Wahlkampfthema Gesundheit

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Wahlkampfthema Gesundheit
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Brandenburgisches

Ärzteblatt                                                                                                    9 | 2021
Offizielles Mitteilungsblatt der Landesärztekammer Brandenburg | 31. Jahrgang | September 2021

                     Wahlkampfthema Gesundheit
         	
  Foto: AdobeStock                                                                                       Seite 5
                                                  AOK: Alles neu oder alter Wein?       Appell der Ärzteschaft:
                                                                                        Jetzt impfen lassen!
                                                  Seite 10                              Seite 12

                                                  Weiterbildungstage                    Formular für meldepflichtige
                                                  für Allgemeinmedizin                  Erkrankungen aktualisiert
                                                  Seite 22                              Seite 29
Wahlkampfthema Gesundheit
Jetzt online verfügbar: Ärzte Selbsthilfe Alkohol
                                             • 2-Minuten Schnelltest zur Einschätzung des eigenen Alkoholkonsums
                                             • Online-Programm zur Reduktion des Alkoholkonsums
                                             www.aerzteselbsthilfealkohol.de
                              Ein Angebot der Landesärztekammer Brandenburg und der salus kliniken

                                               Hilfe für suchtgefährdete Kolleginnen und Kollegen
                              Die Vertrauenspersonen der Landesärztekammer Brandenburg beraten und begleiten kollegial, auf Wunsch auch anonym.
                              Bi�e bei E-Mails in der Betreffzeile „Hilfsprogramm“ angeben.

                                  Reto Cina, 16835 Lindow, Tel.: 033933 88110, cina@salus-lindow.de
 Weitere Informationen
unter „Arzt und Gesund-           Dr. med. Jürgen Hein, 17291 Prenzlau, Tel.: 03984 808604, jue.hein@web.de
               heit“ auf
        www.laekb.de
                                  PD Dr. med. Maria-Christiane Jockers-Scherübl, 16761 Hennigsdorf, Tel.: 03302 5454211, jockers@oberhavel-kliniken.de

                                  Dr. med. Timo Krüger, 16761 Hennigsdorf, Tel.: 03302 5454211, timo.krueger@oberhavel-kliniken.de

                                  Prof. Dr. med. Ulrich Schwantes, 16766 Kremmen, Tel.: 033055 22488, ulrich.schwantes@praxis-schwante.de

Impressum                                              Redaktion                                               Das Brandenburgische Ärzteblatt erscheint
                                                       Landesärztekammer Brandenburg                           monatlich
Inhaber und Verleger                                   Anja Zimmermann M.A.                                    (Doppelnummer Juli/August).
Landesärztekammer Brandenburg                          Pappelallee 5, 14469 Potsdam                            Bezugsgebühr (ab Ausgabe 4/2010):
Präsident: Dipl.-Med. Frank-Ullrich Schulz             Telefon: 0331 505605-525                                jährlich € 35,00; ermäßigter Preis für Studenten
Pappelallee 5, 14469 Potsdam                           Telefax: 0331 505605-538                                € 17,50. Einzelpreis € 3,35.
Telefon: 0331 505605-520                               E-Mail: aerzteblatt@laekb.de                            Bestellungen bitte an die Druckerei Schiemenz
Telefax: 0331 505605-769                                                                                       GmbH, Byhlener Straße 3, 03044 Cottbus.
                                                                                                               Die Kündigungsfrist für Abonnements beträgt
                                                       Repro, Satz, Druck, Herstellung,
Herausgeber                                                                                                    sechs Wochen zum Ende des Kalenderjahres. Für
                                                       Verlagswesen
Dipl.-Med. Frank-Ullrich Schulz                                                                                die Mitglieder der Brandenburgischen Ärztekam-
                                                       Druckerei Schiemenz GmbH
                                                                                                               mer ist der Bezugspreis mit dem Mitgliedsbeitrag
                                                       Byhlener Straße 3, 03044 Cottbus
                                                                                                               abgegolten.
Zuschriften redaktioneller Art bitten wir, nur an      Telefon 0355 877070
den Herausgeber zu richten. Für mit Autoren­           Telefax 0355 87707-128
namen gekennzeichnete Beiträge wissenschaft-                                                                   Hinweise für die Autoren
licher und standespolitischer Art sowie Artikel,                                                               Wenn Sie Ihre Texte im Word erfassen, achten
                                                       Vertrieb
die die Kennzeichnung „Pressemitteilung von …“                                                                 Sie bitte darauf, die Texte im txt- oder doc-For-
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men. Die darin geäußerten Ansichten decken sich                                                                einen Ausdruck des Artikels dazu. Texte können
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Ärzteschaft. Die Zeitschrift und alle in ihr enthal-   Uhlandstraße 161, 10719 Berlin                          Sie Bilder für Ihren Artikel, bitte die Vorlagen
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Manuskripte erfolgt nur, wenn ein vorbereiteter        Zur Zeit gilt Preisliste Nr. 31, gültig ab 01.01.2021
Umschlag mit Rückporto beiliegt. Mit der Annah-
me von Originalbeiträgen zur Veröffentlichung
erwirbt der Herausgeber das uneingeschränkte
Verfügungsrecht. Änderungen redaktioneller Art
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Wahlkampfthema Gesundheit
Brandenburgisches

           Ärzteblatt
           Offizielles Mitteilungsblatt der Landesärztekammer Brandenburg | 31. Jahrgang | September 2021                                                                                                           9 | 2021
             KAMMERINFORMATIONEN / GESUNDHEITSPOLITIK
           Bundestagswahl 2021 – Wahlkampfthema Gesundheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5
           Erneuter Lockdown? – „Keine Politik mit dem Holzhammer“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9
           Gesundheitspolitische Positionen des AOK-Bundesverbandes –
           Alles neu oder alter Wein neu serviert? .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10
           Appell der Ärzteschaft: „Lassen Sie sich jetzt impfen!“ .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12
           Vertragsärzte impfen Brandenburg – 1,6 Mio. von zwei Mio. Impfungen
           durch ambulante Mediziner . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13
           Marburger Bund – Impfangebote auch an Universitäten und
           Fachhochschulen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14
Seite 18    AKTUELL
           Klinikpersonal: Impfquoten im Frühjahr 2021 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15
           Elbe-Elster Klinikum: Gedurtenhoch im Juli . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15
           Klinikum Ernst von Bergmann – Anästhesie implementiert
           eGENA-Konzept .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16
           MSGIV: Ausbau und Weiterentwicklung von Pflegestützpunkten .. . . . . . . . . . . . 16
           Erfolgreiche Rezertifizierung – Dienstleistungsqualität der
           Rettungsdienst Oberhavel GmbH bestätigt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18
           NAKO-Studie: Einsamkeit während der ersten Welle Corona-Pandemie .. . . 20
            ARZT UND RECHT
Seite 22   Steuerpflicht pauschal ausbezahlter Lohnzuschläge .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21
             FORTBILDUNG
           Akademie für ärztliche Fortbildung: Fortführung der bewährten
           Weiterbildungstage für Allgemeinmedizin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .                                                              22
           Gemeinsame Veranstaltung – Eine Gesundheit für Mensch und Tier .. . . . . . . .                                                                                                            23
           Fortbildungsangebote für Ärzte und MFA/MTRA .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .                                                                             24
           Lösungen zur Kasuistik Folge 69 .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .                                           25
             PERSONALIA
           Wir gratulieren zum Geburtstag im September .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26
Seite 23     WEITERE RUBRIKEN
           Editorial .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4
           Kurse und Fortbildungsangebote . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27
           KVBB informiert .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28
           LAVG – Apotheken und Arzneimittel .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29

                                                                                                                               Brandenburgisches Ärzteblatt 9 • 2021 |                                          3
Wahlkampfthema Gesundheit
EDITORIAL

                         Liebe Kolleginnen und Kollegen,

                           tagtäglich lesen wir über Digitalisie-                                              und Patienten an einen Tisch, um
                         rung und in unserem privaten Umfeld                                                   praktikable Lösungen zu finden. Me-
                         ist sie auch schon teilweise angekom-                                                 dizinisches Datenmanagement ist eine
                         men. Aber wie ist das im beruflichen                                                  umfangreiche Aufgabe und sollte gut
                         Umfeld? Lösen Alghorithmen da schon                                                   strukturiert umgesetzt werden. Dazu
                         Ihre Probleme? Nutzen Sie Künstliche                                                  wollen wir gern unseren Beitrag leis-
                         Intelligenz, um Diagnosen zu stellen                                                  ten. Hoffen wir, dass es besser läuft,
                         oder Therapien zu entwickeln? Ver-                                                    als der holperige Start des elektroni-
                         mutlich geht es Ihnen eher so: Viel ist                                               schen Heilberufeausweises.
                         davon noch nicht in der täglichen Ar-
                         beit angekommen. Wir alle wünschen                                                     Gern kommen wir zu diesem und an-
                         uns Entlastungen und Verbesserungen                                                   deren Themen ins Gespräch mit Ihnen.
                         durch intelligente, digitale Lösungen.                                                Bringen Sie sich in diesen Prozess ein.
                         Aber wie sollen diese aussehen?                                                       Teilen Sie uns mit, worauf wir achten
                                                                                                               sollten, worum sich Ihre Ärztekammer
                          Betrachte ich mein eigenes Fach-                                                     kümmern soll. Gemeinsam mit Ihnen
PD Dr. med. habil.
  Thomas Schulz
                         gebiet, die Radiologie, so stelle ich                                                 freue ich mich mich auf die Entlastun-
        Foto: privat     eine intensive Forschungstätigkeit für                                                gen und Verbesserungen in der Zu-
                         künstliche Intelligenz und „smarte“ Ra-                                               kunft.
                         diologie fest. Mittlerweile gibt es erste   stünden Ihnen bei Bedarf am PC in
                         Softwarelösungen, die Rundherde in          der Praxis zur Verfügung und könnten
                         der Lunge entdecken, volumetrieren          problemlos zusammengeführt wer-           ■ Ihr Thomas Schulz
                         und vergleichen. Auch für andere Er-        den. Wenn vom Patienten gewünscht,
                         krankungen wie zum Beispiel die Dif-        könnten diese Daten zudem unter
                         ferenzierung von Gehirnmetastasen           den Fachärzten geteilt werden. Ideal
                         gibt es gute Ansätze. Ein positiver         wäre deren Übermittlung auf alle ver-
                         Nebeneffekt ist, dass unsere Befunde        fügbaren Medien. Trotzdem gäbe es
                         strukturierter und damit künftig besser     nur einen personalisierten Zugriff des
                         von einer Software ausgewertet wer-         Überweisers auf berechtigte Daten.
                         den können. Es wäre für mich schon          Nebenbei würde die Software bei der
                         eine große Entlastung in der täglichen      Beweis- und Revisionssicherheit unter-
                         Arbeit, wenn in der Zukunft eine di-        stützen sowie elektronische Signaturen
                         gitale Anwendung die bildmorpholo-          und Zeitstempel erzeugen, um alle Ab-
                         gisch Gesunden bereits vorher filtert       läufe zu dokumentieren.
                         und ich mich nur noch um die Kranken
                         kümmern müsste. Ich bin gespannt,            Diese Lösungen sind keine Zukunfts-
                         wie sich dies in der Praxis durchsetzen     musik, es gibt sie bereits. Sie setzen
                         würde, wenn Praxisinhaber oder Ge-          sich aber nur schwer durch. Das Ge-
                         schäftsführer für diese Software be-        sundheitssystem hängt in der Digi-
                         zahlen sollen.                              talisierung vielen anderen Branchen
                                                                     hinterher und muss endlich aufholen.
                           Aus meiner Sicht sollten wir uns aber     Grund dafür sind sicher die speziellen
                         mehr darum kümmern, wie wir künf-           und strengen Rahmenbedingungen.
                         tig herstellerunabhängig die ambulante      Gesetze und Verordnungen lassen we-
                         und stationäre Versorgung verzahnen         nig Gestaltungsspielraum - als Beispiel
                         können. Ich wünsche mir einfache,           sei nur der Datenschutz bei diesen
                         sichere und effiziente Datenströme          besonders sensiblen Informationen
                         zwischen Hausarzt, Facharzt und Kran-       genannt.
                         kenhaus. Wäre es nicht gut, wenn der
                         Arztbrief und alle relevanten Befunde        Der Vorstand der Ärztekammer hat
                         schon vor dem Patienten in der Praxis       sich das Ziel gesetzt, in den nächsten
                         sind? Wie wäre eine Anzeige aller rele-     Jahren die Digitalisierung in der Medi-
                         vanten Daten in einem Webbasierten          zin voranzubringen. Allerdings müssen
                         Viewer? Alle medizinischen Daten zu         dazu Gesetzgeber, Ärztinnen und Ärz-
                         einem Patienten oder zu einem Fall          te, Krankenkassen sowie Patientinnen

                 4     | Brandenburgisches Ärzteblatt 9 • 2021
Wahlkampfthema Gesundheit
KAMMERINFORMATIONEN/GESUNDHEITSPOLITIK

BUNDESTAGSWAHL 2021

Wahlkampfthema Gesundheit

 Auch wenn Gesundheit nach
Meinung der Bundesbürger zu
den wichtigsten Bereichen ihres
Lebens gehört, hatte die Gesund-
heitspolitik in der Vergangenheit
eine eher untergeordnete Bedeu-
tung für die konkrete Entschei-
dung am Wahltag. Nach gut ein-
einhalb Jahren Pandemie scheint
das am 26. September anders zu
sein. Darauf deuten zumindest die
Ergebnisse einer repräsentativen
Online-Umfrage des Meinungsfor-
schungsinstituts YOUGOV unter
mehr als 2.000 Menschen ab 18
Jahren hin, die im Auftrag der Initi-
ative „Wahlradar Gesundheit“ der
deutschen Apothekerinnen und
Apotheker durchgeführt wurde.

 Demnach messen zwei Drittel der
Deutschen (68 Prozent) der Gesund-
heits- und Pflegepolitik eine große bis
sehr große Bedeutung für ihre Stimm­
abgabe zur Bundestagswahl bei, die
nur von der Sozial- und Rentenpolitik
(71 Prozent) übertroffen wird. Themen
wie Wirtschafts- und Steuerpolitik
(61 Prozent), Bildungs- und Forschungs-       Wo unterscheiden sich               und Eigenanteile favorisiert, wollen             Foto: Adobe Stock
politik (58 Prozent) oder sogar die Kli-          die Parteien?                   CDU/CSU und FDP das Zusammen-
ma- und Umweltpolitik (57 Prozent)                                                spiel von GKV und PKV erhalten. Die
rangieren weit dahinter. Allerdings ist      Doch welche wesentlichen gesund-     AfD möchte zur Vermeidung von
Letztere durch die nach der Umfrage        heitspolitischen Aussagen haben die    Schnittstellenpro­blemen die soziale
eingetretene Flutkatastrophe im Wes-       sechs wahrscheinlich stärksten Par-    Pflegeversicherung und die gesetzliche
ten Deutschlands wieder neu in das         teien im Vorfeld der Wahl gemacht      Krankenversicherung zusammenlegen.
Bewusstsein der (Wahl)Bürger gerückt.      und was haben sie in ihren Wahl-
                                           programmen festgeschrieben? Das               Vorstellungen für
 Hier war die Gesundheit bereits. Auf      Brandenburgische Ärzteblatt hat sich die ambulante Versorgung
die Frage: „Welche Bedeutung haben         die Wahlprogramme angesehen und
für Sie die Positionen der Parteien/       einige Kernpunkte zusammengefasst. Im Bereich der ambulanten Versor-
Kandidaten hinsichtlich der aufgeführ-     Die Darstellung erfolgt ohne Wertung gung will die Union den digitalen,
ten Politik-Bereiche bei Ihrer Wahlent-    und erhebt keinen Anspruch auf Voll- wohnortnahen und möglichst barriere-
scheidung für die nächste Bundestags-      ständigkeit.                           freien Zugang für alle Bürgerinnen und
wahl?“ antworteten in Bezug auf die                                               Bürger zur Haus-, Zahnarzt- und Not-
Gesundheits- und Pflegepolitik 35 Pro-       Finanzierung des Gesund- fallversorgung, zu Apotheken, Physio-
zent der Erwachsenen, dass sie ihr eine    heitssystems weiter strittig therapeuten, Gesundheitshandwerken
sehr große Bedeutung beimessen. Für                                               und Sanitätshäusern. Zudem sollen die
33 Prozent der Befragten ist die Bedeu-      In Bezug auf die Finanzierung des Kompetenzen der Heil- und Hilfsmittel­
tung groß. 17 Prozent der Deutschen        Krankenversicherungssystems gibt es erbringer stärker genutzt werden.
halten sie bei ihrer Stimm­abgabe am       da gegenüber der Situation vor vier
26. September für mittel, 6 Prozent für    Jahren wenig Änderungen. Während Die Begriffe Vertragsarzt, Hausarzt
gering. Für 3 Prozent der Menschen hat     SPD und Grüne für eine solidarisch und Facharzt kommen im „Zukunfts-
Gesundheits- und Pflegepolitik keine       finanzierte Bürgerversicherung eintre- programm der SPD“ nicht vor. Die
Bedeutung, 7 Prozent haben mit „Weiß       ten und die Linke eine Gesundheits- Partei will eine qualitativ hochwer-
nicht/keine Angabe“ geantwortet.           vollversicherung ohne Zuzahlungen tige Gesundheitsversorgung durch

                                                                                         Brandenburgisches Ärzteblatt 9 • 2021 |   5
Wahlkampfthema Gesundheit
KAMMERINFORMATIONEN/GESUNDHEITSPOLITIK

     Nach Schätzungen
       werden 30 % der
Abgeordneten neu in den
   Bundestag einziehen.
          Foto: Adobe Stock

                                Neuordnung der Rollenverteilung zwi-      möchte sie die Arztsitze gleichmäßiger        flächendeckenden Grund- und Regel-
                                schen ambulantem und stationärem          verteilen. Rückgrat des ambulanten            versorgung in der Krankenhausplanung
                                Sektor sowie einer Überwindung der        Sektors sollen mittelfristig regionale Ver-   und in der Krankenhausfinanzierung
                                Sektorengrenzen                           sorgungszentren werden. Medizinische          gerade im ländlichen Raum stärker be-
                                                                          Versorgungszentren in Händen von Kon-         rücksichtigen. Für komplexe Behand-
                                  Eine Stärkung der Primärversorgung zernen lehnt die Partei ab.                        lungen sollen entsprechende klinische
                                durch Hausärztinnen und Hausärzte                                                       Angebote stärker gebündelt werden.
                                streben die Grünen an. Sie wollen den Die AfD möchte einen weiterent-                   Zudem setzt die Union auf Investitio-
                                Direktzugang zu Therapeuten und die wickelten Medizinischen Dienst im                   nen in die Digitalisierung. Das „virtu-
                                Verordnung von Hilfsmitteln durch The- Gesundheitswesen gründen. Zudem                  elle Krankenhaus“ soll fachmedizini-
                                rapeuten ermöglichen. Die strikte Tren- will sie Budgets und Degression in der          sche Expertise durch Tele-Visiten und
                                nung der ambulanten Gebührenordnun- ambulanten Versorgung zugunsten                     digitale fachliche Beratungen zwischen
                                gen EBM und GOÄ soll dagegen fallen. leistungsgerechter Bezahlung abschaf-              mehreren Ärzten überall verfügbar ma-
                                                                          fen. Die Kassenärztlichen Vereinigun-         chen. So sollen Patienten Verlegungen
                                  Die FDP will die freien Berufe im Ge- gen sollen ihren Sicherstellungsauftrag         erspart werden.
                                sundheitswesen stärken. Ärzte und „konsequent“ umsetzen. Die Partei will
                                Apotheker sollen in medizinischen Arztpraxen, Polikliniken, MVZ in Trä-                   Die SPD will das System der Fall-
                                Fragen frei entscheiden können. Die gerschaft der Kommunen, aber unter                  pauschalen überarbeiten und wo nö-
                                Therapiefreiheit soll nicht angetastet ärztlicher Leitung fördern.                      tig abschaffen. Die Grundkosten der
                                werden. Integrierte Versorgungszent-                                                    Krankenhäuser sollen „angemessen“
                                ren sollen als Unterstützung zur Siche-             Pläne für den                       finanziert werden. Sie möchte eine
                                rung der regionalen Grundversorgung             stationären Bereich                     stärkere Öffnung von Krankenhäusern
                                mit ambulanten und kurzstationären                                                      für ambulante, teambasierte und in-
                                Behandlungen dienen.                       Auch im stationären Bereich unter-           terdisziplinäre Formen der Versorgung
                                                                          scheiden sich die Vorstellungen der           und setzt sich für eine „bedarfsgerech-
                                  Die Linke will „Kaufpreise“ für Kassen- Parteien.                                     te Grundfinanzierung“ der Kliniken ein.
                                sitze von Ärzten und Psychotherapeuten                                                  Die Geburtshilfe soll aus dem System
                                möglichst begrenzen. Für eine bedarfs- CDU und CSU wollen die Zie-                      der diagnosebezogenen Fallpauscha-
                                gerechte Versorgung in Stadt und Land le einer bedarfsgerechten und                     len entlassen, die Finanzierung der

                        6     | Brandenburgisches Ärzteblatt 9 • 2021
Wahlkampfthema Gesundheit
KAMMERINFORMATIONEN/GESUNDHEITSPOLITIK

                                                                                                                                  Wer folgt Angela Merkel
                                                                                                                                  ins Kanzleramt?
                                                                                                                                  Foto: Adobe Stock

Kinder- und Jugendmedizin ohne Fall- Liberalen gegen eine Planungshoheit         Kindern zu ermöglichen. Dabei setzt
pauschalen neu strukturiert werden.    der Krankenkassen über den stationä-      sie auf individuelle Finanzierungsver-
                                       ren Sektor. Höhere Qualität soll besser   einbarungen zwischen Krankenkassen
  Die Grünen wollen dem Bund die vergütet werden. Zudem lehnt die FDP            und Kliniken. Private Trägerschaften
Möglichkeit einräumen, bundesweite eine Ungleichbehandlung von priva-            sollen auf höchstens 60 Prozent be-
Grundsätze für die Krankenhauspla- ten, öffentlichen und konfessionellen         grenzt werden.
nung vorzugeben. Die Finanzierung Trägern ab.
soll nicht nur nach Fallzahl, sondern                                                Sektorengrenzen
auch nach gesellschaftlichem Auftrag Die Linke will 100.000 zusätzliche                 überwinden
erfolgen, wobei die Investitionskosten Pflegekräfte in den Krankenhäusern
                                                                                 und Digitalisierung fördern
künftig gemeinsam durch Bund und einsetzen. Die Grundgehälter in den
Länder getragen werden sollen. Um Kliniken sollen um 500 Euro angeho-            Relative Einigkeit herrscht bei den Par-
beste Qualität zu erreichen, setzen ben werden. Fallpauschalen sollen ab-        teien darüber, dass Sektorengrenzen
die Grünen auf Spezialisierung. Kran- geschafft werden und eine vollständige     überwunden werden sollten. Im Detail
kenhäuser, die durch fehlende Aus- Finanzierung der Betriebskosten durch         bestehen allerdings unterschiedliche
lastung die nötige Qualität in einigen die Krankenkassen erfolgen. Für die       Vorstellungen zu den dafür einzuset-
Bereichen nicht gewährleisten können, Krankenhausträger soll es ein Gewinn-      zenden Maßnahmen. Abweichungen
sollen nicht aufgegeben, sondern zu verbot geben. Die Kliniken sollen statt-     gibt es auch in der Bewertung der Di-
leistungsfähigen lokalen Notfall-, Ge- dessen in kommunale und gemeinwohl-       gitalisierung.
sundheits- und Pflegezentren weiter- orientierte Hände überführt werden.
entwickelt werden.                     Dafür soll der Bund einen „Fonds zur       Für CDU und CSU sollen digitale
                                       Rekommunalisierung und zur Unterstüt-     Versorgungsketten Informationslü-
  Die FDP sieht ein Überangebot an zung der Entprivatisierung“ auflegen.         cken zwischen Praxis und Krankenhaus
Krankenhausleistungen, das sie durch                                             beseitigen. Die Erstattungsfähigkeit
Beseitigung von Fehlanreizen berei- Die AfD setzt sich für die Einfüh-           digitaler Gesundheitsanwendungen
nigen will. Sie möchte eine Verbes- rung von Individualbudgets ein, um           soll dabei zentrale Rolle spielen. Die
serung der Investitionsfinanzierung in strukturschwachen Gebieten Not-           Union will 500 Millionen Euro für Ro-
für die Maximalversorger und spezia- falleinrichtungen, Geburtsstationen         botik und Digitalisierung in der Pflege
lisierte Krankenhäuser. Dabei sind die und die stationäre Behandlung von         bereitstellen.

                                                                                        Brandenburgisches Ärzteblatt 9 • 2021 |   7
Wahlkampfthema Gesundheit
KAMMERINFORMATIONEN/GESUNDHEITSPOLITIK

                             Nach Aussagen der SPD sollen die                  Öffentlichen                          von Akteuren der Humanmedizin,
                            Potenziale der Digitalisierung für die Gesundheitsdienst stärken                         Veterinärmedizin und Umweltwissen-
                            Verbesserung von Diagnosen und für                                                       schaften vorsieht.
                            die flächendeckende gesundheitliche Lehren aus der Pandemie ziehen die
                            Versorgung entschlossener genutzt Parteien vor allem in Bezug auf den Öf-                  Nach dem Willen der Linken soll die
                            werden. Allerdings werde die Digitali- fentlichen Gesundheitsdienst.                     Vorhalteverantwortung für den Öffent-
                            sierung „unser hervorragendes und en-                                                    lichen Gesundheitsdienst auf den Bund
                            gagiertes medizinisches Personal nicht CDU und CSU wollen in diesem Zu-                  übergehen. Die Partei will dem ÖGD
                            ersetzen“.                              sammenhang eine nachhaltige Verstär-             die tragende Rolle bei niedrigschwel-
                                                                    kung des ÖGD als unverzichtbare Säule            ligen Impfangeboten und bei der
                             Nach den Vorstellungen der Grünen des Gesundheitswesens. Die beiden                     Prophylaxe von Infektionen in Kitas,
                            sollen Patientinnen und Patienten per Parteien möchten den „Pakt für den                Schulen und Betrieben sowie bei den
                            App sicher auf den digitalen Impfpass Öffentlichen Gesundheitsdienst“ von                Hausärzten übertragen.
                            und weitere Gesundheitsinformationen Bund und Ländern weitergehen. Das                     Im Wahlprogramm der AfD wird der
                            zugreifen können. Die Partei setzt sich Robert-Koch-Institut (RKI) will die Uni-         Öffentliche Gesundheitsdienst nicht
                            für die Weiterentwicklung der digitalen on ebenfalls stärken und zu einem Pu-            erwähnt.
                            Patientenakte ein.                      blic-Health-Institut ausbauen.
                                                                                                                     Arzneimittel und Medizin-
                             Die FDP will die Digitalisierung im           Auch die SPD tritt für bessere Rah-         produkte aus Europa
                            Gesundheitswesen durch klare und              menbedingungen für den Öffentlichen
                            transparente      Rahmenbedingungen           Gesundheitsdienst ein. Sie fordert eineSchließlich treten Union, SPD, Grü-
                            voranbringen. Für eine schnelle Ver-          bessere Ausstattung, auch mit Blick   ne und FDP dafür ein, die Produktion
                            fügbarkeit der Patientendaten soll die        auf die digitale Infrastruktur (Hardware
                                                                                                                von kritischen Arzneimitteln und Me-
                            Vernetzung zwischen allen Gesund-             ebenso wie Software) sowie eine kon-  dizinprodukten durch eigene Stand-
                            heitsakteuren und Patienten digital           kurrenzfähige Vergütung.              orte in Europa sicherzustellen. So soll
                            ausgestaltet sein. Dabei soll die Digitali-                                         die Unabhängigkeit Deutschlands und
                            sierung insbesondere den Arbeitsalltag         Die Grünen sind für den Aufbau einer Europas gestärkt und die Wertschöp-
                            der Gesundheitsakteure erleichtern            starken Säule des ÖGD. Sie setzen auf fungsketten medizinischer Produkte in
                                                                          das Zusammenspiel zwischen Gesund- die EU zurückgeholt werden.
                              Die Linke lehnt den Einsatz digita-         heitsämtern, universitären Strukturen
                            ler Anwendungen und Methoden                  der öffentlichen Gesundheitsfürsorge
                            zur bloßen Kostenreduzierung unter            sowie einem neu zu schaffenden Bun- ■ EE
                            Inkaufnahme der Verschlechterung              desinstitut für Gesundheit.
                            der medizinischen Versorgung ab. Sie
                            fordert eine Zertifizierung für Gesund- Die FDP möchte dem Robert Koch-
                            heits-Apps nach staatlichen Vorgaben. Institut (RKI) politische Unabhängig-
                                                                       keit garantieren. Der Präsident und ein
                              Die AfD ist schließlich gegen eine zent- neu zu schaffender Vorstand sollen in
                            rale Datenbank zur Speicherung vertrau- fachlichen Fragen weisungsunabhän-
                            licher Patientendaten. Stattdessen sollen gig sein. Zudem sind die Liberalen für
                            die Daten direkt auf der Krankenversi- einen One-Health-Ansatz, der einen
                            cherungskarte gespeichert werden.          Austausch und die Zusammenarbeit

60,4 Millionen Bürger
      haben die Wahl
       Foto: AdobeStock

                     8    | Brandenburgisches Ärzteblatt 9 • 2021
Wahlkampfthema Gesundheit
KAMMERINFORMATIONEN/GESUNDHEITSPOLITIK

ERNEUTER LOCKDOWN?

„Keine Politik mit dem Holzhammer“

                                                                                      das Impfzentrum möglicherweise aus
                                                                                      profanen Gründen aufgeschoben. Hier
                                                                                      können kreative Incentivs die Motivati-
                                                                                      on steigern“, so Reinhardt.

                                                                                       Andere fühlten sich nicht ausreichend
                                                                                      informiert oder würden von Impf-
                                                                                      gegnern gezielt desinformiert. „Diese
                                                                                      Menschen müssen wir aufklären. Das
                                                                                      können Ärztinnen und Ärzte allein
                                                                                      nicht leisten.“ Hier müsse die Bundes-
                                                                                      zentrale für gesundheitliche Aufklä-
                                                                                      rung medial nachlegen und insbeson-
                                                                                      dere in den sozialen Netzwerken auch
                                                                                      über Fake-News aufklären. Man dürfe
                                                                                      radikalen Impfgegnern nicht länger die
                                                                                      Meinungsführerschaft in den sozialen
                                                                                      Netzwerken überlassen.“

                                                                                                                                                                   BÄK-Präsident
                                                                                      ■ BÄK
                                                                                                                                                                   Dr. med. Klaus Reinhardt
                                                                                                                                                                   Fotos: Elmar Esser

 Vor dem Treffen der Bundeskanz-         Erkrankten, die Test-Positivrate, die
lerin und der Ministerpräsidenten        Impfquote und die Altersstruktur der
der Länder am 10. August erklär-         Infizierten für die Beurteilung der Ge-
te Bundesärztekammer-Präsident           fahrenlage entscheidend. Die im Juni
Dr. Klaus Reinhardt: „Mit steigen-       ausgelaufene Bundes-Notbremse, für
                                                                                                                             LANDESÄRZTEKAMMER BR ANDENBURG
der Impfquote in Deutschland und         die allein die Inzidenz ausschlaggebend                                             Akademie für ärztliche Fortbildung
der zunehmenden Entkopplung              war, sollte durch ein bundesweit ein-
von Inzidenz und Krankheitslast          heitliches Ampelsystem mit verschie-
müssen Bund und Länder ihre              denen Indikatoren ersetzt werden. Die                                          IN DER AMBULANTEN
Corona-Politik neu ausrichten.           meisten der dafür erforderlichen Daten                                         MEDIZINISCHEN
                                                                                                                        VERSORGUNG
Notwendig ist eine Langfrist-Stra-       würden von den Gesundheitsämtern,
tegie, wie wir auf Dauer mit dem         vom Robert Koch-Institut sowie von                                             GRUNDKURS „Fallbegleitung“
                                                                                                                        (agneszwei )
Virus koexistieren können. Wir           Wissenschaftlich-Medizinischen Fach-                                           gemäß Fortbildungscurriculum
können unser gesellschaftliches          gesellschaften erhoben und liegen vor.                                         der Bundesärztekammer

und wirtschaftliches Leben nicht         Man müsse sie nur nutzen.
immer wieder aufs Neue stillle-
gen. Statt simpler Lockdown-Poli-          Dauerhafte Einschränkungen für
                                                                                                                        Januar 2022 - Juli 2022
tik mit dem Holzhammer im Sinne          Ungeimpfte nach der sogenannten
bloßer Kontaktreduzierung brau-          2-G-Regelung müssten die Ultima
                                                                                    Foto: Anja Zimmermann M.A. - LÄKB

chen wir zielgenauere und evi-           Ratio bleiben, wenn sich eine Über-
denzbasierte Anti-Corona-Maß-            lastung der Kliniken nicht anders ver-
nahmen in Deutschland. Weil viele        hindern ließe. Entscheidender sei jetzt,
Menschen, vor allem Kinder und           dass Bund und Länder h ihre Impfkam-
Jugendliche, unter den Beschrän-         pagne neu justieren. Die Aufforderung
kungen in vielfältiger Form leiden,      „Ärmel hoch“ allein reiche nicht mehr
ist das auch aus medizinischen           aus. „Wir brauchen Klarheit darüber,                                           Veranstaltungsort:
                                                                                                                        Landesärztekammer Brandenburg
und psychosozialen Gründen drin-         warum sich Menschen nicht impfen                                               Pappelallee 5
gend erforderlich.“                      lassen wollen, damit wir die einzelnen                                         14469 Potsdam
                                         Gruppen gezielt ansprechen können.
 Neben der Zahl der Neuinfektionen Es ist doch nicht jeder zweite Deut-
seien vor allem die Hospitalisierungsra- sche überzeugter Impfgegner. Viele
te, die Zahl der tatsächlich an Covid-19 haben den Gang zum Arzt oder in

                                                                                                                         Brandenburgisches Ärzteblatt 9 • 2021 |   9
Wahlkampfthema Gesundheit
KAMMERINFORMATIONEN/GESUNDHEITSPOLITIK

                              GESUNDHEITSPOLITISCHE POSITIONEN DES AOK-BUNDESVERBANDES

                              Alles neu oder alter Wein neu serviert?

                                                                       Leistungserbringer (Kassenärztliche       Anlauf des IQTIG zur Identifizierung
                                                                       Vereinigungen, Landeskrankenhaus-         planungsrelevanter Qualitätsindika-
                                                                       gesellschaft) und der Krankenkassen       toren darf bekanntlich als gescheitert
                                                                       besetzt. Ergänzt werden soll das durch    betrachtet werden. Selbst die veröf-
                                                                       „unparteiische“ Vertreter*innen der       fentlichten Ergebnisse in Gynäkologie
                                                                       Landesbehörden. Das Prinzip kennen        und Geburtshilfe haben den Praxis-
                                                                       wir vom GBA und den Landesarbeits-        test nicht bestanden. Die Indikatoren
                                                                       gemeinschaften für Qualitätssiche-        sind für eine Beurteilung wesentlicher
                                                                       rung. Selbstverständlich muss bei allen   Qualitätsunterschiede nicht geeignet.
                                                                       Planungen im Gesundheitswesen die         Sämtliche stationären Qualitätserfas-
                                                                       Finanzierbarkeit beachtet werden.         sungen, übrigens eine originär ärztli-
                                                                                                                 che Idee, die für Planungszwecke per-
                                                                         Ein Gremium, welches sich im We-        vertiert wurde, treffen nur Aussagen
                                                                       sentlichen aus Vertretern mit eindeu-     zum unmittelbaren stationären Verlauf.
                                                                       tigen finanziellen Interessen zusam-      Langzeitergebnisse fehlen. Nachbeob-
                                                                       mensetzt, kann aber unmöglich die         achtungen, die auf Routinedaten der
Dr. med. Steffen König
                                                                       dringenden Herausforderungen der          Versicherer beruhen, enden häufig
        Foto: Elmar Esser                                              Weiterentwicklung des Gesundheits-        nach einem Jahr. Die Auswertungen
                                                                       wesens schultern. Hier gehören min-       aus großen Registern, wie Endopro-
                               Kurz vor der Bundestagswahl             destens die Perspektive der Patient*in-   thesenregister und Traumaregister der
                              ist es üblich, dass sich die ver-        nen und ethische Fragen mit hinein,       DGU, verlieren durch datenschutz-
                              schiedenen Interessengruppen             also Vertreter der Patient*innen und      rechtliche Hindernisse an Wert. Nur
                              zu Fragen der Politikgestaltung          der Ärztekammern, idealerweise auch       mit Langzeitresultaten lässt sich Qua-
                              in der neuen Legislaturperiode           der Pflegeverbände und das nicht nur      lität seriös beurteilen.
                              äußern. Der AOK-Bundesverband            als Feigenblatt, wie die Patientenbank
                              nennt sein Papier zur künftigen          beim GBA. Wer diese Perspektiven           Strukturvorgaben und
                              Gestaltung des Gesundheitswe-            außer Acht lässt, hat die Zeichen der     Mindestmengen brauchen
                              sens dabei „Neue Nähe für ein            Zeit nicht erkannt. Das Grundproblem
                                                                                                                       Augenmaß
                              gesünderes Deutschland“. Auf 29          unseres Gesundheitswesens beruht auf
                              Seiten werden die Positionen der         der fast ausschließlichen Fixierung auf     Strukturvorgaben und Mindestmen-
                              AOK zu den Themen Versorgung,            pekuniäre Gesichtspunkte. Wir sollten     gen für die Krankenhausbehandlung
                              Qualitätsorientierung, gesundes          mit viel Fantasie an die Lösung der       sind prinzipiell zu begrüßen, solange
                              Leben, finanzielle Sicherung und         Probleme herangehen und im zweiten        sie intelligent geregelt sind. Struktur-
                              Ausgestaltung des Gesundheits-           Schritt aus einem bunten Strauß von       vorgaben, die dazu führen, Leistungen
                              wesens und Pflege publiziert.            Ideen, die sinnvollen und finanzierba-    zu versagen, wenn ein einziges Item
                                                                       ren auswählen.                            nicht erfüllt werden kann, sind büro-
                                       Patienten oder                                                            kratischer Unfug und dienen lediglich
                                       Beitragszahler?                  Ein richtiger Schritt ist die Stärkung   der Leistungsbegrenzung. Hier sollte
                                                                       der Gesundheitskompetenz der Versi-       zwischen unbedingt notwendigen
                               Bereits im Vorwort wird das grund-      cherten. Ob allerdings speziell ausge-    Vorgaben und additiven Elementen
                              legende Prinzip des Herangehens ge-      bildete Pflegefachpersonen und Ge-        unterschieden werden, die nicht voll-
                              nannt, nämlich die Betrachtung aus       sundheitsassistent*innen der machbare     ständig erfüllt werden müssen. Min-
                              der Perspektive der Versicherten und     Weg sind, ist angesichts des Fachkräf-    destmengen sind dort sinnvoll, wo ein
                              Beitragszahler*innen. Patient*innen      temangels im Pflegebereich fraglich.      Zusammenhang mit besserer Qualität
                              und Mitarbeiter*innen des Gesund-                                                  absolut plausibel ist und nicht dort,
                              heitswesens werden im Folgenden           Qualitätsbeurteilung nur                 wo ihre Einführung theoretisch mög-
                              zwar auch genannt, spielen aber eine       mit Langzeitresultaten                  lich ist. Man darf auch nicht vergessen,
                              zweitrangige Rolle. Das führt zu einer                                             dass der wissenschaftliche Nachweis
                                                                                 seriös
                              logischen Konsequenz, nämlich bei                                                  für eine Qualitätsverbesserung durch
                              der Forderung nach Einrichtungen auf       Für den Krankenhausbereich konsta-      Mindestmengen, nicht mehr gefordert
                              Landesebene, die die sektorübergrei-     tiert die AOK einen erheblichen Qua-      wird. Das erhöht die Verantwortung
                              fende Versorgung koordinieren sollen.    litätsunterschied zwischen den Stand-     bei denen, die sich mit der Einführung
                              Diese werden nämlich, nach den Vor-      orten. Sicherlich gibt es qualitative     und Weiterentwicklung beschäftigen.
                              stellungen des AOK-Bundesverbandes,      Abstufungen. Ob diese erheblich sind,
                              paritätisch mit Vertreter*innen der      dafür steht der Beweis aus. Der erste      Wahltarife    für   Versicherte   sind

                    10      | Brandenburgisches Ärzteblatt 9 • 2021
KAMMERINFORMATIONEN/GESUNDHEITSPOLITIK

dagegen ausdrücklich zu begrüßen. der Pandemie grundlegend versagt.                   Kriterien an die Entscheidungen un-
Sie dürften das einzig wirksame Steu- Hier ist ein Neustart unter veränderten         serer Bundestagsabgeordneten oder
erungselement in der Versorgung sein. Prämissen notwendig. Gerade in der              auch der Krankenkassen stellen, so er-
                                         Pandemie hat die Zusammenarbeit von          gäbe sich ein gravierender Handlungs-
  Die Sicherstellung der Anschluss- Krankenhäusern unterschiedlicher Grö-             bedarf. Es ist befremdlich, dass dieser
versorgung der Patient*innen ist im ße und Ausstattung, den Kollaps des               Slogan immer nur in Zusammenhang
originären ärztlichen Interesse. Es Gesundheitswesens verhindert. Nicht               mit dem deutschen Gesundheitswe-
reicht aber nicht, das Entlassungsma- einige wenige, wie uns mancher weis-            sen gebraucht wird. Wann endet end-
nagement den Krankenhäusern zu machen will, waren der Schlüssel zur                   lich diese pauschale Diskriminierung
übertragen, es müssen auch die Vo- Bekämpfung der Pandemie, sondern                   des Gesundheitswesens und seiner
raussetzungen geschaffen werden, sehr viele Krankenhäuser unterschied-                zahlreichen hochengagierten Mitar-
dass es funktioniert. Dazu gehören licher Größenklassen habe zusammen-                beiter*innen.
schnelle Genehmigungsprozesse bei gearbeitet.
den Krankenkassen und genügend Ka-
pazitäten für die Anschlussversorgung Bezüglich der Weiterentwicklung der             ■ Dr. med. Steffen König, Vizepräsident der
von Patient*innen die nicht mehr, oder ambulanten Versorgung, gehört es                                     Landesapothekerkammer Brandenburg
zeitweilig nicht mehr, in ihre häusliche sich für einen Krankenhausarzt, sich et-
Umgebung zurückkönnen (Kurzzeit- was zurückzuhalten. Eine Ausweitung
pflege, Heimplätze, Geriatrie). Von den der Prüfpflichten scheint jedoch eher
Krankenhausärzten wird erwartet, dass kontraproduktiv.
sie täglich prüfen, ob eine stationäre
Behandlung noch erforderlich ist. Wie Die Förderung der Verbreitung einer
schnell können die Krankenkassen die „nutzbaren“ elektronischen Gesund-
notwendigen Voraussetzungen schaf- heitsakte wird begrüßt. Solange der
fen, um Entscheidungen in diesem Datenschutz höherwertig eingeschätzt
Tempo umzusetzen?!                       wird wie der Gesundheitsschutz, ist
                                         der Nutzen fragwürdig.
  An der Reform der Notfallversorgung
führt auch in Zukunft kein Weg vorbei. Die Forderung nach Beschleunigung
Der entsprechende Gesetzentwurf von der Prozesse der Nutzenbewertung
BM Spahn ist glücklicherweise „Coro- von Innovationen und Arzneimitteln
na“ zum Opfer gefallen. Insbesondere durch den GBA ist ausdrücklich zu be-
der Verzicht auf die Einführung der grüßen, ebenso die Einbeziehung Digi-
integrierten Notfallzentren (INZ) ist taler Gesundheitsanwendungen in die
                                                                                                                    LANDESÄRZTEKAMMER BR ANDENBURG
ein Erfolg der Ärzteschaft. Wir setzen Nutzenbewertung.                                                             Akademie für ärztliche Fortbildung
auf die bürokratieärmere Lösung des
gemeinsamen Tresens. Man stelle sich Bezüglich der Finanzsituation der
                                                                                                               STRAHLENSCHUTZ
vor, jeder Patient müsste wirklich zu- gesetzlichen Krankenkassen sind die
                                                                                                               Aktualisierung der Fachkunde und Kennt-
erst in ein INZ. Das würde beispielswei- Forderungen nach verlässlicher Finan-                                 nisse im Strahlenschutz nach § 48
se die „Schwerverletztenversorgung“ zierung versicherungsfremder Leistun-                                      StrlSchV für Ärzte und MTRA

ad absurdum führen. Müssen wir gen durch den Bund, einer deutlichen
dann in Zukunft mit dem MD streiten, Anhebung der Versicherungsbeiträge
warum kritisch kranke Patient*innen für ALG-II-Beziehende und der Verzicht
primär in der Notaufnahme gelandet auf den Missbrauch der Liquiditätsre-
sind und nicht erst im INZ?? Auch hier serve des Gesundheitsfonds mehr als
gilt: Pragmatische Lösungen sind den nachvollziehbar, ebenso wie die nach                                      20. November 2021
Hirngespinsten von Bürokratenhirnen Wiederherstellung der vollständigen
deutlich überlegen. So begrüßen wir Haushalts- und Beitragsautonomie der
auf der anderen Seite ausdrücklich die Kassen. Gleiches gilt für die Weiterent-
Schaffung integrierter Leitstellen für wicklung des Morbi-RSA.
                                                                                    Foto: Carsten Richter

den ärztlichen Bereitschaftsdienst und
den Rettungsdienst.                       Es ist nicht möglich, in der gebote-
                                         nen Kürze alle Punkte anzusprechen.
   DRG ist der falsche Weg               Eine Sache ist aber noch wichtig. Auch
                                         im AOK-Papier wird wieder von der                                     Veranstaltungsort:
                                                                                                               Van der Valk Hotel
  Die AOK spricht sich für die Weiter- Bekämpfung von Über-, Unter- oder                                       Eschenweg 18
                                                                                                               15827 Blankenfelde-Mahlow
entwicklung des DRG-Systems aus. Das Fehlversorgung gesprochen. Zur Ehr-
ist aus Sicht der Krankenhausärzt*in- lichkeit gehört, dass ein System ohne                                    Kursleiter:
                                                                                                               Prof. Dr. med. habil. Claus-Peter Muth,
nen und mittlerweile auch vieler Politi- diese Fehler tatsächlich ein perfektes                                Cottbus
ker*innen der falsche Weg. Das System System ist. Diese Systeme gibt es prak-
setzt die falschen Anreize und hat in tisch nicht. Würden wir die gleichen

                                                                                                                Brandenburgisches Ärzteblatt 9 • 2021 |   11
KAMMERINFORMATIONEN/GESUNDHEITSPOLITIK

       APPELL DER ÄRZTESCHAFT:

       „Lassen Sie sich jetzt impfen!“

       Dipl.-Med. Frank-Ullrich Schulz, Präsident         MU Dr. Peter Noack                            Dr. med. Karin Harre
       der Landesärzte­kammer Brandenburg                                                Foto: Archiv                                 Foto: privat
                                      Foto: Elmar Esser

         Die Landesärztekammer Bran-                        MUDr./ČS Peter Noack, Vorsitzen-            aufgeführt: www.kvbb.de/patienten/
       denburg (LÄKB), die Kassenärzt-                    der der KVBB: „Anders als noch vor            kinderimpfpraxen.
       liche Vereinigung Brandenburg                      einigen Wochen gibt es mittlerweile
       (KVBB) und der Hausärzteverband                    ausreichend Impfstoff im Land, so              Darüber hinaus hatten am 11. August
       Brandenburg (HÄVBB) haben An-                      dass jeder Impfwillige wohnortnah             zahlreiche Praxen Sonderaktionen
       fang August alle Bürgerinnen und                   und einfach ein Impfangebot findet. In        angeboten, beispielsweise „Impfen
       Bürger des Landes aufgerufen,                      rund 1.700 Arztpraxen landesweit wird         to go in der Blütenstadt“ von meh-
       sich jetzt gegen COVID-19 imp-                     regelmäßig gegen COVID-19 geimpft.            reren Hausärzten in Werder (Havel).
       fen zu lassen. Listen mit regelmä-                 Die Impfung zählt längst zum Alltag           Auch anderen Ärztinnen und Ärzte
       ßig impfenden Praxen sind unter                    in unseren Praxen. Bitte lassen Sie sich      legen an diesem Tag einen besonde-
       www.kvbb.de veröffentlicht. Da­                    jetzt impfen. Denn nur durch die Imp-         ren Fokus auf die Corona-Impfung.
       rüber hinaus bieten viele Ärztinnen                fung wird die Pandemie ihren Schre-           Eine Liste der Praxen finden Sie hier:
       und Ärzte auch Sonderaktionen an.                  cken verlieren, und wir laufen nicht          www.kvbb.de/corona-impftag.
                                                          wieder von Lockdown in Lockdown.“
         Dipl.-Med. Frank-Ullrich Schulz,
       Präsident der LÄKB: „Einen wirksa-                   Dr. Karin Harre, Vorsitzende des HÄV-       ■ LÄKB
       meren Schutz gegen Corona als die                  BB: „Wir Hausärztinnen und Hausärzte
       Impfung gibt es nicht. Dass uns seit               übernehmen gemeinsam mit den imp-
       Anfang des Jahres Impfstoffe gegen                 fenden fachärztlichen Kolleginnen und
       Corona zur Verfügung stehen, ist ein               Kollegen Verantwortung für unsere Pa-
       großer Erfolg. Die Impfstoffe haben                tienten und die gesamte Gesellschaft
       vor ihrer Zulassung durch die Euro-                in unserem Kampf gegen die Pande-
       päische Arzneimittel-Agentur (EMA)                 mie. Wir impfen tagtäglich und sind
       und Empfehlung durch die Ständige                  auch für die Menschen da, für die die
       Impfkommission (StiKo) umfassende                  Impfung mit Unsicherheiten und Fra-
       und anspruchsvolle Prüfungen durch-                gen behaftet ist. Kommen Sie einfach
       laufen müssen. Sie sind sehr sicher und            auf uns zu!“
       schützen zuverlässig gegen die nach
       wie vor gefährliche Infektionskrank-                Die KVBB hat auf ihrer Website Listen
       heit. Es kommt zur Eindämmung von                  von Haus- und Facharztpraxen veröf-
       Corona auf jeden einzelnen Geimpften               fentlicht, die COVID-19-Impfungen
       an. Jeder, der sich impfen lässt, leistet          anbieten: www.kvbb.de/patienten/
       zugleich einen wichtigen Beitrag für               impfpraxen/ in einer separaten Liste
       die Gemeinschaft.“                                 sind die Kinder- und Jugendmediziner

12   | Brandenburgisches Ärzteblatt 9 • 2021
KAMMERINFORMATIONEN/GESUNDHEITSPOLITIK

VERTRAGSÄRZTE IMPFEN BRANDENBURG

1,6 Mio. von zwei Mio. Impfungen durch ambulante Mediziner

 Von den mittlerweile über zwei         werden. Das Impfen gehört weiter-         Patienten. Auch ohne Pandemie haben
Millionen Impfungen im Land             hin in die Hände der Ärzte und muss       90 Prozent der Brandenburger mindes-
Brandenburg wurden rund 1,6             vor allem in den Arztpraxen erfolgen.     tens einmal im Jahr Kontakt zu einem
Millionen von Vertragsärztinnen         Dies beweisen die aktuellen Impfzah-      unserer Mitglieder. Diese Leistung und
und -ärzten der Kassenärztlichen        len sehr deutlich. Nur die Corona-Imp-    dieses Engagement verdienen höchste
Vereinigung Brandenburg (KVBB)          fungen ebnen uns den Weg aus der          Anerkennung und Respekt sowie die
durchgeführt. Die Vertragsärzte-        Pandemie. Und nur die Impfung bietet      uneingeschränkte Unterstützung von
schaft ist damit die tragende Säu-      uns den sichersten und wirkungsvolls-     Politik und Gesellschaft.“
le der Impfkampagne im Land.            ten Schutz vor einer schweren CO-
                                        VID-19-Erkrankung.
 MUDr./ČS Peter Noack, Vorsitzender                                               ■ KVBB
der KVBB erklärte dazu:„Der Impf-Ein-    Neben dem Impfen sind die Kollegin-
satz der Kolleginnen und Kollegen ist   nen und Kollegen für ihre Patienten da.
enorm. Ob in der eigenen Praxis, im     Neun von zehn COVID-19-Patienten
Impfzentrum oder im mobilen Impf-       werden ambulant behandelt. Darüber
team – die ambulant tätigen Ärztinnen   hinaus kümmern sie sich um ihre vielen
und Ärzte impfen, wo sie gebraucht      anderen akut und chronisch erkrankten

                                                                                                                                  Anzeige

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KAMMERINFORMATIONEN/GESUNDHEITSPOLITIK

                          MARBURGER BUND

                          Impfangebote auch an Universitäten und Fachhochschulen

                           „Die Universitäten und Fach-
                          hochschulen müssen stärker in die
                          Impfkampagne eingebunden wer-
                          den. Ideal wäre es, wenn an allen
                          Hochschulen        betriebsärztliche
                          Impfstellen eingerichtet würden,
                          damit Beschäftigte und Studie-
                          rende unkompliziert die Möglich-
                          keit bekommen, sich beraten und
                          freiwillig gegen Corona impfen
                          zu lassen. Wer als Student noch
                          nicht an seinem Wohnort geimpft
                          ist, sollte dies vor dem nächsten
Dr. Susanne Johna
                          Semester am Studienort bequem
 Foto: Marburger Bund     nachholen können“, sagte Dr. Su-
                          sanne Johna, 1. Vorsitzende des
                          Marburger Bundes.                      Studierenden in klinischen Semestern           Präsenzlehre und mehr persönliche
                                                                 geimpft. Bei den Studierenden in den           Begegnungen. Gerade der Austausch
                           Eine hohe Impfquote unter den knapp vorklinischen Semestern ist der Anteil           untereinander, das Gespräch bei einem
                          drei Millionen Studierenden an deut- derzeit noch geringer.                           Kaffee auf dem Campus, muss wieder
                          schen Hochschulen ist wichtig, damit                                                  möglich sein“, bekräftigte Philipp Schil-
                          Seminare und Vorlesungen wieder „Wir appellieren an alle Studieren-                   ler, Vorsitzender des Sprecherrates der
                          überwiegend in Präsenz stattfinden den, von der Möglichkeit einer Imp-                Medizinstudierenden im Marburger
                          können. Unter den Medizinstudieren- fung Gebrauch zu machen. Sich imp-                Bund.
                          den ist die Impfquote schon sehr hoch, fen zu lassen, bedeutet solidarisch zu
                          inzwischen sind laut Medizinischem sein. Eine hohe Impfquote an den Unis
                          Fakultätentag rund 90 Prozent der schafft die Voraussetzungen für mehr                ■ MB

                          MEDIZINSTUDIUM

                          Brandenburger Ärztepräsident begrüßt Pläne für
                          Hochschulmedizin in Cottbus

                           Die Landesärztekammer Branden-            Digitalisierung muss es aber darauf an-    dieser miteinander verwobenen aka-
                          burg begrüßt das Anfang August             kommen, diese von ihrem praktischen        demischen Heilberufe wäre für die
                          von der Landesregierung vorge-             Nutzen her zu denken, um praxisfernes      geplante staatliche Hochschulmedizin
                          stellte Vorhaben einer staatlichen         Agieren, wie wir es z. B. bei einzelnen    von deutlichem und nachhaltigem
                          Medizinerausbildung in der Lausitz.        Anwendungen der von der Politik for-       Vorteil. Zwischen diesen verwandten
                                                                     cierten elektronischen Patientenakte       akademischen Ausbildungen gebe
                           Der Präsident der Landesärztekam-         sehen, zu vermeiden. Die Landesärzte-      es erwiesene Wechselwirkungen, so
                          mer, Dipl.-Med. Frank-Ullrich Schulz,      kammer kann gerade an dieser Nahtstel-     Schulz. Zudem käme dies der von der
                          hält die vorgestellten Pläne von ihrem     le erfahrener Ratgeber sein. Gern bieten   Expertenkommission geforderten In-
                          Umfang und ihrem Anspruch her für          wir an, unsere über Jahrzehnte in Bran-    terprofessionalität der Ausbildung ent-
                          ambitioniert, aber machbar, wenn alle      denburg gewachsene Fachkompetenz in        gegen. Die Landesärztekammer Bran-
                          Beteiligten diese Chance für Branden-      dieses ehrgeizige Projekt einzubringen.“   denburg und die Landeszahnärztekam-
                          burg konsequent verfolgen.                   Für Enttäuschung sorge aber, dass        mer Brandenburg hatten erst unlängst
                          „Die gesetzten zwei Schwerpunkte der       das gegenwärtige Konzept offenbar          eine kombinierte Ausbildung gefordert.
                          Gesundheitssystemforschung und vor         keine entsprechende Ausbildung für
                          allem der Digitalisierung sind im Grund-   Zahnärzte und Pharmazeuten beinhal-
                          satz nachvollziehbar. Gerade bei der       te. Die Bündelung der Ausbildungen         ■ LÄKB

                 14     | Brandenburgisches Ärzteblatt 9 • 2021
AKTUELL

KLINIKPERSONAL:

Impfquoten im Frühjahr 2021

 Je näher der Kontakt zum Patienten,     83 Prozent der Umfrage-Teilnehmer         der Verwaltung: Nur 18 Prozent waren
desto höher die Impfquote des Kli-       mindestens eine Dosis eines SARS-CoV-     im Befragungszeitraum vollständig,
nikpersonals in Deutschland. Das ist     2-Impfstoffs erhalten und 48 Prozent      53 Prozent mindestens einmal und
das Ergebnis der KROCO des Robert        waren vollständig geimpft. 94 Prozent     30 Prozent gar nicht geimpft. 26.080
Koch-Instituts (RKI). KROCO steht für    des ärztlichen Personals und 87 Pro-      Menschen hatten sich an der Umfrage
„Krankenhausbasierte Online-Befra-       zent des Pflegekräfte waren bereits       beteiligt.
gung zur COVID-19-Impfung”. Erho-        mindestens einmal, 78 beziehungs-
ben wurden die Daten vom 22. März        weise 61 Prozent vollständig geimpft.
bis 12. April 2021. Demnach hatten       Am geringsten war die Impfquote in        ■ ams

ELBE-ELSTER KLINIKUM:

Geburtenhoch im Juli

 Mit 59 Kindern, die im Juli im          Erfahrung und dem eingespielten           und die Geburtsplanung etwa drei
Kreißsaal in Herzberg das Licht          Team ermöglichen wir den werdenden        Wochen vor dem errechneten Termin
der Welt erblickten, war der Mo-         Müttern dennoch eine bestmögliche         finden wie immer statt“, sagt Veronika
nat der bisher geburtenstärkste in       Betreuung“, erzählt Hebamme Veroni-       Jeschke. Wichtig sei das Beachten der
diesem Jahr in der Geburtshilfe im       ka Jeschke.                               3G-Regel, wonach Besucher im Klini-
Elbe-Elster Klinikum.                                                              kum getestet, geimpft oder genesen
                                          Coronabedingte Einschränkungen           sein müssen. Für den Kreißsaal erhal-
  31 Mädchen und 28 Jungen wurden        gibt es in den Kreißsälen des Elbe-Els-   ten die Schwangeren und die eventu-
im Juli entbunden. An drei Tagen ka-     ter Klinikums kaum noch. Lediglich        elle Begleitperson einen Corona-Test
men sogar fünf Kinder zur Welt. Das      die Informationsabende für werdende       vor Ort. „Wir merken aber auch, dass
ist eine große Herausforderung für die   Eltern finden derzeit noch nicht statt.   immer mehr werdende Papas geimpft
Herzberger Geburtenstation und das       Dafür können individuell Termine zur      sind“, stellt die Hebamme fest.
Hebammenteam. „Fünf Entbindun-           Kreißsaalbesichtigung vereinbart wer-
gen innerhalb von drei Tagen haben       den. „Die regelmäßigen Untersuchun-
wir nicht allzu oft, aber mit unserer    gen während der Schwangerschaft           ■ EB

                                                                                           Brandenburgisches Ärzteblatt 9 • 2021 |   15
AKTUELL

       KLINIKUM ERNST VON BERGMANN

       Anästhesie implementiert eGENA-Konzept

        Im Rahmen des Notfallmanage-            zugeschnitten, anhand aktuell gelten-     mit der eGENA-App vorbereitet und
       ments werden die Mitarbeiter*in-         der Leitlinien und Empfehlungen er-       ausgebildet.
       nen der Anästhesie im Klinikum           stellt und wurden an die lokalen Gege-     Durch eGENA soll das derzeitige Not-
       Ernst von Bergmann Potsdam ab            benheiten des KEvB angepasst. Neben       fallmanagement jedoch nicht ersetzt,
       sofort durch die elektronische           Behandlungspfaden, die in Sofortmaß-      sondern um eine zusätzliche Möglich-
       Gedächtnis- und Entscheidungs-           nahmen, Diagnose und Therapie unter-      keit erweitert werden. Mit Hilfe der
       hilfe für Notfälle in der Anästhe-       gliedert sind, bieten die Notfallkarten   eGENA-Hinweise wollen wir die Be-
       sie („eGENA“) unterstützt. Das           auch eine erweiterte Darstellung von      handlungsqualität für unsere Patienten
       eGENA-Konzept wurde durch die            Zusatzhinweisen (z.B. Dosierungen sel-    auf höchstem Niveau halten und das
       deutsche Gesellschaft für Anäs-          ten verwendeter Medikamente), Sym-        innerklinische Notfallmanagement der
       thesie und Intensivmedizin (DGAI)        ptomen, Differenzialdiagnosen und         Anästhesie weiterhin verbessern.
       sowie dem Bund deutscher An-             Teamarbeits-Aspekte (CRM).
       ästhesisten (BDA) entwickelt, um                                                    Sollten auch Sie sich für das eGE-
       bei komplexen Notfallsituationen         Im Klinikum Ernst von Bergmann            NA-Konzept interessieren, welches
       während der Anästhesie und wei-         steht die App auf allen klinikinternen     grundsätzlich kostenlos durch die
       teren Notfällen eine digitale Ge-       Computern sowie allen dienstlichen         DGAI zur Verfügung gestellt wird,
       dächtnis- und Entscheidungshilfe        Smartphones zur Verfügung. Da die          steht Ihnen bei jeglichen Fragen sehr
       zur Unterstützung anzubieten.           App sowohl online als auch offline         gern Herr Dr. med. Florian Rückert
                                               dargestellt wird, kann sie somit als Un-   (florian.rueckert@klinikumevb.de) zur
         Innerhalb dieser App können Notfall- terstützung jederzeit und überall ver-      Verfügung.
       situationen mithilfe von checklistenar- wendet werden.
       tig aufgebauten Notfallkarten besser                                               1) Neuhaus C, Schild S, Eismann H, Baus J,
                                                                                          Happel O, Heller AR et al: Funktionalität und
       strukturiert und fokussierter behandelt Nach der Veröffentlichung des Kon-         Bedienung von eGENA, der elektronischen
       werden. Die eGENA-App bietet eine zeptes im August 2020 durch die                  Gedächtnis- und Entscheidungshilfe für Notfälle
       Datenbank solcher Notfallkarten, die Fachgesellschaften (1) wurde die An-          in der Anästhesiologie. Anästh Intensivmed
                                                                                          2020;61:340–351. DOI: 10.19224/ai2020.340
       mit verschiedenen Suchfunktionen ästhesie des Ernst von Bergmann Kli-
       (Stichwort-Suche, ABCDE-Suche, Kör- nikum Potsdam zur Pilotklinik ernannt.
       persystem-Suche) die zum Notfallge- Nach umfangreicher Konzeption und              Weitere Informationen finden Sie
       schehen passende Karte(n) anzeigt. Vorbereitung wurden von Februar                 außerdem unter: https://www.dgai.de/
                                                                                          projekte/egena.html
       Diese Karten sollen die Therapieent- bis Mai 2021 alle Mitarbeiter*innen
       scheidungen in Notfallsituationen im der verschiedenen Berufsgruppen
       OP unterstützen und sind auf die An- (Ärzt*innen, Anästhesiepflege und
       forderungen der jeweiligen Patienten Schüler*innen) in zwei aufeinander auf-
       (Kinder, Erwachsene, Schwangere) bauenden Schulungen auf die Arbeit                ■ Dr. med. Florian Rückert

       MSGIV:

       Ausbau und Weiterentwicklung von Pflegestützpunkten

        Pflegestützpunkte sind unab-            reicht bis zum 31. Dezember 2024.         Beratungsstrukturen in allen Landkrei-
       hängige Beratungsstellen zu allen        Pro Jahr stehen rund zwei Millio-         sen und kreisfreien Städten, die durch
       Fragen rund um die Pflege. Ihr           nen Euro aus dem Landeshaushalt           zwölf Außensprechstunden punktuell
       kostenfreies Beratungsangebot            zur Verfügung. Damit wird die             noch ergänzt werden.
       für Pflegebedürftige und ihren           nächste Maßnahme des „Pakts für
       Angehörigen soll in Brandenburg          Pflege“ umgesetzt.                          Ob häusliche Betreuung und ambu-
       ausgebaut und weiterentwickelt                                                     lante Pflege oder die Suche nach ei-
       werden. Das Sozialministerium             Pflegestützpunkte werden von den         nem passenden Pflegeheim, Möglich-
       unterstützt die Landkreise und           Landkreisen und kreisfreien Städten       keiten, das Wohnumfeld an veränderte
       kreisfreien Städte dabei. Eine ent-      gemeinsam mit den Kranken- und Pfle-      Lebensbedingungen anzupassen, Fra-
       sprechende Förderrichtlinie ist in       gekassen getragen. Mit 19 Haupt- und      gen zur Vereinbarkeit von Pflege und
       Kraft getreten. Der Förderzeitraum       elf Außenstellen gibt es in Brandenburg   Beruf oder zu Vorsorgevollmacht und

16   | Brandenburgisches Ärzteblatt 9 • 2021
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