «Hugo» an.                          Bereichern – wie denn?                     Pro Jahr besuchen rund 100 Autoren
Ist es wichtiger, dass ein Schüler ein-        Nehmen wir eine Mittelstufe in Re-         Zürcher Klassen und erreichen etwa
mal eine «Faust»-Inszenierung gese-            gensdorf, 90 Prozent Migrationshin-        50 000 Schülerinnen und Schüler.
hen oder einen Rap produziert hat?             tergrund. Fährt die Klasse mit der         Warum sind Lesungen bei Lehrper-
Beides ist gleich wichtig.                     S-Bahn nach Zürich ins Kino, ist be-       sonen so beliebt?
So müssen Sie wohl antworten.                  reits der Weg eine Bereicherung. Denn      Weil Lesen und Schreiben zentrale
Ich kann auch so: «Faust» gehört zum           der Grossteil dieser Kinder sieht kaum     schulische Kompetenzen sind. Und der
Kanon. Ein junger Mensch sollte das            mehr im Alltag als das Zuhause und         kreative Umgang mit Sprache zentral
Kulturerbe kennen, das unsere Gesell-          das Schulzimmer.                           ist in der Schule.
schaft prägt. Gleichzeitig ist es zentral,     Und wie steht es mit der Integrations-     Interessieren sich Schüler denn
dass Schülerinnen und Schüler sich             funktion?                                  auch wirklich für Bücher?
mit aktuellen Kunstformen auseinan-            Ich setze da Fragezeichen. Auseinan-       Sie interessieren sich für den Men-
dersetzen, auch damit sie als Konsu-           dersetzung mit Künsten kann, muss          schen, der hinter Geschriebenem
menten solche Kultur – zum Beispiel            aber nicht integrativ wirken. Sie kann     steckt, fragen ihn zum Beispiel, was er
einen Rap – besser durchschauen oder           auch Vorurteile zementieren.               mit seinem Beruf verdient. Und lesen
kritisieren können.                            Beispielsweise wenn der türkische          dann hoffentlich sein Buch.
Glauben Sie, dass musische Betätigung          Junge einen Teppichhändler spielen         Wann kommt der Kulturoverkill, ein-
die Leistungsfähigkeit fördert?                will im Schultheater?                      fach weil es zu viele Angebote gibt?
Das wird immer wieder behauptet.               Zum Beispiel. Was soll die Klassenleh-     Niemand versagt in der Schule wegen
Aber muss sie das? Die Unesco sagt, es         rerin da raten? Den Jungen überre-         zu viel Kultur. Schon zeitlich und fi-
sei nicht bewiesen, dass Fertigkeiten          den, einen Schweizer Banker zu spie-       nanziell liegt es nicht drin, dass eine
aus der Kunst auf schulische Fächer            len, oder ihn bestärken, etwas darzu-      Lehrperson zu viele Projekte realisiert.
übertragbar sind. Der Künstler Jean            stellen, das ein Klischee unterstreicht?   schule&kultur will helfen, den Über-
Cocteau sagte: «Die Poesie ist unent-          Warum sollte sich eine Lehrperson          blick zu behalten. Aber ja: Selbst ich
behrlich, doch ich weiss nicht genau,          denn überhaupt auf dieses kulturelle       als Kulturmensch muss mich schützen.
wofür.»                                        Terrain begeben?                           Ich bin ja auch Vater, Ehemann und
Aber man sagt, Musizieren fördere              Erstens: Kultur bringt Abwechslung.        Sportler und kann nicht alle Kunst se-
Feinmotorik und Gedächtnis.                    Zweitens erzählen Lehrpersonen im-         hen, erleben oder ausprobieren.        !
14      Schulblatt des Kantons Zürich 6/2012
Fokus

Schulblatt des Kantons Zürich 6/2012      15
Fokus

Der Urban-Art-Workshop Zwei Graffitikünstler
führen 40 KV-Schülerinnen und -Schüler in die
Technik des Sprayens ein.
Text und Fotos: Jacqueline Olivier

Der Anlass: In der dritten September-
woche findet an der KV Zürich Busi-
ness School an drei Vormittagen ein je
vierstündiger Graffitiworkshop statt.
Die Veranstaltung wird im Rahmen
der Jubiläumswoche «Schule bewegt»
anlässlich des 125-jährigen Bestehens
der Schule angeboten. An diesem Mor-
gen lernen 12 Schülerinnen und Schüler
aus verschiedenen Klassen von den bei-
den Graffitikünstlern Sergio und Nico das
ABC des Sprayens. Sie erfahren zuerst anhand
einer Videopräsentation, was ein Fill-in ist (Aus-
malen), was ein Highlight (Glanzeffekt mit weisser Farbe)
oder ein Second (zweite Umrisslinie). Danach entwerfen sie      schreckten aber vor dem
einen Buchstaben – manche gleich ein ganzes Wort – auf          Aufwand zurück. Schade,
Papier. Zum krönenden Abschluss sprayen sie auf dem             meint Rudolf Weiler. «Im
Dach (bei Nieselregen) auf grosse Kartons, nach ihrer Vor-      Grunde sind es doch genau
lage oder frei. Der Workshop namens «Urban Art» ist eines       solche Anlässe, die den Jugend-
von derzeit 31 Angeboten von schule&kultur im Bereich           lichen wirklich bleiben.» Er selber
«Kunst und Wissen» für alle Schulstufen. Urban-Art-Pro-         hat schon Kreativworkshops im Bereich Denksport und In-
jekte eignen sich für Kinder ab der 4. Primarklasse und sind    telligenzmessung gemacht und besucht mit den Schülern
auch in den Bereichen Rap und Breakdance möglich.               gelegentlich ein Museum. Dass er den Graffitiworkshop mit
Die Schülerinnen und Schüler: Die meisten Jugendlichen          «Art and the City», dem Zürcher Festival für Kunst im
kommen ohne spezifische Erwartungen in den Workshop,             öffentlichen Raum, verbinden kann – bei schönem Wetter
sie wollen sich überraschen lassen. Kim hingegen hat klare      mit einem Rundgang durchs Quartier, bei schlechtem mit
Vorstellungen: «Ich hoffe auf gewisse Insiderinformationen      einer Präsentation ab Laptop –, verleiht dem Anlass in sei-
und Tipps, aber auch auf Raum für die eigene Kreativität.»      nen Augen zusätzliche Aktualität.
Und Rosmarie, die von sich sagt, sie sei nicht so gut im        Die Künstler: Sergio, von Beruf «Allrounder», ist in Sachen
Zeichnen, möchte wissen, wie Graffiti entstehen und wer          Graffiti ein alter Hase: Seit gut 20 Jahren spraye er schon,
die Menschen hinter den Graffitis sind. Während sich noch        erzählt er. Der Grafiker Nico kann eine rund 10-jährige
nicht alle Jugendlichen vom Skizzieren auf Papier begeis-       Erfahrung vorweisen. Natürlich treten die beiden nur le-
tern lassen, sind sie beim Sprayen dann voll bei der Sache.     gal in Aktion, wie sie versichern. Zum Beispiel an den Ur-
Nach den vier Stunden sind sich alle einig: Es war lässig,      ban-Art-Workshops. Eine gute Sache, finden die beiden.
vor allem der Umgang mit den Farbdosen. Kim sieht ihre          «Graffiti sind in die Werbung vieler namhafter Marken
Erwartungen voll erfüllt, und Yannick, der nicht zum ersten     eingegangen, aber auf der Strasse werden sie immer öfter
Mal gesprayt hat, sagt: «Ich konnte heute vieles auspro-        verboten», sagt Nico, «deshalb ist es wichtig, dass die Graf-
bieren, das hat Spass gemacht. Schön wäre es allerdings         fitikunst nicht in Vergessenheit gerät.» Sergio findet es
gewesen, wir hätten eine grössere Fläche besprühen kön-         spannend zu beobachten, welche Begabungen von Kindern
nen, nicht nur die Kartons.»                                    und Jugendlichen bei solchen Anlässen zutage treten. Wo-
Der Lehrer: Im Zeichnen habe er in der Schule immer seine       bei die Kreativität oft bei den Primarschülern am gröss-
besten Noten erhalten, erzählt Rudolf Weiler schmunzelnd.       ten sei. Vielleicht, weil sie ganz unverkrampft zur Sache
An der KV Zürich Business School habe Kreatives jedoch          gingen, mutmasst er. Dafür stellt er bei den Grösseren mehr
wenig Platz. Deshalb findet es der Deutsch- und Englisch-        Konzentration und Produktivität fest. Besonders schön sei
lehrer toll, im Rahmen der Jubiläumswoche Schülerinnen          es, wenn Klassen ein Graffito am Bau realisieren dürften,
und Schülern ein Stück moderner Kunst näherbringen zu           wie das ab und zu vorkomme. «Damit hinterlassen die Kin-
können. Auf eigene Initiative sei es einer Lehrperson zwar      der den nächsten Schülern ein eigenes Werk, was sie an-
möglich, eine Veranstaltung dieser Art zu organisieren, viele   spornt und stolz macht.»                                   !
16      Schulblatt des Kantons Zürich 6/2012
Fokus

Die Lesung Der österreichische Autor Josef
Haslinger liest vor 60 Schülerinnen und Schülern
im Liceo Artistico.
Text und Fotos: Jacqueline Olivier

Der Anlass: Am Montag, 3. September, liest der österrei-         fand Alessia dennoch «irgendwie berührend». Sabrina und
chische Autor Josef Haslinger im Liceo Artistico vor den         Giulia können sich vorstellen, das Buch zu kaufen und es
Klassen 1a, 2b und 3b aus seinem neuen Tatsachenroman            selber zu lesen, Giulio hingegen meint, ein Buch müsse ihn
«Jáchymov». Zwischendurch erklärt er den Mittelschüle-           sofort ansprechen, «und dieses ist nicht mein Stil».
rinnen und Schülern die historischen und politischen             Der Lehrer: Hugo Ramnek lässt seine Klassen regelmässig in
Hintergründe der Geschichte um einen ehemaligen Star-            den Genuss von Autorenlesungen kommen. Dem Deutsch-
torwart der tschechischen Eishockey-Nationalmannschaft,          lehrer ist es ein Anliegen, dass die Schülerinnen und Schü-
der unter dem kommunistischen Regime im Strafgefange-            ler den Menschen hinter dem Buch kennenlernen und ihre
nenlager in Jáchymov im Uranbergwerk arbeiten musste             Fragen an ihn richten können. Wie gut eine Lesung bei den
und nach seiner Begnadigung an den Folgeschäden starb.           Jugendlichen ankommt, hänge davon ab, wie sich ein Autor
Im zweiten, wesentlich kürzeren Teil der Veranstaltung be-       auf sein junges Publikum einlassen könne. Dies könne er
antwortet der Autor die Fragen der Schüler: Wie kam er auf       nicht steuern. «Ich werde mich hüten, einem Autor drein-
dieses Thema, kann er vom Schreiben leben, erzählt er nur        zureden, wie er seine Lesung abhalten soll.» Sein Fazit nach
Fakten oder erfindet er auch selber? Die Lesung ist eine          Josef Haslingers Lesung: «Die 1. Klasse war mit dem Vor-
von 92 Lesungen, die schule&kultur diesen Herbst für             trag sicher etwas überfordert, für die 3. Klasse hingegen
Schulklassen aller Stufen anbietet.                              war dieser Stoff interessant, sie ist dadurch auf ganz neue
Die Schülerinnen und Schüler (der Klasse 1a): Giulia meint       Themen gestossen.» Es wäre in Hugo Ramneks Augen
vor dem Anlass: «Ich erwarte, dass uns der Autor nicht nur       falsch, nur auf Autoren zu setzen, mit denen er bei seinen
vorliest, sondern sich auch persönlich vorstellt.» Alessia       Schülern auf Nummer sicher geht – wie im vergangenen
hofft, der Autor erzähle, wie er auf die Idee für das Buch ge-   Jahr im Fall von Pedro Lenz, der die Schüler sofort in der
kommen ist, und Sabrina möchte gerne lernen, wie man             Tasche hatte. Weil dieser Autor nah am Alltag schreibe und
selber gut schreibt. Gianluca findet eine solche Lesung ein-      geschult sei im Auftreten. Doch auch die Auseinanderset-
fach «megacool». Auch Ilde freut sich auf die Lesung, ob-        zung mit einer schwierigen Materie und einer weniger le-
wohl ihr das Buch überhaupt nichts sagt. Giulio würde ger-       bendigen Leseart könne gewinnbringend sein, glaubt Hugo
ne selber mal ein Buch schreiben, «einfach um zu wissen,         Ramnek: «In der Nachbearbeitung kann man dann erör-
wie das ist». Nach der Lesung fällt das Fazit der Jugendli-      tern, warum etwas gut oder nicht gut war, wie man einen
chen durchzogen aus: Der erste Teil sei zu lange gewesen,        Text liest, damit er die Zuhörer fesselt, und so weiter.»
                  die Geschichte sehr schwierig zu ver-          Der Autor: Zwei Seelen schlagen in Josef Haslingers Brust:
                       stehen, sich im Unterricht vorab auf      Die literarische möchte eigentlich nur vor einem Publikum
                           das Thema vorzubereiten, wäre         lesen, das sich freiwillig auf eine solche Veranstaltung ein-
                             hilfreich gewesen. Den Schluss      lässt und von dem er entsprechendes Interesse erwarten
                                                                        könne. In der Schule hingegen ist eine Lesung eine
                                                                             Pflichtveranstaltung. Er liest deshalb nicht oft
                                                                                und nicht besonders gerne in Schulen. Aus
                                                                                  pädagogischer Sicht jedoch – Josef Haslin-
                                                                                   ger hat selber einen Lehrauftrag am Deut-
                                                                                    schen Literaturinstitut Leipzig – findet er
                                                                                     solche Anlässe wichtig und richtig. «Es
                                                                                     geht darum, Schüler in direkten Kontakt
                                                                                     mit der Gegenwartsliteratur zu bringen
                                                                                    und diese nicht nur theoretisch im Unter-
                                                                                  richt abzuhandeln. Und darum, die jungen
                                                                                 Menschen über diese Begegnung für gewisse
                                                                              Themen zu sensibilisieren und zu interessie-
                                                                          ren.» Mit seinem Publikum im Liceo Artistico ist er
                                                                 zufrieden: Zwar seien da und dort leise Privatgespräche
                                                                 geführt worden, doch habe er die Jugendlichen mehrheit-
                                                                 lich als sehr aufmerksam empfunden.                        !
                                                                                              Schulblatt des Kantons Zürich 6/2012      17
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Von der Klarinette über die Trompete bis zur Tuba: Die 5. Klasse im Schulhaus Zurlinden ist mit Konzentration bei der Sache.

Die ganze Klasse im Gleichtakt Kultur als Mittel
zur Integration? Das Projekt «Klassenmusizieren»
macht es vor. Hier finden Kinder zur Musik,
die sonst kaum die Möglichkeit dazu hätten.
Text: Jacqueline Olivier Foto: Conradin Frei

Ein Schulzimmer wie ein Orchestergraben findet sich im                           steht. Die Musikschule Konservatorium Zürich (MKZ) als
dritten Stock des Schulhauses Zurlinden in der Stadt Zü-                        Projektpartnerin stellt den Schülerinnen und Schülern die
rich: Statt Schülerpulte in Reih und Glied stehen muschel-                      Instrumente gratis zur Verfügung, klassenweise entweder
förmig angeordnete Notenständer und Stühle bereit. Die                          Streich- oder Blechblasinstrumente. Gespielt wird immer
Schulhausglocke hat soeben das Ende der grossen Pause                           in der ganzen Klasse oder – in den Registerproben – in
verkündet. Die Fünftklässlerinnen und -klässler drängen in                      Gruppen. Die Idee dahinter: Allen Kindern den Zugang
den Raum – beladen mit kleineren und grösseren Instru-                          zur Musik zu ermöglichen, namentlich jenen, die ihn von
mentenkoffern, aus denen sie Klarinetten, Querflöten, Sa-                        Zuhause aus nicht haben, weil er schon den Eltern fehlt
xofone, Trompeten, Posaunen oder Eufonien entnehmen.                            oder diese sich den Instrumentalunterricht nicht leisten
Ein kräftiger Junge holt sogar eine Tuba aus seinem volu-                       können. Dabei steht nicht die Leistung, sondern die Freude
minösen Gepäck. Ko-Klassenlehrer Bruno Indermaur zir-                           am gemeinsamen Musizieren im Vordergrund. «Ein Säm-
kuliert zwischen den Kindern, rückt da und dort die Stühle                      chen Kultur setzen», nennt es Peter Reichen, Leiter der
etwas näher zusammen, mahnt zur Ruhe. Dann gibt er                              MKZ-Zweigstelle Limmattal (Stadtkreise 3, 4 und 5), der
Musiklehrer Willi Morant den Stand der Dinge durch: Ein                         sich mit Vehemenz und Begeisterung für das «Klassen-
Junge ist krank, ein anderer beim Zahnarzt, der dritte hat                      musizieren» einsetzt – und mit Erfolg: Nach einem Pilot
sein Instrument zuhause vergessen. Letzterer solle sich                         der MKZ Glattal im Schulhaus Im Birch 2007/08 liess er
doch eine Klarinette eines Schülers aus der 4. Klasse aus-                      sich vom «Klamu-Virus» anstecken und verhalf ihm zu ei-
leihen, meint Willi Morant, und während der Junge mit den                       ner rasanten Ausbreitung. Im darauffolgenden Schuljahr
über die Augen fallenden Haaren Bruno Indermaur hinter-                         beteiligten sich bereits neun Klassen an dem Projekt, heute,
her und aus dem Zimmer trottet, beginnt der Fachlehrer die                      fünf Jahre später, wird das Modell in 53 Klassen in den
Probenarbeit mit dem jungen Orchester.                                          vier Schulkreisen Glattal, Letzi, Limmattal und Schwamen-
     «Klassenmusizieren» (abgekürzt «Klamu») heisst die                         dingen praktiziert. Im Limmattal, stellt Peter Reichen er-
Form des Musikunterrichts, die im «Zurlinden» für die 4.                        freut fest, gibt es inzwischen keine Primarschule mehr
und die 5. Klasse zweimal pro Woche auf dem Stundenplan                         ohne Klassenmusizieren.

18      Schulblatt des Kantons Zürich 6/2012
Fokus

     Die musikalische Förderung von Kindern aus bildungs-      spiele lieber Klarinette und lieber allein.» Doch genau
fernen Familien ist aber nur ein Grund, weshalb das Modell     darin liegt ein weiteres Plus des Klassenmusizierens: Alle
bei Schulleitungen und Lehrpersonen auf solche Resonanz        Schülerinnen und Schüler fangen mit ihrem Instrument
stösst. Eine ebenso grosse Rolle spielt die soziale Kompo-     ganz von vorne an. Kindern, die bereits ein Instrument
nente. «Beim Musizieren ist man ein Team», sagt Willi Mo-      spielen, wird empfohlen, ein anderes zu wählen, das sich
rant, «die Kinder lernen, gegenseitig Rücksicht zu nehmen,     von ihrem eigenen punkto Spieltechnik unterscheidet.
aufeinander zu hören und zu schauen. Und sie müssen ak-        Trotzdem helfen aber ihre musikalischen Vorkenntnisse
tiv mitmachen – alle!» Umgekehrt haben auch alle Kinder        ihnen selbst wie auch der ganzen Klasse. Oder wie Musik-
ihren Platz in einem solchen Ensemble, wie Bea Chanson,        lehrer Willi Morant es ausdrückt: «Jedes Kind mit musika-
Schulleiterin im «Zurlinden», betont: «Natürlich gibt es un-   lischer Erfahrung bringt eine gewisse Sicherheit ins Or-
terschiedliche Begabungen, aber wenn immer möglich wird        chester. Je mehr solcher Kinder in einer Klasse sitzen, desto
jedes Kind einbezogen.» Und wo unerwartete Probleme            weiter wird es diese in den zwei Jahren bringen.»
auftauchen, sucht man nach Lösungen. Zum Beispiel für
den Jungen, der kein Blechblasinstrument spielen kann,         Aller Anfang ist schwer
weil sich herausgestellt hat, dass er auf Metall allergisch    Die ersten Schritte mit einer neuen Klasse sind für den Mu-
reagiert. Er hat inzwischen ein Glockenspiel bekommen.         siklehrer immer eine Herausforderung. Was es heisst, mit
Eine besondere Chance stelle das Klassenmusizieren für         Kindern zu arbeiten, von denen fast alle noch ganz am An-
Schülerinnen und Schüler der Heilpädagogischen Schule          fang stehen, zeigt ein Blick in die 4. Klasse im Schulhaus
dar, die im «Zurlinden» integrativ unterrichtet werden, sagt   «Zurlinden». Erst vor Kurzem haben diese Mädchen und
Bea Chanson. Überhaupt sei dieses Modell stark integrie-       Buben ihre Instrumente erhalten und müssen erst einmal
rend, was sich nachhaltig auf die Klassen auswirke.            lernen, wie man mit ihnen umgeht, wie man sie an die
                                                               Lippen setzt, wie man bläst und einen Ton formt. Und wie
Klamu ist «cool»                                               alle gleichzeitig einen Ton produzieren und diesen gleich
Lehrer Bruno Indermaur kann dies nur bestätigen: «Inner-       lang aushalten. «Selbst wenn es völlig falsch tönt, ist es
halb eines Jahres ist schon sehr viel passiert – nicht nur     wurscht», ermuntert sie Willi Morant. Und tatsächlich klingt
musikalisch, sondern auch in Bezug auf den Zusammen-           es nach einigen Anläufen zwar immer noch reichlich un-
halt. Und es sind Kontakte entstanden, die sonst vermut-       harmonisch, aber es setzen alle im selben Moment ein und
lich nicht entstanden wären. Weil man zufällig das gleiche     nach ein paar Schlägen im selben Moment ab. Tagesziel er-
Instrument spielt oder weil die Instrumente und nicht          reicht. Die Kinder packen ihre Instrumente wieder ein, an-
Freundschaften die Sitzordnung bestimmen.» Ausserdem           ders als die Fünftklässler müssen sie sie aber in der Schule
schaffe das Klassenmusizieren verbindende Erfolgserleb-        lassen. Noch fehlen die Verträge, die von den Eltern unter-
nisse, etwa bei einem Auftritt an einem Schulanlass oder       schrieben werden müssen. Darin geht es vor allem um die
vor fremdem Publikum. So werde seine Klasse demnächst          Frage der Haftung, denn die Instrumente sind kostbar und
in einem Altersheim spielen. Und vor den vergangenen           sollen nicht fahrlässig oder gar mutwillig beschädigt wer-
Sommerferien habe sie an einem Samstag ein Ständchen           den. Die Enttäuschung der Kinder darüber, dass sie sich
gegeben an der Seepromenade und Geld für eine karitative       noch gedulden müssen, bis sie ihre Instrumente mit nach
Organisation gesammelt – aus eigener Initiative.               Hause nehmen dürfen, ist wohl der beste Beweis dafür, dass
     Das grosse Highlight winkt zum Abschluss der zwei         das «Sämchen», von dem Musikschulleiter Peter Reichen
Jahre Klassenmusizieren: ein grosses Benefizkonzert im          spricht, bereits auf fruchtbaren Boden gefallen ist.      !
Volkshaus gemeinsam mit Schülerinnen und Schülern aus
anderen Schulhäusern. Die Klassen können sich für eine         * Alle Namen der Kinder geändert
Teilnahme anmelden, die letzten beiden Konzerte wurden
von Kurt Aeschbacher moderiert, bekannte Musiker – Mario
Beretta 2011 und Heidi Happy 2012 – komponierten Werke                Jedem Kind sein Instrument
eigens für die jugendlichen Musikanten. Einen solchen                 Die Idee des Klassenmusizierens stammt aus den USA.
Auftritt möchten die beiden Fünftklässlerinnen Lea* und               In Europa wurde sie Anfang der 1990er Jahre unter an-
Yasmina auch erleben. Und sie sind zuversichtlich, dass sie           derem von der Akademie für Musikpädagogik in Wies-
dieses Ziel erreichen werden: «Wir sind eine gute Klasse»,            baden (D) aufgenommen und verbreitet. Auch in der
betonen sie unisono. Lea nimmt Gitarrenunterricht, in der             Schweiz bestehen seit einigen Jahren Projekte in diver-
Klasse spielt sie Klarinette. Für sie geht es zwar manchmal           sen Kantonen. Die Musikschule Konservatorium Zürich
etwas langsam vorwärts, trotzdem findet sie Klamu «cool».              der Stadt Zürich bietet ihr Modell seit 2007/08 an. Es
Yasmina hingegen hat bisher kein Instrument gespielt und              eignet sich für Kinder von der 3. bis zur 6. Klasse,
schätzt es, für zwei Jahre gratis das Klarinettenspiel er-            empfohlen wird eine Dauer von zwei Jahren. Es besteht
lernen zu dürfen. Zuhause übe sie sicher zwei- bis dreimal            die Wahl zwischen Bläser- und Streicherklassen. Die
die Woche, versichert sie, obwohl das gar nicht verlangt              Instrumente werden zur Verfügung gestellt, einen
werde. Auch Miguel übt zuhause auf seinem Instrument,                 wichtigen finanziellen Beitrag hierzu leistet die Förder-
sein Vater helfe ihm dabei, denn der spiele wie er selbst             stiftung Musikschule Konservatorium Zürich. [jo]
auch Saxofon. Nur Flavio, der zuhause Klarinette und in der
Schule Posaune spielt, rümpft ein bisschen die Nase: «Ich             ∑   www.stadt-zuerich.ch/mkz, www.klassenmusizieren.ch

                                                                                                  Schulblatt des Kantons Zürich 6/2012      19
Volksschule

Lustvoll schreiben lernen An der QUIMS-Schule
Leutschenbach lernen Schülerinnen und Schüler
in Schreibkonferenzen, mit eigenen und fremden
Texten umzugehen – und Freude daran zu haben.
Text und Foto: Charlotte Spindler

Wie entsteht eine Reportage? Für ihre          zwei Seiten haben die meisten schon        dazwischen auch mal unterbrechen:
20 Sekundarschülerinnen und Sekun-             geschrieben und machen sich jetzt          «Du bringst die Zeitformen durchein-
darschüler hat Eva-Maria Holzer ei-            daran, einander die Texte vorzulesen.      ander», konstatiert eine der jungen
nen Leitfaden vorbereitet, den sie jetzt       Grüppchen setzen sich zusammen –           Frauen. Die Schreiberin nimmt den
auf den Hellraumprojektor legt. Die            und dies nicht in der gleichen Sitz-       Stift, streicht und ändert auf dem Blatt.
junge Lehrerin wiederholt die wich-            ordnung wie beim übrigen Unterricht.       «Und es ist nicht immer ganz klar,
tigsten Punkte, die beim Verfassen ei-         Rote Gymnastikbälle werden herange-        wer nun spricht – bist du es, oder
ner Reportage berücksichtigt werden            rollt, drei junge Frauen ziehen sich mit   meinst du uns?» Gemeinsam brüten
müssen: Nicht bloss aufzählen (und             ihren Schreibheften aufs Sofa zurück,      sie über Textpassagen, erörtern Recht-
dann machten wir …), sondern versu-            andere bleiben an den Tischen, das         schreibfehler und holen im Zweifels-
chen, eine Stimmung aufzubauen, die            Heft vor sich.                             fall ein Wörterbuch oder eine Wort-
auf einen Höhepunkt zustrebt, dann                                                        schatzscheibe aus dem Regal.
das Ereignis selbst schildern und ei-          Gemeinsam brüten                                Am Tisch sitzen zwei Jungs und
nen Abschluss finden, der bestimmte             In der Klasse von Eva-Maria Holzer         ein Mädchen. Daniel hat den Einstieg
Elemente nochmals aufnehmen kann.              ist jeden Donnerstag Schreibkonfe-         in seine Reportage mit stimmigen
Das Thema der Reportage: das Klas-             renz; zwei Stunden beschäftigen sich       Details und Lokalkolorit angereichert.
senlager im Bündnerland im vergan-             die Jugendlichen mit dem Handwerk          Man fühlt schon fast die warme Mor-
genen Sommer.                                  des Schreibens, sie lernen, sich mit       gensonne im Zimmer, riecht den Duft
     Wir befinden uns in der Schule             fremden und eigenen Texten ausein-         des frischen Brotes im Frühstücks-
Leutschenbach in Zürich Nord, einer            anderzusetzen, Kritik zu üben und an-      raum. Schön auch die Formulierung:
QUIMS-Schule. Kinder mit Schwei-               zunehmen. Die Arbeit mit den Texten        «Ich fühle jeden einzelnen Stein, über
zerdeutsch als Muttersprache gehören           fördert auch den freundschaftlichen        den ich mit dem Velo fahre.» Dann
hier zu einer kleinen Minderheit. Auf          Umgang untereinander. Die drei Schü-       wird der Erzählstrang etwas diffus,
dem Programm steht heute die soge-             lerinnen auf dem Sofa zeigen gleich,       aber die Reportage ist ja auch noch
nannte Schreibkonferenz. Die Repor-            wie das gemeint ist: Reihum liest jede     nicht fertig. Der Tischnachbar möchte
tageentwürfe der Jugendlichen sind             aus ihrer Reportage, während die an-       wissen, wie es weitergeht. Doch der
unterschiedlich weit gediehen; ein,            deren zwei aufmerksam zuhören und          Schreiber klappt das Heft zu, er wird
                                                                                          zu Hause daran arbeiten. In wenigen
                                                                                          Wochen müsse er fertig sein, sagt er.
                                                                                          Und ja, natürlich gebe es dafür eine
Die QUIMS-Evaluation                                                                      Note. Ganz zum Schluss kommen die
Im Auftrag der Bildungsdirektion wurden Stand und Wirkung des Programms                   ins Reine geschriebenen oder auf dem
Qualität in multikulturellen Schulen (QUIMS) überprüft. Die Evaluationsstudie             Computer getippten Werke in den
zeigt, dass an QUIMS-Schulen das Lesen grundsätzlich gefördert und das                    Klassenordner und werden in einer
Schulklima positiv beeinflusst wird. Insbesondere bezüglich Schreiben                     Klassenlagerzeitung veröffentlicht.
besteht noch Handlungsbedarf. Nun entwickelt die Bildungsdirektion das                         Während sich die einen noch im
Programm QUIMS weiter. Neu sollen die Schulen unter anderem stärker auf                   Flüsterton über ihre Texte austau-
Schreibförderung setzen. Am 10. November 2012 findet in Zürich die Netz-                  schen, haben sich andere wieder an
werktagung «SchreibWelten! Das Schreiben an multikulturellen Schulen för-                 ihre Entwürfe gemacht. Nicht bei allen
dern» statt. QUIMS-Schulen tauschen Erfahrungen aus und entwickeln ihre                   gehts so schnell. Die Lehrerin über-
Praxisarbeit weiter. Verschiedene Referate und Workshops mit Themen wie                   nimmt die Rolle einer Textberaterin;
«Das Klassentagebuch» oder «Digitale Medien zur Sprach- und Schreibförde-                 sie zirkuliert zwischen den Tischen,
rung einsetzen» finden statt. [red]                                                       schaut den Kindern über die Schulter,
                                                                                          gibt da und dort einen Tipp, dann setzt
∑   www.vsa.zh.ch/quims > Vernetzung und Weiterbildung                                    sie sich zu einem Jungen, der mit dem

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