Freilichtblick Bergisches Freilichtmuseum Lindlar - Achtung Hochspannung! Das Freilichtmuseum unter Strom - Bergisches Freilichtmuseum ...
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Bergisches Freilichtmuseum Lindlar Freilichtblick Heft 20 Achtung Hochspannung! Das Freilichtmuseum unter Strom Verein der Freunde und Förderer des Bergischen Freilichtmuseums Lindlar e. V.
Freilichtblick – eine Zeitschrift, die … • regelmäßig über die Entwicklungen im LVR-Freilichtmuseum Lindlar be- richtet • Arbeit und Alltagsleben der bäuerlich- handwerklichen Kultur schildert • den ökologischen Schwerpunkt des Museums „beleuchtet“ • auf Veranstaltungen des Fördervereins hinweist und zu ihnen einlädt • Beiträge zur Geschichte der Region liefert • Mundart pflegt Heft 20 2014 herausgegeben von Anka Dawid im Auftrag des Vereins der Freunde und Förderer des Bergischen Freilichtmuseums Lindlar e. V.
Impressum Redaktion: Anka Dawid Die Autorinnen und Autoren dieser Ausgabe sind: Siegfried Berg, Anka Dawid, Petra Dittmar, Jürgen Dreiner-Wirz, Paul Friepörtner, Efi Goebel, Frederik Grundmeier, Hannah Janowitz, Christa Joist, Michael Kamp, Julia König, Dr. Klemens Krieger, Kirsten Osthoff, Willi Schmidt, Maybritt Schützenmeister, Thomas Trappe, Elisabeth Walter, Dieter Wenig, Burkhard Zinn und Dr. Ernst Zinn Für die Inhalte der Texte sind die jeweiligen Autorinnen und Autoren verantwortlich. Umschlagfotos: Trafostation aus Hückeswagen-Herweg LVR-Freilichtmuseum Lindlar / www.naturlinse.de Fotos: Soweit nicht gesondert angegeben, Fotos der Autorinnen und Autoren bzw. des LVR-Freilichtmuseums Lindlar V. i. S. d. P.: Anka Dawid Gestaltung, Satz, Druck und Verarbeitung: Siebel Druck & Grafik, Lindlar ISBN-Nummer 978-3-932557-13-2
Inhalt 7 Vorwort Aktuell 8 Krieg und Licht Eine Ausstellung über die Elektrifizierung des ländlichen Raumes um 1914 14 Versetzung unter Spannung Ein Trafoturm zieht um 16 Wege in die Moderne Die Eröffnung von Gut Dahl aus Wülfrath 18 Freilichtmuseum oder Abbruch? Die Hermesdorfer Schule braucht Ihre Unterstützung! 22 Haus Schürfelde Ein Hallenhaus für das Bergische Freilichtmuseum 26 25 Jahre Förderverein des Bergischen Freilichtmuseums 29 Märchenhaftes Freilichtmuseum 30 Neues von der Steinbruchbahn 34 Kulturerbe online Das neue Portal Alltagskulturen im Rheinland 36 Ein Tag in der Museumsherberge 40 Wohnen im Museum Die Museumsherberge im Gut Dahl 41 Die Wasserpumpstation der Preußischen E isenbahndirektion Elberfeld Künftiges Museumsgebäude mit unbekannter Pumpentechnik 44 Äepelsferien Ein Fest rund um die Kartoffel
46 Blumenstrauß, Mutterkreuz, Frauendemo: Geschichte Aspekte des Muttertages im 20. Jahrhundert 56 Die ganze Welt im Kinderzimmer Sammelbilder aus den Beständen des LVR-Freilichtmuseums Lindlar 58 Die St. Rochus-Kapelle in Kemmerich 62 Biergeschichten 65 Mahlen, Schmieden, Strom erzeugen zwischen Erft, Wupper und Sieg Sonstiges Das Projekt „Mühlenregion Rheinland“ 69 SIEBEN+schöpfung.tage.mensch! Interaktive Erlebnisausstellung zur Schöpfung(-sgeschichte) 71 Heimatmuseum der Schloss-Stadt Hückeswagen: Neugestaltung zum fünfzigjährigen Bestehen 74 Das Bergische Museum für Bergbau, Handwerk und Gewerbe und seine Neukonzeptionierung 2014 bis 2016 77 Von Hornrichtern und enthornten Rindern Eine kleine Ästhetik der Kuh 81 Noch krähen sie … extrem gefährdete Hühnerrassen im Lindlarer Freilichtmuseum 82 Neues vom Büchermarkt 84 Rückblick 2012 / 13 91 Rezept Tante Clara 92 Die Autorinnen und Autoren dieser Ausgabe
Vorwort von Dr. Klemens Krieger „Das Bergische Freilichtmuseum für Ökologie und bäuerlich-handwerkliche Kultur braucht Freunde“, schrieb Dr. Ernst Zinn, der langjährige Vorsitzende des Vereins der Freunde und Förderer des Museums im Vorwort zu Heft 2 des Freilichtblicks. In der vorliegenden Ausgabe, der Nummer 20, und 25 Jahre nach Gründung des Vereins kön- nen wir feststellen: Es sind viele Freunde, die das Museum über die Jahre gewonnen hat. In Heft 3 wurde das 100. Mitglied begrüßt, heute sind es über 1.500 aktive Mit- glieder. Sie kommen aus dem ganzen Bergischen Land und vom Rhein, und aus ganz unterschiedlichen Gründen zieht es sie immer wieder nach Lindlar ins Lingenbachtal. Durch ihre Mitgliedschaft im Förderverein bringen sie ihre Verbundenheit zum Aus- druck und tragen auf unterschiedliche Weise zum Gelingen und zur weiteren Entwick- lung des Museums bei. Ohne ihre Unterstützung wäre das Museum ärmer – sowohl im materiellen wie auch im ideellen Sinne. In den letzten Jahren zählte das Freilichtmuseum regelmäßig rund 100.000 Besu- cherinnen und Besucher. Dieser Zuspruch ist eine eindrucksvolle Bestätigung für die Arbeit des Teams um Michael Kamp, für die Gründungsväter des Museums und für die ehrenamtlich engagierten Vereinsmitglieder. Das Bergische Freilichtmuseum braucht sich nicht hinter den anderen Museen unserer Region zu verstecken! Der Freilichtblick hat die Entwicklung des Museums über die Jahre sorgfältig doku- mentiert. Es gibt keine andere Quelle, in der man diese so gut nachvollziehen kann. Deshalb sind die Anstrengungen und die Kosten, die jedes Mal mit der Erstellung des Heftes verbunden sind, gerechtfertigt. Auch das vorliegende Heft berichtet wieder über wichtige Ereignisse und Entwicklun- gen im Museum und über Projekte zum weiteren Ausbau. Mit welcher Kompetenz und Tatkraft eisenbahnbegeisterte Fachleute aus unseren Reihen sich beim Bau der Stein- bruchbahn einbringen, ist ebenso dokumentiert wie ihre Kreativität bei der Finanzie- rung des Projektes. Berichte über die Elektrifizierung des Bergischen, die Vermittlung unserer Kulturgeschichte in Ausstellungen und Seminaren und über den Wandel von Leitbildern im Lauf der Geschichte unterstreichen die Themenvielfalt dieses Heftes. Viel Spaß bei der Lektüre wünscht Klemens Krieger 7
Krieg und Licht Eine Ausstellung über die Elektrifizierung des ländlichen Raumes um 1914 von Anka Dawid, Frederik Grundmeier und Michael Kamp Mit der Sonderausstellung „Krieg und Die Lindlarer Ausstellung, die noch bis Licht – Zur Dynamik der ländlichen Elek- Jahresende 2014 im Ausstellungsraum trifizierung um 1914“ beteiligt sich das über Hof Peters zu sehen ist, widmet sich LVR-Freilichtmuseum Lindlar am gro- den vielfältigen kulturellen, sozialen und ßen LVR-Verbundprojekt „1914 – Mitten wirtschaftlichen Facetten der Elektrifizie- in Europa. Das Rheinland und der Erste rung im Bergischen Land. In anschau- Weltkrieg“. Erstmalig arbeiten dabei die lichen Inszenierungen geht sie dem Zu- LVR-Museen und Kulturdienste mit zahl- sammenhang zwischen „Krieg und Licht“ reichen Partnern zusammen und erinnern nach und beleuchtet dabei vor allem den an den Beginn dieser „Urkatastrophe des ländlichen Raum. 20. Jahrhunderts“. Der Strom kommt 1899 begann im Bergischen Land eine neue Zeitrechnung in der Stromerzeu- gung. Damals ging das Müngstener Wasserkraftwerk ans Netz. Dieses erste Überlandwerk in der Region versorgte 15 Gemeinden in den alten Landkrei- sen Mettmann und Solingen mit Strom. Zwei Jahre später nahm auch die elektri- sche „Centrale Berggeist“ bei Brühl ihren Dienst auf. Deren Leitungsnetz erstreckte sich bis nach Bergisch Gladbach. In kur- zer Folge entstanden weitere Zentralen, die Teile des Bergischen mit Energie ver- sorgten, in Lennep (1906), Gummersbach und Hagen (1908) oder Hattingen an der Ruhr (1912). So existierten am Vorabend des Ersten Weltkriegs in der Rheinprovinz in den Städten und bevölkerungsreiche- ren Gemeinden bereits 212 Elektrizitäts- Kletterpartie bei der Mastmontage, um 1920 (Foto: Archiv Peter Ruland) 8
werke. In Lindlar erzeugte ein Explo den Nachkriegsjahren forcierten die rhei sionsmotor ab 1912 einige Jahre lang nischen Energielieferanten, allen voran Strom für 80 Haus- und 10 Kraftstroman- das RWE, deshalb rasch die zuvor als schlüsse. unrentabel geltende Elektrifizierung der verstreut liegenden bergischen Dörfer. Sie Krieg und Licht konnte Mitte der 1920er-Jahre weitest gehend abgeschlossen werden. Um den hohen Energiebedarf der Rüs- tungsindustrie zu decken, förderte die Unheimlich unsichtbar deutsche Kriegswirtschaft den Bau von neuen Großkraftwerken wie etwa in Der neuen Energieform begegnete man Hürth-Knapsack. Die privaten Haushalte, zunächst mit großer Skepsis: vielen er- vor allem die ländlichen, profitierten al- schien sie unheimlich. Konnte man lerdings zunächst kaum vom Ausbau des Dampf- und Muskelkraft einschätzen und Stromnetzes. Mit der Kriegsniederlage steuern, barg der unsichtbare, lautlose und dem wirtschaftlichen Zusammen- Strom die Gefahr des Kontrollverlustes – bruch Deutschlands änderten sich die unverständlich, dass ein schneller Griff in Verhältnisse jedoch grundlegend: Die ge- die Steckdose tödlich enden konnte. Die schaffenen Kraftwerkskapazitäten k amen Vorteile überwogen jedoch, das anfäng von da an allen Menschen zugute. In liche Misstrauen war schnell verflogen Die Centrale Müngsten, das erste Überlandwerk Mastmontage, um 1925 des Bergischen Landes (Foto: Stadtarchiv Solingen) (Foto: Elektrothek Osterath) 9
des Bergischen Landes und zogen in die pulsierenden Industrieregionen wie das Tal der Wupper oder das Ruhrgebiet. Die Folgen dieser Landflucht waren drama- tisch: Auf den Höfen fehlten Mägde und Knechte. Zur Erntezeit mangelte es an Landarbeitern. Auch in vielen kleinen Handwerksbetrieben, etwa in der Rem- scheider Kleineisenindustrie, standen immer weniger Gesellen und ungelernte Arbeitskräfte zur Verfügung. Die zuneh- mende Elektrifizierung konnte diesen Verlust abfedern: Elektromotoren, meist angeschafft im Ratenkauf, ersetzten selbst in den kleinsten Landwirtschaftsbetrie- ben und Produktionsstätten das Personal. Auch der Industrie verhalf die Elektrifizie- rung einer „zweiten industriellen Revo- lution“ gleich zum wirtschaftlichen Auf- Zeitgenössische Karikatur zum Umgang mit der neuen Technik (Postkarte: Archiv Peter Ruland) und Strom fand rasche Verbreitung. Aller dings war er in der Anfangsphase sehr teuer: Eine Kilowattstunde Lichtstrom kostete um 1910 rund 50 Pfennig. Dies entspräche einem heutigen Gegenwert von etwa 20 Euro. Diejenigen, die sich überhaupt einen Hausanschluss leisten konnten, verwendeten Strom daher äu- ßerst sparsam. Auch verwundert es kaum, dass viele Häuser lange Zeit nur eine spärliche Beleuchtung besaßen. „Der beste Geselle“ In der Hoffnung auf ein besseres Leben verließen um die Jahrhundertwende viele Arbeitskräfte die ländlichen Regionen „Helfer in der Not“: der Elektromotor (Abbildung: Museum Strom und Leben, Umspannwerk Recklinghausen) 10
Trafosäulen erobern das Stadtbild, um 1920 (Foto: Elektrothek Osterath). schwung: Die neue Energie trieb ganze an gestalteten die in der Kritik stehenden Transmissionsanlagen an, aber auch ziel- Energieversorger ihre ländlichen Trans- gerichtet einzelne Arbeitsgeräte. Zudem formatorenhäuser mit besonderer Sorg- ermöglichte elektrisches Licht fortan die falt. Im Bergischen Land beriet sie dabei Arbeit zu jeder Tages- und Nachtzeit. Im der bekannte Architekt Peter Klotzbach Oberbergischen profitierte vor allem die (1875 –1947) mit seiner „Bauberatungs- Steinindustrie von dieser Entwicklung. stelle“ in Barmen (heute: Wuppertal). Er empfahl bodenständige Bauformen und Landschaft im Wandel heimische Materialien in einer Vielzahl von Varianten. Mit dem Ausbau des Stromnetzes ver- änderte sich auch das Landschaftsbild. Auch im Jahr 2014 ist der Ausbau des Vor allem Freileitungen, Trafostationen Stromnetzes Thema intensiv geführter und Strommasten erhitzten die Gemüter. Auseinandersetzungen. Die inhaltlichen Die Gegner der Entwicklung formierten Argumente sind weitestgehend gleich ge- sich im „Deutschen Bund Heimatschutz“ blieben: Es geht um den Schutz der Na- (heute: Bund Heimat und Umwelt in tur und die möglichen gesundheitlichen Deutschland). Der 1904 gegründete Ver- Nachteile für die Bevölkerung. Bis in das band war politisch so einflussreich, dass Jahr 2022 sollen über 3.800 Kilometer an Preußen 1907 ein Gesetz erließ, das sich Höchstspannungsleitungen neu errichtet „gegen die Verunstaltung von Ortschafts- werden. Widerstand von Bürgerinitiati- und Landschaftsbildern“ wandte. Von da ven und Anwohnern regt sich vor allem 11
Das größte Exponat der Ausstellung: die Dynamomaschine aus Engelskirchen gegen vier geplante „Stromautobahnen“, hinaus noch etwa 50 Häuser in der nähe- die die im Norden gewonnene Wind- ren Umgebung. Eine beachtliche Samm- energie in den Süden Deutschlands trans- lung an historischen Lichtschaltern be- portieren sollen. sitzt die in Hückeswagen ansässige Firma Pflitsch. Ein Ausschnitt dieser bunten Viel zu entdecken Vielfalt wird in der Lindlarer Ausstellung gezeigt. Ebenso tatkräftige Unterstützung In der Ausstellung gibt es einiges zu in Sachen Leihgaben und Fotomaterial be- entdecken: Viele der gezeigten Expo- kam das Freilichtmuseum vom „Museum nate stammen aus der umfangreichen Strom und Leben“ aus Recklinghausen. Sammlung des LVR-Freilichtmuseums Lindlar. Aber auch zahlreiche Privatper- Auch interaktive Stationen warten auf die sonen, Museen und Firmen unterstützen Besucherinnen und Besucher. Eine Dun- die Präsentation mit ihren Leihgaben. kelkammer beherbergt beispielsweise Aus dem LVR-Industrie museum Schau- eine Vielzahl mitunter sehr kurios anmu- platz Engelskirchen stammt zum Beispiel tender Objekte. Um diese mit Kurbel- die beeindruckende Flachring-Dynamo- taschenlampen sichtbar zu machen, ist maschine aus dem Jahr 1885. Spinne- Muskeleinsatz vonnöten. Ausgestellt ist reibesitzer Christian Alexander Baldus in der Dunkelkammer unter anderem ein aus Osberghausen erwarb sie Ende des beleuchteter Stopfpilz, angeblich erfun- 19. Jahrhunderts in Nürnberg bei der den vom einstigen Bundeskanzler Konrad Firma S. Schuckert. Durch den Anschluss Adenauer. Viel Beachtung und Verwunde- an eine Wasserturbine konnte Baldus mit rung findet auch der sogenannte Hoch- dieser Maschine Strom aus der Strömung frequenzstrahlapparat oder Gesundheits- der Agger gewinnen und damit nicht nur koffer. Diesem Gerät mit seinen ulkig seine Fabrik beleuchten, sondern darüber geformten gläsernen Elektroden traute 12
Elektrische Helfer im Haushalt: bis in die 1950er-Jahre wenig verbreitet man ab 1900 allerhand Heilungspoten Umland mit Strom versorgte, nachdem zial zu. Von Asthma über Gicht bis zu Zys- sich in Städten wie Barmen, Elberfeld ten – die Elektromedizin sollte bei allerlei oder Gummersbach entsprechende Ein- Beschwerden Linderung verschaffen. richtungen schon in den 1890er-Jahren etabliert hatten. Seit 2010 war der Trafo- Von Herweg nach Lindlar turm außer Betrieb. Zusätzlich zur Ausstellung hat das Mu- Über die Dauer des Ausstellungsjahres seum 2013 / 2014 eine nicht mehr ge- hinaus wird der Trafoturm an die zweite nutzte historische Trafostation aus Industrialisierungsphase des ländlichen Hückeswagen-Herweg in das Museums- Raumes erinnern, nachdem bereits einige gelände versetzt. Neuer Standort ist die Jahre zuvor die Eisenbahn den Weg für Baugruppe Oberlingenbach, gegenüber Kommunikation und Warenaustausch mit der Museumsgaststätte. den Zentren geebnet hatte. Das im „Bergischen Heimatstil“ 1913 er- Ermöglicht wurde die Translozierung des richtete Gebäude formte viele Jahrzehnte Gebäudes durch die Förderung der loka- lang den Starkstrom aus der Überlandlei- len Energieversorger Aggerenergie, BEW, tung für die Haushalte in seiner näheren BELKAW und RWE sowie des Vereins der Umgebung um und versorgte diese mit Freunde und Förderer des Bergischen Licht- und Kraftstrom. Damit steht der Freilichtmuseums Lindlar e. V. Turm am Anfang der Elektrifizierung der bergischen Landgemeinden zwischen Weitere Informationen zum LVR-Verbund- Wuppertal und Waldbröl. Erst wenige projekt „1914 – Mitten in Europa. Das Jahre zuvor war in Remscheid-Lennep Rheinland und der Erste Weltkrieg“ fin- ein Elektrizitätswerk entstanden, das das den Sie unter www.rheinland1914.lvr.de. 13
Versetzung unter Spannung Ein Trafoturm zieht um von Burkhard Zinn 1. Die Ganzteilversetzung des 100 Jahre 2. Um überhaupt zur Baustelle zu ge- alten Trafoturms aus Hückeswagen- langen, musste eine rund 100 Meter Herweg war eine echte Herausforde- lange Baustraße angelegt werden. rung für die Museumsfachleute. Zum ersten Mal hat das Museum ein Stein- haus am Stück versetzt. 3. Nach erfolgter Verstrebung im Inne- 4. Anschließend wurden die beiden Eta- ren des Turmes wurde der komplette gen horizontal aufgesägt und mit Hilfe Dachstuhl (ca. 5 Tonnen) am Stück ab- einer Stahlträgerkonstruktion an den gehoben und auf einen Spezial-LKW Haken eines 120 Tonnen-Kranes ge- verladen. hängt. 14
5. Abtransport der ca. 16 Tonnen schwe- 6. Die Karawane schlängelte sich durch ren Bauteile über die provisorische das Oberbergische. Baustraße. 7. „Hochzeit“: Die drei Teile des Turmes 8. Abschließend folgte die Installation wurden im Museum auf dem vorberei- der Inneneinrichtung. Sie stammt teten, neuen Fundament wieder aufei- aus einer Station in Wermelskirchen- nander gestellt. Anschließend wurden Eibring hausen und zeigt den tech die Tragkonstruktionen entfernt und nischen Stand der 1930er- bis 1950er- die verbleibenden Schnittstellen kraft- Jahre. schlüssig vermauert. 15
Wege in die Moderne Die Eröffnung von Gut Dahl aus Wülfrath von Petra Dittmar und Dieter Wenig Zahlreiche Gäste kamen am 13. Mai 2014 zur feierlichen Eröffnung des Wohn- hauses von Gut Dahl aus Wülfrath im LVR-Freilichtmuseum Lindlar. Damit ist der Aufbau der kompletten Hofanlage Gut Dahl abgeschlossen. Bei dem Ensemble handelt es sich um ei- nen typischen niederbergischen Einzelhof mit Wohnhaus, Stall, Remise und Neben- gebäuden. Seit 2012 ist in dem Gebäu- detrakt, der ursprünglich aus Remise und Scheune bestand, die Museumsherberge untergebracht. Gut gelaunt zeigen sich Hannah Janowitz, Petra Dittmar, Dieter Wenig und Dr. Martina Gass (von links nach rechts) in der Eingangstür von Gut Dahl. die Bewirtschaftung des Anwesens über- nehmen. Während in anderen Gegenden wie dem Oberbergischen Land der Besitz im Erbfall geteilt wurde, blieb die Größe von Gut Dahl so über Jahrhunderte er- halten. Im 19. Jahrhundert zählte der Hof mit rund 25 Hektar landwirtschaftlicher Das repräsentative Wohnzimmer: Nutzfläche zu den mittelgroßen Anwesen die Tapete ist nach Befund rekonstruiert rund um Wülfrath und war über viele Ge- (Foto: Klaus Rabe). nerationen im Besitz der Familie Müller. Die erste urkundliche Erwähnung von Vor dem Ersten Weltkrieg verkaufte die Gut Dahl findet sich bereits um 1150. Die Familie Hof und Grundbesitz an August Geschichte des Hofes ist eng mit der Abtei Thyssen, der 1903 die Rheinische Kalk- Werden (heute Essen) verbunden; bis zur steinwerke GmbH gegründet hatte. We- Auflösung des Klosters im Jahr 1802 wa- gen der Erweiterung des Kalksteinbruchs ren die Abgaben an die kirchliche Obrig- am Silberberg mussten 1996 die lang- keit zu entrichten. Sie bestimmte auch die jährigen Pächter, die Familie Kronenberg, Erbfolge: Nur ein Hoferbe sollte jeweils die Hofanlage verlassen. Dank der Un- 16
Mit großem Interesse blättern der Vorsitzende Das im Freilichtmuseum wiederaufgebaute der Landschaftsversammlung Rheinland, Wohngebäude stammt aus zwei verschiedenen Prof. Dr. Jürgen Wilhelm, Volkskundlerin Bauphasen. Die rechte Hälfte wurde nach dem Petra Dittmar und LVR-Kulturdezernentin Stand von 1651 rekonstruiert. Daran angebaut Milena Karabaic im Knopfmusterbuch der wurde der großzügige Wohnbereich von 1773 Firma Wetzel & Co. (Foto: Klaus Rabe). (Foto: Bergerhof Studios Köln). terstützung der Rheinkalk GmbH konnte wirtschaft war nicht mehr die einzige Ein- das Gebäude 2006 in das LVR-Freilicht- nahmequelle. Mehr und mehr etablierten museum Lindlar versetzt werden. sich die Familienmitglieder als Kaufleute und Unternehmer und orientierten sich Das Museum zeigt das repräsentative Ge- am bürgerlichen Lebensstil des Spätbie- bäude im Zeitschnitt um 1850, einer Epo- dermeier. Im Wohnbereich von Gut Dahl che der Wege in die Moderne. Anhand demonstrieren Küche, Wohnzimmer, der fundierten Archivrecherchen von Schlafräume und Kontor anschaulich Dr. Martina Gass entstand eine konkrete diese Lebensweise. Das Haus wurde der Ausstellung über die Lebensumstände der Zeit entsprechend dekorativ mit tapezier- Bewohnerinnen und Bewohner bis hin zu ten Räumen, Bilderschmuck und hoch- den Bediensteten. wertigem Mobiliar ausgestattet. Sehr auf- wändig gestaltete sich die Rekonstruktion Die Besitzerfamilie nahm teil am wirt- der verschiedenen historischen Tapeten schaftlichen Aufschwung des 19. Jahr- anhand der gefundenen Papierreste, die hunderts. Sie investierte erfolgreich in die nach dem Ablösen etlicher neuer Farb- benachbarte Knopfmanufaktur des Halb- und Tapetenschichten nur noch in Frag- bruders von Johann Müller, und die Land- menten vorhanden waren. In einem Teil des Obergeschosses ist die von der Kulturwissenschaftlerin Hannah Janowitz erar- beitete Dauerausstellung „Alltag Glauben. Die Bedeutung von Religion“ zu sehen. Erstmals zeigt das Museum, welche Rolle die Religion im täg lichen Leben der ländlichen Bevölkerung spielte. Es wird deutlich, warum das Bergische Land einem konfessionellen Flickenteppich gleicht, und auch die aktuellen Entwicklungen werden nicht ausgespart. 17
Freilichtmuseum oder Abbruch? Die Hermesdorfer Schule braucht Ihre Unterstützung! von Michael Kamp Die alte Schule von Hermesdorf bei Doch ganz so einfach ist die Sache nicht. Waldbröl soll nach langem Leerstand ab- Kann es sich eine so reiche Gesellschaft gebrochen werden. Auf den ersten Blick wie die unsrige überhaupt leisten, das wirkt das mittlerweile über 150 Jahre alte einstige Bildungszentrum einer Gemeinde Bauwerk wenig anziehend. Der man- so sang- und klanglos verschwinden zu gelnde Bauunterhalt hat seine Spuren lassen? Deutschland zählt immerhin zu hinterlassen, die eingeschlagenen Fens- den führenden Industrienationen der terscheiben sind durch Pressspanplatten Erde und ist nach China der amtierende ersetzt und die Farbe blättert von den Vize-Weltmeister im Export. So weit, so Wänden. Der an eintönig-sterile Neu- gut. Andererseits wirft diese Erfolgsbilanz bauten mit kurz geschorenem Vorgarten- einen Schatten auf die Zukunft. Schon rasen gewöhnte moderne Mensch ließe länger beklagen Industrie- und Wirt- sich verleiten, hier von einem baulichen schaftsverbände einen zunehmenden Schandfleck zu sprechen, der doch mög- Mangel an hochqualifizierten Arbeitskräf- lichst bald verschwinden soll. ten. Mittlerweile sollen rund 30.000 In- genieure in der Kernsparte der deutschen Industrie, dem Anlagen- und Maschinen- bau, fehlen. Selbst attraktive mittelstän- dische Firmen tun sich immer schwerer, Auszubildende zu finden. Davon können sicher auch Betriebe in Hermesdorf ein Lied singen. In der Provinz droht Ärz- temangel und die Orientierungslosigkeit unserer föderalen Arbeits- und Bildungs- politik sorgt für beträchtliche Verunsiche- rung in der Öffentlichkeit. Wäre da die Zerstörung eines alten Schulgebäudes nicht der bildungs- und kulturpolitische Offenbarungseid unserer Gesellschaft? Die Signalwirkung eines endgültigen Ab- bruchs wäre sicher verheerend und ins- besondere auch deshalb kaum erklärbar, Die 1861 errichtete und nun vom Abbruch bedrohte Volksschule in Waldbröl-Hermesdorf
scher Gebäude in das Museumsgelände ergeben, mussten vor einigen Jahren objektweise festgeschrieben werden. So wird sich die demnächst anstehende aufwendige Translozierung und Rekon struktion des 1577 datierten Hallenhau- ses aus Schürfelde bei Meinerzhagen auf- grund des hohen Mittelbedarfs von rund Die Schauseite der alten Schule zur Hauptstraße einer Million Euro über mehrere Jahre hin, links der Anbau von 1938 hinziehen. Unvorhergesehenes wie die alte Hermesdorfer Schule kann deshalb weil sich das Gebäude nach einhelliger in dieser Zeit nicht realisiert werden, da Meinung von Fachleuten in einem passa- kein Etat dafür vorhanden ist. blen baulichen Zustand befindet. „Bildungsnotstand“ im Genauso sieht dies auch der Vorstand Landkreis Waldbröl um 1850 des „Vereins der Freunde und Förderer des Bergischen Freilichtmuseums Lind- Das alte Herzogtum Berg machte um die lar e. V.“. Auf seiner letzten Sitzung Ende Bildung seiner Untertanen nicht allzu vergangenen Jahres beschloss er deshalb viel Aufhebens und die seit 1816 auch einstimmig, das Schulgebäude vor der im rechtsrheinischen amtierende preu- Deponie zu bewahren und in das Frei- ßische Regierung zeigte zunächst kein lichtmuseum nach Lindlar zu versetzen. wirkliches Interesse, die Situation der Diese Entscheidung ist insofern bemer- Landschulen und der in ihnen am Exis- kenswert, weil der Verein hier erstmals tenzminimum agierenden Lehrkräfte zu ein Bauprojekt für das Museum in ei- verbessern. Die damaligen Schulmeister, ner Größenordnung stemmen wird, das meist ohne jedwede entsprechende Aus- breiter materieller Unterstützung bedarf bildung und wirtschaftlich abhängig vom und das nicht allein aus Vereinsbeiträgen Schulgeld, das die ebenso armen Eltern finanziert werden kann. zu zahlen hatten, unterrichteten mitunter in Notbehelfen. Oft waren das Scheunen Wie hoch dieses bürgerschaftliche En- oder die zur Verfügung stehenden Schul- gagement einzuschätzen ist, zeigt sich gebäude platzten aus allen Nähten. Nicht auch daran, dass der Museumsförder- selten nahmen einhundert und mehr verein die in diesem Fall beschränkten Kinder am Unterricht teil, der unter die- Möglichkeiten des Landschaftsverbandes sen Gegebenheiten kaum als solcher be- Rheinland (LVR) als Träger des Museums zeichnet werden konnte. ausgleicht. Die Konsolidierung der öf- fentlichen Finanzhaushalte hat sich auch So war die Lage, als sich weitblickende auf die Handlungsspielräume in Lindlar Kräfte anschickten, diese schwierigen ausgewirkt. Die hohen Kosten, die sich Verhältnisse im Kreis Waldbröl zu ver- zwangsläufig bei der Versetzung histori- bessern. Binnen eines Jahrzehntes sollte 19
Im Erdgeschoss lud ein großer, heller Saal die zwischen Sechs- und Dreizehnjähri- gen zum Schulunterricht ein. Im Oberge- schoss wohnte der Lehrer in einer groß- zügigen Wohnung. Heute nicht mehr vorhanden sind der kleine Anbau, in dem sich die Toiletten befanden, sowie der große Schulgarten, der dem Lebensun- terhalt der Pädagogen und als naturkund- liches Anschauungsobjekt für die Schul- Der originale Fensterladenhalter von 1861 kinder diente. es ihnen gelingen, in einer größeren Zahl Die wenige Jahre vor der Gründung des von Ortschaften neue Schulgebäude zu Deutschen Reiches im Jahr 1871 im Kreis errichten. Den Auftakt machte der Neu- Waldbröl neu errichteten Schulgebäude bau der Evangelischen Volksschule in verwendeten Grauwacke als Baumaterial Waldbröl im Jahre 1853, drei Jahre später und entsprachen alle einem ähnlichen folgte das stattliche Schulgebäude in Bla- Muster. So sind die zeitgleich in Dick- dersbach, am 3. Dezember 1861 schließ- hausen und Hermesdorf entstandenen lich konnten auch die neuen Volksschul- Schulen baulich nahezu identisch. Al- bauten in Dickhausen und Hermesdorf len gemein ist, dass sie für die grundle- ihrer Bestimmung übergeben werden. gende Verbesserung des Bildungssystems auf dem Land stehen. In ihnen erlernten Die Hermesdorfer Volksschule – die Kinder Lesen, Rechnen und Schrei- einst Stolz der Gemeinde und ben. Dies war bis dahin nicht selbstver- „Schule des Lebens“ ständlich. Darüber hinaus erhielt der Nachwuchs umfassende Kompetenzen Auf einem kleinen Plateau errichtet, er- zur Bewältigung des Lebensalltags. Die hob sich die Hermesdorfer Schule ur- Schulaufsicht, bis zu Beginn des preu- sprünglich in repräsentativer Alleinlage. ßischen Kulturkampfes im Jahr 1871 bei Auch ihre massive Bauweise zeichnete sie vor den meisten anderen Gebäuden im Ort aus, die damals noch durchweg aus Fachwerk bestanden. Mit ihrem An- spruch, in dem sich auch der Stolz der damaligen Einwohner Hermesdorfs zeigt, standen das Schulhaus, der Sitz des Bür- germeisters und die Kirche durchaus auf einer Stufe. Die zeitgleich eröffnete Volksschule in Dickhausen; heute Wohnhaus 20
der Kirche liegend, tat vieles, um mit Nahezu ein Menschenalter befriedigte die Unterstützung der Pädagogen auch die einklassige Schule in Hermesdorf alle Be- praktische Bildung der Schulkinder zu dürfnisse, bevor sie im Jahr 1938 erweitert verbessern: Die Mädchen erlernten Hand- werden musste. Nach dem Zweiten Welt- arbeiten und die Jungen kamen mit den krieg folgte die stetige Vergrößerung des neuesten Erkenntnissen des Gartenbaus Areals, so dass sich die Gemeinschafts- in Berührung. Insofern können die Ele- grundschule Hermesdorf heute aus einem mentar- und Volksschulen in den Dörfern Konglomerat verschiedener Gebäude prä- durchaus als die Wegbereiter der späte- sentiert. Sie zählt damit zu den wenigen ren landwirtschaftlichen Bildungseinrich- Beispielen im Bergischen Land, an denen tungen im Bergischen Land, den Winter- sich die Schulgeschichte eines Ortes von schulen, gesehen werden. Ziel war, die den Anfängen bis in die Gegenwart able- Lebensumstände einer kleinbäuerlichen sen lässt. Trotz alledem droht der Keim- Bevölkerung zu heben, deren größter Teil zelle der dörflichen Bildung in Hermes- noch in Armut und quasi von der Hand dorf nun der Abbruch. Deshalb sollte in den Mund lebte. Im Wortsinn traf hier alles Erdenkliche getan werden, das his- zu, dass die Kinder nicht für die Schule, torische Schulgebäude der Nachwelt im sondern für das Leben lernten. Freilichtmuseum Lindlar zu erhalten. Wie kann ich zur Rettung der Hermesdorfer Schule beitragen? Wenn Sie an einer Zukunft, das heißt, der zungsweise noch einmal die gleiche musealen Erhaltung der Schule interes- Summe benötigt, um das Gebäude vor siert sind, können Sie helfen, indem Sie dem Untergang zu bewahren. einen Beitrag unter dem Kennwort „Ret- Unterstützen Sie bitte mit Ihrer Spende tung Schule Hermesdorf“ auf das Konto das große Gemeinschaftswerk des „Ver- des Museumsfördervereins spenden. eins der Freunde und Förderer des Bergi- Die Bankverbindungen lauten: schen Freilichtmuseums Lindlar e. V.“! Der Museumsförderverein ist als ge- Kreissparkasse Köln, meinnützig anerkannt und kann Spen- IBAN: DE20 3705 0299 0323 0064 64 denbescheinigungen ausstellen. oder Volksbank Wipperfürth, Weitere Auskünfte erteilen Ihnen gerne IBAN: DE79 3706 9840 0110 2250 16 Geschäftsführer Werner Hütt unter Telefon 0 22 66 / 9 62 34 und Derzeit liegen dem Vorstand bereits Museumsleiter Michael Kamp unter Mittelzusagen über eine Höhe von ca. Telefon 0 22 66 / 9 01 00 oder 100.000 Euro vor, doch wird schät- michael.kamp@lvr.de. 21
Haus Schürfelde Ein Hallenhaus für das Bergische Freilichtmuseum von Dieter Wenig Beim bisherigen Aufbaukonzept des Bergi- und Nebengebäude eher kleinerer Di- schen Freilichtmuseums lag der Schwer- mension. Im Gegensatz dazu kennt man punkt der Präsentation überwiegend auf unter dem Begriff des „Niederdeutschen Gebäuden und Höfen aus dem Ober- Hallenhauses“ mächtige Gebäude, deren bergischen, Rheinisch-Bergischen und große Höfe über Jahrhunderte ungeteilt dem Rhein-Sieg-Kreis. Aufgrund der in vererbt wurden. diesem Bereich gängigen Realerbteilung waren Hofanlagen, Gebäude und land- Was hat es also mit einem Hallenhaus wirtschaftliche Flächen durch die stetige für das Bergische auf sich? Fakt ist, dass Zersplitterung in ihren Entwicklungsmög- der Nordosten des Bergischen Landes lichkeiten stark eingeschränkt. Damit ein- von einer Grenze der Hauslandschaf- hergehend handelt es sich bei den länd- ten, der sogenannten Hallenhausgrenze, lichen Hofanlagen um Wohnstallhäuser durchzogen wird. Diese wiederum ver- Haus aus Schürfelde, historische Aufnahme von 1907 22
Fachwerkwand der Diele Zwar mit einfachem Material, aber großem hand- werklichem Geschick hergestellt: Fischgrätpflaste- rung der Diele mit Aufteilung in einzelne Kassetten läuft fast identisch mit der Grenze zwi- lichen Walm legen noch jetzt Zeugnis schen Realerbteilung und Anerbenrecht. von der ehemaligen Strohdeckung ab, die Somit finden sich im Nordosten unseres sich auch im filigranen Aufbau des Dach- Einzugsbereichs auch Gebäude vom Typ gebälks widerspiegelt. des Hallenhauses. Einen größeren Be- kanntheitsgrad hat beispielsweise das Ursprünglich führte von Süden ein statt- heute restaurierte und museal genutzte liches, rundbogiges Tor auf die breite, Haus Dahl in Müllenbach erlangt. Bei zweigeschossige Diele, die von einer genauerer Nachsuche offenbart sich ein Giebelseite bis zur anderen reichte und ehedem deutlich größerer Bestand die- mit ihren rußgeschwärzten Fachwerk- ses Haustyps, dessen Relikte diesseits wänden das Innere des Hauses prägt. und jenseits der märkischen Grenze er- Ein aufwändiges Fischgrätpflaster hat die halten blieben und die uns auch durch Jahrhunderte überdauert. Am nördlichen frühe Foto grafien und Postkarten über- Ende der Diele geht diese Pflasterung in liefert sind. Oft zeigen die Aufnahmen rechteckige Bruchsteinplatten über und Mischformen aus Fachwerk und Steinbau, markiert den Bereich, in dem ehemals was in der Regel auf spätere Umbau- das offene Herdfeuer brannte. Während ten zurückzuführen ist. Die Dächer wa- im vorderen Bereich zu beiden Seiten der ren durchweg strohgedeckt. Auch wenn Diele das Vieh untergebracht war, schlos- diese Gebäude nicht die absolute Größe sen nach Norden die Wohn- und Nutz- ihrer norddeutschen Pendants erreichen, räume an. Im oberen Stockwerk lagen sind sie doch eindeutig dem Bautyp des Vorratsräume und Schlafkammern. Mäch- Hallenhauses zuzuordnen. tige Deckenbalken überspannten Diele und Seitenschiffe, dicke Eichendielen mit Auch unser Haus aus Meinerzhagen- einer kräftigen Lehmschicht schlossen Schürfelde erscheint heute als reines das Haus leidlich feuersicher nach oben Bruchsteingebäude. Wir finden einen ab. Der Rauch des Herdfeuers zog ur- zweigeschossigen Baukörper mit umlau- sprünglich ohne Schornstein durch eine fenden massiven Bruchsteinwänden vor, Luke in den Dachraum und nahm sei- der von einem mächtigen Halbwalmdach nen Weg durch die Öffnungen der Gie- überdeckt wird. Erhaltene Reste am nörd- belspitzen, die sogenannten Eulenlöcher. 23
Balkeninschrift mit der Datierung „1577“ Direkt über dem Herdfeuer verhinderte die ebenfalls lehmverputzte Rauchbühne unkontrollierten Funkenflug. Diesem urtümlichen Aussehen steht auch ein entsprechend hohes Baualter gegen- über: Fast viereinhalb Jahrhunderte hat Das ehemalige Einfahrtstor wurde unser Gebäude überdauert. Die dendro- bei der Teilung verändert. chronologische Untersuchung des Bau- holzes ergab als Jahr der Errichtung 1577, auf der linken Seite um ein Drittel be- eine Datierung, die durch eine unschein- schnitten. Eine einfache Tür ersetzt die bare Bauinschrift auf der westlichen Fach- ursprünglich wohl an die 2,80 m hohen werkwand der Diele bestätigt wird. Torflügel. Ursache ist eine frühe Erbtei- lung, die nach heutigem Kenntnisstand in Das Gebäude ist bereits seit über 100 den 1730er-Jahren stattfand. Jahren nicht mehr bewohnt. Die seither vorgenommenen Veränderungen be- Im Gebäude offenbart sich die Teilung schränken sich im Wesentlichen auf Re- durch eine Trennwand, die auf der Diele paraturen, um den Bestand zu erhalten, bis unter die Deckenbalken reicht. Da und den Ersatz der ehemaligen Strohde- hierdurch die Diele nicht mehr mit Kar- ckung durch Blechplatten, die das Haus ren oder Wagen befahren werden konnte, recht zuverlässig vor den Witterungsein- war auch das Einfahrtstor nicht mehr er- flüssen geschützt haben. forderlich und wurde verändert. Statt ei- ner Erschließung in Längsrichtung wurde Doch obwohl das Haus dadurch keinem für beide Haushälften der Zugang auf die Modernisierungsdruck für eine heutige jeweilige Traufseite verlegt. Besonders der Wohnnutzung unterlag, zeigt ein Blick östliche Teil entwickelte zum Hofraum hin auf den südlichen Giebel mit den Resten eine stattliche steinerne Fassade. Im Zuge des ehemaligen Einfahrtstores, dass es in dieser Entwicklungen wurden auch die der Geschichte des Hauses einschnei- Fachwerkwände, die zumindest im obe- dende Veränderungen gegeben haben ren Stockwerk das Gebäude umschlossen, muss. So ist das ehedem rundbogige Tor beidseitig durch Bruchsteinmauern ersetzt. 24
Fassade der östlichen Haushälfte Weitere Veränderungen betrafen die Er- nun im Rahmen der bauhistorischen Un- richtung von Anbauten im Süden und tersuchung zusammenzuführen und zu Norden, um den durch die Teilung be- bewerten. Auch wenn noch viele Fragen grenzten Wohn- und Nutzraum wieder der Konkretisierung und Klärung bedür- den Bedürfnissen anzupassen. fen, so steht doch fest, dass wir mit dem Haus aus Schürfelde in vielfacher Hin- Das Gebäude ist zwischenzeitlich genau sicht einen besonderen Vertreter seiner vermessen und fotografisch dokumentiert. Art vorgefunden haben. Hier bietet sich Eine größere Anzahl von Holzproben eine fast einzigartige Gelegenheit, die wurde entnommen und dendrochrono- bauliche Entwicklung und Veränderung logisch untersucht. Dies hilft, nicht nur dieses Hauses über die Jahrhunderte zu das Erbauungsjahr des Gebäudes festzu- untersuchen und in möglichst vollstän legen, sondern auch einzelne Umbau- diger Weise mit der Geschichte seiner phasen jahrgenau zu bestimmen. Darauf Bewohner zu verknüpfen. aufbauend erfolgte eine Untersuchung der Putze und Fassungen der Wände, um Die Erforschung, die Translozierung und konkrete Aussagen über das jeweilige der Wiederaufbau des Hauses im Muse- Aussehen der einzelnen Bauphasen tref- umsgelände werden eine Hauptaufgabe fen zu können. All diese Ergebnisse sind der nächsten Jahre sein. 25
25 Jahre Förderverein des Bergischen Freilichtmuseums von Dr. Ernst Zinn Der Verein der Freunde und Förderer des Bergischen Freilichtmuseums Lindlar e. V. zählt heute rund 1.500 Mitglieder. Mit dieser beachtlichen Größe steht er bei- spielhaft für die bürgerschaftlichen Verei- nigungen der Gemeinde Lindlar. Seit der Gründungsversammlung am 17. August 1988 begleitet der Verein die Aktivitäten des Museums, des Land- schaftsverbandes Rheinland und der Ge- meinde Lindlar mit ehrenamtlicher Arbeit, finanziellen Hilfen, zahlreichen Veröffent- lichungen, Vorträgen sowie Veranstaltun- gen auf dem Museumsgelände. Das bür- gerschaftliche Engagement des Vereins fand auch bei politischen Entscheidun- gen Beachtung und Gehör. 1988 schätzten die Planer den Zeitraum bis zur Eröffnung des Museums auf min- destens zehn Jahre – und dies wurde auch exakt eingehalten. Der Förder- verein zählte zu diesem Zeitpunkt rund 250 Mitglieder, denen besonderer Dank für die ehrenamtlichen, begleitenden Aufbauleistungen gebührt. Auch der da- malige Direktor des Landschaftsverban- des Rheinland, Ferdinand Esser, und der Vorsitzende der Landschaftsversammlung, Dr. Jürgen Wilhelm, dankten dem Förder- Zahlreiche Museen wurden auf den Ausflügen des Fördervereins besucht: 1991 das Freilicht museum Bad Windsheim, 1992 der Hessenpark oder die Pfahlbauten in Unteruhldingen im Jahr 2000 (Fotos: Erhard Nagel). 26
Auch schon vor der offiziellen Museumseröffnung beliebt: der Bauernmarkt 1995 verein „herzlich für die uneigennützige zusammen diese besondere Attraktion Partnerschaft […]. Vielleicht kann man den Menschen unserer Region anbieten die Ende dieses Jahres, also just zum zu können. Und ich bin sicher, dass das 10-jährigen Bestehen des Fördervereins Freilichtmuseum Lindlar, wie schon bis- stattfindende Eröffnung unseres Museums her in der Aufbauphase, ein Freizeit- und Tourismuszentrum von besonderer An- ziehungskraft werden wird.“ Und damit wünschte er ein herzliches „Glück auf!“ allen, die sich mit dem Freilichtmuseum verbunden fühlen. Der damalige haupt- amtliche Bürgermeister und Beirat des Fördervereins Konrad Heimes, der in der Gründungsphase unter den Förderern an erster Stelle zu nennen ist, zählte die da- maligen Aktivitäten in seinem Grußwort auf und schloss „Es ist für unsere schöne und liebenswürdige Gemeinde Lindlar eine großartige Sache, dass in dem von der Gemeinde Lindlar zur Verfügung ge- auch als ein kleines Jubiläumsgeschenk stellten Lingenbachtal auf rund 25 Hektar an den Förderverein […] verstehen.“ durch den Landschaftsverband Rheinland Auch der ehemalige Landrat des Ober- die Lebens- und Arbeitsformen der Bevöl- bergischen Kreises Herbert Heidtmann kerung der gesamten bergischen Region folgerte in seinem Grußwort am Ende: von Wuppertal bis Bonn und von Köln bis „Oberberg ist stolz darauf, mit dem För- Olpe dargestellt und zukünftig Besuchern derverein und allen anderen Genannten erläutert werden.“ 27
Das Feldbahnprojekt geht voran. Richtfest der Barbarakapelle im Dezember 2010 Mit großer Tatkraft setzte sich der vom kirchen (2008), dem Kleinstwohnhaus Landschaftsverband mit dem Aufbau be- aus Hilden (2008), der Barbara-Kapelle auftragte Diplomingenieur Hans Haas aus Rösrath-Hellenthal (2010), dem Tra- in der zehnjährigen Aufbauphase für foturm aus Hückeswagen-Herweg (2014) das Freilichtmuseum ein. Auch er be- oder dem Bau der Feldbahn mit 60 cm tonte stets die vielfältigen Projekte, die Spurweite auf 800 Metern Länge. In- der Förderverein durch seine finanzielle formationen über das Feldbahnprojekt Unterstützung ermöglichte, etwa die An- und die Kapelle können übrigens unter schaffung und Unterhaltung historischer www.feldbahn.blog.de und w ww.barba- Tierrassen. Das ehrenamtliche Engage- rakapelle.blog.de nachgelesen werden. ment der Mitglieder sei kaum hoch genug Es sind nicht nur Handwerksmeister, die zu schätzen. ihre Erfahrungen hier einbringen. Auch andere unterstützen mit ihren Berufser- Auch ist es mir ein besonderes Anliegen, fahrungen die ehrenamtliche Arbeit im den Vorstands- und Beiratsmitgliedern Lingenbachtal. Diese erfreuliche Entwick- der schwierigen Gründungsphase mei- lung geschieht unter dem Motto „Qualität nen besonderen Dank für die koopera- für Menschen“, von dem sich der Land- tive Zusammenarbeit auszusprechen. Es schaftsverband Rheinland und hier im muss also ein guter Keim gewesen sein, bergischen Lindlar ganz besonders die der sich danach unter der Leitung meines Leitung des Museums, Herr Kamp, mit Nachfolgers, Dr. Klemens Krieger, zu- seinem Mitarbeiterteam leiten lässt. sammen mit dem aktiven Museumsleiter Michael Kamp entwickeln konnte. Die Beiträge in diesem Freilichtblick und in früheren Ausgaben dokumentieren das Der vielfältige, ehrenamtliche Einsatz der Interesse an einem gesunden Rückblick Bürgerinnen und Bürger ist mit der An- in das Leben unserer Vorfahren und die zahl der Mitglieder gestiegen. Das wird notwendige Besinnung in einer Zeit der besonders deutlich bei neueren Projek- weltweiten Vernetzung. ten, wie etwa dem Kiosk aus Wermels- 28
Märchenhaftes Freilichtmuseum von Frederik Grundmeier Ein buntes Rahmenprogramm vervoll- ständigt das Angebot: Schmied, Seiler und Bäcker demonstrieren ihre Hand- werke und fordern die Gäste zum tatkräf- tigen Anpacken auf, museumspädago- Beliebte Figuren bei Groß und Klein: gische Aktionen fördern das Verständnis der Teufel und seine Großmutter für alte Arbeitspraktiken und verknüp- fen spielerisch märchenhafte Erzählung „Sieben auf einen Streich“, „Knusper, und historischen Alltag. Ob 1001 Nacht knusper, knäuschen, wer knuspert an oder 100 Jahre: In allem Trubel ermög- meinem Häuschen“, „Spieglein, Spieg- lichen Vorleserinnen und Vorleser auf lein an der Wand, wer ist die Schönste im Inseln der Ruhe das Eintauchen in die ganzen Land“ oder „Rapunzel, Rapun- Märchenwelten von Aladin und Dornrös- zel, lass dein Haar herunter“: Seit 2012 erklingen neben knatternden Motoren und blökenden Schäflein im Veranstal- tungsprogramm des Freilichtmuseums auch Rufe aus der Märchenwelt. In Zu- sammenarbeit mit dem TalTonTheater Wuppertal begeistern nun einmal im Jahr seit Generationen geliebte Figuren aus den Sammlungen und Werken von Jacob und Wilhelm Grimm oder Hans Chris- tian Andersen die großen und kleinen Besucherinnen und Besucher. Ob Rot- käppchen oder das tapfere Schneiderlein, Sterntaler oder Aschenputtels hässlich- Auch Museumsleiter Michael Kamp erkundet böse Stiefschwestern, Schneewittchen die Veranstaltung, hier mit Aschenputtels Stiefschwestern. oder der Teufel samt Großmutter – mehr als 30 Schauspielerinnen und Schau- chen. Am Ende bleibt ganz im Sinne von spieler schlüpfen einen Tag lang in fan- Hans Christian Andersen die Erkenntnis: tasievolle Kostüme, legen professionelle „Es geht mit Geschichten wie mit vielen Theaterschminke auf und erfüllen die Menschen, sie werden mit zunehmen- Museumsgebäude mit märchenhaftem dem Alter schöner und schöner, und das Charme. ist erfreulich.“ 29
Neues von der Steinbruchbahn von Michael Kamp Der weitere Ausbau unserer Museums- Steinbrocken so gestaltet, dass es stärker steinbruchbahn schreitet zügig voran. Ziel einem Steinbruch ähnelt. Gleichzeitig ist, die neue Baugruppe des Museums im wird die Bahnstrecke parallel zur Straße Erweiterungsgelände nicht nur mit einem in Richtung Lennefetal verlängert. Sie en- Rundwanderweg, sondern auch mit einer det in einer Remise, in der Bahnmaterial der einst im Bergischen Land verbreiteten gelagert sowie Lokomotiven und Loren Steinbruchbahnen zu erschließen. Die witterungsgeschützt untergestellt werden auf leichten, 600 mm breiten Gleisen können. Planung und Bau übernehmen rollenden Lorenbahnen waren viele Jahr- auch hier dankenswerterweise die Feld- zehnte lang unentbehrliche Helfer beim bahnfreunde. Abtransport und der Weiterverarbeitung des gebrochenen Steinmaterials. Die Remise wird dem Lokschuppen des Lindlarer Bahnhofs nachempfunden, der Nachdem nun der Streckenbau den klei- aus Fachwerk bestand und einst zwei nen Tunnel erreicht hat, der die Straße kleine Dampflokomotiven beherbergte. nach Scheller unterquert, stehen in die- Die Entscheidung für einen Holzbau fiel sem Jahr weitere Arbeiten an. Zunächst insofern leicht, da im Museum in der letz- wird das „Loch“ neben der Straße mit Bauplan der zweiständigen Remise von Unterstützung der drei großen Lindlarer Werner Mattäi, die im Museumserweiterungs Steinbruchunternehmen mit schweren gelände errichtet wird 30
Holztransport für den Bau des Lokschuppens (Foto: Sonja Spicher) ten Zeit viele überalterte oder vom Wind- Anschauung nicht mehr bekannte Tech- bruch betroffene Fichten gefällt werden nik. Groß und Klein begleiten sie dann mussten, die das Bauholz liefern. Des auf ihrer Fahrt im Schritttempo über die Weiteren soll an dem Abstellgleis vor bereits verlegten Gleise. dem Tunnel eine kleine hölzerne Sturz- bühne mit einem Steinbrecher errichtet Zweifelsohne hat die Bahn schon vor werden, von der aus die Loren befüllt ihrer eigentlichen Inbetriebnahme sehr werden können. Den Schaubetrieb des viele Fans gefunden. Das mediale In- Brechers gewährleisten nach der Fer- teresse ist groß und Jörg Seidel, der tigstellung entweder der museumsei- dem Vorstand des Rheinischen Indus gene Lanz-Bulldog oder die Lokomobile. triebahn-Museums e. V. im ehemaligen Wenn alles wie geplant realisiert werden DB-Bahnbetriebswerk Köln-Nippes an- kann, dürfte die gesamte Anlage wohl gehört ( www.rimkoeln.de), sorgt in der spätestens übernächstes Jahr betriebsfähig Eisenbahnfreundeszene für die deutsch- sein. landweite Publicity unseres Bähnchens. Wie groß hier die Anerkennung ist, zeigt Schon jetzt erfreut die Steinbruchbahn die vorbehaltlose Unterstützung von an den Tagen, an denen sie probeweise Feldbahnspezialisten aus der Region, die läuft, viele Besucherinnen und Besucher. selbst eigene Bahnen betreiben. Deshalb Sobald das Tuckern unserer kleinen Die- sei an dieser Stelle Herrn Müller-Kissing sellok im Gelände ertönt, scharen sich in Hagen (www.kissing-garten-bahn.de) die Menschen um diese meist aus eigener und dem Ehepaar Mandelartz herzlich ge- 31
Gleisbau mit der Lebenshilfe Lindlar e. V. dankt, die in Oekoven bei Grevenbroich hätte sich das Vorhaben lange nicht so ein sehr sehenswertes Feldbahnmuseum günstig entwickeln können. In ebendie- betreiben (www.gillbachbahn.de). Mit sem Sinn begleitete auch die Volksbank Hilfe dieser versierten Fachleute, die sich Wipperfürth-Lindlar eG bislang die Maß- schon seit Jahrzehnten intensiv mit der nahme, indem sie unter anderem den Thematik befassen, konnten viele kleine Ankauf einer kleinen Diesellokomotive und große Probleme gelöst werden. Da- ermöglichte. ran dürfte sich in Zukunft nichts ändern. Wichtige praktische Unterstützung erfah- Doch bis der Bahnbetrieb einmal rei- ren unsere ehrenamtlichen Museumsei- bungslos läuft, müssen noch manche senbahner auch durch die regelmäßigen Aufgaben erledigt und Probleme gelöst Einsätze der Mitarbeiterinnen und Mit- werden. In diesem Sinne freuen wir uns arbeiter der FORD AG in Köln und der über aktive und begeisterungsfähige Lebenshilfe Lindlar e. V. Menschen, die unsere Feldbahner un- terstützen möchten. Insbesondere wird Last but not least soll nicht unerwähnt eine technikbegeisterte Person gesucht, bleiben, dass trotz aller Manpower auch die sich um die Instandsetzung und War- Geld erforderlich ist, um Ausrüstungsteile tung der drei bereits vorhandenen Diesel und Fahrzeuge für die Steinbruchbahn lokomotiven kümmert. Zwei davon sind zu erwerben. Ohne das bereitwillige mit überschaubarem Aufwand restau- Engagement der „Freunde und Förderer rierungsbedürftig. Das Arbeitsspektrum des Bergischen Freilichtmuseums Lind- umfasst zunächst die Überholung der lar e. V.“ und seiner rund 1.500 Mitglieder Antriebsaggregate und Bremsen, die aber 32
Besuch bei dem Ehepaar Mandelartz im Feldbahnmuseum Oekoven bei Grevenbroich keine grundlegenden Schäden aufweisen, Wer sich nicht praktisch engagieren kann die Entrostung der Fahrwerke und der oder möchte, sollte die Gelegenheit nut- Aufbauten sowie Lackierarbeiten. zen, ab einer Spende von 20 Euro einen „Streckenbaustein“ mit einer Urkunde zu erwerben. Ab 50 Euro ist die Mitfahrt über die be- reits bestehende Bahnstrecke auf dem Führerstand in Begleitung unseres Feld- bahnlokführers und eine ausführliche Erläuterung des Projektes möglich. Diese Spender erhalten die Urkunde „Ehren- lokführer“ mit ihrem persönlichen Foto von der Bahnfahrt. Ihre Fragen beant- wortet gerne Museumsleiter Michael Kamp unter Telefon 0 22 66 / 9 01 00 oder michael.kamp@lvr.de. Urkunde für Spendenbeträge ab 20 Euro; ab 50 Euro ist eine Mitfahrt auf dem Führer- stand unserer Lokomotive möglich. 33
Kulturerbe online Das neue Portal Alltagskulturen im Rheinland von Hannah Janowitz 28.000 Objekte und Archivalien, 23.000 Negative, 4.000 Dias: Diese beeindru- ckenden Zahlen dokumentieren die intensive Sammlungstätigkeit des LVR- Freilichtmuseums Lindlar in den letzten knapp 30 Jahren. Vom großen Lanz-Bull- dog bis zur kleinen Puppenstube, vom alten Feuerkessel bis zum Elektroherd veranschaulichen die Objekte eindrück- Titel und Musterseite des Wäschebändermuster- lich die verschiedenen Aspekte und den buchs der Firma W. Schüller & Sohn GmbH aus Wuppertal-Barmen, um 1910 Wandel unserer Alltagskultur in den letz- ten Jahrhunderten. Ein Großteil dieser chen und qualitativen Kriterien. Diese Bestände ist für die Besucherinnen und erschließt es nach vorab festgelegten Besucher auf unserem Gelände nicht Standards: Objekte werden in der Mu- sichtbar. Er lagert in Depots und Archiven. seumsdatenbank „Faust“, Fotos im Foto- verwaltungsprogramm „Mediafiler“ aus- Das Museum hat sich zum Ziel gesetzt, führlich dokumentiert und beschrieben diesen verborgenen Bestand für die Öf- und mit prägnanten und kontrollierten fentlichkeit verfügbar zu machen. Seit Schlagwörtern versehen. Vom größ- Januar 2013 kooperiert es im Projekt ten Teil der Objekte existierten bisher „PortAll – Digitales Portal Alltagskulturen nur qualitativ minderwertige analoge im Rheinland“ mit dem LVR-Freilichtmu- Schwarz-Weiß-Fotografien. Da diese für seum Kommern und dem LVR-Institut für eine zeitgemäße Präsentation nicht mehr Landeskunde und Regionalgeschichte ausreichen, nimmt eine Fotografin hoch- in Bonn. Gemeinsam arbeiten die drei wertige digitale Objektfotos der Auswahl- Institutionen an der systematischen Er- bestände auf. Die Digitalisierung analo- schließung, Digitalisierung, Vernetzung ger Fotoabzüge, Negative und Dias sowie und wissenschaftlichen Auswertung ihrer gedruckter Quellen erfolgt mit einem heterogenen Quellen-, Foto- und Objekt- Hochleistungsscanner. bestände. Das Projekt wird für drei Jahre finanziell von der Deutschen Forschungs- Thematischer Aufhänger des Projek- gemeinschaft (DFG) gefördert. tes ist der Wandel im ländlichen Raum zwischen 1900 und 2000. Dargestellt Zunächst erarbeitet das Projektteam eine wird dieser Wandel anhand der gro- Auswahl von Beständen nach inhaltli- ßen Themenschwerpunkte „Wohnen“, 34
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