Wirtschaftsreport Juni 2022 - IHK-Jahresempfang: Dr. Volker Wissing zu Gast
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Wirtschaftsreport Juni 22 1 Editorial Tschüss! Mit der nächsten Sitzung unserer Vollversammlung am 21. Juni wird mei- ne Amtszeit als Präsident der IHK Siegen beendet sein. Damit geht für mich mein längstes und anspruchsvollstes Ehrenamt zu Ende: Rund 44 Jahre gehörte ich ununterbrochen der Vollversammlung der IHK Siegen an, in den letzten acht Jahren durfte ich das Amt des Präsidenten ausüben. Die 79 Industrie- und Handelskammern bundesweit sowie der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) in Berlin haben das Gesamtin- teresse der gewerblichen Wirtschaft gegenüber Politik, öffentlicher Ver- waltung und Öffentlichkeit wahrzunehmen. Zur Gesamtorganisation des DIHK gehören auch die deutschen Außenhandelskammern in 92 Ländern der Erde mit 140 Standorten, eine weltweit einmalige Organisation zur Stärkung der deutschen Wirtschaftsinteressen im Ausland. Zu den be- sonderen regionalen Aufgaben der IHK-Organisation zählt die duale Be- rufsausbildung junger Menschen, die international zu einem Erfolgsmodell geworden ist und mit dafür gesorgt hat, dass die Jugendarbeitslosigkeit in Deutschland die niedrigste ist, die wir kennen. Die vergangenen acht Jahre waren zunächst überwiegend durch eine positive Entwicklung der heimischen Unternehmen geprägt. Hieraus re- sultierten eine zunehmende Beschäftigung und stetig sinkende Arbeits- losenquoten. Für die Stabilität dieses Gemeinwesens ist ein hoher Be- schäftigungsgrad unverzichtbar: Ich freue mich darüber, dass mit rund 181.000 sozialversicherungspflichtig Beschäftigten in 25.000 Unterneh- men aktuell im Kammerbezirk ein Höchststand erreicht wurde. Erfreulich waren zudem die größtenteils guten Ertragslagen und die Fortschritte bei der Digitalisierung in der Fläche. sind, gilt mein besonderer Dank. Durch ihren Einsatz, ihre Kompetenz und Allerdings: Wo viel Licht ist, ist der Schatten nicht weit und dafür größer. ihre Loyalität tragen sie alle dazu bei, dass die IHK Siegen in der Öffent- In die Zeit meiner Präsidentschaft fiel leider die Corona-Pandemie, die lichkeit einen hervorragenden Ruf genießt. Als ausgesprochen wertvoll – große Teile der heimischen Wirtschaft, aber auch die interne Organisation in guten wie in schlechten Zeiten – erwies sich die Zusammenarbeit mit der Industrie- und Handelskammer vor große Herausforderungen stellte. den anderen südwestfälischen Industrie- und Handelskammern, der SIHK Die besonders gebeutelten Bereiche, zum Beispiel der Einzelhandel, die Hagen und der IHK Arnsberg, wie zuletzt in Zusammenhang mit der ge- Gastronomie und Teile der Dienstleistungen, belasteten auch das Personal sperrten Talbrücke Rahmede. der Industrie- und Handelskammer und mich persönlich schwer. Die Null- Covid-Strategie in China hat weltweit negative Auswirkungen auf die Für mich war es immer wieder eine Freude und eine Bereicherung meines Versorgung der Industrie und der Verbraucher. Lebens, mit ganz unterschiedlichen Persönlichkeiten aus Wirtschaft, Poli- tik und der Öffentlichkeit zusammenzukommen. Dabei lernte ich, dass es Der von Putin am 24. Februar dieses Jahres begonnene völkerrechtswid- für die täglichen Themen und Herausforderungen der heimischen Wirt- rige Krieg gegen die Ukraine führt zusätzlich zu gebrochenen Lieferketten, schaft häufig ganz unterschiedliche Sichtweisen gibt – und erlebte die massiven Preiserhöhungen für Rohstoffe, Material und Lebensmittel und Vielfalt von Entscheidungen, die für das Funktionieren unseres Gemein- zu erheblichen Sorgen über eine nicht mehr zuverlässige Energieversor- wesens unverzichtbar sind, ganz hautnah mit. gung – und damit ggf. zu katastrophalen Folgen für die Existenz unserer Wirtschaft und den Zusammenhalt unserer Gesellschaft. Für die Bewältigung der vor uns stehenden Aufgaben wünsche ich allen Beteiligten eine glückliche Hand! Es war mir eine Ehre, für acht Jahre der Mehr denn je kommt es jetzt darauf an, mit der IHK über eine starke Präsident der IHK Siegen gewesen zu sein. Stimme der heimischen Wirtschaft zu verfügen. Ihre Aufgaben werden auch in Zukunft sicher anspruchsvoll, spannend und vielseitig sein und In diesem Sinne grüßt Sie herzlich bleiben. Dass sie gut bewältigt werden, daran habe ich angesichts der zahlreichen engagierten Kräfte in der IHK keinerlei Zweifel. Dabei denke ich auch an die rund 1.600 ehrenamtlich tätigen Personen, die allein in unserer Kammer die hauptamtlich tätigen Mitarbeiterinnen und Mitarbei- ter unterstützen. Allen, die Tag für Tag für die Anliegen der IHK unterwegs Felix G. Hensel, Präsident
2 Juni 22 Wirtschaftsreport Inhaltsverzeichnis IHK-Jahresempfang 4 „Starke Standorte brauchen leistungsfähige Verkehrswege“ Der Neubau der A45-Talbrücke Rahmede war eines der beherrschenden Themen beim Jahres empfang der IHK Siegen. Dr. Volker Wissing, Bundesminister für Digitales und Verkehr, zeigte den 1.000 Gästen in der Siegerlandhalle Perspektiven auf und versicherte, er werde sich höchstpersönlich jeden Tag für dieses so wichtige Projekt einsetzen. Zudem sprach der FDP-Politiker die Herausforderungen der inter- nationalen Gemeinschaft in Zeiten des Ukraine- Kriegs und der Corona-Pandemie an. 32 McDart GmbH Geschäftsidee traf 35 „mosja“-Clothing Wohlfühlmode 41 Café Klarfeld Heimatgenuss in Deuz ins Schwarze für Herzensprojekte Impressum Der WIRTSCHAFTSREPORT ist das offizielle Organ der IHK Siegen Herausgeber Layout und wird den kammerzugehörigen Unternehmen im Rahmen Industrie- und Handelskammer Siegen, Christian Reeh ihrer beitragspflichtigen Mitgliedschaft ohne besonderes Be- Hauptgeschäftsstelle, Postfach 10 04 51, 57069 Siegen, zugsentgelt geliefert. Im freien Verkauf jährlich EURO 25,20 Koblenzer Straße 121, 57072 Siegen Druck, Anzeigen und Verlag + Porto und MwSt. Einzelheft EURO 2,10 + Porto und MwSt. Telefon 0271 3302-0 Vorländer GmbH & Co. KG Bestellung nur durch den Verlag. Telefax 0271 3302-400 Buch- und Offsetdruckerei · Verlag · Werbeagentur E-Mail: si@siegen.ihk.de, Obergraben 39, 57072 Siegen Erscheinungsweise: jeweils am 1. jedes Monats. Internet: http://www.ihk-siegen.de Telefon 0271 5940-0 Druckauflage: 22 283 Exemplare Anzeigenannahme: Quartal 1/2022 Geschäftsstelle Olpe, Postfach 14 46, 57444 Olpe, Michaela Hartrumpf-Schneider, Telefon 0271 5940-335 A 4791 In der Trift 11, 57462 Olpe, Telefon 02761 9 44 50, Philip Tordeur, Telefon 0271 5940-331 Namentlich gekennzeichnete Artikel geben die Meinung Telefax 02761 9445-40, E-Mail: oe@siegen.ihk.de Telefax 0271 5940-373 des Verfassers, nicht unbedingt die Meinung der IHK Siegen Redaktion: E-Mail: wirtschaftsreport@vorlaender.de wieder. Nachdruck mit Genehmigung des Herausgebers und Patrick Kohlberger: 0271 3302-317 Quellenangabe sowie fotomechanische Vervielfältigung für Zustellung Hans-Peter Langer: 0271 3302-313 innerbetrieblichen Bedarf gestattet. Für unverlangt eingesand- Für Fragen, die die Zustellung betreffen, wenden Sie sich E-Mail: presse@siegen.ihk.de te Manuskripte und Fotos wird keine Gewähr übernommen. bitte an zustellung@siegen.ihk.de oder 0271 3302-273. Der WIRTSCHAFTSREPORT ist keine auf Erwerb ausgerichtete Mitarbeiter dieser Ausgabe: Veröffentlichung. Frank Steinseifer Zurzeit gültige Anzeigenpreisliste Nr. 61
Wirtschaftsreport Juni 22 3 IHK online »G Pressemeldungen finden Sie zusätzlich zur Printausgabe auch online unter www.ihk-siegen.de. ekürzte Dazu geben Sie bitte die dem Text beigefügte ID in das Suchfeld unserer Website ein. « 32 | Berichte 12 | Nachrichten » 54 Jubiläen/Bücher » 32 Geschäftsidee traf ins Schwarze » 14 Talbrücke Rahmede 54 | Börsen » 35 Wohlfühlmode » 16 Konjumktur » 54 Recyclingbörse für Herzensprojekte » 18 Landtagswahl » 55 Unternehmensnachfolgebörse » 38 Mehr Sicherheit im Verkehr » 45 Energie-Award » 55 Handels- und » 41 Heimatgenuss in Deuz » 47 Klimaschutz Genossenschaftsregister » 48 Mobilfunk 62 | Kultur » 62 Sabine Helsper-Müller » 64 Veranstaltungskalender )HUWLJEDX/LQGHQEHUJ 277248$67*PE+ &R.* $QGHU$XWREDKQ )UHXGHQEHUJ +RFKEDX 6WUD¼HQXQG7LHIEDX 6FKOÙVVHOIHUWLJEDX 6 %HWRQIHUWLJWHLOH + 6 . ..+) 6SH]LDOWLHIEDX 0 #0#7 (( 7ULQNZDVVHUEHKÁOWHU +1 67 %DXZHUWHUKDOWXQJ - 6 +5 ,QJHQLHXUEDX 0 (7 .RQ]HSWLRQ ZZZTXDVWGH
4 Juni 22 Wirtschaftsreport IHK-JAHRESEMPFANG „Starke Standorte brauchen leistungsfähige Verkehrswege“
Der Neubau der A45-Talbrücke Rahmede war eines der beherrschenden Themen beim Jahresempfang der IHK Siegen. Dr. Volker Wissing, Bundesminister für Digitales und Verkehr, zeigte den 1.000 Gästen in der Siegerlandhalle Perspektiven auf und versicherte, er werde sich höchstpersönlich jeden Tag für dieses so wichtige Projekt einsetzen. Zudem sprach der FDP-Politiker die Herausforderungen der internationalen Gemeinschaft in Zeiten des Ukraine-Kriegs und der Corona-Pandemie an. Text: Patrick Kohlberger | Fotos: Heiner Morgenthal, Carsten Schmale
6 Juni 22 Wirtschaftsreport Felix G. Hensel „Der Zeitenwende mit mehr Tempo begegnen“ » „Die Welt überschlägt sich in einem Tempo, das es schwer macht, mitzuhalten. Zugleich scheint es, als wären Ausnahme- zustände mittlerweile unser dauerhafter Begleiter“, erklärte Felix G. Hensel beim Jahresempfang der Industrie- und Handels- Nachdenklich ordnete er den bisherigen Verlauf des Ukraine- Konflikts ein: „Das Leid der Menschen ist unvorstellbar.“ Gleich- sam sei das Ausmaß der daraus resultierenden tektonischen Verschiebungen der internationalen Beziehungen zum jetzigen kammer Siegen. Der IHK-Präsident rückte die längst noch nicht Zeitpunkt noch gar nicht in Gänze abzuschätzen. Den von Bun- beendete Corona-Pandemie, das Kriegsgeschehen in der Ukrai- deskanzler Olaf Scholz geprägten Begriff der „Zeitenwende“ ne sowie die jeweils weitreichenden Folgen für die heimische bewertete Felix G. Hensel als zutreffend. „Es geht schließlich um Wirtschaft in den Blickpunkt seiner Ansprache. Dankbar zeigte eine Neujustierung der deutschen und der internationalen Poli- er sich indes darüber, nach der Covid-bedingten Pause im Jahr tik.“ 2021 nun wieder knapp 1.000 Gäste zu der Traditionsveranstal- tung in der Siegerlandhalle begrüßen zu können: „Wir sehnen Steigende Preise an den Zapfsäulen oder für die eigene Heizung uns alle nach einem Stück Normalität. Schön, dass Sie der Ein- seien nicht mehr als die „Spitze des Eisbergs“. Gestörte Liefer- ladung gefolgt sind“, brachte Hensel seine Wertschätzung ge- ketten, fehlende Rohstoffe und Vormaterialien entwickelten genüber den Besuchern zum Ausdruck. sich immer deutlicher zu einem Hemmschuh für die heimische Wirtschaft – ein Ende dieser Entwicklung sei nicht in Sicht. Dennoch: Die ökonomischen Sanktionen gegen Russland wür- den bei den Unternehmen im heimischen Kammerbezirk weit überwiegend mit Einverständnis aufgenommen. Positiv stimme der Zusammenhalt der westlichen Staaten in dieser schwierigen Zeit: „Niemand schweißte die NATO und Europa jemals so zu- sammen wie Putin. Das macht Mut!“ Für die Unternehmen in der Region zeige sich in der Krise: „Wer verflochten ist, der ist auch verletzlich.“ Und das längst nicht nur aufgrund des Ukraine-Konfliktes, sondern vor allem auch in Bezug auf die Auswirkungen der Pandemie. Der in China wieder- holt praktizierte Lockdown für Millionenstädte etwa habe die internationale Liefersituation massiv verschärft. Die deutsche Politik wiederum habe in Covid-19-Fragen aus heutiger Sicht auch nicht alles richtig gemacht. Hier habe in erster Linie der Föderalismus seine Schwachstellen offengelegt: „Die unter- schiedlichen staatlichen Ebenen formulierten fast im Wochen- takt neue Anforderungen an Wirtschaft und Gesellschaft.“ Die Regelungsdichte sei stetig gestiegen – und mit ihr die Unüber- sichtlichkeit, was nun in den einzelnen Regionen des Landes gelte und was nicht. Mit Sorge betrachte Hensel überdies die gewaltige Neuver- schuldung des Bundes. Diese habe sich allein in den vergange- nen beiden Jahren auf rund 345 Mrd. € belaufen. „Vor gar nicht so langer Zeit bemaß sich die Finanzpolitik der Bundesregierung am Ziel der ,schwarzen Null‘. Heute ruft niemand mehr nach ihr. Stattdessen werden die Lasten auf unsere Kinder und Enkel- kinder geladen“, kritisierte er. Als kapitale Fehlentscheidung habe sich indes auch der „nicht vom Ende her gedachte“ Doppelausstieg aus Kernkraft und Koh- le offenbart, befand Hensel. Das Resultat sei eine nicht mehr hinnehmbare Abhängigkeit von Erdöl, Kohle und Gas aus Russ-
Wirtschaftsreport Juni 22 7 land. Die hohen Strom- und Energiekosten entwickelten sich auch aus Sicht der Betriebe in Südwestfalen zu einem immer bedrohlicheren Wettbewerbsnachteil des hiesigen Wirtschafts- standorts. Dass nun Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck auf eine „fossile Einkaufstour“ nach Katar und in die Vereinigten Arabischen Emirate gereist sei, verdeutliche die „wenig schmei- chelhafte Sackgasse“, in die sich der Bund hineinmanövriert habe. Zu den Themen, die die Menschen in der Region zurzeit am meisten beschäftigten, gehöre aber freilich noch eine ganz an- dere Baustelle – und zwar im wahrsten Sinne des Wortes: „Mit der Vollsperrung der A45 bei Lüdenscheid wurde die verkehrli- che Lebensader Südwestfalens durchtrennt. Die Auswirkungen waren und sind verheerend.“ Der volkswirtschaftliche Schaden wird bei einer zehnjährigen Bauzeit auf 3,5 Mrd. € berechnet. Selbst bei einer Halbierung der Bauzeit werden noch 1,8 Mrd. € prognostiziert – ein katastrophales Szenario. Unisono riefen die Betriebe und die Menschen in der Region daher nach einem schnellstmöglichen Ersatzneubau. „Wir brau- chen mehr Tempo“, appellierte Hensel direkt an Bundesver- kehrsminister Dr. Volker Wissing, den Ehrengast des Abends. Schnellere Genehmigungs- und Planungsverfahren sowie par- allele Abläufe seien eine effektive Möglichkeit, den Neubau zu beschleunigen – veränderte Vergabeverfahren ebenso. Zudem zeige sich bei Verkehrsinfrastrukturprojekten immer wieder das Problem, dass der Fortschritt der Arbeiten in unver- hältnismäßiger Weise ausgebremst werde. Zu stark sei der Fokus darauf ausgerichtet, die Habitate von Wanderfalken, Haselmäusen, Rotmilanen oder Ameisenbläulingen zu bewah- ren. „Tier- und Naturschutz ist uns allen wichtig – keine Frage! Aber sollte er uns in Abwägung der schutzwürdigen Güter wichtiger sein als die Bedürfnisse der Menschen, die hier le- ben?“, regte Hensel zum Nachdenken an. Es sei mehr Augen- maß vonnöten, um der „Zeitenwende mit mehr Tempo begeg- nen“ zu können. Im Verkehrssektor kranke das System seit vielen Jahrzehnten massiv. Die Region fordere beispielsweise seit inzwischen 50 Jahren den Ausbau der Ruhr-Sieg-Strecke, damit Güter ver- mehrt über die Schiene transportiert werden könnten. „Nun – sieben Bundespräsidenten und 16 Bundesverkehrsminister spä- ter – kommt man in der ersten Phase der Vorplanung an“, schüttelte der Präsident den Kopf. Der durchgängig zweigleisi- ge Ausbau der Siegstrecke zwischen Siegen und Köln lasse gar seit fast acht Dekaden auf sich warten. Dagegen kämpfe man „erst“ seit einem Vierteljahrhundert um die Kreuztaler Südum- gehung als der Tor der „Route 57“ nach Wittgenstein. „Der Plan- feststellungsbeschluss liegt seit viereinhalb Jahren vor. Gebaut wurden bisher null Meter!“ Trotz aller Probleme formulierte Felix G. Hensel auch einen in vielerlei Hinsicht positiven Blick in die Zukunft und nahm dabei Bezug auf den Kammerbezirk. Viele Beispiele aus den Kreisen Siegen-Wittgenstein und Olpe zeigten klar auf, dass die Wirt- schaft von Mut geprägt sei und aktiv gestalten wolle. Für Inno-
8 Juni 22 Wirtschaftsreport vation auf höchstem Niveau stehe etwa das vor wenigen Jahren errichtete Technologienzentrum „The Summit“ auf der Siegener Martinshardt: „Mittlerweile arbeiten hier rund 500 – überwie- gend junge – IT-Fachkräfte!“ Der Ort sei zu einer regelrechten „IT-Triebfeder“ avanciert. Die erfolgreichen Ansätze und Umsetzungen erstreckten sich aber auch ansonsten über verschiedenste Bereiche – vom Bil- dungssektor bis in die Hochtechnologie. Die Internationale Schule in Olpe etwa stelle ein „Leuchtturmprojekt“ für die ge- samte Region dar – ähnlich wie die Batterierecycling-Anlage für Lithium-Ionen-Batterien der SMS group in Hilchenbach. Die SMS-Tochter Primobius hat dort ein CO₂-armes System entwi- ckelt, mit dem hochreine Chemikalien in die Lieferkette der Batterieherstellung zurückgeführt werden können. „Damit lässt sich die Unabhängigkeit von globalen Zulieferern vergrößern. Außerdem werden wichtige endliche Ressourcen geschont“, unterstrich der IHK-Präsident. Zu beeindrucken vermöge auch das Jahrhundertprojekt „Siegen. Wissen verbindet“ – die Vision einer Stadt, die die Universität in ihre Mitte hole. „Am Ende“, prognostizierte Hensel, „könnten es bis zu 14.000 junge Menschen sein, die künftig die Siegener Innenstadt mit neuem Leben füllen.“ Die Uni, die in diesen Tagen ihr 50-jähriges Bestehen feiere, werde zum entscheidenden Zu- kunftsanker. Als ein konkretes Beispiel führte der Präsident an, dass hier der erste deutsche Quantencomputer im Einsatz sei. Zum Hintergrund: Prof. Christof Wunderlich erforscht dort, wie die Steuerung der Quantenbits verbessert werden kann. Hensel betonte, es sei zu hoffen, dass die Politik beim wichtigen Thema „Siegen.Wissen verbindet“ dauerhaft das Große und Ganze im Auge behalte, damit Stadt, Hochschule und Region zu einem echten Kraftzentrum verschmelzen können. n
Wirtschaftsreport Juni 22 9 Dr. Volker Wissing Talbrücke Rahmede zur „Chefsache“ erklärt » Er gilt als einer der „Architekten“ der Ampelkoalition und be- kleidet in seiner Funktion als Bundesminister für Digitales und Verkehr eine Schlüsselposition im Kabinett des Bundeskanzlers. Beim Jahresempfang der IHK Siegen stellte Dr. Volker Wissing de, stelle die Koalition in Berlin auf allen Ebenen die Weichen. Nicht nur – aber auch und gerade – vor dem Hintergrund des russischen Angriffs auf die Ukraine gelte es für Deutschland, in puncto Energieversorgung so schnell wie möglich neue Lösun- sein Konzept zur Bewältigung der zahlreichen Herausforderun- gen zu finden. gen in seinem Verantwortungsbereich vor – nicht zuletzt mit einem sehr klaren Fokus auf die Situation in Südwestfalen. Der Die Taskforce Versorgungssicherheit, die Energietransporte si- 52-Jährige nahm Stellung zu allen Fragen rund um die nationa- cherstelle, befinde sich stets im engen Austausch mit dem Wirt- le Verkehrsinfrastruktur, legte seine Ansätze zur Mobilitätswen- schaftsministerium. Um die finanziellen Belastungen für die de dar und erklärte den weiteren Verlauf der Arbeiten an der Menschen und Unternehmen abzufedern, habe die Bundesre- Talbrücke Rahmede bei Lüdenscheid zur „Chefsache“. gierung eine ganze Reihe von Sofortmaßnahmen auf den Weg gebracht – in erster Linie die Abschaffung der EEG-Umlage ab Mit Leidenschaft, Scharfsinn und Esprit brachte der Volljurist dem 1. Juli und die temporäre Reduzierung der Energiesteuer. und ehemalige FDP-Generalsekretär in seiner Festrede zunächst Entscheidend sei nun, dass die Mineralölwirtschaft diese Steuer- den Status quo der deutschen sowie der internationalen Wirt- senkung auch an die Verbraucher weitergebe. schaft, Gesellschaft und Politik sowie seine Vision einer erfolg- versprechenden Zukunft zum Ausdruck. Freilich rückte er dabei Um die ambitionierten Klimaschutzziele erreichen zu können, die zurzeit drängendsten Probleme in den Fokus – in erster Linie sei das Thema Mobilität ganz entscheidend. Ziel müsse es sein, den Ukraine-Konflikt. „Der Krieg und seine Folgen werden uns wieder deutlich mehr Menschen für den ÖPNV zu begeistern – noch eine ganze Weile fordern“, machte der Minister gleich zu etwa durch das 9-€-Ticket für die Sommermonate. Eine Beginn klar. Die Regierung unterstütze, wo sie nur könne – un- leistungs-starke Verkehrsinfrastruktur sei ein absoluter Eckpfei- ter anderem durch eine Schienenbrücke, die Hilfsgüter per Bahn ler für die Zukunftsfähigkeit unseres Landes: „Starke Standorte ins Kriegsgebiet transportiere. Zudem gehe es darum, Flüchten- brauchen moderne und leistungsfähige Verkehrswege – also den eine Perspektive in Deutschland zu ermöglichen. Schienen, Straßen und Wasserwege. Sie sind die Lebensadern für Wirtschaft und Gesellschaft.“ Im Entwurf für den Bundes- Wenn er daran denke, wie er sich die Bundesrepublik „von mor- haushalt dieses Jahres seien daher Verkehrsinvestitionen in Hö- gen und übermorgen“ vorstelle, habe er eine eindeutige Vision he von rund 19,5 Mrd. € vorgesehen. vor Augen, verdeutlichte Wissing: „Klimaneutral und wirt- schaftsstark, fortschrittlich und modern, digital und innovativ!“ Die dauerhaft erforderliche Reduzierung des CO²-Ausstoßes er- Damit dies kein frommer Wunsch bleibe, sondern Realität wer- reiche man in erster Linie mithilfe der Chancen, die die Elektro-
10 Juni 22 Wirtschaftsreport mobilität – schon heute, vor allem aber in den kommenden Jahren und Jahrzehnten – biete. Sie sei die derzeit „wichtigste Säule für mehr Klimafreundlichkeit“ und solle langfristig zur „Alltagsmobilität“ avancieren, erklärte Wissing. Die Automobil- industrie habe inzwischen ein breites Angebot an praxistaugli- chen Modellen entwickelt. Um dieses zu unterstützen, setze die Bundesregierung konsequent darauf, den Kauf von E-Autos und den Aufbau der entsprechenden Ladeinfrastruktur zu fördern. Hier sei Tempo gefragt: „Das Laden muss so einfach wie das Tanken werden!“ Notwendig sei insgesamt ein hohes Maß an Technologieoffen- heit: „Wir konzentrieren uns nicht nur auf den batterieelektri- schen Antrieb.“ Großes Potenzial sieht der Minister beispiels- weise in der Wasserstofftechnologie bei schweren Fahrzeugen – also bei Bussen und Zügen, bei Lkw oder Nutzfahrzeugen, aber auch im Luft- und Seeverkehr. Darüber hinaus setze er sich unter anderem für einen Markthochlauf erneuerbarer Kraftstof- fe, etwa E-Fuels, ein. Ausführlich ging Dr. Volker Wissing schließlich auf die von IHK- Präsident Felix G. Hensel angesprochene Dringlichkeit der Arbei- ten an der maroden Talbrücke Rahmede – und somit auf eines der aus Sicht der heimischen Wirtschaft wichtigsten Projekte der nahen Zukunft – ein. Er analysierte den Sachstand und zeig- te Perspektiven für den Neubau auf. Über die enormen Folgen der A45-Sperrung für die Menschen in der Region sei er sich im Klaren, versicherte der Minister dem aufmerksamen Publikum. Umleitungen, längere Wege, steigende Transportkosten und ge- störte Lieferketten stellten eine enorme Beeinträchtigung für Südwestfalen dar. Die Situation schränke die Wettbewerbsfä- higkeit vieler Betriebe massiv ein – und zwar über nahezu alle Jahrgangsbeste Auszubildende Ehrung beim Jahresempfang Beim Jahresempfang der IHK Siegen wurden die leistungs- Die beste Abschlussprüfung in gewerblich-technischen Be- stärksten Auszubildenden des Prüfungsjahrgangs 2021 ge- rufen im Kreis Siegen-Wittgenstein erreichte Marius Latt aus ehrt. IHK-Präsident Felix G. Hensel und Bundesverkehrsminis- Bad Berleburg mit einem Gesamtergebnis von 97,6 %. Der ter Dr. Volker Wissing zeichneten vier Nachwuchskräfte aus Maschinen- und Anlagenführer, Fachrichtung Metall- und dem Kammerbezirk aus und überreichten ihnen unter dem Kunststofftechnik, absolvierte seine Ausbildung bei der EJOT großen Beifall der knapp 1.000 Gäste Weiterbildungsgut- SE & Co. KG (Bad Berleburg) und besuchte das ebenfalls in der scheine im Wert von 500 € sowie Urkunden und Präsente. Odebornstadt ansässige Berufskolleg Wittgenstein. Louis Brü- Das beste Ergebnis bei den kaufmännischen Berufen aus dem ser aus Finnentrop wurde im gleichen Ausbildungsberuf als Kreis Siegen-Wittgenstein erzielte Lisa Feierabend aus Brach- bester gewerblich-technischer Auszubildender im Kreis Olpe bach im Ausbildungsberuf Industriekauffrau mit einem ausgezeichnet. Er schloss die Prüfung ebenfalls mit dem Ge- Traumergebnis von sage und schreibe 98,4 %. Sie absolvierte samtergebnis von 97,6 % ab. Sein Ausbildungsbetrieb war die ihre Ausbildung bei der SMS group in Hilchenbach und be- Heinrich Eibach GmbH (Finnentrop). Er besuchte das Berufs- suchte das Berufskolleg Wirtschaft und Verwaltung des Krei- kolleg des Kreises Olpe in Attendorn. ses Siegen-Wittgenstein in Siegen. Lili-Zoé Peetz aus Lenne- stadt, ebenfalls Industriekauffrau, erreichte mit 95,3 % die Mit langanhaltendem Applaus bedachten die Gäste des Emp- beste Abschlussprüfung aller kaufmännischen Auszubilden- fangs den Hinweis, dass Marius Latt und Louis Brüser mit den im Kreis Olpe. Ihr Ausbildungsbetrieb war die GEDIA Ge- ihren überragenden Prüfungsergebnissen zugleich die besten brüder Dingerkus GmbH in Attendorn. Sie besuchte das Be- Ergebnisse von 4.739 in ganz Deutschland geprüften Auszu- rufskolleg des Kreises Olpe. bildenden erzielt haben.
Wirtschaftsreport Juni 22 11 Branchen hinweg. „Natürlich wird nicht zuletzt das Binden von Für juristische Klarheit – etwa auch bei Themen wie Lärm- und Arbeitskräften schwierig, weil die Fahrt zum Arbeitsplatz nun Schallschutz – sorge zukünftig das modifizierte Bundesfernstra- länger dauert.“ ßengesetz. Um beim Blick auf alle bundesweit notwendigen Baumaßnahmen eine sinnvollere Orientierungsstütze haben zu Deshalb sei es eminent wichtig, zügig voranzukommen. Dass die können, setze die Bundesregierung auf neue Prioritäten. „Es geht alte Brücke gesprengt werde, spare Zeit und beschleunige die darum, die Modernisierung der Brücken strategisch und in der Arbeiten am neuen Bauwerk. In diesem Kontext hob der FDP- sinnvollsten Reihenfolge anzugehen.“ Dabei helfe der soge- Politiker die konstruktive und zielgerichtete Vorgehensweise der nannte Traglastindex. Man schaue ab sofort viel stärker in das Autobahn GmbH hervor. Die Verantwortlichen hätten längst Innere der Brücken, um zu erkennen, bei welchen Bauwerken ein damit begonnen, zu vermessen und kartieren, Leitungen zu ver- schnelles Eingreifen besonders wichtig ist. legen und Lösungen für die Entwässerung der Brücke zu ent- wickeln. Auch dem Natur- und Artenschutz messe man ent- Wissings Marschroute: „Wir wollen die Zahl der jährlich fertig sprechende Bedeutung bei. Alle Planungsprozesse liefen auf modernisierten Brücken auf 400 verdoppeln!“ In weniger als Hochtouren. Die Autobahn GmbH bündle die erforderlichen zehn Jahren sollen sämtliche rund 4.000 Brücken verstärkt oder Ressourcen und Mittel. Dies gelte auch für das Fernstraßen- erneuert werden. Der finanzielle Etat werde entsprechend an- Bundesamt, das sich um ein „rechtssicheres, einfaches und gepasst. Der Minister versprach: „Jede Maßnahme, die Baurecht schnell bestandskräftiges Baurecht“ kümmere. erhält, wird auch finanziert.“ Immer mit im Blick: das Streben danach, Planungen, Verfahren sowie Abstimmungen zu be- Das vielschichtige und komplexe Neubauvorhaben, in das viele schleunigen und vereinfachen. Akteure involviert seien, erfordere eine klare strategische Pla- nung. Dafür habe er eigens einen Bürgerbeauftragten – den Konkreten Bezug auf die Situation der Unternehmen im heimi- Lüdenscheider Bürgermeister Sebastian Wagemeyer – als festen schen Kammerbezirk nahm Dr. Volker Wissing indes auch im Bestandteil der Projekt-Lenkungsgruppe eingesetzt, verdeut- Hinblick auf ein anderes wegweisendes Thema: die digitale Infra- lichte Wissing. „So etwas gab es bei solchen Großvorhaben bis- struktur. Hier sei die Region gut aufgestellt – vor allem der Kreis her noch nicht.“ Ziel sei es, die Anliegen von Bürgern und Wirt- Siegen-Wittgenstein. Dort kämen bereits nennenswerte Förder- schaft schnell und unbürokratisch zu kommunizieren. mittel des Bundes zum Einsatz, um die Breitbandversorgung zu Unterstützung erfahre Wagemeyer durch ein Bürgerbüro vor verbessern. „Wir investieren im Kreisgebiet rund 63 Mio. €. Damit Ort, das für alle Fragen hinsichtlich des Neubaus zur Verfügung werden mehr als 20.000 neue Anschlüsse geschaffen. Gut 3.000 stehe. Der Bundesverkehrsminister versicherte indes auch, dass Unternehmen bekommen Glasfaser.“ Besonders erfreulich aus er persönlich den Fortschritt der Arbeiten an der Talbrücke Rah- Sicht des Ministers: „Die Kommunen haben sich hier in Clustern mede kontrollieren werde. „Es vergeht kein Tag, an dem ich mich zusammengeschlossen. So können Synergieeffekte genutzt wer- nicht mit diesem Thema befasse.“ den. Das kann und sollte Vorbild für andere Regionen sein.“ n Bundesverkehrsminister Dr. Volker Wissing (l.) und IHK-Präsident Felix G. Hensel (r.) überreichten den Prüfungsbesten die Urkunden.
12 Juni 22 Wirtschaftsreport „Keine Zweiklassen-Beschleunigung!“ IHK erwartet hohes Tempo nicht nur bei Erdgasterminals Hans-Peter Langer: „Wir würden uns wünschen, dass die südwestfälischen Abgeordneten im Bundestag ihr gesamtes Gewicht in die politi- sche Waagschale werfen, um gemeinsam mehr Rechtssicherheit zu schaffen und damit mehr Tempo beim Brückenbau zu ermöglichen. Was dem Deutschen Bundestag beim LNG recht ist, sollte ihm auch in Lüdenscheid billig sein!“ Allerdings werfe auch das LNG-Beschleunigungs gesetz Fragen zur Wirksamkeit der gesetzlichen Vorgaben auf: Manche Einschränkung lasse das eigentlich lobenswerte Ziel einer effektiven Be- schleunigung in die Ferne rücken, erläutert Hans- Peter Langer weiter: „Der gesetzliche Anwen- Autobahn Westfalen dungsbereich ist auf bestimmte LNG-Terminals und deren Anbindungsleitungen beschränkt. Damit sind Probleme beim weiteren Ausbau der LNG-Infrastruktur bereits vorprogrammiert.“ Die Beim Neubau der Talbrücke Rahmede ist aus Sicht der IHK Siegen höchstes Tempo gefragt. Anforderungen der Zukunft gingen über die reine „Um den Einsatz von verflüssigtem Erdgas auf Rahmede gesetzlich absichert!“ Für IHK-Haupt- Erdgasversorgung hinaus: Sinnvoll könnte daher den Weg zu bringen, legt die Bundesregierung geschäftsführer Klaus Gräbener droht hier eine sein, die zukünftig geplante Infrastruktur für vor dem Hintergrund des Russland-Ukraine- „Zweiklassen-Beschleunigung“. Im Koalitions- Wasserstoff oder auch Glasfaser- bzw. Wasser- Krieges ein beeindruckendes Tempo vor. In Re- vertrag hätten sich die Regierungsparteien auf leitungen direkt mit zu verlegen. Die Einschrän- kordzeit wurde das ‚LNG-Beschleunigungsge- umfangreiche und politisch weitgehend unstrit- kung im Gesetzentwurf auf LNG oder Erdgas setz‘ in die politische Beratung gebracht. Wir tige Maßnahmen zur Beschleunigung von Infra- könnte dem entgegenstehen. würden uns wünschen, dass man mit solchem strukturvorhaben verständigt. Wenn das LNG- Vollgas auch den Neubau der A45-Talbrücke Beschleunigungsgesetz nun richtigerweise mit „Jeder Schritt zu mehr Beschleunigung ist zu einer besonderen Dringlichkeit begründet wer- begrüßen. Wenn man allerdings Gas geben will, de, stelle sich die Frage, warum dies bei nicht darf man nicht schon im Gesetzentwurf zu viele Bahnhofstr. 15, 57072 Siegen mehr befahrbaren Verkehrswegen mit überra- ‚Bremspedale‘ einbauen. Ansonsten folgt der Telefon 0271 3134-130, Fax -128 info@ibf-siegen.de gender Bedeutung nicht auch erfolge. politischen Ankündigung einmal mehr die Ernüch terung auf dem Fuße“, ist sich Klaus Gräbener www.ibf-siegen.de IHK-Geschäftsführer Hans-Peter Langer: „Wir sicher. Er nennt beispielhaft die vorgesehenen brauchen auch bei maroden Autobahnbrücken Ausnahmen von der Umweltverträglichkeitsprü- genau das Tempo, das Wirtschaftsminister Ro- fung mit ihren umfangreichen Berichts-, Prüf-, bert Habeck beim Flüssiggas vorlegt. Warum Informations- und Beteiligungspflichten. Mo- nur dort, nicht aber bei überregional wirkenden nate gingen hierfür regelmäßig ins Land. Der Notlagen wie in Lüdenscheid?“ Die im Entwurf Gesetzentwurf sehe Ausnahmen nur dann vor, des LNG-Beschleunigungsgesetzes vorgesehe- „wenn eine beschleunigte Zulassung des kon- nen Maßnahmen seien zur Verkürzung der Ge- kreten Vorhabens geeignet ist, einen relevanten nehmigungsverfahren grundsätzlich auf andere Beitrag zu leisten, eine Krise der Gasversorgung Infrastrukturvorhaben übertragbar, betont Hans- zu bewältigen oder abzuwenden.“ Derlei sprach- Peter Langer: „Verkehrsadern wie die A45 sind liche Auslegungs-Schlupflöcher schafften ledig für die Wirtschaft und die Gesellschaft von we- lich Unsicherheiten und öffneten neuen gericht- sentlicher Bedeutung. Das bestreitet kein ver- lichen Verfahren Tür und Tor. Zudem gebe es nünftiger Mensch. Daher: Mehr Tempo gerade zusätzliche Beschleunigungsmöglichkeiten, die dort. Zeitliches Einsparpotenzial ergibt sich bei- leider keinen Eingang in den Gesetzentwurf ge- spielsweise durch den Wegfall von Prüfschritten, funden hätten, darunter die generelle Zulässig- kürzere Fristen für die Öffentlichkeitsbeteili- keit eines vorzeitigen Baubeginns oder die grund gung und Ausnahmen von der Umweltverträg- sätzliche Annahme der Zustimmung, wenn die lichkeitsprüfung.“ Das alles ließe sich auf den Rückmeldung einer beteiligten Behörde ausblei- Verkehrsbereich übertragen, wenn es denn poli- be. Klaus Gräbener: „Wir müssen bei der Pla- tisch hierzu einen Konsens im Deutschen Bun- nungsbeschleunigung endlich alle Register zie- destag gäbe, verdeutlichen Klaus Gräbener und hen! Wenn nicht jetzt, wann dann?“
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14 Juni 22 Wirtschaftsreport Neubau der Talbrücke Rahmede IHK-Arbeitskreis übt heftige Kritik an „gesetzlichen Fesseln“ stand der Umleitungsstrecken engmaschig zu überwachen: „Wenn hier noch eine Strecke in die Knie geht, dann gehen in der Region man- cherorts wirklich die Lichter aus. Die jetzt noch stärker belasteten Brücken müssen intensiv be- obachtet werden!“ Michael Kröhl (Krombacher Brauerei Bernhard Schadeberg GmbH & Co. KG) forderte erneut mit Nachdruck Entlastungen für den Wirtschaftsraum. „Solange es keinerlei poli- tische Zusagen gibt, hängt das Wohl und Wehe vieler Unternehmen in den Kreisen Siegen-Witt- genstein und Olpe umso stärker von der Bauzeit der Brücke ab. Planungssicherheit ist so nicht möglich.“ Kröhl, zugleich Vorsitzender des Ar- beitskreises Verkehrswirtschaft, warb dafür, Carsten Schmale dass Unternehmen jede Gelegenheit nutzen sollten, um die Folgen der Brückensperrung in der Öffentlichkeit zu thematisieren. Die A45 und der Ukraine-Krieg waren die bestimmenden Themen: Michael Kröhl, Burhan Demir, Benjamin Hecker IHK-Geschäftsführer Hans-Peter Langer gab und Hans-Peter Langer (v.l.). einen Überblick über den intensiven Einsatz der „In Deutschland ist das einfach leider so.“ Dieser Unverständnis zeigten die Sitzungsteilnehmer IHK für einen möglichst schnellen Neubau der wenig ermutigende Satz war in der jüngsten angesichts der Vielzahl an gesetzlichen Vorga- Brücke und für Nachteilsausgleiche, um die Sitzung des Arbeitskreises Verkehrswirtschaft ben und Einschränkungen, die einer schnellen Wettbewerbsfähigkeit im heimischen Wirt- der IHK Siegen von mehreren Unternehmensver- Planung entgegenstünden. „Es ist ja gut, dass schaftsraum aufrechtzuerhalten. Bewährt habe tretern zu hören. Auf der Tagesordnung: ein Be- die im Gelände gefundene Haselmaus ihren sich auch hier der enge Schulterschluss mit Ge- richt der Autobahn GmbH Niederlassung West- Winterschlaf abgeschlossen hat. Mir würde je- werkschaften, Arbeitgeberverbänden und dem falen zum Stand der Arbeiten an der gesperrten doch jedes Verständnis fehlen, wenn sich ein Handwerk in der Region. A45-Talbrücke Rahmede. Eine klare Aussage zu solch wichtiges Verkehrsprojekt wegen des einem konkreten Zeitplan für den Ersatzneubau Schutzes seltener Tierarten nur um einen Tag Weiteres Thema der Sitzung waren die Perspek- konnte Nadja Hülsmann, Geschäftsbereichslei- verzögern würde. Die Belange der Menschen, tiven aus der Ukraine geflüchteter Menschen terin Bau und Erhaltung, nicht treffen. Aller- der Anwohner in Lüdenscheid ebenso wie der auf dem heimischen Arbeitsmarkt, über die Ben- dings machte sie deutlich, dass die Planer in den vielen Arbeiternehmer in den Unternehmen, jamin Hecker vom Arbeitgeber-Service der fünf Monaten seit der Sperrung keineswegs un- dürfen nicht hintenanstehen. Wir leben hier mit Agentur für Arbeit Siegen und Burhan Demir tätig waren. einer Notsituation für die gesamte Region, so- (IHK Siegen) berichteten. dass andere Maßstäbe gelten müssen“, kritisier- So wurden die Flächen unter der Brücke bereits te Ferdinand Menn (Spedition Menn GmbH). freigeschlagen und die Brücke von Gewicht be- Denkbar sei etwa der Verzicht auf internationa- A45 freit. Zudem wird das Gelände auf Kampfmittel le Ausschreibungen, um wertvolle Zeit zu spa- untersucht. Ein Gutachten hatte bereits im Fe- ren. Teresa Mason-Hermann (KRAH Elektroni- Wichtiger Baustart bruar gezeigt, dass die Brücke gesprengt werden sche Bauelemente GmbH) kam zu dem Schluss, Die Autobahn Westfalen hat mit dem Bau einer kann. Zudem wurden Abstimmungen mit Grund- dass es bedauerlicherweise heute in Deutsch- neuen, provisorischen Abfahrt an der A45-An- stückseigentümern und den Trägern öffentlicher land offenkundig mindestens fünf Jahre dauere, schlussstelle Lüdenscheid begonnen. Damit wird Belange vorgenommen. Bereits seit Mitte April eine bestehende Brücke zu erneuern, wenn die eine Anregung aus der Bürgerschaft umgesetzt, wird der Baugrund an den Widerlagern unter- Arbeiten „störungsfrei“ liefen. „Wie lange dauert den Verkehr an dieser Stelle nach der Sperrung sucht, inzwischen auch unter der Brücke. Einige dasselbe Vorhaben dann, wenn Probleme auf- der Talbrücke Rahmede zu entzerren. Der Ver- Verfahrensschritte konnten bereits simultan tauchen oder es zu Rechtsstreitigkeiten kommt?“ kehr aus Süden soll künftig als „Linksabbieger“ umgesetzt werden, was Zeit spart. Derzeit strebt Die gesetzlichen Vorgaben ließen dem Gemein- auf der Autobahn über den Mittelstreifen und die Autobahn Westfalen ein sogenanntes ver- wohl kaum eine Chance. eine provisorische Abfahrt auf die derzeit ge- kürztes Verfahren an, das vom Fernstraßenbun- sperrte Abfahrt der Fahrtrichtung Frankfurt ge- desamt genehmigt werden muss. Die wiederholt Sorgen bereiteten einigen Teilnehmern die un- führt werden. Zudem muss die Ampelanlage an gestellte Frage von IHK-Hauptgeschäftsführer mittelbaren Folgen der Umleitungsverkehre für der Anschlussstelle durch Straßen.NRW auf die Klaus Gräbener, wann dies der Fall sein werde, die Verkehrsinfrastruktur. IHK-Vizepräsident neue Situation hin angepasst und erneuert wer- konnte die Referentin gleichwohl nicht beant- Walter Viegener (Viega Holding GmbH & Co. KG) den. Die gesamten Arbeiten sollen Anfang Juli worten. appellierte eindringlich dafür, den baulichen Zu- abgeschlossen sein.
Wirtschaftsreport Juni 22 15 NRW-Wirtschaft Zu Gast in Europas Hauptstadt Brüssel Rund 70 Unternehmer aus den Fachausschüssen der 16 nordrhein-westfälischen IHKs folgten der Einladung zu einer von IHK NRW und dem En- terprise Europe Network organisierten Fahrt nach Brüssel. In der Vertretung des Landes NRW bei der Europäischen Union bot sich den Teil- nehmern die Gelegenheit zum Austausch mit EU-Parlamentariern (Dr. Axel Voss, EVP, und Tiemo Wölken, S&D) sowie hochrangigen Kom- missionsmitarbeitern, beispielsweise Renate Nikolay, der Kabinettschefin der EU-Vizepräsi- dentin Věra Jourová. Es waren keine leichten Themen, die diskutiert wurden, darunter die strategischen Abhängig- IHK Siegen keiten der europäischen Wirtschaft in den glo- balen Wertschöpfungsketten, das kommende EU-Lieferkettengesetz und der CO2-Grenzaus- NRW zu Gast bei der EU: Heimische Unternehmensvertreter reisten gemeinsam nach Brüssel gleichsmechanismus (CBAM). Auch einige Un- ternehmer aus Siegen-Wittgenstein, unter ih- Streckmetallfabrik), brachten sich in die Bera- mittelbar in Brüssel zu adressieren: „Gelegen- nen IHK-Vizepräsident Axel E. Barten (Achenbach tungen ein. Jens Brill, Leiter Außenwirtschaft bei heiten wie diese werden umso wichtiger, als die Buschhütten GmbH & Co. KG), Christian Baum- der IHK Siegen, freute sich über die starke Be- Rahmenbedingungen für eine erfolgreiche wirt- garten (Baumgarten handle systems KG) und teiligung aus der Region und die Möglichkeit für schaftliche Betätigung seit Jahren stetig un- Klaus Bender (Bender GmbH Maschinenbau – die heimischen Exporteure, ihre Anliegen un- günstiger werden.“
16 Juni 22 Wirtschaftsreport IHK-Konjunkturumfrage Geschäftslage noch passabel, Zukunftserwartungen im Sinkflug Endauswertung Konjunkturumfrage Frühjahr 2022 (499 Antworten) tisch in die Zukunft, 37 % sind zum Teil äußerst pessimistisch. IHK-Hauptgeschäftsführer Klaus Konjunkturklimaindex für den Bezirk der Industrie- und Handelskammer Siegen Gräbener: „Wir hatten gehofft, dass wir die lan- ge Corona-Durststrecke langsam hinter uns hät- 137 ten. Klar ist mittlerweile jedoch vielerorts in den 130 126 123 Unternehmen: Wir kommen vom Regen in die 122 118 120 120 117 118 120 111 112 112 Traufe. Schlimmer geht eben immer.“ Die Prob- 106 106 Langfr. 99 100 96 Mittel der leme nähmen durch den gewaltigen Container- 92 letzten 20 Jahre: 105 Stau in Shanghai deutlich zu. Ein Ende der Preis- spirale und Materialknappheit sei nicht in Sicht. 65 Die Unternehmen würden zudem deutlich zu- rückhaltender bei Beschäftigung und Investitio- nen. Breite Zustimmung für Bundesregierung Jan Sep Jan Sep Jan Sep Jan Sep Jan Sep Jan Apr Sep Jan Mai Sep Jan Apr Sep Jan Apr 84 % der Unternehmen aus Siegen-Wittgen- 14 14 15 15 16 16 17 17 18 18 19 19 19 20 20 20 21 21 21 22 22 stein und Olpe sind direkt bzw. indirekt von den Folgen des Krieges betroffen. Besonders starke Auswirkungen spürt die heimische Industrie. „Seit Monaten bremsen Preissteigerungen und Punkte auf einen Wert von 96. Damit liegt er Dennoch befürwortet die überwältigende Mehr- Lieferengpässe bei Rohstoffen, Energie sowie erstmals seit einem Jahr wieder unter dem Mit- heit die Sanktionen gegen Russland, unterstützt Vorprodukten die wirtschaftliche Entwicklung. telwert der letzten 20 Jahre (105). Dabei be- dabei jedoch zugleich ein Vorgehen mit Augen- Der Krieg in der Ukraine verschärft diese Pro werten weite Teile der regionalen Wirtschaft die maß. Klaus Gräbener: „Es kann keine Sanktionen bleme nun deutlich. Hinzu kommen die Risiken aktuelle Geschäftslage noch als passabel. Die zum Nulltarif geben. Allerdings ist es auch nicht eines vollständigen Energieembargos sowie die Zukunftserwartungen brechen jedoch auf brei- besonders klug, sich selbst stärker zu schwächen Null-Covid-Strategie in China: Alles in allem ter Front ein. Felix G. Hensel: „Es ist erfreulich, als den Gegner. Blinder Ehrgeiz schadet hier. eine toxische Mischung. Die Unsicherheiten wa- wie robust ein Großteil der heimischen Unter- 86 % der heimischen Betriebe unterstützen da- ren selten größer!“ Mit diesen Worten kommen- nehmen immer noch dasteht. Was die Unter- her das eher behutsame Vorgehen der Bundes- tiert IHK-Präsident Felix G. Hensel die Ergeb- nehmen jedoch vor der Brust haben, zeigt der regierung, sich nur schrittweise von der großen nisse der neuesten IHK-Konjunkturumfrage, an historische Absturz der Zukunftsaussichten, der russischen Energie-Abhängigkeit zu lösen.“ der sich 499 Unternehmen mit mehr als 37.000 sogar stärker ausfällt als zu Beginn der Corona- Jetzt gelte es, mit aller Kraft sämtliche Brems- Beschäftigten aus Industrie, Bauwirtschaft, Pandemie. Besonders düster fallen die Progno- klötze beim Ausbau der erneuerbaren Energien Handel und Dienstleistungsgewerbe in den Krei- sen im Baugewerbe, im Großhandel und in Tei- zu lösen, den Netzausbau konsequent voranzu- sen Siegen-Wittgenstein und Olpe beteiligten. len der Industrie aus.“ treiben und alternative Bezugsquellen zu sichern, damit schnellstmöglich eine von den russischen Der Konjunkturklimaindex – er ergibt sich aus Nur 11 % der Unternehmen aus Siegen-Witt- Energieträgern unabhängige Grundlastsicherung Lagebeurteilung und Erwartung – fällt um 24 genstein und Olpe blicken derzeit noch optimis- gewährleistet werden kann. Lagebeurteilungen und Erwartung aller Unternehmen im IHK-Bezirk Siegen Auslastung der Industrie noch auf gutem Niveau aber Auftragseingänge brechen ein 60 In Teilen der Industrie überwiegt derzeit noch 49 50 45 44 eine positive Lagebeurteilung. 38 % der Firmen 43 beurteilen ihre derzeitige Geschäftslage als gut. 40 31 Jeder zweite Industriebetrieb meldet eine Pro- 27 27 28 30 25 18 19 19 duktionsauslastung zwischen 85 und 100 %. 20 27 Felix G. Hensel: „Das ist ein sehr ordentlicher 10 14 18 18 0 12 Lage Wert, der den noch guten Auftragsbestand wi- 10 10 0 5 Erwartung derspiegelt. Aber: Jedes dritte Unternehmen be- -5 -1 0 - 10 -6 richtet inzwischen von geringeren Auftragsein- - 12 - 20 gängen. Entsprechend gehen große Teile der - 16 - 31 Industrie von Umsatzrückgängen aus.“ Zudem - 30 - 27 breche die Ertragslage förmlich ein. 41 % der - 40 - 39 Unternehmen berichten von einer schlechteren - 50 Jan 17 Sep 17 Jan 18 Sep 18 Jan 19 Apr 19 Sep 19 Jan 20 Mai 20 Sep 20 Jan 21 Apr 21 Sep 21 Jan 22 Apr 22 Ertragslage. 39 %, und somit mehr als doppelt Saldo aus positiver und negativer Einschätzung so viele Industriebetriebe wie noch zu Jahres-
Wirtschaftsreport Juni 22 17 anfang, blicken pessimistisch in die Zukunft, vor Risiken für die wirtschaftliche Entwicklung (Gesamtwirtschaft) allem im Kreis Siegen-Wittgenstein. 100 90 85 Großhandel so pessimistisch wie seit 80 80 72 mehr als 30 Jahren nicht mehr 70 War in der Vergangenheit die Bauwirtschaft ein 60 53 57 59 49 48 wichtiger konjunktureller Stabilisator, schlagen 50 42 47 46 44 37 35 39 41 40 37 nun die Engpässe und die exorbitant hohen Prei- 40 32 35 30 se bei nahezu sämtlichen Materialien voll durch. 20 24 20 17 15 Stephan Häger, Leiter des Referates Konjunktur, 8 10 4 6 6 5 3 2 3 Arbeitsmarkt und Statistik: „Zwar ist der Auf- 0 tragsbestand auch im Bausektor noch ordent- lich. Zahlreiche Unternehmen berichten jedoch von gestoppten oder verschobenen Bauprojek- ten, weil die Preise durch die Decke gehen. Ein weiteres Problem: Inzwischen hat jeder fünfte Apr 21 Sep 21 Jan 22 Apr 22 Betrieb mit Forderungsausfällen zu kämpfen, Angaben in Prozent, Mehrfachnennung möglich was zu Liquiditätsengpässen führt.“ gern. Stephan Häger: „Im Lebensmitteleinzel- schlechte Geschäfte. 42 % konnten in den ver- Ein ähnliches Stimmungsbild zeichnet sich im handel fällt die aktuelle Lagebeurteilung nach gangenen Monaten eine Umsatzsteigerung ver- Großhandel ab. Während die aktuelle Lage wei- wie vor am besten aus, aber auch der Textil- und buchen. Allerdings ist wegen der wirtschaft terhin so positiv bewertet wird wie zu Jahres- der Kfz-Handel bewerten ihre derzeitigen Ge- lichen Rahmenbedingungen die Hoffnung auf beginn, fallen die Zukunftserwartungen auf ei- schäfte besser als noch zu Jahresbeginn. Aber: eine Erholungsphase verhalten. nen historischen Tiefststand. Inzwischen blicken Trotz Aufhebung der ,Corona-Zugangsbe- 41 % pessimistisch in die Zukunft. Zu Jahres- schränkungen‘ ist der Aufholprozess noch nicht Dienstleistungsbranche weiterhin zufrieden, beginn waren es nur 7 %. Insbesondere der pro- richtig in Gang gekommen. Steigende Lebens- blickt aber pessimistischer in die Zukunft duktionsnahe Großhandel geht von zukünftig haltungskosten, gepaart mit großer Unsicher- Die Stimmungslage in der regionalen Dienstleis- schlechteren Geschäften aus. heit der Verbraucher, belasten immer stärker das tungsbranche ist gedämpft. Zwar ist die Lage- Konsumverhalten.“ Von der Kaufzurückhaltung bewertung nahezu unverändert – 35 % berich- Etwas bessere Stimmung in Teilen besonders betroffen ist der Kfz-Einzelhandel ten von einer guten und 13 % von einer des Einzelhandels und im Gastgewerbe (62 %), den zudem starke Lieferverzögerungen schlechten Lage - allerdings ist der Blick auf die Dagegen fällt die Lagebeurteilung im Einzelhan- bei Neuwagen sowie ein Mangel an Gebraucht- kommenden Monate von Pessimismus geprägt, del besser aus als zu Jahresbeginn. 28 % der wagen belasten. Noch spürbarer verbessert sich wenn auch nicht so ausgeprägt wie in anderen Händler bewerten ihre derzeitige Geschäftslage die Geschäftslage im Gastgewerbe. Inzwischen Wirtschaftszweigen. Erstmals seit knapp zwei als gut, 18 % als schlecht. Ein Viertel konnte in bewerten 22 % der regionalen Gastronomen Jahren überwiegen auch hier die negativen Zu- den vergangenen Monaten seine Umsätze stei- ihre Lage als gut. „Nur“ noch 18 % melden kunftserwartungen. PROZESSE NEU DENKEN Corona hat zu einem Digitalisierungsschub geführt. Mit effektiven Online-Lösungen, Websites, Webshops und virtuellen Showrooms sind wir Ihr Partner in der digitalen Transformation, der Ihnen hilft, neue Kunden zu gewinnen und Vertriebsziele effizient zu erreichen. Sprechen Sie uns an – wir freuen uns auf Sie! schmelzermedien.de
18 Juni 22 Wirtschaftsreport IHK-Blitzumfrage Unternehmen erwarten mehr Tempo auf vielen Ebenen Endauswertung IHK-Blitzumfrage zur Landtagswahl 2022 (499 Antworten) beschäftigten die Betriebe tagtäglich. Insbeson- dere die nach wie vor ungelöste Energiefrage Wo sehen Sie mit Blick auf den Wirtschaftsstandort NRW den größten macht jedem zweiten Unternehmen zu schaffen Handlungsbedarf für die künftige Landesregierung? (46 %). „Für die Unternehmen in unserer indus- Verbesserung der Infrastruktur (u. a. Verkehr, Gewerbeflächenangebot) 57,2 triestarken Region ist eine sichere Energiever- Digitalisierung vorantreiben (u. a. Breitbandausbau) 30,2 sorgung existenziell. Den Doppelausstieg aus Fachkräfteversorgung sichern 26,5 der Kernkraft und der Kohle erkauften wir uns Wettbewerbsfähige Energieversorgung sichern 45,5 mit einer nicht mehr hinnehmbaren Abhängig- Rohstoff- und Lieferketten sichern 37,0 keit von Erdöl, Kohle und Gas aus Russland. Das Umwelt- und Klimaschutzpolitik vorantreiben 7,3 bekommen wir jetzt schmerzhaft zu spüren!“ Wichtiger als alles andere ist nun: Die Erneuer- Rahmenbedingungen für Forschung und Innovation stärken 2,9 baren Energien müssen ausgebaut, die Netze – Bürokratie abbauen 43,1 Handlungsfähigkeit der Verwaltung verbessern (bspw. Digitalisierung, auch gegen Widerstände – viel stringenter 15,8 Verfahren beschleunigen) durchgesetzt werden und die Grundlastsiche- Landeshaushalt konsolidieren 2,2 rung gewährleistet sein. Folgen der Corona-Pandemie überwinden, Krisenfestigkeit stärken 10,7 Grund- und Gewerbesteuerhebesätze reduzieren 17,0 Lediglich ein Thema ist der heimischen Wirtschaft derzeit noch wichtiger: die Verbesserung der teil- Angaben in Prozent, Mehrfachnennungen möglich weise maroden Infrastruktur. Knapp sechs von zehn Unternehmen (57 %) sehen hier den größten Schon vor dem Ergebnis der NRW-Landtagswahl Bauwirtschaft, Handel und Dienstleistungen be- Handlungsbedarf für die zukünftige Landesregie- war klar: Die Unternehmen aus Siegen-Witt- teiligten. Der IHK-Präsident verweist auf rück- rung. IHK-Geschäftsführer Hans-Peter Langer: genstein und Olpe sehen auf die neue Landes- gängige Auslandsaufträge, die mittlerweile je- „Das Beispiel der Talbrücke Rahmede zeigt deut- regierung viel Arbeit zukommen. „Die Heraus- des dritte Industrieunternehmen melde. 41 % lich, dass in Nordrhein-Westfalen in der Vergan- forderungen sowie die Handlungsbedarfe sind berichteten, dass sich die Ertragslage in den genheit zu wenig für den Erhalt und Ausbau der riesig. Vor allem bei der Infrastruktur und der letzten sechs Monaten verschlechtert habe. Fe- Infrastruktur getan wurde. Der volkswirtschaft Energieversorgung braucht es entschlosseneres lix G. Hensel: „Jetzt – und nicht irgendwann – ist liche Schaden in den kommenden Jahren geht in Vorgehen und deutlich mehr Tempo. Die Wett- der richtige Zeitpunkt, um zu handeln!“ die Milliarden Euro!“ Aber nicht nur hier sei die bewerbsfähigkeit des gesamten Wirtschaftsrau- künftige Landesregierung gefordert, gemeinsam mes steht unter Druck wie selten zuvor!“ So „Megathemen“ Energieversorgung, mit dem Bund sämtliche Bremsklötze zu lösen. fasst Felix G. Hensel die Ergebnisse einer IHK- Infrastruktur und Bürokratieabbau Auch die Schieneninfrastruktur müsse ausgebaut Blitzumfrage zusammen, an der sich vor der Die Unsicherheit steige. Der alles überschatten- und das Gewerbeflächenangebot zielgerichtet Landtagswahl 499 Unternehmen aus Industrie, de Krieg in der Ukraine und seine Auswirkungen verbessert werden, betont Hans-Peter Langer. Das dritte große Handlungsfeld ist für die regio- nale Wirtschaft der Bürokratieabbau. 43 % der Unternehmen sehen hierin eine wichtige Auf- gabe für die künftige Landesregierung. IHK- Seite 1 von 1 Hauptgeschäftsführer Klaus Gräbener: „Viele gesetzliche Vorschriften belasten insbesondere kleine und mittelständische Unternehmen fi- nanziell und personell stark. Täglich lähmt die Bürokratie die Wirtschaftskraft.“ Sie sei pures Gift für die Wettbewerbsfähigkeit. Dabei blo- ckiere die Regelungswut nicht nur wirtschaft- liche Aktivitäten, auch der Staat selbst bremse sich in seiner Aufgabenwahrnehmung hiermit zunehmend aus. „Wenn man nach drei Jahren feststellt, dass von ursprünglich 5 Mrd. € För- dermitteln für die digitale Infrastruktur an Schulen gerade einmal 420 Mio. € abgeflossen sind, staunt man nur noch. Beim staatlichen Handeln weiß oftmals die linke Hand nicht, was die rechte tut. Wir laufen Gefahr, nur noch den Stillstand zu optimieren!“
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