Arbeitskräfte aus der Crowd - Haufe
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10.2016 | 12.40 EUR www.personalmagazin.de MATERIAL-NR. 04062-5192 Vorscha Die Hig u hlights “Zukunf der t Person al” 2016 Arbeitskräfte aus der Crowd S . 50 Wie Unternehmen Crowdworking nutzen und worauf sie dabei achten müssen S. 14 BÜROKONZEPT Auch attraktive KONZEPTENTWICKLUNG Shared ENTWICKLUNGSBEDARF Klare Arbeitsplätze tragen bei Adidas Service Center sollen bald auch Regeln fehlen für die rechtliche zur Unternehmenskultur bei S. 10 strategisch unterstützen S. 46 Beurteilung des Ehrenamts S. 64
EDITORIAL 3 Liebe Leserinnen und Leser, einfache Schreibarbeiten wie die Transkription von Interviews lasse ich seit einiger Zeit über eine Crowdworking-Plattform erledigen. Ich lade die Audiodateien einfach hoch und nach 24 oder 120 Stunden bekomme ich das Transkript. Dass der Preis von der gewünschten Bearbeitungsfrist, der Qualität und Länge der Aufnahme abhängig ist, finde ich nachvollziehbar. Mit dem Service und Ergebnis bin ich bislang sehr zufrieden. Meine Zufriedenheit hat nun durch die Crowdworking-Studie der gewerkschaftsnahen Hans- „Crowdwor- Böckler-Stiftung einen Dämpfer bekommen, die king ist eine Hungerlöhne und feh- agile Ar- lende soziale Absicherung beitsform, bei den Crowdworkern mit der sich diagnostiziert. DGB-Chef Personalmanager ver- Reiner Hoffmann mahnte traut machen sollten.“ sogleich „faire Spielregeln“ Reiner Straub, Herausgeber an, die er von Bundesar- beitsministerin Andrea Nahles erwartet, die eine entsprechende Regelung für das „Weißbuch Arbeiten 4.0“ vorbereitet. Der Regelungsbedarf ist aber eher gering. Unternehmen verhalten sich derzeit zögerlich, dauerhaft und systematisch Aufgaben an Crowdworking-Plattformen zu vergeben. Das Auftragsvolumen der Plattformen ist noch niedrig, manche kämpfen bereits ums Überleben oder werden von klassischen Personaldienstleistern übernommen, kürzlich etwa der Freiberufler-Marktplatz Twago von Randstad. Auf der Beschäftigtenseite spiegelt sich das wider: Crowdworking ist für die meisten ein Nebenjob. Bei dem Schreibbüro, das mir zuvor meine Interviews transkripierte, war das übrigens nicht anders. Die Plattformen können helfen, die Agilität von Unternehmen zu verbessern. Personalmanager sollten Pilotprojekte starten, um Erfah- rungen mit dem neuen Instrument zu sammeln. Neben Qualität, Ser- vice und Kosten werden auch „faire Arbeitsbedingungen“ zu einem Wettbewerbsfaktor. Dafür sorgt die Transparenz des Netzes. 10 / 16 personalmagazin
4 INHALT_OKTOBER 2016 Sportlicher Arbeitsplatz Adidas hat ein neues Bürokonzept in die Praxis umgesetzt. Diese Symbole weisen auf Add-Ons in der Personalmagazin-App hin. Video Audio Bildergalerie © SERGEY NIVENS/SHUTTERSTOCK.COM Umfrage Rechner 10 14 © ADIDAS Zusatzinfo SZENE MANAGEMENT ORGANISATION 06 News und Events 26 News und 40 News und Softwaremarkt Dienstleistungsmarkt 10 „Die Arbeit besser gestalten“ 42 Rezepte für die Zukunft Mit einem neuen Bürokonzept 28 Schnellster Test von Mexiko? Ein neues Inqa-Audit will Unterneh will Adidas nicht nur attraktiver, Audi México will 3.200 neue Mitar- men zukunftsfest machen. Die sondern auch erfolgreicher werden beiter einstellen. Die Bewerber kön- Firma Elha-Maschinenbau Liemke nen jedoch häufig keine formalen hat das Pilotprojekt durchlaufen 12 Serie: HR Start-ups Qualifikationsnachweise vorlegen Diesmal: „Business 4 Experts“ 46 Strategien statt Datenfriedhof vermittelt erfahrene Arbeitskräfte 32 Am Chef vorbei studiert Wie sich die Ausrichtung von Immer weniger Firmen sponsern Shared Service Centern künftig ihren Mitarbeitern ein berufsbeglei- verändert TITELTHEMA tendes MBA-Studium – und vertun damit Chancen 14 Ein Feld zum Experimentieren Welche Arten von Crowdwork- 36 Serie Agile Tools ing-Plattformen existieren und Neue Methoden für agiles Arbei wie Unternehmen diese bereits ten – diesmal: drei Instrumente, nutzen die Personalern helfen, sich in ihre Kunden hineinzuversetzen 20 Sieben Rechtsfragen zur Crowd Worauf beim Einsatz von Crowd- 38 Im Kampf um Big Data working rechtlich zu achten ist Um strategisch relevant zu bleiben, sollten Personaler Big Data besser 24 „Keine Dumping-Angebote“ nutzen, fordern die Autoren eines Weshalb der Personaldienstleister wissenschaftlichen Fachartikels Randstad die Freelancer-Plattform Twago gekauft hat personalmagazin 10 / 16
5 Viele Vakanzen, wenig Zeit Audi México hat Tausende neue Mitarbeiter gesucht. Wie es gelungen ist, 2.400 Stellen in kurzer Zeit zu besetzen. Arbeitskräfte aus der Crowd Wie Experimente dazu beitragen, dass Unternehmen sich dem Phäno- © AUDI MÉXICO men „Crowdwor- 28 king“ nähern. SPEZIAL RECHT PERSÖNLICH 50 Die Arbeitswelt der Zukunft 62 News und aktuelle Urteile 74 News und Weiterbildung Am 18. Oktober startet in Köln die „Zukunft Personal”. Wir stellen 64 Irrgarten Ehrenamt 76 Klarheit statt Qual der Wahl schon jetzt die Highlights vor, die Über die Schwierigkeit, ehren Wie Personaler ihre Entscheidungs- die Besucher dort erwarten amtliche Mitarbeiter rechtlich fähigkeit entwickeln können 53 Termine und Neuigkeiten, die Aus- sauber zu beurteilen steller auf der Messe präsentieren 78 Buchtipps 68 Drunter oder drüber? 54 Jobportale unter der Lupe Eine Übersicht zu wichtigen 82 Ganz persönlich Crosswater Job Guide hat ein arbeitsrechtlichen Schwellenwerten Frank Zils, Janssen Deutschland, Ranking der besten Jobbörsen beantwortet unseren Fragebogen veröffentlicht 71 Digitale Grenzenlosigkeit? Ein Blick auf die Risiken des 55 Fit für die Praxis mobilen Arbeitens über Landes- RUBRIKEN Wie die Virtual-Reality-Technik grenzen hinweg schon zur Bewerberansprache 03 Editorial genutzt wird 72 Neue Berichtspflicht für HR? Im Dickicht neuer Vorschriften zum 79 Impressum 56 Was Bewerber wollen Handelsrecht verstecken sich auch Was eine positive Candidate Experi- neue Vorgaben für Personaler 82 Vorschau ence ausmacht 58 Potenziale nicht ausgeschöpft Eine Studie gibt Einblicke in die Praxis des Arbeitszeitmanagements 10 / 16 personalmagazin
6 SZENE_NEWS Stellenwechsel TILMANN MEYER © TILMANN MEYER Seit dem 1. September verstärkt Tilmann Meyer als Direktor Human Resources und Mitglied der Geschäftsleitung die Jingcheng Holding Europe. Die Position wurde neu geschaffen. Da- mit erhält die Personalarbeit in der Firmengruppe, zu der die drei mittelständischen Werk- zeugmaschinenbauer Waldrich Coburg, C.B.Ferrari und Safop gehören, ein noch stärkeres Gewicht. In seiner neuen Position will Tilmann Meyer unter anderem die personelle Vernet- zung der Unternehmen in Deutschland und Italien verstärken. Der 49-Jährige bringt eine fast 20-jährige Erfahrung in leitenden Funktionen im Personalbereich mit. Der Diplom-Ver- waltungswissenschaftler war unter anderem bei Metzeler Automotive Profile Systems in Lindau, Carl Zeiss Vision in Aalen, Faurecia Autositze in Neuburg sowie zuletzt als Leiter Personal bei Brose Fahrzeugteile in Coburg tätig. © FLUGHAFEN DÜSSELDORF GMBH MICHAEL HANNÉ Als Nachfolger von Ludger Dohm ist Michael Hanné seit dem 1. Juli Arbeitsdirektor der Flughafen Düsseldorf GmbH. Als neuer Geschäftsführer ist der 60-Jährige außerdem für die Bereiche Perso- nal und Operations verantwortlich. Michael Hanné war zuvor als Leiter Operations und Sicherheit tätig, blickt aber auf eine mehr als 35-jährige Berufserfahrung am Düsseldorfer Flughafen zurück. Ludger Dohm, bisher Sprecher der Geschäftsführung und Arbeitsdirektor, ist Ende Juni aus dem Unternehmen ausgeschieden. Er hatte die Aufgaben vergangenes Jahr übernommen. Neuer Spre- cher der Geschäftsführung ist Thomas Schnalke. © ARA SHOES AG GERD KOSCHIK Der bisherige Personalleiter und Prokurist der Ara Shoes AG, Gerd Koschik, ist in den Vorstand des Unternehmens aufgestiegen und in dieser Position unter anderem für das Ressort Personal und Soziales zuständig. Er folgte auf Maximilian Müller, der bis dahin den Vorstandsvorsitz inne- hatte. Müller ist zum 30. Juni aus dem Vorstand ausgeschieden, um sich auf seine Aufgaben in der Konzern-Holding Ara AG zu konzentrieren. Während Vorstandsmitglied Stefan Frank zusätzlich die Bereiche Einkauf und Entwicklung übernommen hat, verantwortet Koschik Produktion und Technik, Personal und Soziales sowie Logistik in dem Unternehmen mit rund 4.000 Mitarbeitern. JOACHIM GIESE JANA ROKOSSA Das Weiterbildungsunternehmen WBS Training hat Joachim Giese Seit dem 15. August ist Jana Rokossa als Human Resources Expert Anfang August zum zweiten Vorstand ernannt. Bevor er 2007 zu beim Start-up-Investor Makers tätig. Sie gestaltet in dieser Position WBS kam, war der 51-Jährige unter anderem als Personalreferent, die HR-Strategie des Unternehmens. Jana Rokossa kommt von Recruiter und Projektmanager tätig, unter anderem bei der KWB Rocket Internet, wo sie als Talent Acquisition Manager die Personal- Koordinierungsstelle Weiterbildung und Beschäftigung. entwicklung und Recruiting-Strategie mitverantwortete. Ihre Vor- gängerin bei Makers, Antonia Samanns, ist zu Zalando gewechselt. YVONNE KÖSTER Bereits seit dem 1. Juni übt Yvonne Köster die neu geschaffene ROLF SPRINGMANN Position als Head of HR bei der Digitalberatung Etventure aus. Die Bereits im Juni übernahm Rolf Springmann die Position als Global 42-Jährige kommt von der DB Regio AG, wo sie in der Geschäfts- Senior Director Human Resources Medical Systems bei Gerresheimer einheit DB Regio Bus die Personalarbeit in Frankfurt verantwortete. Medical Systems. Er verantwortet damit weltweit die Personalarbeit Zuvor war Yvonne Köster unter anderem in leitenden HR-Funktionen für den Geschäftsbereich Medical Systems. Zuletzt, seit 2010, war er bei Kraft Foods Europe und Unilever tätig. bei der Knorr-Bremse Group als HR Executive tätig. + + + A k t u e l l e P e r s o n a l i e n + + + t ä g l i c h u n t e r w w w. h a u f e . d e / p e r s o n a l + + + R u b r i k „ P e r s o n a l s z e n e “ Bei Fragen wenden Sie sich bitte an redaktion@personalmagazin.de personalmagazin 10 / 16
7 DANIEL MARX hat nicht nur ein Start-up gegründet. Der Chef der Uniq GmbH mit 138 Mitarbeitern hat auch seinen ehemaligen Chef eingestellt. Sein Credo: „Un- abhängig von der Position geht es darum, mit coolen Leuten coole Sachen zu machen.“ Drei Fragen an ... ... Daniel Marx zum Thema Start-up-Kultur Frage eins: Wie kam es, dass Sie mit Herrn Meyer Ihren früheren Vorge- setzten nun selbst eingestellt haben? Daniel Marx: Ich spreche nicht von „Herrn Meyer“, sondern von Mat- thias. Er hat mir damals, als ich meine Stelle beim Software-Unter- nehmen G Data kündigte, weil mein eigenes Projekt „Urlaubsguru“ immer erfolgreicher wurde, alles Gute gewünscht. Der Kontakt ist nie abgerissen. Als wir jetzt zu dem Punkt gekommen sind, dass wir aufgrund der technischen Expertise, die wir benötigen, die Stelle als Chief Technology Officer ausgeschrieben haben, war es für mich ein sinnvoller Schritt, mit ihm das Gespräch zu suchen, weil wir eine ähnliche Vorstellung haben, wie Projekte durchgeführt werden. Frage zwei: Wie gehen Sie mit der neuen Situation – früher Mitarbeiter, heute Vorgesetzter – um? Marx: Das ist kein Thema für uns. Hierarchien sind in unserem Unternehmen maximal in einer Excel-Tabelle als Organigramm hin- terlegt. Die Position und das, was auf der Visitenkarte steht, müssen teilweise nach außen gelebt werden, sind aber intern nicht relevant. Matthias, ich und alle anderen haben eine Zielrichtung. Wir wissen, dass wir alle viel zu tun haben und beschäftigen uns mit der inhaltli- chen Weiterentwicklung von Uniq und nicht mit Hierarchien. Frage drei: Wie würden Sie Ihren eigenen Führungsstil beschreiben? Marx: Ich würde sagen, dass ich intuitiv auf Situationen reagiere. Als Start-up-Gründer darf ich mir das erlauben. Wir kommen an viele Punkte, an denen völlig neue Situationen entstehen und wir neue Lösungen erbringen müssen. Ein Vorteil dabei ist, dass Matthias Er- fahrungen aus seiner Teamleiterfunktion mit einbringen kann. Von ihm habe ich zum Beispiel gelernt: Entweder man hat Ahnung von der Thematik oder man ist ruhig. Übertragen auf das Start-up heißt das: Es ist schon wichtig, in alle Themen involviert zu sein. Aber gleichzeitig gilt es, den Mitarbeitern und ihrer Fachkompetenz zu vertrauen. Dadurch werden sie motiviert, Eigeninitiative zu zeigen. 10 / 16 personalmagazin
8 SZENE_EVENTS SZENE_NEWS © AXICA/NICOLE FORTIN/THOMAS RAFALZYK Was Digitalisierung wirklich bewirkt A gilität, Flexibilität und Mobilität sind Schlagworte, die derzeit fast Im Axica in Berlin findet dieses Jahr der „Talent Management Gipfel“ statt. jede Diskussion unter Personalern bestimmen. Doch welche Entwicklungen verändern wirklich die praktische Arbeit im Unternehmen? Darum dreht sich die kom- Personaler sprechen über mende Jahrestagung des Center for Human Factors (CHF). Das CHF ist ein Thinktank, Talent-Management-Trends D der sich mit der Zukunft der Arbeitswelt be- er „Talent Management Gipfel 2016“ ist in eine neue Loca- fasst. Bei der Jahrestagung am Dienstag, den tion umgezogen. Im Axica, mitten im geschichtsträchtigen 11. Oktober, in Kaiserslautern, wo Techno- Zentrum von Berlin, treffen am Dienstag, den 8. November, logieexperten und Personalverantwortliche Personalmanager zusammen, um sich unter dem Motto „The New gemeinsam nach Antworten suchen, reicht Rhythm of HR“ über Zukunftsthemen auszutauschen. Den Auftakt im das Themenspektrum von den neuesten IT- Programm macht die Keynote von Frauke von Polier, die den „Zalan- Trends über Innovationen bei der Arbeitsor- do Culture Code“ vorstellt. In der nachfolgenden Keynote beschreibt ganisation und Crowdworking bis zu einem Ana-Cristina Gronert von EY (Ernst & Young), wie die Transformation HR-Management-Readiness-Check für den der Arbeitswelt in ihrem Unternehmen verlaufen ist. Professor Ernst Mittelstand. www.chf-kl.de/tagung2016.html Fehr von der Universität Zürich setzt sich mit der Bedeutung der Un- ternehmenskultur auseinander und Thomas Ramge, Bestsellerautor und Querdenker, hält einen Vortrag mit dem Titel „Bullshit: Falsche Haltung in falscher Sprache“. Wichtige Programmpunkte auf dem Ta- lent-Management-Gipfel sind zudem Workshops in verschiedenen in- novativen Formaten und ein Podiumsgespräch, das sich mit der Frage beschäftigt, ob wir noch Hierarchien brauchen. Auf dem „Talent Ma- nagement Gipfel“ wird zudem der Talent-Management-Sonderpreis von „Great Place to Work“ verliehen. Schon am Vortag, 7. November, TERMINE findet im Betahaus Berlin die „HR-Garage“ statt, eine Ideenwerkstatt für innovatives Personalmanagement. www.talentmanagement-gipfel.de 29. September, World Talent Forum München Tel. 089 200041213 www.world-talent-forum.com 4. Oktober, Regensburg Organisationsentwicklung Tel. 0941 630916-0 Zukunftsperspektiven ausloten D www.sensorik-bayern.de er Termin für das „DGFP Lab“ 2016, des innovativen Veran- 11. bis 13. Arbeitsschutz Aktuell 2016 staltungsformats der Deutschen Gesellschaft für Personalfüh- Oktober, Tel. 0721 93133-720 rung, wurde auf den 21. und 22. November verschoben. Im Hamburg www.arbeitsschutz-aktuell.de Kühlhaus am Gleisdreieck in Berlin geht es dann unter dem Motto 18. bis 20. Zukunft Personal „Prototyping HR“ um Zukunftsperspektiven für die HR-Profession. Oktober, Köln Tel. 0621 70019-0 Impulsgeber wie Professor Martin Kornberger (Copenhagen Business www.zukunft-personal.de School), Nico Rose (Bertelsmann) und Michael Sauter (Brainbirds) werden Inspirationen liefern und bisherige Managementpraktiken 18. Oktober, HR Night Köln Tel. 0151 46763450 hinterfragen. Ein Höhepunkt des „DGFP Lab“ wird die Verleihung des www. hr-night.de „HR Next Generation Award“ sein. Mit dem Preis werden exzellente Nachwuchspersonaler ausgezeichnet. Die fünf Finalisten präsentie- 15. und 16. Enabling Transformation ren ihre Projekte und die Besucher können im Anschluss darüber November, Tel. 0341 12479610 Potsdam entscheiden, wer als Preisträger des „HR Next Generation Award“ aus www.2bahead.com dem diesjährigen Wettbewerb hervorgeht. www.lab.dgfp.de Bei Fragen wenden Sie sich bitte an redaktion@personalmagazin.de personalmagazin 10 / 16
10 SZENE_KREATIVE ARBEITSPLÄTZE „Die Arbeit besser gestalten“ INTERVIEW. Im Juli legte Adidas den Grundstein für zwei neue Gebäude. Karen Parkin erläutert, wie Arbeitsplatzattraktivität und Unternehmenserfolg zusammenhängen. personalmagazin: Frau Parkin, auf dem Spirit“ zu kreieren. Hierzu müssen wir Campus „World of Sports“ in Herzogenau- wissen, wie die Menschen in dieser Ar- rach bieten Sie ein kreatives Arbeitsum- beitsumgebung arbeiten und wie wir ih- feld. Inwiefern tragen die neuen Gebäude nen helfen können, die Räumlichkeiten zu mehr Kreativität und Leistung bei? am besten zu nutzen. Die technische Sei- Karen Parkin: Wir haben einen ehrgeizi- te ist das eine. Wir haben zum Beispiel gen, aber realistischen Geschäftsplan, weiße Wände, die beschrieben werden der den Grundstein für ein beschleunig- können und auf denen Mitarbeiter ihren tes Umsatz- und Gewinnwachstum bis Kollegen Nachrichten hinterlassen kön- 2020 legt. Um diesen Plan zu erfüllen, nen. Die andere Seite ist die Kultur, die brauchen wir auch das passende Um- sie dazu ermuntert, die Technik oder die feld. Wir wollen alle Mitarbeiter dazu er- Sportmöglichkeiten zu nutzen. Es geht muntern, kreativ und innovativ zu sein darum, die Mitarbeiter von ihrem aktu- und eine Kultur zu leben, die durch Kol- ellen Standort zu der Reise, auf die wir laboration, Kompetenz und Kreativität sie mitnehmen wollen, zu transferieren. geprägt ist. Mit unseren neuen Gebäu- Das hat in erster Linie mit Leadership, den unterstützen wir diese Kultur. Um Coaching und Mentoring zu tun. K AREN PARKIN ist seit November 2014 beispielsweise die Zusammenarbeit zu Personalchefin der Adidas Gruppe. Die Eng- fördern, brauchen wir Räumlichkeiten, personalmagazin: 2015 sind 300 Mitarbei- länderin mit Lehramts-Ausbildung startete die ein offenes Klima bieten, die Mitar- ter aus dem Bereich Brand Management 1997 ihre Karriere im Unternehmen als Ver- beitern unkomplizierte Treffen ermögli- in ein neues Bürogebäude gezogen, triebsdirektorin bei Adidas UK. Ihre Sportar- chen und die Beschäftigten inspirieren. um dort auf drei Ebenen verschiedene ten sind Fitness-Training und Walking. Natürlich müssen die Räumlichkeiten Arbeitsplatzkonzepte zu testen. Wie sind auch den alltäglichen Arbeitsanforde- diese Test-Arbeitsplätze gestaltet? rungen gerecht werden. Parkin: Das Gebäude namens „Pitch“ stehen Umkleideräume zur Verfügung, enthält drei verschiedene Arbeitsumge- personalmagazin: Was ist die Besonderheit von denen aus die Mitarbeiter direkt auf bungen, mit denen Mobile Working und Ihrer Arbeitsplätze? die Laufstrecke gehen können. Die Ge- Work-Life-Balance unterstützt werden Parkin: Alles bei Adidas hat seinen Ur- bäude werden durch verschiedenfarbige sollen. Drei der weltbesten Büromöbel- sprung im Sport. Unsere Liebe zum Sport Wege, sogenannte Sterne, verbunden, die hersteller haben jeweils ein Stockwerk bestimmt, wer wir sind und was wir tun. auch als Treffpunkte für Meetings und im „Pitch“ mit ihren Premiumproduk- Die Besonderheit der Arbeitsumgebung, Sportaktivitäten genutzt werden können. ten eingerichtet. Hier testen wir, wel- die wir kreieren wollen, ist daher – ab- ches Mobiliar geeignet ist, wie viele gesehen von Kollaboration, Kompetenz personalmagazin: Wer auf einem Sportplatz Besprechungsräume, gemeinschaftli- und Kreativität – auch Sport in den Ar- steht, ist noch kein Sportler. Wer in einem che Arbeitsräume und Teeküchen ideal beitsalltag zu integrieren, mit entspre- Kreativraum arbeitet, ist noch kein krea- sind. Hierbei haben wir nicht vorgege- chenden Möglichkeiten in- und außer- tiver Mitarbeiter. ben, wer auf welcher Etage arbeitet. Die halb der Gebäude. So ist der Eingang des Parkin: Es genügt natürlich nicht, nur Mitarbeiter, die in das Gebäude gezo- neuen Bürogebäudes „Arena“ wie ein kreative Räumlichkeiten zu schaffen, gen sind, waren dazu eingeladen, alles Spielertunnel konzipiert. Im Erdgeschoss sondern es gilt auch, einen „Working gründlich zu testen. Was sie ablehnen, personalmagazin 10 / 16
11 BILDERGALERIE Einblicke in das Test-Gebäude „Pitch“ erhalten Sie in einer Bildergalerie in der Parkin: Jeder, der für unser Unternehmen lenvorbilder – unsere Führungskräfte Personalmagazin-App. arbeitet, sollte eine Leidenschaft für – dazu befähigen, die Mitarbeiter zu be- Sport haben. Wir ermutigen unsere Mit- geistern. Unsere Kultur der Kollaborati- arbeiter, diese Leidenschaft in die Arbeit on, Kompetenz und Kreativität muss von zu integrieren. Das heißt aber nicht, dass den Führungskräften vorgelebt werden. wird verworfen. Was sie wertschätzen, jeder regelmäßig auf die Laufstrecke ge- Durch Coaching und Mentoring unter- benötigen und wollen, wird schließlich hen muss. Uns ist es vielmehr wichtig, stützen wir unsere Führungskräfte, in allen Standorten der Adidas Gruppe eine Umgebung zu schaffen, die es er- diese Kultur auch authentisch zu leben umgesetzt. Sie konnten uns jederzeit laubt, Sport auszuüben. Das wird nicht und entsprechend Vorbild zu sein. Alle mitteilen, was gut funktioniert und was nur durch Einrichtungen und Räumlich- unsere Führungskräfte lieben und le- nicht. Es war uns sehr wichtig, eine keiten ermöglicht, sondern auch durch ben Sport und glauben an Kollaboration, Arbeitsumgebung zu schaffen, die zu flexible Arbeitszeiten und Modelle zur Kompetenz und Kreativität. unseren Mitarbeitern passt. Das Signal Work-Life-Integration. Wenn ich aus dem an die Beschäftigten ist: Wir hören auf Fenster blicke und sehe, wie Mitarbeiter personalmagazin: Herzogenaurach, der euch und setzen das in die Tat um. In Tennis spielen, finde ich das toll. Bei uns Hauptsitz Ihres Unternehmens, ist als Zukunft wollen wir das auch auf andere kann jeder selbst entscheiden, wann er Arbeitsort vermutlich nicht so attraktiv Standorte ausweiten. am produktivsten ist und wie er Sport in wie Berlin, München oder Köln. Ist es seinen Arbeitsalltag integrieren möchte. schwierig, qualifizierte Mitarbeiter – personalmagazin: In welcher Form konnten Manche gehen vor dem Arbeitsbeginn in auch internationale Talente – für Herzo- die Mitarbeiter ihr Feedback abgeben? den Fitnessraum, andere nutzen lieber genaurach zu rekrutieren? Parkin: Feedback wird kontinuierlich die Mittagspause für eine Yogastunde, Parkin: Nein, der Standort stellt kein Pro- über Workshops, persönliche Interviews um mal abzuschalten. Wir ermuntern blem bei der Mitarbeitersuche dar. Denn sowie über Feedback-Boxen und über unsere Mitarbeiter, das zu tun, was für wir rekrutieren Menschen nicht für eine Online-Plattform eingeholt. Wir sie richtig ist. Herzogenaurach, sondern rekrutieren haben auch eine App entwickelt, die es Talente für globale Karrieren. Wir sind jedem möglichst einfach macht, seine personalmagazin: Bürokonzept und Work- ein globales Unternehmen mit weltwei- Meinung mitzuteilen – rund um die Uhr. Life-Balance sind die eine Seite, damit ten Niederlassungen und in fast jeder Jedes Möbelstück, jeder Meeting-Raum Mitarbeiter zufrieden, kreativ und pro- coolen Stadt vertreten. An unserem und jede Teeküche war mit einem QR- duktiv ihrer Arbeit nachgehen können. Hauptsitz in Deutschland arbeiten mehr Code ausgestattet, den sie mit der App Die andere Seite macht die Unterneh- als 4.500 Mitarbeiter aus 80 Nationen erfassen konnten. mens- und Führungskultur aus. und wir befinden uns in der Nähe von Parkin: Die Kultur ist der wichtigste Fak- großen Städten wie München und Nürn- personalmagazin: Fanden sich unter den tor, der darüber entscheidet, ob ein Un- berg. Allein für Herzogenaurach hatten Rückmeldungen auch Überraschungen? ternehmen erfolgreich ist oder nicht. wir im vergangenen Jahr mehrere Tau- Parkin: Die Überraschung war, wie Die Unternehmenskultur steht an erster send Bewerbungen. So viele Stellen ha- schnell sich die Mitarbeiter an die neue Stelle, weil die Talente sich aussuchen, ben wir hier gar nicht zu besetzen. Arbeitsumgebung anpassten. Anfangs in welchem Unternehmen und in wel- hatten wir einige Überzeugungsarbeit cher Umgebung sie arbeiten wollen. Es personalmagazin: Stellt Ihr Bürokonzept zu leisten, um die beteiligten Personen ist wichtig, dass sich HR über die eigene einen wichtigen Faktor für Ihr Personal- in das neue Gebäude zu transferieren. Kultur klar ist und dass die Personaler marketing und Recruiting dar? Deshalb hatte ich erwartet, dass sie ihre diese an die Kandidaten, die sie anspre- Parkin: Ja, denn für mich symbolisiert das Erfahrungen mit den verschiedenen chen wollen, auch dementsprechend ver- unsere Kultur. Die Arbeitsumgebung Einrichtungen nur zögerlich mitteilen mitteln. Denn wenn neue Mitarbeiter im stärkt die Kultur. Wenn ich eine Kultur würden. Aber das war nicht der Fall. Sie Unternehmen nicht die erwartete Kultur der Kollaboration habe, muss die Ar- äußerten viele Vorschläge, wie wir die vorfinden, werden sie sich nicht wohlfüh- beitsumgebung die Zusammenarbeit der Arbeit noch besser gestalten könnten. len und die Reise nicht mitgehen. Mitarbeiter unterstützen. Unsere Gebäu- de ermöglichen das. Sie sind hell und personalmagazin: Wie Sie bereits gesagt personalmagazin: Was machen Sie, um die transparent und erlauben es den Mitar- haben, bestimmt Sport die Arbeit bei Adi- Führungskultur zu unterstützen? beitern, ihren Sport auszuüben. das. Wie können die Mitarbeiter Sport, Parkin: Aus meiner Perspektive gilt es Arbeit und Familie integrieren? sicherzustellen, dass wir unsere Rol- Das Interview führte Daniela Furkel. 10 / 16 personalmagazin Bei Fragen wenden Sie sich bitte an redaktion@personalmagazin.de
12 SZENE_HR START-UP Wer hat’s gegründet? Gründerin und Geschäftsführerin ist Marita Lüben. Sie ist Juristin und war vor der Gründung des Start-ups „Business 4 Experts“ 15 Jahre in verschiedenen Funktionen im HR-Bereich tätig. In dieser Zeit gehörte neben arbeitsrechtlichen und „Compensation-&-Benefit“-Themenstellungen die operative HR-Arbeit als HR Business Partner zu ihren Schwerpunkten. In dieser Funktion verantwortete sie die Suche und Auswahl von erfahrenen Führungskräften für einen großen Dax-Konzern. Unternehmensgrün- derin Marita Lüben ist Juristin und hat 15 Jahre Berufserfahrung im HR-Bereich. HR START In unserer Serie stellen wir Ihnen UP © BUSINESS4HR Jungunternehmer aus dem HR-Bereich mit ihrer Idee vor. In dieser Ausgabe das Unternehmen Business 4 Experts. Was ist die Idee dahinter? Wie war die Entwicklungszeit? Mit „Business 4 Experts“ haben wir einen tem Personal und Unternehmen. In Überein- Gestartet sind wir mit einem großen alternativen Recruitingkanal für die moderne stimmung mit dem AGG orientieren wir uns Dax-Konzern, der bis heute unser Job- und Personalsuche für hochqualifizierte bei der Auswahl der Kandidaten freilich nicht Kunde ist. Weitere kleinere und Fach- und Führungskräfte mit mindestens 15 am Alter, sondern legen das Augenmerk auf größere Unternehmen kamen im Jahren Berufserfahrung entwickelt. Entstanden Know-how und langjährige Berufserfahrung letzten Jahr dazu — die Zahl unserer ist die Idee dazu in der letzten Station der — eine Spezialisierung, die uns einzigartig Kunden steigt stetig. Auf Kandidaten- Gründerin als HR Business Partner. In dieser macht. Auf unserer Plattform begegnen sich seite haben sich seit Oktober 2015 Funktion suchte sie in erster Linie Führungs- Kandidaten und Unternehmen auf Augenhöhe. mehr als 1.100 qualifizierte Fach- und kräfte mit einer Ingenieursausbildung und Die Kandidaten können sich kostenlos regis Führungskräfte registriert. Es ist faszi- langjähriger Berufserfahrung. Einen speziellen trieren und sich mit einem zunächst anonymi- nierend, wie unsere Kunden auf das © RAKETE: FRANK PETERS / THINKSTOCKPHOTOS.DE Recruitingkanal, um exklusiv mit solchen sierten Profil im virtuellen Karrierenetzwerk Produkt reagieren. Das Feedback in- Fachkräften in Kontakt zu kommen, gab es präsentieren. So können sie unkompliziert tegrieren wir regelmäßig in unseren nicht. Gerade vor dem Hintergrund des de- mit Unternehmen in Kontakt treten oder sich Service und entwickeln die Plattform mografischen Wandels sind hochqualifizierte auf eine Stelle bewerben. Die Unternehmen damit stetig weiter. Bislang sind wir Fach- und Führungskräfte mit Berufserfahrung können auf unsere Plattform ihre Stellenange- organisch gewachsen. Um weiterhin heute sehr gefragt. Hier setzen wir an: Unsere bote veröffentlichen und durch sogenanntes wachsen zu können und neue Ideen Online-Plattform bietet die Möglichkeit der „Active Sourcing“ gezielt nach geeigneten umzusetzen, stehen Überlegungen in Kontaktaufnahme zwischen hochqualifizier- Fach- und Führungskräften suchen. Bezug auf einen Investor in Kürze an. Bei Fragen wenden Sie sich bitte an redaktion@personalmagazin.de personalmagazin 10 / 16
13 Was soll noch geändert werden? In den nächsten Monaten ist es unser Ziel, wei- tere Unternehmenskunden zu gewinnen und das Kandidatennetzwerk auszubauen. Aktuell bieten wir ausgewählten Kunden eine zeitlich begrenz- te Kooperation zu besonderen Konditionen an. Damit können die Kunden von unserem alterna- tiven Recruiting-Kanal profitieren und qualifi- zierte Fach- und Führungskräfte mit Berufserfah- rung ansprechen. Mit attraktiven Arbeitgebern Was können etablierte Unternehmen von Ihnen lernen? gewinnen wir auf der anderen Seite auch die entsprechenden Kandidaten für unsere Platt- Inhaltlich grenzen wir uns durch eine besondere Kandidatengruppe von anderen form. So schaffen wir eine Win-win-Situation. Jobportalen ab. Etablierte Unternehmen sollten in den kommenden Jahren Unser Ziel ist es, langfristig zu wachsen und im Wert darauf legen, neben jungen Fachkräften auch Menschen mit langjähriger gesamtdeutschen Markt weiter bekannt zu wer- Berufserfahrung und entsprechendem Alter in den Fokus zu nehmen. Diese Kan- den. Bei der Ausweitung des Kandidatenkreises didatengruppe möchte unserer Erfahrung nach anders angesprochen werden als legen wir jedoch großen Wert auf persönlichen die sogenannte „Generation Y“, die ja aktuell in aller Munde ist. Wir bieten eine Kontakt und die Qualität der Kandidatenprofile. moderne Plattform, die den Bedürfnissen unserer Kandidatengruppe entspricht. Uns ist es wichtig, dass wir wachsen, dadurch Um diese Zielgruppe anzusprechen, sind Exklusivität und Nähe zum Kandidaten aber qualitativ nicht zurückstecken müssen. wichtig; das können wir Recruitern als Empfehlung mitgeben.
14 TITEL_CROWDWORKING Ein Feld zum Experimentieren ÜBERBLICK. Crowdworking steckt noch in den Kinderschuhen. Unternehmen brauchen Pilotprojekte, um sich die neue, agile Form der Arbeitsorganisation zu erschließen. Von Ruth Lemmer jeder, der ein Smartphone besitzt und bedienen kann, ist willkommen. So N avigationsgeräte sind so gut wächst die Crowd, die man mit Masse wie ihr Input. Was nach ei- übersetzen kann, mit Gewühl oder An- ner Binsenweisheit klingt, drang, aber auch mit Haufen oder etwas ist fundamental. Denn Auto- altmodischer mit Schar – und es ist tat- fahrer, die in die Irre gelenkt werden, sächlich eine Millionenschar, deren ein- können für den Anbieter einen großen zige Gemeinsamkeit die Arbeit per Klick Imageschaden anrichten. Das zeigt der ist. Diese Crowdworker arbeiten in einer Fall einer Frau aus Unna, die in Bremen heterogenen Gruppe an einem Projekt: statt in eine Tiefgarage eine Treppe hi- Preisvergleiche für die Konkurrenzbe- nunterfuhr, oder der Fall eines Mannes, obachtung, Geodaten, Werbeplatzie- der auf einem Feldweg stecken blieb rungen. Die digitalen Fließbandarbeiter statt seinen Termin beim Kunden wahr- liefern schnell und unkompliziert, die nehmen zu können. Navihersteller Tom- Plattformen sammeln und sichten, die tom weiß das und hat die „Wer denkt Auftraggeber erhalten einen regionalen was GmbH“ in Darmstadt, Betreiber der oder gar grenzüberschreitenden Über- Plattform App-Jobber, damit beauftragt, blick. Die einzelnen Crowdworker haben derartige Debakel vermeiden zu helfen. in der Regel keinen Kontakt miteinan- 180.000 Smartphonenutzer beschäftigt der, sondern sind vielfach Menschen im App-Jobber in Deutschland. Sie erfas- Nebenjob und Arbeitslose, Schüler und sen die Daten – von Kreuzungen über Studenten, Hausfrauen und -männer, die Höchstgeschwindigkeiten bis zu Haus- einfach in ihrer Stadt unterwegs sind. nummern. Die freien und vor allem mo- Der Durchschnittsverdienst der Micro- bilen Zuarbeiter laden sich eine App auf tasker liegt bei 144 Euro im Monat. ihr Smartphone und erfüllen Aufgaben, die rund um ihren Standort anfallen. Unterschiedliche Plattform-Typen Diese Zahl nennt die Studie „Crowd Digitale Fließbandarbeiter Work in Deutschland“. Professor Jan Außer Tomtom ist auch Rewe Kunde – Marco Leimeister, Wirtschaftsinforma- die Warenpräsentation in Gemüseab- tik-Lehrstuhlinhaber an der Universität teilungen und Regalen wird gecheckt. Kassel und Direktor des Instituts für Handyfoto genügt. Die Smartphoner Wirtschaftsinformatik an der Universi- on tour sehen bei App-Jobber auf den tät St. Gallen, und sein Team haben für ersten Blick, ob sie mit einem Auftrag die Hans-Böckler-Stiftung empirisch das einen Euro (Theater-Check) oder 12,50 Arbeitsumfeld der externen Plattformen Über Plattformen können Arbeits- © TAI111 / FOTOLIA .COM Euro (Waschstraßen-Check) verdienen. untersucht. Sie definieren weitere Platt- aufträge transparent und flexibel Bei Microtask-Plattformen wie App- form-Typen: vergeben werden. Jobber sind die Aufgaben einfach, die • Auf Marktplatz-Plattformen tummeln Apps leiten den Nutzer intuitiv und sich meist Know-how-Anbieter mit Spe- personalmagazin 10 / 16
15 zialkenntnissen und Auftraggeber. Die manchmal etwas mehr als ein Mobiltele- • Design-Plattformen arbeiten in einem Aufgaben sind komplex – E-Learning- fon und Web-Affinität, um zum Beispiel Wettbewerb-Format. Der Auftraggeber Programme und andere Software werden eine neue Software auf Fehler zu unter- schreibt eine Aufgabe aus – etwa für ein entwickelt, Werbespot- und Synchron suchen und auf Nutzerfreundlichkeit zu neues Logo oder ein Jingle – und zahlt sprecher bieten wie etwa auf „Voicebun- testen. Die Plattform-Betreiber zerlegen nur dem Gewinner ein Honorar. Die ny“ Dienste an. Hier liegt der Verdienst den Auftrag in Einzeltests und fügen anderen Crowdworker haben unentgelt- im Schnitt bei 660 Euro pro Monat. später das Ergebnis zusammen. Crowd- lich gearbeitet – und für die Tonne. Oder • Auch für Aufträge von Testing-Platt- worker kommen hier auf durchschnitt- sie horten ihre Lösungen für spätere formen brauchen die Crowdworker lich 420 Euro im Monat. Aufträge auf anderen Plattformen. Der Durchschnittsverdienst liegt bei 660 Euro im Monat. • Innovations-Plattformen ähneln Open-Source-Modellen und werden auch firmenintern genutzt. Die Auftrag- geber geben keine Zeitspanne vor, die Crowdworker tauschen sich aus. Sie er- arbeiten gemeinsam eine Lösung – und kommen in diesen Projekten Werkver- tragskonstruktionen sehr nahe. Manch- mal schließen sie befristete Werkver- träge ab, manchmal sind sie gar beim Auftraggeber angestellt, wenn auch in anderen Bereichen. Firmen wie Google geben ihren Mitarbeitern bezahlte Zeit für freie Themen. Klickarbeit als Freizeitbeschäftigung Die Wissenschaftler um Leimeister ha- ben 434 Crowdworker befragt – nach Motiven und Arbeitszeit, nach Ausbil- dung und Einkommen. Die hohe Flexi- bilität in der Arbeitszeit erhält von den Klickarbeitern Pluspunkte. Am Smart- phone oder Tablet sitzen 23 Prozent abends, fünf Prozent nachts und 50 Pro- zent zu unterschiedlichen Tageszeiten. Auch die Arbeitsorte wechseln bei 16 Prozent, 83 Prozent aber arbeiten von zu Hause aus. Die Mehrzahl der Crowd- worker ist ledig. Die Studie der Böckler- Stiftung schätzt hier die Klickarbeit als intensive Freizeitbeschäftigung. An der Umfrage beteiligten sich beinahe so viele Frauen wie Männer. Als höchsten Schulabschluss geben 58 Prozent das Abitur an, jeder Dritte hat einen Hoch- schulabschluss. Die durchschnittliche Arbeitszeit be- trägt 14 Wochenstunden. Dazu passt, dass 19 Prozent studieren und vier Pro- zent Schüler sind. Die größte Gruppe 10 / 16 personalmagazin Bei Fragen wenden Sie sich bitte an redaktion@personalmagazin.de
16 TITEL_CROWDWORKING stellen mit 38 Prozent Selbstständige, Das zeigen beispielsweise die Befra- Leimeister und Bertschek noch in den wobei diese besonders oft Solo-Selbst- gungen des Zentrums für Europäische Kinderschuhen. Auch, weil das Crowd- ständige sind. Aber auch Angestellte kli- Wirtschaftsforschung (ZEW), welches sourcing – die Mischung aus der Arbeit cken im Nebenjob mit – immerhin sind diese im Auftrag des Bundesarbeitsmi- in der Plattform, Worker-Masse und dies 28 Prozent. Der Nebenverdienst nisteriums durchgeführt hat. Professo- dem Auslagern von Aufgaben durch liegt bei knapp über 300 Euro pro Mo- rin Irene Bertschek, ZEW-Leiterin der klassische Unternehmen – erst seit nat. 20 Prozent der Befragten geben an, Forschungsgruppe Informations- und rund zehn Jahren an Fahrt aufnimmt. im Hauptberuf Crowdworker zu sein und Kommunikationstechnologien, hat dazu „Crowdworking“, sagt Ines Zimzinski, kommen auf einen Verdienst von rund 400 Crowdworker zweier externer Platt- Feel-Good-Managerin und Vorständin 1.500 Euro im Monat. Wobei der Durch- formen befragt. Fazit: Nur eine Minder- des Deutschen Crowdsourcing-Verbands schnittwert noch ungenau ist, da es auch heit versucht über Crowdworking eine (DCV) in Berlin, „das ist das Arbeiten in Einkommen um 10.000 Euro gibt (siehe Existenz aufzubauen. Für 38,8 Prozent einem virtuellen Großraumbüro.“ Grafik zum Einkommen von Crowdwor- ist Crowdworking ein Zusatzjob neben kern). der Festanstellung, für 39,6 Prozent ein In den Kinderschuhen Mehr als die Hälfte von ihnen sorgt Zusatzeinkommen neben Schule, Aus- Der DCV wurde 2011 gegründet und nicht fürs Alter vor. Krankenversichert bildung und Studium (siehe Grafik zum vertritt inzwischen rund 850 Mitglieder, sind die meisten, die als Freelancer für Erwerbsstatus von Crowdworkern). die in crowd-basierten Geschäftsmodel- Plattformen arbeiten, über ihren Job, das len unterwegs sind – Plattformbetreiber Studium oder als Schüler über die El- Ergebnisse der ZEW-Studie wie Anbieter ihrer Arbeitskraft und ih- tern. Die Böckler-Stiftung als Auftragge- Die Crowdworker arbeiten überwiegend res Know-hows. Zimzinski: „Die Arbeit ber der Studie spricht angesichts dieser für eine Plattform und bleiben dieser ist altersunabhängig und barrierefrei Ergebnisse von „digitalen Tagelöhnern“ für eine zeitlang treu. Über 50 Prozent – und gut für die Vita.“ Aber auch sie und fordert daher die Abschaffung pre- arbeiteten bereits länger als sieben Mo- räumt ein, dass der Sektor noch sehr kärer Arbeits- und Auftragsverhältnisse nate, elf Prozent schon über zwei Jahre. unsortiert ist. „Hier in Berlin sprießen für all jene, die nicht nur als Freizeit- Es dominieren Kleinaufträge: 24 Pro- Plattformen wie Pilze aus dem Boden oder Gelegenheitsjobber Crowdworking zent wickelten in den vergangenen sechs und wir sind gespannt, wo die Reise – betreiben. Hierbei handelt es sich aller- Monaten 20 bis 49 Aufträge, 23 Prozent digital oder analog – hingeht.“ dings nur um eine kleine Minderheit der mehr als 100 ab. Der Zeitaufwand pro Crowdworker. Auftrag betrug bei 19 Prozent unter fünf Faire Arbeit in der Crowd Minuten und bei fast der Hälfte zwischen Deshalb hat der Verband mit Gewerk- fünf und 15 Minuten. schaften, Wissenschaftlern und Unter- Die Einschätzung der Arbeitsbedin- nehmern im Auftrag der Senatorin für EINKOMMEN CROWDWORKER gungen entspricht nicht dem, was von Arbeit, Integration und Frauen, Dilek den Kritikern in der Öffentlichkeit vor- Kolat, die Crowd-Welt der Gründer- getragen wird: Die Crowdworker fühlen hauptstadt beleuchtet: „Faire Arbeit in Cluster Nebenberuf Hauptberuf Mittelwert Mittelwert sich demnach zwar für ihre Arbeit über- der Crowd“ wurde jüngst vorgestellt. qualifiziert, die große Mehrheit empfin- Faire Entlohnung wird dort gefordert Gesamt 326 Euro 1.504 Euro det sich aber fair behandelt. und die Anlehnung an ein Gesetz aus Microtask 153 Euro 250 Euro dem Jahr 1951 vorgeschlagen: ans Heim- Anreize für Crowdworking arbeitergesetz. Schrauben Heimarbeiter Marktplatz 353 Euro 1.561 Euro Der große Reiz, für eine Plattform zu in der realen Welt Scheren zusammen Design 675 Euro 856 Euro arbeiten, liegt offensichtlich darin ent- oder montieren Griffe, werden in der scheiden zu können, wann und wo man virtuellen Welt Webseiten auf Recht- Testing 171 Euro 2.265 Euro arbeiten will. Auch, dass sich Crowdwor- schreibung kontrolliert oder knappe ker ihre Arbeitsinhalte selbst aussuchen Bildzeilen formuliert, Daten gesammelt Für die meisten sind Einkünfte aus Crowd- können und dass diese interessant sind, oder Klicks generiert. Heimarbeiter ha- working ein Nebenverdienst. Für Hauptbe- wird positiv hervorgehoben. 56 Prozent ben nach dem Gesetz Ansprüche an ihre rufler lohnt sich das Software-Testing. der Befragten nennen ihre Klickjobs Arbeitgeber, was zum Beispiel Entgelt- eine gute Freizeitbeschäftigung. schutz, Urlaub oder Mutterschutz be- QUELLE: JAN MARCO LEIMEISTER, SHKODRAN ZOGAJ, DAVID DURWARD, Das Forschungsthema steckt trotz trifft. Da auf den Plattformen nicht die IVO BLOHM: SYSTEMATISIERUNG VON CROWDWORKING-PROJEKTEN UND CROWDSOURCING-ANBIETERN, 2016 dieser beiden praxisnahen Studien von formale Qualifikation, sondern Lösun- personalmagazin 10 / 16
17 gen zählen, wollen die Autoren Formate für Arbeitszeugnisse entwickeln, damit IDEALTYPISCHES CROWDSOURCING-PHASENMODELL die Crowdworker Referenzen horten können. Ohne konkret zu werden, wird angeregt, sich mit der sozialen Absiche- rung der Solo-Selbstständigen zu be- Phase 4 Phase 1 Phase 2 Phase 3 Aggregation Phase 5 schäftigen. Konkretisierung Auswahl der Aufgabenab- und Auswahl Vergütung der Aufgaben Crowdworker wicklung der Lösungen IG Metall setzt auf Transparenz Die IG Metall wollte nicht darauf war- ten, bis die Politik Regeln fürs Crowd- working schafft. Die Gewerkschaft Über Plattformen kann die Arbeits- und Auftragsvergabe flexibel und transparent orga- installierte schon am 1. Mai 2015, also nisiert werden. Das Phasenmodell zeigt die Schritte auf. traditionsreich am Tag der Arbeit, die QUELLE: JAN MARCO LEIIMEISTER Website www.faircrowdwork.org mit Dokumenten, geposteten Artikeln und einer Hotline, hinter der ein vierköpfi- EINKOMMENSPREIZUNG VON CROWDWORKERN ges Beratungsteam steht. Auch Verdi berät Crowdworker und hat ein Infor- Cluster Häufigkeiten Maximum Median Mittelwert mations- und Diskussionsportal aufge- baut. Kernstück der deutsch-englischen Gesamt 247 10.000 Euro 200 Euro 543 Euro Faircrowdwork-Website aber sind nicht Microtask 36 1.500 Euro 87 Euro 144 Euro die Informationen, die die Gewerk- schaft zusammenstellt, sondern das Marktplatz 136 10.000 Euro 300 Euro 663 Euro Bewertungstool Faircrowdwork-Watch. Design 32 3.500 Euro 400 Euro 662 Euro Dort beschreiben die Crowdworker die Plattformen, für die sie arbeiten: Für Testing 43 9.500 Euro 50 Euro 411 Euro Bezahlung, Arbeitsqualität, Kommuni- kation, Mitarbeiterüberwachung kön- Unter Crowdworkern gibt es nicht nur einfache Jobs mit geringem Einkommen, manche nen die Plattformen Fairnesspunkte können auch höhere Einkommen erzielen. sammeln – oder einen Malus kriegen. QUELLE: JAN MARCO LEIMEISTER, SHKODRAN ZOGAJ, DAVID DURWARD, IVO BLOHM: SYSTEMATISIERUNG VON CROWDWORKING-PROJEKTEN UND CROWDSOUR- CING-ANBIETERN, 2016 37 Plattformen sind inzwischen bewer- tet – allerdings sind die Teilnehmer- zahlen sehr gering. Sternchen zeigen ERWERBSSTATUS DER CROWDWORKER den Punktestand. An der Spitze stehen Softwaretester wie Test-IO, App-Jobber Rentner 1,5 und Clickworker mit 700.000 Microtas- kern, am Ende 99-Designs für Kreative arbeitssuchend 7,4 wie Illustratoren oder Texter und „Ama- Elternzeit, Mutterschutz 1,3 zon Mechanical Turk“, für Produktbe- wertungen und mobile Tests. Christi- Hausfrau 3,3 ane Benner, Zweite Vorsitzende der IG in Ausbildung, Schule, Studium 39,6 Metall, sieht das gesamte Arbeitsfeld „bislang noch extrem stark geprägt von selbstständig 8,1 einem Machtungleichgewicht zwischen Angestellter, Beamter, Arbeiter 38,8 Plattformen, Auftraggebern und Crowd- workern“. Angaben in Prozent Auch auf der potenziellen Auftrag- Crowdworking nutzt die überwiegende Mehrheit gegenwärtig als Zusatzverdienst neben geberseite ist der Umgang mit dem In- dem Hauptberuf beziehungsweise neben Ausbildung oder Studium. strument externe Plattform noch fremd. Wie groß Unkenntnis und Misstrauen QUELLE: ZEW-BEFRAGUNG IN 2015 10 / 16 personalmagazin Bei Fragen wenden Sie sich bitte an redaktion@personalmagazin.de
18 TITEL_CROWDWORKING „Personalmanager müssen Crowdwor- king ausprobieren. Pilotprojekte sind der Unternehmen gegen Crowdworking dazu der richtige Weg.“ selbst in der Informationswirtschaft Professor Jan Marco Leimeister, Wirtschaftsinformatiker, Uni Kassel sind, zeigte 2015 eine repräsentative ZEW-Befragung: Rund 45 Prozent kann- ten das Crowdworking-Konzept noch nicht, 52 Prozent sahen Schwierigkeiten working beim Thema „Family on board“. nungserstellung, Teamarbeit und ein bei der Qualitätskontrolle, 46 Prozent Und der Daimler-Betriebsrat spielte die Empfehlungswesen schlug die Crowd- waren unsicher über die juristischen Idee der internen Crowd durch, während Community aus Arbeitsanbietern und Rahmenbedingungen und den Abfluss das Management nur in einzelnen Fach- Auftraggebern bereits vor. Jetzt will von Wissen befürchteten ebenfalls 46 abteilungen marginale Versuche mit Ex- Proitex Einfälle sammeln für eine detail- Prozent. Die Folge der Unkenntnis: Nur ternen startet. Pilotprojekte intern und liertere und aussagekräftigere Darstel- drei Prozent der Unternehmen setzen extern scheinen fürs Crowdworking ein lung der IT-Expertenprofile und sucht derzeit Crowdworking ein. guter Weg, wenn dieser nicht zu lang- nach innovativen neuen Funktionen, die Professor Jan Marco Leimeister warnt: sam beschritten wird. Professor Leimei- sowohl den Freelancern als auch den su- „Auf Crowdworking basierende Arbeits- ster jedenfalls sieht die Unternehmen chenden Unternehmen den Akquisepro- formen kommen wie die Digitalisierung am Zug: „Statt um Hierarchiesilos geht zess erleichtern. Diskutiert wird in der – das kann man nicht aussitzen.“ Des- es um Job-Enrichment mit einem ganz Gruppe Xing.to/proitex, konkrete Ideen halb müssten Firmen entscheiden, was für sie das höhere Gut ist, meint Leimei- ster — „Agilität mit Tempo, Heterogenität und der Parallelisierung von Prozessen „Hier in Berlin sprießen Plattformen oder Kontrolle und Wissensbunker.“ wie Pilze aus dem Boden, und wir sind Handlungsfeld für Personalmanager gespannt, wo die Reise hingeht.“ Eine Botschaft an Personalmanager Ines Ziminski, Vorständin Deutscher Crowdsourcing-Verband formuliert der Hochschullehrer auch: „Crowdworking weitet den Handlungs- raum für Personaler aus, das birgt Chan- cen und Risiken für den Berufsstand.“ neuen Zungenschlag“, sagt Jan Marco können bei Proitex eingereicht werden. Tatsächlich müssen sie ihr Terrain mit Leimeister dazu. Ziel ist nichts Geringeres als die perfek- der Einkaufs- und der Forschungs- und te Projektplattform. Produktentwicklung neu abstecken. Plattformen breiten sich aus Crowdworking ist derzeit in der Ar- Und mitdiskutieren, welche Geschäfts- Plattformen selbst bewältigen jeden- beitswelt noch eine kleine Nische, die strategie die richtige für die eigene Fir- falls nicht nur Kundenaufträge mit der sich entwickeln muss. Im Umfeld der ma ist. Forscher Leimeister vermisst die Crowd, sie wollen sich über diese Ar- Gründerszene wird befürchtet, dass Experimentierfreude in Firmen. Crowd- beitsform auch selbst zukunftsfest ma- Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles working müsse man ausprobieren. Pilot- chen. Die Braunschweiger Projektbörse das zarte Pflänzchen mit Regulierungs- projekte seien der richtige Weg. und Freelancer-Plattform Proitex rief im vorschlägen am weiteren Wachstum hin- Die Konzerne bleiben vorsichtig. Bosch August Software-Entwickler dazu auf, dern könnte. Carlos Frischmuth, Leiter zieht bei wettbewerbsunkritischen das System aktiv mitzugestalten. Vor- der Hauptstadtrepräsentanz von Hays, Aufgaben eher die Form der Werkver- schläge zu Sonderfunktionalitäten wie plädiert dafür, dieser neuen Form der tragsleistung vor. Audi probierte Crowd- projektbezogener Zeiterfassung, Rech- Arbeitsbeauftragung eine Chance zum Wachstum zu geben: „Bei jetzigem Rei- fegrad sind der gesellschaftliche Beitrag und die Chancen von Crowdworking für „Der gesellschaftliche Beitrag von den Arbeitsmarkt deutlich größer als Crowdworking ist deutlich größer als mögliche negative Effekte.“ mögliche negative Effekte.“ RUTH LEMMER ist Wirtschaftsjournalistin in Carlos Frischmuth, Leiter Hauptstadtbüro Hays Düsseldorf. Bei Fragen wenden Sie sich bitte an redaktion@personalmagazin.de personalmagazin 10 / 16
20 TITEL_CROWDWORKING Sieben Rechtsfragen zur Crowd ÜBERBLICK. Crowdwork kann auf unterschiedliche Weise gestaltet werden. In jedem Fall müssen Unternehmen vorab jedoch folgende wichtige rechtliche Fragen klären. Von Dietmar Heise und Carsten Senze andere Nationen haben naturgemäß ihr nicht grenzenlos möglich. Zwingend eigenes Recht. Sobald Crowdwork die geltender nationaler Mindestschutz, der D ie weltweite Vernetzung bie- Grenzen überschreitet, stellt sich zuerst nach nationalem Recht anzuwenden wä- tet Crowdwork ein breites die Frage des anzuwendenden Rechts. re, kann nach vielen Rechtsordnungen Anwendungsfeld. Wird die Diese Frage kann nicht generell be- nicht durch deren Abwahl ausgehebelt Crowd unternehmens- oder antwortet werden: Die Konkurrenz von werden. Im Folgenden sei das deutsche konzernweit organisiert, kann sie eine deutschem Recht mit anderen Rechts- Rechtsverständnis beschrieben. Alternative zu festeren Matrixstruktu- ordnungen ist auf sehr unterschied- ren sein; dann tauchen arbeitsorgani- liche Weise geregelt: In der EU und in Frage 2: Worauf ist bei der Einführung satorische und arbeitsrechtliche Fragen dem EWR gelten einheitliche Regeln, von Crowdwork zu achten? auf. Die Zusammenarbeit von Unterneh- ansonsten können sowohl bilaterale Eine Arbeit in die Crowd zu vergeben, men – dem Crowdsourcer – mit (exter- ist arbeitsrechtlich im Ansatz ähnlich nen) Crowdworking-Plattformen, um die relevant wie die Vergabe einer Arbeit an es hier gehen soll, wirft dagegen weniger einen Handwerker oder Dienstleister: arbeitsrechtliche Fragen als solche des Beim direkten Vertrag Natürlich kann ein Unternehmen Aufga- geistigen Eigentums, von Datenschutz ben von Dritten erledigen lassen, ohne und –sicherheit sowie der Vertragsge- zwischen Unternehmen dass sogleich das Arbeitsrecht eingreift. staltung mit externen Dienstleistern auf. und Crowdworker dürfte Eine andere Bewertung kann sich erge- Externe Crowdwork kann auf vielfäl- ben, wenn das Unternehmen nachhalti- tige Art ausgeführt werden: Von der rei- ein Arbeitsverhältnis, ger mit Crowdwork arbeiten will. nen Vermittlung der Crowdworker durch nach dessen üblicher Der nachhaltigere Einsatz von Crowd die Plattform über die (rein) vertragliche work kann zur Folge haben, dass Arbeit- Zwischenschaltung der Plattform bis hin Definition, regelmäßig nehmern Aufgaben entzogen werden zu eigenen Dienstleistungen der Platt- zu vermeiden sein. und ihnen andere übertragen werden form (zum Beispiel die Auswahl der müssen. Dann stellt sich die Frage, ob die Crowdworker, das Aufteilen größerer jeweiligen Arbeitsverträge dies gestat- Aufgaben in kleinere in der Crowd zu ten. Auch betriebliche Mitbestimmung verteilende Aufträge oder umgekehrt Abkommen als auch internationales kann tangiert sein: Die Verlagerung von das Zusammentragen der Teilaufgaben Recht eine Rolle spielen. Grundsätzlich Aufgaben in die Crowd kann als Um- und so weiter). Die rechtlich optima- darf das anzuwendende Recht sogar gestaltung von Arbeitsverfahren oder le Form von Crowdwork wird es nicht gewählt werden. Wer möglichst weitge- -plätzen nach §§ 90 f. BetrVG mitbestim- geben. Jede bietet ihre Vorteile. Dieser hend deutsches Recht zur Anwendung mungspflichtig sein, unter Umständen Beitrag soll einen Überblick über die bringen will, der sollte also mit seinen stellt sich der Vorgang gegenüber ein- wichtigsten Rechtsfragen geben. Vertragspartnern – Crowd-Plattformen zelnen Mitarbeitern auch als Versetzung oder Crowdworker – die Anwendung dar (§§ 95 Abs. 3, 99 BetrVG). Frage 1: Wann ist überhaupt deutschen Rechts vertraglich vereinba- Umfassender umgesetzt kann der deutsches Recht anzuwenden? ren. Ob das sinnvoll ist, hängt von der Einsatz von Crowdwork zu Abbau eige- Crowdwork findet regelmäßig weltweit Ausgestaltung der Crowdwork und den ner Mitarbeiter führen. Es ist eine legi- statt. Das deutsche Recht gilt im Grund- betroffenen Rechtssystemen ab. Aller- time unternehmerische Entscheidung, satz allerdings nur für Deutschland, dings ist die Rechtswahl regelmäßig Arbeiten künftig extern in der Crowd personalmagazin 10/ 16
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