TRANSFER - OPERATION 4.0 - DATENENABLING IN DER GESUNDHEIT
←
→
Transkription von Seiteninhalten
Wenn Ihr Browser die Seite nicht korrekt rendert, bitte, lesen Sie den Inhalt der Seite unten
STEINBEIS: PLATTFORM FÜR ERFOLG Steinbeis ist mit seiner Plattform ein verlässlicher Partner für Unter- nehmensgründungen und Projekte. Wir unterstützen Menschen und Organisationen aus dem akademischen und wirtschaftlichen Umfeld, die ihr Know-how durch konkrete Projekte in Forschung, Entwicklung, Beratung und Qualifizierung unternehmerisch und praxisnah zur Anwendung bringen wollen. Über unsere Plattform wurden bereits über 2.000 UNTERNEHMEN gegründet. Entstanden ist ein Verbund aus mehr als 6.000 EXPERTEN 1.100 UNTERNEHMEN, die jährlich mit mehr als in rund 10.000 KUNDEN Projekte durchführen. So werden Unternehmen und Mitarbeiter professionell in der Kompetenz- bildung und damit für den Erfolg im Wettbewerb unterstützt. Und unser Verbund wächst stetig: Infos und Kontaktdaten unserer aktuell gegründeten Unternehmen finden Sie unter S TEINBEIS.DE/AKTUELLES WIR HALTEN SIE AUF DEM LAUFENDEN T RANSFERMAGAZIN.STEINBEIS.DE Das Steinbeis Transfer-Magazin liefert Einblicke in spannende Success Stories aus dem Steinbeis-Verbund. Sie möchten informiert werden, wenn unser Online-Magazin erscheint? Hier geht’s zu unserem Online-Verteiler: S TEINBEIS.DE/ONLINEVERTEILER facebook.com/Steinbeisverbund twitter.com/SteinbeisGlobal instagram.com/steinbeisverbund vimeo.com/Steinbeis youtube.com/c/steinbeisverbund
EDITORIAL 3 LIEBE LESERINNEN UND LESER, was Willem Einthoven vor über hundert Jahren mit der Fernübertragung von einfachen Herz- signalen über eine Telegrafenleitung begann, legte den Grundstein für die Herausbildung einer zukunftsträchtigen neuen Disziplin – der Telemedizin. Immer kleinere Sensoren sowie intelligente und zuverlässige Analyse- und Übertragungs- algorithmen ermöglichen das vollautomatische Monitoring einer Vielzahl von Biosignalen wie Herzfrequenz, Herzrhythmusstörungen, Blutdruck, Blutzucker und Körpertemperatur in Echt- zeit. Damit wird Medizinern schon heute eine umfangreiche und klinisch sinnvolle Nachsorge ihrer Patienten möglich. Strukturiert angewendet reduzieren diese Technologien Hospitalisie- rungen und Gesamtsterblichkeit chronisch kardiovaskulär erkrankter Patienten um bis zu ein Drittel. Ökonomisch betrachtet sinken stationäre Verweildauer und Behandlungskosten. Damit zukünftig eine Großzahl an Patienten unabhängig von der regionalen Versorgungssitu- ation von diesen positiven Effekten profitieren kann, ist der Ausbau eines leistungsstarken Datenmanagements inklusive Übertragungstechnologien, Analyseverfahren, Prozessver- antwortlichkeiten, multidimensionalen Datenaustausches sowie eines erstklassigen Daten- schutzes erforderlich. Daneben ist ein ökonomisch basierter Vergütungsausbau digitaler medi- zinischer Logistikprozesse wichtig. Derart organisiert können Telemonitoring/Telemedizin zu einem tragenden Versorgungs- konzept der Zukunft werden. Dafür sind ein gesundheitspolitischer Wille und eine ergebnis- offene Diskussion über Technologien, Verantwortlichkeiten, Chancen wie auch Risiken und die jeweiligen technischen, juristischen und strukturellen Rahmenbedingungen nötig. Wir sind überzeugt, dass Telemonitoring, Big Data und künstliche Intelligenz ärztliches Denken und Handeln bereichern können. Datenenabling ist die Grundlage dafür. In dieser Ausgabe des Steinbeis Transfer-Magazins berichten Steinbeis-Experten daher über ihre Erfahrungen und Sichtweisen zum Thema „Operation 4.0 – Datenenabling in der Gesundheit“. Wir wünschen Ihnen eine spannende Lektüre! Ihre DR. MED. JUDITH PIORKOWSKI DR. MED. BETTINA KIRSTEIN judith.piorkowski@steinbeis.de (Autorin) info.b.kirstein@gmail.com (Autorin) Dr. med. Judith Piorkowski leitet das Dresdner Steinbeis- Dr. med. Bettina Kirstein ist Ärztin in Weiterbildung zur Kardio- Forschungszentrum Rhythm and Heart. Die Experten im login. Gemeinsam mit Judith Piorkowski bringt sie ihre Exper- Zentrum fokussieren das Datenmanagement im Telemonito- tise in Steinbeis-Projekte ein. ring sowie die Datenlogistik bei Studien auf dem Gebiet des Telemonitorings. www.steinbeis.de/su/1822 Technologie.Transfer. Anwendung. TRANSFER 02|2020
11 4 24 03 28 EDITORIAL SENSORUNTERSTÜTZTE DIAGNOSE: DIREKT, ZUVERLÄSSIG UND SCHNELL Bioelektronische Sensoren spielen bei der Therapie eine immer größere Rolle FOKUS 32 DATEN: BASIS DER GESCHÄFTSMODELLE DER ZUKUNFT 08 Kundenprobleme verstehen und nachhaltig lösen „DIE CHANCEN LIEGEN IN DEN OPTIMIERUNGSMÖGLICHKEITEN VON DIAGNOSTIK UND THERAPIE“ Im Gespräch mit Professor Dr. med. Daniel König, Steinbeis-Unter- 36 nehmer am Steinbeis-Transferzentrum Gesundheitsförderung und #TECHOURFUTURE: ZUKUNFT GESUNDHEIT – Stoffwechselforschung MEDIZIN, MENSCH, TECHNOLOGIE Alle reden über Gesundheit – wir (auch) über Technologie! 11 CYTOREADER: KI IM KAMPF GEGEN DEN KREBS 40 Steinbeis-Experten setzen künstliche Intelligenz für „ES IST WICHTIG, DASS JEDER EINZELNE DIE MÖGLICHKEIT HAT, Gebärmutterhalskrebs-Früherkennung ein DAS VERSTÄNDNIS FÜR EINE TECHNOLOGIE ZU ENTWICKELN“ Im Gespräch mit Stefan Lob, Geschäftsführer der Praxis für Führung – X.0 GmbH 14 STRESS LASS NACH! Steinbeis-Experten helfen Belastungssituationen am Arbeitsplatz zu 42 evaluieren und frühzeitig zu eliminieren „ICH BIN ÜBERZEUGT, DASS TELEMEDIZIN DEN ARZTBESUCH NICHT ERSETZT, SONDERN ERGÄNZT“ Im Gespräch mit Angelika Walliser, Allgemeinmedizinerin, 16 Chirurgin & Leiterin der Notfallpraxis Reutlingen „ENTSCHEIDEND FÜR DEN ERFOLG VON DATA-ANALYTICS- PROJEKTEN IST DIE KOMBINATION VON KÜNSTLICHER UND HUMANER INTELLIGENZ“ 44 Im Gespräch mit Dr. Philipp Liedl, Geschäftsführer der „DIE ERKENNTNIS, DASS WIR MIT TECHNOLOGIEN NEUE MEHR- STASA Steinbeis Angewandte Systemanalyse GmbH WERTE SCHAFFEN KÖNNEN, IST IN DER GESELLSCHAFT ANGEKOMMEN“ Im Gespräch mit Matthias Struck, stellvertretender Abteilungsleiter 19 Smart Sensing and Electronics am Fraunhofer-Institut für DATEN SIND DER SCHLÜSSEL Integrierte Schaltungen Steinbeis-Experten entwickeln ein digitales Daten-Ökosystem für klinische Studien mit 47 „DER DATENSCHUTZ MUSS STIMMEN“ 22 Im Gespräch mit Professor Dr. Tobias Preckel (Steinbeis-Transfer- BIG DATA? BIG DATA! zentrum Medizintechnik & Life Sciences) und Professor Dr. Sascha Daten im Gesundheitswesen: Ein Essay über Potenziale und Seifert (Steinbeis-Transferzentrum E-Health-Systeme und Herausforderungen Medizinische Informatik) 24 50 KALLIOPE: DIGITALE UNTERSTÜTZUNG DER PFLEGE „VERTRAUEN IN DIE ZUKUNFTSTECHNOLOGIEN KANN NUR DURCH IM LÄNDLICHEN RAUM INFORMATION, AUFKLÄRUNG UND TRANSPARENZ ENTSTEHEN“ Steinbeis-Experten setzen auf Digitalisierung und Kooperation Im Gespräch mit Dr. med. Thomas Wüst, Facharzt für Orthopädie und Sportmedizin Technologie.Transfer. Anwendung. TRANSFER 02|2020
82 5 60 54 76 STEINWURF! DIE EXZELLENZ IM BLICK: GRÜNE TECHNOLOGIEN IN SCHWELLENLÄNDERN Ein integriertes Technologiemanagement erzeugt Energie aus Abfällen QUERSCHNITT 78 QUALILEO – EIN PRÜFSYSTEM, DAS SIEHT UND LERNT Ein Exkurs in die automatisierte industrielle Qualitätssicherung 57 PROF. DR. PETER NEUGEBAUER 80 Nachruf MIT PSYCHOLOGIE ERFOLGREICH FÜHREN Steinbeis-Experten setzen auf die Verzahnung von psychologischem Wissen und praktischer Anwendung im Alltag einer Führungskraft 58 COVID-SPITZENFORSCHUNG IN DER ONKOLOGIE Steinbeis-Team untersucht in Verbundprojekt den Verlauf von 82 SARS-CoV-2-Infektionen bei onkologischen Patienten „RESTART YOUR FUTURE“: MIT NETZWERKEN ERFOLGREICH bwcon GmbH begleitet den Mittelstand beim Strukturwandel 60 BEIM EXPERIMENTIEREN DIE WELT ENTDECKEN 84 Die Experimentierwelten in Rottweil verbinden Spiel und Bildung FIT FÜR DIE ZUKUNFT: INDUSTRIE 4.0 IN DER BERUFSBILDUNG Vor welche Herausforderungen die Digitalisierung europäische Fachkräfte stellt 62 DAS H2-INNOVATIONSLABOR MACHT’S MÖGLICH: EIN WASSERSTOFF-ÖKOSYSTEM FÜR DIE REGION 87 HEILBRONN-FRANKEN WIE MASCHINEN IM ALTER LÄNGER FIT BLEIBEN Steinbeis-Experten forschen an den Potenzialen EU-Projekt verlängert mit intelligenten Fabriken und der Wasserstoffwirtschaft mit Kreislaufwirtschaft Lebensdauer von Maschinen 64 90 „DAS WESENTLICHE IST, DASS UNTERNEHMEN ÜBERHAUPT DER AUGSBURGER WEG: IN SIEBEN SCHRITTEN ZUM EINE KLARE STRATEGIE HABEN“ GESUNDEN UNTERNEHMEN Im Gespräch mit Dr. Stefan Pastuszka, Dozent der Steinbeis-Hochschule Steinbeis-Experten unterstützen bei der Förderung des betrieblichen Gesundheitsmanagements 67 DIE BESSEREN ENTSCHEIDUNGEN TREFFEN – SCHNELL, TRANSPARENT, EFFIZIENT 92 Kollaborative Zusammenarbeit im Problemlösungssprint als Weg zu NEUERSCHEINUNGEN IN DER STEINBEIS-EDITION abgestimmten Entscheidungen 94 VORSCHAU & TERMINE 70 MENSCH UND ROBOTER – EIN STARKES TEAM Das Steinbeis-Team in Friedrichshafen setzt Roboter als Unterstützung 95 für Menschen mit Behinderung ein IMPRESSUM 72 DIE ABSCHIRM-PROFIS Steinbeis entwickelt mit Isocoll Chemie ein elastomerisches Beschichtungssystem auf Basis von gefülltem Butylkautschuk Technologie.Transfer. Anwendung. TRANSFER 02|2020
OPERATION 4.0 – DATENENABLING IN DER GESUNDHEIT Als KONRAD ZUSE 1941 seinen Z3, den ersten FUNKTIONSFÄHIGEN COMPUTER der Welt, vorstellte, ahnte wohl keiner, dass keine hundert Jahre später Computer und die darauf aufbauende DIGITALISIERUNG in nahezu allen Bereichen unseres Lebens präsent sein werden. Auch das GESUNDHEITSWESEN und die MEDIZIN werden davon nachhaltig verändert. Beherrschte der Z3 nur die Grundrechenarten sowie das Wurzelziehen und konnte gerade einmal 64 WORTE speichern, kann KI heute komplizierte Zusammenhänge analysieren und in der ÄRZTLICHEN BEHANDLUNG zum Beispiel bei der Diagnose- stellung unterstützen. Was aller computerbasierter Hardware gemein ist: die Da- tengrundlage. Daten sind gerade im Gesundheitsbereich sehr sensibel und müssen umsichtig behandelt werden. Steinbeis-Experten beleuchten auf den folgenden Seiten CHANCEN WIE AUCH RISIKEN des Datenenablings in der Gesundheit und zeigen, wie in Steinbeis-Projekten heute schon die DIGITALEN VORTEILE für das Gesundheitswesen genutzt werden. © istockphoto.com/metamorworks © istockphoto.com/DrAfter123
FOKUS 9 „DIE CHANCEN LIEGEN IN DEN OPTIMIERUNGSMÖGLICHKEITEN VON DIAGNOSTIK UND THERAPIE“ IM GESPRÄCH MIT PROFESSOR DR. MED. DANIEL KÖNIG, STEINBEIS-UNTERNEHMER AM STEINBEIS-TRANSFERZENTRUM GESUNDHEITSFÖRDERUNG UND STOFFWECHSELFORSCHUNG Digitalisierung spielt in der Medizin eine große Rolle. Der richtige Umgang mit Daten ist dabei besonders wichtig, damit der befürchtete „gläserne Patient“ nicht zur Realität wird. Professor Dr. med. Daniel König, Steinbeis-Experte für Gesundheits- förderung und Stoffwechselforschung, sprach mit der TRANSFER über die wichtigsten Meilensteine sowie Chancen und Risiken bei der Einführung digitaler Technologien in der Medizin und darüber, dass trotz der vielfältigen Möglichkeiten der Digitalisierung der persönliche Kontakt zwischen Arzt und Patient entscheidend ist. Herr Professor König, der Einzug di- des Stoffwechsels hervorheben. Ich den- aktuelle COVID-19-Pandemie hat hier gitaler Technologien in die Medizin ke hier beispielsweise an neue Tools neue Möglichkeiten und Chancen, aber verändert diese grundlegend, was zur Messung und Dokumentation von auch Limitierungen aufgezeigt, wenn wir sind aus Ihrer Sicht die wichtigsten Laborparametern. Aber auch die Diag- zum Beispiel an die konkrete Testung Meilensteine? Auf welche Verände- nostik von Herzrhythmusstörungen wird denken. rungen sollten wir uns in nächster durch neue Technologien und Telematik- Zeit einstellen? infrastruktur zunehmend verbessert. Auch im Bereich der Intervention wer- den durch online angebotene Schu- In meinem Spezialisierungsbereich kann Im therapeutischen Bereich ist vor allem lungs- und Interventionsprogramme zu- man vor allem die Bereiche Diagnostik, die Entwicklung der Telemedizin bedeut- nehmend neue Wege beschritten, damit Therapie und die Entwicklung bezie- sam, das heißt, dass zumindest ein Teil Gesunde im präventiven Setting, aber hungsweise Implementierung digitaler der ärztlichen Konsultation beziehungs- auch Patienten in der Sekundärpräven- Interventionskonzepte abgrenzen. weise der Patient-Arzt-Kommunikation tion ihre Gesundheit durch Teilnahme an über digitale Technologien ablaufen kann. solchen Online-Gesundheitskonzepten Im diagnostischen Bereich will ich insbe- Zum Teil wird diese Kommunikation optimieren können. sondere das Monitoring von Funktions- durch die eben angesprochenen diag- zuständen des Herzkreislaufsystems und nostischen Tools ergänzt. Gerade die Technologie.Transfer. Anwendung. TRANSFER 02|2020
10 FOKUS » DIGITALE TECHNOLOGIEN SOLLTEN NUR ALS UNTERSTÜTZUNG IN DER ÄRZTLICHEN THERAPIE ANGESEHEN WERDEN. Welche Chancen, aber auch Risiken Wir beschäftigen uns unter anderem mit zum Beispiel über Aktivitätstracker, dür- bringen Ihrer Meinung nach diese dem Einfluss des Lebensstils auf ge- fen keine Rückschlüsse auf Einzelper- Entwicklungen mit sich? Wie beein- sundheitliche Risikofaktoren für Herz- sonen durch Anwendung der sogenann- flussen sie Ihre tägliche Arbeit? Kreislauferkrankungen beziehungsweise ten Pseudonymisierung möglich sein. Diabetes mellitus Typ 2. Hier ergeben Die Chancen liegen eindeutig in den Op- sich über Aktivitätsscanner vielfältige Viele dieser Aspekte werden durch die timierungsmöglichkeiten von Diagnos- Auswertungs- aber auch Interventions- Datenschutz-Grundverordnung bereits tik und Therapie. Trotzdem sollten digi- möglichkeiten. Dies gilt jedoch nicht nur ausführlich adressiert. Bei einer ver- tale Technologien nur als Unterstützung für die diagnostische Evaluation. Eine antwortungsvollen Umsetzung im Rah- in der ärztlichen Therapie beziehungs- sehr gute Chance liegt darin, diese Aus- men der Patientenversorgung bezie- weise der Arzt-Patient-Beziehung an- wertungen dem Benutzer unmittelbar hungsweise klinischer Studien werden gesehen werden. Durch eine Betonung in Form von digitalen oder Online-Coa- bereits viele Datenschutzfragen aus- digitalisierbarer Kenngrößen könnten chings verfügbar zu machen und da- reichend berücksichtigt. Gerade die Dis- wichtige individuelle Aspekte von Krank- durch sein Verhalten zu optimieren. kussion um den Datenschutz bei der ak- heit und Gesunderhaltung in den Hin- tuellen Corona-App hat aber gezeigt, tergrund rücken. Man sollte daher nie Big Data in der Medizin: Heute lassen dass hier immer wieder neue Aspekte vergessen, dass der persönliche Arzt- sich immer mehr Gesundheitsdaten diskutiert und berücksichtigt werden besuch, das Gespräch und die ärztliche erheben und miteinander vernetzen, müssen. Untersuchung immer ein wichtiger Be- wovon sowohl die Patienten als auch standteil der Diagnostik und Therapie die medizinische Forschung profitie- sein werden. ren. Der Umgang mit diesen hoch- sensiblen Patientendaten wirft aber Obwohl im Bereich der Datensicherheit auch viele ethische Fragen auf, wie gute Fortschritte erzielt wurden, ist der kann aus Ihrer Sicht eine für alle Datenschutz nach wie vor ein Risikobe- Seiten gute Lösung aussehen? reich. Auch wenn viel unternommen wird, damit der viel zitierte „gläserne Beim Umgang mit hochsensiblen Pati- Patient“ nicht zunehmend Realität wird, entendaten müssen bestimmte Aspekte bestehen doch gerade bei der cloud- im Vorfeld ganz klar geregelt und auch basierten, dezentralen Datenverarbei- kommuniziert werden: Warum werden tung oder bei der Kommunikation über die Daten erhoben? Es muss Transpa- soziale Medien Bedenken hinsichtlich renz darüber geben, wo die Daten ge- des Datenschutzes. speichert werden und wer Zugriff dar- PROF. DR. MED. DANIEL KÖNIG auf haben darf sowie wer die Daten daniel.koenig@steinbeis.de (Autor) Ihr Steinbeis-Unternehmen beschäf- analysieren kann und darf. Das Einver- Steinbeis-Unternehmer tigt sich intensiv mit dem Thema Ge- ständnis des Patienten muss und darf Steinbeis-Transferzentrum sundheitsförderung, wie wird Ihre erst nach einer vollumfänglichen Auf- Gesundheitsförderung und Stoffwechselforschung (Freiburg) Arbeit in diesem Bereich durch die klärung eingeholt werden. Bei Studien Digitalisierung beeinflusst? oder Erhebungen großer Datenmengen, www.steinbeis.de/su/1172 Technologie.Transfer. Anwendung. TRANSFER 02|2020
FOKUS 11 CYTOREADER: KI IM KAMPF GEGEN DEN KREBS STEINBEIS-EXPERTEN SETZEN KÜNSTLICHE INTELLIGENZ FÜR GEBÄRMUTTERHALSKREBS-FRÜHERKENNUNG EIN Ein Zervixkarzinom, besser bekannt als trieb eines verbesserten Krebs-Scree- verhindert. Bei der Prävention des Zer- Gebärmutterhalskrebs, verursacht zu nings beim Gebärmutterhalskrebs mit- vixkarzinoms gab es in den letzten Jahr- Beginn meist keine Beschwerden, die zu tels des Dual-Stain-Tests (CINtec® Plus) zehnten wichtige Fortschritte, ermöglicht einer möglichst frühzeitigen Diagnose unterstützt. Auf diese Weise wird die durch die Entdeckung des humanen führen können. Es kann aber mithilfe der diagnostische Qualität verbessert und Papillomavirus (HPV) als Ursache des Früherkennung relativ leicht entdeckt die Effizienz des Screenings erhöht. Zervixkarzinoms durch Harald zur Hau- werden. Das Steinbeis-Transferzentrum sen. Gebärmutterhalskrebs kann da- Medizinische Systembiologie entwickelt Ziel des Zervixkarzinom-Screenings ist her mit einer Kombination von Impfung mit CYTOREADER eine cloudbasierte die Detektion von Krebsvorstufen, die und regelmäßigen Screening-Tests ver- Künstliche-Intelligenz-Plattform, die behandelt werden können, was eine hindert werden. Labore bei der Einführung und dem Be- Entwicklung von invasiven Karzinomen Technologie.Transfer. Anwendung. TRANSFER 02|2020
12 FOKUS FRÜHERKENNUNG MIT DEM CYTOREADER AUTOMATISIERT plexe Bildverarbeitungstechniken wie DUAL-STAIN-TEST DAS SCREENING Deep-Learning-Netzwerke eingesetzt, die mit „guten“ und „schlechten“ Bei- Der zytologische Nachweis der verän- Experten am Steinbeis-Transferzentrum spielqualitäten trainiert wurden. An- derten Zellen von Abstrichen im Gebär- Medizinische Systembiologie in Heidel- schließend werden die digitalen Abbil- mutterhals hat entscheidend dazu bei- berg haben daher die Plattform CYTO- der der Patientenproben in die Cloud getragen, die Zervixkarzinom-Mortalität READER entwickelt, die diesen letzten, transferiert, wo sie weiter verwaltet, be- in Industrienationen mit Screening-Pro- subjektiven Schritt beim Screening des gutachtet und archiviert werden. Durch grammen drastisch zu reduzieren. Be- Gebärmutterhalses mit Hilfe von künst- die browserbasierte Cloud-Lösung kön- reits 1943 wurde mit der Verwendung licher Intelligenz automatisiert. Diese nen die Proben weltweit von Experten der sogenannten „Pap-Tests“ die Grund- Plattform wurde jetzt umfangreich in über das Internet analysiert werden. lage hierfür geschaffen. Allerdings ist ersten epidemiologischen Studien in deren Auswertung schwierig, zeitinten- Kooperation mit dem US-National Can- Diese Deep-Learning-Netzwerke zur siv, nicht besonders sensitiv und neigt cer Institute und dem Gesundheitskon- vollautomatischen Bildanalyse der zel- zu falsch-positiven Ergebnissen. In den zern Kaiser Permanente Northern Ca- lulären zytologischen Patientenproben letzten Jahren wurde daher mit dem lifornia an 4.253 Patienten evaluiert sind das Herzstück von CYTOREADER. Dual-Stain-Test ein biomarkerbasier- (Journal of the National Cancer Institu- Sie wurden auf Proben zweier Dünn- ter zytologischer Test entwickelt. Dabei te, 25. Juni 2020). Dabei konnte eine schicht-Präparationsarten zytologischer wird die gleichzeitige Expression der 30 %ige Reduktion von Kolposkopien (Bi- Objektträger (ThinPrep®, SurePath™) beiden Proteine p16 und Ki-67 in Zellen opsien) im Vergleich zum Standardver- trainiert. Bei einer Analyse zerlegt CY- nachgewiesen, die hierbei für eine er- fahren – der Pap-Zytologie – erreicht TOREADER das gesamte Bild des digi- höhte Zellteilung (Ki-67) bei gleichzeiti- werden, ohne Einbußen in der Detektion talisierten Objektträgers in tausende ger Fehlsteuerung der Zellteilung (p16) von Krebsvorstufen. CYTOREADER läuft von Kacheln und sortiert diese in Rei- stehen. Im März dieses Jahres wurde hierbei als vollautomatisches System im henfolge des Krebsrisikos. Dem diag- dieser Test von der Arzneimittelbehör- Hintergrund und kann die Materialquali- nostizierenden Arzt oder Zytologen de der Vereinigten Staaten (U. S. FDA) tät der mikroskopischen Patientenpro- werden dann die 30 auffälligsten zugelassen, was eine Verbesserung der ben beurteilen sowie die diagnostische Krebsvorstufen in einer Galerie prä- Früherkennung zur Folge hat. Die ma- Entscheidung unterstützen. Das KI-Sys- sentiert. Mithilfe weniger Maus- oder nuelle Auswertung des Dual-Stain-Tests tem erlaubt damit eine Verbesserung Tastatur-Klicks konnte in Studien so ei- ist zwar konsistenter, spezifischer und der diagnostischen Qualität mit höhe- ne Diagnose in unter einer Minute ge- sensitiver als die des PAP-Tests, un- rer Sensitivität und Spezifität und führt stellt werden. terliegt aber noch einer gewissen Sub- zu einer erhöhten Effizienz des Scree- jektivität. Glasobjektträger mit zellulä- ning-Programms. Mithilfe vollautoma- BESSERE DIAGNOSEN, rem Material des Gebärmutterhalses tischer Slide-Scanner können zytologi- HÖHERE KAPAZITÄTEN werden dabei zytologisch unter dem Mik- sche Glasobjektträger vollautomatisch roskop auf das Vorhandensein der bei- mit mikroskopischer Auflösung digita- Der direkte Vergleich mit der Pap-Zy- den Proteine hin untersucht. lisiert werden. Hierbei werden kom- tologie zeigte, dass CYTOREADER die Technologie.Transfer. Anwendung. TRANSFER 02|2020
FOKUS 13 gegenüber Pap-Tests bereits erhöhte die Cloud-Implementierung im Projekt- Mikroskopisches Bild einer Dual-Stain Zytologie. Diagnosequalität des Dual-Stain-Tests verlauf deutliche Vorteile. Labore brau- weiter stark verbessern kann. So chen keine komplexe, wartungsauf- konnte die Zahl der falsch-positiven wendige eigene IT-Infrastruktur mehr. Diagnosen signifikant gesenkt (höhe- Die Patientenproben stehen global rund re Spezifität) sowie die Detektion der um die Uhr zur Verfügung. Die IT-ba- tatsächlichen Fälle erhöht werden (hö- sierte Analysekapazität für die Deep- here Sensitivität). Die Zahl der positiven Learning-Netzwerke ist nahezu unlimi- Patientinnen, denen eine Kolposkopie tiert skalierbar durch Rekrutierung von empfohlen wurde (die invasive Gewebe- Cloud-Computing-Ressourcen. Durch Biopsie), konnte von 60 % auf 42 % der die Digitalisierung der Labore werden HPV-positiven Fälle gesenkt werden. so Wertschöpfungsketten partiell neu auch über regionale, nationale oder Damit übertrifft CYTOREADER den ak- arrangiert werden. Dies wird ein we- institutionelle Grenzen hinweg, wird tuellen Performance-Standard der Pap- sentlicher Treiber für die Struktur der auch global gravierende Auswirkungen Zytologie in der diagnostischen Güte er- ökonomischen Landschaft der Labore haben. Da 80 % der Fälle des Gebärmut- heblich. in den nächsten Jahren sein, möglicher- terhalskrebses in Entwicklungs- und weise komplementär zu Konzentrations- Schwellenländern auftreten, kann die Der Einsatz von CYTOREADER erfordert prozessen. Generell beseitigt die Cloud Cloud auch hier einen großen Sprung die Nutzung eines Slide-Scanners. Dies nämlich existierende lokale technische in Richtung der modernen Gesundheits- kann lokal im Labor als auch über einen Hürden und erlaubt es Laboren und technologie liefern. Nach den positiven Service erfolgen. Entsprechend muss Fachkräften sich auf ihre Kernkompe- Studienergebnissen wird nun für CYTO- die Probenlogistik im Labor angepasst tenzen zu konzentrieren. Dieses Auf- READER eine FDA- oder IVD-Zulassung werden. Auf der anderen Seite zeigte brechen von Wertschöpfungsketten, angestrebt. PROF. DR. NIELS GRABE MEHR INFORMATIONEN ZUM niels.grabe@steinbeis.de (Autor) Steinbeis-Unternehmer CYTOREADER UNTER Steinbeis-Transferzentrum Medizinische Systembiologie (MSB) (STCMED) (Heidelberg) WWW.CYTOREADER.COM www.steinbeis.de/su/1745 www.stcmed.com Technologie.Transfer. Anwendung. TRANSFER 02|2020
14 FOKUS STRESS LASS NACH! STEINBEIS-EXPERTEN HELFEN BELASTUNGSSITUATIONEN AM ARBEITSPLATZ ZU EVALUIEREN UND FRÜHZEITIG ZU ELIMINIEREN Die Zahl der Fehltage wegen psychischer Probleme steigt, der dadurch verursachte wirtschaftliche Schaden ist groß. Wie können Unternehmen frühzeitig eine Belastungssituation erkennen, um rechtzeitig reagieren zu können? Dieser Frage ging das Steinbeis-Team Elke Kirchner und Dr. Holger Gast in einem gemeinsamen Projekt nach und entwickelte ein Online-Tool, das Belastungssituationen am Arbeitsplatz erfasst, die bei dauerhaftem Zustand die Leistungsfähigkeit und Arbeitsergebnisse beeinträchtigen. Somit haben Unternehmen ein verständliches und benutzerfreundliches Werkzeug zur Hand, das ihnen er- möglicht Fehlzeiten zu reduzieren und wirtschaftlich erfolgreich zu agieren. Der Markt braucht eine unkomplizierte lage für Maßnahmen, die an den Verhält- menbereich die Möglichkeit zu geben, Lösung, mit der Unternehmer die poten- nissen (zum Beispiel Lärm) oder dem die Situation im Unternehmen ohne ziellen Belastungssituationen frühzei- Verhalten (Kommunikation, Führung) an- Angst vor Konsequenzen offen zu be- tig identifizieren können und die die setzen, um die Leistungsfähigkeit des schreiben, aber auch um die Arbeit- zeitlichen und personellen Ressourcen Einzelnen zu stärken und die Zusammen- nehmervertretungen und Personalver- schont und gleichzeitig die Anforde- arbeit in Teams zu verbessern. Damit antwortlichen von dem Projekt zu rungen gemäß § 5 Arbeitsschutzgesetz gelingen eine intensivere Mitarbeiterbin- überzeugen. erfüllt. Das von den Steinbeis-Experten dung und die Reduzierung von krank- Elke Kirchner (Steinbeis-Beratungszen- heitsbedingten Fehlzeiten. Investitionen Im ersten Schritt akzeptiert das System trum Gesunde Organisationen) und Dr. in die Erhebung und Reduzierung von nur verschlüsselte (https-)Verbindun- Holger Gast (Steinbeis-Beratungszen- Stressbelastungen zahlen sich langfris- gen, sodass die übertragenen Antwor- trum Agile Entwicklung von Informati- tig aus: „Zufriedene, engagierte und ge- ten nicht abgefangen werden können. onssystemen) entwickelte Online-Tool sunde Mitarbeiter bleiben dem Unter- Das System läuft auf einem dedizierten in Form eines Online-Fragebogens hat nehmen länger erhalten und steigern Server, der nicht nebenbei für andere die Beurteilung und Gestaltung der Ar- die Attraktivität der Firma als potenziel- Aufgaben verwendet wird. „Außerdem beitsbedingungen mit dem Ziel im Fokus, ler Arbeitgeber“, davon ist Elke Kirchner haben wir beim Datenbank-Design da- Gefährdungen durch die psychische Be- überzeugt. Das spart Kosten bei der Ak- rauf geachtet, nur die tatsächlichen Ant- lastung am Arbeitsplatz zu minimieren. quise und Einarbeitung neuer Arbeit- worten zu speichern, also nicht etwa Dabei spielen vier Handlungsfelder eine nehmer und führt zu einer Steigerung nebenbei, wie es bei vielen Umfrage- wichtige Rolle: der Produktivität durch reduzierte tools geschieht, Informationen über den Ausfallzeiten. Die Durchführung der Browser oder den Ausfüllzeitpunkt, ie Arbeitsumgebung/der Arbeitsplatz, d Gefährdungsbeurteilung psychischer denn daraus lassen sich eventuell Rück- die Arbeitsorganisation, Belastungen erfordert jedoch auch ei- schlüsse auf den Ausfüller ziehen“, so d ie Arbeitsaufgaben und -inhalte sowie ne fundierte Expertise, da sie über die Holger Gast. die sozialen Beziehungen/Kontakte in Ansprüche, die an eine typische Mitar- der Zusammenarbeit. beiterbefragung gestellt werden, weit Aber schon die Reihenfolge des Ausfül- hinausgeht. lens durch die verschiedenen Mitarbei- ÖKONOMISCHE FAKTOREN DER ter kann Rückschlüsse erlauben, bei- PSYCHISCHEN GEFÄHRDUNGS STEINBEIS-ONLINE-TOOL: spielsweise wenn die Internetanbindung BEURTEILUNG ANONYM, SICHER, EFFEKTIV des Unternehmens Protokolle über die Zugriffe auf externe Server führt und in Die psychische Gefährdungsbeurteilung Schon bei der ersten Anforderungsana- den Berichten die Antworten genau in ermittelt, ob beziehungsweise welche lyse wurde Holger Gast klar, dass die der Reihenfolge des Ausfüllens auftau- Belastungssituationen im Unternehmen Anonymisierung der Antworten an chen. Das von den beiden Steinbeis-Ex- von den Mitarbeitenden festgestellt wer- erster Stelle stehen muss, um den Mit- perten entwickelte Tool wählt schon den. Die Auswertung dient als Grund- arbeitenden in diesem sensiblen The- beim Speichern der Datensätze die tech- Technologie.Transfer. Anwendung. TRANSFER 02|2020
FOKUS 15 BERATUNG BEI DER ERKENNUNG VON PSYCHISCHEN BELASTUNGEN PROFESSIONELLE GEFÄHRDUNGEN ERMITTELN DOKUMENTATION UND BEWERTEN FACHLICHE MODERATION UND GEEIGNETE MAßNAHMEN WIRKSAMKEITSKONTROLLE ENTWICKELN UND UMSETZEN Ablauf einer Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastungen gemäß §5 Abs. 3 Nr. 6 Arbeitsschutzgesetz nisch notwendige ID-Nummer rein zu- reiche Kooperation im Steinbeis-Ver- flexible Umsetzung sorgt. Zusammen fällig aus, anstatt wie üblich fortlaufend, bund. Die fachliche Expertise des konnten die für die Kunden unkompli- und sortiert die Ausgabe nach der Zu- Steinbeis-Beratungszentrums Gesun- zierten und ressourcenschonenden Pro- falls-ID. So bleibt selbst bei vollem Zu- de Organisationen führt zu einem auf jekte zum Thema „psychische Gefähr- griff auf die Datenbank die Reihenfolge das Wesentliche fokussierten Entwurf dungsbeurteilung“ erfolgreich realisiert der Antworten verborgen. des Fragebogens, während die techni- werden. Und ganz nebenbei stärkt solch sche Expertise und der spezielle Ansatz eine Verknüpfung von Expertisen die Ge- DURCH KOOPERATION ZUM ERFOLG einer „Software, die Software schreibt“ meinschaft im Verbund. des Steinbeis-Beratungszentrums Agile Die Zusammenarbeit beider Steinbeis- Entwicklung von Informationssystemen Unternehmen ist ein Beispiel für erfolg- für eine gleichermaßen schlanke und ELKE KIRCHNER Eine Demoversion des Fragebogens finden Interessierte unter elke.kirchner@steinbeis.de (Autorin) www.gesunde-organisationen.com/demo-fragebogen Steinbeis-Unternehmerin Steinbeis-Beratungszentrum Diese ist technisch vollständig unabhängig gelöst und wird nur im Browser Gesunde Organisationen (Bensheim) des Benutzers ausgeführt. Die eingegebenen Daten werden nicht übertragen. www.steinbeis.de/su/2018 www.gesunde-organisationen.com DR. HOLGER GAST holger.gast@steinbeis.de (Autor) Quellen Steinbeis-Unternehmer ttps://www.bundesgesundheitsministerium.de/themen/praevention/betriebliche-gesundheitsfoer- h Steinbeis-Beratungszentrum derung/gesundheit-und-wohlbefinden-am-arbeitsplatz.html#c3286, zugegriffen am 12.06.2020 Agile Entwicklung von Informations- IGA Report 28 „Wirksamkeit und Nutzen betrieblicher Prävention“ systemen (Freilassing) IGA Report 1/2013 Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastungen www.steinbeis.de/su/1819 BAUA: Psychische Gesundheit in der Arbeitswelt – Organisationale Resilienz, 2016 https://software40.de Technologie.Transfer. Anwendung. TRANSFER 02|2020
16 FOKUS „ENTSCHEIDEND FÜR DEN ERFOLG VON DATA-ANALYTICS- PROJEKTEN IST DIE KOMBINATION VON KÜNSTLICHER UND HUMANER INTELLIGENZ“ IM GESPRÄCH MIT DR. PHILIPP LIEDL, GESCHÄFTSFÜHRER DER STASA STEINBEIS ANGEWANDTE SYSTEMANALYSE GMBH Wir sind umgeben von Daten, beruflich satz von KI-Methoden zur Datenanalyse senschaftlichen Bereich. Hier müssen wie privat. Die relevanten Daten heraus- helfen. Dabei ist jedoch die geeignete vermehrt automatisierte Testmethoden zufiltern und diese sinnvoll zu verwen- Auswahl der Eingangsgrößen – Fea- verwendet werden, um die notwendige den, ist eine der größten Herausforde- tures – wichtig, die in die KI-Modelle Datenqualität sicherzustellen, zum Bei- rungen unserer Zeit. Dabei spielt die eingehen, sonst führt die Datenanalyse spiel, um Ausreißer in den Daten oder Qualität der Daten eine wichtige Rolle. am Ende zu mehr Fragen als Antworten. Datenfehler zu identifizieren. Steinbeis-Experte Dr. Philipp Liedl kennt Dies kann durch die Einbeziehung von sich damit aus und hat mit der TRANS- Expertenwissen aus dem jeweiligen An- Welche Rolle spielt das interdiszipli- FER über die KI in der Datenanalyse, wendungsgebiet erreicht werden. Damit näre Querdenken bei der Bewälti- Big Data und die angewandte System- werden die Wirkungszusammenhänge gung der Datenflut? analyse in der Medizin gesprochen. sicherer erkannt und die Ergebnisse schneller interpretiert. Entscheidend für Es kann helfen, Methoden anwendungs- Herr Dr. Liedl, in Ihrem Steinbeis- den Erfolg von Data-Analytics-Projekten übergreifend zur Verarbeitung und Ana- Unternehmen verwandeln Sie Daten ist aus unserer Erfahrung daher die lyse der Datenflut einzusetzen und da- in Wissen. Wo sehen Sie die größten Kombination von KI-Algorithmen und rüber hinaus die tatsächlich relevanten Herausforderungen aktuell, da die menschlichem Expertenwissen, also von Informationen zu filtern, mit dem Ziel die Flut an Daten und Informationen ste- künstlicher und humaner Intelligenz. Datenkomplexität zu reduzieren. So ha- tig zunimmt? ben wir bei STASA beispielsweise Al- Darüber hinaus macht die zunehmende gorithmen, die wir ursprünglich für die Eine der größten Herausforderungen Menge an Daten eine Prüfung der Daten- statistische Analyse von Massendaten besteht darin, aus der Fülle an Daten die qualität schwieriger. Dies gilt für Daten aus Fertigungsprozessen und für die tatsächlich relevanten Informationen zu aus technischen Prozessen und noch Identifikation von relevanten Größen da- extrahieren. Hier kann der gezielte Ein- viel mehr für Daten aus dem sozialwis- raus entwickelt haben, erfolgreich in an- Technologie.Transfer. Anwendung. TRANSFER 02|2020
FOKUS 17 © istockphoto.com/metamorworks dere Anwendungsgebiete transferiert, einer Win-win-Situation gemeinsam mit an Gesundheitsdienstleistungen durch um diese auch dort für die Merkmals- dem Kunden umsetzen. eine immer älter werdende Gesellschaft. extraktion in Massendaten zu verwenden. Diese Bedarfe werden regional unter- Welche Potenziale, aber auch Risi- schiedlich sein, insbesondere im länd- In den vergangenen Jahren haben wir ken bringt Ihrer Meinung nach der lichen Raum steigt der Anteil der Älteren durch unsere interdisziplinäre Herange- Einsatz von Big-Data-Techniken in überproportional, da viele junge Men- hensweise Best-Practice-Methoden für der Medizin? Welchen Einfluss haben schen in die Ballungsräume abwandern. eine erfolgreiche Umsetzung von Pro- diese auf Ihre Arbeit? Gerade im ländlichen Raum ist auch jekten rund um die Datenanalyse, Mo- die gesundheitliche Versorgung schwie- dellierung und Prognose gemeinsam mit Im Gesundheitsbereich führen wir re- riger, da größere Entfernungen zum Arzt unseren Kunden aus der Industrie, dem gionale Datenanalysen durch und ent- zurückgelegt werden müssen. Auch Handel und mit öffentlichen Auftragge- wickeln Softwaretools. Von diesem Dienstleistungen in der häuslichen Pfle- bern entwickelt. Dabei zielen wir immer Blickwinkel aus besteht ein erhebli- ge sind in dünn besiedelten Regionen mit auf eine enge Kooperation mit unseren ches Potenzial in einer stärkeren Ver- langen Fahrwegen und damit mit einem Auftraggebern ab, um die spezifischen netzung von Gesundheitsdienstleistun- insgesamt höheren Zeitaufwand für die Besonderheiten der jeweiligen Anwen- gen auf entsprechenden Plattformen Pflegekräfte verbunden als in Ballungs- dung in unseren Lösungen zu berück- für gesundheitsrelevante Themen, zum räumen. Angebote zu Telemedizin oder sichtigen und in der Diskussion mit un- Beispiel Telemedizin und häusliche Plattformen zur besseren Organisation seren Kunden aus unterschiedlichsten Pflege. von Gesundheits- und Pflegedienstleis- Fachbereichen Querverbindungen zwi- tungen können hier einen Beitrag leis- schen den Disziplinen zu schaffen. So Die demografische Veränderung führt ten, dem wachsenden Bedarf besser zu kann man Data-Analytics-Projekte in zukünftig zu einem steigenden Bedarf begegnen. Gleichzeitig ist aber gerade Technologie.Transfer. Anwendung. TRANSFER 02|2020
18 FOKUS » EINE DER GRÖSSTEN HERAUSFORDERUNGEN BESTEHT DARIN, AUS DER FÜLLE AN DATEN DIE TATSÄCHLICH RELEVANTEN INFORMATIONEN ZU EXTRAHIEREN. für ältere Menschen der Umgang mit den heitswesens. Aktuell entwickeln wir bei- daraus schnell Erkenntnisse für die digitalen Medien schwieriger und sie sind spielsweise im Projekt DiCaSa – Digital Bedarfsplanung gewinnen. Auf Seiten weniger geübt darin. Daher müssen ent- Care Supply Advisor, einem durch die der Patienten sind Plattformen, die die sprechende Lösungen mehr noch als in NBank geförderten und mit den Mitteln Angebotsseite des Gesundheitssystems anderen Bereichen benutzerfreundlich des Europäischen Sozialfonds unter- abbilden, interessant, um sich beispiels- und intuitiv bedienbar gestaltet werden. stützten Projekt – eine webbasierte weise zu informieren, wo die nächstge- Plattform, die unter anderem die Ange- legenen Ärzte oder Apotheken ansässig Risiken bestehen vor allem im Bereich bote für die häusliche Pflege im länd- sind und sich darüber hinaus gleich die des Datenschutzes. Das Vertrauen bei lichen Raum verbessern soll. Über die beste Route zu Fuß, mit dem Pkw oder den Nutzern muss geschaffen werden. Plattform werden die Pflegebedürftigen öffentlichen Verkehrsmitteln anzeigen Daher ist die Einhaltung der gängigen beziehungsweise deren Angehörige mit zu lassen. Datenschutzrichtlinien extrem wichtig. den Pflegediensten zusammengebracht Außerdem sollten auf derartigen Platt- und zwar so, dass einerseits für die Pfle- Aktuell informieren sich die meisten von formen nur die wirklich für die Erbrin- gebedürftigen eine möglichst gute Pfle- uns zu den aktuellen COVID-19-Fallzah- gung der Online-Dienstleistung erfor- gelösung gefunden wird und anderer- len auf interaktiven Landkarten im In- derlichen Daten beim Nutzer abgefragt seits die Pflegedienste besser planen ternet, die von verschiedenen Instituten werden. Hier stehen wir als Entwickler, und ihre Einsätze koordinieren können. und den Medien bereitgestellt werden. aber auch die Betreiber solcher Platt- So sollen die Kapazitäten der Pflege- In der geografischen Epidemiologie formen in der Verantwortung. dienste besser genutzt und optimal für sind entsprechende Analysen zum die Pflegebedürftigen eingesetzt werden. Ausbreitungsverhalten von Epidemien, In Ihrer Arbeit wenden Sie oft die Me- auch modellgestützt, bereits seit Jah- thoden der angewandten System- Darüber hinaus sind weitere Ansätze in- ren etabliert. analyse an. Lassen sich diese auch auf teressant. Auf Seiten der Anbieter im das Gesundheitswesen übertragen? Gesundheitswesen, wie Krankenhäuser, Ärzte, Apotheken, ist die – anonymisier- Die Methoden der Systemanalyse las- te – visuelle Darstellung von Patienten- sen sich gut auf das Gesundheitswe- merkmalen auf der räumlichen Ebene sen übertragen und werden dort heute (Landkarte) für die Angebots- und Be- schon angewendet. Auch wir setzen darfsplanung von großem Wert. So kann unsere Methoden im Bereich des Ge- beispielsweise auf einer interaktiven sundheitswesens ein, indem wir zum Landkarte auf einen Blick erfasst wer- Beispiel unsere Modelle der kleinräu- den, aus welchen Postleitzahlgebieten migen demografischen Bevölkerungs- besonders viele oder wenige Patienten DR. PHILIPP LIEDL philipp.liedl@steinbeis.de (Autor) entwicklung mit Fragestellungen aus kommen. Reichert man die eigenen Da- Geschäftsführer dem Gesundheitswesen kombinieren. ten mit weiteren sozioökonomischen STASA Steinbeis Angewandte Daten an, wie zum Beispiel der Bevöl- Systemanalyse GmbH (Stuttgart) Hier hilft uns auch die zunehmende Di- kerungszahl nach verschiedenen Al- www.steinbeis.de/su/1390 gitalisierung im Bereich des Gesund- tersklassen und Geschlecht, lassen sich www.stasa.de Technologie.Transfer. Anwendung. TRANSFER 02|2020
FOKUS 19 DATEN SIND DER SCHLÜSSEL STEINBEIS-EXPERTEN ENTWICKELN EIN DIGITALES DATEN-ÖKOSYSTEM FÜR KLINISCHE STUDIEN MIT Es ist in gewisser Weise ziemlich paradox: Der Fortschritt der letzten Jahrzehnte in der Medizin hat wesentlich dazu beige- tragen, dass die zukünftige Versorgung von Menschen eine echte Herausforde- rung bleibt. Denn die Lebenserwartung steigt und damit auch die Zahl derer, die medizinische Versorgung benötigen. Gleichzeitig nimmt aber auch der Man- gel an Fachkräften im Gesundheitswe- sen immer weiter zu. Bei der Lösung dieses Konfliktes kann Digitalisierung helfen, indem sie neue Wege bei der Dia- gnosestellung, Therapie, aber auch in der Dokumentation aufzeigt. Damit die- se Wege aber beschritten werden kön- nen, braucht es ein stimmiges Daten- Ökosystem. Hier setzten die Experten der TZM GmbH im Steinbeis-Verbund im Rahmen des Forschungsvorhabens „KIKS – Künstliche Intelligenz in Klini- schen Studien“ mit ihren Softwarelösun- gen und der UMG-Plattform an, um das Problem der fehlenden Standardisierung in der Vernetzung von Medizingeräten zu lösen. Daten im klinischen Umfeld – vielfältig und recht unstrukturiert Wohlstand führte in den entwickelten laut einer bereits vor einigen Jahren suchen. Neue Digitaltechnologien wei- Nationen weltweit zu grundlegend bes- durchgeführten Untersuchung der Wirt- sen einen Ausweg. Durch die Nutzung seren Lebens- und Arbeitsbedingungen. schaftsprüfungsgesellschaft Pricewa- von künstlicher Intelligenz, den Einsatz In der Folge sank die Sterblichkeitsrate terhouseCoopers wird bis zum Jahr 2030 von IoT-basierenden („Internet of Things“) bei Säuglingen und gleichzeitig stieg die im Bereich der Gesundheitsversorgung Ansätzen, die Etablierung von Telemo- Lebenserwartung der Menschen stetig. eine Personallücke von 800.000 Perso- nitoring und Telemedizin sowie die Nut- Der Fortschritt in der Medizin ist einer nen entstehen, gleichzeitig wird eine zung neuer Robotertechnologien können der Faktoren, die dazu führen, dass Men- hohe Anzahl von Arztstellen unbesetzt viele der beschriebenen Herausforde- schen immer älter werden. Der steigen- sein [2]. rungen gemeistert werden. Diese Tech- den Anzahl von Menschen, die eine me- nologien verbessern und beschleunigen dizinische Versorgung bis ins hohe Alter DIGITALISIERUNG: CHANCEN UND die Diagnose, personalisieren und opti- in Anspruch nehmen, steht jedoch ein HERAUSFORDERUNGEN mieren die Therapie und führen zu Er- massiver und steigender Mangel an leichterungen in der Dokumentation und medizinischem Fachpersonal und Pfle- Die Medizin der Zukunft kommt nicht im Zeiteinsatz. gekräften gegenüber. So fehlen in den umhin, neue Wege zur Aufrechterhal- deutschen Kliniken heute bereits min- tung einer qualitativ hochwertigen und Es gibt jedoch eine große Herausforde- destens 50.000 Pflegefachkräfte [1] und angemessen effizienten Versorgung zu rung: Die neuen Digitaltechnologien kön- Technologie.Transfer. Anwendung. TRANSFER 02|2020
20 FOKUS nen nur in dem Maße wirksam einge- zung von Medizinprodukten führt in die dien als wichtige Etappe bei der Validie- setzt werden, in dem verwertbare Daten Sackgasse, wenn die Datenströme aus rung und Zulassung von Medikamenten in ausreichender Menge zur Verfügung den übergebenden Einheiten (Daten- und Behandlungsmethoden stehen da- stehen. Wenn man sich die Abläufe in quellen) von den jeweiligen empfangen- bei im Mittelpunkt. Deshalb hat das Bun- einer Klinik ansieht, erkennt man auf den Einheiten (Datensenken) nicht ver- desministerium für Wirtschaft und Ener- den ersten Blick, dass an vielen Stellen standen werden. Eine Konnektivität ist gie einen Wettbewerb ausgeschrieben, des Versorgungsprozesses Daten ent- nicht ausreichend hergestellt, wenn für aus dem das Forschungsvorhaben „KIKS stehen. Besonders auffällig ist, dass eine Datensenke unklar ist, welche In- – Künstliche Intelligenz in Klinischen eine große Heterogenität in der Art und formation aus den einzelnen Datenströ- Studien“ als einer der Sieger hervorge- Weise der Datenerfassung, Speicherung men einer bestimmten Datenquelle wo gangen ist. Das Gesamtprojektvolumen und Verarbeitung vorliegt. Für Ärzte, und wie genau herauszulesen ist. Die beläuft sich auf über 15 Millionen Euro das Pflegepersonal und die klinischen Gefahr, dass falsche Werte zur Weiter- und insgesamt 16 Konsortialpartner – IT-Abteilungen ist diese Situation abso- verarbeitung oder Analyse herangezo- darunter fünf Universitätskliniken – sind lut unbefriedigend und führt zu einem gen werden, ist höchst real. Echte daran beteiligt. Ziel des Projektes ist die erheblichen, unnötigen Mehraufwand. Konnektivität ermöglicht eine Interope- Entwicklung eines digitalen Ökosystems, rabilität, also einen Datenaustausch auf von dem Patienten, Kliniken und Medi- Neben diesem Aspekt und der vielfach der Grundlage standardisierter, belast- zintechnikhersteller gleichermaßen pro- zu Recht diskutierten Anforderung eines barer Daten. fitieren. Im Rahmen von KIKS sollen zum sicheren Umgangs mit personenbezo- einen die Anforderungen von Medizin- genen Gesundheitsdaten gibt es dabei DATEN-ÖKOSYSTEM ALS produkteherstellern und Kliniken zur eine weitere Dimension, die aktuell eine VORAUSSETZUNG FÜR ERFOLG effektiven Nutzung klinischer Daten er- der größten Barrieren zur Anwendung arbeitet werden. Zum anderen geht es neuer Technologien in der Medizin dar- Insbesondere die Nutzung der künstli- darum, auf der Grundlage der Anfor- stellt: Die fehlende Standardisierung in chen Intelligenz zur besseren Diagnose derungen ein cloudbasiertes digitales den Kommunikationsprotokollen. Die und Behandlung von Krankheiten erfor- Ökosystem zu entwickeln, das durch dadurch entstehende „Vielfalt“ ist ein dert den Aufbau und die Kultivierung modernste Architektur und Sicherheits- Hemmschuh, denn die digitale Vernet- eines Daten-Ökosystems. Klinische Stu- technologien die Einhaltung rechtlicher » DIE MEDIZIN DER ZUKUNFT KOMMT NICHT UMHIN, NEUE WEGE ZUR AUFRECHTERHALTUNG EINER QUALITATIV HOCHWERTIGEN UND ANGEMESSEN EFFIZIENTEN VERSORGUNG ZU SUCHEN. Technologie.Transfer. Anwendung. TRANSFER 02|2020
FOKUS 21 UMG verbindet klinische Geräte durch Plug & Play. und ethischer Rahmenbedingungen ge- mittlung dieser Daten an klinische Sys- werden. Andererseits ermöglicht UMG währleistet. teme realisiert werden. Das UMG ist als „Brückenelement“, dass Daten aus eine flexible und herstellerunabhängi- bislang nicht erschlossenen Quellen zu- UMG STELLT DEN ge Anbindungsplattform, die für einen verlässig erfasst und zur Verarbeitung DATENAUSTAUSCH SICHER gesicherten Datenaustausch zwischen mittels neuer Technologien bereitge- Medizingeräten sorgt. Es gewährleistet stellt werden. Die Plattform besticht Die TZM GmbH ist aufgrund ihrer jah- somit eine Konnektivität, die die Grund- durch ihren „Plug & Play“-Ansatz und relangen Erfahrung bei der Entwick- lage für echte Interoperabilität darstellt. kann sehr einfach bedient werden. Es lung medizinischer Software in das Dadurch können einerseits wesentliche erfordert keine aufwendigen Konfigura- Konsortium aufgenommen worden. Ins- operative Vorteile wie etwa erweitertes tionen und Einstellungen und setzt keine besondere über die von TZM entwi- Patienten-Monitoring, verbesserte Pa- spezielle Krankenhausinfrastruktur vo- ckelte Plattform UMG (Universal Medi- tientenversorgung, optimierte Admi- raus. Die Lösung kann gekauft oder im cal Gateway) können Datenerfassungen nistration und Abrechnungen, akkura- Rahmen eines serviceorientierten Mo- von Medizinprodukten und die Über- te Patientendokumentation etc. erzielt dells genutzt werden. Quellen PROF. DR. RAINER WÜRSLIN BASTIAN MAZZOLI rainer.wuerslin@steinbeis.de (Autor) bastian.mazzoli@steinbeis.de (Autor) [1] Deutscher Pflegerat (2018): Positionspapier zum Personalmangel Senior Advisor Solution Manager in der Pflege TZM GmbH (Göppingen) Medical Connectivity [2] PricewaterhouseCoopers (2010): TZM GmbH (Göppingen) Fachkräftemangel – Stationärer und www.steinbeis.de/su/1831 ambulanter Bereich bis zum Jahr 2030 www.tzm.de www.steinbeis.de/su/1831 www.tzm.de Technologie.Transfer. Anwendung. TRANSFER 02|2020
22 FOKUS BIG DATA? BIG DATA! DATEN IM GESUNDHEITSWESEN: EIN ESSAY ÜBER POTENZIALE UND HERAUSFORDERUNGEN Daten sind der Rohstoff des 21. (unseres!) der aus den zurückgemeldeten Positi- modelle oder sich selbstanpassende, Jahrhunderts. Kaum ein Satz fällt im Zu- onsdaten unzähliger Mobiltelefone An- selbstlernende Algorithmen, sammenhang mit Big Data so regelmä- gaben zum aktuellen, aber auch zum künstliche Intelligenz). ßig wie dieser. Aber was versteht man prognostizierten Verkehrsaufkommen eigentlich darunter? Und was bedeutet an bestimmten Wochentagen oder Ta- KÜNSTLICHE INTELLIGENZ: Big Data für das Gesundheitswesen? geszeiten ableitet. CHANCEN UND RISIKEN Die Steinbeis-Experten Dr. Martin Vogel und Jürgen Blume vom Steinbeis-For- Als Expertenbezeichnung für alle tech- Insbesondere KI-Algorithmen bieten aus schungszentrum Medizintechnik und nischen Themen um Big Data hat sich der Sicht von Dr. Martin Vogel und Jür- Biotechnologie haben sich für die der Begriff des Data Scientist etabliert. gen Blume die größten Anwendungs- TRANSFER mit diesen Fragen ausein- Sie oder er arbeitet an vielfältigen He chancen für Big Data: Das Computer- andergesetzt. rausforderungen: system kann auf große Datenmengen – Erfahrungswissen – zurückgreifen Für die beiden Steinbeiser steht fest, eine zur Fragestellung passende und leitet daraus Prognosen ab. Der dass mit Big Data nicht allein eine Grö- Systemtopologie zu wählen Erfolg jeder neuen Entscheidung, die ßenangabe gemeint ist, denn das Auf- (zum Beispiel welche System das System trifft, wird zur Optimierung treten riesiger Datenmengen ist in der komponente – Zentralrechner, der Entscheidungsfindung genutzt. So bildgebenden Wissenschaft und Medi- Peripherierechner, Mobiltelefon etc. entstehen sich permanent verbessern- zin seit Jahrzehnten eine bekannte Tat- – übernimmt welche Aufgaben), de Systeme, deren Vorhersagepräzision sache (und Herausforderung). Unter Speichermodelle vorzuschlagen, die der klassischen Modelle übertrifft. Big Data versteht man daher das eher die auch zukünftige Entwicklungen In Einzelfällen sind diese Systeme in neue Phänomen der permanenten Er- des Systems einbeziehen (zum Beispiel ihrem speziellen Feld sogar bereits hebung großer Datenmengen und die normalisierte Speicherung in SQL- „besser“ (genauer: präziser und schnel- damit einhergehenden Anforderungen Datenbanken oder dokumenten ler) als menschliche Experten. an Systemdesign, Speicherung, Analy- zentriert in NoSQL-Datenbanken) se und Darstellung. Ein bekanntes Bei- oder passende Analysen zu entwickeln An diesem Punkt muss man jedoch spiel ist der Google-Kartendienst „Maps“, (zum Beispiel klassische Analyse- auch die Risiken betrachten: Die in KI- Technologie.Transfer. Anwendung. TRANSFER 02|2020
FOKUS 23 © istockphoto.com/ipopba Algorithmen entstehenden Entschei- als Rohstoff“ an dieser Stelle. Im Gegen- lich auf den Stand zurück, den die deut- dungsketten oder „-bäume“ sind zum satz zum klassischen Rohstoff können sche Datenschutzgesetzgebung früher Teil sehr umfangreich (Millionen von Daten nicht einfach gewonnen und ver- hatte und der sich mit ihrem Ruf ver- untereinander abhängigen Einzelent- kauft werden, denn gerade im Gesund- band, die strengste weltweit zu sein. scheidungen) und entziehen sich damit heitswesen gehören sie oft bereits je- jeder Nachvollziehbarkeit für Menschen. mandem: in der Regel dem Patienten, Ganz allgemein muss aus Sicht der Mit anderen Worten: Wir wissen dann möglicherweise auch noch anderen re- Steinbeis-Experten das Ziel bei jegli- in den meisten Fällen nicht, worauf die levanten Stakeholdern, wie Krankenkas- cher Nutzung von Big Data immer sein, Prognose oder Entscheidung des Com- sen, Ärzteschaft oder anderen Leis- dass die Menschen verstehen, was man putersystems beruht. Dies ist insbe- tungserbringern. Sogar der Gesetzgeber tun will und wie es sie tangiert bezie- sondere dann kritisch, wenn das Sys- kann durch nicht sauber formulierte hungsweise tangieren wird. Darüber hi- tem über „ungewohnte“ Randfälle (im neue Gesetzgebungen einen wichtigen, naus muss gerade im Gesundheitswe- Sinne seines Erfahrungsspeichers) zu möglicherweise aber gar nicht beab- sen sichergestellt werden, dass die entscheiden hat. sichtigten Einfluss haben. entsprechenden flankierenden rechtli- chen wie vertrauensbildenden Maß- Daher sind nach der Auffassung der bei- In jedem Fall ist daher nicht nur die nahmen nicht im Nachhinein gestartet den Steinbeis-Experten KI-Systeme im Analyse der Daten spannend, sondern werden, sondern bereits so früh wie Gesundheitswesen sinnvoll nur dann auch die eindeutige Klärung, wem wel- möglich greifen. einzusetzen, wenn sie entweder rein un- che Daten gehören und wessen Einver- terstützend wirken, das heißt, die letzte ständnis Voraussetzung für die Ver- Big Data-Projekte unter diesen beiden Entscheidung trifft hier immer ein Ex- wendung der Daten ist. Blickwinkeln – technisch wie rechtlich perte (wobei dann Mechanismen gegen und sozial – übergreifend von Anfang gewohnheitsmäßiges „Durchklicken“ ge- Dies ist eine unmittelbare Folge des an zu betrachten, ist gewiss eine He funden werden sollten) oder eine Risi- Datenschutzes, insbesondere der seit rausforderung, im Ergebnis aber loh- koanalyse stellt sicher, dass autonom Mai 2018 geltenden EU-Datenschutz- nend! arbeitende Systeme keine irreversib- Grundverordnung. Sie führt letztend- len Schäden an Leib und Leben verur- sachen können. VOM ROHSTOFF UND DATENSCHUTZ DR. MARTIN VOGEL JÜRGEN BLUME martin.vogel@steinbeis.de (Autor) juergen.blume@steinbeis.de (Autor) Werden diese Aspekte beachtet, können Steinbeis-Unternehmer Steinbeis-Unternehmer KI-Algorithmen jedoch sehr hilfreich Steinbeis-Forschungszentrum Steinbeis-Forschungszentrum dabei sein unbekannte Zusammenhän- Medizintechnik und Biotechnologie Medizintechnik und Biotechnologie ge in Daten zu entdecken. Allerdings (Weinheim) (Weinheim) hinkt die Modellvorstellung von „Daten www.steinbeis.de/su/895 www.steinbeis.de/su/895 Technologie.Transfer. Anwendung. TRANSFER 02|2020
Sie können auch lesen