Freilichtblick Bergisches Freilichtmuseum Lindlar - Achtung Hochspannung! Das Freilichtmuseum unter Strom - Bergisches Freilichtmuseum ...

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Freilichtblick Bergisches Freilichtmuseum Lindlar - Achtung Hochspannung! Das Freilichtmuseum unter Strom - Bergisches Freilichtmuseum ...
Bergisches
Freilichtmuseum
Lindlar

Freilichtblick                                                                 Heft 20

Achtung Hochspannung!
Das Freilichtmuseum unter Strom

Verein der Freunde und Förderer des Bergischen Freilichtmuseums Lindlar e. V.
Freilichtblick Bergisches Freilichtmuseum Lindlar - Achtung Hochspannung! Das Freilichtmuseum unter Strom - Bergisches Freilichtmuseum ...
Freilichtblick Bergisches Freilichtmuseum Lindlar - Achtung Hochspannung! Das Freilichtmuseum unter Strom - Bergisches Freilichtmuseum ...
Freilichtblick
– eine Zeitschrift, die …

•	regelmäßig über die Entwicklungen
   im LVR-Freilichtmuseum Lindlar be-
   richtet

•	Arbeit und Alltagsleben der bäuerlich-
   handwerklichen Kultur schildert

•	den ökologischen Schwerpunkt des
   Museums „beleuchtet“

•	auf Veranstaltungen des Fördervereins
   hinweist und zu ihnen einlädt

•	Beiträge zur Geschichte der Region
   liefert

•	Mundart pflegt

                            Heft 20
                              2014

herausgegeben von
Anka Dawid im Auftrag
des Vereins der Freunde und Förderer
des Bergischen Freilichtmuseums
Lindlar e. V.
Freilichtblick Bergisches Freilichtmuseum Lindlar - Achtung Hochspannung! Das Freilichtmuseum unter Strom - Bergisches Freilichtmuseum ...
Impressum
Redaktion:
Anka Dawid

Die Autorinnen und Autoren dieser Ausgabe sind:
Siegfried Berg, Anka Dawid, Petra Dittmar,
Jürgen Dreiner-Wirz, Paul Friepörtner, Efi Goebel,
Frederik Grundmeier, Hannah Janowitz,
Christa Joist, Michael Kamp, Julia König,
Dr. Klemens Krieger, Kirsten Osthoff,
Willi Schmidt, Maybritt Schützenmeister,
Thomas Trappe, Elisabeth Walter, Dieter Wenig,
Burkhard Zinn und Dr. Ernst Zinn

Für die Inhalte der Texte sind die
jeweiligen Autorinnen und Autoren
verantwortlich.

Umschlagfotos:
Trafostation aus Hückeswagen-Herweg
LVR-Freilichtmuseum Lindlar / www.naturlinse.de

Fotos:
Soweit nicht gesondert angegeben,
Fotos der Autorinnen und Autoren
bzw. des LVR-Freilichtmuseums Lindlar

V. i. S. d. P.:
Anka Dawid

Gestaltung, Satz, Druck und Verarbeitung:
Siebel Druck & Grafik, Lindlar

ISBN-Nummer
978-3-932557-13-2
Freilichtblick Bergisches Freilichtmuseum Lindlar - Achtung Hochspannung! Das Freilichtmuseum unter Strom - Bergisches Freilichtmuseum ...
Inhalt
 7   Vorwort

                                                                            Aktuell
 8   Krieg und Licht
     Eine Ausstellung über die Elektrifizierung
     des ländlichen Raumes um 1914

14   Versetzung unter Spannung
     Ein Trafoturm zieht um

16   Wege in die Moderne
     Die Eröffnung von Gut Dahl aus Wülfrath

18   Freilichtmuseum oder Abbruch?
     Die Hermesdorfer Schule braucht Ihre Unterstützung!

22   Haus Schürfelde
     Ein Hallenhaus für das Bergische Freilichtmuseum

26	25 Jahre Förderverein des Bergischen Freilichtmuseums

29   Märchenhaftes Freilichtmuseum

30   Neues von der Steinbruchbahn

34   Kulturerbe online
     Das neue Portal Alltagskulturen im Rheinland

36   Ein Tag in der Museumsherberge

40   Wohnen im Museum
     Die Museumsherberge im Gut Dahl

41   Die Wasserpumpstation der Preußischen E­ isenbahndirektion Elberfeld
     Künftiges Museumsgebäude mit unbekannter Pumpentechnik

44   Äepelsferien
     Ein Fest rund um die Kartoffel
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46   Blumenstrauß, Mutterkreuz, Frauendemo:
Geschichte

                  Aspekte des Muttertages im 20. Jahrhundert

             56   Die ganze Welt im Kinderzimmer
                  Sammelbilder aus den Beständen
                  des LVR-Freilichtmuseums Lindlar

             58   Die St. Rochus-Kapelle in Kemmerich

             62   Biergeschichten

             65   Mahlen, Schmieden, Strom erzeugen zwischen Erft, Wupper und Sieg
Sonstiges

                  Das Projekt „Mühlenregion Rheinland“

             69   SIEBEN+schöpfung.tage.mensch!
                  Interaktive Erlebnisausstellung zur Schöpfung(-sgeschichte)

             71   Heimatmuseum der Schloss-Stadt Hückeswagen:
                  Neugestaltung zum fünfzigjährigen Bestehen

             74	Das Bergische Museum für Bergbau, Handwerk und Gewerbe
                 und seine Neukonzeptionierung 2014 bis 2016

             77   Von Hornrichtern und enthornten Rindern
                  Eine kleine Ästhetik der Kuh

             81	Noch krähen sie … extrem gefährdete Hühnerrassen
                 im Lindlarer Freilichtmuseum

             82   Neues vom Büchermarkt

             84   Rückblick 2012 / 13

             91   Rezept Tante Clara

             92   Die Autorinnen und Autoren dieser Ausgabe
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Vorwort

                                                             von Dr. Klemens Krieger

„Das Bergische Freilichtmuseum für Ökologie und bäuerlich-handwerkliche Kultur
 braucht Freunde“, schrieb Dr. Ernst Zinn, der langjährige Vorsitzende des Vereins der
 Freunde und Förderer des Museums im Vorwort zu Heft 2 des Freilichtblicks. In der
 vorliegenden Ausgabe, der Nummer 20, und 25 Jahre nach Gründung des Vereins kön-
 nen wir feststellen: Es sind viele Freunde, die das Museum über die Jahre gewonnen
 hat. In Heft 3 wurde das 100. Mitglied begrüßt, heute sind es über 1.500 aktive Mit-
 glieder. Sie kommen aus dem ganzen Bergischen Land und vom Rhein, und aus ganz
 unterschiedlichen Gründen zieht es sie immer wieder nach Lindlar ins Lingenbachtal.
 Durch ihre Mitgliedschaft im Förderverein bringen sie ihre Verbundenheit zum Aus-
 druck und tragen auf unterschiedliche Weise zum Gelingen und zur weiteren Entwick-
 lung des Museums bei. Ohne ihre Unterstützung wäre das Museum ärmer – sowohl im
 materiellen wie auch im ideellen Sinne.

 In den letzten Jahren zählte das Freilichtmuseum regelmäßig rund 100.000 Besu-
 cherinnen und Besucher. Dieser Zuspruch ist eine eindrucksvolle Bestätigung für die
­Arbeit des Teams um Michael Kamp, für die Gründungsväter des Museums und für die
 ehrenamtlich engagierten Vereinsmitglieder. Das Bergische Freilichtmuseum braucht
 sich nicht hinter den anderen Museen unserer Region zu verstecken!

Der Freilichtblick hat die Entwicklung des Museums über die Jahre sorgfältig doku-
mentiert. Es gibt keine andere Quelle, in der man diese so gut nachvollziehen kann.
Deshalb sind die Anstrengungen und die Kosten, die jedes Mal mit der Erstellung des
Heftes verbunden sind, gerechtfertigt.

Auch das vorliegende Heft berichtet wieder über wichtige Ereignisse und Entwicklun-
gen im Museum und über Projekte zum weiteren Ausbau. Mit welcher Kompetenz und
Tatkraft eisenbahnbegeisterte Fachleute aus unseren Reihen sich beim Bau der Stein-
bruchbahn einbringen, ist ebenso dokumentiert wie ihre Kreativität bei der Finanzie-
rung des Projektes. Berichte über die Elektrifizierung des Bergischen, die Vermittlung
unserer Kulturgeschichte in Ausstellungen und Seminaren und über den Wandel von
Leitbildern im Lauf der Geschichte unterstreichen die Themenvielfalt dieses Heftes.

Viel Spaß bei der Lektüre wünscht

Klemens Krieger
                                                                                         7
Freilichtblick Bergisches Freilichtmuseum Lindlar - Achtung Hochspannung! Das Freilichtmuseum unter Strom - Bergisches Freilichtmuseum ...
Krieg und Licht
    Eine Ausstellung über die Elektrifizierung
    des ländlichen Raumes um 1914
    von Anka Dawid, Frederik Grundmeier und Michael Kamp

    Mit der Sonderausstellung „Krieg und       Die Lindlarer Ausstellung, die noch bis
    Licht – Zur Dynamik der ländlichen Elek-   Jahresende 2014 im Ausstellungsraum
    trifizierung um 1914“ beteiligt sich das   über Hof Peters zu sehen ist, widmet sich
    LVR-Freilichtmuseum Lindlar am gro-        den vielfältigen kulturellen, sozialen und
    ßen LVR-Verbundprojekt „1914 – Mitten      wirtschaftlichen Facetten der Elektrifizie-
    in Europa. Das Rheinland und der Erste     rung im Bergischen Land. In anschau-
    Weltkrieg“. Erstmalig arbeiten dabei die   lichen Inszenierungen geht sie dem Zu-
    LVR-Museen und Kulturdienste mit zahl-     sammenhang zwischen „Krieg und Licht“
    reichen Partnern zusammen und erinnern     nach und beleuchtet dabei vor allem den
    an den Beginn dieser „Urkatastrophe des    ländlichen Raum.
    20. Jahrhunderts“.
                                               Der Strom kommt

                                               1899 begann im Bergischen Land eine
                                               neue Zeitrechnung in der Stromerzeu-
                                               gung. Damals ging das Müngstener
                                               Wasserkraftwerk ans Netz. Dieses erste
                                               Überlandwerk in der Region versorgte
                                               15 Gemeinden in den alten Landkrei-
                                               sen Mettmann und Solingen mit Strom.
                                               Zwei Jahre später nahm auch die elektri-
                                               sche „Centrale Berggeist“ bei Brühl ihren
                                               Dienst auf. Deren Leitungsnetz erstreckte
                                               sich bis nach Bergisch Gladbach. In kur-
                                               zer Folge entstanden weitere Zentralen,
                                               die Teile des Bergischen mit Energie ver-
                                               sorgten, in Lennep (1906), Gummersbach
                                               und Hagen (1908) oder Hattingen an der
                                               Ruhr (1912). So existierten am Vorabend
                                               des Ersten Weltkriegs in der Rheinprovinz
                                               in den Städten und bevölkerungsreiche-
                                               ren Gemeinden bereits 212 Elektrizitäts-

                                               Kletterpartie bei der Mastmontage, um 1920
                                               (Foto: Archiv Peter Ruland)

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werke. In Lindlar erzeugte ein Explo­                den Nachkriegsjahren forcierten die rhei­
sionsmotor ab 1912 einige Jahre lang                 nischen Energielieferanten, allen voran
Strom für 80 Haus- und 10 Kraftstroman-              das RWE, deshalb rasch die zuvor als
schlüsse.                                            unren­tabel geltende Elektrifizierung der
                                                     verstreut liegenden bergischen Dörfer. Sie
Krieg und Licht                                      konnte Mitte der 1920er-Jahre weitest­
                                                     gehend abgeschlossen werden.
Um den hohen Energiebedarf der Rüs-
tungsindustrie zu decken, förderte die               Unheimlich unsichtbar
deutsche Kriegswirtschaft den Bau von
neuen Großkraftwerken wie etwa in                    Der neuen Energieform begegnete man
Hürth-Knapsack. Die privaten Haushalte,              zunächst mit großer Skepsis: vielen er-
vor allem die ländlichen, profitierten al-           schien sie unheimlich. Konnte man
lerdings zunächst kaum vom Ausbau des                Dampf- und Muskelkraft einschätzen und
Stromnetzes. Mit der Kriegsniederlage                steuern, barg der unsichtbare, lautlose
und dem wirtschaftlichen Zusammen-                   Strom die Gefahr des Kontrollverlustes –
bruch Deutschlands änderten sich die                 unverständlich, dass ein schneller Griff in
Verhältnisse jedoch grundlegend: Die ge-             die Steckdose tödlich enden konnte. Die
schaffenen Kraftwerkskapazitäten k­ amen             Vorteile überwogen jedoch, das anfäng­
von da an allen Menschen zugute. In                  liche Misstrauen war schnell verflogen

Die Centrale Müngsten, das erste Überlandwerk        Mastmontage, um 1925
des Bergischen Landes (Foto: Stadtarchiv Solingen)   (Foto: Elektrothek Osterath)

                                                                                                   9
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des Bergischen Landes und zogen in die
                                                         pulsierenden Industrieregionen wie das
                                                         Tal der Wupper oder das Ruhrgebiet. Die
                                                         Folgen dieser Landflucht waren drama-
                                                         tisch: Auf den Höfen fehlten Mägde und
                                                         Knechte. Zur Erntezeit mangelte es an
                                                         Landarbeitern. Auch in vielen kleinen
                                                         Handwerksbetrieben, etwa in der Rem-
                                                         scheider Kleineisenindustrie, standen
                                                         immer weniger Gesellen und ungelernte
                                                         Arbeitskräfte zur Verfügung. Die zuneh-
                                                         mende Elektrifizierung konnte diesen
                                                         Verlust abfedern: Elektromotoren, meist
                                                         angeschafft im Ratenkauf, ersetzten selbst
                                                         in den kleinsten Landwirtschaftsbetrie-
                                                         ben und Produktionsstätten das Personal.
                                                         Auch der Industrie verhalf die Elektrifizie-
                                                         rung einer „zweiten industriellen Revo-
                                                         lution“ gleich zum wirtschaftlichen Auf-
     Zeitgenössische Karikatur zum Umgang mit der
     neuen Technik (Postkarte: Archiv Peter Ruland)

     und Strom fand rasche Verbreitung. Aller­
     dings war er in der Anfangsphase sehr
     teuer: Eine Kilowattstunde Lichtstrom
     kostete um 1910 rund 50 Pfennig. Dies
     entspräche einem heutigen Gegenwert
     von etwa 20 Euro. Diejenigen, die sich
     überhaupt einen Hausanschluss leisten
     konnten, verwendeten Strom daher äu-
     ßerst sparsam. Auch verwundert es kaum,
     dass viele Häuser lange Zeit nur eine
     spärliche Beleuchtung besaßen.

     „Der beste Geselle“

     In der Hoffnung auf ein besseres Leben
     verließen um die Jahrhundertwende viele
     Arbeitskräfte die ländlichen Regionen

                 „Helfer in der Not“: der Elektromotor
               (Abbildung: Museum Strom und Leben,
                      Umspannwerk Recklinghausen)

10
Trafosäulen erobern das Stadtbild, um 1920 (Foto: Elektrothek Osterath).

schwung: Die neue Energie trieb ganze                an gestalteten die in der Kritik stehenden
Transmissionsanlagen an, aber auch ziel-             Energieversorger ihre ländlichen Trans-
gerichtet einzelne Arbeitsgeräte. Zudem              formatorenhäuser mit besonderer Sorg-
ermöglichte elektrisches Licht fortan die            falt. Im Bergischen Land beriet sie dabei
Arbeit zu jeder Tages- und Nachtzeit. Im             der bekannte Architekt Peter Klotzbach
Oberbergischen profitierte vor allem die             (1875 –1947) mit seiner „Bauberatungs-
Steinindustrie von dieser Entwicklung.               stelle“ in Barmen (heute: Wuppertal). Er
                                                     empfahl bodenständige Bauformen und
Landschaft im Wandel                                 heimische Materialien in einer Vielzahl
                                                     von Varianten.
 Mit dem Ausbau des Stromnetzes ver-
 änderte sich auch das Landschaftsbild. Auch im Jahr 2014 ist der Ausbau des
Vor allem Freileitungen, Trafostationen Stromnetzes Thema intensiv geführter
 und Strommasten erhitzten die Gemüter. Auseinandersetzungen. Die inhaltlichen
 Die Gegner der Entwicklung formierten Argumente sind weitestgehend gleich ge-
 sich im „Deutschen Bund Heimatschutz“ blieben: Es geht um den Schutz der Na-
 (heute: Bund Heimat und Umwelt in tur und die möglichen gesundheitlichen
 Deutschland). Der 1904 gegründete Ver- Nachteile für die Bevölkerung. Bis in das
 band war politisch so einflussreich, dass Jahr 2022 sollen über 3.800 Kilometer an
 Preußen 1907 ein Gesetz erließ, das sich Höchstspannungsleitungen neu errichtet
„gegen die Verunstaltung von Ortschafts- werden. Widerstand von Bürgerinitiati-
 und Landschaftsbildern“ wandte. Von da ven und Anwohnern regt sich vor allem
                                                                                                  11
Das größte Exponat der Ausstellung: die Dynamomaschine aus Engelskirchen

     gegen vier geplante „Stromautobahnen“,            hinaus noch etwa 50 Häuser in der nähe-
     die die im Norden gewonnene Wind-                 ren Umgebung. Eine beachtliche Samm-
     energie in den Süden Deutschlands trans-          lung an historischen Lichtschaltern be-
     portieren sollen.                                 sitzt die in Hückeswagen ansässige Firma
                                                       Pflitsch. Ein Ausschnitt dieser bunten
     Viel zu entdecken                                 Vielfalt wird in der Lindlarer Ausstellung
                                                       gezeigt. Ebenso tatkräftige Unterstützung
     In der Ausstellung gibt es einiges zu             in Sachen Leihgaben und Fotomaterial be-
     entdecken: Viele der gezeigten Expo-              kam das Freilichtmuseum vom „Museum
     nate stammen aus der umfangreichen                Strom und Leben“ aus Recklinghausen.
     Sammlung des LVR-Freilichtmuseums
     Lindlar. Aber auch zahlreiche Privatper-          Auch interaktive Stationen warten auf die
     sonen, Museen und Firmen unterstützen             Besucherinnen und Besucher. Eine Dun-
     die Präsentation mit ihren Leihgaben.             kelkammer beherbergt beispielsweise
     Aus dem LVR-Industrie­   museum Schau-            eine Vielzahl mitunter sehr kurios anmu-
     platz Engelskirchen stammt zum Beispiel           tender Objekte. Um diese mit Kurbel-
     die beeindruckende Flachring-Dynamo-              taschenlampen sichtbar zu machen, ist
     maschine aus dem Jahr 1885. Spinne-               Muskeleinsatz vonnöten. Ausgestellt ist
     reibesitzer Christian Alexander Baldus            in der Dunkelkammer unter anderem ein
     aus Osberghausen erwarb sie Ende des              beleuchteter Stopfpilz, angeblich erfun-
     19. Jahrhunderts in Nürnberg bei der              den vom einstigen Bundeskanzler Konrad
     Firma S. Schuckert. Durch den Anschluss           Adenauer. Viel Beachtung und Verwunde-
     an eine Wasserturbine konnte Baldus mit           rung findet auch der sogenannte Hoch-
     dieser Maschine Strom aus der Strömung            frequenzstrahlapparat oder Gesundheits-
     der Agger gewinnen und damit nicht nur            koffer. Diesem Gerät mit seinen ulkig
     seine Fabrik beleuchten, sondern darüber          geformten gläsernen Elektroden traute
12
Elektrische Helfer im Haushalt: bis in die 1950er-Jahre wenig verbreitet

man ab 1900 allerhand Heilungspoten­                   Umland mit Strom versorgte, nachdem
zial zu. Von Asthma über Gicht bis zu Zys-             sich in Städten wie Barmen, Elberfeld
ten – die Elektromedizin sollte bei allerlei           oder Gummersbach entsprechende Ein-
Beschwerden Linderung verschaffen.                     richtungen schon in den 1890er-Jahren
                                                       etabliert hatten. Seit 2010 war der Trafo-
Von Herweg nach Lindlar                                turm außer Betrieb.

Zusätzlich zur Ausstellung hat das Mu-                 Über die Dauer des Ausstellungsjahres
seum 2013 / 2014 eine nicht mehr ge-                   hinaus wird der Trafoturm an die zweite
nutzte historische Trafostation aus                    Industrialisierungsphase des ländlichen
Hückeswagen-Herweg in das Museums-                     Raumes erinnern, nachdem bereits einige
gelände versetzt. Neuer Standort ist die               Jahre zuvor die Eisenbahn den Weg für
Baugruppe Oberlingenbach, gegenüber                    Kommunikation und Warenaustausch mit
der Museumsgaststätte.                                 den Zentren geebnet hatte.

Das im „Bergischen Heimatstil“ 1913 er-                Ermöglicht wurde die Translozierung des
richtete Gebäude formte viele Jahrzehnte               Gebäudes durch die Förderung der loka-
lang den Starkstrom aus der Überlandlei-               len Energieversorger Aggerenergie, BEW,
tung für die Haushalte in seiner näheren               BELKAW und RWE sowie des Vereins der
Umgebung um und versorgte diese mit                    Freunde und Förderer des Bergischen
Licht- und Kraftstrom. Damit steht der                 Freilichtmuseums Lindlar e. V.
Turm am Anfang der Elektrifizierung der
bergischen Landgemeinden zwischen                      Weitere Informationen zum LVR-Verbund-
Wuppertal und Waldbröl. Erst wenige                    projekt „1914 – Mitten in Europa. Das
Jahre zuvor war in Remscheid-Lennep                    Rheinland und der Erste Weltkrieg“ fin-
ein Elektrizitätswerk entstanden, das das              den Sie unter www.rheinland1914.lvr.de.
                                                                                                    13
Versetzung unter Spannung
     Ein Trafoturm zieht um

     von Burkhard Zinn

     1.	
        Die Ganzteilversetzung des 100 Jahre    2.	
                                                   Um überhaupt zur Baustelle zu ge-
        alten Trafoturms aus Hückeswagen-          langen, musste eine rund 100 Meter
        Herweg war eine echte Herausforde-         lange Baustraße angelegt werden.
        rung für die Museumsfachleute. Zum
        ersten Mal hat das Museum ein Stein-
        haus am Stück versetzt.

     3.	
        Nach erfolgter Verstrebung im Inne-     4.	Anschließend wurden die beiden Eta-
        ren des Turmes wurde der komplette          gen horizontal aufgesägt und mit Hilfe
        Dachstuhl (ca. 5 Tonnen) am Stück ab-       einer Stahlträgerkonstruktion an den
        gehoben und auf einen Spezial-LKW           Haken eines 120 Tonnen-Kranes ge-
        verladen.                                   hängt.

14
5.	Abtransport der ca. 16 Tonnen schwe-     6.	Die Karawane schlängelte sich durch
    ren Bauteile über die provisorische          das Oberbergische.
    Baustraße.

7.	
   „Hochzeit“: Die drei Teile des Turmes     8.	Abschließend folgte die Installation
   wurden im Museum auf dem vorberei-            der Inneneinrichtung. Sie stammt
   teten, neuen Fundament wieder aufei-          aus einer Station in Wermelskirchen-
   nander gestellt. Anschließend wurden          Eibring­
                                                        hausen und zeigt den tech­
   die Tragkonstruktionen entfernt und           nischen Stand der 1930er- bis 1950er-
   die verbleibenden Schnittstellen kraft-       Jahre.
   schlüssig vermauert.
                                                                                         15
Wege in die Moderne
     Die Eröffnung von Gut Dahl aus Wülfrath

     von Petra Dittmar und Dieter Wenig

     Zahlreiche Gäste kamen am 13. Mai
     2014 zur feierlichen Eröffnung des Wohn­-
     hauses von Gut Dahl aus Wülfrath im
     LVR-Freilichtmuseum Lindlar. Damit ist
     der Aufbau der kompletten Hofanlage
     Gut Dahl abgeschlossen.

     Bei dem Ensemble handelt es sich um ei-
     nen typischen niederbergischen Einzelhof
     mit Wohnhaus, Stall, Remise und Neben-
     gebäuden. Seit 2012 ist in dem Gebäu-
     detrakt, der ursprünglich aus Remise und
     Scheune bestand, die Museumsherberge
     untergebracht.                              Gut gelaunt zeigen sich Hannah Janowitz,
                                                 Petra Dittmar, Dieter Wenig und Dr. Martina Gass
                                                 (von links nach rechts) in der Eingangstür von
                                                 Gut Dahl.

                                                die Bewirtschaftung des Anwesens über-
                                                nehmen. Während in anderen Gegenden
                                                wie dem Oberbergischen Land der Besitz
                                                im Erbfall geteilt wurde, blieb die Größe
                                                von Gut Dahl so über Jahrhunderte er-
                                                halten. Im 19. Jahrhundert zählte der Hof
                                                mit rund 25 Hektar landwirtschaftlicher
     Das repräsentative Wohnzimmer:             Nutzfläche zu den mittelgroßen Anwesen
     die Tapete ist nach Befund rekonstruiert   rund um Wülfrath und war über viele Ge-
     (Foto: Klaus Rabe).
                                                nerationen im Besitz der Familie Müller.
     Die erste urkundliche Erwähnung von Vor dem Ersten Weltkrieg verkaufte die
     Gut Dahl findet sich bereits um 1150. Die Familie Hof und Grundbesitz an August
     Geschichte des Hofes ist eng mit der Abtei Thyssen, der 1903 die Rheinische Kalk-
     Werden (heute Essen) verbunden; bis zur steinwerke GmbH gegründet hatte. We-
     Auflösung des Klosters im Jahr 1802 wa- gen der Erweiterung des Kalksteinbruchs
     ren die Abgaben an die kirchliche Obrig- am Silberberg mussten 1996 die lang-
     keit zu entrichten. Sie bestimmte auch die jährigen Pächter, die Familie Kronenberg,
     Erbfolge: Nur ein Hoferbe sollte jeweils die Hofanlage verlassen. Dank der Un-
16
Mit großem Interesse blättern der Vorsitzende   Das im Freilichtmuseum wiederaufgebaute
der Landschaftsversammlung Rheinland,           Wohngebäude stammt aus zwei verschiedenen
Prof. Dr. Jürgen Wilhelm, Volkskundlerin        Bauphasen. Die rechte Hälfte wurde nach dem
Petra Dittmar und LVR-Kulturdezernentin         Stand von 1651 rekonstruiert. Daran angebaut
Milena Karabaic im Knopfmusterbuch der          wurde der großzügige Wohnbereich von 1773
Firma Wetzel & Co. (Foto: Klaus Rabe).          (Foto: Bergerhof Studios Köln).

terstützung der Rheinkalk GmbH konnte           wirtschaft war nicht mehr die einzige Ein-
das Gebäude 2006 in das LVR-Freilicht-          nahmequelle. Mehr und mehr etablierten
museum Lindlar versetzt werden.                 sich die Familienmitglieder als Kaufleute
                                                und Unternehmer und orientierten sich
Das Museum zeigt das repräsentative Ge-         am bürgerlichen Lebensstil des Spätbie-
bäude im Zeitschnitt um 1850, einer Epo-        dermeier. Im Wohnbereich von Gut Dahl
che der Wege in die Moderne. Anhand             demonstrieren Küche, Wohnzimmer,
der fundierten Archivrecherchen von             Schlafräume und Kontor anschaulich
Dr. Martina Gass entstand eine konkrete         diese Lebensweise. Das Haus wurde der
Ausstellung über die Lebensumstände der         Zeit entsprechend dekorativ mit tapezier-
Bewohnerinnen und Bewohner bis hin zu           ten Räumen, Bilderschmuck und hoch-
den Bediensteten.                               wertigem Mobiliar ausgestattet. Sehr auf-
                                                wändig gestaltete sich die Rekonstruktion
Die Besitzerfamilie nahm teil am wirt-          der verschiedenen historischen Tapeten
schaftlichen Aufschwung des 19. Jahr-           anhand der gefundenen Papierreste, die
hunderts. Sie investierte erfolgreich in die    nach dem Ablösen etlicher neuer Farb-
benachbarte Knopfmanufaktur des Halb-           und Tapetenschichten nur noch in Frag-
bruders von Johann Müller, und die Land-        menten vorhanden waren.

                                                In einem Teil des Obergeschosses ist die von der
                                                Kulturwissenschaftlerin Hannah Janowitz erar-
                                                beitete Dauerausstellung „Alltag Glauben. Die
                                                Bedeutung von Religion“ zu sehen. Erstmals zeigt
                                                das Museum, welche Rolle die Religion im täg­
                                                lichen Leben der ländlichen Bevölkerung spielte.
                                                Es wird deutlich, warum das Bergische Land
                                                einem konfessionellen Flickenteppich gleicht,
                                                und auch die aktuellen Entwicklungen werden
                                                nicht ausgespart.

                                                                                                   17
Freilichtmuseum oder Abbruch?
Die Hermesdorfer Schule braucht Ihre Unterstützung!

von Michael Kamp

Die alte Schule von Hermesdorf bei           Doch ganz so einfach ist die Sache nicht.
Waldbröl soll nach langem Leerstand ab-      Kann es sich eine so reiche Gesellschaft
gebrochen werden. Auf den ersten Blick       wie die unsrige überhaupt leisten, das
wirkt das mittlerweile über 150 Jahre alte   einstige Bildungszentrum einer Gemeinde
Bauwerk wenig anziehend. Der man-            so sang- und klanglos verschwinden zu
gelnde Bauunterhalt hat seine Spuren         lassen? Deutschland zählt immerhin zu
hinterlassen, die eingeschlagenen Fens-      den führenden Industrienationen der
terscheiben sind durch Pressspanplatten      Erde und ist nach China der amtierende
ersetzt und die Farbe blättert von den       Vize-Weltmeister im Export. So weit, so
Wänden. Der an eintönig-sterile Neu-         gut. Andererseits wirft diese Erfolgsbilanz
bauten mit kurz geschorenem Vorgarten-       einen Schatten auf die Zukunft. Schon
rasen gewöhnte moderne Mensch ließe          länger beklagen Industrie- und Wirt-
sich verleiten, hier von einem baulichen     schaftsverbände einen zunehmenden
Schandfleck zu sprechen, der doch mög-       Mangel an hochqualifizierten Arbeitskräf-
lichst bald verschwinden soll.               ten. Mittlerweile sollen rund 30.000 In-
                                             genieure in der Kernsparte der deutschen
                                             Industrie, dem Anlagen- und Maschinen-
                                             bau, fehlen. Selbst attraktive mittelstän-
                                             dische Firmen tun sich immer schwerer,
                                             Auszubildende zu finden. Davon können
                                             sicher auch Betriebe in Hermesdorf ein
                                             Lied singen. In der Provinz droht Ärz-
                                             temangel und die Orientierungslosigkeit
                                             unserer föderalen Arbeits- und Bildungs-
                                             politik sorgt für beträchtliche Verunsiche-
                                             rung in der Öffentlichkeit. Wäre da die
                                             Zerstörung eines alten Schulgebäudes
                                             nicht der bildungs- und kulturpolitische
                                             Offenbarungseid unserer Gesellschaft?
                                             Die Signalwirkung eines endgültigen Ab-
                                             bruchs wäre sicher verheerend und ins-
                                             besondere auch deshalb kaum erklärbar,

                                             Die 1861 errichtete und nun vom Abbruch
                                             bedrohte Volksschule in Waldbröl-Hermesdorf
scher Gebäude in das Museumsgelände
                                                  ergeben, mussten vor einigen Jahren
                                                  objektweise festgeschrieben werden. So
                                                  wird sich die demnächst anstehende
                                                  aufwendige Translozierung und Rekon­
                                                  struktion des 1577 datierten Hallenhau-
                                                  ses aus Schürfelde bei Meinerzhagen auf-
                                                  grund des hohen Mittelbedarfs von rund
Die Schauseite der alten Schule zur Hauptstraße   einer Million Euro über mehrere Jahre
hin, links der Anbau von 1938                     hinziehen. Unvorhergesehenes wie die
                                                  alte Hermesdorfer Schule kann deshalb
weil sich das Gebäude nach einhelliger            in dieser Zeit nicht realisiert werden, da
Meinung von Fachleuten in einem passa-            kein Etat dafür vorhanden ist.
blen baulichen Zustand befindet.
                                                  „Bildungsnotstand“ im
Genauso sieht dies auch der Vorstand              Landkreis Waldbröl um 1850
des „Vereins der Freunde und Förderer
des Bergischen Freilichtmuseums Lind-             Das alte Herzogtum Berg machte um die
lar e. V.“. Auf seiner letzten Sitzung Ende       Bildung seiner Untertanen nicht allzu
vergangenen Jahres beschloss er deshalb           viel Aufhebens und die seit 1816 auch
einstimmig, das Schulgebäude vor der              im rechtsrheinischen amtierende preu-
Deponie zu bewahren und in das Frei-              ßische Regierung zeigte zunächst kein
lichtmuseum nach Lindlar zu versetzen.            wirkliches Interesse, die Situation der
Diese Entscheidung ist insofern bemer-            Landschulen und der in ihnen am Exis-
kenswert, weil der Verein hier erstmals           tenzminimum agierenden Lehrkräfte zu
ein Bauprojekt für das Museum in ei-              verbessern. Die damaligen Schulmeister,
ner Größenordnung stemmen wird, das               meist ohne jedwede entsprechende Aus-
breiter materieller Unterstützung bedarf          bildung und wirtschaftlich abhängig vom
und das nicht allein aus Vereinsbeiträgen         Schulgeld, das die ebenso armen Eltern
finan­ziert werden kann.                          zu zahlen hatten, unterrichteten mitunter
                                                  in Notbehelfen. Oft waren das Scheunen
Wie hoch dieses bürgerschaftliche En-             oder die zur Verfügung stehenden Schul-
gagement einzuschätzen ist, zeigt sich            gebäude platzten aus allen Nähten. Nicht
auch daran, dass der Museumsförder-               selten nahmen einhundert und mehr
verein die in diesem Fall beschränkten            Kinder am Unterricht teil, der unter die-
Möglichkeiten des Landschaftsverbandes            sen Gegebenheiten kaum als solcher be-
Rheinland (LVR) als Träger des Museums            zeichnet werden konnte.
ausgleicht. Die Konsolidierung der öf-
fentlichen Finanzhaushalte hat sich auch          So war die Lage, als sich weitblickende
auf die Handlungsspielräume in Lindlar            Kräfte anschickten, diese schwierigen
ausgewirkt. Die hohen Kosten, die sich            Verhältnisse im Kreis Waldbröl zu ver-
zwangsläufig bei der Versetzung histori-          bessern. Binnen eines Jahrzehntes sollte
                                                                                               19
Im Erdgeschoss lud ein großer, heller Saal
                                                           die zwischen Sechs- und Dreizehnjähri-
                                                           gen zum Schulunterricht ein. Im Oberge-
                                                           schoss wohnte der Lehrer in einer groß-
                                                           zügigen Wohnung. Heute nicht mehr
                                                           vorhanden sind der kleine Anbau, in dem
                                                           sich die Toiletten befanden, sowie der
                                                           große Schulgarten, der dem Lebensun-
                                                           terhalt der Pädagogen und als naturkund-
                                                           liches Anschauungsobjekt für die Schul-
     Der originale Fensterladenhalter von 1861             kinder diente.

     es ihnen gelingen, in einer größeren Zahl             Die wenige Jahre vor der Gründung des
     von Ortschaften neue Schulgebäude zu                  Deutschen Reiches im Jahr 1871 im Kreis
     errichten. Den Auftakt machte der Neu-                Waldbröl neu errichteten Schulgebäude
     bau der Evangelischen Volksschule in                  verwendeten Grauwacke als Baumaterial
     Waldbröl im Jahre 1853, drei Jahre später             und entsprachen alle einem ähnlichen
     folgte das stattliche Schulgebäude in Bla-            Muster. So sind die zeitgleich in Dick-
     dersbach, am 3. Dezember 1861 schließ-                hausen und Hermesdorf entstandenen
     lich konnten auch die neuen Volksschul-               Schulen baulich nahezu identisch. Al-
     bauten in Dickhausen und Hermesdorf                   len gemein ist, dass sie für die grundle-
     ihrer Bestimmung übergeben werden.                    gende Verbesserung des Bildungssystems
                                                           auf dem Land stehen. In ihnen erlernten
     Die Hermesdorfer Volksschule –                        die Kinder Lesen, Rechnen und Schrei-
     einst Stolz der Gemeinde und                          ben. Dies war bis dahin nicht selbstver-
     „Schule des Lebens“                                   ständlich. Darüber hinaus erhielt der
                                                           Nachwuchs umfassende Kompetenzen
     Auf einem kleinen Plateau errichtet, er-              zur Bewältigung des Lebensalltags. Die
     hob sich die Hermesdorfer Schule ur-                  Schulaufsicht, bis zu Beginn des preu-
     sprünglich in repräsentativer Alleinlage.             ßischen Kulturkampfes im Jahr 1871 bei
     Auch ihre massive Bauweise zeichnete
     sie vor den meisten anderen Gebäuden
     im Ort aus, die damals noch durchweg
     aus Fachwerk bestanden. Mit ihrem An-
     spruch, in dem sich auch der Stolz der
     damaligen Einwohner Hermesdorfs zeigt,
     standen das Schulhaus, der Sitz des Bür-
     germeisters und die Kirche durchaus auf
     einer Stufe.

                 Die zeitgleich eröffnete Volksschule in
                         Dickhausen; heute Wohnhaus

20
der Kirche liegend, tat vieles, um mit       Nahezu ein Menschenalter befriedigte die
Unterstützung der Pädagogen auch die         einklassige Schule in Hermesdorf alle Be-
praktische Bildung der Schulkinder zu        dürfnisse, bevor sie im Jahr 1938 erweitert
verbessern: Die Mädchen erlernten Hand-      werden musste. Nach dem Zweiten Welt-
arbeiten und die Jungen kamen mit den        krieg folgte die stetige Vergrößerung des
neuesten Erkenntnissen des Gartenbaus        Areals, so dass sich die Gemeinschafts-
in Berührung. Insofern können die Ele-       grundschule Hermesdorf heute aus einem
mentar- und Volksschulen in den Dörfern      Konglomerat verschiedener Gebäude prä-
durchaus als die Wegbereiter der späte-      sentiert. Sie zählt damit zu den wenigen
ren landwirtschaftlichen Bildungseinrich-    Beispielen im Bergischen Land, an denen
tungen im Bergischen Land, den Winter-       sich die Schulgeschichte eines Ortes von
schulen, gesehen werden. Ziel war, die       den Anfängen bis in die Gegenwart able-
Lebensumstände einer kleinbäuerlichen        sen lässt. Trotz alledem droht der Keim-
Bevölkerung zu heben, deren größter Teil     zelle der dörflichen Bildung in Hermes-
noch in Armut und quasi von der Hand         dorf nun der Abbruch. Deshalb sollte
in den Mund lebte. Im Wortsinn traf hier     alles Erdenkliche getan werden, das his-
zu, dass die Kinder nicht für die Schule,    torische Schulgebäude der Nachwelt im
sondern für das Leben lernten.               Freilichtmuseum Lindlar zu erhalten.

                Wie kann ich zur Rettung
           der Hermesdorfer Schule beitragen?
 Wenn Sie an einer Zukunft, das heißt, der   zungsweise noch einmal die gleiche
 musealen Erhaltung der Schule interes-      Summe benötigt, um das Gebäude vor
 siert sind, können Sie helfen, indem Sie    dem Untergang zu bewahren.
 einen Beitrag unter dem Kennwort „Ret-
                                             Unterstützen Sie bitte mit Ihrer Spende
 tung Schule Hermesdorf“ auf das Konto
                                             das große Gemeinschaftswerk des „Ver-
 des Museumsfördervereins spenden.
                                             eins der Freunde und Förderer des Bergi-
 Die Bankverbindungen lauten:                schen Freilichtmuseums Lindlar e. V.“!
                                             Der Museumsförderverein ist als ge-
 Kreissparkasse Köln,
                                             meinnützig anerkannt und kann Spen-
 IBAN: DE20 3705 0299 0323 0064 64
                                             denbescheinigungen ausstellen.
 oder
 Volksbank Wipperfürth,                      Weitere Auskünfte erteilen Ihnen gerne
 IBAN: DE79 3706 9840 0110 2250 16           Geschäftsführer Werner Hütt unter
                                             Telefon 0 22 66 / 9 62 34 und
 Derzeit liegen dem Vorstand bereits         Museumsleiter Michael Kamp unter
 Mittelzusagen über eine Höhe von ca.        Telefon 0 22 66 / 9 01 00 oder
 100.000 Euro vor, doch wird schät-          michael.kamp@lvr.de.

                                                                                           21
Haus Schürfelde
     Ein Hallenhaus für das Bergische Freilichtmuseum

     von Dieter Wenig

     Beim bisherigen Aufbaukonzept des Bergi-       und Nebengebäude eher kleinerer Di-
     schen Freilichtmuseums lag der Schwer-         mension. Im Gegensatz dazu kennt man
     punkt der Präsentation überwiegend auf         unter dem Begriff des „Niederdeutschen
     Gebäuden und Höfen aus dem Ober-               Hallenhauses“ mächtige Gebäude, deren
     bergischen, Rheinisch-Bergischen und           große Höfe über Jahrhunderte ungeteilt
     dem Rhein-Sieg-Kreis. Aufgrund der in          vererbt wurden.
     diesem Bereich gängigen Realerbteilung
     waren Hofanlagen, Gebäude und land-            Was hat es also mit einem Hallenhaus
     wirtschaftliche Flächen durch die stetige      für das Bergische auf sich? Fakt ist, dass
     Zersplitterung in ihren Entwicklungsmög-       der Nordosten des Bergischen Landes
     lichkeiten stark eingeschränkt. Damit ein-     von einer Grenze der Hauslandschaf-
     hergehend handelt es sich bei den länd-        ten, der sogenannten Hallenhausgrenze,
     lichen Hofanlagen um Wohnstallhäuser           durchzogen wird. Diese wiederum ver-

                          Haus aus Schürfelde, historische Aufnahme von 1907

22
Fachwerkwand der Diele                     Zwar mit einfachem Material, aber großem hand-
                                           werklichem Geschick hergestellt: Fischgrätpflaste-
                                           rung der Diele mit Aufteilung in einzelne Kassetten

läuft fast identisch mit der Grenze zwi-   lichen Walm legen noch jetzt Zeugnis
schen Realerbteilung und Anerbenrecht.     von der ehemaligen Strohdeckung ab, die
Somit finden sich im Nordosten unseres     sich auch im filigranen Aufbau des Dach-
Einzugsbereichs auch Gebäude vom Typ       gebälks widerspiegelt.
des Hallenhauses. Einen größeren Be-
kanntheitsgrad hat beispielsweise das      Ursprünglich führte von Süden ein statt-
heute restaurierte und museal genutzte     liches, rundbogiges Tor auf die breite,
Haus Dahl in Müllenbach erlangt. Bei       zweigeschossige Diele, die von einer
genauerer Nachsuche offenbart sich ein     Giebelseite bis zur anderen reichte und
ehedem deutlich größerer Bestand die-      mit ihren rußgeschwärzten Fachwerk-
ses Haustyps, dessen Relikte diesseits     wänden das Innere des Hauses prägt.
und jenseits der märkischen Grenze er-     Ein aufwändiges Fischgrätpflaster hat die
halten blieben und die uns auch durch      Jahrhunderte überdauert. Am nördlichen
frühe Foto­ grafien und Postkarten über-   Ende der Diele geht diese Pflasterung in
liefert sind. Oft zeigen die Aufnahmen     rechteckige Bruchsteinplatten über und
Mischformen aus Fachwerk und Steinbau,     markiert den Bereich, in dem ehemals
was in der Regel auf spätere Umbau-        das offene Herdfeuer brannte. Während
ten zurückzuführen ist. Die Dächer wa-     im vorderen Bereich zu beiden Seiten der
ren durchweg strohgedeckt. Auch wenn       Diele das Vieh untergebracht war, schlos-
diese Gebäude nicht die absolute Größe     sen nach Norden die Wohn- und Nutz-
ihrer norddeutschen Pendants erreichen,    räume an. Im oberen Stockwerk lagen
sind sie doch eindeutig dem Bautyp des     Vorratsräume und Schlafkammern. Mäch-
Hallenhauses zuzuordnen.                   tige Deckenbalken überspannten Diele
                                           und Seitenschiffe, dicke Eichendielen mit
Auch unser Haus aus Meinerzhagen-          einer kräftigen Lehmschicht schlossen
Schürfelde erscheint heute als reines      das Haus leidlich feuersicher nach oben
Bruchsteingebäude. Wir finden einen        ab. Der Rauch des Herdfeuers zog ur-
zweigeschossigen Baukörper mit umlau-      sprünglich ohne Schornstein durch eine
fenden massiven Bruchsteinwänden vor,      Luke in den Dachraum und nahm sei-
der von einem mächtigen Halbwalmdach       nen Weg durch die Öffnungen der Gie-
überdeckt wird. Erhaltene Reste am nörd-   belspitzen, die sogenannten Eulenlöcher.
                                                                                                 23
Balkeninschrift mit der Datierung „1577“

     Direkt über dem Herdfeuer verhinderte
     die ebenfalls lehmverputzte Rauchbühne
     unkontrollierten Funkenflug.

     Diesem urtümlichen Aussehen steht auch
     ein entsprechend hohes Baualter gegen-
     über: Fast viereinhalb Jahrhunderte hat Das ehemalige Einfahrtstor wurde
     unser Gebäude überdauert. Die dendro- bei der Teilung verändert.
     chronologische Untersuchung des Bau-
     holzes ergab als Jahr der Errichtung 1577, auf der linken Seite um ein Drittel be-
     eine Datierung, die durch eine unschein- schnitten. Eine einfache Tür ersetzt die
     bare Bauinschrift auf der westlichen Fach- ursprünglich wohl an die 2,80 m hohen
     werkwand der Diele bestätigt wird.         Torflügel. Ursache ist eine frühe Erbtei-
                                                lung, die nach heutigem Kenntnisstand in
     Das Gebäude ist bereits seit über 100 den 1730er-Jahren stattfand.
     Jahren nicht mehr bewohnt. Die seither
     vorgenommenen Veränderungen be- Im Gebäude offenbart sich die Teilung
     schränken sich im Wesentlichen auf Re- durch eine Trennwand, die auf der Diele
     paraturen, um den Bestand zu erhalten, bis unter die Deckenbalken reicht. Da
     und den Ersatz der ehemaligen Strohde- hierdurch die Diele nicht mehr mit Kar-
     ckung durch Blechplatten, die das Haus ren oder Wagen befahren werden konnte,
     recht zuverlässig vor den Witterungsein- war auch das Einfahrtstor nicht mehr er-
     flüssen geschützt haben.                   forderlich und wurde verändert. Statt ei-
                                                ner Erschließung in Längsrichtung wurde
     Doch obwohl das Haus dadurch keinem für beide Haushälften der Zugang auf die
     Modernisierungsdruck für eine heutige jeweilige Traufseite verlegt. Besonders der
     Wohnnutzung unterlag, zeigt ein Blick östliche Teil entwickelte zum Hofraum hin
     auf den südlichen Giebel mit den Resten eine stattliche steinerne Fassade. Im Zuge
     des ehemaligen Einfahrtstores, dass es in dieser Entwicklungen wurden auch die
     der Geschichte des Hauses einschnei- Fachwerkwände, die zumindest im obe-
     dende Veränderungen gegeben haben ren Stockwerk das Gebäude umschlossen,
     muss. So ist das ehedem rundbogige Tor beidseitig durch Bruchsteinmauern ersetzt.
24
Fassade der östlichen Haushälfte

Weitere Veränderungen betrafen die Er-      nun im Rahmen der bauhistorischen Un-
richtung von Anbauten im Süden und          tersuchung zusammenzuführen und zu
Norden, um den durch die Teilung be-        bewerten. Auch wenn noch viele Fragen
grenzten Wohn- und Nutzraum wieder          der Konkretisierung und Klärung bedür-
den Bedürfnissen anzupassen.                fen, so steht doch fest, dass wir mit dem
                                            Haus aus Schürfelde in vielfacher Hin-
Das Gebäude ist zwischenzeitlich genau      sicht einen besonderen Vertreter seiner
vermessen und fotografisch dokumentiert.    Art vorgefunden haben. Hier bietet sich
Eine größere Anzahl von Holzproben          eine fast einzigartige Gelegenheit, die
wurde entnommen und dendrochrono-           bauliche Entwicklung und Veränderung
logisch untersucht. Dies hilft, nicht nur   dieses Hauses über die Jahrhunderte zu
das Erbauungsjahr des Gebäudes festzu-      untersuchen und in möglichst vollstän­
legen, sondern auch einzelne Umbau-         diger Weise mit der Geschichte seiner
phasen jahrgenau zu bestimmen. Darauf       Bewohner zu verknüpfen.
aufbauend erfolgte eine Untersuchung
der Putze und Fassungen der Wände, um       Die Erforschung, die Translozierung und
konkrete Aussagen über das jeweilige        der Wiederaufbau des Hauses im Muse-
Aussehen der einzelnen Bauphasen tref-      umsgelände werden eine Hauptaufgabe
fen zu können. All diese Ergebnisse sind    der nächsten Jahre sein.
                                                                                        25
25 Jahre Förderverein
     des Bergischen Freilichtmuseums

     von Dr. Ernst Zinn

     Der Verein der Freunde und Förderer des
     Bergischen Freilichtmuseums Lindlar e. V.
     zählt heute rund 1.500 Mitglieder. Mit
     dieser beachtlichen Größe steht er bei-
     spielhaft für die bürgerschaftlichen Verei-
     nigungen der Gemeinde Lindlar.

     Seit der Gründungsversammlung am
     17.  
         August 1988 begleitet der Verein
     die Aktivitäten des Museums, des Land-
     schaftsverbandes Rheinland und der Ge-
     meinde Lindlar mit ehrenamtlicher Arbeit,
     finanziellen Hilfen, zahlreichen Veröffent­-   lichungen, Vorträgen sowie Veranstaltun-
                                                    gen auf dem Museumsgelände. Das bür-
                                                    gerschaftliche Engagement des Vereins
                                                    fand auch bei politischen Entscheidun-
                                                    gen Beachtung und Gehör.

                                                    1988 schätzten die Planer den Zeitraum
                                                    bis zur Eröffnung des Museums auf min-
                                                    destens zehn Jahre – und dies wurde
                                                    auch exakt eingehalten. Der Förder-
                                                    verein zählte zu diesem Zeitpunkt rund
                                                    250 Mitglieder, denen besonderer Dank
                                                    für die ehrenamtlichen, begleitenden
                                                    Aufbauleistungen gebührt. Auch der da-
                                                    malige Direktor des Landschaftsverban-
                                                    des Rheinland, Ferdinand Esser, und der
                                                    Vorsitzende der Landschaftsversammlung,
                                                    Dr. Jürgen Wilhelm, dankten dem Förder-

                                                    Zahlreiche Museen wurden auf den Ausflügen
                                                    des Fördervereins besucht: 1991 das Freilicht­
                                                    museum Bad Windsheim, 1992 der Hessenpark
                                                    oder die Pfahlbauten in Unteruhldingen im
                                                    Jahr 2000 (Fotos: Erhard Nagel).

26
Auch schon vor der offiziellen Museumseröffnung beliebt: der Bauernmarkt 1995

verein „herzlich für die uneigennützige  zusammen diese besondere Attraktion
Partnerschaft […]. Vielleicht kann man   den Menschen unserer Region anbieten
die Ende dieses Jahres, also just zum    zu können. Und ich bin sicher, dass das
10-jährigen Bestehen des Fördervereins   Freilichtmuseum Lindlar, wie schon bis-
stattfindende Eröffnung unseres Museums  her in der Aufbauphase, ein Freizeit- und
                                         Tourismuszentrum von besonderer An-
                                         ziehungskraft werden wird.“ Und damit
                                         wünschte er ein herzliches „Glück auf!“
                                         allen, die sich mit dem Freilichtmuseum
                                         verbunden fühlen. Der damalige haupt-
                                         amtliche Bürgermeister und Beirat des
                                         Fördervereins Konrad Heimes, der in der
                                         Gründungsphase unter den Förderern an
                                         erster Stelle zu nennen ist, zählte die da-
                                         maligen Aktivitäten in seinem Grußwort
                                         auf und schloss „Es ist für unsere schöne
                                         und liebenswürdige Gemeinde Lindlar
                                         eine großartige Sache, dass in dem von
                                         der Gemeinde Lindlar zur Verfügung ge-
 auch als ein kleines Jubiläumsgeschenk stellten Lingenbachtal auf rund 25 Hektar
 an den Förderverein […] verstehen.“ durch den Landschaftsverband Rheinland
Auch der ehemalige Landrat des Ober- die Lebens- und Arbeitsformen der Bevöl-
 bergischen Kreises Herbert Heidtmann kerung der gesamten bergischen Region
 folgerte in seinem Grußwort am Ende: von Wuppertal bis Bonn und von Köln bis
„Oberberg ist stolz darauf, mit dem För- Olpe dargestellt und zukünftig Besuchern
 derverein und allen anderen Genannten erläutert werden.“
                                                                                       27
Das Feldbahnprojekt geht voran.              Richtfest der Barbarakapelle im Dezember 2010

     Mit großer Tatkraft setzte sich der vom      kirchen (2008), dem Kleinstwohnhaus
     Landschaftsverband mit dem Aufbau be-        aus Hilden (2008), der Barbara-Kapelle
     auftragte Diplomingenieur Hans Haas          aus Rösrath-Hellenthal (2010), dem Tra-
     in der zehnjährigen Aufbauphase für          foturm aus Hückeswagen-Herweg (2014)
     das Freilichtmuseum ein. Auch er be-         oder dem Bau der Feldbahn mit 60 cm
     tonte stets die vielfältigen Projekte, die   Spurweite auf 800 Metern Länge. In-
     der Förderverein durch seine finanzielle     formationen über das Feldbahnprojekt
     Unterstützung ermöglichte, etwa die An-      und die Kapelle können übrigens unter
     schaffung und Unterhaltung historischer      www.feldbahn.blog.de und w   ­ ww.barba-
     Tierrassen. Das ehrenamtliche Engage-        rakapelle.blog.de nachgelesen werden.
     ment der Mitglieder sei kaum hoch genug      Es sind nicht nur Handwerksmeister, die
     zu schätzen.                                 ihre Erfahrungen hier einbringen. Auch
                                                  andere unterstützen mit ihren Berufser-
     Auch ist es mir ein besonderes Anliegen,     fahrungen die ehrenamtliche Arbeit im
      den Vorstands- und Beiratsmitgliedern       Lingenbachtal. Diese erfreuliche Entwick-
      der schwierigen Gründungsphase mei-         lung geschieht unter dem Motto „Qualität
      nen besonderen Dank für die koopera-        für Menschen“, von dem sich der Land-
      tive Zusammenarbeit auszusprechen. Es       schaftsverband Rheinland und hier im
      muss also ein guter Keim gewesen sein,      bergischen Lindlar ganz besonders die
      der sich danach unter der Leitung meines    Leitung des Museums, Herr Kamp, mit
     Nachfolgers, Dr. Klemens Krieger, zu-        seinem Mitarbeiterteam leiten lässt.
      sammen mit dem aktiven Museumsleiter
     ­Michael Kamp entwickeln konnte.             Die Beiträge in diesem Freilichtblick und
                                                  in früheren Ausgaben dokumentieren das
     Der vielfältige, ehrenamtliche Einsatz der   Interesse an einem gesunden Rückblick
     Bürgerinnen und Bürger ist mit der An-       in das Leben unserer Vorfahren und die
     zahl der Mitglieder gestiegen. Das wird      notwendige Besinnung in einer Zeit der
     besonders deutlich bei neueren Projek-       weltweiten Vernetzung.
     ten, wie etwa dem Kiosk aus Wermels-
28
Märchenhaftes
                                                   Freilichtmuseum

                                                        von Frederik Grundmeier

                                         Ein buntes Rahmenprogramm vervoll-
                                         ständigt das Angebot: Schmied, Seiler
                                         und Bäcker demonstrieren ihre Hand-
                                         werke und fordern die Gäste zum tatkräf-
                                         tigen Anpacken auf, museumspädago-
Beliebte Figuren bei Groß und Klein:     gische Aktionen fördern das Verständnis
der Teufel und seine Großmutter          für alte Arbeitspraktiken und verknüp-
                                         fen spielerisch märchenhafte Erzählung
„Sieben auf einen Streich“, „Knusper,    und historischen Alltag. Ob 1001 Nacht
 knusper, knäuschen, wer knuspert an     oder 100 Jahre: In allem Trubel ermög-
 meinem Häuschen“, „Spieglein, Spieg-    lichen Vorleserinnen und Vorleser auf
 lein an der Wand, wer ist die Schönste im
                                         Inseln der Ruhe das Eintauchen in die
 ganzen Land“ oder „Rapunzel, Rapun-     Märchenwelten von Aladin und Dornrös-
zel, lass dein Haar herunter“: Seit 2012
 erklingen neben knatternden Motoren
 und blökenden Schäflein im Veranstal-
 tungsprogramm des Freilichtmuseums
 auch Rufe aus der Märchenwelt. In Zu-
 sammenarbeit mit dem TalTonTheater
 Wuppertal begeistern nun einmal im Jahr
 seit Generationen geliebte Figuren aus
 den Sammlungen und Werken von Jacob
 und Wilhelm Grimm oder Hans Chris-
 tian Andersen die großen und kleinen
 Besucherinnen und Besucher. Ob Rot-
 käppchen oder das tapfere Schneiderlein,
 Sterntaler oder Aschenputtels hässlich- Auch Museumsleiter Michael Kamp erkundet
 böse Stiefschwestern, Schneewittchen die Veranstaltung, hier mit Aschenputtels
                                           Stiefschwestern.
 oder der Teufel samt Großmutter – mehr
 als 30 Schauspielerinnen und Schau- chen. Am Ende bleibt ganz im Sinne von
 spieler schlüpfen einen Tag lang in fan- Hans Christian Andersen die Erkenntnis:
 tasievolle Kostüme, legen professionelle „Es geht mit Geschichten wie mit vielen
Theaterschminke auf und erfüllen die Menschen, sie werden mit zunehmen-
 Museumsgebäude mit märchenhaftem dem Alter schöner und schöner, und das
 Charme.                                   ist erfreulich.“
                                                                                    29
Neues von
     der Steinbruchbahn

     von Michael Kamp

     Der weitere Ausbau unserer Museums-          Steinbrocken so gestaltet, dass es stärker
     steinbruchbahn schreitet zügig voran. Ziel   einem Steinbruch ähnelt. Gleichzeitig
     ist, die neue Baugruppe des Museums im       wird die Bahnstrecke parallel zur Straße
     Erweiterungsgelände nicht nur mit einem      in Richtung Lennefetal verlängert. Sie en-
     Rundwanderweg, sondern auch mit einer        det in einer Remise, in der Bahnmaterial
     der einst im Bergischen Land verbreiteten    gelagert sowie Lokomotiven und Loren
     Steinbruchbahnen zu erschließen. Die         witterungsgeschützt untergestellt werden
     auf leichten, 600 mm breiten Gleisen         können. Planung und Bau übernehmen
     rollenden Lorenbahnen waren viele Jahr-      auch hier dankenswerterweise die Feld-
     zehnte lang unentbehrliche Helfer beim       bahnfreunde.
     Abtransport und der Weiterverarbeitung
     des gebrochenen Steinmaterials.              Die Remise wird dem Lokschuppen des
                                                  Lindlarer Bahnhofs nachempfunden, der
     Nachdem nun der Streckenbau den klei-        aus Fachwerk bestand und einst zwei
     nen Tunnel erreicht hat, der die Straße      kleine Dampflokomotiven beherbergte.
     nach Scheller unterquert, stehen in die-     Die Entscheidung für einen Holzbau fiel
     sem Jahr weitere Arbeiten an. Zunächst       insofern leicht, da im Museum in der letz-
     wird das „Loch“ neben der Straße mit
                                                  Bauplan der zweiständigen Remise von
     Unterstützung der drei großen Lindlarer      Werner Mattäi, die im Museumserweiterungs­
     Steinbruchunternehmen mit schweren           gelände errichtet wird

30
Holztransport für den Bau des Lokschuppens (Foto: Sonja Spicher)

ten Zeit viele überalterte oder vom Wind- Anschauung nicht mehr bekannte Tech-
bruch betroffene Fichten gefällt werden nik. Groß und Klein begleiten sie dann
mussten, die das Bauholz liefern. Des auf ihrer Fahrt im Schritttempo über die
Weiteren soll an dem Abstellgleis vor bereits verlegten Gleise.
dem Tunnel eine kleine hölzerne Sturz-
bühne mit einem Steinbrecher errichtet Zweifelsohne hat die Bahn schon vor
werden, von der aus die Loren befüllt ihrer eigentlichen Inbetriebnahme sehr
werden können. Den Schaubetrieb des viele Fans gefunden. Das mediale In-
Brechers gewährleisten nach der Fer- teresse ist groß und Jörg Seidel, der
tigstellung entweder der museumsei- dem Vorstand des Rheinischen Indus­
gene Lanz-Bulldog oder die Lokomobile. triebahn-Museums e. V. im ehemaligen
Wenn alles wie geplant realisiert werden DB-Bahnbetriebswerk Köln-Nippes an-
kann, dürfte die gesamte Anlage wohl gehört (­      www.rimkoeln.de), sorgt in der
spätestens übernächstes Jahr betriebs­fähig Eisenbahnfreundeszene für die deutsch-
sein.                                       landweite Publicity unseres Bähnchens.
                                            Wie groß hier die Anerkennung ist, zeigt
Schon jetzt erfreut die Steinbruchbahn die vorbehaltlose Unterstützung von
an den Tagen, an denen sie probeweise Feldbahnspezialisten aus der Region, die
läuft, viele Besucherinnen und Besucher. selbst eigene Bahnen betreiben. Deshalb
Sobald das Tuckern unserer kleinen Die- sei an dieser Stelle Herrn Müller-Kissing
sellok im Gelände ertönt, scharen sich in Hagen (www.kissing-garten-bahn.de)
die Menschen um diese meist aus eigener und dem Ehepaar Mandelartz herzlich ge-
                                                                                       31
Gleisbau mit der Lebenshilfe Lindlar e. V.

      dankt, die in Oekoven bei Grevenbroich        hätte sich das Vorhaben lange nicht so
      ein sehr sehenswertes Feldbahnmuseum          günstig entwickeln können. In ebendie-
      betreiben (www.gillbachbahn.de). Mit          sem Sinn begleitete auch die Volksbank
      Hilfe dieser versierten Fachleute, die sich   Wipperfürth-Lindlar eG bislang die Maß-
      schon seit Jahrzehnten intensiv mit der       nahme, indem sie unter anderem den
     Thematik befassen, konnten viele kleine        Ankauf einer kleinen Diesellokomotive
      und große Probleme gelöst werden. Da-         ermöglichte.
      ran dürfte sich in Zukunft nichts ändern.
     Wichtige praktische Unterstützung erfah-       Doch bis der Bahnbetrieb einmal rei-
      ren unsere ehrenamtlichen Museumsei-          bungslos läuft, müssen noch manche
      senbahner auch durch die regelmäßigen         Aufgaben erledigt und Probleme gelöst
      Einsätze der Mitarbeiterinnen und Mit-        werden. In diesem Sinne freuen wir uns
      arbeiter der FORD AG in Köln und der          über aktive und begeisterungsfähige
     ­Lebenshilfe Lindlar e. V.                     Menschen, die unsere Feldbahner un-
                                                    terstützen möchten. Insbesondere wird
     Last but not least soll nicht unerwähnt        eine technikbegeisterte Person gesucht,
     bleiben, dass trotz aller Manpower auch        die sich um die Instandsetzung und War-
     Geld erforderlich ist, um Ausrüstungsteile     tung der drei bereits vorhandenen Diesel­
     und Fahrzeuge für die Steinbruchbahn           lokomotiven kümmert. Zwei davon sind
     zu erwerben. Ohne das bereitwillige            mit überschaubarem Aufwand restau-
     Engagement der „Freunde und Förderer           rierungsbedürftig. Das Arbeitsspektrum
     des Bergischen Freilichtmuseums Lind-          umfasst zunächst die Überholung der
     lar e. V.“ und seiner rund 1.500 Mitglieder    Antriebsaggregate und Bremsen, die aber
32
Besuch bei dem Ehepaar Mandelartz im Feldbahnmuseum Oekoven bei Grevenbroich

keine grundlegenden Schäden aufweisen,          Wer sich nicht praktisch engagieren kann
die Entrostung der Fahrwerke und der            oder möchte, sollte die Gelegenheit nut-
Aufbauten sowie Lackierarbeiten.               zen, ab einer Spende von 20 Euro einen
                                               „Streckenbaustein“ mit einer Urkunde zu
                                                erwerben.

                                               Ab 50 Euro ist die Mitfahrt über die be-
                                               reits bestehende Bahnstrecke auf dem
                                               Führerstand in Begleitung unseres Feld-
                                               bahnlokführers und eine ausführliche
                                               Erläuterung des Projektes möglich. Diese
                                               Spender erhalten die Urkunde „Ehren-
                                               lokführer“ mit ihrem persönlichen Foto
                                               von der Bahnfahrt. Ihre Fragen beant-
                                               wortet gerne Museumsleiter ­     Michael
                                               Kamp unter Telefon 0 22 66 / 9 01 00 oder
                                               michael.kamp@lvr.de.

                                                Urkunde für Spendenbeträge ab 20 Euro;
                                                ab 50 Euro ist eine Mitfahrt auf dem Führer-
                                                stand unserer Lokomotive möglich.

                                                                                               33
Kulturerbe online
     Das neue Portal Alltagskulturen im Rheinland

     von Hannah Janowitz

     28.000 Objekte und Archivalien, 23.000
     Negative, 4.000 Dias: Diese beeindru-
     ckenden Zahlen dokumentieren die
     intensive Sammlungstätigkeit des LVR-
     Freilichtmuseums Lindlar in den letzten
     knapp 30 Jahren. Vom großen Lanz-Bull-
     dog bis zur kleinen Puppenstube, vom
     alten Feuerkessel bis zum Elektroherd
     veranschaulichen die Objekte eindrück-        Titel und Musterseite des Wäschebändermuster-
     lich die verschiedenen Aspekte und den        buchs der Firma W. Schüller & Sohn GmbH aus
                                                   Wuppertal-Barmen, um 1910
     Wandel unserer Alltagskultur in den letz-
     ten Jahrhunderten. Ein Großteil dieser        chen und qualitativen Kriterien. Diese
     Bestände ist für die Besucherinnen und        erschließt es nach vorab festgelegten
     Besucher auf unserem Gelände nicht            Standards: Objekte werden in der Mu-
     sichtbar. Er lagert in Depots und Archiven.   seumsdatenbank „Faust“, Fotos im Foto-
                                                   verwaltungsprogramm „Mediafiler“ aus-
      Das Museum hat sich zum Ziel gesetzt,        führlich dokumentiert und beschrieben
      diesen verborgenen Bestand für die Öf-       und mit prägnanten und kontrollierten
      fentlichkeit verfügbar zu machen. Seit       Schlagwörtern versehen. Vom größ-
      Januar 2013 kooperiert es im Projekt         ten Teil der Objekte existierten bisher
     „PortAll – Digitales Portal Alltagskulturen   nur qualitativ minderwertige analoge
      im Rheinland“ mit dem LVR-Freilichtmu-       Schwarz-Weiß-Fotografien. Da diese für
      seum Kommern und dem LVR-Institut für        eine zeitgemäße Präsentation nicht mehr
      Landeskunde und Regionalgeschichte           ausreichen, nimmt eine Fotografin hoch-
      in Bonn. Gemeinsam arbeiten die drei         wertige digitale Objektfotos der Auswahl-
      Institutionen an der systematischen Er-      bestände auf. Die Digitalisierung analo-
      schließung, Digitalisierung, Vernetzung      ger Fotoabzüge, Negative und Dias sowie
      und wissenschaftlichen Auswertung ihrer      gedruckter Quellen erfolgt mit einem
      heterogenen Quellen-, Foto- und Objekt-      Hochleistungsscanner.
      bestände. Das Projekt wird für drei Jahre
      finanziell von der Deutschen Forschungs- Thematischer Aufhänger des Projek-
      gemeinschaft (DFG) gefördert.              tes ist der Wandel im ländlichen Raum
                                                 zwischen 1900 und 2000. Dargestellt
     Zunächst erarbeitet das Projektteam eine wird dieser Wandel anhand der gro-
     Auswahl von Beständen nach inhaltli- ßen Themenschwerpunkte „Wohnen“,
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