Schwerpunkt Tipps für junge Journalisten 2003
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Nr. 3/4 2003 Info-Magazin für junge Journalisten Hanns-Seidel-Stiftung Schwerpunkt Tipps für junge Journalisten
2 Werkstatt/Tipps für junge Journalisten Wenn Bomben fallen und Kurse steigen Reuters versorgt Medien und Wirtschaft mit den neuesten Informationen 4 Freiwillig im freiwilligen Dienst Ein Volontär über das Volontariat und seine Aufgaben 7 Stipendien für junge Journalisten Interview mit Prof. Hans-Peter Niedermeier 12 Aus dem Tagebuch einer Cutterin Gedanken zur Arbeitsweise im TV 14 Das Erste sendet ARD-Hauptstadtstudio Berlin 15 PR ist Knochenarbeit Pressearbeit bei Astrium 17 „Ich bin ein Interessensmoderator“ Der Beruf eines Pressesprechers 21 Dranbleiben Gedanken zum Online-Journalismus 24 10 Fotosünden und wie sie vermieden werden Tipps für das optimale Foto 26 Tafelspitze Federn Die Arbeit als Restaurantkritiker 31 Presse erwünscht Pressearbeit bei der Feuerwehr 34 Netzwerk rund um die Medienbildung Interview mit Prof. Dr. Gabriele Goderbauer-Marchner 37 Berufsziel IT-Journalist Anforderungen und Möglichkeiten der IT-Branche für Journalisten 40 Nachwuchs sichern Ausbildung beim Hessischen Rundfunk 44 Zielgruppe Politik Politik und PR in der Hauptstadt Berlin 47 Die journalistischen Darstellungsformen Ein Überblick 49 Berliner Luft der Welt Berliner Modell von Welt und Morgenpost 50
Werkstatt/Tipps für junge Journalisten 3 Alles was Recht ist Überblick über das Äußerungsrecht 52 Früh übt sich Die Arbeit bei der Schülerzeitung 57 Stipendien für junge Journalisten Interview mit Prof. Hans-Peter Niedermeier 12 Der Mix macht´s Cross Media Publishing 60 Moderatorin oder Journalistin mit Meinung Nachwuchsjournalisten zu Besuch bei Sabine Christiansen 62 Medienmanagement – Schnittstelle zwischen Ökonomie und Medien Neuer Studiengang an der Fachhochschule Würzburg-Schweinfurt 64 Praktizierte Pressefreiheit in Deutschland Impressum Die Bundespressekonferenz 66 Herausgeber: Von der Schülerzeitung Hanns-Seidel-Stiftung e.V. zum Tageszeitungsredakteur Prof. Hans-Peter Niedermeier (verantwortlich) Redaktionsassistenz: Roswitha Weiß, Erfahrungsbericht 68 Sharon Shabazz Der Körperwelten-Diskurs Internet: www.hss.de Redaktionsanschrift: Anatomie einer medizinischen Ausstellung 70 Postfach 1908 46 80608 München PR-Jobs mit Genussgarantie Die deutsche Weinbranche bietet Layout und Satz: Matthias J. Lange Titelfoto: Kollage von Heiko Mergard Auflage: 4000 eine Plattform für junge PR-Fachleute 74 Textvervielfältigungen gegen Belegex- Eine Kaderschmiede für junge Talente emplar erlaubt. Vor Übernahme von Fo- tos zur Abklärung des Urheberrechtes bitte auf jeden Fall Rücksprache mit der Die Deutsche Journalistenschule in München 76 Werkstatt-Redaktion (Telefon 089/1258- Der DJS-Fragebogen (zum Selbsttest) 272) nehmen. Mit Namen des Verfassers gekennzeich- nete Artikel geben nicht unbedingt die Aufnahmetest für die 42. Lehrredaktion 78 Meinung der Redaktion wieder. Medienmanager sind Generalisten Druck: Stiehl Druck GmbH Kolpingring 8 Studium in Mittweida 80 82041 Oberhaching Amerika liegt in Sachsen „Der Umwelt zuliebe“ – Die Werkstatt wird auf säure- und chlorfreiem Papier gedruckt (Infoteil: Recyclingpapier). Campus in Sachsen 83 Spagat zwischen Terminfülle und Chronistenpflicht Arbeitsalltag von Auslandskorrespondenten in Brüssel 86
4 Werkstatt/Tipps für junge Journalisten Wenn Bomben fallen und K urse steigen REUTERS versorgt Medien und Wirtschaft mit den neuesten Informationen Von Ursula Groß A merikanische Truppen ha- Nachrichten aus ben den Flughafen in Bag- allen Winkeln der Erde dad eingenommen. Der ehe- Mit 18 000 Mitarbeitern in 97 Län- malige Wirtschaftsminister Werner dern ist Reuters die größte interna- Müller wird neuer Vorstandschef tionale Nachrichten- und Fernseh- der RAG-AG. Wim Duisenberg agentur der Welt. Ca. 2500 Redak- bleibt noch so lange Vorsitzender teure, Journalisten, Fotografen und der Europäischen Zentralbank, bis Kameraleute rund um den Erdball sein designierter Nachfolger Tri- versorgen 150 Länder mit den neu- chet zur Verfügung steht. 30 000 esten Nachrichten. Das Berliner Schlagzeilen werden bei Reuters Büro befindet sich in einem Back- täglich über den News-Ticker an steinhaus an der Spree, direkt im die Kunden weitergegeben. Regierungsviertel und nur ein paar Minuten vom Reichstag ent- fernt. Beim Be- treten des Re- daktionsrau- mes öffnet Moritz Döbler leitet das Berliner Büro sich ein weiter, von Reuters. hoher Raum. Hier laufen die werten die Redakteure aus, was eine Informationen Nachricht wert ist, eigene Reporter zusammen und vor Ort liefern ihre Beiträge ab und werden in Nach- die Mitarbeiter in der Redaktion re- richten umge- cherchieren per Telefon. Was ist nur wandelt. Ruhig für das Inland von Bedeutung, wel- und konzentriert che Nachricht interessiert die ganze geht es zu. Die Welt? Welche Meldung ist so wichtig, Telefone klin- dass sie mit höchster Priorität ge- geln nur ganz lei- kennzeichnet wird? Immerhin 50 bis se, kein lautes 60 täglich. „Früher liefen die Mel- Wort ist zu dungen bei den Kunden noch über ei- hören. Aus Pres- nen Nadeldrucker ein“, erklärt Mo- Wirtschaftsnachrichten sind bei den Lesern beliebt. semitteilungen ritz Döbler, Büroleiter der Berliner
Werkstatt/Tipps für junge Journalisten 5 Redaktion, während er mit der Hand auf die Monitore der Redakteure weist. „Da hat es bei höchster Priorität zehn Mal geklingelt. Heute er- scheint eine solche Nachricht als fette, rote Schlagzeile auf dem Bildschirm.“ Verschiedene Angebote für unterschiedliche Ansprüche Hinter ihm befindet sich ein kleines Studio, in dem Roh- schnitte für Fernsehbeiträge hergestellt werden. Diese stel- len nur eines der 700 Produk- te dar, die REUTERS seinen Kunden anbietet. Dazu zählen Medienunternehmen wie Zei- tungsredaktionen, Fernseh- und Rundfunkanstalten, die mit diesen Informationen wie- derum ihre Kunden bedienen. Die Hauptklientel kommt Ein Team trifft sich zur zwanglosen Redaktionsbesprechung. Wichtig ist die inter- aber aus dem Finanzsektor. In ne Kommunikation bei einer Nachrichtenagentur. diesem Bereich ist es beson- ders wichtig, schnell über die neuesten Entwicklungen informiert schon Sekunden später, als Nachricht tuellen Notierungen, zur Verfügung zu sein. Ob Kanzler Schröder eine Re- zu lesen. Dazu werden auch die ak- zu stellen. Ein Team erstellt zudem de zur Steuerpolitik hält, oder der tuellen Börsenkurse geliefert. Über volkswirtschaftliche Analysen und Vorstandsvorsitzende der Siemens Datenleitungen ist Reuters mit allen statistische Auswertungen. Trotz des AG über die Strategie des Unterneh- wichtigen Weltbörsen verbunden Anspruchs Informationen schnellst- mens spricht – bei Reuters sind die und somit in der Lage, „Real-Time- möglich weiterzugeben, wird größter wichtigsten Auszüge daraus, oft Kurse“, also die in dieser Sekunde ak- Wert auf Richtigkeit der Daten gelegt. „Stellen Sie sich vor“, meint Döbler, „eine falsche Mel- dung geht raus und ein Akti- enhändler verkauft daraufhin 30 Millionen Euro in einem Papier. So etwas muss schnellstmöglich und ganz klar richtig gestellt werden“. Die Wirtschaftskrise und ihre Folgen Doch gerade die Aktienhänd- ler stellen Reuters vor ein großes Problem. Sie werden nämlich immer weniger. 50 000 Stellen wurden im Bank- und Finanzbereich seit dem Ende des großen Börsen- booms abgebaut. „Die Ban- kenkrise ist für unser Unter- nehmen viel schlimmer als die Medienkrise“, sagt Döbler. Manch ein gestrichener Bank- arbeitsplatz, der mit einem Reuters-Anschluss ausgestat- tet war, bedeutet einen Nutzer weniger. Und damit auch we- Konzentriert arbeiten die Reuters-Journalisten an Meldungen. niger Einnahmen.
6 Werkstatt/Tipps für junge Journalisten tig ist, dass die Leute, die für uns arbeiten, mit Herzblut und Leidenschaft bei der Sa- che sind und ihr Handwerk verstehen.“ Ein Job mit Risiken und Neben- wirkungen Das müssen auch die Repor- ter, die zur Zeit für Reuters im Irak unterwegs sind. 150 Kor- respondenten berichten aus der Region. Die Arbeit dort ist freiwillig. Nur die Mitarbei- ter, die wirklich wollen und sich über die Risiken im Kla- ren sind, arbeiten als Kriegs- berichterstatter. Dafür wur- den sie auch entsprechend vorbereitet. Spezielle Trai- nings zum Verhalten in Ex- tremsituationen, aber auch die Besonderheiten im Falle Arbeiten im Großraumbüro gehört zu den Alltäglichkeiten eines Agenturjournalis- eines Einsatzes von chemi- ten. Hier ein Blick ins Berliner Reuters-Büro. schen Waffen, sollen den Jour- nalisten bei ihrer schwierigen 3000 Mitarbeiter will Reuters welt- Praktikanten steht die Tür jedoch im- Tätigkeit helfen. Über das Reuters- weit entlassen. Derzeit erfolgen kaum mer offen. Wer sich für die Arbeit in Büro in Dubai werden deren Beiträge Neueinstellungen. Selbst Volontäre einer Nachrichtenagentur interes- dann in alle Welt weitergegeben. werden nur noch bei absehbarem Be- siert, kann dort sechs Wochen lang Gut möglich also, dass die Bilder darf und der Perspektive einer mög- Praxisluft schnuppern. Bewerber aus Bagdad in der Morgenzeitung lichen Übernahme ausgebildet. Für sollten Interesse an wirtschaftlichen oder die Informationen aus dem Ra- Zusammenhängen dio von einem Reuters-Korrespon- und den internatio- denten stammen. nalen Finanzmärk- Einen Mitarbeiter konnte jedoch ten mitbringen. Die auch dieses Training nicht schützen. Anforderungen an Ein 35-jähriger Kameramann wurde einen Reuters-Mitar- am 8. April 2003 beim Beschuss des beiter fasst Döbler Hotels „Palestine“ in Bagdad getötet. kurz zusammen: „Es In dem Hotel waren überwiegend ist nicht so wichtig, Journalisten untergebracht, drei sei- ob jemand studiert ner Reuters-Kollegen erlitten Verlet- hat oder nicht. Wich- zungen. „Wichtig ist, dass die Leute die für uns arbeiten, mit Jeder Handgriff muss stimmen, denn bei Nachrichtenagentu- Herzblut und Leidenschaft bei der Sache sind.“ ren geht es um Schnelligkeit.
Werkstatt/Tipps für junge Journalisten 7 Fr eiwillig, im fr eiwilligen Dienst Ein Volontär über das Volontariat und seine Aufgaben Von Peter Klein W er in einem französischen Vor zwei Jahren hat- Wörterbuch unter Vo- te ich zum ersten Mal lontär nachschlägt, findet die Möglichkeit Re- die deutsche Übersetzung des Wor- daktionsluft zu tes „Freiwilliger“. Das klingt im er- schnuppern, indem sten Moment nach viel Freiheit – ich mir die Arbeit ei- ist es aber meist nicht. Das Volon- nes Journalisten in tariat ist mit dem Begriff als „frei- einer kleinen Ra- williger Dienst“ übersetzt. Das diostation als Prakti- deutsche Wörterbuch von Wahring kant anschaute. Mir schreibt unter dem Begriff „freiwil- war schon damals liger“, der Freiwillige ist jemand, klar dass ich mit mei- der sich aus freiem Willen zu et- nem Kopf arbeiten was bestimmten meldet. Beispiels- wollte, wenn mög- weise einem Dienst. lich als Journalist. Doch wie wird man ein guter Junge Journalisten bei der Ausbildung. Journalist? Wie erlernt man das Handwerk? Der man nicht wie ein Bäckerlehrling, an- Grundstein hierfür ist der gehender Metzger oder ein Azubi im „freiwillige Dienst“. Und so Kfz- Handwerk nach drei Jahren eine kämpfte ich mich durch ver- staatliche Prüfung ablegen. Als Vo- schiedenste Redaktionen, erst lontär habe ich die letzte Bastion der als Praktikant, dann zu einer freien Berufe ergriffen. Noch hält die freien und weiter zu einer fest- Bundesregierung daran fest, dass der en freien Mitarbeit. Bis ich es journalistische Beruf ein offener Be- endlich hatte: Das Volontariat gabungsberuf bleibt. Die Türen zu – den „freiwilligen Dienst“. meinem Volontariat standen nicht sperrangelweit offen, der Zugang Chance zu lernen gleicht eher einem Nadelöhr. Etwa Mit 28 Jahren habe ich jetzt die 50 000 Bewerbungen gehen pro Jahr Chance zu lernen, was einen bei deutschen Zeitungen, TV- Statio- guten Journalisten ausmacht. nen und Radiosendern ein. Um ein Volontär Peter Klein. Bei einem Volontariat muss Volontariat zu bekommen, benötigt
8 Werkstatt/Tipps für junge Journalisten Tägliche Informationsbeschaffung gehört zu den Auf- gaben eines Volontärs. Vielleicht re ich zu denen, die ihre Mitbürger in- macht einen formieren und den Mächtigen auf die guten Vo- Finger klopfen wollen. Jeder einzelne Fotoreporter entdecken die Welt. Es gibt auch Fotovolonta- lontär aber nur von uns kämpft um die beste Infor- riate. die allerdings sehr rar sind. das gewisse Et- mation. Vergleichen könnte man das was aus. Im- ganze mit einem Pokerspiel. Wer am mer einen klei- besten blufft und zockt gewinnt das man heute mehr als nur Begabung. nen Sprung weiter vorne sein zu wol- Spiel um die Information. Was nutzt die größte Begabung, len, seine Meinung zu sagen und Feh- Der Journalist ist vielleicht eine be- wenn die Redaktionen kein Geld für ler zu machen. Fehler sind das Wich- sondere Spezies von Mensch. Er ist in einen Volontär ausgeben können tigste, was ein Volontär machen soll- einer gewissen Art und Weise auf- oder wollen. Das Zauberwort heißt te. Fehler einzugestehen, mag keiner dringlich und nervig, aber wenn man Glück. Das hatte ich. Heute, nach fast wirklich, aber vielleicht ist es gerade ihn genau betrachtet, doch auch einem Jahr Volontariat bei einem pri- das, was auch einen guten Volontär menschlich vaten Fernsehsender, frage ich mich, auszeichnet. Seit fast einem Jahr was einen guten Volontär ausmacht. gehöre auch ich der großen Journali- Spezielle Spezies Anfangs dachte ich, es wären Neu- stenmeute an. Zwar bin ich im Ver- So habe auch ich mich daran ge- gierde, Flexibilität und Ehrgeiz. Jens gleich zu erfahrenen Kollegen noch wöhnt, mich der speziellen Spezies Fedders, Jahrzehnte lang Chefredak- ein sehr junger Journalist, doch gehö- anzupassen. Vielleicht sind Volontä- teur bei der Neuen Rhein Zeitung schrieb über einen guten Volontär: „Er stu- diert von Montag bis Frei- tag, wobei zweitrangig ist, was er studiert. Am Frei- tagmittag taucht er in der Lokalredaktion auf und sagt: Hier bin ich. Die Re- daktion freut sich, kennt den jungen Mann oder Frau und hat am Freitagabend bereits zwei Termine für ihn oder sie. Am Samstag geht es dann auf drei und am Sonntag auf eine Veran- staltung, möglichst aber auch wieder auf drei.“ Ein bisschen von allem Zwar sagt dieser Satz nicht wirklich etwas über die Qualität eines guten Vo- lontärs aus, aber es ist wie- der von allem ein bisschen was dabei: Neugierde, Fle- Der Bundestag, hier ein Foto aus Bonner Tagen, steht im Mittelpunkt der politischen xibilität und Ehrgeiz eben. Berichterstattung. Fernsehen, Radio, Print und Foto – alle sind vor Ort. Foto: Lange
Werkstatt/Tipps für junge Journalisten 9 re, also Freiwillige, noch mal eine gesonderte Spe- zies der Spezies Journalist. Der Volontär ist mit Sicher- heit eine fleißige Ameise. Denn eine 60-Stunden-Wo- che ist auch bei mir keine Seltenheit geworden. Heu- te Abend einen Termin hier, morgen einen dort und am dritten Abend heißt es Zeit für die Kontaktpflege fin- den. Denn Kontakte sollte man besonders als junger Journalist intensiv pflegen. Allzu oft kommt es vor, dass ich mein privates Le- ben völlig in die Ecke stelle. Früher war ich mal Hoch- leistungssportler, heute bin ich sportlich aktiv, indem ich von Termin zu Termin eile. Manchmal muss ich private Verabredungen ab- Auf der Jagd nach News. Hier Journalisten aus dem Jahre 1996 beim Interview mit Volker sagen oder verlegen. Nur Rühe von der CDU. Foto: Lange weil ich wieder einmal für meine Redaktion unterwegs bin oder dann aber auch. Mein Tag beginnt mit nachmittags tun werde. Redaktionen die Kontaktpflege eben keinen ande- zwei Tassen Kaffee, drei Zeitungen sind keine Ämter und haben keine ge- ren Termin erlaubt als genau diesen und den aktuellen Nachrichten der regelten Arbeitszeiten. Aber es kann Abend, an dem ich etwas anderes vor- vergangenen Nacht. auch sein, dass ich um halb neun am hatte. Mittlerweile fallen mir zuhau- Nichts finde ich schlimmer, als un- Morgen in die Redaktion komme und se gar keine Ausreden mehr ein, war- informiert in die Redaktion zu kom- auf dem Absatz wieder kehrt mache, um der Job jetzt wichtiger ist als zu men. Nichts beunruhigt mich mehr, weil Termine plötzlich anstehen. Hause sein oder warum ich mal wie- als eine Information nicht zu kennen. Oder es klingelt in der Nacht das Te- der verspätet auf eine Geburtstags- Doch weiß ich auch, dass ich nicht al- lefon und eine hektische Stimme feier komme. les wissen und gehört haben, kann schickt mich zu einem Unfall, was in den vergangenen acht Stunden Großbrand, Familiendrama oder son- Volos als Arbeitsameise Schlaf passiert ist. Wenn ich morgens stigen Unglück. Bis ich am Ort des Ge- Volontäre sind eben die Arbeitsamei- um halb neun in die Redaktion kom- schehens eintreffe, weiß ich meist sen der Journalisten. Oft fragen mich me, weiß ich meist noch nicht, was ich nicht, was auf mich zukommt. Zwar Freunde nach meinem Tagesablauf. bis um zehn, elf oder gar bis vier Uhr habe ich Anhaltspunkte, was passiert Wenn ich dann sage, dass es ist, doch wie die Ge- so etwas nicht wirklich gibt, schichte entsteht oder außer früher als gewohnt in weitergeht, entscheide der Redaktion zu sein, ich in Absprache mit schaue ich bei Freunden in meiner Chefredaktion fragende Augen. Bei mir sind meist telefonisch von auch Augenringe keine Sel- vor Ort aus. Und da tenheit geworden, Müdig- kommen vor allem im- keit ist mein ständiger Be- mer dann ganz neue gleiter und das Denken und Geschichten dabei her- Abschalten vom Job kann ich aus, wenn mein vorge- woanders auch vergessen. setzter „Denker“ meint, Was mich daran reizt? Es ist die Welt hat sich in den der Reiz des Neuen. Immer 20 Jahren in denen er als wieder umdenken, spontan rasender Reporter un- reagieren und die Flexibi- terwegs war, nicht ver- lität. Wenn ich wieder mal an ändert. Oder aber, weil einem Wochenende (freiwil- er für den Beitrag eine lig) arbeite, denke ich, dass Sache vorantreibt, die ich doch an einem anderen Im Interview: Die Bundestagsabgeordneten Dorothee Man- ich persönlich in dieser Wochentag frei habe. Und tel (l.) und Peter Ramsauer (r.) mit dem Leiter des HSS-För- Situation aus journalis- beim Darandenken bleibt es derungswerkes, Prof. Hans-Peter Niedermeier (m.). tischen-ethischen Grün-
10 Werkstatt/Tipps für junge Journalisten den nicht vertreten will. Das sind jedoch die Aus- nahmen. An manchen Tagen flu- che ich innerlich, weil mir der Interviewpartner des Tages nach dem fünften Nachfragen immer noch nicht auf meine Frage ge- antwortet hat. Die Kollegen die man bei Terminen im- mer wieder trifft, sind meist umgänglich und koopera- tiv. Nur wenige zeigen, was sie von mir als Volontär hal- ten oder denken. Mit der Zeit kennt man sich vom Se- hen. Was mir in solchen Momenten besonders wichtig ist, ist ein kurzes Gespräch. Wir unterhalten uns, wie es bei ihm in der Redaktion läuft, und was die anderen wieder alles Volontäre müssen Allrounder sein. Hier geht es um die neue Frisurenmode. Winfried falsch gemacht haben. Löwel, Creativdirektor des bayerischen Friseurhandwerks, gibt Auskunft. Small Talk eben. hoch und setzte mich an den PC. Jetzt von meinem Chefredakteur abneh- Kollegen statt Rivale muss ich meine kleinen grauen Zel- men und diskutiere mit ihm über den Für mich sind Journalisten keine Ri- len anstrengen, um den Text zu ent- einen oder anderen Satz. Genau in valen oder Konkurrenten, sondern werfen. Wertvolle Zeit vergeht, ich diesem Moment klingelt mein Han- eben Kollegen, und so manche Infor- komme wieder mal nicht auf das ei- dy. Ich gehe ran und sage, ich habe mation hat mir schon enorm weiter- ne Wort, das so entscheidend sein keine Zeit und rufe zurück. Oder man geholfen. Gehetzt, ohne etwas zu trin- kann. Vielleicht ist es in der Redakti- hört von mir nur: In zehn Minuten bit- ken oder zu essen, fahre ich zurück in on gerade zu laut, oder es ist keiner te. Noch bevor ich ausgesprochen ha- die Redaktion. Renne die Treppen da, der mir schnell zur Seite steht oder be, habe ich den Gesprächspartner mir auf die Sprünge hilft. am anderen Ende weggedrückt. Dann irgendwann, habe Selbstverständlich vergesse ich dann auch ich endlich meinen im Eifer des Gefechtes aufs Display Text für den Beitrag zu- zu schauen, wer eigentlich anrief. sammen. Schnell lasse Wenn es meine Lebenspartnerin ge- ich den von mir vorge- wesen wäre, hätte ich spätestens heu- schlagenen Beitragstext te am Abend wieder Erklärungsnöte. Pressevielfalt: Volontäre arbeiten natürlich auch Volontäre sind immer mit vorne dabei, wenn es um den Einsatz bei der Tageszeitung. auf Veranstaltungen geht. Hier in der Nürnberger Frankenhalle.
Werkstatt/Tipps für junge Journalisten 11 Nach der Textab- nahme und einigen Änderungen mache ich meinen Beitrag fertig. Kurz vor Sen- debeginn ist der Bei- trag mit Musik un- terlegt, gesprochen und auf den Sende- server geschickt. Der Zuschauer sieht nichts von dem, was hinter den Kulissen passiert. Das ist auch besser so. Geld gibt es im freiwilligen Dienst auch. Vielleicht kla- gen viele Volontär- skollegen, sie wür- Journalisten müssen über gute Kontakte verfügen. Hier auf dem Foto ist ein SAT.1-Reporter den nicht genug ver- im Gespräch mit CSU-Landesgruppenchef Michael Glos. dienen. Wenn man hier mit etwas Vernunft über den mo- dem Volontariat. Nicht nur fertige den, mein Volontariat mit aller mög- natlichen Lohnzettel blickt, sieht man Freiwillige (Volontäre) stoßen auf lichen Kraft und Power durchzuzie- Monat für Monat, dass das Gehalt ei- den Arbeitsmarkt, auch rund 5000 hen. Abwarten bis zur letzten Minu- nes Volontärs mehr ist, als eine übli- Absolventen von Journalistenschu- ten will und werde ich nicht. che Ausbildungsvergütung eines len, Universitäten und Akademien Ich weiß, dass die Suche nach einer Bäcker-, Metzger-, oder Kfz- Lehr- kommen Jahr für Jahr neu hinzu. Redakteursposition ebenso schwierig lings. Mir reicht das Geld, das ich be- Heute stehen einem fertigen Redak- sein wird, wie die Suche nach einem komme auch nicht immer. Aber ir- teur keine großen Türen mehr offen. Volontariat. Das einzige, das sich gendwann ist auch einmal die Aus- Das ist das Problem, das viele Jour- dann für mich geändert haben wird, bildungszeit zu Ende. nalisten, gute Journalisten und ferti- ist das Zauberwort. Dieses Mal heißt ge „Freiwillige“, schon lange haben. es nicht nur Glück, sondern auch Be- Bald Halbzeit Ich habe mich zurzeit dazu entschie- gabung. So mache ich meinen freiwilli- gen Dienst (Volontariat) schon seit acht Monaten. Immer mit dem Anspruch an mich selbst, der Beste zu sein. Und mög- lichst das Beste aus mir heraus- zuholen. Volontär zu sein, ist für mich die aufregendste Zeit. Und meinen Quereinstieg aus der Kfz-Fahrzeugtechnik will ich nicht missen. Die Vorteile der Abwechslung überwiegen. Ich habe gefunden, was ich suchte – Kopfarbeit. Für mich ist das Volontariat mehr als ein freiwilliger Dienst. Dem fran- zösischen Ursprungswort „Vo- lontaire“ stimme ich mit seiner Bedeutung absichtlich, gewollt, vorsätzlich sowie ganz bewusst, zu. Denn mein Volontariat ist von mir „volontaire“ gewählt worden. Die Hälfte habe ich nun bald geschafft. Im Kalen- der habe ich mir Stichtage no- tiert. Am Jahrestag werde ich ein Glas Sekt auf das einjährige trinken. Zurzeit drängt sich mir Die tägliche Dosis News: Das Lesen von mindestens einer Tageszeitung sollte schon die Frage auf, was wird nach sein, wenn man auf dem Laufenden sein will.
12 Werkstatt/Tipps für junge Journalisten Stipendien für junge Journalisten D ie Förderung des journalis- ins Gewicht fallen tischen Nachwuchses hat als der Abi-Schnitt. sich die Hanns-Seidel-Stif- Als Beweis für das tung auf die Fahnen geschrieben. gesellschaftliche Werkstatt-Mitarbeiter Alexander Engagement dienen Wurst fragte deshalb bei Prof. Fach- und Persön- Hans-Peter Niedermeier, Leiter des lichkeitsgutachten, Förderungswerkes, nach. die von einem Leh- rer, Professor, Poli- Herr Niedermeier, die Hanns-Seidel- tiker oder Pfarrer er- Stiftung (HSS) hat sich seit etlichen stellt werden. Wenn Jahren dem Ziel verschrieben, den man zum Beispiel Nachwuchs durch die Vergaben von bei Greenpeace ak- Stipendien gezielt zu fördern. Welche tiv ist, so wird einem Möglichkeiten eröffnen sich dabei für dort eine umwelt- den Bewerber? schützende Leis- Grundsätzlich spaltet sich die Nach- tung attestiert, was wuchsförderung in mehrere Stipen- uns ausreicht. dienbereiche auf, nämlich in die Fach- hochschulförderung, die Univer- Wie viele Stipendia- sitätsförderung, die Promotionsför- ten beziehen derzeit Prof. Niedermeier im Gespräch. Foto: HSS derung und zu guter Letzt in das seit Mittel aus dem dafür 1995 bestehende Journalistische För- vorgesehenen Etat derprogramm für Stipendiaten (JFS). der HSS? Vorteile haben die 80 Geförderten da- Aktuell unterstützt die HSS etwa 160 von? Welchen Anforderungen müssen die Universitätsstudenten, 80 Fachhoch- Das Besondere an dieser Art der Be- Stipendiatsanwärter dabei gerecht schüler und 80 Stipendiaten des JFS. gabtenförderung ist, dass die HSS ne- werden? In der Promotionsförderung sind es ben der Konrad-Adenauer-Stiftung Von den Kandidaten werden drei zurzeit 120 Personen, die finanzielle die einzige ist, welche ein derartiges Dinge verlangt: wissenschaftliche Hilfe von der HSS erhält. Neben den Förderprogramm anbietet. Den Sti- Leistung, überdurchschnittlich gute Mitgliedern der üblichen Förderpro- pendiaten werden hier durch praxis- Noten und soziales, politisches oder gramme greifen wir aber auch 100 nahe Förderung im Medienzentrum kirchliches Engagement. Dabei rich- jungen, ausländischen Wissenschaft- Kloster Banz und in Wildbad Kreuth tet sich der Notennachweis sehr stark lern unter die Arme, deren For- journalistische Grundlagen und Ba- danach, in welchem Semester sich der schungsgebiete breit gefächert sind. siswissen vermittelt. Diese Vorzüge Student befindet. Bei einem Studen- So werden dabei sowohl Politikwis- der Förderung wirken sich später ten im zweiten Semester ist die Abi- senschaftler als auch Mediziner oder natürlich positiv auf das Bestehen im Note ausschlaggebend, wohingegen Juristen gefördert. journalistischen Alltag aus. bei einem Studenten im fünften Se- mester die während des Studiums er- Stichwort: „Journalistisches Förder- Wodurch wird diese Praxisnähe ga- worbenen Noten und Scheine stärker programm für Stipendiaten“. Welche rantiert? Garanten dieser praxisorientierten Förderung sind die Referenten, die selbst aus dem Journalismus kom- men und dort tätig sind. Dadurch können wir gewährleisten, dass Fak- Inter vie w ten nicht trocken und auf theoreti- scher, wissenschaftlicher Ebene wie im Studium behandelt, sondern le- bendig und praxisbezogen aufberei- tet werden. Gibt es andere Auswahlkriterien für die Bewerber des JFS? Neben Belegen für das Engagement und die sehr guten Leistungen der Be- werber spielen hauptsächlich journa- listisches Talent, persönliche Fähig- keiten und die Individualität eine
Werkstatt/Tipps für junge Journalisten 13 sehr große Rolle. Für die Aufnahme in das JFS müssen die Anwärter erst die Vorauswahl bestehen, um dann während der Auswahltage die Mitglie- der der Prüfungskommis- sion von sich zu überzeu- gen. Danach müssen die Stipendiaten des JFS an doppelt so vielen Semina- ren teilnehmen wie die Mitstipendiaten aus den anderen Förderungsbe- reichen. Da die Seminare sich aber mit der prakti- schen Seite der verschie- denen Medienformen auseinandersetzen, wird die Teilnahme weniger als Verpflichtung angese- hen, sondern als hilfrei- ches Zusatzangebot. Das Bildungszentrum Wildbad Kreuth im Winter. Wie setzt sich die Höhe des Stipendiums zusammen? teil im Gegensatz zum Bafög besteht stattgefunden: Von Jahr zu Jahr gibt Analog zum Bafög wird für die Be- allerdings darin, dass das Stipendium es mehr und mehr Anfragen. Vor al- rechnung das Einkommen der Eltern kein Darlehen ist, das heißt, er muss lem für den Bereich der Promotions- zu Grunde gelegt. Je besser die Eltern es also nicht zurückzahlen. förderung herrscht wachsendes In- verdienen, desto geringer fällt folg- teresse, wobei es aufgrund der finan- lich das Stipendium aus. Aber der Sti- Was hat sich in Bezug auf die Bewer- ziellen Lage schade ist, dass nur sehr pendiat kann auf jeden Fall mit einem berzahlen im Vergleich zu den Vor- wenige Bewerber genommen werden monatlichen Büchergeld in Höhe von jahren verändert? können. Auch die Bewerberzahlen etwa 80 Euro rechnen. Der große Vor- Es hat eine positive Entwicklung der Fachhochschulförderung sind er- freulicherweise anstei- gend. Schließlich wollen wir die besten Leute mit Stipendien versorgen. Welche Zukunftsaussich- ten sehen Sie für die Be- gabtenförderung der Hanns-Seidel-Stiftung? Ich würde mich freuen, wenn wir weiterhin von finanziellen Einschnitten verschont blieben, wie es bis jetzt der Fall war. Wir konnten sogar einen Zu- wachs verzeichnen. Sehr wichtig sind aber vor al- lem Sicherungen, um für die nächsten Jahre weiter erfolgreich planen zu können. Denn wir wollen speziell die Auslandsför- derung noch intensivie- ren. Dabei sollen aber in Zukunft nicht nur Aus- länder in Deutschland, sondern auch Deutsche im Ausland unterstützt Das Bildungszentrum Kloster Banz im Frühling. Fotos: Lange werden.
14 Werkstatt/Tipps für junge Journalisten A us dem Tagebuc h einer Cutterin Gedanken zur Arbeitsweise im TV Von Sabine Steffen T äglich sitze ich in meinem sieben Sekunden lang und durch ei- Der Kreativförderer kleinen Schnittraum und pro- nen sauberen Timecodesprung von- Zwischenschnitte sind ihm ganz duziere Beiträge, Nifs und einander getrennt. Nur manchmal fremd, er hat nur den Hauptdarstel- Trailer. Es wird nie langweilig und fragt er sich, wozu wohl die Restore- ler im Bild. Er zwingt seine Cutterin ich kann meiner Kreativität freien Taste an seiner Kamera dient. zum kreativen Einsatz von Blenden Lauf lassen. Aber ab und zu bin und Weißblitzen. Aber manchmal, ich am Rande der Verzweiflung: Der Farbenfrohe wenn ich schon völlig verzweifelt bin, Manchmal denke ich, der Kamera- Liefert schöne bunte Bilder indem er taucht er auf: mann betrachtet mich als seine den Weißabgleich ignoriert. Er ist natürliche Feindin und will mich auch bekannt für „schwarze Männer“ Mein Traum-Kameramann vernichten. Mir begegnen bei der im Tunnel und die „strahlenden Hei- Er vergisst den Weißabgleich und täglichen Arbeit die verschiedens- ligenscheine“, weil er auf die richtige ausreichende Belichtung nicht. Er ten Kamera–Charaktere: Beleuchtung verzichtet. dreht reichlich Bildmaterial bei durchlaufendem Timecode. Die Ka- Der Ordentliche Der Kreative mera lässt er bis zum Ende einer Ak- Er dreht grundsätzlich vom Stativ, Das Kamerastativ ist für ihn nur ein tion laufen und dreht zusätzlich noch was ja nicht unbedingt schlecht ist. Accessoire, was er nie benutzt. Er aus anderen Perspektiven. Er bietet Alle seine Einstellungen sind exakt sorgt für richtig Bewegung im Bild. verschiedene Einstellungsgrößen „Unverzichtbar“ bei Kunstaus- und nimmt ungewöhnliche Bilder am stellungen und Fotos. Rande freiwillig auf. Seine Zwi- schenschnitte sind gut ausgewählt Der Break-Dancer und ausreichend vorhanden. Kurz: Dreht unglaublich viele Einstel- Er lässt mir die Wahl und macht mein lungen von einer Aktion, davon Cutterinleben erst schön. keine länger als drei Sekunden. Dabei achtet er genau darauf, dass nie der ganze Bewegungs- ablauf im Bild ist. Der Filmemacher Sein Schwerpunkt sind seine kur- zen Magazinbeiträge. Deshalb gibt es keinen Schwenk unter zwei Die Arbeit als Cutter findet heute im Stu- Minuten. Die Ranfahrt auf den In- dio statt. Fotos: Lange terviewten ist unglaublich lang. Cutter bei der Arbeit.
Werkstatt/Tipps für junge Journalisten 15 Das Erste sendet ARD-Hauptstadtstudio Berlin Von Ute Holy E r steht in der Berliner Wil- Neun Einzel-Korrespondenten sind 30 000 Beiträge im Jahr helmstraße, dieser Riesenka- für die Nachrichtensendungen eini- Nachrichtensendungen sind ein sten. Das imposante Gebäude ger Dritter Programme im Haupt- wichtiger Bestandteil des umfangrei- beeindruckt durch seine giganti- stadtstudio tätig. Zwei davon für das chen Hörfunkangebotes der ARD. 41 sche Innenarchitektur, schlicht und Bayerische Fernsehen, zwei weitere Hörfunkjournalisten, die von den hell, mit viel Glas. Dort wird sie für das mdr-Fernsehen, ein Korre- Landessendefunkanstalten nach Ber- gemacht, die Bundespolitik in Ra- spondent für das WDR-Fernsehen lin entsandt wurden, liefern für die 50 dio und Fernsehen. Im ARD- und zwei sind für den Südwestfunk Hörfunkwellen Berichte und Kom- Hauptstadtstudio Berlin. Dieses vor Ort. mentare zur Bundespolitik. 30000 befindet sich in Sichtweite des deutschen Bundestages. Also direkt am Ort des politischen Geschehens. Über 50 Hörfunk- wellen der ARD, Nachrichten- sendungen des Ersten Fernseh- programms und die Dritten Programme haben hier ihr Do- mizil. Journalisten, Cutter, Techniker, Redakteure und viele andere ge- hen dort ihrem Job nach. Sie ar- beiten für die kontinuierliche In- formationsversorgung deut- scher und internationaler Hörer und Fernsehzuschauer. Rund 170 Mitarbeiter produzieren an der Spree täglich Kommentare, Nachrichtenbeiträge und Hinter- grundinformationen über die Bundespolitik in Berlin. Das ak- tuelle Geschehen am Parlaments- und Regierungssitz wird aus un- mittelbarer Nähe für Hörer und Zuschauer zugänglich gemacht. Über den Dächern von Berlin. Foto: Lange
16 Werkstatt/Tipps für junge Journalisten maximal vier bis fünf O-Tö- Verwalter und Berichterstatter ne, wie er sagt. Wolfgang Vichtls Boss heißt Dietmar Alle Sender seien mitein- Merten. Er ist Studioleiter des Bayri- ander verkabelt und so fän- schen Rundfunks im ARD-Haupt- de ein fairer Austausch an In- stadtstudio Berlin. Neben Vichtl ar- formationen statt. So sei Ma- beiten noch drei weitere Hörfunk- terial für jeden Korrespon- korrespondenten in seinem BR-Stu- denten einfacher zu erhalten, dio-Team. Mertens Job ist mehr von ohne für jeden Bericht in eine koordinierender Art. Er regelt alle Bundespressekonferenz oder Verwaltungsaufgaben, ist jedoch in die City rennen zu müssen. weiterhin in der politischen Bericht- Vichtl ist Diplom-Journa- erstattung aktiv tätig. Das Fachgebiet list mit einer Redaktionsaus- des Studioleiters in der Redaktion Eine historische Adresse hat sich die ARD bildung an der Deut- ausgesucht. schen Journalisten- schule in München Beiträge waren es im Jahr 2000. Einer und studierte zugleich an der dieser Journalisten ist Wolfgang LMU Journalistik mit den Vichtl. Sein Büro liegt im zweiten Schwerpunkten Politik und Stock. Ein winziges Zimmer, mit Jura. Er kennt das Metier ei- großen Fenstern und Blick auf die nes Journalisten. Seine beruf- Spree, ist sein Arbeitsplatz. Er ist Hör- lichen Stationen zeigen, dass funkkorrespondent des Bayerischen er nicht immer in Berlin saß. Rundfunks im ARD-Hauptstadtstu- Er begann als freier Fotograf dio. Seine Fachgebiete in der Redak- für den Stern, agierte als Pro- tion: Opposition ( CDU), Themen der ducer für Globo TV (Brazil), inneren Sicherheit, speziell Terroris- schrieb Bücher und kam mus sowie aktuelles Zeitgeschehen. dann zum Bayerischen Terroristen, Wahlbetrüger aber auch Rundfunk, wo er „hängen“ Graffiti-Sprüher werden von Wolf- blieb. Beim BR war er mit Digitales Radio ist im Hauptstadtstudio ei- gang Vichtl genau unter die Lupe ge- Günther Jauch und Thomas ne Selbstverständlichkeit. nommen. Gottschalk mit der B3-Radio- Er schreibt somit über vermeintlich Show on air und wandte sich dann se- umfasst speziell die Wirtschafts- und große und kleine Sünder in der deut- riöseren Tätigkeiten zu. BR-Nachrich- Finanzpolitik. schen Hauptstadt. Vichtl selbst be- ten, BR-Zeitfunk und B5 aktuell/ Sein Werdegang ist ebenfalls klas- vorzugt für einen Hörfunkbeitrag Newsradio folgten. sisch. Er absolvierte eine Journalis- tenschule und war Redak- teur beim Wirtschaftsfunk BR München. Dietmar Mer- ten folgte den Politikern als Korrespondent in die dama- lige Hauptstadt Bonn, um vor Ort berichten zu können. Doch das Angebot, ins Aus- land zu gehen, lockte bald. So ging er als ARD-Korrespon- dent in den Norden Latein- amerikas. London folgte und nochmals wechselte er nach Bonn zurück. Berlin ist nun, wie er selbst glaubt, voraus- sichtlich die letzte Berufssta- tion für ihn. Journalisten nach Berlin Die Hauptstadt braucht gute Korrespondenten, um eine wahrheitsgetreue, aktuelle und kritische Berichterstat- tung gewährleisten zu kön- nen. Ein spannendes, wenn Wolfgang Vichtl aus München berichtet aus Berlin. Hier stellt der Journalist sein Büro auch stressiges und sehr an- jungen Journalisten aus Bayern vor. spruchsvolles Arbeitsfeld.
Werkstatt/Tipps für junge Journalisten 17 PR ist Knoc henarbeit Von Wolfgang J. Rotzsche Pressearbeit bei Astrium N ein, vom Fach ist sie nicht. Mit ihren Leistungskursen Deutsch um manifestierte alles; nach sieben Bianca Zotz hat ihr Hand- und Englisch hat die heutige Refe- Semestern hatte Zotz das Diplom als werkszeug nicht auf einer rentin für Öffentlichkeitsarbeit zu- Betriebswirtin in der Tasche. Voran- Journalistenschule, in einem Di- mindest schon unter Be- plomstudiengang oder im Rahmen weis gestellt, dass ihr Spra- eines Volontariats erworben. Und chen liegen. Nach dem Abi- doch kümmert sich die 27-Jährige tur war für sie klar: Nicht um die Presse- und Öffentlich- schon wieder ein theoreti- keitsarbeit des Raumfahrtkonzerns sches Studium, sondern Ar- Astrium am Standort Ottobrunn beit. Bei der damaligen DA- (Kreis München). Und sie beweist, SA bestand die Möglich- dass mit Anstrengung und gutem keit, ein duales Studium zu Willen auch Türen geöffnet wer- absolvieren. Regulär wur- den, die sonst verschlossen bleiben. de Zotz im Unternehmen in verschiedenen Be- reichen eingesetzt. Abends saß sie dann doch im Hör- saal, um die Vorle- sungen für den Studiengang an der Verwaltungs- und Wirtschafts- akademie zu hören. Das war ganz in ihrem Sinne: Im Luft- und Raum- fahrtunternehmen wurde sie in Ein- kauf, Controlling, Die Aufgabe der Pressestelle bestand bei die- Betrieb und Pro- sem Foto aus der Organisation der Bronze- jektabwicklung statue von Ludwig Bölkow. Gleichzeitig wur- eingesetzt und hat- de die gesamte Veranstaltung von der Presse- te hier ihren Praxis- Bianca Zotz vor der Ariane. Zusammen mit stelle organisiert. bezug. Das Studi- ihrem Team leistet sie die Pressearbeit.
18 Werkstatt/Tipps für junge Journalisten arbeit auf, überdachte die Broschüren, peppte die Messeauftritte auf. So war es damals noch keine Selbstverständ- lichkeit, dass bei einem Messeauftritt auch ein Triebwerk zu sehen war. „Ich habe in dieser Zeit ungemein viel da- zugelernt, aber auch realisieren können“, be- kennt Zotz. Nach einem Jahr der Einarbeitungs- und Umgestaltungszeit konnte sie sich daran machen, eigentliche PR- Arbeit zu leisten. Dabei war es gar nicht so ein- fach, vom bisherigen Artikelschreiben weg- zukommen, um die Meldungen auf Agen- turstil zu bringen. EADS-CEO Rainer Hertrich eröffnet mit Bayerns Wirtschaftsminister Dr. Otto Wiesheu per Knopfdruck das Arianezentrum. PR macht sich bezahlt Doch die Anfangsarbeit gegangen war eine Projektphase. Und dienste ging es kaum. Das war für Bi- hat sich bezahlt gemacht. Heute be- hier sind wir am Punkt Presse angelangt. anca Zotz der Ansporn, einiges auf steht das Öffentlichkeitsarbeitsteam die Beine zu bringen, „auch wenn es aus drei Frauen, die verschiedene Eine Knochenarbeit Knochenarbeit war.“ Tätigkeitsfelder abdecken. Der Name Bianca Zotz hatte schon immer eine des Unternehmens hat sich auch besondere Liebe zum Schreiben. Für Viel dazugelernt geändert. Seit Mai 2000 heißt es Astri- die Mitarbeiterzeitung „DASA aktu- Die junge Betriebswirtin baute eine um. Bei Astrium Ottobrunn werden ell“ hatte sie schon so manchen Arti- neue Struktur für die Öffentlichkeits- Solargeneratoren, Antennen und La- kel abgeliefert. Dort gefiel ihr vor allem das professionelle Team. „Das war eine richtige Zeitung“, so die 27-Jährige. Für ihr Diplom konnte Zotz eine Akzeptanzstu- die über interne Me- dien anfertigen und hat wohl auch Feuer für die Pressearbeit gefangen. Nach dem Diplom war bei der Internen Kommuni- kation keine Stelle frei, doch dann kam es zu dem glückli- chen Umstand, dass die damalige DASA im Raumfahrtsektor eine Mitarbeiterin in der Öffentlichkeitsar- beit suchte. Öffent- lichkeitsarbeit war hier aber noch in den Kinderschuhen. Weit Ein großes Spektakel wurde zur Eröffnung des Arianezentrums organisiert, bei dem 300 Gäs- über die Besucher- te geladen waren. Außerdem waren 400 Mitarbeiter mit von der Partie.
Werkstatt/Tipps für junge Journalisten 19 Den jungen Mädchen hat der Girl’s Day sichtlich Spaß gemacht. geregelungssysteme für Satelli- ihr dieses freilich die Tür in ihren heu- ten angefertigt. Ein weiterer tigen Job. Vor allem lernte sie durch Schwerpunkt sind Antriebssys- Kontakt ihre Ausbildung das Unternehmen teme. Hier am Standort Ottob- kennen. Und das sei ein ganz we- runn werden beispielsweise die Astrium GmbH, sentliches Plus bei ihrer Arbeit, er- Schubkammersysteme für die Presse & Information Raumfahrt - läutert Zotz. Ein hochtechnologisches erste und zweite Stufe der eu- Infrastruktur Unternehmen verlangt nun einmal ropäischen Trägerrakete Ariane 81663 München, gewisses Fachwissen. Fremdspra- gebaut. Am Auftritt des Unter- Tel. (089) 60 72 72 44 chen seien unabdingbar. Englisch so- nehmens haben die drei Frauen Fax (089) 60 72 97 65 wieso. Und dank ihres Französisch regen Anteil. Das Internet und E-Mail: bianca.zotz@astrium-space.com kann sich Zotz auch gut mit den fran- Intranet sind die Mittel der Zu- Internet www.astrium-si.com zösischen Ansprechpartnern unter- kunft, aber vor allem machen halten. die „Events“ viel Arbeit. So gibt Damit lassen sich etwaige Barrieren es einen eigenen Tag der offe- leicht durchbrechen, wenn die Mut- nen Tür für junge Frauen, auch tersprache angewandt werden kann. ein Familienfest darf nicht fehlen und ders sein – der Kontakt zur Lokal-, Re- Bianca Zotz identifiziert sich mit im Herbst 2002 wurde das Ariane- gional-, Bundes- und Fachpresse. Astrium. Für so eine Position muss sie zentrum eröffnet. Dazu kommen im- flexibel sein, auch mal mehr Arbeits- mer noch Messeauftritte, Besucher- learning by doing stunden einkalkulieren und auch mal dienste und – wie sollte es auch an- Von Anfang an galt für Bianca Zotz auf ein freies Wochenende verzich- die Prämisse ten. Aber das nimmt sie locker. „learning by Schließlich wisse sie ja, für was sie doing“. Das Be- diese Arbeit leiste. triebswirtschafts- studium war ihr Gratwanderung zwar in manchen Bei einem Unternehmen wie Astri- Punkten durch- um, das in Konkurrenz zu anderen aus hilfreich, we- Anbietern steht und auch manchmal sentlich öffnete zur Geheimhaltung mahnt, lässt es Nachwuchswerbung live: Bianca Zotz bei der Eröffnung Eine Pressekonferenz anlässlich der Vertragsunterzeich- des Girl’s Day. nung Vulcain 2 im März 2001.
20 Werkstatt/Tipps für junge Journalisten wissen angeeignet und vieles selbst angelernt, aber die Redaktionsaus- bildung hätte vermut- lich einiges erleichtert. Trotzdem macht sie al- len Mut, die über „Um- wege“ in den Bereich Presse- und Öffentlich- keitsarbeit einsteigen wollen. „Wenn jemand schreiben möchte, dann geht das immer. Auch wenn es manchmal eine Ochsentour ist“, gesteht Bianca Zotz ein. Sie hat es selbst unter Beweis gestellt. Beim Familientag im Juni 2002 konnten die Mitarbeiter mit ihren Familien den Standort besuchen. sich nicht ganz vermeiden, dass Zotz was davon, wenn In- nicht alles zu jedem Zeitpunkt nach formationen oder „draußen“ geben darf. Einer ihrer Wissen ausgetauscht Grundsätze lautet, dass das Informa- werden. Manchmal tionsbedürfnis der Öffentlichkeit be- würde sich Bianca friedigt werden soll. Doch manchmal Zotz wünschen, doch steht ihr da eine Gratwanderung be- mit einem Volontariat vor. „Ein Unternehmen, das an der aufwarten zu können. Börse notiert ist, muss stets die Aus- In Seminaren hat sie Bei der Materialica war das Presseteam für die Kom- wirkungen der Kommunikation be- sich zwar viel Fach- plettorganisation zuständig. Fotos: Zotz denken.“ Eine Aussage zum falschen Zeitpunkt könnte fatale Auswirkungen ha- ben. Manchmal ist Vorsicht geboten, Rücksprachen las- sen sich sowieso nicht ver- meiden und dann und wann bleibt auch Zotz die Ant- wort gegenüber der Presse nicht erspart: „Zum jetzigen Zeitpunkt können wir dazu leider nichts sagen“. Der richtige Zeitpunkt Bianca Zotz hat für sich den Satz geprägt, der für ihre Ar- beit steht: „Immer zum rich- tigen Zeitpunkt kommuni- zieren, wenn die Öffentlich- keit ein Interesse dafür hat!“ Um dies zu realisieren, pflegt sie natürlich die Kon- takte zur Presse. Dabei ist ihr der gegenseitige Respekt wichtig. Schließlich haben Im September 2002 fand die Messe Materialica statt. Eine Kollegin von Bianca Zotz, beide Seiten vom Tisch et- Kerstin Maier, war auch als Standpersonal eingeteilt.
Werkstatt/Tipps für junge Journalisten 21 „Ic h bin ein Inter essensmoderator“ Von Susanne Schwarz Der Beruf eines Pressesprechers D as Geschäft mit dem Inter- ‚SkyDSL’ beschleunigen: Damit wer- Spannungsverhältnis net ist tot. Berlin hat eine den in einer halben Sekunde 400 ma- Über die beruflichen Anforderungen durchschnittliche Arbeitslo- schinengeschriebene Seiten übermit- eines Pressesprechers spricht Carsten senquote von 20 Prozent. Und in teln. Für alle Surfer, die sich diese Da- Zorger, seit März 2003 bei Strato. Ein diesen Zeiten Stellenanzeigen fin- tenmenge wegen einer akuten weiteres Thema: das Spannungsver- den? Keine Chance. Dennoch: Es Schreibblockade nicht vorstellen kön- hältnis „Journalist – Pressesprecher – gibt mindestens eine Firma, deren nen: sie entspricht etwa einem Mega- Unternehmen“. Aber obwohl seine Erfolg vom Internet abhängt, die in bit pro Sekunde. Stelle zur Marketingabteilung gehört, Berlin sitzt und dann noch auf der eigenen Ho- mepage Leute sucht: die Strato AG. Strato ist eines der in Euro- pa marktführenden Web- hosting-Unternehmen, seit 1998 Tochter der TELES AG und Arbeitgeber für rund 300 Mitarbeiter in Deutsch- land. Das Angebot erstreckt sich über die für Profis ge- eignete PowerWeb und Pre- mium Pakete zu den Live- Pages für Einsteiger, mit de- nen man sich im Baukasten- system aus einer Anzahl von Designvorlagen die ei- gene Homepage bauen kann. Strato Shop richtet sich an alle, die einen Onli- ne-Shop einrichten wollen. Wem das Surfen im Internet nicht schnell genug geht oder gehen kann, der kann es mit dem Produkt Pressearbeit für einen Webhosting-Provider: Carsten Zorger. Foto: Reich
22 Werkstatt/Tipps für junge Journalisten tion geht es vor allem um den einheitlichen Außen- auftritt der Firma, auch das gehört zum Berufsbild des Pressesprechers. Zorger jon- gliert mit den unterschied- lichen Interessen der jewei- ligen Abteilungen der Fir- ma. Er versucht, diese in Ein- klang und diesen dann in ei- ne einheitliche Form zu brin- gen, die Strato nach außen bringen kann – sei es per Hotline oder per Pressemit- teilung, die nicht immer von der PR-Agentur verfasst wird. Dass ihm diese Her- ausforderung Spaß macht, wird ganz deutlich: Er sprüht vor Tatendrang und Energie, und entdeckt neue Grenzen und anfängliche Hindernisse. Die Zentrale von Strato in Berlin. Foto: Strato Mit einer Sprache sprechen Denn damit alle mit einer sieht Carsten Zorger den Teil seines reits Routine im Umgang mit Fragen Sprache sprechen, bedarf es viel Poli- Aufgabenfeldes, in dem es um die und deren Beantwortung zu haben. tik im eigenen Haus. Als Interessens- Versorgung der Presse mit Informa- Diese häufen sich nämlich immer moderator bezeichnet Zorger sich im- tionen geht, anders: Er versteht sich dann, wenn richtige oder falsche In- mer wieder, als einer, der jedes Wort eher als Mittler denn als Bote zwi- formationen über Probleme die Pres- auf die Waagschale legen will und schen Marketing und Journalisten. se erreichen. Im Fall, dass einer der muss um das Gleichgewicht zu hal- „Ich streiche Superlative sofort raus“, Dienste nicht verfügbar ist oder der ten. Da ist Fingerspitzengefühl ge- erklärte er, „die machen Journalisten Server abstürzt, laufen die Drähte der fragt und Geduld, denn trotz allen nur misstrauisch“. Schließlich kennt Service-Hotline heiß. In dieser Situa- Könnens und Wollens geht jede Pres- er seine Pappenheimer: Selbst hat er jahrelang als Radio- und Wirtschaftsjournalist zu- erst bei Charivari und Gong, seit 1995 bei der Bayerische Lokalradio Programmgesell- schaft (BLR) und ab 2001 beim SWR gearbeitet. Wie also kommt ein erfolgreicher Jour- nalist darauf, sich auf eine Stellenanzeige für einen Pres- sesprecher zu bewerben? Umgang mit Texten Was ihn bewog, gewisser- maßen die Fronten zu wech- seln, sei die Chance, nicht nur wie gewohnt mit Texten um- zugehen, sondern damit ein „politisches“ Ziel zu verfol- gen, beantwortete er die Fra- ge. Vor allem das habe ihn ge- reizt, sagt Zorger. In der „Sandwichposition als Dienstleister zwischen der Firma und der Presse“ sei es Carsten Zorger, Pressesprecher von Strato, sagt: „Ich streiche Superlative aus den natürlich auch vorteilhaft, be- Pressemitteilungen sofort raus“. Foto: Reich
Werkstatt/Tipps für junge Journalisten 23 zu liefern, ist der Wunsch entgegen gesetzt, möglichst positiv Erwähnung zu fin- den: Der Balanceakt ist schwer und nur mit großer Diplomatie und Fingerspit- zengefühl machbar. Ein wachsames Auge auf das, was in der Presse über die Strato und ihre Produk- te geschrieben wird, ist da- her vonnöten: Eine eigens eingerichtete Abteilung wertet die Unmenge von Fachmagazinen und -zei- tungen aus, deren Anzahl für den Pressesprecher allei- ne nicht zu bewältigen wä- re, und erstattet Bericht. Kontakt Wer nun einmal richtig in den Beruf eines Pressespre- Strato hat ein breites Angebot an Webhosting. Von Amateure bis Profis finden alle ein chers hineinschnuppern passendes Angebot. möchte und mindestens die Zwischenprüfung oder das Vordiplom sowie Praktika semitteilung nicht nur in die Rechts- wechslung zur hektischen Betrieb- bei Medienunternehmen absolviert abteilung und zum Chef sondern samkeit einer Redaktion. hat, ist eingeladen, sich bei Strato Me- auch an die Mutterfirma TELES. Für dien AG zu bewerben. Die Praktika Carsten Zorger ist diese Erfahrung Zeitungen auswerten dauern in der Regel drei Monate und die „Neuentdeckung der Langsam- Dem Bestreben, in den Medien prä- haben rund ein Jahr Vorlaufzeit. keit“ und eine willkommene Ab- sent zu sein und der Presse Themen Natürlich ist bei Strato AG ein re- ges Interesse am Internet und allem, was mit Com- putern zusammenhängt, Voraussetzung, aber eines Fachstudiums bedarf es in der Regel nicht. Wichtiger sind Engagement und In- teresse, so wie bei Carsten Zorger, für den der ver- tiefte Umgang mit Com- putern bis vor kurzem eher ein interessantes Hobby war. Wer Angst hat, mit einer Tätigkeit als Pressespre- cher Brücken hinter sich zum Journalismus abzu- reißen, kann beruhigt sein: Die Rückkehr eines Pres- sesprechers in die Presse sei heute möglich gewor- den, meint Zorger. Gerne gibt er Fragenden die Empfehlung mit, dass die Karrieren von heute im „Zickzackkurs“ verlaufen und dass man die zahlrei- chen Medien wie auch die Perspektiven wechseln Für jeden Interessenten das richtige Angebot. Fotos: Strato/Kollage: Lange könne und vor allem solle.
24 Werkstatt/Tipps für junge Journalisten Dranbleiben Von Thomas Gerlach Gedanken zum Online-Journalismus E in „ganz normales Medium“ Kaum eine Re- sei das World Wide Web ge- gionalzeitung worden nach einem guten schafft es, ihre Jahrzehnt des Bestehens – so Aufmacher im könnte man meinen. Es gibt heute Netz zu verkau- praktisch keine Zeitung oder Zeit- fen. Allenfalls schrift in Deutschland mehr (mit kristallisiert sich Ausnahme der „Fränkischen Lan- heraus, dass die deszeitung“ im mittelfränkischen Online-Angebo- Ansbach), die nicht auch im Inter- te der Tageszei- net präsent wäre. Wie also funk- tungen zuneh- tioniert der Journalismus im Netz, mend nur noch im Jahre drei nach dem Zusam- den Abonnenten menbruch des Neuen Marktes kostenfrei zu- (heute „Tec-Dax“) und aller damit gänglich ge- verbundenen Seifenblasen a la Technisch sind Online-Journalisten gut ausgestattet. macht werden. „New Economy“? Auch die Usability der Website ist wichtig. Ist Online-Jour- Schlecht. Hatten gegen Ende der Neunziger Jahre die Verlage sozusa- formation wie gen digitale Morgenluft gewittert, die Spiegel und Fo- Online-Redaktionen teils auf Kompa- cus, die ihre je- niestärke aufgebläht (allein die Süd- weiligen Titel- deutsche Zeitung beschäftigte zeit- Geschichten seit weise über 30 Redakteure nur für den rund einem Jahr Online-Bereich), da herrscht heute vorab nur gegen Stellenabbau, Depression allenthal- Gebühr anbieten, ben. Ernüchterung hat sich breit ge- erzielen keine be- macht. Ökonomisch sicher zu recht: friedigenden Alle Hoffnungen auf ein Ende der Umsätze. „Kostenlos-Mentalität“ im Internet, Noch wesent- also die Refinanzierung journalisti- lich schwerer ist scher Leistung durch Gebühren der es natürlich, aus Nutzer, haben sich zerschlagen. der Provinz her- Vorbildlich gemacht – die Website des Hamburger Nach- Selbst Anbieter echter Exklusiv-In- aus zu agieren. richtenmagazins Der Spiegel.
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