Zuwanderung im urbanen Raum - Städte und Gemeinden als Zukunftswerkstätten der Integration - Österreichischer ...

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Zuwanderung im urbanen Raum - Städte und Gemeinden als Zukunftswerkstätten der Integration - Österreichischer ...
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                                                      ÖSTERREICHISCHE GEMEINDE-ZEITUNG
                                                      Das Magazin des Österreichischen Städtebundes

                                                                                           Zuwanderung
                                                                                       im urbanen Raum
                                                                                                       Städte und Gemeinden als
                                                                                                Zukunftswerkstätten der Integration
                                                                                                                 Gesellschaft & Migration
                                                                                                                 Integration im Spannungsfeld
 Verlagspostamt 1110 Wien • P. b. b. ZNr. 10Z038542

                                                                                                                 zwischen Separation,
                                                                                                                 Assimilation und Inklusion

                                                                                                                 Moderne
                                                                                                                 Integrationspolitik
                                                                                                                 Beispielhafte kommunale
                                                                                                                 Strategien und Modelle

                                                                                                                 Mosaik Donauraum
                                                                                                                 Innovationsimpulse aus
                                                                                                                 kultureller Heterogenität
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          INHALT

                          Thomas Weninger

            4             Zukunftswerkstatt Integration
                          Editorial des Generalsekretärs des Österreichischen Städtebundes

                          Bürgermeister Michael Häupl

            5             Durch gelungene Integration gewinnen alle
                          Vorwort des Präsidenten des Österreichischen Städtebundes

                          Aktuelle Meldungen

            6             Kommunalnews
                          Kurzberichte aus den Bundesländern

                                                                                                                                             8
                          Tom Schmid

            8             Was meinen die Menschen, wenn sie „Integration“ sagen?
                          Integration zwischen Exklusion, Seperation, Assimilation und Inklusion
                                                                                                                   Deutungsversuch des
                                                                                                                    Begriffs „Integration“

                          Simon Inou

           13             Wir wollen eine Rehabilitationskur für die Integration!
                          Was MigrantInnen von der Effektivität des Integrationsprogramms in Österreich halten

                          August Gächter

           14             Trotz guter Ausbildung schlechte Chancen am Arbeitsmarkt
                          Zugewanderte haben oft Schwierigkeiten, ihre Bildung am Arbeitsmarkt zu verwerten

                          Murat Düzel

           16             Integration braucht Information
                          Pilotprojekt „Interkulturelle MitarbeiterInnen in Volksschulen NÖs“

                          Michael Huber-Strasser

           17             Dienstleister für erfolgreiche Integration
                          Leistungsprofil des Integrationszentrum Wien

           18
                          D. Nusche, C. Shewbridge, C. Rasmussen (gekürzt von Rüdiger Teutsch)
                          OECD-Prüfung stellt Österreich ein gutes Zeugnis aus
                          Die Ergebnisse der Länderprüfung im Bereich Migration und Bildung
                                                                                                                    Ergebnisse der
                                                                                                                OECD-Länderprüfung       18
                          Ursula Eltayeb

           20             StartWien – Hilfe bei Zuwanderung
                          Orientierung für MigrantInnen

                          Theodora Manolakos

           21             Integration messen, Diversität gestalten
                          Monitoring Integration und Diversität

                          Michael Putzenlechner

           22             Supervision für Lehrlinge
                          Konflikte vermeiden, Kommunikation forcieren

                          Karl Zauner

           23             Fahrradkurse für Migrantinnen
                          Bewegung hat etwas Verbindendes
                                                                                                 Wiener Neustadt verhilft Migrantinnen
                                                                                                 durch Fahrradkurse zu mehr Mobilität    23
          2                                                                                                                          ÖGZ 9/2010
Zuwanderung im urbanen Raum - Städte und Gemeinden als Zukunftswerkstätten der Integration - Österreichischer ...
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          INHALT

                                  Helga Geyrecker

            24                    Integration gelingt über die Sprache
                                  Ybbs setzt auf Deutschkurse

                                  Anja Hagenauer

            25                    Rucksack voller Lebenschancen
                                  Wenn die Förderung schon im Kindergarten beginnt

                                  Paul Zehetner

            26                    Integration ist bei uns Chefsache!
                                  Wels setzt auf Vernetzung von Städten und Gemeinden

                                  Monika Vukelic-Auer

            26                    Aktive Migrationspolitik
                                  Die Stadt Kapfenberg über ihre Leitlinie
                                                                                                                                             Innsbruck will die Lesefreude mit Hilfe
                                                                                                                                           von „Menschenbüchern“ neu entfachen                         28
                                  Christine Oppitz-Plörer, Notburga Troger

            28                    „Lebende Menschenbibliothek“
                                  Wie Innsbruck einen neuen Umgang mit Diversität finden will

                                  Necla Güngörmüs

            29                    Integrationsplattform Bregenz
                                  Vernetzung von MigrantInnen und Einheimischen fördern

                                  Andreas Babler

            30                    Integrationsarbeit am Stammtisch
                                  Was macht die Politik in Richtung Stammtische?

                                  Sabine Aydt, Franjo Steiner

            30                    „Selbstcheck Integration“
                                  Fragebogen der ARGE Integrationsberatung
                                                                                                                                                 Mosaik Donauraum – Innovations-
                                                                                                                                               impulse aus kultureller Heterogenität                   43
            41                    Europa
                                  Aus dem Europäischen Parlament • ÖsterreicherInnen in EU-Institutionen • Mosaik Donauraum
                                  • „Einheimischenmodell“ • www.eu-guide.at • „Stopp“ dem Subsidiaritätsabbau!

            51                    Magazin
                                  Aus dem Städtebund • Finanzen & Wirtschaft • Netzwerk Gesunde Städte
                                  • Umwelt • Verwaltungsreform – KDZ • Termine • Literatur

            64                    Judikatur
                                  VwGH, VfGH, EuGH

          IMPRESSUM: ÖGZ. Österreichische Gemeinde-Zeitung Ausgabe Nr. 9/2010. Medieninhaber und Herausgeber: Österreichischer Städtebund, 1082 Wien, Rathaus, www.staedtebund.gv.at,
          oegz@staedtebund.gv.at, Tel. +43(0)1/4000-89993, Leitung: Generalsekretär Dr. Thomas Weninger • Verleger: Bohmann Druck und Verlag Gesellschaft m.b.H.&Co.KG, Leberstraße 122, 1110 Wien,
          Geschäftsführer: Dr.in Gabriele Ambros, Gerhard Milletich, Chefin vom Dienst: Mag.a Alexandra Khoss, Tel. +43(0)1/740 32-746, Fax: +43(0)1/740 32-768, alexandra.khoss@redaktion-wien.at, Grafik: Martin
          Hampejs, Mitarbeit: Marizela Hrcan, Tel.: +43(0)1/4000-89993, Fax: +43(0)1/4000-7135 • Reproduktion: Repromedia Druckges.m.b.H. Nfg. KG, Leberstraße 122, 1110 Wien • Druck: Ueberreuter Print
          GmbH, 2100 Korneuburg, Industriestraße 1 • Auflage: 6.000 • Erscheinungsweise 2010: 10 Ausgaben • Cover: Getty Images, Copyright für nicht (anders) bezeichnete Fotos: Österreichischer Städtebund •
          Zum Nachdruck von Veröffentlichungen aus der ÖGZ ist ausnahmslos die Genehmigung der Redaktion einzuholen. Namentlich gezeichnete Beiträge geben die Meinung der/des Verfassenden wieder, die sich
          nicht unbedingt mit jener der Redaktion bzw. der Position des Städtebundes decken muss. Die Redaktion der ÖGZ bekennt sich zum Einsatz einer geschlechtergerechten Sprache in allen Artikeln und Beiträgen.
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          EDITORIAL
          GENERALSEKRETÄR

                                                         www.mediendienst.com, Wilke

          Zukunftswerkstatt Integration
          Nur eine gelungene Integration schafft die Grundlagen dafür, dass Österreich wettbewerbsfähig ist und es auch
          bleibt. Von einem pragmatischen Standpunkt aus betrachtet fallen die Kosten, die Nicht-Integration verursacht,
          bedeutend höher aus als jene, wenn Integration aktiv betrieben wird. Für die Städte und Gemeinden in
          Österreich ist eine erfolgreiche Integration lebenswichtig. Die Zukunft vieler Städte wird aufgrund der absehbaren
          demographischen Entwicklung multiethnisch sein und im Lebensraum vor Ort wird sich als erstes zeigen,
          inwieweit Strategien und Maßnahmen zur Integration erfolgreich waren.

          Gerade im Bereich der Integration benötigen die Gemeinden die Unterstützung des Bundes und der Länder.
          Im örtlichen Kontext entscheidet sich, ob die schulische Integration und die Integration in den Arbeitsmarkt
          gelingen wird, und wie sich das Zusammenleben gestaltet. Die Kommunen leisten hier bereits vorbildliche
          Arbeit. Vielfach fehlt es aber an den organisatorischen Voraussetzungen, um die vorhandenen Integrationsan-
          gebote vor Ort zeitnah und zielgenau an die Menschen zu bringen und sie erfolgreich zu gestalten. Aus diesem
          Grund entscheidet sich auch in den Städten die Zukunft der Integration in Österreich – die Städte und Gemein-
          den sind die Zukunftswerkstätten der Integration.

          Dr. Thomas Weninger
          Generalsekretär des Österreichischen Städtebundes

          4                                                                                                                    ÖGZ 9/2010
Zuwanderung im urbanen Raum - Städte und Gemeinden als Zukunftswerkstätten der Integration - Österreichischer ...
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          VORWORT
          PRÄSIDENT

                                                                                                                                             Stadt Wien, Kurt Keinrath
                       Durch gelungene Integration
                       gewinnen alle
                       Österreichs Städte zeichnen sich durch eine zunehmende soziale und kulturelle Vielfalt aus – Grund dafür ist nicht
                       zuletzt die Zuwanderung der vergangenen Jahrzehnte. Die zugewanderten MitbürgerInnen haben einen wichtigen
                       Beitrag zum wirtschaftlichen Erfolg des Landes geleistet und sind hier verwurzelt. Ohne ihren Beitrag würde das
                       österreichische Gemeinwesen in vielen Bereichen (z.B. im Gesundheitswesen) kaum noch funktionieren.
                       Zuwanderung ist eine Bereicherung und Herausforderung für die Kommunen gleichermaßen. Denn das direkte
                       Lebensumfeld – Wohnen, Arbeitsplatz, Kinderbetreuung – spiegelt gelungene Integrationsarbeit wieder. Viele
                       Städte und Gemeinden stellen sich der Herausforderung bereits mit großem Engagement.

                       Dabei steht der Spracherwerb im Mittelpunkt, denn Sprache ist der Schlüssel zur Integration. Einerseits sind die
                       Herausforderungen im Bereich der Integration gemeinsam lösungsorientiert anzugehen, andererseits müssen
                       Potenziale und Chancen sichtbar gemacht werden, um sie besser nützen zu können. Auf diesem Weg kann
                       Benachteiligungen entgegengewirkt und der soziale und wirtschaftliche Aufstieg für alle genützt werden. Eine
                       gelungene Integration hat das Ziel einer Win-win-Situation für alle Seiten. Damit wird eine wichtige Basis für eine
                       gemeinsame Zukunft geschaffen.

                       Bürgermeister Dr. Michael Häupl
                       Präsident des Österreichischen Städtebundes

          www.staedtebund.gv.at                                                                                                              5
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         KOMMUNALNEWS
         SENIORENFREUNDLICHE                        LEOBEN FÜR STÄDTEPARTNERSCHAFT AUSGEZEICHNET
         GEMEINDEN GESUCHT                          Seit 15 Jahren führt die obersteirische Montanstadt eine aktive und fruchtbare Städte-
         Gemeinden können sich jetzt bewer-         partnerschaft mit der chinesischen Millionenmetropole Xuzhou. Auf der Weltausstellung
         ben! Bereits zum vierten Mal vergeben      EXPO 2010 in Shanghai, auf der Leoben als einzige österreichische Stadt vertreten war,
         der Pensionistenverband und die Volks-     konnte die Partnerschaft weiter intensiviert werden. „Noch mehr chinesische Studenten
         hilfe die Auszeichnung „Senioren-          werden die Chance nutzen können, in Leoben zu studieren. Außerdem stehen die
         freundliche Gemeinde Österreich“ an        Chancen gut, dass Leobener Firmen beim Bau der U-Bahn in Xuzhou – im wahrsten
         Gemeinden, die sich durch ihr viel-        Sinne des Wortes – zum Zug kommen“, freut sich Bürgermeister Matthias Konrad.
         fältiges Engagement für die ältere Ge-     Diese langjährige und intensiv gelebte Partnerschaft wurde nun von der chinesischen
         neration besonders hervorheben. Die        Vereinigung für internationale Städtepartnerschaften ausgezeichnet. Insgesamt werden
         Gemeinden werden je nach Größe in          20 internationale Partnerschaften chinesischer Städte ausgezeichnet, wobei Leoben
         vier Kategorien eingeteilt. Neu ist        neben dem belgischen Bree die einzige europäische Stadt ist.
         heuer, dass pro Kategorie nur eine
         Gemeinde ausgezeichnet wird. Außer-
         dem gibt es erstmals einen Spezialpreis
         für besonders innovative Projekte. Alle
         BürgermeisterInnen und Sozialrefe-
         rentInnen sind herzlich eingeladen,
         ihre Aktivitäten darzustellen und sich
                                                    Freisinger

                                                    EUROPÄISCHER UMWELTPREIS
                                                    AN GRAZER FIRMA AEVG
                                                    Die Abfall-, Entsorgungs- und Verwer-
                                                    tungsGmbH (AEVG) in Graz wurde bereits
                                                    2009 vom Lebensministerium für ihr Um-
         für diese ehrenvolle Auszeichnung zu       weltmanagementsystem mit dem österreichi-
         bewerben. Anfang Oktober 2010 wer-         schen EMAS-Preis ausgezeichnet. Für die
         den anlässlich des „Internationalen        AEVG brachte dieser Erfolg eine Einladung
                                                                                                                                        www.ebae.at

         Tags der älteren Generation“ die von       der Europäischen Kommission zur Teilname
         einer kompetent besetzten Jury aus-        am Wettbewerb um den Europäischen Um-
         gewählten SiegerInnen verkündet. Die       weltpreis mit sich. Die „European Business Awards for the Environment“ werden
         Verleihung der Auszeichnung und die        alle zwei Jahre vergeben und zeichnen europäische Unternehmen, die einen besonderen
         feierliche Übergabe der Ortstafel „Se-     Beitrag zur nachhaltigen Entwicklung geleistet haben, aus. Von insgesamt 141
         niorenfreundliche Gemeinde 2010“           Bewerbern aus 24 EU- und Kandidatenländern wurde die AEVG in der Kategorie
         erfolgt in den jeweiligen siegreichen      „Management Award“ neben der britischen Findus Group und dem Unternehmen
         Gemeinden im Herbst 2010. Einsen-          ARÇELIK A.S aus der Türkei als Finalist nominiert. Bei der Preisverleihung am 2.
         deschluss für die Bewerbung ist der        Juni in Brüssel geht letztendlich die Findus Group als Kategoriesieger hervor.
         17. September 2010. Weitere Infor-         Dennoch sind die Geschäftsführer Walter Sattler und Jürgen Löschnig sehr stolz
         mationen und den Bewerbungsfolder          über einen „Stockerlplatz“ und die sehr hohe Auszeichnung auf europäischer Ebene.
         finden Sie unter www.volkshilfe.at         Mehr zum Europäischen Umweltpreis und zur AEVG auf www.ebae.eu und
         und www.pvoe.at.                           www.aevg.at.

         6                                                                                                                     ÖGZ 9/2010
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         KOMMUNALNEWS

                                                                                                    WIENFLUSS-RADWEG
                                                                                                    Der Wienfluss-Radweg wird ab Ende 2010 eine Verbindung zwi-
                                                                                                    schen Auhof und Kennedybrücke ermöglichen. Im Jahr 2006 ist
                                                                                                    von der MA 45 (Wiener Gewässer) im Bereich der Wehranlage
                                                                                                    Auhof bis zum Hackinger Steg der erste Abschnitt des neuen
                                                                                                    Radwegs fertiggestellt worden. Bis zum
                                                                                                    Jahresende ist nun die Errichtung
                                                                                                    eines Weges im Wienflussbett
                                                                                                    durch die MA 29 (Brücken-
                                                                                                    bau und Grundbau) mit
                                                                                                    Unterstützung der MA
         Stadt St. Pölten

                                                                                                    45 bis zur Kennedy-
                                                                                                    brücke geplant. Dieser
                                                                                                    neue Weg wird nicht
         ARCHÄOLOGISCHE GRABUNGEN                                                                   nur für RadfahrerInnen,
         AM DOMPLATZ VON ST. PÖLTEN                                                                 sondern auch für
         Als Voraussetzung für die Neugestaltung des Domplatzes in                                  FußgängerInnen benutz-
         St. Pölten werden derzeit, um den aus dem Bodendenkmalschutz                               bar sein. Alle wichtigen
         sich ergebenden gesetzlichen Anforderungen zu genügen,                                     Radrouten und Brücken wer-
         flächendeckend archäologische Grabungen durchgeführt. Aus                                  den mit dem Wienfluss-Radweg
         früheren Erkundungsgrabungen ist bekannt, dass sich am Dom-                                verbunden sein. Eine Vielzahl an Rampen
         platz ein zumindest ab der Mitte des 11. Jahrhunderts genutzter                            und Stiegen soll einen möglichst benut-

                                                                                                                                                         Bilderbox
         Stadtfriedhof befindet, sowie Bauwerksreste von der römischen                              zerfreundlichen Zugang ermöglichen. Die
         Antike bis ins Mittelalter zu erwarten sind. Heuer wird ein                                Baukosten betragen 5,3 Millionen Euro.
         Abschnitt im Ausmaß von 1.000 m² (ca. 18 Prozent der Platz-
         fläche) am Ostrand des Platzes, entlang der Bistumsgebäude
         und an der Portalseite der Domkirche untersucht werden.

                                                                                                                                               656/
                                             Equal Pay Day am 29. September
                                                                                                                                         '(5
                                                                                                                                                           )/8*
                                               Frauen verdienen im Schnitt 25 Prozent weniger

                                                                                                                                                 + 1 ( ( 3
                                                                                                                          *

                                               als ihre männlichen Kollegen. Damit liegt Öster-
                                                                                                                                         7  6 &
                                                                                                                    66,

                                               reich im EU-Schnitt nur noch vor Estland an                                        /(,& +
                                                                                                                                             )h5 '(1
                                                                                                       3$.7 5$7,21(// =89(5/b

                                                                                                                                                    7=
                                               vorletzter Stelle im EU-Ranking zur Gehaltsgleich-
                                               stellung. Im Gender Gap Report 2009 liegt Öster-
                                               reich bei der ökonomischen Gleichstellung auf                                      352),(,16$
                                               dem 103. Platz. Der Equal Pay Day, der Tag der
                      Bilderbox

                                               Entgeltgleichheit von Frauen und Männern, wird
                                               im Jahr 2010 auf den 29. September fallen. An
              diesem Tag haben unselbständig beschäftigte Männer das verdient, was Frauen
              erst am Jahresende auf ihrem Lohnkonto haben werden.
              Zahlreiche Aktionen geplant
              Bereits im Vorjahr gab es Gespräche im Frauenausschuss, eine gemeinsame
              Aktion zum Equal Pay Day zu veranstalten. Beim letzten Frauenausschuss in
              Villach wurden dann Nägel mit Köpfen gemacht und vereinbart, eine gemeinsa-
              me Aktion umzusetzen. Ziel der Aktion, die vom Frauenbüro Villach mit den
              Frauenbeauftragten abgestimmt und gemeinsam mit einer Agentur erarbeitet
              wurde, ist es einerseits, auf diesen Umstand hinzuweisen, und andererseits
                                                                                                               .20

              konstruktive Vorschläge zu unterbreiten, wie dieser Ungerechtigkeit entgegen-
              gewirkt werden kann. Dazu wurde eine kurz und prägnant formulierte Resolution
              ausgearbeitet. In den Kommunen werden Postkarten mit Forderungen an
              PassantInnen verteilt. Diese können dann an PolitikerInnen, Unternehmen, den            )UDQ] +DXHU *PE+ &R.*
                                                                                                      $ 6WDW]HQGRUI :HUNVVWUD‰H 
              Werberat, etc. versendet werden. Zudem haben sich einige Gemeinden noch
                                                                                                                                                                         Promotion

                                                                                                      7HO  )D[': 
              weitere Aktionen einfallen lassen. Frau/man darf gespannt sein.                         HPDLO LQIR#KIOFRDW ‡ ,QWHUQHW ZZZKIOFRDW

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          INTEGRATION
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          Was meinen die Menschen,
          wenn sie „Integration“ sagen?
          Der gesellschaftliche Diskurs hat die Begriffe Integration und Inklusion geprägt. Die hinter dem
          Diskurs stehende Praxis lebt aber auch von Separation und Assimilation. Ein Deutungsversuch.
                                                                           Tom Schmid, Institutsleiter SFS - Sozialökonomische Forschungsstelle

          Die gängige Praxis von Sozialarbeit und        in eine gemeinsame Lebenswelt, sondern         klusionen. Diese verursacht in der Regel
          Sozialpolitik ist die Arbeit mit Menschen,     mit Ausgrenzung in eine spezialisierte         schwer bis nicht mehr korrigierbare Schä-
          die wir gerne als „ausgegrenzt“ bezeichnen.    Welt des „Andersseins“ oder mit Anpas-         digungen der Betroffenen und ihrer Bio-
          Der dabei vorherrschende Diskurs hat           sung in „Normales“ zu tun. Wir handeln         grafien. Ausgrenzung gibt es, so lange es
          die Begriffe „Integration“ und „Inklusion“     in unserem sozialpolitischen Alltag mit        Gesellschaft gibt, aber die Formen ändern
          geprägt. Die hinter dem Diskurs stehende       den vier Begriffen Inklusion, Integration,     sich über die Jahrhunderte. Exklusion
          Praxis lebt aber auch von „Separation“         Separation und Assimilation – und noch         kann als Verlust von Interdependenzbe-
          (z.B. in spezielle Einrichtungen wie Son-      stärker mit den Prozessen und Praktiken,       ziehungen beschrieben werden; somit
          derschulen, geschützte Werkstätten, spe-       die hinter den Begriffen stehen –, ohne        wird sie nicht nur zum Problem für die
          zielle Wohngemeinschaften, Heime und           uns Gedanken über Bedeutung und Un-            betroffenen Individuen, sondern auch für
          Sonderkliniken) und von „Assimilation“,        terschiede der vier Begriffe zu machen.        die Gesellschaft: diese verliert gewisser-
          also geschütztes Unterbringen oder öf-         Der vorliegende Artikel will hier einen        maßen an vergesellschaftender Kraft. Eine
          fentliches Anpassen an Stelle von Inte-        Deutungsversuch anbieten.                      Gesellschaft, die viele ihrer Mitglieder
          gration in eine Gesellschaft, die das An-                                                     zum „Anderssein“ verurteilt, die zahlreiche
          derssein als „normale“ Praxis ihrer Existenz   Ausgrenzung bzw. Exklusion                     Menschen ausschließt, verliert an innerem
          begreifen würde. Oft haben wir es daher        Ausgangspunkt ist die Analyse gesell-          Zusammenhalt und muss diesen durch
          in der täglichen Praxis nicht mit Inklusion    schaftlicher Ausgrenzungen bzw. von Ex-        hohen Aufwand wieder herstellen.

          8                                                                                                                               ÖGZ 9/2010
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          Exklusion – die „abweichende                  im Ausschluss von wesentlichen Teilha-      Denn Exklusion ist nicht nur ein Zustand,
          Mehrheit“                                     bemöglichkeiten an der Gesellschaft nie-    sondern immer auch eine Folge von Stra-
          Bei den Begriffen „Exklusion“ und „Un-        derschlägt.“ (Kronauer 2002:11) 4 .         tegie. „Besonders das Beispiel der Ab-
          derclass“ handelt es sich um Metaphern        „Schließlich unterscheidet sich der Ex-     weichung zeigt, dass die Ideologie des
          der gesellschaftlichen Transformation.        klusionsbegriff vom herkömmlichen Ar-       Andersseins noch immer dazu herhalten
          „Sie beziehen sich auf gesellschaftliche      mutsverständnis, aber in diesem Punkt       muss, die einer bestimmten Phase der
          Veränderungen, die die historischen For-      auch vom Underclass-Begriff darin, dass     technisch-industriellen Entwicklung am
          men des Zusammenlebens, wie sie sich          er auf den Prozesscharakter von Ausgren-    besten entsprechende Form der Kontrolle
          in der Nachkriegszeit herausgebildet hat-     zung abhebt. Dies in einem doppelten        zu sanktionieren. (... Denn) die alte be-
          ten, grundlegend und nachhaltig in Frage      Sinn: Exklusion verweist zum einen auf      wachend-strafende Ideologie erweist sich
          stellen. In diesem Sinne einer historischen   gesellschaftliche Instanzen (Strategien     in der Tat als unzureichend für eine der
          Zäsur wäre es dann auch möglich, von          von Unternehmen, institutionelle Rege-      Entwicklung des Kapitals adäquate totale
          einem Ausgrenzungsproblem zu sprechen,        lungen und Verfahrensweisen, soziales       Kontrolle.“ (Basaglia/Basaglia-Ongaro,
          ungeachtet der Vielfalt von Manifesta-        Verhalten), die Ausgrenzung bewirken.       1972:31)6. Bei Ausgrenzung geht es um
          tionen, die es in den verschiedenen Län-      Dabei zwingt der Ausgrenzungsbegriff        Verteilung (oder Nichtverteilung) und
          dern annimmt. Dadurch, dass sie die           dazu, den Blick auf die Erosion sozialer    es geht um Ordnung – um die Schaffung
          Qualität gesellschaftlicher Beziehungen       Sicherheit und die wieder zunehmende        oder Absicherung einer gesellschaftlichen
          und deren Gefährdung ins Zentrum der          Prekarität in der Erwerbsarbeit, somit      Ordnung, die die Interessen der Mehrheit
          Aufmerksamkeit rücken, unterscheiden          auf die Abstufung sozialer Gefährdung       bestmöglich absichert. Mit allen sozialen
          sich die Begriffe Exklusion und Underclass    zu richten. Zum anderen lenkt er das        Konsequenzen. Ausgrenzung schafft Ar-
          grundlegend von herkömmlichen Defi-           Augenmerk auf die biografische Kumu-        mut und Armut begründet Ausgrenzung
          nitionen der Armut, die sich am Mehr
          oder Weniger der Einkommensverteilung
          orientieren.“ (Kronauer 2002:37)1
          Exklusion, ein Begriff, der 1989 unter
          dem Motto „Kampf dem sozialen Aus-
          schluss“ von der Europäischen Kommis-
          sion in den politischen Sprachgebrauch
          eingeführt wurde, nimmt Personen in
          den Blickwinkel, die außerhalb der Ge-
          sellschaft stehen oder gestellt wurden.
          Exklusion ist am ehesten mit „sozialer
          Ausgrenzung“ zu übersetzen und umfasst
          nicht nur Armut, sondern auch langan-
          dauernde Arbeitslosigkeit, die Zugehö-
          rigkeit zu einer ausgegrenzten Minderheit
          oder regionale Ausgrenzung. Ein Bericht
          der Europäischen Kommission (Com-
          mission of the European Community,
          1993, zitiert bei Kronauer, 2002:9f )2 ver-
          sucht eine Definition von „Social Exclu-
          sion“: „ ‚Poverty‘ was no longer the right
                                                        Mauritius

          word. The phenomenon was not simply
          related to material wealth, or lack of it,
          but involved a complicated interaction        lation, das sukzessive Ineinandergreifen    und schafft Armutslebenslagen: „There
          between – wealth, certainly – but also        von Ausgrenzungsfolgen und -erfahrun-       is a language of the poor, a psychology
          access to social rights, attachment to the    gen. Exklusion bezeichnet somit Zustand     of the poor, a world view of the poor. To
          labour market, the strength of informal       und Prozess, Wirkkraft und Wirkung zu-      be impoverished is to be an internal
          networks.“3 In dem Begriff der sozialen       gleich.“ (Kronauer 2002:18)5 Die Dis-       alien, to grow up in a culture that is ra-
          Ausgrenzung sind vor allem zwei Aussagen      kussion der Exklusionsprobleme ist vor      dically different from the one that domi-
          enthalten: „ … dass anhaltende Arbeits-       dem doppelten Hintergrund wachsender        nates society.“ (Harrington, Zitiert bei
          losigkeit, Unterbeschäftigung und Armut       Arbeitslosigkeit bzw. anderer Notzustände   Kohli, 1999:116)7. Doch darf Ausgren-
          eine neue gesellschaftliche Spaltung her-     und einer Diskussion über die knapper       zung nicht auf Armutslebenslagen be-
          vorbringt, und dass sich diese Spaltung       werdenden öffentlichen Mittel zu führen.    schränkt werden. Denn von gesellschaft-

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          INTEGRATION

          licher Exklusion betroffen zu sein (zu wer-     zu realisieren. Ausgrenzung schafft Armut      die Vielfalt von Integrationsangeboten an-
          den), ist in einer Vielfalt von Ausgangslagen   und Armut begründet Ausgrenzung und            zunehmen oder nicht. Gemeinsames
          zu finden und zeigt eine Vielfalt von be-       schafft Armutslebenslagen. Ziel des in den     Grundprinzip von Sozialarbeit und Son-
          troffenen Gruppen. Zuzurechnen sind in          achtziger Jahren des 20. Jahrhunderts ent-     derpädagogik müsste demnach die Einlö-
          der Regel langzeitarbeitslose und woh-          standenen Inklusions-Diskurses ist die         sung des demokratischen Rechts auf An-
          nungslose Menschen, ArbeitsmigrantInnen         Schaffung von Möglichkeiten der gesell-        derssein sein, das auch die Gleichberech-
          und ExilwerberInnen, psychisch kranke           schaftlichen Teilhabe aller Menschen. In-      tigung bei der Sicherstellung sozial- und
          und behinderte Menschen, aber auch kin-         klusion ist die auf Grund der Analyse ge-      bildungspolitischer Qualitätsstandards ga-
          derreiche Familien oder AlleinerzieherInnen.    sellschaftlicher Exklusionen entwickelte       rantiert. Diese Standards sollten sich an
          Auch Menschen, die in Anstalten unter-          Strategie der Schaffung gesellschaftlicher     der Vielfalt individueller und kultureller
          gebracht sind (neben Gefängnissen ist hier      Zugehörigkeit. Diese stellt sich wesentlich    Verschiedenheiten und Kompetenzen ori-
          vor allem an die geschlossene Psychiatrie       über Einbindungen in Sozialbeziehungen         entieren und nicht von als unveränderbar
          zu denken), sind gesellschaftlich ausge-        her, die auf Wechselseitigkeit beruhen: in     diagnostizierten ‚Defekten‘ im sozial isoliert
          schlossen. Neben der Geldarmut ist der          der Erwerbsarbeit, in informellen sozialen     klassifizierten Individuum abhängig gemacht
          gesellschaftliche Ausschluss, die gesell-       Verpflichtungen, in persönlichen Nahe-         werden.“ (Hovorka, 2000:304)10. Inklusi-
          schaftliche Nicht-Teilhabe das eigentliche      beziehungen – und zwar nicht auf der           onsstrategien11 richten sich an Gleichbe-
          Problem. Die Barrieren zwischen den Aus-        Ebene der vereinzelten Individuen, sondern     richtigung (nicht Gleichartigkeit, gemeint
          geschlossenen und der Gesellschaft sind         auf Ebene vorgeformter gesellschaftlicher      ist also parité, nicht egalité) in allen Le-
          vielfältig, sie können materiell sein (denken   Beziehungen. Inklusion ist als Begriff von     benswelten und konkreten biografischen
          wir etwa an die Treppen, die einer bewe-        Talcott Parsons in Anschluss an Thomas         Lebensvollzügen aus. Inklusion kann nicht
          gungsgehinderten Person den Eintritt/Zu-                                                       ohne das Verstehen gesellschaftlicher In-
          gang verunmöglichen) oder mental (das                                                          teressen und Interessenslagen gedacht wer-
          Gefühl des „Nicht-Dazugehörens“ wird                                                           den. Ein „Herausfallen aus der Gesellschaft“
          nicht nur in ausgesprochenen Mobbingsi-                                                        ist undenkbar. Auch die aus der Gesellschaft
          tuationen von denen, denen es gilt, über-                                                      Ausgeschlossenen leben weiter in der Ge-
          deutlich erlebt) oder finanziell (der Aus-                                                     sellschaft: An ihren Rändern, in Nischen,
          schluss vom Konsum der Dinge, die Je-                                                          in innerer Zurückgezogenheit oder – nicht
          dermann – und Jedefrau – zu konsumieren                                                        zu selten – in Anstalten. Es gilt also die
          hat, trifft auch hart). Gemeinsam ist diesen                                                   Wechselwirkung von Zugehörigkeit und
          Situationen des Ausschlusses die „Strafe“                                                      Ausschluss in ihrem gesellschaftlichen Zu-
          des Anders-Seins. Gesellschaftlicher Aus-                                                      sammenhang zu denken und damit in
          schluss von Lebenschancen ist oft mit der                                                      ihren gesellschaftlichen Funktionen. So
          individuellen Erfahrung des Scheiterns,                                                        gilt zu fragen, wer gewinnt durch Zuge-
          des Versagens, verbunden: an gesellschaft-                                                     hörigkeit, wer gewinnt durch Ausschluss?
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          lichen Erwartungen und Anforderungen
          zu scheitern. „Der Fluchtpunkt sozialer                                                        Exklusion, Separation, Integration,
          Ausschließungsprozesse ist die Nutzlosigkeit                                                   Assimilation und Inklusion
          – als soziale Zuschreibung und als Le-          H. Marshall zur Bezeichnung graduell un-       Auf Grund der bisherigen Überlegungen
          bensgefühl zugleich.“ (Kronauer 2001:51)8.      terschiedlich starker Formen der wertge-       können die folgenden fünf verschiedenen
          Unerbittlich wiederholende Erfahrung des        stützten Sozialintegration moderner Ge-        Formen gesellschaftlicher Stellungen dis-
          Scheiterns (zuerst in der Schule, dann auf      sellschaften (siehe Malowetz, 2002:56)9        kutiert werden: Exklusion, Separation,
          dem Arbeitsmarkt), die jede vernünftige         entwickelt worden.                             Integration, Assimilation und Inklusion
          Antizipation der Zukunft verbietet oder         Gesellschaftliche Zugehörigkeit und Teil-      (diese Darstellung folgt einer Idee von
          entmutigt: das verhärtet die Exklusionser-      habe ist mehrdimensional und schließt          Grusch, 200812 ; siehe auch Schmid,
          fahrungen. Exklusion wird so zur erlebten       ökonomische, kulturelle, politisch-institu-    200813). Denn die Gesellschaft hat ver-
          Exilierung innerhalb der Gesellschaft.          tionelle, soziale und zivilgesellschaftliche   schiedene Strategien, mit gesellschaftlichem
                                                          Beziehungen ein. Inklusionsstrategien rich-    „Anderssein“ umzugehen, und jede dieser
          Inklusionsstrategien                            ten sich immer auf mehr als auf bloße          Strategien hat ihre Vorteile und ihre Nach-
          Inklusionstrategien richten sich immer auf      Verminderung von Armut. Aber „gemeint          teile. Es geht daher nicht von Vornherein
          mehr als auf bloße Verminderung von Ar-         ist damit keine überpädagogisierende           darum, die einzelnen Strategien zu be-
          mut. Inklusion und Exklusion bilden eine        Zwangsbeglückung zu einer gesellschaftlich     werten (wiewohl diese Bewertung im je-
          gegenbegriffliche Einheit; Inklusion ist        fragwürdigen Normalität, sondern eine so-      weiligen konkreten politischen Diskurs
          ohne gleichzeitige Exklusion nicht sinnvoll     ziale Grundlagen-Ethik, die ihren Ziel-        unabdingbar ist), sondern sie vergleichend
          zu denken, geschweige denn gesellschaftlich     gruppen auch die Wahlfreiheit zugesteht,       zu analysieren.

          10                                                                                                                              ÖGZ 9/2010
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          INTEGRATION

          Diese fünf Strategien können wie folgt grafisch dargestellt werden:

                 Exklusion                  Separation                  Integration                   Assimilation                  Inklusion

          Diese fünf gesellschaftlichen                 Separation                                        Assimilation
          Strategien sollen nun kurz diskutiert         Hier werden Gegengesellschaften geschaffen,       Assimilation erfordert, dass die Unter-
          werden.                                       diese bleiben unter sich, sind aber der           schiede, die unterscheiden, (normativ) zu
                                                        „Hauptgesellschaft“ hierarchisch unterstellt      verschwinden haben (in der Regel auf
          Exklusion                                     (z.B. „schwarze“ Communities in den USA           Druck der „Mehrheit“. In verschiedenen
          Exklusion bedeutet, dass Menschen (dau-       der Siebziger Jahre des letzten Jahrhunderts).    Diskursen, insbesondere im „Ausländer-
          erhaft oder zeitweise) aus der Gesellschaft   Separation kann das Problem des Ausschlusses      Innendiskurs“ wird „Integration“ gesagt,
          ausgeschlossen werden. Die Grenzen            verdecken, aber nicht lösen. Hier gilt aber       aber „Assimilation“ gemeint). Assimilation
          dieses Ausschlusses sind (zumindest je        das „Etablierte-Außenseiter-Problem“              lässt hierarchische Unterschiede weiter be-
          Zeitpunkt) starr. Elias und Scottson haben    (Elias/Scottson 1990)15 nicht. Auch die Au-       stehen, denn Assimilation heißt Einord-
          das bereits in den vierziger Jahren des       ßenseiter sind miteinander vernetzt. Beide        nung im Sinne von Unterordnung. Assi-
          letzten Jahrhunderts dargestellt: die Eta-    Gruppen leben aber in getrennten und              milation heißt Anpassung. Das kann als
          blierten (Insider) sind miteinander ver-      hierarchisch geordneten Welten mit wenig          „Normalisierung“ im alten Sinn (alles
          bunden, die Außenseiter voneinander           Berührungspunkten. Es entstehen separierte        wird unter eine Norm gebogen) gelesen
          isoliert (vgl. Elias/Scottson 1990)14.        Sub-Gesellschaften, diese sind aber nicht         werden. Aber wenn Normalisierung heißt,
          Dauerhafte oder lang andauernde Ex-           krisenfest, d.h. anfällig gegenüber gesell-       „es ist normal, verschieden zu sein“, ist
          klusion bringt, wie bereits dargestellt,      schaftlichen Erschütterungen. Sie können          Assimilierung nicht die taugliche Strategie.
          gesellschaftliche und individuelle Gefahren   daher (potentiellen) gesellschaftlichen Spreng-   Der Sinn von Assimilation könnte in der
          mit sich. Gefahren für die Ausgegrenzten      stoff bergen (z.B. radikalislamische Gesell-      Überwindung von Verschiedenheitsmerk-
          sind v.a.: Untergraben der Lebensfähig-       schaften in reichen Ländern).                     malen, die dauerhafte Ausgrenzung be-
          keiten, materielle Not, Unsicherheit und                                                        wirken (können), liegen, oder in der Über-
          Perspektivlosigkeit, Radikalisierung (in      Integration                                       windung der historischen Rahmenbedin-
          der Funktion des „Anderen“). Gefahren         Integration schließt das „Recht auf               gungen, die die jeweilige Verschiedenheit
          für die „große Mehrheit“ der Gesellschaft     Anderssein“ mit ein (siehe Hovorka                begründet haben (siehe z.B. die Assimilation
          sind v.a.: Beschränkung von (öffentlichen     2000:304)16. Sie schafft keine Gegenge-           der nationalen Minderheit der „Wiener
          und privaten) Ressourcen, befürchtete         sellschaft, aber das „bewusste Andere“ in-        Tschechen“ in der ersten Hälfte des 20.
          Beschränkungen, (befürchtete) Gefähr-         nerhalb der Gesellschaft. Integration ist         Jahrhunderts).
          dung der gewohnten Ordnung, (befürch-         eine Strategie der Ausgegrenzten. Integra-
          teter) Veränderungsdruck, Radikalisierung     tion beinhaltet aber auch die Sehnsucht           Inklusion
          (in der Funktion der „schweigenden            nach „umgekehrten Privilegien“, z.B.              Inklusion lässt die Unterschiede nicht
          Mehrheit“) und damit „Einfallstor“ für        „nichts für uns ohne uns“ (Independent            verschwinden. Aber es sind keine „Un-
          politischen Populismus.                       Movement) oder „positive Diskriminie-             terschiede, die unterscheiden“ (Spencer-
          Wenn die Probleme, die durch Exklusion        rung“ (Gender Mainstreaming). Integra-            Brown 1997)17 mehr. Durch Inklusion
          entstehen, zu groß werden, sind politische    tion, so meine These, führt nicht zu einer        längs eines unterscheidenden Merkmales
          Handlungen erforderlich. Es kann auf          nicht-segmentierten Gesellschaft, sondern         wird der Blick auf andere exkludierende
          zwei Ebenen gehandelt werden: auf der         zum Weiterleben des „Anderen“ in der              Faktoren frei. Inklusion kann die Be-
          Ebene realer Veränderungen und auf der        Gesellschaft („es ist normal, verschieden         schränktheit des Armutsbegriffes über-
          Ebene symbolischer Veränderungen. In          zu sein“), allerdings ohne Grenzen zwischen       winden, verschiedene ausgrenzende Fak-
          der gelebten Wirklichkeit gibt es oft         dem „Anderen“ und dem „Rest“ der Ge-              toren kennzeichnen und bearbeitbar
          einen Mix.                                    sellschaft.                                       machen. (Erst) wenn die „Unterschiede,

          www.staedtebund.gv.at                                                                                                                  11
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          INTEGRATION

          die unterscheiden“, verschwunden sind,                                                      entierung und Daten liefern. Die zentrale
          wird der Blick auf andere Unterschiede                                                      Frage soll zum Schluss gestellt werden:
          frei. Inklusion dürfte daher dieselbe Funk-                                                 Was stört uns eigentlich an der Ausgren-
          tion haben wie der Horizont: Man erreicht                                                   zung / an den Ausgrenzungen? Und wie
          ihn nie, aber er gibt Richtung an und er-                                                   könnte ein gesellschaftlich verträglicher
          möglicht, dass man unterwegs das eine                                                       Gegenauftrag formuliert werden? Sepa-
          oder andere Problem löst. „Inklusion“                                                       ration, Integration, Assimilation und In-
          unterscheidet sich von den anderen hier                                                     klusion kann jeweils ein taugliches Ant-
          besprochenen Begriffen, gesellschaftliche                                                   wortkonzept sein. Es kommt tatsächlich
          Unterschiede begrifflich zu fassen, dadurch,                                                „nur“ auf die Fragestellung an.        ■
          dass (nur) sie eine multidimensionale Be-
          trachtungsweise erlaubt: Wenn der be-                                                       1 Kronauer, Martin (2002): Exklusion. Die Gefähr-
                                                         Picturedesk

          trachtete „Hauptunterschied“ in der ana-                                                    dung des Sozialen im hoch entwickelten Kapitalismus.
          lytischen Betrachtung wegblendbar ge-                                                       Frankfurt/Main – New York.
                                                                                                      2 Kronauer (2002).
          macht wird, kann der Blick auf andere                                                       3 Kronauer (2002).
          (ebenso unterscheidende) Dimensionen           rungsgrundlage und formuliert egalité        4 Kronauer (2002).
          geöffnet werden, somit werden auch diese       als Ziel. Integration geht vom Differenz-    5 Kronauer (2002).

          bearbeitbar. Wenn durch Inklusion z.B.         ansatz und Inklusion vom Ansatz gesell-      6 Basaglia Franco / Basaglia Ongaro Franca (1972):

          der Unterschied „Inland – Nichtinland“         schaftlicher Festsetzung von Ungleich-       Die abweichende Mehrheit. Die Ideologie der totalen
          verschwunden ist, das heißt, wenn aus          heiten aus; beide formulieren parité als     sozialen Kontrolle. Frankfurt/Main.
                                                                                                      7 Kohli, Martin (1999): Ausgrenzungen im
          dem/der „Integrationsbeauftragten“ ein/e       Ziel. So kann diese Überlegung auf alle      Lebenslauf; in: Herkommer, Sebastian: Soziale
          „Problembeauftragte/r“ wird, kann der          Probleme des „gleich - ungleich“-Problems    Ausgrenzungen. Gesichter des neuen Kapitalismus,
          Blick auf andere unterscheidende Unter-        angewandt werden. Je nach Erklärung          Hamburg. S. 111 – 129.
          schiede (z.B. „Frau – Nichtfrau“, „Arm –       des Unterschieds, der unterscheidet, also    8 Kronauer (2002).

                                                                                                      9 Malowetz, Karsten (2002): Die neuere Systemtheorie
          Nichtarm“) frei werden. Erst dann können       je nach Problem und Forschungsfrage
                                                                                                      und das Konzept der sozialen Exklusion; in: Berliner
          (viele) „Ausländerprobleme“ als Probleme       gibt es eine Antwort, die tauglicher ist     Debatte Initial 1/02, Berlin. S. 55 – 66.
          sozialer Schichten oder als Probleme ge-       als die jeweils anderen.                     10 Hovorka, Hans: Gemeindenahe schulübergreifende

          sellschaftlicher Geschlechter bearbeitet                                                    Integration(spädagogik): Eine bildungs- und sozialpo-
          werden.                                        Inklusionsforschung                          litische Herausforderung; in: Hovorka, Hans/Sigot,
                                                         Inklusionsforschung erfordert, immer         Marion (Hrg.): Integration(spädagogik) am Prüf-
                                                                                                      stand. Menschen mit Behinderungen außerhalb von
          Modelle von Verschiedenheit                    gleichzeitig auch Exklusionsforschung zu     Schule, Innsbruck-Wien-München, 2000.
          Es gibt verschiedene Modelle von „Ver-         sein. Sie ist notwendigerweise immer so-     11 siehe dazu auch Eberwein/Sasse, 1998

          schiedenheit“. Dabei muss von (verschie-       wohl empirische wie theoretische For-         12 Grusch, Eva (2008): Selbstbestimmtes Leben am

          denen) Erklärungsmodellen von Unter-           schung und muss immer auch die anderen       Beispiel der Selbsthilfegruppe „die Aktiven“. St. Pölten
          schieden ausgegangen werden. Je nach           Möglichkeiten (Separation, Integration,      (Diplomarbeit).
                                                                                                      13 Schmid, Tom (2008): Inklusion – Exklusion. St.
          dem, wie Unterschiede theoretisch be-          Assimilation) mitdenken. Exkludierende
                                                                                                      Pölten (Referat bei einer internen Tagung des Ilse Arlt
          griffen werden, wird die Strategie der         Faktoren müssen in allen Dimensionen         Instituts für Soziale Inklusionsforschung im Oktober
          Antwort zu formulieren sein. Das kann          (Geld, Anerkennung, Stigma, Teilhabe,        2008).
          am Beispiel der Frauen-Männer-Gleich-          Zeit, etc.) erfasst werden. Der Blick ist    14 Elias, Norbert / Scottson, John L. (1990): Etablierte

          stellung gezeigt werden, wo es verschiedene    nicht auf Geldarmut zu beschränken           und Außenseiter. Frankfurt/Main.
                                                                                                      15 Elias, Norbert / Scottson, John L. (1990).
          Erklärungsansätze der Unterschiede zwi-        (siehe Schmid 2008a)19. Dabei ist die je-    16 Hovorka (2000).
          schen den sozialen Geschlechtern gibt          weilige Wahl der „richtigen“ Perspektive     17 Spencer-Brown, Georg (1997): Laws of Form. Ge-

          (siehe Bendl/Leitner/Rosenbichler/Walenta      zentral. Wenn der Ausgangspunkt Ex-          setze der Form. Lübeck.
          2007)18: der Gleichheitsansatz (Frauen         klusion, also „fremd sein“ ist, dann ist     18 Bendl, Regina / Leitner, Andrea / Rosenbichler, Ur-

          und Männer sind gleich), der Differenz-        zu beachten: „Fremdsein“ ist ein Konzept     sula / Walenta, Christa (2007): Geschlechtertheoreti-
                                                                                                      sche Perspektiven und Gender Mainstreaming. In:
          ansatz (Frauen und Männer sind ver-            ohne Gegenkonzept (denn „Wir“ ist kein       Bendl, Regina / Leitner, Andrea / Rosenbichler, Ursula
          schieden) und der Doing-Gender-Ansatz          Konzept im eigentlichen Sinn, sondern        / Schmid, Tom / Schörghuber, Karl / Walenta, Christa
          (die Unterschiede von Frauen und Männer        eine abgeleitete Restkategorie). Definiti-   (Hrg.): Qualitätsentwickung Gender Mainstreaming.
          sind gesellschaftlich konstruiert). Aber       onshoheit im Handeln über das „Konzept       Band 2: Grundlagen. Wien. S. 31 – 61.
                                                                                                      19 Schmid, Tom (2008a): Soziale Daseinsvorsorge: Er-
          es hängt auch davon ab, ob „gleich“ im         des Fremdseins“ zu erlangen, bedeutet,
                                                                                                      bringungsverantwortung oder Gewährleistungsverant-
          Sinne von egalité verstanden wird oder         Ausmaß, Bedrohung und Dauer der Aus-         wortung. In: Pantucek, Peter / Schmid, Tom / Vyslou-
          im Sinne von parité. Assimilation bei-         grenzung(en) zu bestimmen und gestalten      zil, Monika (Hrg.): Recht.SO. Menschenrechte und
          spielsweise als Strategie erfordert den        zu können. Politikberatung und daher         Probleme der Sozialarbeit. Festschrift für Karl Dvorak.
          Gleichheitsansatz als theoretische Erklä-      politiknahe Forschung soll(te) dazu Ori-     S. 60 – 78.

          12                                                                                                                                   ÖGZ 9/2010
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          INTEGRATION

          Wir wollen eine Rehabilitationskur
          für die Integration!
          Viele MigrantInnen sind von Österreichs Integrationsprogrammen enttäuscht.
          Denn sie haben meist nur Assimilation und Anpassung zum Ziel.
                              Simon Inou, Geschäftsführer von M-Media (www.m-media.or.at), Diversity Mediawatch Austria

          Fragen Sie MigrantInnen, was sie von der           Integrationsprozesses dar.“ Wirklich? Der
          Effektivität des Integrationsprogramms in          russische Opernstar Anna Netrebko spricht
          Österreich halten. Viele werden mit einer          kein Deutsch, hat aber problemlos die öster-
          Gegenfrage antworten: „Was ist Integration?        reichische Staatsbürgerschaft erhalten. Womit
          Ich habe davon gehört, aber Österreich will        der Integrationsprozess eigentlich enden
          uns dirigieren.“ Oder: „Österreichische In-        sollte, stellt für Netrebko den Anfang dar.
          stitutionen, die sich um dieses Thema küm-
          mern, beschränken sich auf die kulturelle          Rassismusbekämpfung als Funda-
          Ebene, und außerdem beschäftigen diese             ment erfolgreicher Integration
          Institutionen nur klassische ÖsterreicherInnen     Politische Parteien, Kirchen und NGOs
          in Entscheidungspositionen.“ Von den Mi-           sind Institutionen mit sehr breitem Spek-
          grantInnen selbst hört man also nicht viel         trum. Sie sind auch wichtige Bestandteile
          zum Thema Integration. Enttäuscht vom              des Integrationsprozesses. Vorwiegend po-
          politischen Diskurs und von den Politikern         litische Parteien können dazu beitragen,
          selbst, und frustriert, weil ihre Stimme nicht     MigrantInnen als weniger bedrohlich zu
          gehört und schon gar nicht verstanden wird,        sehen. Aber: Der politische Druck von
          sehen viele MigrantInnen bis jetzt nicht,          Rechtsextremistischen Parteien beeinflusst
          wo und wie angeblich existierende Integra-         radikal den sogenannten Integrationskurs.
          tionsprogramme in der Praxis realisiert wer-       Burka hier, Kopftuch da: das ist nur die
                                                                                                             Picturedesk

          den. Für viele ist dieser Begriff missbraucht      Spitze der Angst, die verbreitet wird, um
          worden und bedarf eine Rehabilitationskur.         alle für dumm zu verkaufen. Was oft im
          Jahrelang hat man den Begriff nur auf einige       Bereich Integration vergessen wird, ist die     Opernstar Anna Netrebko erhielt die
          Institutionen, die sich um MigrantInnen            Frage: Wie aufnahmefähig und wie offen          österreichische Staatsbürgerschaft, ohne
          kümmern sollen, beschränkt. Viele von uns          ist die Gesellschaft, in der wir leben? Ras-    der deutschen Sprache mächtig zu sein.
          sind sich einig: Integration gehört abgeschafft.   sismusbekämpfung ist das Fundament einer
          Dieses Wort ist synonym für Assimilation           erfolgreichen Integration. Dieses Thema         mit Menschen, die aufgrund ihres Aussehens
          und Anpassung. Im Nationalen Aktionsplan           wird im österreichischen Nationalen Akti-       sehr oft nur aus diesem Grund abgelehnt
          heißt es zum Thema Integration: „ … stellt         onsplan Integration nur sehr oberflächlich      werden. Würde die österreichische Wirtschaft
          der Erhalt der österreichischen Staatsbür-         thematisiert.                                   einen mutigen Schritt setzen und mehr Di-
          gerschaft den Endpunkt eines umfassenden                                                           versität in der Gesellschaft fordern, könnten
                                                             Wirtschaft sollte mehr Diversität in            wir hoffen, dass die Politik irgendwann
                                                             der Gesellschaft fordern                        folgen wird. Österreich braucht nicht nur
                                                             MigrantInnen sollten Chancen bekommen,          Gesetze und Institutionen, die Personen an-
                                                             sich in allen Bereichen der Gesellschaft wohl   derer Herkunft, Sprache, Hautfarbe oder
                                                             zu fühlen. In vielen österreichischen Firmen    Religion vor Diskriminierung bei Einstellung,
                                                             ist das nicht der Fall. Zum Beispiel in         Beförderung und Wohnungsvergabe schützen.
                                                             Firmen, wo MigrantInnen nicht einmal Be-        Gesetze müssen auch vollzogen werden.
                                                             triebsräte werden können. Warum sehen           Was in Österreich im Bereich Antidiskri-
                                                             wir kaum MigrantInnen an den Schaltern          minierung noch nicht wirklich der Fall ist.
                                                             von Banken oder Postämtern arbeiten? Wenn       Ob wir Alle es wollen oder nicht: Migrant-
                                                             wir MigrantInnen nur im Keller, in der          Innen haben mit Österreich vielleicht nicht
                                                             Küche oder im Lager arbeiten lassen, versäumt   dieselbe Vergangenheit, aber auf jeden Fall
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                                                             die österreichische Bevölkerung eine wichtige   dieselbe Zukunft. Daran müssen wir ge-
                                                             Chance: Den alltäglichen, normalen Kontakt      meinsam arbeiten.                          ■

          www.staedtebund.gv.at                                                                                                                      13
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          INTEGRATION

          Trotz guter Ausbildung schlechte
          Chancen am Arbeitsmarkt
          Es gibt große Bildungsfortschritte im Vergleich eingewanderter Eltern zu ihren
          Kindern, aber Schwierigkeiten, die Bildung am Arbeitsmarkt adäquat zu verwerten.
                                                             August Gächter, Projektleiter am Zentrum für Soziale Innovation, Wien

          Die seinerzeitigen GastarbeiterInnen sind    • Die im ehemaligen Jugoslawien ausge-            Unterschiedliche
          heute an der Schwelle zur Pensionierung.        bildete Elterngeneration hat zu rund           Bildungsbeteiligung
          Bildung spielte bei ihrer Anwerbung keine       53% höchstens nur die Pflichtschule            Wer nach der Pflichtschule die Bildung
          Rolle. Dem Vernehmen nach soll es sogar         absolviert; die dazugehörige, in Österreich    fortsetzen kann, hat in Österreich während
          Fälle gegeben haben, in denen die Kandi-        groß gewordene Jugendgeneration aber           des ganzen Lebens bessere Chancen und
          daten nicht ihre ganze Bildung angaben,         nur mehr zu 21%. Das ist eine Verrin-          auch die Kinder werden bessere Chancen
          um bessere Chancen auf Anwerbung zu             gerung um 32 Prozentpunkte.                    haben. Wer mit 18 oder 19 wieder fortsetzen
          haben. Trotz der geringen Bildung der        • Die in der Türkei ausgebildete Elternge-        kann, hat nochmals bessere Chancen. Das
                                                          neration hat sogar zu rund 86% höchstens       hängt aber, obwohl es nicht sollte, auch
                                                          nur die Pflichtschule (in österreichischem     vom Geschlecht ab. Die Bildungsbeteiligung
                                                          Sinn) absolviert, ein wichtiger Teil nicht     in der Altersgruppe 15 bis 24 ist also ent-
                                                          einmal das; die dazugehörige Jugendge-         scheidend wichtig.
                                                          neration aber nur mehr zu 43%. Das ist         • Einschließlich Lehre betrug sie 2009
                                                          eine Verringerung um 43 Prozentpunkte.            bei den Frauen, deren Mutter in Öster-
                                                       Diese Bildungsfortschritte sind enorm.               reich geboren wurde, rund 59%, bei
                                                       Man kann den Jugendlichen und ihren                  den Männern, deren Vater in Österreich
                                                       Eltern schwerlich vorwerfen, sie hätten              geboren wurde, nur 53%.
                                                       sich keine ausreichende Mühe gegeben.             • Am niedrigsten war die Bildungsbeteiligung
                                                       Für die Familien bergen Bildungsunter-               bei den Töchtern von Einwanderinnen
                                                       schiede übrigens ein gewisses Risiko, denn           aus der Türkei und bei den Söhnen von
                                                       sie erleichtern nicht immer die Kommu-               Einwanderern aus der Türkei und aus
                                                       nikation und das Verständnis zwischen                Serbien, nämlich jeweils um die 35%.
                                                       den Generationen. Trotz des starken Rück-         • Bei den Söhnen in Bosnien geborener
                                                       gangs der gering Gebildeten gibt es aber             Männer betrug sie um 40%.
                                                       noch immer einen großen Abstand zwischen          • Bei den Töchtern von in Serbien gebo-
                                                       der „zweiten Generation“ und den Gleich-             renen Frauen betrug sie dagegen fast
                                                       altrigen, deren Eltern nicht eingewandert            50%, und war die Mutter aus Bosnien,
          Corbis

                                                       sind, denn sie haben zu nur 8% höchstens             dann sogar um die 55%.
          Eine höhere Bildung sichert MigrantInnen     Pflichtschule absolviert. Bei der Bildung         • Bei allen anderen ist die Bildungsbetei-
          nicht immer einen besseren Arbeitsplatz.     der „zweiten Generation“ handelt es sich             ligung gleich hoch oder höher als bei
                                                       somit um einen typischen Fall von Glas               den Jugendlichen mit in Österreich ge-
          damaligen GastarbeiterInnen sind die         halb voll oder Glas halb leer. Da das                borenen Eltern.
          Durchschnittseinkommen in Österreich         typische Migrationsalter etwa zwischen 18         Am ehesten erklärungsbedürftig sind hier
          in den letzten 50 Jahren in ungeahnte        und 38 Jahren liegt, gibt es auch einen ju-       die großen Unterschiede zwischen den Ge-
          Höhen gestiegen. Es wird oft nicht aus-      gendlichen Neuzuzug. Aus den Nachfol-             schlechtern bei Serbien und Bosnien. Die
          reichend gewürdigt, wie unerwartet reich     gestaaten Jugoslawiens hat er zu 27% höch-        Bildungsbeteiligung der Jugendlichen mit
          Österreich parallel zur Einwanderung ge-     stens Pflichtschule absolviert, aus der Türkei    Eltern aus der Türkei ist zwar ebenfalls
          worden ist.                                  aber zu 69%. Beim früheren Jugoslawien            niedrig, aber trotzdem hoch im Vergleich
                                                       ist eine Angleichung in Richtung der Bil-         zur Bildung der Elterngeneration. Zweitens
          Große Bildungsfortschritte                   dung der in Österreich aufgewachsenen             zeigt sich, dass es in der „zweiten Generation“
          Die Kinder der einstmaligen Gastarbeiter-    „zweiten Generation“ zu beobachten, bei           zwischen 15 und 24 Jahren mit Eltern aus
          Innen stehen nun vor der Herausforderung,    der Türkei eine halbe-halbe Situation zwi-        der Türkei keinen Bildungsnachteil der Mäd-
          ihre Eltern zu übertreffen. Das gelingt      schen dem Bildungsniveau der Eltern- und          chen gegenüber den Burschen gibt. Drittens
          ihnen auch zu einem großem Teil.             der Jugendgeneration.                             muss man noch hinzufügen, dass es bei den

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          INTEGRATION

          Ausbildungstypen (Lehre, BmS, Matura,
          Uni) keine gravierenden Unterschiede zwi-
          schen den Geschlechtern gibt. Viele Be-
          fürchtungen stellen sich somit anhand der
          Daten als unbegründet heraus. Das verbreitete
          Gerücht, die „zweite Generation“ sei schlech-
          ter gebildet als die „erste“, beruht auf einem
          Missverständnis. In einem Bericht zu PISA
          2006 wurden 16-Jährige, die bei Aufent-
          haltsbeginn schon mindestens vier Jahre alt
          waren, als „erste Generation“ bezeichnet,
          solche, die jünger waren oder in Österreich
          geboren wurden, aber als „zweite Generation“.
          Die später zugezogenen 16-Jährigen wiesen
          etwas bessere Leistungen auf. Das klingt
          paradox: wer später zuzieht, schneidet schu-
          lisch besser ab? Dafür kann es allerhand
                                                           Corbis

          Gründe geben, aber einer ist, dass die Un-
          terscheidung zwischen jünger als vier Jahre      Das Bildungsniveau der „zweiten Generation“ ist im Vergleich zu deren Eltern sehr gestiegen.
          oder schon darüber, so plausibel sie aus dem
          Gesichtspunkt des Spracherwerbs sein mag,        Risiken am Arbeitsmarkt                           Auch in der Elterngeneration, besonders
          zu einfach ist. Mikrozensusdaten kann man        Problematischer als die Bildungsrisiken sind      beim Zuzug aus Serbien, gibt es kaum einen
          feiner differenzieren. Sie zeigen, dass Zuzug    jene am Arbeitsmarkt. Die wesentlichen            Zusammenhang zwischen der mitgebrachten
          bis ins Volksschulalter sich nicht negativ auf   Unterschiede zwischen der in Österreich           Bildung und dem Qualifikationsniveau des
          die nachfolgende Schulkarriere auswirkt.         zur Schule gegangenen „zweiten Generation“        in Österreich ausgeübten Berufs. Die ju-
          Wer aber erst im Alter zwischen 10 und 14        und den Gleichaltrigen, deren Eltern nicht        gendliche „zweite Generation“ sieht teils an
          Jahren zuzieht, macht selten Matura, und         eingewandert sind, bestehen nicht in den          sich selbst, vor allem aber an den Eltern
          wer es zwischen 15 und 17 Jahren tut,            Bildungsabschlüssen, sondern in deren be-         und den Gleichaltrigen, die aus dem Ausland
          macht meist keine weitere Ausbildung mehr.       ruflicher Verwertung. Die zweite Generation       zuziehen, dass Bildungsanstrengungen am
          Es geht offenbar nicht um eine Zäsur im          hat bei gleicher Bildung nicht die gleichen       österreichischen Arbeitsmarkt und zuvor
          Spracherwerbsalter, sondern um eine im           Beschäftigungschancen wie Jugendliche, de-        auch in der Schule oft nicht honoriert
          Bildungswesen und vielleicht um eine im          ren Eltern nicht eingewandert sind. Das ist
          Verhalten der SchülerInnen zueinander. Je-       vor allem bei mittlerer Bildung (Lehrab-
          denfalls gibt es da zu tun.                      schluss, mehrjährige BmS) ein Problem,
                                                           weniger bei geringer oder bei höherer. Von
                                                           der „zweiten Generation“ auf dieser Bil-
                                                           dungsstufe waren 2008-2009 10% aktiv
                                                           auf Arbeitsuche, aber nur 5% der Jugendli-
                                                           chen, deren Eltern nicht eingewandert sind.
                                                           Jugendliche, die nicht „zweite Generation“
                                                           sind, sondern ihre Bildung im Ausland ab-
                                                           solviert haben, sind am Arbeitsmarkt noch
                                                           deutlich stärker benachteiligt. Sie sind häufig
                                                           Zuzug zur „zweiten Generation“, teils aber
                                                           auch AsylwerberInnen. Von ihnen sind auf
                                                                                                                                                         Corbis

                                                           jeder Bildungsstufe nur etwa die Hälfte be-
                                                           schäftigt sowie rund 9% aktiv und rund            MigrantInnen, die beim Zuzug älter als 15 Jah-
                                                           20% passiv arbeitsuchend. Welche Bildung          re sind, machen meist keine Ausbildung mehr.
                                                           sie mitgebracht haben, spielt für ihre Chancen
                                                           am Arbeitsmarkt überhaupt keine Rolle.            werden. Dass sie sich trotzdem Mühe gibt,
                                                           Wenn sie beschäftigt sind, dann vorwiegend        ist eine starke Leistung. Das öffentlich zu
          Corbis

                                                           in Hilfs- und Anlerntätigkeiten: mit höheren      würdigen, wäre ein wichtiger Beitrag der
          Wer im Alter zwischen 10 und 14 Jahren           Bildungsabschlüssen zur Hälfte, mit mittleren     kommunalen Politik und Verwaltung zu ei-
          zuzieht, macht nur ganz selten Matura.           zu 60% und mit niedrigen zu 84%.                  nem friktionsfreien Zusammenleben.       ■

          www.staedtebund.gv.at                                                                                                                       15
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