Schwerpunkt Tipps für junge Journalisten 2003

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Schwerpunkt Tipps für junge Journalisten 2003
Nr. 3/4                                                                2003

    Info-Magazin für junge Journalisten Hanns-Seidel-Stiftung

                                                Schwerpunkt
                                                Tipps für junge Journalisten
Schwerpunkt Tipps für junge Journalisten 2003
2                                                       Werkstatt/Tipps für junge Journalisten

Wenn Bomben fallen und Kurse steigen
Reuters versorgt Medien und Wirtschaft mit den neuesten Informationen               4
Freiwillig im freiwilligen Dienst
Ein Volontär über das Volontariat und seine Aufgaben         7
Stipendien für junge Journalisten
Interview mit Prof. Hans-Peter Niedermeier         12
Aus dem Tagebuch einer Cutterin
Gedanken zur Arbeitsweise im TV          14
Das Erste sendet
ARD-Hauptstadtstudio Berlin         15
PR ist Knochenarbeit
Pressearbeit bei Astrium            17
„Ich bin ein Interessensmoderator“
Der Beruf eines Pressesprechers          21
Dranbleiben
Gedanken zum Online-Journalismus              24
10 Fotosünden und wie sie vermieden werden
Tipps für das optimale Foto                        26
Tafelspitze Federn
Die Arbeit als Restaurantkritiker        31
Presse erwünscht
Pressearbeit bei der Feuerwehr           34
Netzwerk rund um die Medienbildung
Interview mit Prof. Dr. Gabriele Goderbauer-Marchner    37
Berufsziel IT-Journalist
Anforderungen und Möglichkeiten der IT-Branche für Journalisten       40
Nachwuchs sichern
Ausbildung beim Hessischen Rundfunk           44
Zielgruppe Politik
Politik und PR in der Hauptstadt Berlin       47
Die journalistischen Darstellungsformen
Ein Überblick                                 49
Berliner Luft der Welt
Berliner Modell von Welt und Morgenpost            50
Werkstatt/Tipps für junge Journalisten                                                                   3

Alles was Recht ist
Überblick über das Äußerungsrecht                            52
Früh übt sich
Die Arbeit bei der Schülerzeitung                            57
Stipendien für junge Journalisten
Interview mit Prof. Hans-Peter Niedermeier                               12
Der Mix macht´s
Cross Media Publishing                         60
Moderatorin oder Journalistin mit Meinung
Nachwuchsjournalisten zu Besuch bei Sabine Christiansen                             62
Medienmanagement – Schnittstelle zwischen
Ökonomie und Medien
Neuer Studiengang an der Fachhochschule Würzburg-Schweinfurt                                       64
                                                      Praktizierte Pressefreiheit in Deutschland
                   Impressum
                                                      Die Bundespressekonferenz                    66
  Herausgeber:                                        Von der Schülerzeitung
  Hanns-Seidel-Stiftung e.V.                          zum Tageszeitungsredakteur
  Prof. Hans-Peter Niedermeier
  (verantwortlich)
  Redaktionsassistenz: Roswitha Weiß,
                                                      Erfahrungsbericht                                 68
  Sharon Shabazz
                                                      Der Körperwelten-Diskurs
  Internet: www.hss.de

  Redaktionsanschrift:
                                                      Anatomie einer medizinischen Ausstellung          70
  Postfach 1908 46
  80608 München                                       PR-Jobs mit Genussgarantie
                                                      Die deutsche Weinbranche bietet
  Layout und Satz: Matthias J. Lange
  Titelfoto: Kollage von Heiko Mergard
  Auflage: 4000
                                                      eine Plattform für junge PR-Fachleute    74
  Textvervielfältigungen gegen Belegex-               Eine Kaderschmiede für junge Talente
  emplar erlaubt. Vor Übernahme von Fo-
  tos zur Abklärung des Urheberrechtes
  bitte auf jeden Fall Rücksprache mit der
                                                      Die Deutsche Journalistenschule in München        76
  Werkstatt-Redaktion (Telefon 089/1258-
                                                      Der DJS-Fragebogen (zum Selbsttest)
  272) nehmen.
  Mit Namen des Verfassers gekennzeich-
  nete Artikel geben nicht unbedingt die
                                                      Aufnahmetest für die 42. Lehrredaktion       78
  Meinung der Redaktion wieder.
                                                      Medienmanager sind Generalisten
  Druck:
  Stiehl Druck GmbH
  Kolpingring 8
                                                      Studium in Mittweida                 80
  82041 Oberhaching
                                                      Amerika liegt in Sachsen
  „Der Umwelt zuliebe“ – Die Werkstatt wird auf
  säure- und chlorfreiem Papier gedruckt (Infoteil:
  Recyclingpapier).
                                                      Campus in Sachsen            83
                                                      Spagat zwischen Terminfülle
                                                      und Chronistenpflicht
                                                      Arbeitsalltag von Auslandskorrespondenten
                                                      in Brüssel                                    86
4                                                                              Werkstatt/Tipps für junge Journalisten

        Wenn Bomben fallen
        und K urse steigen

    REUTERS versorgt Medien und Wirtschaft mit den
    neuesten Informationen
    Von Ursula Groß

A
       merikanische Truppen ha-                 Nachrichten aus
       ben den Flughafen in Bag-            allen Winkeln der Erde
       dad eingenommen. Der ehe-      Mit 18 000 Mitarbeitern in 97 Län-
malige Wirtschaftsminister Werner     dern ist Reuters die größte interna-
Müller wird neuer Vorstandschef       tionale Nachrichten- und Fernseh-
der RAG-AG. Wim Duisenberg            agentur der Welt. Ca. 2500 Redak-
bleibt noch so lange Vorsitzender     teure, Journalisten, Fotografen und
der Europäischen Zentralbank, bis     Kameraleute rund um den Erdball
sein designierter Nachfolger Tri-     versorgen 150 Länder mit den neu-
chet zur Verfügung steht. 30 000      esten Nachrichten. Das Berliner
Schlagzeilen werden bei Reuters       Büro befindet sich in einem Back-
täglich über den News-Ticker an       steinhaus an der Spree, direkt im
die Kunden weitergegeben.             Regierungsviertel und nur ein paar
                                                            Minuten vom
                                                            Reichstag ent-
                                                            fernt. Beim Be-
                                                            treten des Re-
                                                            daktionsrau-
                                                            mes       öffnet Moritz Döbler leitet das Berliner Büro
                                                            sich ein weiter, von Reuters.
                                                            hoher Raum.
                                                            Hier laufen die werten die Redakteure aus, was eine
                                                            Informationen       Nachricht wert ist, eigene Reporter
                                                            zusammen und vor Ort liefern ihre Beiträge ab und
                                                            werden in Nach- die Mitarbeiter in der Redaktion re-
                                                            richten umge- cherchieren per Telefon. Was ist nur
                                                            wandelt. Ruhig für das Inland von Bedeutung, wel-
                                                            und konzentriert che Nachricht interessiert die ganze
                                                            geht es zu. Die Welt? Welche Meldung ist so wichtig,
                                                            Telefone      klin- dass sie mit höchster Priorität ge-
                                                            geln nur ganz lei- kennzeichnet wird? Immerhin 50 bis
                                                            se, kein lautes 60 täglich. „Früher liefen die Mel-
                                                            Wort ist zu dungen bei den Kunden noch über ei-
                                                            hören. Aus Pres- nen Nadeldrucker ein“, erklärt Mo-
Wirtschaftsnachrichten sind bei den Lesern beliebt.        semitteilungen       ritz Döbler, Büroleiter der Berliner
Werkstatt/Tipps für junge Journalisten                                                                        5

Redaktion, während er mit
der Hand auf die Monitore der
Redakteure weist. „Da hat es
bei höchster Priorität zehn
Mal geklingelt. Heute er-
scheint eine solche Nachricht
als fette, rote Schlagzeile auf
dem Bildschirm.“

   Verschiedene Angebote
     für unterschiedliche
          Ansprüche
Hinter ihm befindet sich ein
kleines Studio, in dem Roh-
schnitte für Fernsehbeiträge
hergestellt werden. Diese stel-
len nur eines der 700 Produk-
te dar, die REUTERS seinen
Kunden anbietet. Dazu zählen
Medienunternehmen wie Zei-
tungsredaktionen, Fernseh-
und Rundfunkanstalten, die
mit diesen Informationen wie-
derum ihre Kunden bedienen.
Die Hauptklientel kommt Ein Team trifft sich zur zwanglosen Redaktionsbesprechung. Wichtig ist die inter-
aber aus dem Finanzsektor. In ne Kommunikation bei einer Nachrichtenagentur.
diesem Bereich ist es beson-
ders wichtig, schnell über die
neuesten Entwicklungen informiert schon Sekunden später, als Nachricht tuellen Notierungen, zur Verfügung
zu sein. Ob Kanzler Schröder eine Re- zu lesen. Dazu werden auch die ak- zu stellen. Ein Team erstellt zudem
de zur Steuerpolitik hält, oder der tuellen Börsenkurse geliefert. Über volkswirtschaftliche Analysen und
Vorstandsvorsitzende der Siemens Datenleitungen ist Reuters mit allen statistische Auswertungen. Trotz des
AG über die Strategie des Unterneh- wichtigen Weltbörsen verbunden Anspruchs Informationen schnellst-
mens spricht – bei Reuters sind die und somit in der Lage, „Real-Time- möglich weiterzugeben, wird größter
wichtigsten Auszüge daraus, oft Kurse“, also die in dieser Sekunde ak- Wert auf Richtigkeit der Daten gelegt.
                                                                                 „Stellen Sie sich vor“, meint
                                                                                 Döbler, „eine falsche Mel-
                                                                                 dung geht raus und ein Akti-
                                                                                 enhändler verkauft daraufhin
                                                                                 30 Millionen Euro in einem
                                                                                 Papier. So etwas muss
                                                                                 schnellstmöglich und ganz
                                                                                 klar richtig gestellt werden“.

                                                                                       Die Wirtschaftskrise
                                                                                         und ihre Folgen
                                                                                  Doch gerade die Aktienhänd-
                                                                                  ler stellen Reuters vor ein
                                                                                  großes Problem. Sie werden
                                                                                  nämlich immer weniger.
                                                                                  50 000 Stellen wurden im
                                                                                  Bank- und Finanzbereich seit
                                                                                  dem Ende des großen Börsen-
                                                                                  booms abgebaut. „Die Ban-
                                                                                  kenkrise ist für unser Unter-
                                                                                  nehmen viel schlimmer als die
                                                                                  Medienkrise“, sagt Döbler.
                                                                                  Manch ein gestrichener Bank-
                                                                                  arbeitsplatz, der mit einem
                                                                                  Reuters-Anschluss ausgestat-
                                                                                  tet war, bedeutet einen Nutzer
                                                                                  weniger. Und damit auch we-
Konzentriert arbeiten die Reuters-Journalisten an Meldungen.                      niger Einnahmen.
6                                                                              Werkstatt/Tipps für junge Journalisten

                                                                                      tig ist, dass die Leute, die für
                                                                                      uns arbeiten, mit Herzblut
                                                                                      und Leidenschaft bei der Sa-
                                                                                      che sind und ihr Handwerk
                                                                                      verstehen.“

                                                                                         Ein Job mit Risiken
                                                                                             und Neben-
                                                                                              wirkungen
                                                                                   Das müssen auch die Repor-
                                                                                   ter, die zur Zeit für Reuters im
                                                                                   Irak unterwegs sind. 150 Kor-
                                                                                   respondenten berichten aus
                                                                                   der Region. Die Arbeit dort ist
                                                                                   freiwillig. Nur die Mitarbei-
                                                                                   ter, die wirklich wollen und
                                                                                   sich über die Risiken im Kla-
                                                                                   ren sind, arbeiten als Kriegs-
                                                                                   berichterstatter. Dafür wur-
                                                                                   den sie auch entsprechend
                                                                                   vorbereitet. Spezielle Trai-
                                                                                   nings zum Verhalten in Ex-
                                                                                   tremsituationen, aber auch
                                                                                   die Besonderheiten im Falle
Arbeiten im Großraumbüro gehört zu den Alltäglichkeiten eines Agenturjournalis- eines Einsatzes von chemi-
ten. Hier ein Blick ins Berliner Reuters-Büro.                                     schen Waffen, sollen den Jour-
                                                                                   nalisten bei ihrer schwierigen
3000 Mitarbeiter will Reuters welt- Praktikanten steht die Tür jedoch im- Tätigkeit helfen. Über das Reuters-
weit entlassen. Derzeit erfolgen kaum mer offen. Wer sich für die Arbeit in Büro in Dubai werden deren Beiträge
Neueinstellungen. Selbst Volontäre einer Nachrichtenagentur interes- dann in alle Welt weitergegeben.
werden nur noch bei absehbarem Be- siert, kann dort sechs Wochen lang         Gut möglich also, dass die Bilder
darf und der Perspektive einer mög- Praxisluft schnuppern. Bewerber aus Bagdad in der Morgenzeitung
lichen Übernahme ausgebildet. Für sollten Interesse an wirtschaftlichen oder die Informationen aus dem Ra-
                                                     Zusammenhängen         dio von einem Reuters-Korrespon-
                                                     und den internatio- denten stammen.
                                                     nalen Finanzmärk-        Einen Mitarbeiter konnte jedoch
                                                     ten mitbringen. Die auch dieses Training nicht schützen.
                                                     Anforderungen an Ein 35-jähriger Kameramann wurde
                                                     einen Reuters-Mitar- am 8. April 2003 beim Beschuss des
                                                     beiter fasst Döbler Hotels „Palestine“ in Bagdad getötet.
                                                     kurz zusammen: „Es In dem Hotel waren überwiegend
                                                     ist nicht so wichtig, Journalisten untergebracht, drei sei-
                                                     ob jemand studiert ner Reuters-Kollegen erlitten Verlet-
                                                     hat oder nicht. Wich- zungen.

„Wichtig ist, dass die Leute die für uns arbeiten, mit   Jeder Handgriff muss stimmen, denn bei Nachrichtenagentu-
Herzblut und Leidenschaft bei der Sache sind.“           ren geht es um Schnelligkeit.
Werkstatt/Tipps für junge Journalisten                                                                              7

                                                           Fr eiwillig,
                         im fr eiwilligen Dienst

                                         Ein Volontär über das Volontariat
                                         und seine Aufgaben
                                                 Von Peter Klein

W
          er in einem französischen      Vor zwei Jahren hat-
          Wörterbuch unter Vo-           te ich zum ersten Mal
          lontär nachschlägt, findet     die Möglichkeit Re-
die deutsche Übersetzung des Wor-        daktionsluft        zu
tes „Freiwilliger“. Das klingt im er-    schnuppern, indem
sten Moment nach viel Freiheit –         ich mir die Arbeit ei-
ist es aber meist nicht. Das Volon-      nes Journalisten in
tariat ist mit dem Begriff als „frei-    einer kleinen Ra-
williger Dienst“ übersetzt. Das          diostation als Prakti-
deutsche Wörterbuch von Wahring          kant anschaute. Mir
schreibt unter dem Begriff „freiwil-     war schon damals
liger“, der Freiwillige ist jemand,      klar dass ich mit mei-
der sich aus freiem Willen zu et-        nem Kopf arbeiten
was bestimmten meldet. Beispiels-        wollte, wenn mög-
weise einem Dienst.                      lich als Journalist.
                                         Doch wie wird man
                                                 ein      guter Junge Journalisten bei der Ausbildung.
                                                 Journalist?
                                                 Wie erlernt
                                                 man das Handwerk? Der man nicht wie ein Bäckerlehrling, an-
                                                 Grundstein hierfür ist der gehender Metzger oder ein Azubi im
                                                 „freiwillige Dienst“. Und so Kfz- Handwerk nach drei Jahren eine
                                                 kämpfte ich mich durch ver- staatliche Prüfung ablegen. Als Vo-
                                                 schiedenste Redaktionen, erst lontär habe ich die letzte Bastion der
                                                 als Praktikant, dann zu einer freien Berufe ergriffen. Noch hält die
                                                 freien und weiter zu einer fest- Bundesregierung daran fest, dass der
                                                 en freien Mitarbeit. Bis ich es journalistische Beruf ein offener Be-
                                                 endlich hatte: Das Volontariat gabungsberuf bleibt. Die Türen zu
                                                 – den „freiwilligen Dienst“.     meinem Volontariat standen nicht
                                                                                  sperrangelweit offen, der Zugang
                                                        Chance zu lernen          gleicht eher einem Nadelöhr. Etwa
                                                 Mit 28 Jahren habe ich jetzt die 50 000 Bewerbungen gehen pro Jahr
                                                 Chance zu lernen, was einen bei deutschen Zeitungen, TV- Statio-
                                                 guten Journalisten ausmacht. nen und Radiosendern ein. Um ein
Volontär Peter Klein.                            Bei einem Volontariat muss Volontariat zu bekommen, benötigt
8                                                                                Werkstatt/Tipps für junge Journalisten

                                                               Tägliche Informationsbeschaffung gehört zu den Auf-
                                                               gaben eines Volontärs.

                                                              Vielleicht         re ich zu denen, die ihre Mitbürger in-
                                                              macht einen        formieren und den Mächtigen auf die
                                                              guten        Vo-   Finger klopfen wollen. Jeder einzelne
Fotoreporter entdecken die Welt. Es gibt auch Fotovolonta- lontär aber nur       von uns kämpft um die beste Infor-
riate. die allerdings sehr rar sind.                          das gewisse Et-    mation. Vergleichen könnte man das
                                                              was aus. Im-       ganze mit einem Pokerspiel. Wer am
                                                              mer einen klei-    besten blufft und zockt gewinnt das
man heute mehr als nur Begabung. nen Sprung weiter vorne sein zu wol-            Spiel um die Information.
Was nutzt die größte Begabung, len, seine Meinung zu sagen und Feh-                Der Journalist ist vielleicht eine be-
wenn die Redaktionen kein Geld für ler zu machen. Fehler sind das Wich-          sondere Spezies von Mensch. Er ist in
einen Volontär ausgeben können tigste, was ein Volontär machen soll-             einer gewissen Art und Weise auf-
oder wollen. Das Zauberwort heißt te. Fehler einzugestehen, mag keiner           dringlich und nervig, aber wenn man
Glück. Das hatte ich. Heute, nach fast wirklich, aber vielleicht ist es gerade   ihn genau betrachtet, doch auch
einem Jahr Volontariat bei einem pri- das, was auch einen guten Volontär         menschlich
vaten Fernsehsender, frage ich mich, auszeichnet. Seit fast einem Jahr
was einen guten Volontär ausmacht. gehöre auch ich der großen Journali-                  Spezielle Spezies
Anfangs dachte ich, es wären Neu- stenmeute an. Zwar bin ich im Ver-             So habe auch ich mich daran ge-
gierde, Flexibilität und Ehrgeiz. Jens gleich zu erfahrenen Kollegen noch        wöhnt, mich der speziellen Spezies
Fedders, Jahrzehnte lang Chefredak- ein sehr junger Journalist, doch gehö-       anzupassen. Vielleicht sind Volontä-
teur bei der Neuen Rhein
Zeitung schrieb über einen
guten Volontär: „Er stu-
diert von Montag bis Frei-
tag, wobei zweitrangig ist,
was er studiert. Am Frei-
tagmittag taucht er in der
Lokalredaktion auf und
sagt: Hier bin ich. Die Re-
daktion freut sich, kennt
den jungen Mann oder Frau
und hat am Freitagabend
bereits zwei Termine für
ihn oder sie. Am Samstag
geht es dann auf drei und
am Sonntag auf eine Veran-
staltung, möglichst aber
auch wieder auf drei.“

  Ein bisschen von allem
Zwar sagt dieser Satz nicht
wirklich etwas über die
Qualität eines guten Vo-
lontärs aus, aber es ist wie-
der von allem ein bisschen
was dabei: Neugierde, Fle- Der Bundestag, hier ein Foto aus Bonner Tagen, steht im Mittelpunkt der politischen
xibilität und Ehrgeiz eben. Berichterstattung. Fernsehen, Radio, Print und Foto – alle sind vor Ort. Foto: Lange
Werkstatt/Tipps für junge Journalisten                                                                           9

re, also Freiwillige, noch
mal eine gesonderte Spe-
zies der Spezies Journalist.
Der Volontär ist mit Sicher-
heit eine fleißige Ameise.
Denn eine 60-Stunden-Wo-
che ist auch bei mir keine
Seltenheit geworden. Heu-
te Abend einen Termin hier,
morgen einen dort und am
dritten Abend heißt es Zeit
für die Kontaktpflege fin-
den. Denn Kontakte sollte
man besonders als junger
Journalist intensiv pflegen.
Allzu oft kommt es vor,
dass ich mein privates Le-
ben völlig in die Ecke stelle.
Früher war ich mal Hoch-
leistungssportler, heute bin
ich sportlich aktiv, indem
ich von Termin zu Termin
eile. Manchmal muss ich
private Verabredungen ab- Auf der Jagd nach News. Hier Journalisten aus dem Jahre 1996 beim Interview mit Volker
sagen oder verlegen. Nur Rühe von der CDU.                                                            Foto: Lange
weil ich wieder einmal für
meine Redaktion unterwegs bin oder dann aber auch. Mein Tag beginnt mit nachmittags tun werde. Redaktionen
die Kontaktpflege eben keinen ande- zwei Tassen Kaffee, drei Zeitungen sind keine Ämter und haben keine ge-
ren Termin erlaubt als genau diesen und den aktuellen Nachrichten der regelten Arbeitszeiten. Aber es kann
Abend, an dem ich etwas anderes vor- vergangenen Nacht.                      auch sein, dass ich um halb neun am
hatte. Mittlerweile fallen mir zuhau-   Nichts finde ich schlimmer, als un- Morgen in die Redaktion komme und
se gar keine Ausreden mehr ein, war- informiert in die Redaktion zu kom- auf dem Absatz wieder kehrt mache,
um der Job jetzt wichtiger ist als zu men. Nichts beunruhigt mich mehr, weil Termine plötzlich anstehen.
Hause sein oder warum ich mal wie- als eine Information nicht zu kennen. Oder es klingelt in der Nacht das Te-
der verspätet auf eine Geburtstags- Doch weiß ich auch, dass ich nicht al- lefon und eine hektische Stimme
feier komme.                          les wissen und gehört haben, kann schickt mich zu einem Unfall,
                                      was in den vergangenen acht Stunden Großbrand, Familiendrama oder son-
       Volos als Arbeitsameise        Schlaf passiert ist. Wenn ich morgens stigen Unglück. Bis ich am Ort des Ge-
Volontäre sind eben die Arbeitsamei- um halb neun in die Redaktion kom- schehens eintreffe, weiß ich meist
sen der Journalisten. Oft fragen mich me, weiß ich meist noch nicht, was ich nicht, was auf mich zukommt. Zwar
Freunde nach meinem Tagesablauf. bis um zehn, elf oder gar bis vier Uhr habe ich Anhaltspunkte, was passiert
Wenn ich dann sage, dass es                                                               ist, doch wie die Ge-
so etwas nicht wirklich gibt,                                                             schichte entsteht oder
außer früher als gewohnt in                                                               weitergeht, entscheide
der Redaktion zu sein,                                                                    ich in Absprache mit
schaue ich bei Freunden in                                                                meiner Chefredaktion
fragende Augen. Bei mir sind                                                              meist telefonisch von
auch Augenringe keine Sel-                                                                vor Ort aus. Und da
tenheit geworden, Müdig-                                                                  kommen vor allem im-
keit ist mein ständiger Be-                                                               mer dann ganz neue
gleiter und das Denken und                                                                Geschichten dabei her-
Abschalten vom Job kann ich                                                               aus, wenn mein vorge-
woanders auch vergessen.                                                                  setzter „Denker“ meint,
Was mich daran reizt? Es ist                                                              die Welt hat sich in den
der Reiz des Neuen. Immer                                                                 20 Jahren in denen er als
wieder umdenken, spontan                                                                  rasender Reporter un-
reagieren und die Flexibi-                                                                terwegs war, nicht ver-
lität. Wenn ich wieder mal an                                                             ändert. Oder aber, weil
einem Wochenende (freiwil-                                                                er für den Beitrag eine
lig) arbeite, denke ich, dass                                                             Sache vorantreibt, die
ich doch an einem anderen Im Interview: Die Bundestagsabgeordneten Dorothee Man- ich persönlich in dieser
Wochentag frei habe. Und tel (l.) und Peter Ramsauer (r.) mit dem Leiter des HSS-För- Situation aus journalis-
beim Darandenken bleibt es derungswerkes, Prof. Hans-Peter Niedermeier (m.).              tischen-ethischen Grün-
10                                                                              Werkstatt/Tipps für junge Journalisten

den nicht vertreten will.
Das sind jedoch die Aus-
nahmen.
  An manchen Tagen flu-
che ich innerlich, weil mir
der Interviewpartner des
Tages nach dem fünften
Nachfragen immer noch
nicht auf meine Frage ge-
antwortet hat. Die Kollegen
die man bei Terminen im-
mer wieder trifft, sind meist
umgänglich und koopera-
tiv. Nur wenige zeigen, was
sie von mir als Volontär hal-
ten oder denken. Mit der
Zeit kennt man sich vom Se-
hen. Was mir in solchen
Momenten           besonders
wichtig ist, ist ein kurzes
Gespräch. Wir unterhalten
uns, wie es bei ihm in der
Redaktion läuft, und was
die anderen wieder alles Volontäre müssen Allrounder sein. Hier geht es um die neue Frisurenmode. Winfried
falsch gemacht haben. Löwel, Creativdirektor des bayerischen Friseurhandwerks, gibt Auskunft.
Small Talk eben.
                                       hoch und setzte mich an den PC. Jetzt von meinem Chefredakteur abneh-
        Kollegen statt Rivale          muss ich meine kleinen grauen Zel- men und diskutiere mit ihm über den
Für mich sind Journalisten keine Ri- len anstrengen, um den Text zu ent- einen oder anderen Satz. Genau in
valen oder Konkurrenten, sondern werfen. Wertvolle Zeit vergeht, ich diesem Moment klingelt mein Han-
eben Kollegen, und so manche Infor- komme wieder mal nicht auf das ei- dy. Ich gehe ran und sage, ich habe
mation hat mir schon enorm weiter- ne Wort, das so entscheidend sein keine Zeit und rufe zurück. Oder man
geholfen. Gehetzt, ohne etwas zu trin- kann. Vielleicht ist es in der Redakti- hört von mir nur: In zehn Minuten bit-
ken oder zu essen, fahre ich zurück in on gerade zu laut, oder es ist keiner te. Noch bevor ich ausgesprochen ha-
die Redaktion. Renne die Treppen da, der mir schnell zur Seite steht oder be, habe ich den Gesprächspartner
                                                    mir auf die Sprünge hilft. am anderen Ende weggedrückt.
                                                    Dann irgendwann, habe Selbstverständlich vergesse ich dann
                                                    auch ich endlich meinen im Eifer des Gefechtes aufs Display
                                                    Text für den Beitrag zu- zu schauen, wer eigentlich anrief.
                                                    sammen. Schnell lasse Wenn es meine Lebenspartnerin ge-
                                                    ich den von mir vorge- wesen wäre, hätte ich spätestens heu-
                                                    schlagenen Beitragstext te am Abend wieder Erklärungsnöte.

Pressevielfalt: Volontäre arbeiten natürlich auch Volontäre sind immer mit vorne dabei, wenn es um den Einsatz
bei der Tageszeitung.                             auf Veranstaltungen geht. Hier in der Nürnberger Frankenhalle.
Werkstatt/Tipps für junge Journalisten                                                                           11

Nach der Textab-
nahme und einigen
Änderungen mache
ich meinen Beitrag
fertig. Kurz vor Sen-
debeginn ist der Bei-
trag mit Musik un-
terlegt, gesprochen
und auf den Sende-
server     geschickt.
Der Zuschauer sieht
nichts von dem, was
hinter den Kulissen
passiert. Das ist
auch besser so.
   Geld gibt es im
freiwilligen Dienst
auch. Vielleicht kla-
gen viele Volontär-
skollegen, sie wür- Journalisten müssen über gute Kontakte verfügen. Hier auf dem Foto ist ein SAT.1-Reporter
den nicht genug ver- im Gespräch mit CSU-Landesgruppenchef Michael Glos.
dienen. Wenn man
hier mit etwas Vernunft über den mo- dem Volontariat. Nicht nur fertige den, mein Volontariat mit aller mög-
natlichen Lohnzettel blickt, sieht man Freiwillige (Volontäre) stoßen auf lichen Kraft und Power durchzuzie-
Monat für Monat, dass das Gehalt ei- den Arbeitsmarkt, auch rund 5000 hen. Abwarten bis zur letzten Minu-
nes Volontärs mehr ist, als eine übli- Absolventen von Journalistenschu- ten will und werde ich nicht.
che Ausbildungsvergütung eines len, Universitäten und Akademien                  Ich weiß, dass die Suche nach einer
Bäcker-, Metzger-, oder Kfz- Lehr- kommen Jahr für Jahr neu hinzu. Redakteursposition ebenso schwierig
lings. Mir reicht das Geld, das ich be- Heute stehen einem fertigen Redak- sein wird, wie die Suche nach einem
komme auch nicht immer. Aber ir- teur keine großen Türen mehr offen. Volontariat. Das einzige, das sich
gendwann ist auch einmal die Aus- Das ist das Problem, das viele Jour- dann für mich geändert haben wird,
bildungszeit zu Ende.                   nalisten, gute Journalisten und ferti- ist das Zauberwort. Dieses Mal heißt
                                        ge „Freiwillige“, schon lange haben. es nicht nur Glück, sondern auch Be-
            Bald Halbzeit               Ich habe mich zurzeit dazu entschie- gabung.
So mache ich meinen freiwilli-
gen Dienst (Volontariat) schon
seit acht Monaten. Immer mit
dem Anspruch an mich selbst,
der Beste zu sein. Und mög-
lichst das Beste aus mir heraus-
zuholen. Volontär zu sein, ist
für mich die aufregendste Zeit.
Und meinen Quereinstieg aus
der Kfz-Fahrzeugtechnik will
ich nicht missen. Die Vorteile
der Abwechslung überwiegen.
Ich habe gefunden, was ich
suchte – Kopfarbeit. Für mich
ist das Volontariat mehr als ein
freiwilliger Dienst. Dem fran-
zösischen Ursprungswort „Vo-
lontaire“ stimme ich mit seiner
Bedeutung absichtlich, gewollt,
vorsätzlich sowie ganz bewusst,
zu. Denn mein Volontariat ist
von mir „volontaire“ gewählt
worden. Die Hälfte habe ich
nun bald geschafft. Im Kalen-
der habe ich mir Stichtage no-
tiert. Am Jahrestag werde ich
ein Glas Sekt auf das einjährige
trinken. Zurzeit drängt sich mir Die tägliche Dosis News: Das Lesen von mindestens einer Tageszeitung sollte schon
die Frage auf, was wird nach sein, wenn man auf dem Laufenden sein will.
12                                                                              Werkstatt/Tipps für junge Journalisten

                  Stipendien für junge Journalisten

D
      ie Förderung des journalis-        ins Gewicht fallen
      tischen Nachwuchses hat            als der Abi-Schnitt.
      sich die Hanns-Seidel-Stif-        Als Beweis für das
tung auf die Fahnen geschrieben.         gesellschaftliche
Werkstatt-Mitarbeiter Alexander          Engagement dienen
Wurst fragte deshalb bei Prof.           Fach- und Persön-
Hans-Peter Niedermeier, Leiter des       lichkeitsgutachten,
Förderungswerkes, nach.                  die von einem Leh-
                                         rer, Professor, Poli-
Herr Niedermeier, die Hanns-Seidel-      tiker oder Pfarrer er-
Stiftung (HSS) hat sich seit etlichen    stellt werden. Wenn
Jahren dem Ziel verschrieben, den        man zum Beispiel
Nachwuchs durch die Vergaben von         bei Greenpeace ak-
Stipendien gezielt zu fördern. Welche    tiv ist, so wird einem
Möglichkeiten eröffnen sich dabei für    dort eine umwelt-
den Bewerber?                            schützende        Leis-
Grundsätzlich spaltet sich die Nach-     tung attestiert, was
wuchsförderung in mehrere Stipen-        uns ausreicht.
dienbereiche auf, nämlich in die Fach-
hochschulförderung, die Univer-          Wie viele Stipendia-
sitätsförderung, die Promotionsför-      ten beziehen derzeit Prof. Niedermeier im Gespräch.               Foto: HSS
derung und zu guter Letzt in das seit    Mittel aus dem dafür
1995 bestehende Journalistische För-     vorgesehenen Etat
derprogramm für Stipendiaten (JFS).      der HSS?                              Vorteile haben die 80 Geförderten da-
                                         Aktuell unterstützt die HSS etwa 160 von?
Welchen Anforderungen müssen die         Universitätsstudenten, 80 Fachhoch- Das Besondere an dieser Art der Be-
Stipendiatsanwärter dabei gerecht        schüler und 80 Stipendiaten des JFS. gabtenförderung ist, dass die HSS ne-
werden?                                  In der Promotionsförderung sind es ben der Konrad-Adenauer-Stiftung
Von den Kandidaten werden drei           zurzeit 120 Personen, die finanzielle die einzige ist, welche ein derartiges
Dinge verlangt: wissenschaftliche        Hilfe von der HSS erhält. Neben den Förderprogramm anbietet. Den Sti-
Leistung, überdurchschnittlich gute      Mitgliedern der üblichen Förderpro- pendiaten werden hier durch praxis-
Noten und soziales, politisches oder     gramme greifen wir aber auch 100 nahe Förderung im Medienzentrum
kirchliches Engagement. Dabei rich-      jungen, ausländischen Wissenschaft- Kloster Banz und in Wildbad Kreuth
tet sich der Notennachweis sehr stark    lern unter die Arme, deren For- journalistische Grundlagen und Ba-
danach, in welchem Semester sich der     schungsgebiete breit gefächert sind. siswissen vermittelt. Diese Vorzüge
Student befindet. Bei einem Studen-      So werden dabei sowohl Politikwis- der Förderung wirken sich später
ten im zweiten Semester ist die Abi-     senschaftler als auch Mediziner oder natürlich positiv auf das Bestehen im
Note ausschlaggebend, wohingegen         Juristen gefördert.                   journalistischen Alltag aus.
bei einem Studenten im fünften Se-
mester die während des Studiums er-      Stichwort: „Journalistisches Förder-   Wodurch wird diese Praxisnähe ga-
worbenen Noten und Scheine stärker       programm für Stipendiaten“. Welche     rantiert?
                                                                                Garanten dieser praxisorientierten
                                                                                Förderung sind die Referenten, die
                                                                                selbst aus dem Journalismus kom-
                                                                                men und dort tätig sind. Dadurch
                                                                                können wir gewährleisten, dass Fak-

                Inter vie w
                                                                                ten nicht trocken und auf theoreti-
                                                                                scher, wissenschaftlicher Ebene wie
                                                                                im Studium behandelt, sondern le-
                                                                                bendig und praxisbezogen aufberei-
                                                                                tet werden.

                                                                                Gibt es andere Auswahlkriterien für
                                                                                die Bewerber des JFS?
                                                                                Neben Belegen für das Engagement
                                                                                und die sehr guten Leistungen der Be-
                                                                                werber spielen hauptsächlich journa-
                                                                                listisches Talent, persönliche Fähig-
                                                                                keiten und die Individualität eine
Werkstatt/Tipps für junge Journalisten                                                                              13

sehr große Rolle. Für die
Aufnahme in das JFS
müssen die Anwärter erst
die Vorauswahl bestehen,
um dann während der
Auswahltage die Mitglie-
der der Prüfungskommis-
sion von sich zu überzeu-
gen. Danach müssen die
Stipendiaten des JFS an
doppelt so vielen Semina-
ren teilnehmen wie die
Mitstipendiaten aus den
anderen Förderungsbe-
reichen. Da die Seminare
sich aber mit der prakti-
schen Seite der verschie-
denen      Medienformen
auseinandersetzen, wird
die Teilnahme weniger
als Verpflichtung angese-
hen, sondern als hilfrei-
ches Zusatzangebot.          Das Bildungszentrum Wildbad Kreuth im Winter.

Wie setzt sich die Höhe
des Stipendiums zusammen?                teil im Gegensatz zum Bafög besteht     stattgefunden: Von Jahr zu Jahr gibt
Analog zum Bafög wird für die Be-        allerdings darin, dass das Stipendium   es mehr und mehr Anfragen. Vor al-
rechnung das Einkommen der Eltern        kein Darlehen ist, das heißt, er muss   lem für den Bereich der Promotions-
zu Grunde gelegt. Je besser die Eltern   es also nicht zurückzahlen.             förderung herrscht wachsendes In-
verdienen, desto geringer fällt folg-                                            teresse, wobei es aufgrund der finan-
lich das Stipendium aus. Aber der Sti-   Was hat sich in Bezug auf die Bewer-    ziellen Lage schade ist, dass nur sehr
pendiat kann auf jeden Fall mit einem    berzahlen im Vergleich zu den Vor-      wenige Bewerber genommen werden
monatlichen Büchergeld in Höhe von       jahren verändert?                       können. Auch die Bewerberzahlen
etwa 80 Euro rechnen. Der große Vor-     Es hat eine positive Entwicklung        der Fachhochschulförderung sind er-
                                                                                            freulicherweise     anstei-
                                                                                            gend. Schließlich wollen
                                                                                            wir die besten Leute mit
                                                                                            Stipendien versorgen.

                                                                                         Welche Zukunftsaussich-
                                                                                         ten sehen Sie für die Be-
                                                                                         gabtenförderung         der
                                                                                         Hanns-Seidel-Stiftung?
                                                                                         Ich würde mich freuen,
                                                                                         wenn wir weiterhin von
                                                                                         finanziellen Einschnitten
                                                                                         verschont blieben, wie es
                                                                                         bis jetzt der Fall war. Wir
                                                                                         konnten sogar einen Zu-
                                                                                         wachs verzeichnen. Sehr
                                                                                         wichtig sind aber vor al-
                                                                                         lem Sicherungen, um für
                                                                                         die nächsten Jahre weiter
                                                                                         erfolgreich planen zu
                                                                                         können. Denn wir wollen
                                                                                         speziell die Auslandsför-
                                                                                         derung noch intensivie-
                                                                                         ren. Dabei sollen aber in
                                                                                         Zukunft nicht nur Aus-
                                                                                         länder in Deutschland,
                                                                                         sondern auch Deutsche
                                                                                         im Ausland unterstützt
Das Bildungszentrum Kloster Banz im Frühling.                               Fotos: Lange werden.
14                                                                               Werkstatt/Tipps für junge Journalisten

        A us dem Tagebuc h
        einer Cutterin

     Gedanken zur Arbeitsweise im TV
                                                        Von Sabine Steffen

T
       äglich sitze ich in meinem      sieben Sekunden lang und durch ei-                Der Kreativförderer
      kleinen Schnittraum und pro-     nen sauberen Timecodesprung von-          Zwischenschnitte sind ihm ganz
      duziere Beiträge, Nifs und       einander getrennt. Nur manchmal           fremd, er hat nur den Hauptdarstel-
Trailer. Es wird nie langweilig und    fragt er sich, wozu wohl die Restore-     ler im Bild. Er zwingt seine Cutterin
ich kann meiner Kreativität freien     Taste an seiner Kamera dient.             zum kreativen Einsatz von Blenden
Lauf lassen. Aber ab und zu bin                                                  und Weißblitzen. Aber manchmal,
ich am Rande der Verzweiflung:                   Der Farbenfrohe                 wenn ich schon völlig verzweifelt bin,
Manchmal denke ich, der Kamera-        Liefert schöne bunte Bilder indem er      taucht er auf:
mann betrachtet mich als seine         den Weißabgleich ignoriert. Er ist
natürliche Feindin und will mich       auch bekannt für „schwarze Männer“             Mein Traum-Kameramann
vernichten. Mir begegnen bei der       im Tunnel und die „strahlenden Hei-       Er vergisst den Weißabgleich und
täglichen Arbeit die verschiedens-     ligenscheine“, weil er auf die richtige   ausreichende Belichtung nicht. Er
ten Kamera–Charaktere:                 Beleuchtung verzichtet.                   dreht reichlich Bildmaterial bei
                                                                                 durchlaufendem Timecode. Die Ka-
          Der Ordentliche                          Der Kreative                  mera lässt er bis zum Ende einer Ak-
Er dreht grundsätzlich vom Stativ,     Das Kamerastativ ist für ihn nur ein      tion laufen und dreht zusätzlich noch
was ja nicht unbedingt schlecht ist.   Accessoire, was er nie benutzt. Er        aus anderen Perspektiven. Er bietet
Alle seine Einstellungen sind exakt    sorgt für richtig Bewegung im Bild.       verschiedene       Einstellungsgrößen
                                           „Unverzichtbar“ bei Kunstaus-         und nimmt ungewöhnliche Bilder am
                                           stellungen und Fotos.                 Rande freiwillig auf. Seine Zwi-
                                                                                 schenschnitte sind gut ausgewählt
                                                  Der Break-Dancer               und ausreichend vorhanden. Kurz:
                                           Dreht unglaublich viele Einstel-      Er lässt mir die Wahl und macht mein
                                           lungen von einer Aktion, davon        Cutterinleben erst schön.
                                           keine länger als drei Sekunden.
                                           Dabei achtet er genau darauf,
                                           dass nie der ganze Bewegungs-
                                           ablauf im Bild ist.

                                                    Der Filmemacher
                                           Sein Schwerpunkt sind seine kur-
                                           zen Magazinbeiträge. Deshalb
                                           gibt es keinen Schwenk unter zwei
Die Arbeit als Cutter findet heute im Stu- Minuten. Die Ranfahrt auf den In-
dio statt.                   Fotos: Lange terviewten ist unglaublich lang.       Cutter bei der Arbeit.
Werkstatt/Tipps für junge Journalisten                                                                               15

 Das
 Erste
 sendet                                           ARD-Hauptstadtstudio Berlin

    Von Ute Holy

E
      r steht in der Berliner Wil-       Neun Einzel-Korrespondenten sind                30 000 Beiträge im Jahr
      helmstraße, dieser Riesenka-       für die Nachrichtensendungen eini-      Nachrichtensendungen sind ein
      sten. Das imposante Gebäude        ger Dritter Programme im Haupt-         wichtiger Bestandteil des umfangrei-
beeindruckt durch seine giganti-         stadtstudio tätig. Zwei davon für das   chen Hörfunkangebotes der ARD. 41
sche Innenarchitektur, schlicht und      Bayerische Fernsehen, zwei weitere      Hörfunkjournalisten, die von den
hell, mit viel Glas. Dort wird sie       für das mdr-Fernsehen, ein Korre-       Landessendefunkanstalten nach Ber-
gemacht, die Bundespolitik in Ra-        spondent für das WDR-Fernsehen          lin entsandt wurden, liefern für die 50
dio und Fernsehen. Im ARD-               und zwei sind für den Südwestfunk       Hörfunkwellen Berichte und Kom-
Hauptstadtstudio Berlin. Dieses          vor Ort.                                mentare zur Bundespolitik. 30000
befindet sich in Sichtweite des
deutschen Bundestages. Also
direkt am Ort des politischen
Geschehens. Über 50 Hörfunk-
wellen der ARD, Nachrichten-
sendungen des Ersten Fernseh-
programms und die Dritten
Programme haben hier ihr Do-
mizil.

Journalisten, Cutter, Techniker,
Redakteure und viele andere ge-
hen dort ihrem Job nach. Sie ar-
beiten für die kontinuierliche In-
formationsversorgung         deut-
scher und internationaler Hörer
und Fernsehzuschauer. Rund
170 Mitarbeiter produzieren an
der Spree täglich Kommentare,
Nachrichtenbeiträge und Hinter-
grundinformationen über die
Bundespolitik in Berlin. Das ak-
tuelle Geschehen am Parlaments-
und Regierungssitz wird aus un-
mittelbarer Nähe für Hörer und
Zuschauer zugänglich gemacht. Über den Dächern von Berlin.                                                 Foto: Lange
16                                                                                Werkstatt/Tipps für junge Journalisten

                                                   maximal vier bis fünf O-Tö-       Verwalter und Berichterstatter
                                                   ne, wie er sagt.               Wolfgang Vichtls Boss heißt Dietmar
                                                      Alle Sender seien mitein- Merten. Er ist Studioleiter des Bayri-
                                                   ander verkabelt und so fän- schen Rundfunks im ARD-Haupt-
                                                   de ein fairer Austausch an In- stadtstudio Berlin. Neben Vichtl ar-
                                                   formationen statt. So sei Ma- beiten noch drei weitere Hörfunk-
                                                   terial für jeden Korrespon- korrespondenten in seinem BR-Stu-
                                                   denten einfacher zu erhalten, dio-Team. Mertens Job ist mehr von
                                                   ohne für jeden Bericht in eine koordinierender Art. Er regelt alle
                                                   Bundespressekonferenz oder Verwaltungsaufgaben, ist jedoch
                                                   in die City rennen zu müssen. weiterhin in der politischen Bericht-
                                                      Vichtl ist Diplom-Journa- erstattung aktiv tätig. Das Fachgebiet
                                                   list mit einer Redaktionsaus- des Studioleiters in der Redaktion
Eine historische Adresse hat sich die ARD bildung an der Deut-
ausgesucht.                                       schen Journalisten-
                                                  schule in München
Beiträge waren es im Jahr 2000. Einer und studierte zugleich an der
dieser Journalisten ist Wolfgang LMU Journalistik mit den
Vichtl. Sein Büro liegt im zweiten Schwerpunkten Politik und
Stock. Ein winziges Zimmer, mit Jura. Er kennt das Metier ei-
großen Fenstern und Blick auf die nes Journalisten. Seine beruf-
Spree, ist sein Arbeitsplatz. Er ist Hör- lichen Stationen zeigen, dass
funkkorrespondent des Bayerischen er nicht immer in Berlin saß.
Rundfunks im ARD-Hauptstadtstu- Er begann als freier Fotograf
dio. Seine Fachgebiete in der Redak- für den Stern, agierte als Pro-
tion: Opposition ( CDU), Themen der ducer für Globo TV (Brazil),
inneren Sicherheit, speziell Terroris- schrieb Bücher und kam
mus sowie aktuelles Zeitgeschehen. dann            zum       Bayerischen
Terroristen, Wahlbetrüger aber auch Rundfunk, wo er „hängen“
Graffiti-Sprüher werden von Wolf- blieb. Beim BR war er mit Digitales Radio ist im Hauptstadtstudio ei-
gang Vichtl genau unter die Lupe ge- Günther Jauch und Thomas ne Selbstverständlichkeit.
nommen.                                   Gottschalk mit der B3-Radio-
  Er schreibt somit über vermeintlich Show on air und wandte sich dann se- umfasst speziell die Wirtschafts- und
große und kleine Sünder in der deut- riöseren Tätigkeiten zu. BR-Nachrich- Finanzpolitik.
schen Hauptstadt. Vichtl selbst be- ten, BR-Zeitfunk und B5 aktuell/                Sein Werdegang ist ebenfalls klas-
vorzugt für einen Hörfunkbeitrag Newsradio folgten.                               sisch. Er absolvierte eine Journalis-
                                                                                          tenschule und war Redak-
                                                                                          teur beim Wirtschaftsfunk
                                                                                          BR München. Dietmar Mer-
                                                                                          ten folgte den Politikern als
                                                                                          Korrespondent in die dama-
                                                                                          lige Hauptstadt Bonn, um
                                                                                          vor Ort berichten zu können.
                                                                                          Doch das Angebot, ins Aus-
                                                                                          land zu gehen, lockte bald. So
                                                                                          ging er als ARD-Korrespon-
                                                                                          dent in den Norden Latein-
                                                                                          amerikas. London folgte und
                                                                                          nochmals wechselte er nach
                                                                                          Bonn zurück. Berlin ist nun,
                                                                                          wie er selbst glaubt, voraus-
                                                                                          sichtlich die letzte Berufssta-
                                                                                          tion für ihn.

                                                                                         Journalisten nach Berlin
                                                                                       Die Hauptstadt braucht gute
                                                                                       Korrespondenten, um eine
                                                                                       wahrheitsgetreue, aktuelle
                                                                                       und kritische Berichterstat-
                                                                                       tung gewährleisten zu kön-
                                                                                       nen. Ein spannendes, wenn
Wolfgang Vichtl aus München berichtet aus Berlin. Hier stellt der Journalist sein Büro auch stressiges und sehr an-
jungen Journalisten aus Bayern vor.                                                    spruchsvolles Arbeitsfeld.
Werkstatt/Tipps für junge Journalisten                                                                      17

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                            Knoc henarbeit

    Von Wolfgang J. Rotzsche

     Pressearbeit bei Astrium

N
       ein, vom Fach ist sie nicht.   Mit ihren Leistungskursen Deutsch um manifestierte alles; nach sieben
       Bianca Zotz hat ihr Hand-      und Englisch hat die heutige Refe- Semestern hatte Zotz das Diplom als
       werkszeug nicht auf einer      rentin für Öffentlichkeitsarbeit zu- Betriebswirtin in der Tasche. Voran-
Journalistenschule, in einem Di-      mindest schon unter Be-
plomstudiengang oder im Rahmen        weis gestellt, dass ihr Spra-
eines Volontariats erworben. Und      chen liegen. Nach dem Abi-
doch kümmert sich die 27-Jährige      tur war für sie klar: Nicht
um die Presse- und Öffentlich-        schon wieder ein theoreti-
keitsarbeit des Raumfahrtkonzerns     sches Studium, sondern Ar-
Astrium am Standort Ottobrunn         beit. Bei der damaligen DA-
(Kreis München). Und sie beweist,     SA bestand die Möglich-
dass mit Anstrengung und gutem        keit, ein duales Studium zu
Willen auch Türen geöffnet wer-       absolvieren. Regulär wur-
den, die sonst verschlossen bleiben.  de Zotz im Unternehmen in
                                                verschiedenen Be-
                                                reichen eingesetzt.
                                                Abends saß sie
                                                dann doch im Hör-
                                                saal, um die Vorle-
                                                sungen für den
                                                Studiengang     an
                                                der Verwaltungs-
                                                und Wirtschafts-
                                                akademie zu hören.
                                                Das war ganz in
                                                ihrem Sinne: Im
                                                Luft- und Raum-
                                                fahrtunternehmen
                                                wurde sie in Ein-
                                                kauf, Controlling,
Die Aufgabe der Pressestelle bestand bei die- Betrieb und Pro-
sem Foto aus der Organisation der Bronze- jektabwicklung
statue von Ludwig Bölkow. Gleichzeitig wur- eingesetzt und hat-
de die gesamte Veranstaltung von der Presse- te hier ihren Praxis- Bianca Zotz vor der Ariane. Zusammen mit
stelle organisiert.                             bezug. Das Studi- ihrem Team leistet sie die Pressearbeit.
18                                                                                 Werkstatt/Tipps für junge Journalisten

                                                                                                 arbeit auf, überdachte
                                                                                                 die Broschüren, peppte
                                                                                                 die Messeauftritte auf.
                                                                                                 So war es damals noch
                                                                                                 keine Selbstverständ-
                                                                                                 lichkeit, dass bei einem
                                                                                                 Messeauftritt auch ein
                                                                                                 Triebwerk zu sehen
                                                                                                 war. „Ich habe in dieser
                                                                                                 Zeit ungemein viel da-
                                                                                                 zugelernt, aber auch
                                                                                                 realisieren können“, be-
                                                                                                 kennt Zotz. Nach einem
                                                                                                 Jahr der Einarbeitungs-
                                                                                                 und Umgestaltungszeit
                                                                                                 konnte sie sich daran
                                                                                                 machen, eigentliche PR-
                                                                                                 Arbeit zu leisten. Dabei
                                                                                                 war es gar nicht so ein-
                                                                                                 fach, vom bisherigen
                                                                                                 Artikelschreiben weg-
                                                                                                 zukommen, um die
                                                                                                 Meldungen auf Agen-
                                                                                                 turstil zu bringen.
EADS-CEO Rainer Hertrich eröffnet mit Bayerns Wirtschaftsminister Dr. Otto Wiesheu
per Knopfdruck das Arianezentrum.                                                                PR macht sich bezahlt
                                                                                                Doch die Anfangsarbeit
gegangen war eine Projektphase. Und        dienste ging es kaum. Das war für Bi-   hat sich bezahlt gemacht. Heute be-
hier sind wir am Punkt Presse angelangt.   anca Zotz der Ansporn, einiges auf      steht das Öffentlichkeitsarbeitsteam
                                           die Beine zu bringen, „auch wenn es     aus drei Frauen, die verschiedene
         Eine Knochenarbeit                Knochenarbeit war.“                     Tätigkeitsfelder abdecken. Der Name
Bianca Zotz hatte schon immer eine                                                 des Unternehmens hat sich auch
besondere Liebe zum Schreiben. Für             Viel dazugelernt                    geändert. Seit Mai 2000 heißt es Astri-
die Mitarbeiterzeitung „DASA aktu- Die junge Betriebswirtin baute eine             um. Bei Astrium Ottobrunn werden
ell“ hatte sie schon so manchen Arti- neue Struktur für die Öffentlichkeits-       Solargeneratoren, Antennen und La-
kel abgeliefert. Dort
gefiel ihr vor allem
das     professionelle
Team. „Das war eine
richtige Zeitung“, so
die 27-Jährige. Für ihr
Diplom konnte Zotz
eine Akzeptanzstu-
die über interne Me-
dien anfertigen und
hat wohl auch Feuer
für die Pressearbeit
gefangen. Nach dem
Diplom war bei der
Internen Kommuni-
kation keine Stelle
frei, doch dann kam
es zu dem glückli-
chen Umstand, dass
die damalige DASA
im Raumfahrtsektor
eine Mitarbeiterin in
der Öffentlichkeitsar-
beit suchte. Öffent-
lichkeitsarbeit war
hier aber noch in den
Kinderschuhen. Weit Ein großes Spektakel wurde zur Eröffnung des Arianezentrums organisiert, bei dem 300 Gäs-
über die Besucher- te geladen waren. Außerdem waren 400 Mitarbeiter mit von der Partie.
Werkstatt/Tipps für junge Journalisten                                                                                 19

Den jungen Mädchen hat der Girl’s Day sichtlich Spaß gemacht.

geregelungssysteme für Satelli-                                                  ihr dieses freilich die Tür in ihren heu-
ten angefertigt. Ein weiterer                                                    tigen Job. Vor allem lernte sie durch
Schwerpunkt sind Antriebssys-                         Kontakt                    ihre Ausbildung das Unternehmen
teme. Hier am Standort Ottob-                                                    kennen. Und das sei ein ganz we-
runn werden beispielsweise die       Astrium GmbH,                               sentliches Plus bei ihrer Arbeit, er-
Schubkammersysteme für die           Presse & Information Raumfahrt -            läutert Zotz. Ein hochtechnologisches
erste und zweite Stufe der eu-       Infrastruktur                               Unternehmen verlangt nun einmal
ropäischen Trägerrakete Ariane       81663 München,                              gewisses Fachwissen. Fremdspra-
gebaut. Am Auftritt des Unter-       Tel. (089) 60 72 72 44                      chen seien unabdingbar. Englisch so-
nehmens haben die drei Frauen        Fax (089) 60 72 97 65                       wieso. Und dank ihres Französisch
regen Anteil. Das Internet und       E-Mail: bianca.zotz@astrium-space.com       kann sich Zotz auch gut mit den fran-
Intranet sind die Mittel der Zu-     Internet www.astrium-si.com                 zösischen Ansprechpartnern unter-
kunft, aber vor allem machen                                                     halten.
die „Events“ viel Arbeit. So gibt                                                  Damit lassen sich etwaige Barrieren
es einen eigenen Tag der offe-                                                   leicht durchbrechen, wenn die Mut-
nen Tür für junge Frauen, auch                                                   tersprache angewandt werden kann.
ein Familienfest darf nicht fehlen und ders sein – der Kontakt zur Lokal-, Re-   Bianca Zotz identifiziert sich mit
im Herbst 2002 wurde das Ariane- gional-, Bundes- und Fachpresse.                Astrium. Für so eine Position muss sie
zentrum eröffnet. Dazu kommen im-                                                flexibel sein, auch mal mehr Arbeits-
mer noch Messeauftritte, Besucher-                 learning by doing             stunden einkalkulieren und auch mal
dienste und – wie sollte es auch an- Von Anfang an galt für Bianca Zotz          auf ein freies Wochenende verzich-
                                                            die      Prämisse    ten. Aber das nimmt sie locker.
                                                            „learning       by   Schließlich wisse sie ja, für was sie
                                                            doing“. Das Be-      diese Arbeit leiste.
                                                            triebswirtschafts-
                                                            studium war ihr               Gratwanderung
                                                            zwar in manchen      Bei einem Unternehmen wie Astri-
                                                            Punkten durch-       um, das in Konkurrenz zu anderen
                                                            aus hilfreich, we-   Anbietern steht und auch manchmal
                                                            sentlich öffnete     zur Geheimhaltung mahnt, lässt es

Nachwuchswerbung live: Bianca Zotz bei der Eröffnung        Eine Pressekonferenz anlässlich der Vertragsunterzeich-
des Girl’s Day.                                             nung Vulcain 2 im März 2001.
20                                                                              Werkstatt/Tipps für junge Journalisten

                                                                                            wissen angeeignet und
                                                                                            vieles selbst angelernt,
                                                                                            aber die Redaktionsaus-
                                                                                            bildung hätte vermut-
                                                                                            lich einiges erleichtert.
                                                                                            Trotzdem macht sie al-
                                                                                            len Mut, die über „Um-
                                                                                            wege“ in den Bereich
                                                                                            Presse- und Öffentlich-
                                                                                            keitsarbeit   einsteigen
                                                                                            wollen. „Wenn jemand
                                                                                            schreiben möchte, dann
                                                                                            geht das immer. Auch
                                                                                            wenn es manchmal eine
                                                                                            Ochsentour ist“, gesteht
                                                                                            Bianca Zotz ein. Sie hat
                                                                                            es selbst unter Beweis
                                                                                            gestellt.

Beim Familientag im Juni 2002 konnten die Mitarbeiter mit
ihren Familien den Standort besuchen.

sich nicht ganz vermeiden, dass Zotz     was davon, wenn In-
nicht alles zu jedem Zeitpunkt nach      formationen     oder
„draußen“ geben darf. Einer ihrer        Wissen ausgetauscht
Grundsätze lautet, dass das Informa-     werden. Manchmal
tionsbedürfnis der Öffentlichkeit be-    würde sich Bianca
friedigt werden soll. Doch manchmal      Zotz wünschen, doch
steht ihr da eine Gratwanderung be-      mit einem Volontariat
vor. „Ein Unternehmen, das an der        aufwarten zu können.
Börse notiert ist, muss stets die Aus-   In Seminaren hat sie Bei der Materialica war das Presseteam für die Kom-
wirkungen der Kommunikation be-          sich zwar viel Fach- plettorganisation zuständig.            Fotos: Zotz
denken.“ Eine Aussage zum
falschen Zeitpunkt könnte
fatale Auswirkungen ha-
ben. Manchmal ist Vorsicht
geboten, Rücksprachen las-
sen sich sowieso nicht ver-
meiden und dann und wann
bleibt auch Zotz die Ant-
wort gegenüber der Presse
nicht erspart: „Zum jetzigen
Zeitpunkt können wir dazu
leider nichts sagen“.

   Der richtige Zeitpunkt
Bianca Zotz hat für sich den
Satz geprägt, der für ihre Ar-
beit steht: „Immer zum rich-
tigen Zeitpunkt kommuni-
zieren, wenn die Öffentlich-
keit ein Interesse dafür hat!“
Um dies zu realisieren,
pflegt sie natürlich die Kon-
takte zur Presse. Dabei ist
ihr der gegenseitige Respekt
wichtig. Schließlich haben       Im September 2002 fand die Messe Materialica statt. Eine Kollegin von Bianca Zotz,
beide Seiten vom Tisch et-       Kerstin Maier, war auch als Standpersonal eingeteilt.
Werkstatt/Tipps für junge Journalisten                                                                                  21

                „Ic h bin ein
    Inter essensmoderator“

                                                                               Von Susanne Schwarz

                                                    Der Beruf eines Pressesprechers

D
       as Geschäft mit dem Inter-        ‚SkyDSL’ beschleunigen: Damit wer-                  Spannungsverhältnis
       net ist tot. Berlin hat eine      den in einer halben Sekunde 400 ma-         Über die beruflichen Anforderungen
       durchschnittliche Arbeitslo-      schinengeschriebene Seiten übermit-         eines Pressesprechers spricht Carsten
senquote von 20 Prozent. Und in          teln. Für alle Surfer, die sich diese Da-   Zorger, seit März 2003 bei Strato. Ein
diesen Zeiten Stellenanzeigen fin-       tenmenge wegen einer akuten                 weiteres Thema: das Spannungsver-
den? Keine Chance. Dennoch: Es           Schreibblockade nicht vorstellen kön-       hältnis „Journalist – Pressesprecher –
gibt mindestens eine Firma, deren        nen: sie entspricht etwa einem Mega-        Unternehmen“. Aber obwohl seine
Erfolg vom Internet abhängt, die in      bit pro Sekunde.                            Stelle zur Marketingabteilung gehört,
Berlin sitzt und dann
noch auf der eigenen Ho-
mepage Leute sucht: die
Strato AG.

Strato ist eines der in Euro-
pa marktführenden Web-
hosting-Unternehmen, seit
1998 Tochter der TELES AG
und Arbeitgeber für rund
300 Mitarbeiter in Deutsch-
land. Das Angebot erstreckt
sich über die für Profis ge-
eignete PowerWeb und Pre-
mium Pakete zu den Live-
Pages für Einsteiger, mit de-
nen man sich im Baukasten-
system aus einer Anzahl
von Designvorlagen die ei-
gene Homepage bauen
kann. Strato Shop richtet
sich an alle, die einen Onli-
ne-Shop einrichten wollen.
Wem das Surfen im Internet
nicht schnell genug geht
oder gehen kann, der kann
es mit dem Produkt              Pressearbeit für einen Webhosting-Provider: Carsten Zorger.                    Foto: Reich
22                                                                                 Werkstatt/Tipps für junge Journalisten

                                                                                            tion geht es vor allem um
                                                                                            den einheitlichen Außen-
                                                                                            auftritt der Firma, auch das
                                                                                            gehört zum Berufsbild des
                                                                                            Pressesprechers. Zorger jon-
                                                                                            gliert mit den unterschied-
                                                                                            lichen Interessen der jewei-
                                                                                            ligen Abteilungen der Fir-
                                                                                            ma. Er versucht, diese in Ein-
                                                                                            klang und diesen dann in ei-
                                                                                            ne einheitliche Form zu brin-
                                                                                            gen, die Strato nach außen
                                                                                            bringen kann – sei es per
                                                                                            Hotline oder per Pressemit-
                                                                                            teilung, die nicht immer von
                                                                                            der PR-Agentur verfasst
                                                                                            wird. Dass ihm diese Her-
                                                                                            ausforderung Spaß macht,
                                                                                            wird ganz deutlich: Er
                                                                                            sprüht vor Tatendrang und
                                                                                            Energie, und entdeckt neue
                                                                                            Grenzen und anfängliche
                                                                                            Hindernisse.

Die Zentrale von Strato in Berlin.                                           Foto: Strato            Mit einer
                                                                                                 Sprache sprechen
                                                                                             Denn damit alle mit einer
sieht Carsten Zorger den Teil seines      reits Routine im Umgang mit Fragen       Sprache sprechen, bedarf es viel Poli-
Aufgabenfeldes, in dem es um die          und deren Beantwortung zu haben.         tik im eigenen Haus. Als Interessens-
Versorgung der Presse mit Informa-        Diese häufen sich nämlich immer          moderator bezeichnet Zorger sich im-
tionen geht, anders: Er versteht sich     dann, wenn richtige oder falsche In-     mer wieder, als einer, der jedes Wort
eher als Mittler denn als Bote zwi-       formationen über Probleme die Pres-      auf die Waagschale legen will und
schen Marketing und Journalisten.         se erreichen. Im Fall, dass einer der    muss um das Gleichgewicht zu hal-
„Ich streiche Superlative sofort raus“,   Dienste nicht verfügbar ist oder der     ten. Da ist Fingerspitzengefühl ge-
erklärte er, „die machen Journalisten     Server abstürzt, laufen die Drähte der   fragt und Geduld, denn trotz allen
nur misstrauisch“. Schließlich kennt      Service-Hotline heiß. In dieser Situa-   Könnens und Wollens geht jede Pres-
er seine Pappenheimer: Selbst
hat er jahrelang als Radio-
und Wirtschaftsjournalist zu-
erst bei Charivari und Gong,
seit 1995 bei der Bayerische
Lokalradio Programmgesell-
schaft (BLR) und ab 2001 beim
SWR gearbeitet. Wie also
kommt ein erfolgreicher Jour-
nalist darauf, sich auf eine
Stellenanzeige für einen Pres-
sesprecher zu bewerben?

     Umgang mit Texten
Was ihn bewog, gewisser-
maßen die Fronten zu wech-
seln, sei die Chance, nicht nur
wie gewohnt mit Texten um-
zugehen, sondern damit ein
„politisches“ Ziel zu verfol-
gen, beantwortete er die Fra-
ge. Vor allem das habe ihn ge-
reizt, sagt Zorger.
  In der „Sandwichposition
als Dienstleister zwischen der
Firma und der Presse“ sei es Carsten Zorger, Pressesprecher von Strato, sagt: „Ich streiche Superlative aus den
natürlich auch vorteilhaft, be- Pressemitteilungen sofort raus“.                                    Foto: Reich
Werkstatt/Tipps für junge Journalisten                                                                            23

                                                                                        zu liefern, ist der Wunsch
                                                                                        entgegen gesetzt, möglichst
                                                                                        positiv Erwähnung zu fin-
                                                                                        den: Der Balanceakt ist
                                                                                        schwer und nur mit großer
                                                                                        Diplomatie und Fingerspit-
                                                                                        zengefühl machbar.
                                                                                          Ein wachsames Auge auf
                                                                                        das, was in der Presse über
                                                                                        die Strato und ihre Produk-
                                                                                        te geschrieben wird, ist da-
                                                                                        her vonnöten: Eine eigens
                                                                                        eingerichtete      Abteilung
                                                                                        wertet die Unmenge von
                                                                                        Fachmagazinen und -zei-
                                                                                        tungen aus, deren Anzahl
                                                                                        für den Pressesprecher allei-
                                                                                        ne nicht zu bewältigen wä-
                                                                                        re, und erstattet Bericht.

                                                                                                   Kontakt
                                                                                        Wer nun einmal richtig in
                                                                                        den Beruf eines Pressespre-
Strato hat ein breites Angebot an Webhosting. Von Amateure bis Profis finden alle ein chers        hineinschnuppern
passendes Angebot.                                                                      möchte und mindestens die
                                                                                        Zwischenprüfung oder das
                                                                                        Vordiplom sowie Praktika
semitteilung nicht nur in die Rechts- wechslung zur hektischen Betrieb- bei Medienunternehmen absolviert
abteilung und zum Chef sondern samkeit einer Redaktion.                      hat, ist eingeladen, sich bei Strato Me-
auch an die Mutterfirma TELES. Für                                           dien AG zu bewerben. Die Praktika
Carsten Zorger ist diese Erfahrung            Zeitungen auswerten            dauern in der Regel drei Monate und
die „Neuentdeckung der Langsam- Dem Bestreben, in den Medien prä- haben rund ein Jahr Vorlaufzeit.
keit“ und eine willkommene Ab- sent zu sein und der Presse Themen              Natürlich ist bei Strato AG ein re-
                                                                                          ges Interesse am Internet
                                                                                          und allem, was mit Com-
                                                                                          putern zusammenhängt,
                                                                                          Voraussetzung, aber eines
                                                                                          Fachstudiums bedarf es in
                                                                                          der Regel nicht. Wichtiger
                                                                                          sind Engagement und In-
                                                                                          teresse, so wie bei Carsten
                                                                                          Zorger, für den der ver-
                                                                                          tiefte Umgang mit Com-
                                                                                          putern bis vor kurzem
                                                                                          eher ein interessantes
                                                                                          Hobby war.
                                                                                            Wer Angst hat, mit einer
                                                                                          Tätigkeit als Pressespre-
                                                                                          cher Brücken hinter sich
                                                                                          zum Journalismus abzu-
                                                                                          reißen, kann beruhigt sein:
                                                                                          Die Rückkehr eines Pres-
                                                                                          sesprechers in die Presse
                                                                                          sei heute möglich gewor-
                                                                                          den, meint Zorger. Gerne
                                                                                          gibt er Fragenden die
                                                                                          Empfehlung mit, dass die
                                                                                          Karrieren von heute im
                                                                                          „Zickzackkurs“ verlaufen
                                                                                          und dass man die zahlrei-
                                                                                          chen Medien wie auch die
                                                                                          Perspektiven      wechseln
Für jeden Interessenten das richtige Angebot.           Fotos: Strato/Kollage: Lange könne und vor allem solle.
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                        Dranbleiben
Von Thomas Gerlach

 Gedanken zum Online-Journalismus

E
      in „ganz normales Medium“                                                               Kaum eine Re-
      sei das World Wide Web ge-                                                              gionalzeitung
      worden nach einem guten                                                                 schafft es, ihre
Jahrzehnt des Bestehens – so                                                                  Aufmacher im
könnte man meinen. Es gibt heute                                                              Netz zu verkau-
praktisch keine Zeitung oder Zeit-                                                            fen.     Allenfalls
schrift in Deutschland mehr (mit                                                              kristallisiert sich
Ausnahme der „Fränkischen Lan-                                                                heraus, dass die
deszeitung“ im mittelfränkischen                                                              Online-Angebo-
Ansbach), die nicht auch im Inter-                                                            te der Tageszei-
net präsent wäre. Wie also funk-                                                              tungen zuneh-
tioniert der Journalismus im Netz,                                                            mend nur noch
im Jahre drei nach dem Zusam-                                                                 den Abonnenten
menbruch des Neuen Marktes                                                                    kostenfrei      zu-
(heute „Tec-Dax“) und aller damit                                                             gänglich        ge-
verbundenen Seifenblasen a la            Technisch sind Online-Journalisten gut ausgestattet. macht werden.
„New Economy“?                           Auch die Usability der Website ist wichtig.          Ist Online-Jour-

Schlecht. Hatten gegen Ende der
Neunziger Jahre die Verlage sozusa-      formation     wie
gen digitale Morgenluft gewittert, die   Spiegel und Fo-
Online-Redaktionen teils auf Kompa-      cus, die ihre je-
niestärke aufgebläht (allein die Süd-    weiligen Titel-
deutsche Zeitung beschäftigte zeit-      Geschichten seit
weise über 30 Redakteure nur für den     rund einem Jahr
Online-Bereich), da herrscht heute       vorab nur gegen
Stellenabbau, Depression allenthal-      Gebühr anbieten,
ben. Ernüchterung hat sich breit ge-     erzielen keine be-
macht. Ökonomisch sicher zu recht:       friedigenden
Alle Hoffnungen auf ein Ende der         Umsätze.
„Kostenlos-Mentalität“ im Internet,         Noch wesent-
also die Refinanzierung journalisti-     lich schwerer ist
scher Leistung durch Gebühren der        es natürlich, aus
Nutzer, haben sich zerschlagen.          der Provinz her- Vorbildlich gemacht – die Website des Hamburger Nach-
Selbst Anbieter echter Exklusiv-In-      aus zu agieren. richtenmagazins Der Spiegel.
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