Schulblatt 6/2016 Erste Schritte im Lehrberuf - Wie frischgebackene Lehrpersonen den Einstieg meistern - Edudoc

 
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Schulblatt 6/2016 Erste Schritte im Lehrberuf - Wie frischgebackene Lehrpersonen den Einstieg meistern - Edudoc
Kanton Zürich

Schulblatt
Bildungsdirektion

                                  6/2016

                    Erste Schritte
                     im Lehrberuf
                      Wie frischgebackene
                       Lehrpersonen den
                        Einstieg meistern

                                 Krisen-
                             management
                                 Hilfestellung
                                  für Schulen
                             Gymiprüfung
                            Unterstützung für
                         benachteiligte Kinder
                                 Globale
                            Unternehmen
                            Die duale Bildung
                                   kommt an
Schulblatt 6/2016 Erste Schritte im Lehrberuf - Wie frischgebackene Lehrpersonen den Einstieg meistern - Edudoc
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                                             Magazin                                             Fokus:                                                  Volksschule
                                                                                                 Erste Schritte
                                             4                                                   im Lehrberuf                                            22
                                             Meine Schulzeit                                                                                             Jugendprojekt
                                             Mike Müller, Schauspieler                           14                                                      LIFT begleitet Jugendliche
                                                                                                 Fachbegleitung                                          auf dem Weg ins Berufsleben
                                             5                                                   Tragender Pfeiler der
                                             Im Lehrerzimmer                                     Berufseinführung                                        24
                                             Kantonsschule Freudenberg,                                                                                  Schule und Sicherheit
                                             Zürich                                              19                                                      Wie Schulen erfolgreich
                                                                                                 Mentoring und                                           durch Krisen steuern
                                             6                                                   Coaching
                                             Persönlich                                          Unterschiedliche Modelle                                26
                                             Case Manager Peter Vesti                            auf Sekstufe II                                         Stafette
                                             hält die Fäden zusammen                                                                                     Die Oberstufe Horgen und
                                                                                                                                                         ihr Projekt «step by step»
                                             9
                                             Bildungsdirektorin                                                                                          29
                                             Die Berufslehre muss                                                                                        In Kürze
                                             weiterentwickelt werden,
                                             sagt Silvia Steiner
Schulblatt Kanton Zürich 6/2016 Inhalt

                                             Wichtige Adressen                                                   Impressum Nr. 6/2016, 28.10.2016
                                             Bildungsdirektion: www.bi.zh.ch Generalsekretariat: 043 259 23 09    Herausgeberin: Bildungsdirektion Kanton Zürich, Walcheplatz 2, 8090 Zürich Erscheinungs­
                                             Bildungsplanung: 043 259 53 50 Bildungsstatistik: www.bista.zh.ch   weise: 6-mal jährlich, 131. Jahrgang, Auflage: 19 000 Ex. Redaktion: Redaktionsleiter
                                             Volksschulamt: www.vsa.zh.ch, 043 259 22 51 Mittelschul- und          reto.heinzel@bi.zh.ch, 043 259 23 05; Redaktorin jacqueline.olivier@bi.zh.ch, 043 259 23 07;
                                             ­Berufsbildungsamt: www.mba.zh.ch, 043 259 78 51 Amt für Jugend       Sekretariat schulblatt@bi.zh.ch, 043 259 23 14 Journalistische Mitarbeit an dieser
                                             und Berufsberatung: www.ajb.zh.ch, 043 259 96 01 Lehrmittel­          ­Ausgabe: Walter Aeschimann, Bettina Büsser, Paula Lanfranconi, Res Minder, Luzia Schmid
                                              verlag Zürich: www.lehrmittelverlag-zuerich.ch, 044 465 85 85       Abonnement: Lehr­    personen einer öffentlichen Schule im Kanton Zürich können das
                                             Fachstelle für Schulbeurteilung: www.fsb.zh.ch, 043 259 79 00        Schulblatt in ihrem ­
                                                                                                                  ­                        Schulhaus gratis beziehen (Bestellwunsch an Schulleitung).
                                             Bildungsratsbeschlüsse: www.bi.zh.ch > Bildungsrat > Beschluss­        Bestellung des Schulblatts an Privat­adresse ­sowie Abonne­   ment weiterer Interessierter:
                                              archiv Regierungsratsbeschlüsse: www.rrb.zh.ch                     abonnemente@staempfli.com, 031 300 62 52 (Fr. 40.– pro Jahr) Online: www.schulblatt.zh.ch
                                                                                                                 ­Gestaltung: www.bueroz.ch Druck: www.staempfli.com Inserate: inserate@staempfli.com,
                                                                                                                  031 767 83 30 Re­    daktions- und Inserateschluss nächste Aus­       gabe: 24.11.2016 Das
                                             Titelbild: Sophie Stieger                                            ­nächste Schulblatt erscheint am: 6.1.2017
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22                                              36
Mittelschule                                           Berufs­bildung                                             41
                                                                                                                  Amtliches
30                                                     34
Übertritt ans                                          Globale Unternehmen                                        51
Gymnasium                                              Die Ausbildung von                                         Weiterbildung
Ein Verein engagiert                                   Lernenden wird immer                                       Mobiles Lernen ist reizvoll
sich für Kinder aus                                    wichtiger
                                                                                                                  Kurse und Module
benachteiligten Familien
                                                       36                                                         60
33                                                     Berufslehre heute                                          schule & kultur
In Kürze                                               Strassenbaupraktiker EBA

                                                       39                                                         62
                                                       In Kürze                                                   Agenda

    Editorial
                                                               Erinnern Sie sich noch an Ihren Berufseinstieg? Wie Sie sich fühlten, als Sie
                                                               zum ersten Mal alleine vor Ihren Schülerinnen und Schülern standen? Der
                                                               Moment, als Ihnen ­bewusst wurde, dass Sie nun die Verantwortung für eine
                                                                                                                                                     Schulblatt Kanton Zürich 6/2016 Inhalt

     Reto Heinzel                                              ganze Klasse zu tragen hatten? Vielleicht meisterten Sie diese anspruchsvolle
                                                               erste Zeit mit Bravour, vielleicht nagten aber auch Zweifel an Ihnen.
                                                               In unserem Schwerpunkt widmen wir uns dieser entscheidenden Phase des
                                                               ­Berufslebens und den damit verbundenen Herausforderungen. Wir lassen jün-
                                                                 gere und erfahrenere Lehrpersonen zu Wort kommen und Sie an deren unter-
                                                                 schiedlichen Erfahrungen teilhaben. Auch zeigen wir, welche Bedeutung die
                                                                 Fachbegleitung oder das Mentorat für das Gelingen des Berufseinstiegs haben
                                                                 können und wie unterschiedlich die Begleitung je nach Schulstufe aussieht.
                                                                 Ausserdem in diesem Heft: Was können Schulen tun, damit sie im Krisenfall
                                                                 die Übersicht behalten? Ferner porträtieren wir einen Case Manager und
                                                                 schliesslich zeigen wir, dass das duale Bildungssystem auch internationale
                                                                ­Firmen überzeugt. 
                                                                                                                                                     3

Die Redaktion freut sich über Reaktionen auf das Schulblatt: reto.heinzel@bi.zh.ch, jacqueline.olivier@bi.zh.ch
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Meine Schulzeit                                                                                                                        schon so gemacht. Nicht in Form und

       «Selbst unser
                                                                                                                                            I­ nhalt, sondern vom Zugang her.
                                                                                                                                                  Natürlich ist für einen Schauspieler
                                                                                                                                              immer die Wirkung wichtig, das macht

       Abwart war müde»
                                                                                                                                              unsere Gilde ja auch so komisch. Aber der
                                                                                                                                              Effekt, wenn man in der Französischstunde
                                                                                                                                              den Französischlehrer imitiert und er selber
                                                                                                                                              es nicht merkt, die Mitschüler aber schon:

       Fünf Fragen an den Schauspieler                                                                                                        unbezahlbar.
                                                                                                                                                  Was ist das Wichtigste, was Kinder
       Mike Müller                                                                                                                            heute in der Schule lernen sollten, und
                                                                                                                                              warum?
                                                                                                                                              Die Frage ist mir zu gross. Umgekehrt ist
                                                                                                                                              es einfacher: Den Hype um die sogenann-
                                                                                                                                              ten MINT-Fächer verstehe ich überhaupt
                                                                                                                                              nicht. Ich habe in den naturwissenschaft-
                                                                                           Wenn Sie an Ihre Schulzeit denken, was             lichen Fächern viel Zeit verplempert, und
                                                                                           kommt Ihnen als Erstes in den Sinn?                weil diese die Phil-I-Fächer dominierten,
                                                                                           Meine Schulkollegen und der Geruch des             in letzteren dann eben auch. Ich verstehe
                                                                                           Putzmittels Taski 420.                             auch nicht, was Hausaufgaben in der
                                                                                                Welcher Lehrperson geben Sie rück­            Volksschule zu suchen haben. Ich hasste
                                                                                           blickend die Note 6 und warum?                     es als Kind, und heute weiss ich, dass ich
                                                                                           Meinem Englischlehrer. Er war Brite und            recht hatte: Kinder brauchen Luft und
                                                                                           ein veritabler 68er, enorm engagiert und          ­Bewegung. Noch heute kann ich mit dem
                                                                                           auf seine Art durchaus auch streng. Er hat         Velo vor einem Rotlicht balancieren ohne
                                                                                           uns die Augen für englische Literatur              abzusteigen. Das fand ich schon damals
                                                                                           ­geöffnet und uns künstlerische und intel-         wichtiger, als alle Alpenpässe aufzusagen.
                                                                                            lektuelle Neugier vermittelt.                     Ausserdem sehe ich den Sinn nicht ein,
                                                                                                Inwiefern hat Ihnen die Schule                warum frühmorgens müde Schüler auf
                                                                                            geholfen, Schauspieler zu werden?                 müde Lehrer treffen. Selbst unser Abwart
                                                                                            Ich hatte das Glück, dass an der Kantons-         war müde.
   Foto: SRF/Nici Jost

                                                                                            schule Olten progressives Schultheater                Warum wären Sie eine gute Lehr­
                                                                                            betrieben wurde. Unter dem Autor und              person – oder eben nicht?
                                          Zur Person: Mike Müller (53) ist im Kanton
                                          Solothurn aufgewachsen. Während seines            Regisseur Fritz H. Dinkelmann imitierten          Ich habe während des Studiums Englisch
                                          Philosophiestudiums sammelte er erste             wir nicht ein kleines Stadttheaterensemble,       an der Oberstufe unterrichtet, und ich war
                                          Schauspiel-Erfahrungen. Müller wirkte in
                                          mehreren Kinofilmen mit, darunter «Ernst-         sondern arbeiteten wie in der freien Szene.       leider erst zum Schluss ein guter Lehrer.
                                          fall in Havanna» und «Achtung, fertig, Char-      Es kam jede und jeder auf ihre oder seine         Ich blieb aber immer einem Rat treu, den
                                          lie!». Dem TV-Publikum ist er als Co-Mode-
                                          rator von «Giacobbo/Müller» sowie als
                                                                                            Art zum Zug. Später in der freien Szene           mir mein Vater mitgab, der selbst Lehrer
                                          ermittelnder «Bestatter» bekannt.                 dachte ich oft: Das haben wir bei Fritz           war: Du sollst die Dummen nicht plagen.

                                          Bildungs-Slang
                                          Ruedi Widmer, Cartoonist, interpretiert Begriffe aus Bildung und Schule – diesmal: Qualifikationsverfahrensversagen
Schulblatt Kanton Zürich 6/2016 Magazin
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Schulblatt 6/2016 Erste Schritte im Lehrberuf - Wie frischgebackene Lehrpersonen den Einstieg meistern - Edudoc
Im Lehrerzimmer

                                                                  Kantonsschule
                                                                    Freudenberg
     Sogar das Mobiliar ist mit dem Denkmalschutz abgesprochen.
                                                                                                                           Fotos: Marion Nitsch

                                                                                                                                             Schulblatt Kanton Zürich 6/2016 Magazin

 Dezente Farben: sind an der Kantonsschule Freudenberg nicht nur im Lehrerzimmer Konzept: Farbe sollen die Menschen ins Haus
 bringen. Unter Denkmalschutz: steht die gesamte Anlage, zu der auch die benachbarte Kantonsschule Enge gehört. Die in den 1950er-
 Jahren entstandenen Schulhäuser gelten als Meilensteine der Schulhausarchitektur der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts und locken
 Architekten aus der ganzen Welt an. Schwierig durchführbar: sind deshalb Veränderungen; sogar die runden Tische mit Stühlen aus
 schwarzem Holz und Stahlrohr im Lehrerzimmer bedurften der Zustimmung des Denkmalschutzes. Frische Sommerblumen: auf den
 Tischen erinnern an den Elternabend der Erstklässler vom Vortag. Lange Wege: in der weitläufigen Anlage erschweren es den Lehr­
personen aus den Nebengebäuden, während der kurzen Pausen ins Hauptgebäude zu kommen. Den Lehrpersonen des zur Schule
­gehörenden Liceo Artistico, der Naturwissenschaften und des Sports steht deshalb je ein eigenes Lehrerzimmer zur Verfügung.
 Eine Architekturführung: absolvieren die Erstklässler der KS Enge, die vor dem Fenster vorbeimarschieren. Seit Kurzem sei dies für die
 neuen Schüler beider Schulen Programm, erklärt Rektor Niklaus Schatzmann. Sie trügen den Gebäuden danach etwas mehr Sorge. [jo]
                                                                                                                                            5
Schulblatt 6/2016 Erste Schritte im Lehrberuf - Wie frischgebackene Lehrpersonen den Einstieg meistern - Edudoc
Persönlich                                                                                                                         Im Gespräch fällt auf, wie respektvoll der

       «Wir stecken ab
                                                                                                                                          Sozialpädagoge von den Jugendlichen
                                                                                                                                          spricht. Ein Grundgespür für Menschen
                                                                                                                                          in schwierigen Situationen habe er von

       und zu im Stau»
                                                                                                                                          seiner Mutter mitbekommen, erzählt er.
                                                                                                                                          Ursprünglich machte er eine kaufmänni-
                                                                                                                                          sche Lehre, realisierte jedoch schnell,
                                                                                                                                          dass das Büro nicht seine Welt war: «Ich

       Als Case Manager bei Netz2 begleitet                                                                                               brauche Kontakt zu Menschen.» Erste
                                                                                                                                          schwierige, aber wertvolle Erfahrungen
       Peter Vesti junge Menschen in komplexen                                                                                            mit traumatisierten Menschen sammelte

       Situationen beim Einstieg in den Beruf.                                                                                            der junge Bündner während eines Prakti-
                                                                                                                                          kums in einem Flüchtlingsheim. Danach
                                                                                                                                          wechselte er an eine Sonderschule für
       Text: Paula Lanfranconi Foto: Stephan Rappo
                                                                                                                                          mehrfach behinderte Kinder und bildete
                                                                                                                                          sich berufsbegleitend zum Sozialpädago-
                                                                                                                                          gen aus. Später baute er im Bündner
                                                                                                                                          Oberland eine Berufswahlschule auf und
                                          Er ist gross gewachsen. Sein fester Hände-     will» und «Wie mache ich es?» bis zum            leitete sie mehrere Jahre. Dann zog es ihn
                                          druck und der offene Blick sorgen dafür,       befreienden «Ich habs geschafft!».               in den Kanton Zürich, wo er die Stärken
                                          dass man sich bei Peter Vesti rasch                  Vesti ist seit 2010 dabei, dem Grün-       des Case Management entdeckte und sich
                                          ­willkommen fühlt. Über seinem Bespre-         dungsjahr von Netz2. Initiator des Projektes     entsprechend ausbilden liess.
                                           chungstisch im biz Oerlikon hängt das         war das damalige Bundesamt für Berufs­
                                           Poster einer Yellow Cab im New Yorker         bildung und Technologie. Das Ziel: mittels       Bündner Wurzeln
                                           Strassendschungel. Vesti versteht das Bild    Case Management mehr gefähr­          deten      Wenn Peter Vesti den Computer aufstartet,
                                           als Symbol: Zusammen mit den jungen           ­Jugendlichen zu einer beruflichen Grund-        begrüsst ihn mit neugierigen Augen sein
                                           Menschen steige er in dieses Taxi. Das         ausbildung verhelfen. Im Kanton ­Zürich         Jüngster, der achtmonatige Bengiamin.
                                           Fernziel – eine Grundbildung – sei klar,       startete Netz2 mit zwei Pilot­projekten in      Die romanische Schreibweise des Namens
                                           doch den Weg müssten sie gemeinsam             den Bezirken Dietikon und Dielsdorf.            wie überhaupt seine Bündner Wurzeln
                                           finden. «Ab und zu stecken wir im Stau         Um ihre Zielgruppe zu erreichen, kontak-        sind dem Case Manager wichtig. Bengia-
                                           oder es gibt gar einen Motorschaden.»          tierten Vesti und seine Kollegin ­Natascha      mins dreieinhalbjähriger Bruder Flurin
                                               Der 47-jährige Sozialpädagoge ist einer    Bodul vom biz Urdorf Oberstufenschul-           geht denn auch in eine romanischsprachige
                                           von neun Case Manager bei Netz2. Im            häuser, Berufsberatungsstellen, Jugend-         Krippe, die sein Vater zusammen mit Kol-
                                           Auftrag der Bildungsdirektion begleitet er     und Familienberatungen, Kinder- und             legen auf die Beine gestellt hat. Am besten
                                           mit einem 80-Prozent-Pensum 24 Jugend-         j­ugendpsychiatrische Dienste sowie die         erholt sich Vesti beim Biken, Snowboarden,
                                           liche zwischen 14 und 24 Jahren, die es        ­regionalen Arbeitsvermittlungsstellen.         Joggen. «Seitdem ich Familie habe, muss ich
                                           wegen ihrer schwierigen Lebenssituation                                                        mir diese Erholungszeiten viel bewusster
                                           nicht schaffen, in der Berufswelt Fuss zu     Praktikum im Flüchtlingsheim                     nehmen», stellt er fest.
                                           fassen. Neben persönlichen, familiären        Bis jetzt sind 520 Jugendliche bei Netz2              Für die Jugendlichen ist er «grund-
                                           oder finanziellen Problemen ist fast jeder    angemeldet worden. «Je länger sie sich           sätzlich» während der Bürozeiten erreich-
                                           Zweite mit psychischen Schwierigkeiten        auf den Unterstützungsprozess einlassen,         bar. Netz2 sei kein Kriseninterventions-
                                           oder Diagnosen belastet. Die Jugendli-        desto grösser ist die Chance auf einen er-       zentrum, dafür gebe es spezialisierte
                                           chen werden von Ärzten, Psychologinnen,       folgreichen Sek-II-Abschluss», sagt Vesti.       Stellen. Manche Schicksale gehen ihm
                                           Sozialdiensten, Lehrpersonen, Schulsozial-    Fünf Jahre nach dem Start von Netz2 liegt        nahe. Zum Beispiel jenes einer jungen
                                           arbeitern betreut. Auch an diesem Morgen      die Erfolgsquote bereits bei 50 Prozent          Frau, deren Leben wegen traumatisie-
                                           hatte Vesti Kontakt mit einer Psychiaterin.   bei einer durchschnittlichen Falldauer           render Kindheitserlebnisse aus den
                                           Er erkundigte sich, ob der Klient zum Ge-     von über zwei Jahren. Knackpunkt sind            Fugen geraten war: «Solche Ereignisse
                                                                                                                                          ­
                                           spräch erschienen sei: «Wir arbeiten mit      laut dem Case Manager die sogenannten            belasten die jungen Menschen oft ein
                                           jungen Menschen in komplexen Situatio-        Floater: «18- bis 24-jährige Jugendliche,        Leben lang.» Umso stärker beeindruckt
                                                                                                                                          ­
                                           nen. Bei einigen ist es schon ein Erfolg,     die schon lange keine Tagesstruktur mehr         ihn, dass die heute 23-Jährige während
                                           wenn sie es schaffen, am Morgen aufzu-        hatten, überhaupt in eine kontinuierliche        der eineinhalbjährigen Begleitung ­wieder
                                           stehen    und     einen Termin       wahr­    Zusammenarbeit einzubinden.» Seit 2014            Vertrauen in ihr Umfeld und sich selber
                                           zunehmen.»                                    gehört Netz2 zum festen Angebot des               fand und kürzlich eine IV-finanzierte
Schulblatt Kanton Zürich 6/2016 Magazin

                                                                                         Amtes für Jugend und Berufsberatung.
                                                                                         ­                                                Berufsabklärung starten konnte. «Von
                                                                                                                                          ­
                                          Case Manager der ersten Stunde                 Das Case Management werde von allen              ­ihren kognitiven Ressourcen her könnte
                                          Peter Vestis Kernaufgabe: «Wir Case Ma-        Beteiligten sehr geschätzt, konstatiert Vesti.    eine Lehre mit EFZ drinliegen», meint
                                          nager halten die Fäden zusammen. Das           «Eigentlich müssten wir unser Angebot
                                                                                         ­                                                 Vesti. In seiner Stimme schwingen Freude
                                          macht Sinn, weil wir die Jugendlichen          verdoppeln oder verdreifachen können.»            und Stolz mit. 
                                          ­stufenübergreifend begleiten und so viel
                                           hilfreiches Wissen aufbauen können.» Zu
                                           seiner Arbeit hat er sich Stichworte no-        Netz2, das Case Management Berufsbildung, wird in den regionalen Berufsin-
                                           tiert. Zuoberst steht: «Vertrauen und Be-       formationszentren (biz) und dem Laufbahnzentrum der Stadt Zürich angeboten.
                                           ziehung schaffen.» Dann: «Diskutieren,          Ziel der Case Manager ist es, Jugendlichen mit einer Mehrfachproblematik einen
                                           planen, an die Hand nehmen, Standort-           Ausbildungsabschluss auf Sekundarstufe II zu ermöglichen. Netz2 versteht sich
                                           und Krisengespräche führen.» Auf dem            jedoch nicht als zusätzliches Angebot, sondern koordiniert die bereits involvier-
                                           Tisch liegt die Zeichnung einer Treppe.         ten Fachstellen stufenübergreifend bis zum erfolgreichen Ausbildungsabschluss
                                           Ihre sechs Stufen stehen für den Entwick-       der Jugendlichen.
                                           lungsprozess der Betreuten. Sie beginnen         www.netz2.zh.ch
                                           mit «Ich kann nicht», führen über «Ich
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Schulblatt 6/2016 Erste Schritte im Lehrberuf - Wie frischgebackene Lehrpersonen den Einstieg meistern - Edudoc
Schulblatt Kanton Zürich 5/2016 Magazin

Peter Vesti hat schon
früh gemerkt, dass
das Büro nicht seine
Welt ist und er lieber
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mit Menschen arbeitet.
Schulblatt 6/2016 Erste Schritte im Lehrberuf - Wie frischgebackene Lehrpersonen den Einstieg meistern - Edudoc
Gesunde Ernährung ist für Kinder sehr wichtig. Das heisst
                                  für uns: frische, abwechslungsreiche und gesunde Menus
                                  kommen auf den Tisch. Aus hochwertigen Produkten.
                                  Und schonend zubereitet. Qualität mit Geschmack für Ihren
                                  Mittagstisch: So macht Kinderverpflegung allen Spass.

                                                                 t
                                                          Kontak
                                  SV (Schweiz) AG
                                  Meals for Kids             Tel +41 43 814 13 90
                                  Wallisellenstrasse 57      info@mealsforkids.ch
                                  CH-8600 Dübendorf          www.mealsforkids.ch

                                                                                                      Erfahrung zählt!
                                                                                                      Sie machen sich Gedanken um Ihre Zukunft.
                                                                                                      Stimmen Ansprüche, Wünsche
                                                                                                      und Alltag noch überein?
                                                                                                      Es lohnt sich, von Zeit zu Zeit
                                                                                                      innezuhalten.
                                                                                                      Gönnen Sie sich professionelle
                                                                                                      Unterstützung.

                                                                                                      PPC prospektives persönliches Coaching

                                                                                                      Esther Zumbrunn, lic. phil. I
                                                                                                      Coach, Mediatorin, Bildungsfachfrau
                                                                                                      al fresca, Gebhartstrasse 18a, 8404 Winterthur, www.alfresca.ch
                                                                                                      zumbrunn@alfresca.ch, 052 242 55 25

                                     LEHREN IST IHR LEBEN?
                                     UNSERES AUCH.
Schulblatt Kanton Zürich 6/2016

                                                                                            E
                                                                                     N LI N
                                                                                  E O al.ch
                                                                               RS
                                                                          EK
                                                                             U
                                                                                   w w.z
                                                                        L        w
                                                                     AL

                                                                Für Schule begeistern

                                     Zürcher Arbeitsgemeinschaft für Weiterbildung der Lehrpersonen
                                     Bärengasse 22 | 8001 Zürich | info@zal.ch
8
Schulblatt 6/2016 Erste Schritte im Lehrberuf - Wie frischgebackene Lehrpersonen den Einstieg meistern - Edudoc
Bildungsdirektorin

        «Wir können uns nicht auf
        den Lorbeeren ausruhen»
          Die duale Grundbildung gilt als Erfolgsmodell der Schweiz.
            Sie muss sich aber weiterentwickeln, um auch in Zukunft
          erfolgreich zu sein, sagt Bildungsdirektorin Silvia Steiner.
                                                                                                                         Interview: Reto Heinzel

Seit das neue Schuljahr begonnen hat,                                                       und gut ausgebildete Lernende, die unsere
finden sich nicht nur viele Volksschü­                                                      Unternehmen voranbringen.
lerinnen und Volksschüler in einem                                                               Wo sehen Sie bei der Berufsbil­
völlig neuen Umfeld wieder – auch für                                                       dung Handlungsbedarf?
zahlreiche Lernende in den Betrieben                                                        In den letzten Jahren haben wir viel für
hat ein ganz anderes Leben begonnen.                                                        jene Jugendlichen gemacht, die Mühe ha-
Das ist richtig. Auch in der öffentlichen                                                   ben, eine Lehrstelle zu finden, und einen
Verwaltung des Kantons Zürich sind derzeit                                                  kleinen Bildungsrucksack mitbringen.
über 1000 Lernende in der Ausbildung. In                                                    Wir haben zum Beispiel die EBA-Lehren
der Bildungsdirektion selber bilden wir                                                     eingeführt. In den kommenden Jahren
KV-Lernende und Informatiker aus. In                                                        müssen wir uns vermehrt um die leis-
den übrigen Direktionen gibt es viele wei-                                                  tungsstarken Jugendlichen kümmern. Wir
tere spannende Berufe zu erlernen, die                                                      können nicht einfach nur klagen, dass die
man nicht unbedingt erwarten würde, wie                                                     leistungsstarken Schülerinnen und Schü-
etwa Gemüsegärtner, Köchin, Forstwart,                                                      ler den gymnasialen Weg wählen, wir
Logistikerin,    Landmaschinenmechani-                                                      müssen ihnen auch attraktive Angebote
kerin oder Winzerin.                         ihnen setzen sich mit viel Energie dafür       machen.
    Wie sieht derzeit die Lehrstellen­       ein, dass die jungen Menschen den Schritt           An was denken Sie zum Beispiel?
situation aus?                               von der Schule in die berufliche Ausbil-       Es beginnt bei der Kommunikation: Es
Als Bildungsdirektorin bin ich froh, dass    dung schaffen.                                 muss uns noch besser gelingen, zu zeigen,
den Jungen genügend Lehrstellen zur              Sind unbesetzte Lehrstellen für            dass die duale Berufsbildung ein gutes
Verfügung stehen. Das war nicht immer so.    die betroffenen Betriebe nicht unange­         Sprungbrett für eine berufliche Karriere
Ende der 1990er-Jahre musste die öffent-     nehm?                                          sein kann. Man weiss das zwar heute und
liche Hand eingreifen und den Lehrstel-      Als Bildungsdirektorin ist es mir ein Anlie-   Untersuchungen zeigen auch klare Er-
                                             gen, Firmen in solchen Situationen zu er-      gebnisse, aber in den Köpfen der Jugend-
                                             mutigen, offene Lehrstellen beizubehalten,     lichen und der Eltern ist immer noch der
                                             diese noch attraktiver zu gestalten und        gymnasiale Weg der Königsweg.
                                             weiterhin in die berufliche Grundbildung            Müsste man bei der Berufslehre
    «Wir müssen                              ihrer Branche zu investieren. Denn es liegt    nicht einfach die Allgemeinbildung

     uns um die                              im ureigenen Interesse der Betriebe, Nach-
                                             wuchskräfte auszubilden und das betrieb-
                                                                                            stärken, um mehr leistungsstarke
                                                                                            Jugendliche anzulocken?
  leistungsstarken                           liche Know-how langfristig zu erhalten.
                                                 Die duale Berufsbildung wird immer
                                                                                            Ich glaube nicht, dass man damit Erfolg
                                                                                            haben wird. In anspruchsvollen Lehren
     Lernenden                               wieder als Erfolgsmodell gepriesen …           haben sie ja auch eine anspruchsvolle
                                                                                                                                             Schulblatt Kanton Zürich 6/2016 Magazin

     kümmern.»                               Im Moment ist die Situation gut. Das heisst
                                             aber nicht, dass wir uns nicht bemühen
                                                                                            Schulbildung. Ich denke, wir müssen ver-
                                                                                            mehrt versuchen, leistungsstarken Jugend-
                                             müssen, die duale Berufsbildung weiterzu-      lichen den Weg zur Berufsmaturität zu
                                             entwickeln. Wir können uns nicht auf den       ­ermöglichen. Wir wissen heute, dass es für
                                             Lorbeeren ausruhen, sondern müssen dar-         viele Jugendliche zu viel ist, neben der
lenmarkt regelrecht ankurbeln. Heute         um bemüht sein, dass wir die duale Berufs-      Lehrstelle eine Berufsmaturität zu absol-
werden im Kanton Zürich jährlich rund        bildung auch für die Zukunft als Erfolgs-       vieren. Wir müssen uns einerseits fragen,
12 000 neue Lehrverträge abgeschlossen.      modell erhalten. Bei diesem Unterfangen         mit welchen Modellen mehr Jugendliche
Dieses Jahr blieben im Kanton Zürich         sind alle Seiten in der Pflicht: Wir brau-      eine Berufsmaturität erreichen können.
etwa 1300 Lehrstellen unbesetzt. Das         chen verantwortungsvolle Lehrbetriebe           Andererseits müssen wir für Maturanden,
heisst, dass viele Jugendliche vielleicht    und fähige Berufsbildner, die sich der Ler-     die sich entscheiden, nach der Matur doch
nicht gerade ihre Traumlehrstelle finden,    nenden annehmen. Wir brauchen erstklas-         noch eine Lehre zu machen, mehr Mög-
aber trotzdem nicht einfach nehmen müs-      sige Berufsfachschulen, die auf der Höhe        lichkeiten anbieten. Es müssen beide Wege
sen, was sie bekommen. Ich bin auch          der Zeit unterrichten und sich an den sich      möglich sein: Über die Berufslehre weiter
immer wieder beeindruckt vom grossen
­                                            wandelnden Bedürfnissen der Wirtschaft          an die Universität oder über das Gymnasi-
Engagement der Lehrpersonen. Viele von       orientieren. Und wir brauchen motivierte        um hinein in eine Berufslehre. 
                                                                                                                                             9
Schulblatt 6/2016 Erste Schritte im Lehrberuf - Wie frischgebackene Lehrpersonen den Einstieg meistern - Edudoc
10   Schulblatt Kanton Zürich 6/2016 Fokus
Fokus

Erste
Schritte im
Lehrberuf
Nicht nur für unzählige Kinder beginnt jeweils
nach den Sommerferien ein neuer Abschnitt,
sondern auch für die vielen Lehrerinnen und
Lehrer, die neu in den Beruf einsteigen.
Wir lassen diese, aber auch die erfahreneren
Kolleginnen und Kollegen zu Wort kommen,
erklären, wie Fachbegleitungen in der
Volksschule funktionieren und was sie bringen.
Und ein Blick in die Mittel- und die Berufs­
fachschulen zeigt, wie unterschiedlich Mentorat
und Coaching aussehen können.
Porträttexte: Reto Heinzel
Fotos: Sophie Stieger

                                                  Schulblatt Kanton Zürich 6/2016 Fokus
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Rahel Strickler, 28, hat während des                                                          den Schulleiter. Fordernd war meine An-
                                                                                                                                      stellung an der Bezirksschule Muri (AG),
                                        Studiums mit dem Unterrichten auf                                                             wo ich im Jahr darauf eine sechsmonatige
                                                                                                                                      Stellvertretung übernahm. Da ich erst-
                                        Primarstufe begonnen. Nach verschie-                                                          mals Deutsch unterrichtete und überdies

                                        denen Lehraufträgen arbeitet sie                                                              die Aufgaben einer Klassenlehrerin über-
                                                                                                                                      nahm, war ich stark engagiert. Glücklicher-
                                        heute als Gymnasial- und Berufsfach-                                                          weise überliess mir die Lehrerin, die ich
                                                                                                                                      vertrat, viel Unterrichtsmaterial. Wir hat-
                                        schullehrerin in Zürich und Winterthur.                                                       ten auch regelmässig Kontakt. Stark profi-
                                                                                                                                      tieren konnte ich vom Teamteaching mit
                                                                                                                                      einer anderen Lehrerin. Dass ich damals
                                                                                                                                      mit der Ausbildung zur Gymilehrerin
                                        «Bereits in der Kanti war es mein Ziel,         wahrscheinlich mehr machen können. Zu-        (Lehrdiplom für Maturitätsschulen) be-
                                        ­Gymilehrerin zu werden. Ich wollte wissen,     dem unterliefen mir die typischen Anfän-      gann, kam mir ebenfalls zugute. Obschon
                                         wie es ist, quasi auf der anderen Seite zu     gerfehler. So wiederholte ich zum Beispiel    mir die dortige Fachausbildung zu theo-
                                         stehen. Den direktesten Weg wählte ich         regelmässig die Antworten der Kinder,         rielastig war, erhielt ich doch wertvolle
                                         allerdings nicht. In gewisser Weise bin ich    wurde zum ‹Schülerecho›. Das fiel jedoch      Tipps zur Unterrichtsgestaltung. Vor allem
                                         sogar mehrmals in den Lehrberuf einge-         praktisch nicht ins Gewicht; das Unter-       die in der Fachdidaktik erarbeiteten Un-
                                         stiegen. Als ich nach der Matura Englisch      richten machte mir Spass, und ich gewann      terrichtsmaterialien und Ideen konnte ich
                                         und Spanisch studierte und nach einem          rasch an Sicherheit. Der Schulleiter be-      umsetzen und ausprobieren. Das eigentli-
                                         Studienjob Ausschau hielt, stiess ich 2011     suchte zu meiner Unterstützung einige         che Handwerk lernte ich aber erst in der
                                         auf ein Inserat der Primarschule Bürglen       Lektionen von mir. Er gab mir Tipps, sagte,   Praxis – ‹learning by doing› eben.
                                         (TG). Dort suchte man für ein Jahr eine        worauf ich bei den Kindern achten müsse.          Seit Sommer 2014 unterrichte ich an
                                         Englischlehrperson. Ich bewarb mich und            Im Herbst 2012 übernahm ich an der        der Berufsschule für Detailhandel in Zü-
                                         unterrichtete bald darauf in zwei 4. Klas-     Sekundarschule Bürglen vier Lektionen         rich. Hier bekam ich eine erfahrene Men-
                                         sen – und das natürlich ohne ‹tiefgründige›    Englisch. Dass meine Vorgängerin mich         torin zur Seite gestellt, mit der ich alles
                                         pädagogische Erfahrung. Ich wurde rich-        rechtzeitig mit dem Lehrmittel vertraut       Notwendige besprach: Lehrmittel, Lehr-
                                         tiggehend ins kalte Wasser geworfen. Dass      machte, half mir sehr, denn der Vorberei-     plan, Qualifikationsverfahren, aber auch
                                         der Einstieg trotzdem gut gelang, hatte auch   tungsaufwand war deutlich höher als auf       Administratives. Nebenher klärte sie mich
                                         damit zu tun, dass Kinder in diesem Alter      Primarstufe. Tauchten Fragen oder Prob-       über die Eigenheiten der Schule auf. Zu-
                                         noch rasch zu begeistern sind. In didak­       leme auf, wandte ich mich primär an die       sammen mit der Prorektorin besuchte sie
                                         tischer Hinsicht hätte ich damals sehr         anderen Lehrpersonen, zum Teil auch an        meine Lektionen, die wir im Anschluss ge-
                                                                                                                                      meinsam besprachen. Im Gegenzug wohnte
                                                                                                                                      ich ihrem Unterricht bei. Das Mentorat
                                                                                                                                      dauerte ein Semester, die Lehrerin blieb
                                                                                                                                      aber über diese Zeit hinaus eine wichtige
                                                                                                                                      Ansprechperson für mich. Heute, nachdem
                                                                                                                                      ich zwei Jahre an der Berufsschule unter-
                                                                                                                                      richtet habe, weiss ich, wie der Hase läuft.
                                                                                                                                      Seit gut einem Jahr bin ich zudem als Lehr-
                                                                                                                                      beauftragte an der Kantonsschule Im Lee
                                                                                                                                      in Winterthur tätig, wo mich im ersten
                                                                                                                                      Semester ebenfalls eine erfahrene Lehr-
                                                                                                                                      ­
                                                                                                                                      person mentorierte. Wir besuchten uns ge-
                                                                                                                                      genseitig drei Mal im Unterricht und auch
                                                                                                                                      der Prorektor wohnte einiger meiner Lek-
                                                                                                                                      tionen bei. Mit der Mentorin der Kantons-
                                                                                                                                      schule stehe ich bis heute regelmässig im
                                                                                                                                      Kontakt, was dadurch begünstigt wird, dass
                                                                                                                                      wir uns im Vorbereitungszimmer gleich ge-
                                                                                                                                      genübersitzen. Ausserdem tausche ich
                                                                                                                                      mich regelmässig mit meinen Fachschafts-
Schulblatt Kanton Zürich 6/2016 Fokus

                                                                                                                                      kolleginnen aus, sei es, wenn Probleme
                                                                                                                                      auftauchen oder um Ideen für den Unter-
                                                                                                                                      richt zu besprechen.
                                                                                                                                          Trotz zeitweiligen Schwierigkeiten in
                                                                                                                                      der Anfangsphase hatte ich eigentlich nie
                                                                                                                                      das Gefühl, schlecht betreut zu sein. Ich
                                                                                                                                      wusste immer, an wen ich mich bei Fragen
                                                                                                                                      oder Problemen wenden konnte. Zudem
                                                                                                                                      hatte ich von Anfang an ein gutes Verhält-
                                                                                                                                      nis zu den Kindern und Jugendlichen.
                                                                                                                                      Natürlich hatte ich es auch mal mit
                                                                                                                                      ­
                                                                                                                                      schwierigen Schülerinnen oder Schülern
                                                                                                                                      zu tun. Die wohlwollende Atmosphäre
                                                                                                                                      wurde dadurch aber nie getrübt.» 
12
Synthia Weber, 23, unterrichtet seit                                                        bildung war mir zum Beispiel gar nicht
                                                                                            bewusst, was sich neben dem Unterricht
diesem Schuljahr als Kindergärtnerin                                                        alles abspielt, wie gross der administrative
                                                                                            Aufwand ist: Elternkontakte, Formulare,
in Benglen (Fällanden). Sie schätzt                                                         Briefe, Kindergarten-ABC, Sitzungen. Das

es, auf die Unterstützung einer Fach­                                                       Thema Elternkontakte zum Beispiel hat-
                                                                                            ten wir während des Studiums meistens
begleiterin zählen zu können.                                                               in Form von Rollenspielen behandelt. Mit
                                                                                            der Wirklichkeit hatte dies nicht viel zu
                                                                                            tun. Diesen Dingen sollte meiner Meinung
                                                                                            nach in der Ausbildung mehr Aufmerk-
                                                                                            samkeit zukommen.
                                                                                                Der Berufseinstieg ist eine intensive,
                                                                                            strenge Zeit. Ich achtete darum vor allem
«Kurz vor den Sommerferien hatte ich         verläuft. Wie ich von meinen Kolleginnen       in den ersten Wochen darauf, dass ich kei-
mein Diplom in der Tasche. Und nun, ein      weiss, ist das keine Selbstverständlichkeit.   ne grossen Freizeitpläne schmiedete und
paar Wochen später, stehe ich als frisch-    Ich habe es wirklich ausnahmslos mit           genügend Schlaf bekam. Zum Glück fühl-
gebackene Kindergärtnerin vor einer          freundlichen Eltern zu tun.                    te ich mich bereits in der zweiten Woche
1. Kindergartenklasse in Benglen (Schul-         Das Unterrichten bereitet mir keine        bedeutend fitter.
gemeinde Fällanden). Zu meiner Über­         grossen Schwierigkeiten, ich fühlte mich           Ich bin froh, dass ich auf die Unter-
raschung verlief der erste Tag ohne Zwi-     auch grundsätzlich gut vorbereitet. Die        stützung einer Fachbegleiterin zählen
schenfälle. Die Kinder waren fröhlich und    Ausbildung an der Pädagogischen Hoch-          kann. Die Kindergärtnerin arbeitet aller-
voller Erwartungen. Damit hatte ich nach     schule Zürich war sehr nah am Berufsall-       dings nicht in Benglen, sondern etwas
meinem Praktikum im vorigen Jahr nicht       tag. Regelmässig hatten wir Gelegenheit,       entfernt in Pfaffhausen. Habe ich Fragen
gerechnet, denn damals hatte ich ein sehr    das Gelernte im Rahmen von Kindergar-          oder organisatorische Probleme, kontak-
                                                                                                                                           Schulblatt Kanton Zürich 6/2016 Fokus

schwieriges Kind in der Klasse, das          tenpraktika zu erproben. Doch natürlich        tiere ich sie, fixe Besprechungstermine
schliesslich prompt ein Jahr zurückgestuft   probierte ich zunächst sehr viele Dinge        haben wir nicht. An den Besuchsnachmit-
werden musste. Ich befürchtete, an mei-      aus, ich wusste ja nicht, was im Unterricht    tag vor den Sommerferien begleitete sie
nem ersten Tag in Benglen müsse etwas        und mit dieser Klasse funktionierte. Sobald    mich, das gab mir emotionalen Halt. Sie
Ähnliches passieren. Zum Beispiel, dass      ich die Kinder jedoch besser kannte und        wird mich auch gelegentlich im Unter-
ein Kind einen Weinkrampf bekommen           sie mich, wurde es einfacher, ich gewann       richt besuchen, ebenso die Schulleiterin.
oder unablässig schreien würde und alle      ja auch an Sicherheit. Vor Kurzem passierte    In Benglen haben wir drei Kindergarten-
Aufmerksamkeit auf sich ziehen würde.        es mir, dass ich Unterlagen, die ich vor­      klassen. Eine meiner dortigen Arbeits­
Das wäre für mich sehr schwierig gewesen.    bereitet hatte, zu Hause vergass. Das          kolleginnen ist zugleich ‹Gotte› von mir,
Zu meiner grossen Erleichterung geschah      brachte mich aber nicht aus dem Konzept,       wenn ich eine kurze Frage habe, gehe ich
aber nichts dergleichen. Selbst beim Ab-     im ­Gegenteil gelang es mir gut, spontan       zu ihr. Zum Glück erinnert sie mich aber
schied von den Eltern floss keine einzige    auf ein anderes Thema zu schwenken.            auch an wichtige administrative Dinge,
Träne! Überhaupt bin froh, dass der Kon-         Es gibt aber Dinge, bei denen ich noch     zum Beispiel an Formulare, die ich abge-
takt zu den Eltern bis jetzt reibungslos     etwas hinterherhinke. Während der Aus-         ben muss.» 
                                                                                                                                           13
Schulblatt Kanton Zürich 6/2016 Fokus

                                        Als Fachbegleiter möchte
                                               Gerhard Meier den
                                            erfolgreichen Berufs-
                                             einstieg neuer Lehr-
                                          personen unterstützen.
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                                        Regelmässige Gespräche
                                               sind dafür wichtig.
Ruhig ist es an diesem frühen Mittwoch-                                                               Fachbegleitung

                                                   Erfahrungs-
nachmittag in Weiach am nördlichsten
Zipfel des Zürcher Unterlandes. Die Sonne
treibt die Temperaturen auf hochsommer-

                                               schatz hilft mehr
liche Werte, obschon der Kalender bereits
Mitte September anzeigt. Im Dorfkern der
knapp 1400 Einwohner zählenden Gemein-

                                                     als Bücher
de steht das Primarschulhaus Hofwies –
bordeauxrote Metallfassade, ungleichsei-
tiges Giebeldach in derselben Farbe. Bis
vor den Sommerferien gingen hier 100 Kin-
der in Mehrjahrgangsklassen zur Schule,            Berufseinsteigerinnen und -einsteiger
seit Beginn dieses Schuljahrs sind es 170
in sechs Jahrgangsklassen. Dies, weil man              an der Volksschule werden in den
in Weiach die Schülerinnen und Schüler
der angrenzenden Aargauer Gemeinden
                                                    ­ersten zwei Jahren von einem Fach­
Fisibach und Kaiserstuhl aufgenommen                begleiter unterstützt. Wie sieht diese
hat, nachdem die dortigen Primarschulen
geschlossen worden waren.                                       Begleitung konkret aus?
    Aufgrund dieser Vergrösserung zählt
                                                                                                               Text: Jacqueline Olivier
das Hofwies-Team, zu dem auch die Kin-
dergärtnerinnen gehören, nun vier Lehr-
personen mehr – allesamt Berufseinstei-
gerinnen. Eine von ihnen ist Annamaria
Gartmann, die ihre Erfahrungen der ersten
Schulwochen folgendermassen zusam-            hauskultur und des Schulprogramms. Der        spräche im Sinne einer Zwischenbilanz
menfasst: «Gleich zu Beginn sind ganz         Lehrer der 4. Klasse unterstützt deshalb      stattfinden. Im zweiten folgt ein weiterer
viele neue Eindrücke auf mich eingepras-      als sogenannter Fachbegleiter Annamaria       Unterrichtsbesuch und gegen Ende ein
selt und es gibt viel zu organisieren, zum    Gartmann und die drei weiteren neuen          Schlussgespräch. Darüber hinaus ist der
Beispiel musste ich gleich in der ersten      Lehrpersonen an der Schule. Ausserdem         Fachbegleiter Ansprechperson bei Fragen
Schulwoche den ersten Quintalsbrief an        noch eine Kollegin, die bereits im zweiten    und Unsicherheiten, fragt auch selber
die Eltern schreiben und verschicken.»        Jahr ihrer Berufskarriere steht.              immer wieder nach, wie die junge Lehr-
Als Erleichterung empfindet es die Jung-                                                    person zurechtkommt, führt diese ins
lehrerin, dass sie gleich mit der 1. Klasse   Viel persönliches Engagement                  Team ein, bespricht mit ihr Prüfungs­
starten konnte; in dieser ist auch für die    Die Fachbegleitung ist der tragende Pfei-     vorbereitungen, Benotungen und so wei-
Kinder und die Eltern alles neu. Auch dass    ler der Berufseinführung, welche die Päd-     ter. Um diese verantwortungsvolle Auf­
in ihrem Klassenzimmer eine erfahrene         agogische Hochschule Zürich (PHZH) im         gabe wahrnehmen zu können, absolvieren
ehemalige Kindergärtnerin als IF-Lehr-        Auftrag der Bildungsdirektion seit 2003       Fachbegleiterinnen und Fachbegleiter an
person mitarbeitet (Integrierte Förderung),   anbietet. Nicht mehr als drei Lehrper­        zehn Halbtagen eine Weiterbildung an
schätzt sie sehr. «Sie gibt mir jeweils bei   sonen gleichzeitig sollte ein Fachbegleiter   der PHZH.
der Vorbereitung der Lektionen Anregun-       betreuen, denn seine Aufgabe erfordert            Mit den fünf Berufseinsteigerinnen,
gen und Tipps.»                               Zeit und persönliches Engagement, vor         die er aktuell begleitet, kann Gerhard
Der Einstieg in den Lehrberuf sei intensiv,   allem im ersten Jahr. In diesem müssen        Meier die vorgeschriebenen Abläufe nicht
die Belastung hoch, weiss Kollege Ger-        nach einem Erstgespräch zwei Unter-           einhalten. Er hat deshalb mit der PHZH
hard Meier, hinzu komme die Integrierung      richtsbesuche mit anschliessendem Re-         eine Sonderregelung vereinbart: Anstelle
in das Team, das Kennenlernen der Schul-      flexionsgespräch sowie zwei Standortge-       der Standortgespräche führt er mit seinen
                                                                                            fünf Kolleginnen fünf Supervisionen
                                                                                            durch – gemeinsame Gesprächsrunden,
  Mentoring für Schulleiterinnen und Schulleiter                                            in denen sich die Teilnehmenden aus­
  Seit dem Schuljahr 2015/16 bietet der Verband Schulleiterinnen und Schulleiter            tauschen können. Dass er überhaupt fünf
  Zürich (VSLZH) ein freiwilliges Mentoring für Berufseinsteiger an. Entwickelt             Begleitungen parallel wahrnimmt, habe
  wurde das Angebot in Zusammenarbeit mit der Pädagogischen Hochschule                      sich so ergeben, erklärt der Weiacher
  ­Zürich (PHZH), dem Volksschulamt und dem Verband der Zürcher Schulpräsi-                 ­Lehrer, zurzeit sei er der einzige an der
   denten. Das Mentoring soll den Einstieg in den Beruf erleichtern und die                 Schule, der diese Funktion habe über­
                                                                                                                                           Schulblatt Kanton Zürich 6/2016 Fokus

   ­berufliche Entwicklung unterstützen und fördern. Die Mentees profitieren dabei           nehmen können.
    von den Erfahrungen langjähriger Schulleiter.
    Interessierte Mentoren und Mentees können sich beim VSLZH anmelden. Auf                 Diverse Kurse und Beratungen
    einem Formular wird ein persönliches Stärkenprofil festgehalten, Mentees                120 Lehrpersonen im Kanton Zürich
    ­nennen zusätzlich aktuelle Spannungsfelder, Herausforderungen und Anliegen.            ­haben während des letzten Schuljahrs die
     Aufgrund dieser Angaben führt der Verband möglichst passende Tandems zu-                Ausbildung zum Fachbegleiter, zur Fach-
     sammen. Laut Präsidentin Sarah Knüsel ist diese Passung bisher immer gelungen.          begleiterin abgeschlossen, seit Beginn
     Das Mentoring dauert maximal eineinhalb Jahre und umfasst in der Regel vier             waren es mehr als 1400. Gleichzeitig
     bis sechs Treffen à eine bis zwei Stunden. Mentorinnen und Mentoren besuchen            waren 2015/16 rund 1400 Berufseinstei-
                                                                                             ­
     einen eintägigen Einführungsworkshop an der PHZH sowie ein Netzwerk­                    gende im ersten und zweiten Berufsjahr
     treffen. Bisher wurden so rund 50 Schulleitungspersonen als Mentoren aus­               in den Schulen tätig. Diese Zahl sei in den
     gebildet. Die Kosten für das Mentorat übernimmt die Schulgemeinde des Mentees.          vergangenen Jahren kontinuierlich gestie-
     Zurzeit läuft eine Evaluation des Angebots. [jo]                                        gen und werde in den kommenden Jahren
   www.vslzh.ch > Beruf Schulleiter > Mentoring                                             voraussichtlich weiter steigen, sagt Bar-
                                                                                                                                           15

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Profession an der PHZH (s. Interview).
                                         Ihnen allen steht das vielfältige Beratungs-
                                                                                        «Enorm wichtig in
                                         und Weiterbildungsangebot an der Päda-         der Einstiegsphase
                                         gogischen Hochschule zur Verfügung.
                                             Sehr gefragt sei die dreiwöchige           ist der Austausch»
                                        ­Weiterbildung gegen Ende der zweijähri-
                                         gen Berufseinstiegsphase, die den neuen
                                                                                        Wer neu in den Lehrberuf einsteigt,
                                         Lehrpersonen die Möglichkeit bietet, bis-      sollte sich Unterstützung nicht erst dann
                                         lang Erfahrenes und Erlebtes zu reflektie-     holen, wenn es schwierig wird, rät
                                         ren, Weiterentwicklungsmöglichkeiten zu        ­Barbara Dangel, Bereichsleiterin Person
                                         eruieren und neue Inputs zu erhalten. Die
                                         gut 35 Kurse im Angebot sind Themen ge-
                                                                                         und Profession an der Pädagogischen
                                         widmet wie Beurteilung und Zeugnisse,           Hochschule Zürich.
                                         Disziplin und Klassenführung, Selbstma-
                                         nagement oder Gesprächsführung. In der
                                         Beratung sind sowohl Einzel- als auch
                                         Gruppensupervisionen möglich, ebenso                                           Warum ist aus Ihrer
                                         fachdidaktisches Coaching oder Beratung                                        Sicht eine engmaschige
                                         in Krisensituationen.                                                          Begleitung von Berufs­
                                                                                                                        einsteigern nötig?
                                        Geerdeter als früher                                                            Ich bin nicht der Meinung,
                                        Christina Bretscher ist seit mittlerweile                                       dass eine engmaschige Beglei-
                                        vier Jahren im Schulhaus Weiach tätig und                                       tung nötig ist. Vielmehr sollen
                                        wurde in den ersten zwei Jahren ebenfalls                                       die Berufseinsteigerinnen und
                                        von Gerhard Meier begleitet. «An der PH                                         -einsteiger selber entscheiden
                                        wird oft das theoretische Optimum ver-                                          können, wie viel und welche
                                        mittelt, zur besten Lösung kommt man                                            Art von Unterstützung sie in
                                        aber, wenn man in der Praxis einfach                                            Anspruch nehmen möchten.
                                        ­selber probiert», findet sie. Dabei sei die    Darum ist das gesamte Angebot für Berufseinsteigende
                                         Fachbegleitung sehr wertvoll. «Der Erfah-      ­fakultativ – ausser die Fachbegleitung. Und auch bei dieser
                                         rungsschatz einer Lehrperson, die schon         kann der Kontakt auf die individuellen Bedürfnisse abge-
                                         lange im Beruf steht, ist manchmal hilf­       stimmt und auf das vorgegebene Minimum reduziert werden.
                                         reicher als alle Bücher.» Zurzeit bildet sie   Der Austausch ist aber enorm wichtig in der Einstiegsphase.
                                         sich zur Heilpädagogin weiter. Angefan-        Indem die Berufseinsteigenden mit dem Fachbegleiter oder
                                         gen hat sie in Weiach als Lehrerin einer       den Kolleginnen und Kollegen ihr Handeln reflektieren,
                                         Dreijahrgangsklasse. «Ich habe sehr viel        können sie an ihren Erfahrungen wachsen und ­
                                                                                         ­                                                   gewinnen
                                         ­investiert, um trotz dieser Mehrbelastung      ­zunehmend an Sicherheit in der Ausübung ihrer Rolle.
                                          jedes Kind zu fördern und mit den Eltern             Welche Themen beschäftigen die Berufseinsteige­
                                          in Kontakt zu sein. Ich fand diese Arbeit     rinnen und Berufseinsteiger vor allem?
                                          aber sehr bereichernd und habe viel ge-       Klassenführung, Zusammenarbeit mit Eltern, Beurteilung –
                                          lernt.» Ihr damaliger Fachbegleiter nickt:    diese Themen stehen immer wieder im Zentrum. Zwar haben
                                          «Christina hat enorm viel gearbeitet, da      die Lehrpersonen während der Ausbildungspraktika auch in
                                          sah ich meine Rolle dann auch mal darin,      diese Bereiche Einblicke erhalten, aber nun müssen sie
                                          sie abends nach Hause zu schicken.»             ­eigenverantwortlich handeln, das kann eine grosse Heraus-
                                               Was der Lehrer, der auch schon als       forderung sein.
                                          Schulleiter tätig war, feststellt: «Heutige          Was sollte eine Fachbegleiterin oder ein Fachbeglei­
                                          Berufseinsteigerinnen und Einsteiger          ter für eine erfolgreiche Begleitung beherzigen?
                                          sind geerdeter und haben weniger ro-          Fachbegleiter sollten für die Berufseinsteigenden eine An-
                                          mantische Vorstellungen vom Beruf, als        sprechperson sein, die ihnen im Schulalltag niederschwellig
                                          dies bei mir und Kollegen meiner Genera-      zur Verfügung steht, ohne sich jedoch aufzudrängen, sondern
                                          tion der Fall war.» Auch brächten die         indem sie ihnen die nötige Autonomie zugesteht, um auszu-
                                          ­jungen Lehrpersonen viel Wissen mit, das     probieren und eigene Erfahrungen sammeln zu können. Das
                                           sie abrufen könnten. «Meine Aufgabe ist      ist manchmal eine Gratwanderung, das merken wir in den
                                           es, dieses Wissen mit Erfahrungswerten       Weiterbildungen für die Fachbegleiter – das Thema sorgt oft
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                                           zu verknüpfen.»                              für rege Diskussionen. Fachbegleiterinnen und Fachbegleiter
                                               Allen Hürden zum Trotz: Der Einstieg     sollten ihre Rolle so ausüben, dass sie die Berufseinsteigen-
                                           in den Lehrerberuf ist primär ein positi-    den in i­ hrer beruflichen Entwicklung unterstützen oder sogar
                                           ver Moment. So sieht es jedenfalls Anna-     fördern. Es wäre falsch, die Fachbegleitung auf praktische
                                           maria Gartmann. «Anders als im Prakti-       Tipps zu beschränken oder den Berufseinsteigenden ein-
                                           kum bin ich von Anfang an die                fach zu sagen, wie man es macht.
                                           Autoritätsperson im Klassenzimmer und               Und welchen zentralen Tipp würden Sie Berufsein­
                                           kann hier die Regeln selber aufstellen.      steigenden mit auf den Weg geben?
                                           Und ich kann sie auch wieder ändern,         Dass sie den Austausch suchen – sei es mit dem Fachbegleiter,
                                           wenn ich merke, sie bewähren sich nicht.»    sei es mit Kolleginnen und Kollegen –, und zwar nicht erst,
                                           Von Gerhard Meier erwartet sie vor allem,    wenn es schwierig wird. Dass sie eine aktive Rolle einneh-
                                           dass er ihr den Raum lässt, Dinge auszu-     men, sich Unterstützung holen, ohne das Gefühl zu haben,
                                           probieren und Erfahrungen zu sammeln.        dies sei ein Zeichen von Schwäche. Vielmehr sollten sie dies
                                           Damit sie mit der Zeit ihren eigenen Stil    mit der Einstellung tun, dass es sie weiterbringt, wenn sie
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                                           entwickeln kann.                            nachfragen und sich erkundigen. [Interview: jo]
Auf Annamaria Gartmann (links)
prasselten in den ersten Wochen
zahlreiche Eindrücke ein.
Für Christina Bretscher (rechts)
liegt der Berufseinstieg
bereits vier Jahre zurück.

                                   Schulblatt Kanton Zürich 6/2016 Fokus

Einige Stichworte zu dem,
                                   17

was sich junge Lehrpersonen
von der Fachbegleitung erhoffen.
Céline Chalverat, 26, ist Sekundar­                                                            auch gestehen, dass ich eine tolle Klasse
                                                                                                                                       habe, mit der es von Anfang an bestens
                                        lehrerin in Wangen-Brüttisellen.                                                               geklappt hat. Ich konnte einfach Schule
                                                                                                                                       geben. Bei einer disziplinarisch schwieri-
                                        Vor den Sommerferien endete die                                                                gen Klasse wäre das sogenannte ‹Class-

                                        zwei­jährige Zeit, in der sie von                                                              room Management› sicherlich schwieriger
                                                                                                                                       gewesen. Ich hatte natürlich auch Glück.
                                        einer Fachbegleitung unterstützt                                                               Jedenfalls fiel mir der Einstieg dadurch
                                                                                                                                       bedeutend leichter.
                                        wurde.                                                                                             Vor den Sommerferien habe ich eine
                                                                                                                                       dreiwöchige Weiterbildung absolviert:
                                                                                                                                       Workshops, Referate, Vertiefungsarbeiten
                                                                                                                                       in Gruppen. Ich schätzte diesen Zwischen-
                                        «Mittlerweile habe ich das Gefühl, ich sei     Besuchen den Fokus legen sollte. Einmal         halt – eine willkommene Verschnaufpause,
                                        im Lehrberuf angekommen. Als ich vor           konzentrierte er sich darauf, wie ich auf       die es mir erlaubte, zusammen mit ehe-
                                        zwei Jahren als Sekundarlehrerin anfing,       die Klasse wirkte, das andere Mal beob-         maligen Studienkolleginnen und -kollegen
                                        hatte ich den Eindruck, ins kalte Wasser       achtete er, wie die Schüler in einer Grup-      auf die vergangenen zwei Jahre zurück­
                                        geworfen zu werden. Ich dachte: Okay,          penphase arbeiteten.                            zublicken und zu reflektieren. Üblicher-
                                        jetzt ist die Zimmertüre zu und du bist al-        Am Anfang war der Austausch inten-          weise befindest du dich als Junglehrerin
                                        leine – mit 18 Schülern! Stets rechnete ich    siver. Als Junglehrerin ist man ja mit vielen   ja auf einer Art Autobahn. Ständig lernst
                                        damit, dass jemand das Klassenzimmer           Dingen im Schulhaus noch nicht vertraut.        du Neues dazu und hast eigentlich kaum
                                        betritt und mir sagt, was ich gut und was      Da ist es gut zu wissen, dass jemand für        Zeit, über Verbesserungen des Unter-
                                        ich schlecht gemacht hätte. Nach all den       einen da ist, an den man sich jederzeit         richts nachzudenken. In der Weiterbil-
Schulblatt Kanton Zürich 6/2016 Fokus

                                        Praktika war es schon seltsam, plötzlich       wenden kann, ohne ein schlechtes Gewis-         dung habe ich wertvolle fachliche und
                                        die Verantwortung für eine Klasse tragen       sen zu haben. Mir hat das viel gebracht.        methodische Tipps erhalten. Zum Beispiel,
                                        zu müssen, zu planen, aber auch tun und        Optimal schiene mir, wenn der Fach­             wie ich IF-Lehrpersonen (Integrierte För-
                                        lassen zu dürfen, was ich für richtig hielt.   begleiter eine Klasse desselben Jahrgangs       derung) gewinnbringender im Unterricht
                                        Ich profitierte damals sehr von meinem         betreuen würde und zur selben Zeit mit          einsetzen kann.»
                                        Fachbegleiter, einem erfahrenen Lehrer-        den gleichen Fragen beschäftigt wäre.               Die Zeit der Fachbegleitung ist seit den
                                        kollegen. Mit ihm traf ich mich damals         Leider war das in meinem Fall nicht so.         Sommerferien vorbei. Nun bin ich also tat-
                                        ­regelmässig zum Austausch, wobei er oft       Am meisten brachte mir die Unterstüt-           sächlich vollkommen alleine unterwegs.
                                         die Initiative ergriff. Wir besprachen uns    zung bei den schulinternen Abläufen, den        Ich merke allerdings gar keinen grossen
                                         zum Beispiel vor dem ersten Elternabend,      kleinen, vor allem administrativen Dingen       Unterschied zu vorher. Die Betreuung war
                                         vor dem ersten Klassenlager, auch bot er      des Alltags: Sitzungen, die Planung von         ja vor allem am Anfang intensiv, nahm
                                         mir wiederholt an, bei mir auf Schul­         Elternabenden, Schulsilvestern und so           dann aber sukzessive ab. Den Austausch
                                         besuch zu kommen. Gut war, dass ich je-       weiter. Bei fachlichen Fragen brauchte ich      mit meinem ehemaligen Fachbegleiter
                                         weils wählen konnte, worauf er bei seinen     die Begleitung weniger, ich muss aber           pflege und schätze ich aber weiterhin.» 
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Lehrerinnen und Lehrer, die an der Kan-                                              Mentoring und Coaching

                                                                     Jeder Schule
tonsschule Zürcher Oberland (KZO) in den
Beruf einsteigen, werden bereits vor den
Sommerferien durch ihren Mentor oder

                                                                      ihr Konzept
ihre Mentorin kontaktiert. Es gehe dabei
um das «Aufschliessen der Schatztruhen
der Schule», heisst es im Konzept. Das
Mentorat, das ein Semester lang dauert,
dient aber nicht nur der Begleitung und
Unterstützung der jungen Kolleginnen und
                                                         An Mittel- und Berufsfachschulen
Kollegen, sondern ebenso deren Beurtei-                   ­werden Berufseinsteigende in der
lung im Hinblick darauf, ob sie für eine un-
befristete Anstellung geeignet sind.                   ­Regel von einem Mentor oder einem
     Rektor Martin Zimmermann ist be-
wusst, dass eine solche Doppelrolle des
                                                                Coach begleitet. Allerdings
Mentors einen Spagat darstellt. Entspre-                    unter­scheiden sich die Modelle.
chend lange habe man im Konvent darü-
ber diskutiert, als vor rund zehn Jahren das                                                                      Text: Jacqueline Olivier
Konzept erarbeitet wurde. Ein Mentoring
gab es an der Schule zwar schon lange, da-
mals habe der Fokus aber klar auf der Beur-
teilung gelegen. «So, wie wir es jetzt machen,   tensiven Zusammenarbeit im Fachschafts-       Zahl der Lernenden verfünffacht. Parallel
dient es beiden Seiten und ist auch für die      kollegium.»                                   dazu mussten auch mehr Lehrpersonen
mentorierte Person transparent.»                      Das Problem der Doppelrolle entfällt,    eingestellt werden. Diese hatten teilweise
     Dass der Mentor eine Leistungsbeur-         wenn die Schule die Begleitung von Berufs-    zwar Erfahrungen als Berufsbildner im
teilung zuhanden der Schulleitung abgibt,        einsteigern an Fachleute überantwortet.       Betrieb, waren aber noch nie vor einer
ist an diversen Mittelschulen Usus, so           An der Kantonsschule Zürcher Unterland        Klasse gestanden. Wie Ursula Kundert, Ab-
auch an der Kantonsschule Enge. Jasmin           (KZU) etwa werden Berufseinsteigende          teilungsleiterin Soziale Berufe, erzählt, gab
Andermatt, die an der Schule unterrichtet        seit einigen Jahren von einem externen        dies den Anstoss, ein umfassendes Konzept
und für das Mentoring zuständig ist, meint       Spezialisten für Beratung, Trainings- und     zu erstellen. Basierend auf zehn obligatori-
dazu: Die Haltung des Mentors sei grund-         Organisationsfragen betreut. Zwischen         schen Modulen werden Berufseinsteigende
sätzlich eine wohlwollende, es gehe nicht        Oktober und März des ersten Berufsjahrs       nun von den jeweils für ein Modul verant-
darum, jeden Fehler aufzulisten.                 finden jeweils vier Settings à zwei Stun-     wortlichen Personen beispielsweise in die
                                                 den statt. Wie Rektor Roland Lüthi betont,    Schulorganisation, die Administration, die
Begleitung auf Augenhöhe                         ist die Teilnahme am Coaching zwar nicht      Mediothek oder das Qualitätsmanagement
Etwas anders sieht dies Anita Pfau vom           obligatorisch, vonseiten der Schulleitung     eingeführt. Ein zentrales Modul bildet ein
Institut für Erziehungswissenschaft, Ab-         jedoch erwünscht.                             zweitägiger Crashkurs im Unterrichten. Pa-
teilung Lehrerinnen- und Lehrerbildung                                                         rallel dazu wird jeder Berufseinsteiger von
Maturitätsschulen, an der Universität Zü-        Ohne Erfahrung vor die Klasse                 einem Mentor im Berufsalltag unterstützt.
rich. Sie hat vor ein paar Jahren das Projekt    Speziell gestaltet sich der Berufseinstieg          Auch an der Berufsschule Rüti setzt
zur Berufseinführung an Zürcher Mittel-          an den Berufsfachschulen. Berufsschul-        man seit fünf Jahren auf zwei Pfeiler. Neben
schulen geleitet, in dessen Rahmen das           lehrpersonen absolvieren ihre Ausbildung      dem Mentor, der die Berufseinsteigenden
Modell des Kooperativen Mentorats ent-           an der Pädagogischen Hochschule Zürich        in pädagogischen und methodisch-didak-
wickelt wurde (s. Kasten). «Es sollte nicht      (PHZH) berufsbegleitend. Zwar ist es mög-     tischen Belangen berät, geht es im Ein-
die Aufgabe des Mentors sein, Beurteilun-        lich, Grundlagenmodule bereits vor Stellen-   trittscoaching darum, zu einer eigenen
gen abzugeben, die von der Schulleitung          antritt zu belegen, aber nicht Pflicht. Was   Haltung zur Klassenführung zu finden.
zum Beispiel als eine Entscheidungsgrund-        dies bedeutet, hat man an der Berufsfach-     Der Weg dorthin führt über das eigene
lage für die weitere Anstellung der Jung-        schule Winterthur erlebt, als 2006 an der     Disziplinverständnis und Führungsver-
lehrperson genutzt werden», erklärt sie.         Schule die neue Berufsgruppe Fachange-        halten. Die Umsetzung wird in einem zwei-
«Ein Mentorat sollte eine Begleitung auf         stellte Betreuung eröffnet wurde. Inner-      ten Schritt thematisiert. Prorektorin Janine
Augenhöhe sein und der Beginn einer in-          halb der ersten zehn Jahre hat sich die       Allimann hat für ein solches Coaching eine
                                                                                               Weiterbildung in systemischer Beratung
                                                                                               durchlaufen. «Klassenführung ist das bren-
  Kooperatives Mentorat für Mittelschulen                                                      nende Thema für Berufseinsteiger», sagt
                                                                                                                                               Schulblatt Kanton Zürich 6/2016 Fokus

  Angeregt durch die Schulleiterkonferenz der Zürcher Mittelschulen (SLK) und                  sie, «dank des Coachings sind sie besser
  im Auftrag der Bildungsdirektion hat das Institut für Erziehungswissenschaft                 ­gewappnet gegen schwierige Situationen.»
  der Universität Zürich das Modell des Kooperativen Mentorings konzipiert. Im                  Gleichzeitig sei es eine Präventionsmass-
  Zentrum dieses Modells stehen ein kollegiales Unterrichtscoaching sowie eine                 nahme, denn Burnouts seien meist eine
  intensive Zusammenarbeit zwischen Mentor und Mentee bei der Bearbeitung                      Folge von Schwierigkeiten in der Klasse.
  ausgewählter Entwicklungsschwerpunkte.                                                             An der PHZH unterstützt man solche
  Mentoren und Mentees waren in die Erarbeitung des Modells involviert, Ver­                   Bemühungen der Berufsfachschulen. Zum
  treter der SLK sowie des Amts für Mittelschulen und Berufsbildung bildeten                   Beispiel mit einem Erfahrungsaustausch
  die Begleitgruppe. Informationen sind auf der Website des Instituts abrufbar.                für Mentorinnen und Mentoren sowie
  Zu diesem freiwilligen Angebot gehören ausserdem eine Weiterbildung für                       ­einer jährlichen Tagung für Praktikums-
  Mentoren sowie Weiterbildungskurse für Lehrpersonen, die sich in ihren ersten                  lehrpersonen, Mentoren und Verantwort-
  Berufsjahren befinden. [jo]                                                                  liche der Qualitätssicherung. 
   www.ife.uzh.ch > Lehrdiplom für Maturitätsschulen > Berufseinführung an
  Maturitätsschulen                                                                             www.phzh.ch > Weiterbildung >
                                                                                               Weiterbildung für Berufsfachschulen >
                                                                                                                                               19

                                                                                               Beratung und Coaching
nach Jahren, als die Lehrbeauftragten auf
                                        Jürg Pleiss, 55, ist seit 1994                                                               dem Verordnungsweg zu ‹Mittelschul­

                                        Geschichtslehrer in Küsnacht. An                                                             lehrpersonen ohne besondere Aufgaben›
                                                                                                                                     gemacht wurden. Ab diesem Zeitpunkt
                                        den Berufseinstieg denkt er                                                                  fanden Beurteilungen statt.

                                        mit gemischten Gefühlen zurück.
                                                                                                                                         Heute gibt es in Küsnacht ein schul­
                                                                                                                                     internes Mentoratsreglement, jedem Ein-
                                                                                                                                     steiger wird eine Lehrperson zugewiesen.
                                                                                                                                     Wie intensiv die Unterstützung durch den
                                                                                                                                     Mentor oder die Mentorin ist, ist aller-
                                        «Mein Berufseinstieg war etwas holpriger      rale Rolle. Er hatte mich schon während        dings von Fall zu Fall unterschiedlich.
                                        als bei anderen Kollegen. Es dauerte lange,   meines grossen Fachpraktikums betreut          Zudem spielt die Fachschaft Geschichte
                                                                                                                                     ­
                                        bis ich richtig Fuss gefasst hatte. Während   und wusste deshalb, was bei mir gut läuft      weiterhin eine wichtige Rolle. In Küs-
                                        der ersten zehn Jahre als Geschichtsleh-      und was weniger. Von ihm bekam ich viel        nacht bemühen wir uns um eine Kultur
                                        rer war ich nicht gewählt, hatte lediglich    Unterrichtsmaterial, in erster Linie war       gegenseitiger Unterstützung, auch in
                                        einen Status als Lehrbeauftragter und         seine Unterstützung aber moralischer Art:      Unterrichtsfragen. Die Mitglieder der
                                                                                                                                     ­
                                        schlug mich mit kleineren Pensen in Küs-      Er war Anlaufstelle bei Problemen, gleich-     Fachschaft sitzen einmal pro Quartal zu-
Schulblatt Kanton Zürich 6/2016 Fokus

                                        nacht und am Gymnasium Unterstrass in         zeitig auch Klagemauer. Dass er mir            sammen, auch wenn es nichts Dringendes
                                        Zürich durch. In den 1990er-Jahren gab es     gegenüber nicht als allwissender Guru
                                                                                      ­                                              zu besprechen gibt. Dies ist immer mit
                                        keine institutionalisierte Fachbegleitung.    auftrat, tat mir als Anfänger besonders        einem gemeinsamen Essen verbunden.
                                                                                                                                     ­
                                        Alles geschah auf informellem Weg, ein        gut. So erzählte er mir nicht nur von tollen   Diese Kultur existierte schon, als ich hier
                                        Mentorat existierte ebenfalls nicht. Ich      Lektionen, die er gegeben hatte, sondern       anfing.
                                        kam damals frisch von der Uni, wo ich,        genauso, was ihm in der Vergangenheit al-          Ich denke mit gemischten Gefühlen
                                        von der Fachdidaktik einmal abgesehen,        les misslungen war. Dass er gar nicht erst     an den Einstieg zurück. Einerseits war das
                                        eine ziemlich rudimentäre Gymilehrer-         versuchte, den Eindruck zu erwecken,           Umfeld in Küsnacht gut, ja familiär, das
                                        ausbildung absolviert hatte. Und so wurde     dass bei ihm alles geschliffen sei und rund    erleichterte mir den Start, selbst wenn ich
                                        ich einfach in den Schulalltag hineinge-      laufe, empfand ich nicht nur als sehr          die Situation als unorganisiert empfand.
                                        stellt, wo es dann an mir war, schwimmen      wohltuend, daraus habe ich auch Kraft          Anderseits hatte ich persönlich zunächst
                                        zu lernen.                                    geschöpft. Ein ernsthaftes Controlling der     Mühe mit der Lehrerrolle. Ich brauchte
                                            Für mich spielte der damalige Vorste-     Schulleitung existierte in dieser Anfangs-     eine gewisse Zeit, bis ich mich daran
                                        her der Fachschaft Geschichte eine zent-      zeit auch nicht. Dies änderte sich erst        ­gewöhnte.» 
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