EILDIENST 7-8 /2017 - AUS DEM INHALT: LVDM NRW
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EILDIENST 7-8 /2017 Aus dem Inhalt: NRW-Landrätekonferenz in Berlin Schwerpunkt: Zwischenbilanz schulische Inklusion „Kreismusikschule“ – Ein sinnvolles Trägermodell für Musikschulen im ländlichen Raum
EILDIENST Heft 7-8/2017 Auf ein Wort Die „Diesel-Affäre“ – eine Herausforderung auch für den kreisangehörigen Raum Seit einigen Wochen wird die Verkehrspolitik in Deutschland von der „Diesel-Affäre“ geprägt. Hintergrund sind vor allem die in Großstädten nicht eingehaltenen Grenz werte, allen voran für die Emission von Stickoxyden. Dies hat zu verwaltungsgericht lichen Urteilen geführt, die, wenn sie rechtskräftig werden, umfassende Fahrverbote für Dieselfahrzeuge zur Folge hätten. Verstärkt wird die politische Dimension dieses Pro- blems vor allem dadurch, dass bei mehreren Autoherstellern erhebliche Abweichungen bei den tatsächlichen Emissionswerten im Vergleich zu den Emissionswerten aus den Prüfverfahren nachgewiesen worden sind. In der öffentlichen Diskussion sind die Dieselfahrverbote bislang in erster Linie als ein großstädtisches Thema wahrgenommen worden. So sind beim sogenannten Diesel- Gipfel Anfang August 2017 vorrangig auch großstädtische Handlungsinstrumentarien zur Lösung der Problematik besprochen worden. Dies ist aber nur ein Teilaspekt des Problems. Vielmehr betreffen die Dieselfahrverbote in ganz erheblichem Umfang auch die kreisangehörigen Räume rund um die betroffenen Städte und Ballungsräume. Die meisten Verkehrsströme in den Metropolen und Metropolregionen beziehen sich unmittelbar auf das Umland – also den zumeist kreisangehörigen Raum rund um die Metropolen. Ein großer Anteil aller Verkehre startet und endet im kreisangehörigen Raum und erreicht von dort die Großstädte und Ballungsräume. Hunderttausende leben im Umland der Großstädte und Ballungsräume und pendeln täglich zu den dortigen Arbeitsplätzen. Ein Umstieg auf den öffent- lichen Personennahverkehr ist oft aufgrund der mäßigen Erreichbarkeiten nicht effizient möglich. Darüber hinaus pendeln viele Handwerker und Kleinunternehmer für ihre Tätigkeiten aus dem Ballungsraumumland in die Großstädte ein: In den Metropolen tragen mittlerweile mehr als die Hälfte aller Handwerkerfahrzeuge Kennzeichen aus dem kreisangehörigen Raum. Dies deckt sich im Wesentlichen mit entsprechenden Wirtschaftsstatistiken. Schließlich darf auch nicht vergessen werden, dass die meisten Großstädter heute aus dem Umland heraus versorgt werden, sei es in Bezug auf Lebensmittel oder weitere Waren des täglichen Bedarfs. Die meisten Erzeuger und Hersteller sind gerade nicht in den Großstädten selbst ansässig, sondern im kreisangehörigen Raum. Sowohl der Arbeitsmarkt als auch die Versorgung des großstädtischen Raums sind auf eine verkehrliche Erreichbarkeit aus dem kreisangehörigen Raum angewiesen: Insofern dürfte die Quote an Dieselfahrzeugen bei Pendlern bei rund 50 Prozent, bei Hand- werkern und Kleinunternehmern bei rund 75 Prozent und bei der Versorgung mit Gütern bei über 90 Prozent liegen. Kurzfristi- ge Fahrverbote hätte ganz erhebliche wirtschaftliche Auswirkungen, sowohl für die Großstädte als auch für den umliegenden kreisangehörigen Raum. Was ist zu tun? Vorrangig sind die Emissionen effizient und nachhaltig zu senken – ohne eine ideologisierte Politikausrichtung. Künftig müssen Schadstoffgrenzwerte konsequent eingehalten werden. Fahrzeughersteller, die dagegen verstoßen, sind ebenso konsequent zu sanktionieren. Dies umfasst insbesondere auch eine andere Art der Kontrolle der Grenzwerte, zum Beispiel durch Stichproben aus der laufenden Fahrzeugflotte heraus. Dazu gehört eine stärkere und unabhängigere Struktur des Kraftfahrzeug- bundesamtes. Sinnvoll erscheint es zudem, Steuern und Abgaben noch stärker auf die tatsächlichen Fahrzeugemissionen auszu- richten. Überdies sind alternative Antriebsmöglichkeiten zu fördern, insbesondere auch die Elektromobilität, die bislang einzige Antriebsart ohne lokale Emissionen. Falsch wäre aber eine einseitige Fokussierung auf die Elektromobilität. So wichtig und richtig die Forderung der Elektromobilität für bestimmte Anwendungen auch sein mag (rein innerstädtische Fahrten, Fahrten mit einem hohen Stop-and-Go-Anteil), ist nicht abzuschätzen, ob die Elektromobilität wirklich die umfassend beste Lösung für die verkehr- lichen und emissionsbezogenen Probleme in den Großstädten ist (Stichworte: Reichweite, CO2-Bilanz des verwendeten Stroms, Entwicklung der Anschaffungskosten, Umweltbilanz der Batterien, Leistungsfähigkeit der örtlichen Stromnetze). Das Erreichen der verkehrlichen und emissionsbezogenen Ziele sollte daher möglichst technologieoffen gestaltet werden. Eine überzogene Fokussierung allein auf die Elektromobilität sollte alternative Wege für zukünftig saubere „klassische“ Verbrennungsmotoren, die Weiterentwicklung der Brennstoffzellentechnologie, Gasantriebe, die Möglichkeit des zukünftigen Einsatzes synthetischer Kraft- stoffe oder anderweitige Zukunftstechnologie nicht ausschließen. Hier steckt enormes Forschungs- und Entwicklungspotential für den Technologiestandort Deutschland. Auch die nun angedachten Förderungen für emissionsmindernde Maßnahmen in den betroffenen Großstädten können nicht ohne eine Ausdehnung auf die Umlandkreise gedacht werden. Dies betrifft zum Beispiel die Ausweitung entsprechender Förderkulissen für die Anschaffung von Elektrobussen oder Erdgasbussen auch auf die Aufgabenträger im Umland der betroffenen Ballungsräu- me und die Förderung weiterer Maßnahmen zur verkehrlichen Intermodalität im Stadt-Umland-Verkehr. Nicht zuletzt steckt ein Lösungsansatz in der Vermeidung von Verkehr – etwa durch die Ausweitung von Home-Office-Lösungen oder die Entflechtung der Konzentration von Büro- und Dienstleistungsarbeitsplätzen aus den Kernen der Ballungsräume. Nur durch ein innovatives Bündel von Maßnahmen wird saubere Luft für die Innenstädte bei einem gleichzeitigen Erhalt der Ver- sorgungs- und Wirtschaftsstrukturen in Stadt und Umland zu erreichen sein. Dr. Martin Klein Hauptgeschäftsführer des Landkreistages Nordrhein-Westfalen 269
Inhalt EILDIENST Heft 7-8/2017 EILDIENST 7-8 /2017 Auf ein Wort Wort 269 Thema Aktuell Kavalleriestraße 8 40213 Düsseldorf Bewertung des NRW-Koalitionsvertrags von CDU und FDP Telefon 0211/ 300 491-0 für die Landtagswahlperiode 2017-2022 274 Telefax 02 11/ 300 491-660 E-Mail: presse@lkt-nrw.de Internet: www.lkt-nrw.de Aus dem Landkreistag Impressum EILDIENST – Monatszeitschrift Vorstand des LKT NRW am 23. Juni 2017 in Berlin 274 des Landkreistages Nordrhein-Westfalen NRW-Landrätekonferenz am 22./23. Juni 2017 in Berlin 275 Herausgeber: Hauptgeschäftsführer Dr. Martin Klein Redaktion: Schwerpunkt: Erster Beigeordneter Dr. Marco Kuhn Zwischenbilanz schulische Inklusion Beigeordneter Dr. Christian v. Kraack Hauptreferent Dr. Markus Faber Referentin Dr. Andrea Garrelmann Referentin Dorothée Heimann Nagelprobe des Inklusionsprozesses: schulische Förderung von Referent Thomas Krämer Schülerinnen und Schülern in besonderen Problemlagen im Kreis Kleve 280 Referentin Kirsten Rüenbrink Hauptreferent Dr. Kai Zentara Der „Mettmanner Weg“ – JA zur Inklusion – aber auch zur Förderschule 282 Quelle Titelbild: Kreismusikschule Hochsauerland- Nachhilfe für das 9. Schulrechtsänderungsgesetz – Ansätze aus dem kreis, Raphael Sprenger kommunalen Blickwinkel der StädteRegion Aachen 285 Redaktionsassistenz: Gaby Drommershausen Sonderpädagogische Förderung im Rheinisch-Bergischen Kreis: Astrid Hälker Förderschullandschaft bewahrt, Fortschritte der Inklusion betrachtet 287 Heike Schützmann Herstellung: Kreis Viersen konzipiert Förderschulen neu 289 ALBERSDRUCK GMBH & CO KG Leichlinger Straße 11 Neustrukturierung der Förderschullandschaft im Kreis Gütersloh 291 40591 Düsseldorf Schülerzahlen an Förderschulen: Prüfstein der schulischen Inklusion?! 292 ISSN 1860-3319 Gebündelter Rat in Sachen schulischer Inklusion – zwei Jahre Erfahrung im Beratungshaus Inklusion in Paderborn 294 Themen Die Kreise als „natürliche Mitte“ des Verfassungsstaats – Wegmarken der Entwicklung 1817-2017 297 „Kreismusikschule“ – Ein sinnvolles Trägermodell für Musikschulen im ländlichen Raum 299 Kreise in Nordrhein-Westfalen Kreis Coesfeld unterstützt neue Geschäftsmodelle durch 3D-Druck 301 270
EILDIENST Heft 7-8/2017 Inhalt EILDIENST 7-8 /2017 Im Fokus Kreis Warendorf verabschiedete Dr. Heinz Börger 303 Medien-Spektrum: Aktuelle Pressemitteilungen Kongress Kommunale Wirtschaftsförderung NRW 2017 in Münster Was braucht NRW jetzt – Wirtschaft und Wirtschaftsförderung 2017-2022 305 Landkreistag NRW alarmiert: Neuer Rekordstand der Kommunalverschuldung 305 NRW-Landrätekonferenz in Berlin: Nachhaltige Finanzhilfen des Bundes für Kommunen notwendig 306 Landkreistag NRW fordert: Bundesmittel für Bildungsinfrastruktur gezielt einsetzen 306 Landesregierung muss geplante Einstellungen vorziehen 306 Kurznachrichten Arbeit und Soziales Kommunale Jobcenter – Erfolgreich für Langzeitarbeitslose 307 22,3 Prozent der jungen Akademiker übernahmen 2015 zum Berufseinstieg Führungsaufgaben 307 Verdienste im öffentlichen Dienst in NRW um 6,2 Prozent niedriger als in der Privatwirtschaft 308 Beschäftigtenzahl im öffentlichen Dienst in NRW Mitte 2016 um 1,1 Prozent höher als ein Jahr zuvor 308 2016 gab es 20,8 Prozent mehr Anträge auf Anerkennung im Ausland erworbener Berufsabschlüsse als 2015 308 Jede(r) Achte in NRW war 2014 von materiellen Entbehrungen betroffen309 2016 bezogen 43,4 Prozent mehr Haushalte in NRW Wohngeld 309 20 Jahre Pflege- und Wohnberatung im Kreis Unna – Kostenlos, neutral und unabhängig 309 Finanzen NRW-Kommunen waren Ende 2016 mit 63,4 Milliarden Euro verschuldet 310 271
Inhalt EILDIENST Heft 7-8/2017 EILDIENST 7-8 /2017 Finanzen Grund- und Gewerbesteuerhebesätze aller Kommunen Deutschlands jetzt online für das Jahr 2016 verfügbar 311 Gesundheit „Christoph 8“ bringt Hilfe aus der Luft 311 Warn-App „NINA“ jetzt auch für den Märkischen Kreis freigeschaltet 312 2015 starben in NRW vier Prozent weniger Menschen infolge von Lungen- und Bronchialkrebs als ein Jahr zuvor 312 Kinder, Jugend und Familie Zahl der Schutzmaßnahmen für Kinder und Jugendliche in NRW waren 2016 um ein Drittel höher als 2015 312 Zahl der Adoptionen in NRW im Jahr 2016 auf Vorjahresniveau 313 „Auf den Anfang kommt es an“ – Handreichung für den gelingenden Übergang im Ennepe-Ruhr-Kreis 313 Inklusion „Tagespflege inklusiv“: Tagespflegepersonen im Rhein-Sieg-Kreis jetzt auch für Kinder mit Behinderungen ausgebildet 314 Integration Mehr als 10 Millionen Ausländer in Deutschland 314 Ausländerzahl in Nordrhein-Westfalen auf Rekordhöhe gestiegen 315 23 Prozent weniger Empfänger von Asylbewerberleistungen 315 KOMM-AN-NRW im Märkischen Kreis – eine Zwischenbilanz 316 Kultur und Sport Der FreizeitGuide Euregio 2017 ist da 316 Kreis Unna gibt Fotobuch heraus - „Einblicke – Ansichten – Überblicke“ 317 Schule und Weiterbildung Im Sommer 2016 wechselte mehr als jedes vierte Kind in NRW von der Grundschule zur Gesamtschule 317 0,5 Prozent weniger Schülerinnen und Schüler an NRW-Berufskollegs 318 272
EILDIENST Heft 7-8/2017 Inhalt EILDIENST 7-8 /2017 768.353 Studierende an NRW-Hochschulen im Wintersemester 2016/17 318 Zahl der Auszubildenden in Nordrhein-Westfalen war im Jahr 2016 so niedrig wie nie 318 Bildungsprogramm „Rucksack Schule“ unterstützt Kinder mit Zuwanderungsgeschichte jetzt auch im Kreis Wesel 319 Schullandschaft im Überblick – Karte zeigt alle Standorte im Kreis Unna 319 Umwelt und Landwirtschaft 2016 wurden Obst- und Gemüseerzeugnisse im Wert von fast zwei Milliarden Euro industriell hergestellt 320 NRW-Betriebe erwirtschafteten 2015 rund 6,1 Milliarden Euro mit Waren, Bau- und Dienstleistungen für den Umweltschutz 320 Klimaschutz geht online – Neue Internetpräsenz des Kreises Coesfeld 320 Wildnis im Rhein-Sieg-Kreis – natürlicher Artenschutz in Staatswäldern 321 Wirtschaft NRW-Wirtschaftsleistung im Jahr 2015 in der Rheinschiene am höchsten 321 Persönliches Landrat a.D. Wilhelm Krömer verstorben 321 Landrat a.D. Josef Linden verstorben 322 Langjährige Mitarbeiter im Kreis Coesfeld verabschiedet 322 Schulamtsdirektor Volker Reichel in den Ruhestand verabschiedet 323 Hinweise auf Veröffentlichungen Veröffentlichungen 324 273
Thema aktuell / Aus dem Landkreistag EILDIENST Heft 7-8/2017 NRW-Koalitionsvertrag von CDU und FDP für die Landtagswahlperiode 2017-2022 CDU und FDP haben am 16.06.2017 ihren Koalitionsvertrag für die Landtagswahlperiode von 2017-2022 unter dem Titel „NRW- Koalition“ vorgelegt. D er 124-seitige Koalitionsvertrag, der mittels einer Online-Mitgliederbefra- gung bei der FDP und einem Beschluss Landrat Thomas Hendele, war Mitglied der Arbeitsgruppe „Kommunen“, die von Sei- ten der CDU vom bisherigen stellvertreten- lich eine nachhaltige Entlastung der Kom- munen gesichert werden,“ hob Hendele hervor. des CDU-Landesparteitags die Zustim- den Fraktionsvorsitzenden und inzwischen Der Bund müsse zudem die Kosten der mung der jeweiligen Parteibasis gefunden zum neuen Landtagspräsidenten gewähl- Unterkunft von Flüchtlingen auch über hat und am 26.06.2017 von den beiden ten Abgeordneten André Kuper geleitet das Jahr 2018 hinaus übernehmen, für die Partei- und Fraktionsvorsitzenden Armin worden war. langfristige Integration dieser Menschen Laschet und Christian Lindner unterzeich- Im Rahmen der NRW-Landrätekonferenz aufkommen sowie für die Kosten, die den net wurde, gliedert sich in fünf Hauptab- in Berlin haben die Vorstandsmitglieder des Kommunen durch die Duldung von Men- schnitte: LKT NRW die Lage der Kommunen unter schen entstehen. Die Landräte vertieften I. Land des Aufstiegs durch Bildung anderem mit Bundesfinanzminister Dr. Integrations-, Duldungs- und Rückfüh- II. Land der Innovation und einer starken Wolfgang Schäuble und Vorsitzenden der rungsfragen mit Bundesinnenminister Dr. Wirtschaft CDU/CSU-Fraktion im Bundestag, Volker Thomas de Maizière und Parlamentari- III. Land der Sicherheit und Freiheit Kauder, erörtert. Gesprächspartnerin für schen Staatssekretär Dr. Günter Krings. IV. Land der vielfältigen Regionen die SPD war die Erste Parlamentarische Mit Bundesumwelt- und -bauministerin V. Land des sozialen und gesellschaft Geschäftsführerin, Christine Lambrecht. Dr. Barbara Hendricks diskutierten die lichen Zusammenhalts „Dennoch steigen die bundesrechtlich Landräte Ideen für neue Städtebauförde- Außerdem enthält der Koalitionsvertrag veranlassten kommunalen Sozialkosten rungsprogramme für bezahlbare Wohnun- noch zwei kurze Hauptabschnitte zur um rund vier Milliarden Euro jährlich an. gen im kreisangehörigen Raum, die Klima Kooperation der Koalitionspartner und zur Allein die Kosten der Eingliederungshil- politik und Umweltforderungen an die Aufteilung der Ressortbereiche auf die bei- fe für behinderte Menschen erhöhen sich Landwirtschaft. den Koalitionspartner. um eine Milliarde Euro pro Jahr. Dies ist Zudem tauschten sich die Landräte mit Während der Koalitionsverhandlungen trotz der Bundeshilfen nicht zu stemmen“, SPD-Gesundheitsexperten Prof. Dr. Karl hatte der LKT NRW die Gelegenheit, seine unterstrich Hendele. Angesichts dieses Lauterbach über gesundheits- und pflege- Erwartungen und Forderungen an die neue enormen Aufwuchses sei eine Dynamisie- politische Maßnahmen und Perspektiven Landesregierung auf der Basis seiner zen- rung der Bundesbeteiligung an den kom- aus. tralen Forderungen (vgl. EILDIENST LKT munalen Sozialkosten oder eine erhöhte NRW Nr. 4/April 2017, S. 125 ff) einzu- kommunale Steuerbeteiligung mit Dyna- EILDIENST LKT NRW bringen. Der Präsident des LKT NRW, misierung notwendig. „Nur so kann end- Nr. 7-8/Juli-August 2017 10.11.04.1 Vorstand des Landkreistages NRW am 23. Juni 2017 in Berlin I n seiner jüngsten Sitzung, die im Rah- men der Landrätekonferenz in Berlin abgehalten wurde, befasste sich der Vor- kommunalfreundlichen Inhalte. Insbeson- dere in den Bereichen Polizei, schulische Inklusion und bei der Kommunalfinan- auf die bevorstehende Bundestagswahl verabredeten die Vorstandsmitglieder, über die Geschäftsstelle des Landkreistages stand des LKT NRW intensiv mit dem in zierung sei ein Großteil der Forderungen NRW eine mögliche gemeinsame Positio- Nordrhein-Westfalen von CDU und FDP des Landkreistages NRW aufgenommen nierung der kommunalen Spitzenverbände ausgehandelten Koalitionsvertrag. Der worden. Allerdings fehle eine Aussage, in Nordrhein-Westfalen zu kommunal rele- Vorstand begrüßte das Ergebnis der Ver- ob und in welchem Umfang das Land die vanten Themen zu initiieren. handlungen und zeigte sich erfreut über Integrationspauschale des Bundes in Höhe das zügige Zustandekommen des Koali- von über 400 Millionen Euro jährlich an die EILDIENST LKT NRW tionsvertrags und seine an vielen Stellen Kommunen weiterleiten werde. Mit Blick Nr. 7-8/Juli-August 2017 00.10.10 274
EILDIENST Heft 7-8/2017 Aus dem Landkreistag NRW-Landrätekonferenz am 22./23. Juni 2017 in Berlin Die Landräte aus Nordrhein-Westfalen haben im Rahmen ihrer diesjährigen Konferenz am 22. und 23. Juni in Berlin erneut kom- munale Themen und Problemlagen mit hochrangigen Bundespolitikern erörtert. Zentrales Thema der Gespräche, die im Bundestag, im Bundesfinanzministerium und im Bundesrat stattfanden, waren einmal mehr die stetig wachsenden kommunalen Sozialkosten. Die Landräte diskutierten mit Bundesfinanzminister Dr. Wolfgang Schäuble (CDU), Bundesumweltministerin Dr. Barbara Hendricks (SPD) sowie dem Vorsitzenden der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Volker Kauder. Weitere Gesprächspartner waren die Erste Par- lamentarische Geschäftsführerin der SPD-Bundestagsfraktion, Christine Lambrecht, der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion, Prof. Dr. Karl Lauterbach, sowie der Parlamentarische Staatssekretär beim Bundesminister des Innern, Dr. Günter Krings (CDU). Darüber hinaus nutzte Bundesinnenminister Dr. Thomas de Maizière (CDU) das Abendessen am ersten Kon- ferenztag für einen ausführlichen informellen Gedankenaustausch mit den Landräten. Im Rahmen ihrer diesjährigen Konferenz trafen sich die NRW-Landräte unter anderem mit Bundesfinanzminister Dr. Wolfgang Schäuble. Quelle: BMF Minister Dr. Schäuble stellte die politi- ziert werde, sei mittels der tatsächlichen schen Positionen der Bundesregierung Entwicklung bis 2018 zu evaluieren; sie zu den Themen Kosten der Unterkunft könne derzeit nicht beantwortet werden, für Flüchtlinge, Evaluierung des Bundes- jedoch seien zusätzliche Belastungen für teilhabegesetzes, Kosten der Integration den Bund zu vermeiden. Die Strategie des und zur direkten Steuerbeteiligung der Bundes sei es, im Hinblick auf die Flücht- Kreise dar. Er knüpfte dabei zunächst an lingsproblematik auch im größeren euro- die Beschlussfassung im Deutschen Bun- päischen Zusammenhang dafür zu sorgen, destag und Bundesrat am 1. und 2. Juni dass die Situation sich in Afrika stabilisiere. 2017 an, mit der die Reform der Bund- Der Bund brauche zu diesem Zweck finan- Länder-Finanzbeziehungen beschlossen zielle Handlungsfähigkeit. Nicht zuletzt worden sei. Es sei bemerkenswert, dass deswegen sei die Bundeskanzlerin bei der dieser Reformschritt nun zum Abschluss Frage zurückhaltend. gelangt sei. Dies sei gerade im Hinblick auf Auch mit Blick auf das Bundesteilhabe- die Herausforderungen durch den Flücht- gesetz sei eine Evaluierung vonnöten. Es Dr. Wolfang Schäuble zu lingszustrom wichtig, bei denen enorme bedürfe eines vernünftigen Zusammenwir- den Folgen des Flüchtlings- Anstrengungen sowohl von Kommunen kens mit den Ländern. Dies sei in der näch- zustroms für die öffentlichen und Ländern als auch der Bund unter- sten Legislaturperiode anzugehen. nommen worden seien; namentlich den Die Chance für die Erschließung einer eige- Haushalte und weiteren Kommunen sei für ihr großes Engagement nen Steuerquelle für die Kreise schätzte der finanzpolitische Themen zu danken. Die Bevölkerung habe oft- Minister für derzeit nicht hoch ein. Die Idee Bundesfinanzminister Dr. Wolfgang mals kein Verständnis, wenn im föderalen der Bestimmung eigener Hebesätze bei der Schäuble leitete seine Ausführungen mit System auf unterschiedliche Zuständigkei- Einkommensteuer sei vor einigen Jahren dem Hinweis ein, dass die Haushaltspla- ten verwiesen werde; sie erwarte Lösun- schon sehr weit vorangetrieben worden, nung und die mittelfristige Finanzpla- gen für Probleme. Daher gebe es häufig dann letztlich aber am Städtetag geschei- nung für den Bund in wenigen Tagen ins den Ruf nach dem Bund. Wer hier nicht tert. Kabinett eingebracht würden, auch wenn zügig handele, drohe die Politikverdros- Der Deutsche Landkreistag habe dies erst der am 24.09.2017 neu zu wählende senheit zu verschärfen. Insofern sei die nun zurecht als verpasste Gelegenheit bewer- Deutsche Bundestag über den Bundes- vorgenommene Reform der Bund-Länder- tet. Absehbar seien die Aussichten für haushalt 2018 entscheide. Die Finanzlage Finanzbeziehungen auch über den Tag einen solchen neuerlichen Vorstoß gering. stelle sich aus Sicht des Bundesministers hinaus wichtig. Diese Auffassung vertrat der Minister auch auf allen Ebenen gut dar; jedenfalls besser, Die Frage, wie die Kosten der Unterkunft zu dem Ansatz, die Kreise an der Umsatz- als vor vier Jahren gedacht. von Flüchtlingen ab dem Jahr 2019 finan- steuer angemessen zu beteiligen, obwohl – 275
Aus dem Landkreistag EILDIENST Heft 7-8/2017 jedenfalls nach aktueller Rechtslage – eine von Bundesförderung kommen sollten. hang verwies sie auch auf EU-Fördersyste- zusätzliche Unterstützung der Kommunen Hintergrund des Programmes sei die me, die teilweise falsche Anreize setzten, mittels einer stärkeren Beteiligung des Bun- Intensität der öffentlichen Kritik an einem indem diese besonders intensive Landwirt- des bei den Kosten der Unterkunft wegen zum Teil trostlosen Zustand der Schulen schaft förderten. Eine wesentliche Her- der grundgesetzlichen Beteiligungsgren- in Deutschland. Der gegenseitige Verweis ausforderung sei zudem der Klimaschutz. zen ohne ein Umschlagen in Bundesauf- auf die Verantwortlichkeit der Länder bzw. Die Notwendigkeit, den Klimawandel zu tragsverwaltung begrenzt ausfalle. Es solle Kommunen führe zu zusätzlicher Politik- begrenzen, sei nach wie vor nicht ernsthaft aber grundsätzlich über die Aufteilung von verdrossenheit, der man mit diesem Vor- streitig. Die Bundesregierung habe hier mit Aufgaben und Einnahmen im Bundesstaat stoß entgegenwirken wolle. dem Klimaschutzplan 2050 bereits einen diskutiert werden. Die Föderalismusreform Zum Ende des Gesprächs nutzte der wichtigen Beitrag geleistet. Die Ministerin habe sich nicht so erfolgreich gestaltet wie Minister die Gelegenheit, den Landräten betonte besonders die Chancen, die dieser erhofft. Man müsse die kommende Zeit für ihre Arbeit Dank und Respekt auszu- wichtige Transformationsprozess auch für nutzen, das System insgesamt zu stabilisie- sprechen und herauszustreichen, welche die Wirtschaft habe. ren. Indes stelle sich die Frage, wie hoch Leistungen die Kreise und Landräte wäh- Zur Städtebauförderung führte Ministerin die Akzeptanz der Bevölkerung für Verän- rend der Hochphase der Flüchtlingskrise Hendricks aus, dass etwa die Hälfte der derungen sei. Auf die Frage, ob der Bund erbracht haben. Städtebaufördermittel derzeit in den länd- zusätzliche Entwicklungshilfe für Afrika lichen bzw. kleinstädtischen Raum fließe. plane, führte der Bundesminister aus, Dies sei besonders wichtig, weil gerade dass Nordafrika genauso geholfen werden dort den Ortskernen eine wichtige Rolle müsse wie der Türkei. Den Schlepperban- zukomme, um die Lebensqualität vor Ort den müsse die Geschäftsgrundlage entzo- zu erhalten. Zudem setze jeder investier- gen werden. te Euro in der Städtebauförderung etwa In diesem Zusammenhang sei auch eine das Siebenfache an Investitionen frei; die konsequente Abschiebepolitik erforder- Bundesregierung habe die Mittel daher in lich, um klare Signale zu setzen. Die Politik den letzten Jahren stetig aufgestockt. Ein müsse insgesamt zeigen, dass sie entschei- aktueller Vorschlag sei ein „Familienbau- dungsfähig sei. In diesem Zusammenhang geld“, das jungen Familien helfen solle, sei auch wichtig, dass die Europäische Eigentum zu erwerben, die wegen fehlen- Union stabil bleibe, denn Deutschland den Eigenkapitals keinen Kredit bekämen. brauche Europa dringend. Hier müsse Dieses Baugeld solle als nicht rückzahlbarer die Politik „klare Kante“ auch gegenüber Zuschuss ausgestaltet werden und insbe- extremistischen Lagern zeigen. sondere in solchen Gegenden Anwendung Der Minister gab auch zu eher technisch Dr. Barbara Hendricks zur finden, in denen Leerstand herrsche; so anmutenden Fragestellungen Auskunft: So Umwelt- und Wohnungsbau- könnten junge Familien unterstützt und zeigte er sich aufgeschlossen für die Ein- politik des Bundes zugleich Investitionen in Bestandsimmobi- richtung einer Clearingstelle zur Bewälti- lien im ländlichen Raum angeregt werden. gung der sich im Zusammenhang mit der Die Bundesministerin für Umwelt, Natur- Die Teilnehmer der Konferenz bestätig- Umsetzung von § 2b UStG für die Kommu- schutz, Bau und Reaktorsicherheit, Dr. ten in der Diskussion mit der Ministerin nen ergebenden Rechtsprobleme. Dabei Barbara Hendricks, tauschte sich intensiv die Bedeutung der Städtebauförderung; könne diese eventuell nicht in die Lage mit den NRW-Landräten über die Umwelt- genauso wichtig sei jedoch auch eine gute versetzt werden, verbindliche Auskünfte und Wohnungsbaupolitik des Bundes aus. Ausstattung der Dorferneuerung, um akut im Sinne der Abgabenordnung zu geben. Thematisiert wurden dabei die Perspek gefährdete ländliche Räume zu unterstüt- Eine nähere Prüfung dieses Vorschlages tiven für eine nachhaltige Landwirtschaft. zen. Die Ministerin stimmte dieser Auf- des Landkreistages NRW sagte der Mini- Im Bereich der Landwirtschaft habe es fassung ausdrücklich zu und betonte, die ster zu, um zu zügigeren Ergebnissen als einige Fehlentwicklungen in der Vergan- Strukturentwicklung sei in ihrer Gesamt- im Rahmen der Bund-Länder-Konferenzen genheit gegeben, die zum Teil zu drama- heit zu betrachten. zu gelangen. Zu bedenken sei allerdings tischen Umweltauswirkungen führten, Zur Frage einer nachhaltigen Landwirt- auch, dass die Gesetzgebung und der Voll- daher dürfe auch das Umweltministerium schaft wandten die NRW-Landräte ein, zug im Mehrwertsteuerbereich stark durch nicht untätig sein. Gerade in NRW gebe es man dürfe nicht nur dem realitätsfernen die Europäische Union geprägt seien. Die starke Belastungssituationen. Die Ministe- Bild eines idyllischen Landbauernhofs mit Steuerpflichtigen hätten allgemein eine rin verwies in diesem Zusammenhang auf Hofladenromantik nachhängen; oftmals Tendenz, nach Auswegen aus der Mehr- eine aktuelle Meldung des Umweltbun- handele es sich um jahrhundertealte Fami- wertsteuerpflicht zu suchen. desamtes, dass das Grundwasser extrem lienbetriebe, die vor allem wirtschaftlich Schließlich informierte der Minister über nitratbelastet sei und für die Sicherstellung arbeiten müssten. Die Ministerin erläuterte den aktuellen Stand der Beratungen über einer gleichbleibend hohen Trinkwasser- hierzu, dass der wesentliche Teil der Land- die Ausgestaltung der Verwaltungsverein- qualität die Preise für Trinkwasser mög- wirte nicht mehr wirtschaftlich arbeiten barung zur Umsetzung der Bundesförde- licherweise erhöht werden müssten. Es könne und auf Subventionen angewiesen rung für die Bildungsinfrastruktur finanz- sei daher beispielsweise notwendig, dass sei; so stamme bei konventionellen Betrie- schwacher Kommunen. Wenige Stunden die Anzahl der gehaltenen Tiere in einem ben bis zu 50 % des Einkommens aus För- zuvor sei im Rahmen der Finanzminister- sinnvollen Zusammenhang zur Größe der dermitteln, bei Biobauern im Schnitt sogar konferenz ein neuer Entwurf beraten wor- bewirtschafteten Fläche stehe. Es bedür- bis zu 70 %. den, der vorsehe, dass die Definition der fe einer Diskussion über eine soziale und Nach ihrer Auffassung sollten daher diese Finanzschwäche weitgehend den Ländern ökologische Landwirtschaft, die auch das Mittel für Leistungen gezahlt werden, die überlassen bleibe, aber nicht mehr als 50 % Tierwohl sowie örtliche Belastungssitua- über das rein wirtschaftliche Arbeiten hin- der Kommunen eines Landes in den Genuss tionen akzeptiere. In diesem Zusammen- aus erbracht würden. Auch so werde zum 276
EILDIENST Heft 7-8/2017 Aus dem Landkreistag Erhalt der landwirtschaftlichen Betriebe einmal zu überdenken und den derzeitigen solle, einer Beschäftigung nachzugehen. und damit auch der bäuerlichen Kultur- Solidaritätszuschlag beispielsweise in einen Aus seiner Sicht sei es schließlich auch so, landschaft beigetragen. „Demografiesoli“ umzuwandeln, um so dass die Geflüchteten nun in Arbeitsberei- die durch den demografischen Wandel che hineinwachsen könnten, die von der aufkommenden Belastungen abzufangen, bereits ansässigen Bevölkerung nicht mehr trat der Unionsfraktionsvorsitzende ent- im hinreichenden Maß nachgefragt werde. gegen. Er gab zu bedenken, dass der Soli- Flüchtlinge seien mitunter bezogen auf daritätszuschlag vom Bundesverfassungs- bestimmte Beschäftigungsfelder flexibler gericht für einen ganz bestimmten Zweck und offener. als verfassungsgemäß eingestuft wurde. Zur Durchführung von Abschiebungen Da dieser Zweck jetzt nicht mehr da sei, wiesen einige Konferenzteilnehmer darauf müsse die Abschaffung in Angriff genom- hin, dass diese mitunter an der Akzeptanz men werden. Den Soli an einen neuen der Herkunftsländer scheiterten. Sie for- Zweck, wie etwa den demografischen derten daher die Bundesregierung auf, auf Wandel, zu koppeln, halte er für schwer internationaler Ebene weitere Gespräche mit dem Grundgesetz vereinbar. Trotz der zu führen, damit die Personen, die kein Tatsache, dass die aktuelle Bundesregie- Bleiberecht haben, auch wieder von ihren rung die Kommunen auf vielfältige Weise Herkunftsländern aufgenommen werden. von finanziellen Belastungen entlastet hat, Nach Kauders Einschätzung solle man das Volker Kauder zur Bilanz der beschrieben die Konferenzteilnehmer das Thema Abschiebungen nicht zu sehr auf Unionsfraktion im Hinblick nach wie vor bestehende Problem, dass die Zahl der Abschiebungen beschränken. auf kommunalrelevante die kostenaufwendigen Sozialausgaben Maßgeblich sei vielmehr die Tatsache, dass der Kommunen in der Regel aus Bundes- die Abschiebemöglichkeiten konsequent Themen gesetzen resultierten und der Bund Stan- genutzt würden. Dies motiviere nach sei- Einen angeregten Austausch führten die dards beschließe, die die Kommunen dann ner Einschätzung Flüchtlinge, die kein Tagungsteilnehmer der NRW-Landräte- umsetzen und deren finanziellen Auswir- Bleiberecht haben, auch zu freiwilligen konferenz auch mit dem Fraktionsvorsit- kungen auffangen müssten. Die Kommu- Ausreisen. Berücksichtige man die interna- zenden der CDU-/CSU-Bundestagsfrak- nen wünschten sich daher einen besseren tionalen Beziehungen und Möglichkeiten tion Volker Kauder, MdB. Eine Vielzahl konnexitätsrechtlichen Schutz gegenüber der Einflussnahme auf die Herkunftslän- kommunalrelevanter Themen – neben einzelnen Aufgabenübertragungen des der, seien mit einigen dieser Länder bereits finanzpolitischen Fragen auch solche der Bundes, da die Konnexitätsregelungen der intensive Gespräche geführt worden. Die Asyl- und Flüchtlingspolitik, des Klima- Länder („wer bestellt, bezahlt“) Schutzlüc- Bundesregierung sei weiterhin bestrebt, schutzes und des Baurechts – wurden erör- ken zu Lasten der Kommunen aufwiesen. bessere Bedingungen zu erreichen und so tert. Den deutlich unterstrichenen Dank Der Fraktionschef konnte die Argumenta- die Akzeptanz zu fördern. Von den Teil- der Konferenzteilnehmer hinsichtlich der tion nachvollziehen, seines Erachtens stelle nehmern wurde gefragt, ob man nach der seitens der Großen Koalition bewirkten sich die Frage eines Konnexitätsgrundsat- Bundestagswahl damit rechnen könne, Entlastungen für die Kommunen nahm zes im Verhältnis zwischen dem Bund und dass eine unionsgeführte Bundesregie- der Fraktionschef gerne entgegen, konn- den Kommunen aber rechtlich nicht. rung ein vernünftiges Einwanderungsge- te aber auch die bestehenden Sorgen Auch zur Flüchtlingspolitik tauschten sich setz schaffen werde, das beispielsweise der Kreise um die Kosten der Integration die Landräte mit Volker Kauder inten- auch ermögliche, Grenzen zu schließen. und die durch das Bundesteilhabegesetz siv aus. Kritisch sahen sie die sogenannte Angesichts der Vielzahl von Wirtschafts- (BTHG) zu erwarteten Mehrbelastungen 3 plus 2-Regelung in § 60 a des Aufent- flüchtlingen sei dies – so die Einschätzung gut nachvollziehen. Da er selbst lange Zeit haltsgesetzes. Diese Vorschrift ermöglicht einiger Landräte – dringend geboten. Kau- in einer Kreisverwaltung – u. a. zehn Jahre es einem vollziehbar ausreisepflichtigen der erwiderte, dass es in der Union sehr als stellvertretender Landrat – tätig gewe- Flüchtling, seinen Aufenthalt fortzusetzen, unterschiedliche Auffassungen gäbe, so sen sei, fiele ihm der Perspektivwechsel wenn er in einem Ausbildungsverhältnis dass ihm nicht möglich sei, eine eindeutige nicht schwer. Ihm sei klar, dass in finanz- steht. Systematisch sei diese Regelung Antwort zu geben. Er selbst sei gegen die politischer Hinsicht aus kommunaler Sicht aus Sicht der Kommunen nicht nachvoll- Schaffung eines Einwanderungsgesetzes immer noch „Luft nach oben“ sei. Der ziehbar. Kauder gab in seiner Erwiderung und hob noch einmal die Tatsache hervor, Bund habe in den letzten Jahren und auch zu bedenken, dass die Regelung nicht zu dass Deutschland als einziges Land einen für die kommenden Jahre die kommunale einem Statuswechsel führe, sondern ledig- individuellen Asylanspruch habe. Dies sei Ebene mit milliardenschweren Finanz- und lich eine Duldung des Geflüchteten für die in allen anderen Ländern, die ein Einwan- Investitionshilfen gestärkt, insbesondere Zeit der Ausbildung zur Folge habe. Die derungsgesetz hätten, nicht der Fall. mit der Übernahme der Grundsicherung Regelung sei zu Beginn der Flüchtlings- Zum Baurecht wurde aus dem Kreise der im Alter und bei Erwerbsminderung sowie krise eingeführt worden, als noch nicht Teilnehmer auf den Koalitionsvertrag der bei den Flüchtlings- und Integrationsko- absehbar war, wie schnell das Bundesamt neuen Landesregierung in Nordrhein- sten. Zudem habe der Bund sich entschlos- für Migration und Flüchtlinge arbeite. Jun- Westfalen hingewiesen. Danach wolle sen, die kommunale Investitionsförderung gen Leuten sollte die Möglichkeit gegeben NRW sich in einer BundesratsInitiative für für Bildungsinfrastruktur erheblich aufzu werden, eine Ausbildung zu beginnen und die Evaluierung der Energieeinsparverord- stocken. Die CDU/CSU habe weiterhin für diese Zeit auch bleiben zu dürfen. Zum nung 2016 einsetzen. Hintergrund seien angekündigt, den Solidaritätszuschlag ab Zeitpunkt der Schaffung der Regelung sei die auf Grund der Standards für energe- 2020 stufenweise abzuschmelzen, so dass man davon ausgegangen, dass die Verfah- tisches Bauen in die Höhe getriebenen der Bund dann auch noch auf weitere Ein- rensdauer ohnehin mindestens zwei Jahre Baukosten. Volker Kauder nahm dies mit nahmen verzichte. Der Anregung aus den in Anspruch nehme und der Personenkreis großem Interesse zur Kenntnis und erklär- Reihen der Teilnehmer, diese Pläne noch in dieser Zeit die Möglichkeit bekommen te, man müsse nun abwarten, was diese 277
Aus dem Landkreistag EILDIENST Heft 7-8/2017 BundesratsInitiative ergeben werde. Bei modernisieren. So sei auch die Förderung schen bereit sind, sich für andere Menschen allen Vorstößen dürfe aber der Klimaschutz von Kitas und Schulen eine Aufgabe, deren einzusetzen. Ebenso sei anzunehmen, dass nicht aus den Augen verloren werden. Finanzausstattung noch deutlich unter den diese Arbeit Geld und Ressourcen koste. Welche Konsequenz aus der gesetzlich Anforderungen liege. In Zukunft müsse So bliebe es notwendig, seitens des Bundes vorgesehenen Evaluation der finanziellen darüber nachgedacht werden, die Höhe dafür Sorge zu tragen, dass die Kommu- Wirkung des Bundesteilhabegesetzes sei- des BAföG so auszugestalten, dass mehr nen eine entsprechende finanzielle Erstat- tens der Bundesregierung gezogen würde, junge Menschen die Möglichkeit erhielten, tung erhielten. Die Aufgabe der Integra- beantwortete der Fraktionsvorsitzende in attraktiven Städten mit hohen Wohnko- tion sei eine der größten und wichtigsten nicht eindeutig. Klar sei, dass ein Bundes- sten ein Studium aufnehmen zu können. Herausforderungen. Mit der erstmaligen gesetz finanziell auch entsprechend aus- Auch diese Generation müsse die Chance Verabschiedung eines Integrationsgesetzes gestattet werden müsse. Nun sei es aber erhalten, sich auf das Studium konzen- nähere man sich der Bewältigung dieser so gewesen, dass man sich im Gesetz trieren zu können ohne sich fortwährend Herkulesaufgabe. So sei die Lösungssuche gebungsverfahren auf eine Finanzierung Sorgen über ihre wirtschaftliche Existenz auf die Fragen des Familiennachzuges und von Bund, Ländern und Kommunen zu je machen zu müssen. Dies sei für die Fort- der Schaffung von Wohnraum unmittel- einem Drittel verständigt habe, der Bund entwicklung der Wissensgesellschaft ein bare Folge der zurückliegenden Ereignisse. dieses bereits umgesetzt habe, die anderen wesentliches Ziel der Bundesregierung. Dabei sei ausdrücklich darauf hinzuweisen, Finanzierungspartner jeweils aber noch in Sie wies hierbei ausdrücklich auf die Neu- dass die Bereitstellung bezahlbaren Wohn- der Findungsphase einer Finanzierungs- ordnung der Finanzbeziehungen zwischen raums nicht nur für die Flüchtlinge, son- regelung seien. Der Bund sei damit nicht Bund, Ländern und Kommunen hin. Dem dern auch für alle Bevölkerungsschichten mehr am Zuge. Bürger sei letztlich egal, wer für eine Auf- des Landes von existentieller Bedeutung gabe zuständig ist, er erwartet eine ange- sei. Mit der Mietpreisbremse sei hierzu messene Finanzausstattung für wesent ein erster Versuch gestartet worden, der liche Bereiche der öffentlichen Infrastruk- aber nach den ersten Erfahrungen neu zu tur und damit auch und insbesondere im bewerten und gegebenenfalls zu überar- Bildungsbereich. Daher sei die Koalition zu beiten sei. dem Schluss gekommen, dass ein Aufbre- Von zentraler Bedeutung für die sozialde- chen des sogenannten Kooperationsverbo- mokratische Politik in der Bundesregierung tes erforderlich sei um die Länder bei der sei die wirtschaftliche Situation der Men- Finanzausstattung der Schulen zu unter- schen im Land. Dass mit Einführung des stützen. Mindestlohnes hier ein Erfolg erzielt wor- Die hierfür bereitgestellten 3,5 Milliarden den sei, müsse nach den dagegen über- Euro seien zudem ein hervorragendes wundenen Widerständen deutlich genannt Konjunkturprogramm für kleine und mit- werden. Frau Lambrecht rief dazu auf, die telständische Unternehmen vor Ort, denn Bekämpfung des Missbrauchs bei der Zeit- wenn es an die Sanierung und Digitalisie- arbeit in der kommenden Legislaturperiode rung der Schule gehe, seien diese Unter- zu einem zentralen sozialpolitischen Thema Christine Lambrecht zu den nehmen erste Ansprechpartner. zu machen. wesentlichen Schwerpunkten Zu den aktuellen Fragen der Gesundheits- der Arbeit der Regierungs- politik unterstrich Christine Lambrecht die Herausforderungen, die mit der alternden koalition in der vergangenen Gesellschaft einhergehen. Es sei gelungen, Legislaturperiode im Rahmen der Pflegereform Demenz als Zum Auftakt der diesjährigen Landräte- eine Erkrankung aufzunehmen, für die konferenz schilderte Christine Lambrecht, Hilfen zur Verfügung gestellt werden kön- die als Erste Parlamentarische Geschäfts- nen. Endlich gebe es für die Angehörigen führerin der SPD-Bundestagsfraktion für eine Möglichkeit, sich finanziell helfen zu die Koordination des Alltagsgeschäfts und lassen. Die enorme Betreuungsherausfor- die Organisation der Fraktion zuständig ist, derung, wenn jemand in der Familie an in einem Abriss wesentliche Schwerpunkte Demenz erkranke, sei oft nicht allein zu der Arbeit der Regierungskoalition in der schultern. In diesem Zusammenhang sei vergangenen Legislaturperiode und setzte auch die Pflegeberufereform, die noch in so Impulse für die folgenden Diskussions- dieser Legislaturperiode endgültig ver- runden. abschiedet werden solle, eine der Säulen Besonderen Wert legte Frau Lambrecht bei der Verbesserung der gesundheit- Prof. Dr. Karl Lauterbach zur darauf, dass es der Bundesregierung gelun- lichen Versorgung der Bevölkerung. Es „doppelten Völkerwande- gen sei, im Bildungsbereich erhebliche Ver- solle gewährleistest werden, dass ausrei- rung“ und Gesundheitsfragen besserungen für die Bürger zu erreichen. chend qualifiziertes Personal für die häufig Hierbei hob sie beispielsweise hervor, dass immer länger pflegebedürftigen Menschen Der stellvertretende Vorsitzende der SPD- der Bund nun vollständig die Finanzierung bereitsteht. Bundestagsfraktion, Prof. Dr. Karl Lau- für die Kosten des BAföG übernehme. Ausdrücklich dankte Frau Lambrecht den terbach, widmete sich insbesondere drei Dies bedeute unter dem Strich eine Entla- ehrenamtlich Engagierten und den haupt- Fragestellungen, die zukünftig auch für stung der Länder in Höhe von 1,2 Milliar- amtlichen Mitarbeitern der Kommunen die Kreise große Herausforderungen den Euro, in der Hoffnung, dass der damit für die während der Flüchtlingskrise gelei- bedeuteten: freiwerdende Spielraum genutzt werde, stete Arbeit. Denn genau dies sei es, was – Wie verändert sich Deutschland in seiner um die Bildungslandschaft insgesamt zu Deutschland besonders mache, dass Men- Struktur? 278
EILDIENST Heft 7-8/2017 Aus dem Landkreistag – Was kommt konkret aufgrund der die Integration im Blick zu behalten und demographischen Entwicklung auf uns die Finanzierung sicherzustellen. Die Mit- zu? tel müssten in den Kommunen ankommen – Welche Herausforderungen durch Mor- und dürften nicht zur Sanierung der Län- bidität entstehen insbesondere für die derhaushalte verwendet werden. Kreise? Zur Frage der Entwicklung der Morbidität In einem anregenden Vortrag sprach Lau- und deren Auswirkungen auf die Kreise terbach über das Phänomen der „dop- erläuterte Lauterbach, dass Bildung eine pelten Völkerwanderung“. Erkenntnisse wichtige Rolle hinsichtlich demenzieller zeigten, dass es zurzeit zwei verschiede- Erkrankungen spiele. Insbesondere die ne Wanderungsbewegungen gebe. Zum Bildung in jungen Jahren (also zu Schul- einen die Wanderung in die großen Städte, zeiten) führe zu einer kognitiven Reserve. in denen Menschen dann sowohl leben als Eine Demenz trete dann oft erst später auf, auch arbeiten wollten. Zum anderen aber schreite aber schneller fort. auch die sog. „Schwarmstadtwanderung“, Der Vizefraktionschef machte deutlich, bei der Menschen in solche – oft mittel- dass weiterhin große Fortschritte in der Dr. Günter Krings zu aktu- große – Städte zögen, die insbesondere in Behandlung von Herz-Kreislauferkrankun- ellen Entwicklungen im kultureller Hinsicht viel zu bieten hätten. gen zu erwarten seien. Wesentlich schlech- Bereich der Flüchtlingspolitik Die Menschen zögen zum Leben in diese ter sei es allerdings um die Vorbeugung Städte, während sich ihre Arbeitsstellen von Demenz und Krebs bestellt. Die Kreise Ausdrücklich bedankte sich Präsident Hen- vielfach außerhalb im ländlichen Raum müssten sich Gedanken machen, wie sie dele bei Parlamentarischem Staatssekretär befänden. In NRW sei das Phänomen der auch ohne Schwarmstädte konkurrenz Dr. Günter Krings dafür, dass er auch in „Schwarmstadtwanderung“ aktuell noch fähig bleiben könnten. Wichtig seien dabei diesem Jahr für einen Austausch über aktu- nicht so stark ausgeprägt wie in anderen insbesondere das kulturelle Angebot, das elle Entwicklungen im Bereich der Flücht- Bundesländern. Insgesamt sei aber bemer- schulische Bildungsangebot sowie die lingspolitik zur Verfügung stehe. Zugleich kenswert, dass noch nie so viele Menschen medizinische Versorgung. begrüßte Präsident Hendele in Begleitung dauerhaft umgezogen seien wie heute. Neben der hausärztlichen Versorgung – die des Staatssekretärs Ministerialdirigent Dr. Hinsichtlich der demographischen Entwick- sich weiterhin verschlechtere, da es immer Christian Klos, den Leiter des erst in jüng- lung erklärte Lauterbach, dass Deutschland weniger Hausärzte und immer mehr Fach- ster Zeit gebildeten Stabes Rückkehr im sich zurzeit noch in einer guten Situation ärzte gebe, seien auch die Krankenhäuser Bundesinnenministerium. befinde, da es aktuell noch wenige „Neu- in den Blick zu nehmen. In ihrer Bedeutung Dr. Günter Krings erinnerte in seinen ein- Rentner“ gebe und die Menschen aus der nicht zu unterschätzen sei hier die Wahl- leitenden Ausführungen daran, dass der sog. „Baby-Boomerzeit“ noch gesund und möglichkeit der Patienten bei geplanten weltweite Terror und immer neue Formen zurzeit auf dem Höhepunkt ihres Einkom- Krankenhausaufenthalten, die ca. 50 Pro- der Kriminalität den Menschen Sorgen mens seien. Es sei zu erwarten, dass die zent aller Krankenhausaufenthalte aus- bereiten würden. Diese Sorgen müssten Krankheitsquote dieser Menschen in ca. 10 machten. ernst genommen werden. Er sei deshalb bis 15 Jahren – also bei bzw. nach deren In der anschließenden Diskussion wurde froh, dass die Große Koalition hierzu eine Renteneintritt – stark zunehmen werde. unter anderem die Möglichkeit erörtert, Reihe von Maßnahmen beschlossen habe. Dies sei der schärfste Umbruch in Europa. hinsichtlich des Problems der hausärzt Dazu gehörten erweiterte rechtliche Mög- Nach Jahren mit hohen Geburtenraten lichen Versorgung auch die kassenärzt lichkeiten für Strafverfolgungsbehörden seien die Geburtenzahlen ab 1968 ein- lichen Vereinigungen stärker gemäß ihrem genauso wie die Schaffung von rund gebrochen, so dass die Anzahl der Men- Auftrag, nämlich die ärztliche Versorgung 10.000 neuen Stellen bei den Sicherheits- schen sich entsprechend verringere. Um sicherzustellen, in die Verantwortung zu behörden des Bundes bis 2020. Was die diese Entwicklung abzufangen bräuchte nehmen. Hier müsse auf den Bundes- Asyl- und Flüchtlingspolitik angehe, so sei Deutschland, so Lauterbach, rund eine verband zugegangen werden, der für die ihm bewusst, dass die vielen Asylbewerber halbe Million Zuwanderer. Ein Problem Honorarordnungen verantwortlich sei aber und Flüchtlinge, die in den Jahren 2015/16 dabei sei jedoch die Qualifizierung der von Fachärzten dominiert werde, so Lau- nach Deutschland gekommen seien, trotz zuletzt Zugewanderten. Diese sei häu- terbach. Um das Problem nachhaltig in den deutlichen Rückganges der Flüchtlingszah- fig unzureichend, unzeitgemäß und die Griff zu bekommen, müssten Honorare len vor allem die Kommunen immer noch Berufsbilder so anders, dass die Menschen umverteilt und die Honorare der Hausärzte vor enorme Herausforderungen stellten. hier nicht ohne Weiteres in den Arbeits- deutlich aufgestockt werden. Lauterbach Daher sei es wichtig, dass Personen ohne markt zu integrieren seien. So bestehe betonte, dass den Hausärzten eine Schlüs- Anspruch auf Asyl, Deutschland wieder beispielsweise die syrische Bevölkerung zu selfunktion im medizinischen Versorgungs- verlassen würden. Geschehe das nicht frei- einem Drittel aus funktionalen Analphabe- system zukomme, da insbesondere die willig innerhalb der vorgegebenen Fristen, ten, die Bevölkerung in Afghanistan sogar langfristige Präventionsarbeit durch nach- müsse eine Abschiebung zwangsweise zu 70 Prozent. haltige gesundheitliche Begleitung geför- durchgesetzt werden. Deshalb seien insbesondere die zugewan- dert werde, während die (notwendigen Das vor Kurzem verabschiedete Gesetz zur derten Kinder von großer Bedeutung und und spezialqualifizierten) Fachärzte erst besseren Durchsetzung der Ausreisepflicht deren Ausbildung müsse verstärkt in den spät zum Zuge kämen, wenn bereits ein eröffne neue Möglichkeiten, die Rückkehr Fokus genommen werden. Krankheitszustand eingetreten sei. Zudem von Ausreisepflichtigen durchzusetzen und Hinsichtlich der Integration der Flüchtlin- müssten deutlich mehr Medizinstudenten zu beschleunigen. Neben gesetzgeberi- ge bestärkte Lauterbach die Forderung ausgebildet werden, um auch in Zukunft schen Maßnahmen verbessere aber auch des LKT NRW nach einer Fortsetzung der und in der deutlich alternden Gesellschaft das neu gegründete gemeinsame Zentrum Unterstützung durch den Bund. Es sei Auf- die medizinische Betreuung zu ermög zur Unterstützung der Rückkehr (ZUR) das gabe auch der neuen Bundesregierung, lichen. Rückkehrmanagement. Dessen Aufgaben 279
Aus dem Landkreistag / Schwerpunkt EILDIENST Heft 7-8/2017 stellte Ministerialdirigent Dr. Klos kurz vor. spektive geschaffen. Auf Nachfrage erläu- perspektive zu setzen. Deshalb seien die Das ZUR diene im Bund/Länder-Austausch terte der Staatssekretär, dass sich zuletzt aktivere Rolle des Bundes und insbeson- der zügigen Lösung von Problemen bei die Zusammenarbeit mit den Maghreb- dere die Unterstützung von Ländern und der Rückkehr und der fortlaufenden engen Staaten und hier insbesondere Marokko Kommunen zu begrüßen. Hierbei gehe es Begleitung, Kontrolle und Umsetzung verbessert habe. So sei es beispielsweise neben der Unterstützung bei Abschiebun- dieser Lösungen. Zudem erstelle das ZUR gelungen, mehrere hundert Identifizierun- gen vor allem um die Stärkung der frei- Lagebilder und Analysen und berate die gen vorzunehmen. Problematisch bleibe willigen Rückkehr. Dazu bedürfe es einer Ausländerbehörden bei der Beseitigung allerdings die Rückführung mit Linienflü- flächendeckenden staatlichen Rückkehr- von Rückführungshemmnissen. Darüber gen, so dass man sich mit Unterstützung beratung. Bei rechtswidrigen Aufenthalten hinaus verbessere das ZUR die Kooperati- des ZUR darum bemühe, ausreisepflichtige und falschen Angaben müssten aber auch on mit ausländischen Botschaften der Her- Personen zunehmend über Charterflüge unter bestimmten Voraussetzungen straf- kunftsländer. Nach seiner Wahrnehmung, und Fähren in ihre Herkunftsländer zurück rechtliche Sanktionen greifen. so Dr. Günter Krings, trage das ZUR insge- zu bringen. Dem stimmte Dr. Günter Krings aus- samt zu einer effektiveren Zusammenarbeit Aus den Reihen der Landräte wurde die drücklich zu und erinnerte daran, dass zwischen Bund und Ländern in Fragen der Notwendigkeit betont, die Anerken- der Bundesgesetzgeber bereits Maßnah- freiwilligen Rückkehr und Abschiebung nung sicherer Herkunftsstaaten voranzu- men ergriffen habe, um beispielsweise ein bei. Insoweit gehe es nicht darum, als Bund treiben. Zugleich wurde bestätigt, dass Untertauchen zu erschweren, indem sich Zuständigkeiten an sich zu ziehen, sondern Rückführung und Integration zwei Seiten Ausreisepflichtige, die über ihre Identität Länder und Kommunen bei der Wahr- einer Medaille seien. Konsequent müsse oder Staatsangehörigkeit getäuscht haben, nehmung der ihnen obliegenden Aufga- deshalb zwischen Flüchtlingen mit einer künftig nur noch innerhalb des Bezirks der ben gezielt zu unterstützen. Durch die Bleibe- und Integrationsperspektive und jeweiligen Ausländerbehörde aufhalten Zusammenarbeit mit Ländern und Kom- Menschen, bei denen auch unter Anwen- dürften. Das Gesetz ermögliche außerdem munen, die Verzahnung mit Maßnahmen dung der entsprechenden grundgesetz- die elektronische Überwachung des Auf- anderer Bundesministerien sowie intensi- lichen und völkerrechtlichen Vorgaben enthaltsorts Ausreisepflichtiger. Und nicht ve Verhandlungen mit den verschiedenen keine Bleibeperspektive gewährt werden zuletzt sei es mittlerweile einfacher mög- Herkunftsländern gelinge es zunehmend, könne, differenziert werden. Dies sei einer- lich, vollziehbar Ausreisepflichtige, die eine Personen ohne Bleibeperspektive zu einer seits Voraussetzung, um die notwendigen Gefahr für die innere Sicherheit darstellten, Rückkehr zu veranlassen oder diese nöti- Ressourcen für eine gelingende Integrati- in Abschiebehaft zu nehmen. genfalls durchzusetzen. Zugleich würde on gewähren zu können und andererseits dadurch die Akzeptanz für die Aufnahme erforderlich, um keine Fehlanreize für wei- EILDIENST LKT NRW und Integration derjenigen mit Bleibeper- tere Flüchtlinge ohne realistische Bleibe- Nr. 7-8/Juli-August 2017 10.31.02 Nagelprobe des Inklusionsprozesses: Schulische Förderung von Schüle- rinnen und Schülern in besonderen Problemlagen im Kreis Kleve Von Landrat Wolfgang Spreen, Kreis Kleve Von der Herausforderung für Schulträger und Schulaufsichten in den Kreisen und kreisfreien Städten Nordrhein-Westfalens, intensiv pädagogische Förderangebote für Schülerinnen und Schüler mit hohem Bedarf an sonderpädagogischer Unterstützung im Förder- schwerpunkt Emotionale und soziale Entwicklung zu entwickeln. D ie Jahre nach dem neunten Schulrechts- änderungsgesetz vom 05.11.2013 waren geprägt von frappanten Change- mit Bedarf an sonderpädagogischer Unter- stützung. Ganz gleich ob sie eine inklusive Beschulung an einer allgemeinen Schule für wicklung hin zu einer inklusiven Schulland- schaft ambitioniert verfolgt. Die gestalten- den Akteure haben sowohl schulorgani- Management-Prozessen in ganz Nord ihre Kinder wählen oder sich als Förderort satorische als auch systemisch-konzeptio- rhein-Westfalen mit dem Ziel einer inklusiv für eine der sechs Förderschulen im Kreis nelle Maßnahmen auf den Weg gebracht. ausgerichteten Schullandschaft. Die gleich- Kleve entscheiden, sollen die Rahmen Koordiniert und gesteuert durch die im mäßige Verteilung der insgesamt begrenz- bedingungen eine qualitativ hochwertige Schulamt für den Kreis Kleve verorteten ten sonderpädagogischen Ressource und und vergleichbare Förderung ermöglichen. schulfachlichen und verwaltungsfachlichen die Gewährleistung einer angemessenen Zwei Maßnahmen, die in diesem Zusam- Aufsichten konnten konzeptionelle Mei- sächlichen Ausstattung bei der Förderung menhang speziell im Kreis Kleve entwickelt lensteine für die inklusive Förderung an von Schülerinnen und Schülern mit Bedarf wurden, möchte ich hier vorstellen: den Schulen des Kreises Kleve entwickelt an sonderpädagogischer Unterstützung im und umgesetzt werden. Kreis Kleve war stets die gemeinsame Auf- Der Kreis Kleve hat dabei – dem Leitge- „U-turn“ gabe des Schulträgers Kreis Kleve und der danken des Rahmenkonzeptes zur Zukunft schulfachlichen Aufsicht vor Ort. Dieses Ausgangslage der Förderschulen im Kreis Kleve (2013) Anliegen gilt unabhängig vom durch die Die Bildungsregion Kreis Kleve hat in den folgend – als Schulträger eine verant- Eltern gewünschten Förderort ihrer Kinder vergangenen Jahren die geforderte Ent- wortliche Schlüsselstellung in der regio- 280
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