Krisen-Management: Ursula Nonnemacher im Interview
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www.laekb.de Brandenburgisches Ärzteblatt 7 - 8 | 2020 Offizielles Mitteilungsblatt der Landesärztekammer Brandenburg | 30. Jahrgang | Juli – August 2020 Krisen-Management: Ursula Nonnemacher im Interview Seite 5 Foto: MSGIV Recht auf selbstbestimmtes Wahl zur Kammerversammlung Sterben 9. Legislaturperiode Seiten 8-10 Seite 12 Informationen zum Prüfungstermine für elektronischen Arztausweis Medizinische Fachangestellte Seiten 15-16 Seiten 18-19
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Brandenburgisches Ärzteblatt Offizielles Mitteilungsblatt der Landesärztekammer Brandenburg | 30. Jahrgang | Juli – August 2020 7 – 8 | 2020 KAMMERINFORMATIONEN / GESUNDHEITSPOLITIK Interview mit Gesundheitsministerin Ursula Nonnemacher .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5 Grundgesetz garantiert Recht auf selbstbestimmtes Sterben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8 Neue Musterweiterbildungsordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11 Wahl zur Kammerversammlung der 9. Legislaturperiode (2021 – 2026) . . . . 12 Zum Konjunktur- und Zukunftspaket der Bundesregierung .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13 Corona und die Werte in der Medizin – Eine Betrachtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14 Der elektronische Arztausweis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15 30 Jahre LÄKB – Interview mit Dr. med. Udo Wolter .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16 Prüfungstermine für MFA – Herbst und Winter 2020/21 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18 Seite 5 Bewerbungsfrist für Gesundheitspreis Brandenburg verlängert .. . . . . . . . . . . . . . . 19 AKTUELL Empfang Marburger Bund Berlin-Brandenburg .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20 Schulterschluss der Herzmedizin – Wir dulden keinen Rassismus .. . . . . . . . . . . . . 21 Hartmannbund: Kassen in die Pflicht nehmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21 Gesundheitspolitischer Arbeitskreis der CDU .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22 Leben und arbeiten in Zeiten der Pandemie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23 7. Brandenburger Krebskongress . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26 Datenanalyse aus dem Klinischen Krebsregister für Brandenburg . . . . . . . . . . . . . 27 Zeit im Wandel – Technisches Schnupper-Webinar . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29 Neuer BZgA-Leitfaden – Alkoholkonsum früh ansprechen .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30 Seite 22 ARZT UND RECHT Von Fall zu Fall .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32 Steuertipp .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33 FORTBILDUNG Fortbildungsangebote für Ärzte und MFA/MTRA .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34 Update Suchtmedizin .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35 KKRBB – Einladung zur 1. entitätenspezifischen Qualitätskonferenz .. . . . . . . . 36 Zertifizierte Kasuistik – Folge 65 .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37 PERSONALIA Seite 23 Wir gratulieren zum Geburtstag im Juli und August . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40 REZENSIERT „Wegbereiter der Diabetologie in Deutschland“ .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42 WEITERE RUBRIKEN Editorial .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4 Das Siechenheim Eilanghof bei Reppen (Rzepin) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43 Kurse und Fortbildungsangebote . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47 KVBB informiert .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48 LAGV: Infektionsschutz/Impfschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49 Brandenburgisches Ärzteblatt 7 – 8 • 2020 | 3
EDITORIAL Liebe Kolleginnen und Kollegen, viele von Ihnen haben in diesen Mo- teilweise in der unmittelbaren Patien- alarmierend. Ein verschleppter Herzin- naten sicher ihren Urlaub geplant. tenversorgung mitzuwirken. farkt oder ein zu spät entdeckter Tu- Nicht für jeden wird dieser Sommer so Weil wir dieses gut funktionierende mor sind in der Regel sehr viel folgen- verlaufen, wie er es gewohnt ist. Gesundheitssystem haben, können reicher als eine Corona-Infektion. Das Coronavirus SARS-CoV-2 hat wir jetzt mit Umsicht und mit Vor- Es bleiben aber noch ungelöste Fra- nicht nur unsere Urlaubsplanung ver- sicht einen Weg in die Normalität gen für die Zukunft. Die Krisenpräven- ändert, es hat unsere Welt verändert. wagen. Unter den wirklich guten Vor tion in Deutschland hat sich als unzu- Es hat unsere unmittelbare Lebens- aussetzungen in Deutschland sind reichend erwiesen. Fehlende Schutz- wirklichkeit in nie dagewesener Weise die zahlreichen Demonstrationen ge- kleidung und Atemschutzmasken stel- beeinflusst – und tut es noch immer. gen die Schutzmaßnahmen für mich len eine Gefahr für alle in der Patien Vieles wird uns in Erinnerung bleiben: unverständlich. Die Coronakrise ruft tenversorgung tätigen Kollegen dar. Dipl.-Med. die Bilder aus italienischen Kranken- Verschwörungstheoretiker und selbst Die Abhängigkeiten von Lieferketten Frank Ullrich Schulz, häusern, die absurden Dementis aus ernannte Whistleblower auf den Plan, für Schutzkleidung und Atemmasken Präsident der Landesärzte kammer Brandenburg Amerika und Brasilien oder einen kaum die der Politik und der Wissenschaft sowie dringend benötigte Medikamen- Foto: Elmar Esser für möglich gehaltenen Lockdown des finstere Machenschaften vorwerfen. te aus dem nichteuropäischen Ausland gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Man könnte dies auch Präventionspa- müssen unverzüglich beendet werden. Lebens in Deutschland. Während das radox nennen: Der Erfolg von Vorsicht, Der Öffentliche Gesundheitsdienst Land in einer Art künstlichem Koma Vorsorge und engagierten Medizinern braucht qualifizierte Kräfte im ärztli- war, arbeitete das Gesundheitssystem und medizinischem Personal bestärkt chen und nichtärztlichen Bereich, die auf Hochtouren und ich denke, das den Eindruck, dass die Bedrohung so gut ausgebildet sind und auch ad- hat in Deutschland den Unterschied groß ja nicht gewesen sein kann. Eben äquat bezahlt werden. Hier hat die gemacht. dieser Erfolg gibt den Verschwörungs- Corona-Krise das traurige Ergebnis des Die ambulanten und stationären Kol- theoretikern noch Wasser auf ihre Sparzwanges offenbart. leginnen und Kollegen haben mit dem Mühlen. Niemand ist gegen rationale Spar- Ministerium für Soziales, Gesundheit, Für besonders gefährlich halte ich samkeit bei der Krankenhausplanung Integration und Verbraucherschutz Verschwörungstheorien, die von ärzt- und -finanzierung. Profitorientiertes des Landes Brandenburg und dem Öf- lichen Kollegen in die Welt getragen Denken passt aber auf keinen Fall zu fentlichen Gesundheitsdienst Hand in werden. Hier entsteht eine nicht zu unserem Gesundheitssystem. Kran- Hand gearbeitet. Diese Form der Zu- rechtfertigende Verunsicherung der kenhäuser sind, wie Arztpraxen, Ein- sammenarbeit und des gemeinsamen Patienten und letztendlich der Bevölke richtungen der Daseinsvorsorge, für Vertrauens ist nicht selbstverständlich. rung, durch welche nicht nur die Un- deren Funktionieren der Staat durch Dafür möchte ich mich bei Ihnen allen zufriedenheit mit der Situation an sich verantwortbare Rahmenbedingungen herzlich bedanken. befeuert wird. Bei vielen Patienten zu garantieren hat. So konnten unter anderem mit unse- führt es zur Unsicherheit, im Bedarfs- Eine Rückbesinnung auf diese Grund- rer Hilfe die Absolventen des zehnten fall einen Arzt aufzusuchen, aus Angst, sätze muss das prioritäre Ziel der Fachsemesters der MHB die schriftliche sich dabei mit COVID-19 anzustecken. künftigen Gesundheitspolitik sein. M2-Prüfung ablegen und die MFA-Prü- Ein gesundes Maß an Skepsis scheint Die Landesärztekammer Brandenburg fungen konnten stattfinden. mir grundsätzlich angebracht. Richtig wird noch in diesem Jahr im Rahmen In unserem Haus wurden die ist: In der akuten Phase einer Pandemie eines Symposiums Impulse setzen, die Facharztprüfungen und die Fach- kann man immer nur „auf Sicht fah- die dringend notwendige gesamtge- sprachtests, wenn auch unter Sicher- ren“. Aber wenn die Sicht besser wird, sellschaftliche Diskussion über eine heitsauflagen, weiter durchgeführt dann darf man auch wieder etwas Gas patientenorientierte Zukunft unseres und nicht zuletzt unsere Kammerver- geben. Man sollte es sogar, weil sonst Gesundheitssystems mit voranbringen sammlung im Juni. Unter großem or- der Rückstau immer größer wird und sollen. ganisatorischen Aufwand haben wir das dann wieder zu neuen Problemen die neue Weiterbildungsordnung ver- führt. Ich wünsche uns allen eine Zeit des abschiedet. Die Infektionszahlen entwickeln Durchatmens, einen schönen Sommer Die Landesärztekammer Branden- sich auf eine Art und Weise, die gut und eine schöne Urlaubszeit. burg hat einen Aufruf an Kolleginnen zu handhaben ist. Deshalb ist auch und Kollegen im Ruhestand gestartet, die Rückkehr zur Regelversorgung in sich unterstützend einzubringen. Rund den Praxen und die Wiederaufnahme 70 Ärztinnen und Ärzte im Ruhestand elektiver Eingriffe in den Kliniken das sind diesem gefolgt und haben sich be- Gebot der Stunde. Die teils drastischen ■ Ihr Frank-Ullrich Schulz reit erklärt, in der telefonischen Coro- Rückgänge an Patienten, welche man- na-Beratung von Patienten, aber auch che Facharztgruppen verzeichnen, sind 4 | Brandenburgisches Ärzteblatt 7 – 8 • 2020
KAMMERINFORMATIONEN/GESUNDHEITSPOLITIK GESUNDHEITSMINISTERIN URSULA NONNEMACHER „Das Virus führt uns unsere gesellschaftlichen Defizite vor Augen“ Ökonomisierung, Deglobalisie- das kann man gar nicht hoch genug rung, Klimawandel, Verschwö- loben. Vor kurzem gab es einen Ex- rungstheorien – das Management pertenrat, die „Leere-Betten-Pauscha- der Corona-Pandemie umfasst ein le“ noch einmal zu überprüfen. Man weites Spektrum und beinhaltet hat gewisse Modifizierungen in fünf ein permanentes Nachjustieren Kategorien vorgeschlagen. Im Land getroffener Maßnahmen durch Brandenburg haben wir diese Mo- die Politik. Ursula Nonnemacher, difizierungen nach Rücksprache mit Ministerin für Soziales, Gesund- der Landeskrankenhausgesellschaft heit, Integration und Verbraucher- als adäquat bewertet. Ich kenne die schutz des Landes Brandenburg Klagen der Schwerpunktversorger, die erläutert in einem Interview für sich schlecht behandelt fühlten, aber das Brandenburgische Ärzteblatt es ist immer schwierig, allen gerecht die Schwierigkeiten, die Coro- zu werden. Im Großen und Ganzen Brandenburgs Gesund- heitsministerin Ursula na-Krise politisch zu lenken und würde ich sagen, hat Deutschland Nonnemacher gibt einen Überblick über einige eine gute Figur abgegeben. Die Maß- Foto: Henrik Rauch, MSGIV aus der Krise getroffene Erkennt- gabe war, die Überlastung unseres nisse und sich daraus ergebende Gesundheitssystems zu verhüten, al- Vorhaltekosten, Personalvergütung bis Chancen und Möglichkeiten. len Patienten ausreichende, qualita- hin zur Abkehr vom DRG-System, die tiv hochwertige Versorgung zur Ver- von einigen verstärkt gefordert wird, Halten Sie die Finanzierungspläne, fügung zu stellen, Triage-Szenen zu ist nun neu entfacht worden und wir unter anderem die 560 Euro „Lee- vermeiden. Das ist hundertprozentig müssen uns ihr auch weiterhin stellen. re-Betten-Pauschale“ für Kliniken, gelungen. die im Zuge der Corona-Pandemie Weg von der Ökonomisierung des von Bund und Ländern entwickelt Die vor der Pandemie von Bundes- Gesundheitswesens – hin zum Pa- wurden, für ausreichend oder gesundheitsminister Jens Spahn tientenwohl: in den vergangenen muss nach Ihrer Meinung, auch im vorgeschlagene bundesweite Re- Jahren gab es verschiedene Mo- Hinblick auf zukünftige mögliche duzierung von Krankenhäusern delle, um Kliniken „effektiver“ zu Pandemie-Situationen, nachjus- hätte sicher nicht zu dieser Ein- machen. Wie kann das Patienten- tiert werden? schätzung geführt. wohl wieder in den Vordergrund Ursula Nonnemacher: Dieses Virus Wir im Land Brandenburg standen rücken ohne finanzielle Engpässe hat Anfang Januar die Weltbühne dieser sogenannten Flurbereinigung zu erzeugen? betreten und hat ein pandemisches sowieso immer schon kritisch gegen- Wir sind in den letzten Jahren zu sehr Geschehen von kaum vergleichbarem über, weil wir uns in einem großen in die Schiene des Finanzierungsas- Ausmaß ausgelöst. Man konnte auf Flächenland mit unseren 54 Kranken- pektes geraten. Wenn finanziell nicht keine einschlägigen Erfahrungen zu- häusern an verschiedenen Standorten mehr darstellbar ist, in einer altern- rückgreifen, ähnlich wie damals bei nie als überversorgt gesehen haben. den Gesellschaft Kinderkliniken vorrä- der Spanischen Grippe 1918/19. Es Ich denke, diese Pandemie hat uns tig zu halten oder wenn Geburtshilfe musste in der sehr schwierigen Situ- jetzt vor Augen geführt, was für ei- großflächig schließt, die ja zur Grund- ation eines exponentiellen Anstieges nen unglaublichen Schatz wir auch versorgung der Bevölkerung gehört, von Infektionsgeschehen gehandelt an unseren Krankenhäusern haben. dann muss man kritisch hinterfra- werden. Ich finde, dass letztendlich Um eine solche pandemische Lage gen, ob das der richtige Weg ist. Wir gut gehandelt wurde, denn immerhin zu bewältigen, bedarf es eines gut dürfen nicht nur auf DRGs schauen haben die Instrumente des Kranken- funktionierenden Gesundheitssystems oder auf den Case-Mix-Index, um haus-Entlastungsgesetzes dazu ge- sowohl in ambulanter als auch in das wirtschaftliche Überleben un- führt, dass die Kliniken ihrem Auftrag, stationärer Hinsicht. Ich bin der Mei- serer Krankenhäuser zu garantieren, sehr schnell Betten frei zu räumen nung, dass Deutschland auch hier im sondern wir müssen sehen, dass sie und damit Behandlungskapazitäten internationalen Vergleich eine ausge- auch unabhängig davon finanziert zur Verfügung zu stellen, nachkom- sprochen gute Figur abgegeben hat. werden können. Wir erleben gerade, men konnten. Wir haben die Krise bisher gut bewäl- wie wichtig es ist, flexibel auf andere Die Hilfen von Bund, Ländern und tigt. Der Wert der Krankenhäuser ist Bedarfe einzugehen, aber die Struk- Kommunen wurden beherzt, schnell uns dadurch noch einmal bewusst turen müssen dafür bereitgestellt und und konsequent ergriffen – ich finde, geworden, und die Diskussion um nicht infrage gestellt werden. Brandenburgisches Ärzteblatt 7 – 8 • 2020 | 5
KAMMERINFORMATIONEN/GESUNDHEITSPOLITIK Um die zukünftige Versorgung haben wir hier andere Arbeitsschutz- Produktionen im Rahmen der EU zu mit Medikamenten und Schutz- standards, andere Umweltstandards, befördern, wohlwissend, dass es we- ausrüstung auch im Pandemiefall andere Produktionsverhältnisse. Das gen der höheren Produktionskosten sicherzustellen, muss auch über wird einige Produkte verteuern, aber dafür auch finanzieller Anreize be- Deglobalisierungsmaßnahmen die Gesellschaft muss sich überlegen, darf. Das ist ein guter Weg, und ich nachgedacht werden. Ärzte äu- ob sie für diese Versorgungssicherheit setze insbesondere auf europäische ßern schon jetzt die Befürchtung, auch einen entsprechenden Preis be- Zusammenarbeit. Nicht jedes Land dass eine ausreichende Versor- zahlt. muss dabei alles machen, aber man gung mit bestimmten Medika- Dasselbe sehen wir auf dem Arznei- muss gemeinsam etwas vorhalten. menten unter Umständen nicht mittelmarkt. Schon seit vielen Jahren Wobei wir allerdings zu Beginn der mehr gewährleistet werden kann, gibt es immer wieder Klagen, dass Hochphase der Krise oder im Shut- wenn die Produktion außerhalb bestimmte Arzneimittel schwer liefer- down gemerkt haben, dass bedau- Deutschlands und Europas statt- bar sind. Auch an dieser Stelle muss erlicherweise sehr schnell nationale findet. Wie kann hier eine De man darüber nachdenken, dass die Egoismen wieder zum Tragen kamen, globalisierung stattfinden, die entsprechenden Stoffe im europäi- die sich in Exportstopps in europä- am Ende auch bezahlbar bleibt? schen Raum produziert und vorge- ische Nachbarländer äußerten oder Zudem hätte eine wirtschaftliche halten werden sollten. Wenn man in der Requirierung von knappen Lie- Deglobalisierung auch positive einzelne Produkte in einer einzigen ferungen die unterwegs waren. Das Auswirkungen auf den Klimawan- Firma weltweit herstellt und es bricht ist verständlich in einer solchen Krise, del. Welche Möglichkeiten bzw. dort eine Havarie aus, dann ist die aber auch da müsste die europäische Maßnahmen sehen Sie, um künf- Welt abhängig von diesem einen Pro- Zusammenarbeit deutlich gefördert tig wirtschaftliche Interessen mit duktionsstandort und wir müssen na- werden. Man muss sich gemeinsamer Klimafreundlichkeit zu verbinden türlich auch berücksichtigen, dass wir Problemlösungsstrategien bewusst bzw. an dieser Stelle Kompatibili- durch diese Art der Produktion vie- werden. tät herzustellen? les in die dritte Welt verlagern. Dort Ich denke, diese Corona-Pandemie, tauchen dann die Klagen auf über Im Zuge des Managements von dieses Virus führt uns an ganz vie- sehr schlechte Umwelt- und Arbeits- COVID-19 hat der Öffentliche len Stellen der Gesellschaft vor, wo schutzstandards. Fabriken in Bangla- Gesundheitsdienst eine tragen- strukturelle Probleme bestehen. Es ist desch, die einstürzen mit Tausenden de Rolle gespielt und tut es auch ein gigantischer Belastungstest für von Arbeitern, das können wir nicht weiterhin. Seit vielen Jahren wird, viele Problemlagen. Man muss genau ausblenden. nicht nur von Ärztegewerkschaf- betrachten, warum in bestimmten Eine internationale Arbeitsteilung ten, immer wieder eine Stärkung Verhältnissen besonders häufig In- können wir hier nicht komplett zu- des ÖGD gefordert – personell fektionen auftauchen. Beispielsweise rückschrauben und wir werden auch und finanziell. die Nähe und Enge in Gemeinschafts- die Deglobalisierung nicht so weit vo- Wir haben gemerkt, wie dringend unterkünften für Asylsuchende oder rantreiben können, dass internationa- notwendig so eine Struktur wie der die unzuträglichen Unterbringungs- le Handelsbeziehungen und Lieferket- ÖGD ist. Was für eine unglaublich bedingungen von Saisonarbeitern. ten keine Rolle mehr spielen. Zumin- wichtige Rolle er spielt und was er in Hier hat man erkannt, dass das Virus dest muss man aber die Strukturen der pandemischen Situation geleistet ein Indikator ist. Man muss heraus- und Zustände immer wieder kritisch hat und weiterhin leistet. Wir haben finden, was dort in diesem Zusam- überprüfen und in Teilen auch wieder festgestellt, dass der ÖGD personell menhang nicht funktioniert. So sehen umgestalten. dringend verstärkt werden muss. Dies wir das jetzt auch bei der Versor- muss einerseits durch eine Steigerung gungssicherheit und der Ausstattung Bei dem Gedanken spielen auch der Attraktivität für die ärztlichen mit persönlicher Schutzausrüstung die internationalen Beziehungen Mitarbeiter passieren. In der Regel sowie bei Medikamentenengpäs- eine Rolle, die durch Degloba- wird in diesem Bereich deutlich we- sen. In Bezug auf eine persönliche lisierungsmaßnahmen Schaden niger verdient als beispielsweise in Schutzausrüstung gab es innerhalb nehmen können. Wie kann man Krankenhäusern, da müssen wir drin- der Corona-Pandemie natürlich eine eine „Arbeitsteilung“ konfliktfrei gend nachziehen. Brandenburg hat in beispiellose Nachfrage auf dem Welt- gestalten? der Vergangenheit versucht, Anreize markt. Aber es hat uns noch einmal Ich weiß die internationale Zusam- über die Akademie für Öffentliches vor Augen geführt, wie abhängig wir menarbeit oder auch die Vorteile ei- Gesundheitswesen zu schaffen, über von diesen internationalen Lieferket- ner globalisierten Welt sehr zu schät- die Stärkung von Fortbildungsange- ten sind und dass aus Deutschland zen. Und ich befürworte auch die boten. Aber ich denke, da ist noch zu viel ausgelagert worden ist. Man europäische Zusammenarbeit. Aber Luft nach oben und es betrifft natür- sollte anstreben, dass zumindest für auch da müssen wir einen vernünf- lich auch das andere Fachpersonal den europäischen Markt auch wie- tigen Mittelweg finden. Ich denke, des ÖGD. Unsere Gesundheitsämter der in Europa produziert wird. Das die Bundesregierung hat mit ihren mussten im Zuge der Pandemie zum ist natürlich auch mit Einschränkun- Konjunkturpaketen und auch schon Teil erheblich durch andere Mitarbei- gen verbunden. Die Produktionskos- vorher im Corona-Kabinett einen tende aus der Kreisverwaltung ver- ten sind hier natürlich höher. Zudem Aktionsplan aufgelegt, inländische stärkt werden. Das war schwierig, 6 | Brandenburgisches Ärzteblatt 7 – 8 • 2020
KAMMERINFORMATIONEN/GESUNDHEITSPOLITIK weil sie keine Vorkenntnisse hatten. zu tun, die erstmal beängstigen, die Trotzdem haben sie sich aber in die unerklärt sind. Nur ganz allmählich Aufgabe gestürzt. Ich möchte mich wird unser Wissen darüber größer. an dieser Stelle herzlich dafür bedan- Am Anfang hatten wir kaum gesi- ken, dass sie die Herausforderung cherte Erkenntnisse. Solche Unsicher- angenommen haben. Aber wir haben heiten machen Angst und beflügeln auch durch Studierende unterstützt, solche Irrationalismen. Man muss von die im ÖGD Praktika abgeleistet ha- politischer Seite aus versuchen, durch ben, bis hin zu Soldaten der Bun- immer wieder klares, transparentes Im Gespräch mit deswehr, die hier im Land bei der Handeln und durch Aufklärung dage- Ursula Nonnemacher Kontaktnachverfolgung ausgeholfen gen anzugehen. Das ist der Bundes- Foto: Gabriel Hesse haben. Auch da kann ich nur sagen: republik und dem Land Brandenburg Herzlichen Dank! Das war Hilfe, derer bisher gut gelungen. haben. In Brandenburg haben wir ei- wir dringend bedurften, aber insge- nen Rettungsschirm über 2 Mrd. Euro samt müssen wir uns der weiteren Trotzdem wird es Verlierer geben für Coronafolgen aufgespannt. Das Stärkung dieser Struktur annehmen. nach der Krise… Kurzarbeitergeld ist verlängert wor- Wir wissen alle, dass wir noch nicht den. Natürlich wird der Staat nicht Die Unzufriedenheit in der Bevöl- durch die Pandemie gekommen sind. jede individuelle Betroffenheit 100 % kerung, ausgelöst durch die Si- Wir haben jetzt im Moment eine sehr kompensieren können, aber ich den- cherheitsmaßnahmen der Bundes- erfreuliche Phase der Stabilisierung ke, wir bieten ein sehr gutes, soziales sowie Landesregierung (-en) im auf sehr, sehr niedrigem Niveau. Das Netz an. Ich finde, die Bundesrepublik Zuge von COVID-19, wächst. Ver- Infektionsgeschehen in Brandenburg hat sich mit den sozialen Netzen als schwörungstheoretiker befeuern ist momentan kaum noch nachzuwei- belastungsfähig erwiesen. Natürlich Skeptiker und Pessimisten. Schon sen, die Neuinfektionsinzidenz liegt haben wir hier einen Einbruch der vor der Pandemie Unzufriedene bei 0,8 pro 100.000 Einwohnern über Exportrate um 30 %, einen Rück- werden noch unzufriedener. Un- sieben Tage (Stand: 10. Juni 2020, gang des Bruttosozialproduktes – es tersuchungen belegen, dass sich Anm. der Redaktion). Das ist ausge- ist eine sehr, sehr große Krise. Aber Gesellschaften, die sich in Krisen- sprochen niedrig und liegt deutlich insgesamt glaube ich schon, dass die situationen befinden, häufig ra- unter dem ebenfalls sehr niedrigen Gesellschaft das gemeinsam bewälti- dikalisieren. Wie schätzen Sie als Bundesdurchschnitt. gen kann. Natürlich müssen wir auf (Gesundheits-) Politikerin des Lan- Ich denke, durch diesen sehr konse- politischer Ebene auch weiterhin im- des Brandenburg diese Situation quenten Shutdown haben wir uns mer wieder nachjustieren. ein und welche politischen Maß- eine gute Position erarbeitet. Wir Das Virus führt uns unsere gesell- nahmen erachten Sie als wichtig, wissen nicht, ob die Infiziertenrate schaftlichen Defizite vor Augen. Dabei um mögliche Radikalisierungen irgendwann wieder ansteigt. denke ich in erste Linie an das Thema dauerhaft zu vermeiden? Zudem gibt es ständig politische Kri- Digitalisierung. Da hätten wir schon Hygienedemonstrationen, Verschwö- sen. Wir hatten die Finanzkrise durch weiter sein können und müssen. In rungstheorien, Unzufriedenheit, De- den Zusammenbruch des Bankensek- der Phase des Shutdowns haben wir monstrationen gegen die Corona-Dik- tors, wir stecken in einer sehr bedroh- gemerkt, wie sehr wir auf die Digita- tatur: all diese Dinge bauten sich zu lichen Langzeitkrise, der Klimakrise, lisierung angewiesen waren. Auch in Beginn der Lockerungen auf. Das hat die mich weiterhin sehr stark beun- der Gleichstellungspolitik oder inner- mich beunruhigt und nachdenklich ruhigt. Sie kann nicht, wie diese Pan- halb der Bildungsdebatte hätten wir gemacht. Inzwischen ebbt es aber demie irgendwann, mit einer Impfung eigentlich schon weiter sein müssen. schon wieder ab. oder einem Medikament oder durch Wir haben in vielen Bereichen noch Sicherheitsmaßnahmen zurückzufah- eine Durchseuchung der Bevölkerung immer erhebliche Defizite, die unter ren ist teilweise noch anspruchsvoller, zum Stillstand gebracht werden. Aber dem Fokus des Corona-Virus deutlich als das Reingehen in einen Lockdown. in jeder Krise und in jedem Umbruch an die Oberfläche kommen. Man hat Man hat auf politischer Ebene sehr hat man Arbeitslosigkeit oder auch sich diese Krise nicht gewünscht, man schwierige Entscheidungen zu tref- neue Unternehmensgründungen. muss aber auch schauen, welche Er- fen: Welche Zeitabschnitte nimmt Man hat immer Verlierer und Gewin- kenntnisse sie bietet, beispielsweise man? Was lockert man? In welchem ner und ich finde, auch da hat die um bestimmte, durchaus positive Abstand? Trotz aller Schwierigkei- Bundesrepublik als Sozialstaat, der Entwicklungen auch weiterhin zu for- ten finde ich aber, dass es uns ganz funktioniert, sehr viele Angebote cieren. gut gelingt. Die Verschwörungsthe- gemacht. Wir haben Rettungsschir- orie, hier sei eine Corona-Diktatur me, Hilfspakete, Konjunkturpakete am Werke, hat viele Menschen nicht sowohl im Bund als auch im Land ■ Das Gespräch führte Anja Zimmermann M.A. überzeugt. Verschwörungstheoretiker von beispiellosem Ausmaß. Gerade hat es gerade in Krisenzeiten und be- das 130 Mrd.-Euro-Konjunkturpaket sonders auch bei Seuchengeschehen oder allein das Krankenhaus-Entlas- immer gegeben. Wir haben es auch tungsgesetz wird bis Ende September bei COVID-19 mit vielen neuen Dingen 10 Mrd. Euro Umfang angenommen Brandenburgisches Ärzteblatt 7 – 8 • 2020 | 7
KAMMERINFORMATIONEN/GESUNDHEITSPOLITIK GRUNDGESETZ GARANTIERT RECHT AUF SELBSTBESTIMMTES STERBEN Nach Urteil des Verfassungsgerichts muss Politik die Sterbehilfe neu regeln Mit einem viel beachteten Ur- Organisationen unter Strafe zu stellen Selbstbestimmung von Staat und Ge- teil erklärte der zweite Senat des – ganz gleich ob mit kommerzieller sellschaft zu respektieren.“ Bundesverfassungsgerichts am oder nichtkommerzieller Absicht. Nur 26. Februar 2020 den § 217 des in Einzelfällen beziehungsweise durch Mit dieser Begründung hat der Zweite Strafgesetzbuches, also das Ge- Angehörige oder dem Sterbewilligen Senat entschieden, dass das in § 217 setz gegen geschäftsmäßige Ster- nahestehende Personen sollte die Hilfe des Strafgesetzbuchs (StGB) normier- behilfe, für verfassungswidrig. zur Selbsttötung wie zuvor erlaubt blei- te Verbot der geschäftsmäßigen För- Damit wird die Diskussion neu ben. Der Antrag erhielt in der dritten derung der Selbsttötung gegen das eröffnet. Lesung am 6. November 2015 mit 360 Grundgesetz verstößt und nichtig ist, zu 233 Stimmen bei neun Enthaltun- weil es die Möglichkeiten einer assis- Kontrovers diskutiert wurden die gen schließlich die absolute Mehrheit tierten Selbsttötung faktisch weitge- möglichen Einschränkungen der Ster- der abgegebenen Stimmen. Das Ge- hend ausschließt. Hieraus folgt nicht, behilfe auch im Deutschen Bundes- setz trat am 1. Dezember 2015 in Kraft. dass es dem Gesetzgeber von Verfas- tag von Anfang an. Denn das Thema Damit war insbesondere den Sterbehil- sungs wegen untersagt ist, die Suizid- ist gerade in Deutschland mit seiner fevereinen die rechtliche Grundlage für hilfe zu regulieren. Er muss dabei aber Euthanasie-Geschichte besonders ihr Handeln entzogen. Gerade die letz- sicherstellen, dass dem Recht des Ein- sensibel. Und so verwunderte es auch te Feststellung wird teilweise als sehr zelnen, sein Leben selbstbestimmt zu nicht, dass für die abschließende Ab- weitgehend kritisiert. beenden, hinreichend Raum zur Entfal- stimmung im Deutschen Bundestag tung und Umsetzung verbleibt.“ der so genannte Fraktionszwang au- Recht auf ßer Kraft gesetzt wurde. 2012 war selbstbestimmtes Sterben Existenzielle Grundfragen eine entsprechende Gesetzesinitiative des Daseins in jeder Lebensphase bereits gescheitert. Der Widerstand der Gegner war Der Präsident des Bundesverfassungs- Vier Gesetzentwürfe, die von frakti- damit nicht gebrochen. Mehr als ein gerichts, Andreas Voßkuhle, räumte zu onsübergreifenden Gruppen vorgelegt Dutzend Klagen wurden beim Bundes- Beginn der Urteilsverkündung ein, die worden waren, lagen der Diskussion verfassungsgericht eingereicht. Über Entscheidung sei den Richtern nicht im Plenum zugrunde. Deren Bandbrei- sechs davon verhandelten die Verfas- leichtgefallen. Es handele sich um ein te reichte von einem strafbewehrten sungsrichter. Darunter war eine Klage hoch emotionales und „seit der Anti- Komplettverbot der Anstiftung und des Vereins „Sterbehilfe Deutschland“ ke“ kontrovers diskutiertes Thema, das Beihilfe zur Selbsttötung für Ärzte, sowie auch Beschwerden von Ärzten, mit den „existenziellen Grundfragen“ Selbsthilfevereine und auch Angehöri- die um die Betreuung Schwerstkranker des menschlichen Daseins verknüpft ge bis hin zu einer so genannten „po- und Sterbender fürchten und das Ge- sei. sitivrechtlichen Liberalisierung der Hilfe setz auf seine Verfassungsmäßigkeit zum Suizid“. prüfen lassen wollten. Am 26. Februar Und damit traf der damalige Präsi- erfolgte das Urteil des BVerfG, das dent des obersten deutschen Gerichts Gesetz dem Gesetz attestierte, nicht verfas- genau den Punkt. Darf ein Mensch ohne Fraktionszwang sungsgemäß zu sein. selbstbestimmt entscheiden, wann und wie er stirbt? Wer darf ihm dazu mit absoluter Mehrheit Im Urteil heißt es: „Das allgemeine verhelfen – Ärzte, Angehörige, der beschlossen Persönlichkeitsrecht (Art. 2 Abs. 1 Staat? Das Thema berührt nicht nur Nach einer gut einjährigen auch ge- in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG) rechtliche Grundsatzfragen, sondern sellschaftlichen Diskussion sprach sich umfasst ein Recht auf selbstbestimm- auch heikle ethische, moralische und der Bundestag bei der Entscheidung tes Sterben. Dieses Recht schließt die teilweise auch religiöse Aspekte. Umso am 2. Juli 2015 über die vier Alterna- Freiheit ein, sich das Leben zu nehmen wichtiger schien Voßkuhle die Beto- tiven – überraschenderweise bereits und hierbei auf die freiwillige Hilfe Drit- nung, dass die Richter es nicht gewagt in der ersten Abstimmung – für einen ter zurückzugreifen. Die in Wahrneh- haben, über diese Überzeugungen „zu Antrag aus, den Michael Brand (CDU/ mung dieses Rechts getroffene Ent- befinden“. Ihre Aufgabe sei es ledig- CSU), Kerstin Griese (SPD) sowie 208 scheidung des Einzelnen, seinem Leben lich gewesen, die Verfassungsmäßig- weiteren Abgeordneten eingebracht entsprechend seinem Verständnis von keit zu prüfen. Die Hilfe dürfe, hieß hatten. Dieser sprach sich dafür aus, Lebensqualität und Sinnhaftigkeit der es weiter, auch nicht davon abhängig die geschäftsmäßige Suizidassistenz eigenen Existenz ein Ende zu setzen, ist gemacht werden, ob etwa eine un- durch Ärzte, Einzelpersonen oder im Ausgangspunkt als Akt autonomer heilbare Krankheit vorliegt. Das Recht 8 | Brandenburgisches Ärzteblatt 7 – 8 • 2020
KAMMERINFORMATIONEN/GESUNDHEITSPOLITIK auf selbstbestimmtes Sterben bestehe Gefahren für die Selbstbestimmung Scharfe Kritik übte zudem die Deut- in jeder Lebensphase eines Menschen. ausgehen können. Es führt außerdem sche Palliativ Stiftung. Das Urteil set- aus, dass dem Gesetzgeber zum Schutz ze das Selbstbestimmungsrecht der Obwohl der § 217 Strafgesetzbuch dieser Selbstbestimmung über das ei- ohnehin Starken über den Schutz der primär auf Sterbehilfevereine zielte, gene Leben in Bezug auf organisierte Schwächsten. In einer ökonomisier- fühlten sich auch Teile der Ärzteschaft Suizidhilfe ein breites Spektrum an ten Gesellschaft werde so das Sterben seit der Neuregulierung kriminalisiert Möglichkeiten von Einschränkungen über kurz oder lang zur Pflicht. Die und klagten über Rechtsunsicherheit. offensteht. Diese könnten ausdrücklich Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie Der Begriff „geschäftsmäßig“ bedeu- auch im Strafrecht verankert oder durch und Psychotherapie, Psychosomatik tet juristisch „wiederholt“ beziehungs- strafrechtliche Sanktionierung von Ver- und Nervenheilkunde (DGPPN) sah die weise „auf Wiederholung ausgelegt“ stößen abgesichert werden. Das heuti- Gefahr, dass auf die Psychiater eine – und nicht auf Profit/Gewinn, wie der ge Urteil ist deshalb als Auftrag an den neue Rolle als Gutachter und damit Begriff „gewerbsmäßig“. Da Ärzte aber Gesetzgeber zu verstehen, diese Mög- Entscheider zukomme. durchaus wiederholt um Sterbehilfe lichkeiten auszuloten und rechtssicher gebeten werden, zog sich ein Teil aus auszugestalten. Die Gesellschaft als Sterbehilfe darf nicht zum Angst vor Strafverfolgung zurück. Ganzes muss Mittel und Wege finden, Regelfall werden! die verhindern, dass die organisierte Das BVerfG hat auch den klagenden Beihilfe zur Selbsttötung zu einer Nor- Die Landesärztekammer Brandenburg Ärzten Recht gegeben. Insbesondere malisierung des Suizids führt.“ wies in einer Erklärung darauf hin, legten die Verfassungsrichter Wert dar- dass der Gesetzgeber weiterhin in der auf, dass das Recht auf selbstbestimm- Positiv hervorzuheben sei die Bestäti- Pflicht sei, für die Beihilfe zur Selbsttö- tes Sterben, die Freiheit einschließe, gung des Gerichts, dass auch zukünftig tung klare Regelungen und notwendi- sich das Leben zu nehmen und dabei keine Ärztin und kein Arzt zur Mitwir- ge Einschränkungen festzulegen. Dabei Angebote von Dritten in Anspruch zu kung an einer Selbsttötung verpflichtet geht die Kammer davon aus, dass der nehmen – und zwar unabhängig von werden könne. Die Aufgabe von Ärz- Deutsche Bundestag das Thema mit der Schwere einer Erkrankung. Gleich- tinnen und Ärzten sei es, unter Ach- der gleichen Sensibilität wieder auf- zeitig stellten die Verfassungsrichter tung des Selbstbestimmungsrechts greifen wird, die er auch 2015 bei der klar, dass der Gesetzgeber sehr wohl des Patienten Leben zu erhalten, Ge- Verabschiedung des Gesetzes gezeigt das Recht habe, die Suizidbeihilfe zu sundheit zu schützen und wiederher- hatte. Dies gelte hoffentlich auch für regulieren, solange er dabei dafür Sor- zustellen sowie Leiden zu lindern und die gesamtgesellschaftliche Diskussion, ge trage, dass das Recht des Einzelnen Sterbenden bis zu ihrem Tod beizu- die in Folge des Urteils wiedereinset- auf Beendigung seines Lebens gewahrt stehen. Die Beihilfe zum Suizid gehört zen werde. An der von der Bundesärz- bleibe. In diesem Zusammenhang reg- unverändert grundsätzlich nicht zu den tekammer angekündigten Diskussion te das BVerfG zum Beispiel auch Ände- Aufgaben von Ärztinnen und Ärzten. über das ärztliche Berufsrecht werde rungen des Berufsrechts der Ärzte und Soweit das Gericht auf die Konsistenz sich die Landesärztekammer Branden- Apotheker sowie des Arzneimittel- und des ärztlichen Berufsrechts abhebe, burg mit großer Sorgfalt und Augen- Betäubungsmittelrechts an. Zudem werde eine innerärztliche Debatte zur maß beteiligen. könne der Gesetzgeber Aufklärungs- Anpassung des ärztlichen Berufsrechts und Wartepflichten sowie Erlaubnis- erforderlich sein. Wie diese ausgehen Begrüßt wurde das Urteil dagegen vorbehalte einführen. Tätig werden wird, ist noch völlig offen. Denn auch von den Klägern. Der Verein Sterbehil- muss er jetzt aber auf jeden Fall. das Bundesverfassungsgericht konsta- fe Deutschland kündigte unmittelbar tierte in seiner Urteilsbegründung, dass danach an, seine Tätigkeit wieder auf- Keine Verpflichtung für Ärzte bislang nur wenig Bereitschaft zunehmen. Die Deutsche Gesellschaft Ärzte zur Sterbehilfe zeigen, Suizidhilfe zu leisten. für Humanes Sterben bezeichnete den Karlsruher Spruch gar als Sternstunde Das Urteil stellt aber auch ausdrücklich Eine Erklärung hierfür lieferte Prof. des Verfassungsrechts. klar, dass Ärzte nicht zur Suizidhilfe ver- Dr. med. Lukas Radbruch, Präsident pflichtet werden dürfen. Hierzu haben der Deutschen Gesellschaft für Palli- FDP fordert Bewilligung bereits kurz nach dem Urteil viele Orga- ativmedizin (DGP) im Deutschen Ärz- von tödlichen nisationen ihre Kommentare formuliert. teblatt. ,,Viele Menschen wissen gar Medikamenten Der Präsident der Bundesärztekammer nicht, welche Möglichkeiten sie haben, (BÄK), Dr. Klaus Reinhardt, erklärte: zum Beispiel mit dem Abbruch oder Und inzwischen ist auch das BfArM „Das Bundesverfassungsgericht hat dem Verzicht von lebenserhaltenden ins Visier geraten. In Folge des Ver- dem Selbstbestimmungsrecht am Ende Behandlungsmaßnahmen", sagte er. fassungsgerichtsurteils zum Recht auf des Lebens weiten Raum zugespro- Selbst eine künstliche Beatmung müsse selbstbestimmtes Sterben dringt die chen. Gleichwohl sieht es aber auch beendet werden, wenn der betroffene FDP im Bundestag darauf, dass sui- die Notwendigkeit für eine gesetzge- Patient dies wünsche. ,,Wir brauchen zidwillige Menschen tödliche Medi- berische Regulierung der Beihilfe zur deshalb mehr Informationen über die kamente bewilligt bekommen. „Trotz Selbsttötung. So weist das Gericht da- bestehenden Möglichkeiten, keine of- eines erheblichen Anstiegs an Anträ- rauf hin, dass von einem unregulierten fene Tür für geschäftsmäßige Beihilfe gen auf Erteilung einer Erlaubnis zum Angebot geschäftsmäßiger Suizidhilfe zum Suizid.“. Erwerb eines tödlichen Medikaments Brandenburgisches Ärzteblatt 7 – 8 • 2020 | 9
KAMMERINFORMATIONEN/GESUNDHEITSPOLITIK zum Suizid, wird kein einziger Antrag Arzneimittel und Medizinprodukte töd- Tötung eines Menschen – sei es von bewilligt, und Widersprüche werden liche Medikamente beantragt werden. eigener oder fremder Hand – durch kategorisch zurückgewiesen“, sagte die Bislang weise die dem Bundesgesund- staatliche Handlungen aktiv zu unter- FDP-Gesundheitsexpertin Katrin Hel- heitsministerium unterstellte Behörde stützen“. Die Regierung verwies auch ling-Plahr der Rheinischen Post am 30. solche Anträge zurück, wie aus einer darauf, dass das Gericht ihr aufge- Mai. Die Bundesregierung ignoriere die Antwort der Bundesregierung auf eine geben habe, einen Gesetzesrahmen höchstrichterliche Rechtsprechung. Kleine Anfrage der FDP-Fraktion her- für die Suizidbeihilfe zu schaffen. Die vorgehe. FDP-Politikerin spricht von Hinhalte- Staat und Gesellschaft müssten ak- taktik. Der Ton im folgenden Gesetz- zeptieren, wenn der Einzelne nicht Die Bundesregierung habe argumen- gebungsverfahren könnte also deutlich mehr leben wolle, hieß es. Nun ste- tiert, dass „die starke Lebensschutz rauer werden. he die Regierung unter Zugzwang, orientierung des Grundgesetzes ein die Möglichkeiten zum Suizid in ei- gewichtiges Argument für die Positi- nem neuen Gesetz zu regeln. Grund- on“ sei, „dass es grundsätzlich nicht ■ Elmar Esser sätzlich können beim Bundesamt für Aufgabe des Staates“ sein könne, „die PRÄSIDENTENLOGBUCH Sterbehilfe auch künftig keine ärztliche Regelaufgabe So weitreichend das Bundesverfas- Richtungweisend ist nach meiner sungsgericht das Recht auf selbstbe- festen Überzeugung die Kernaussage stimmtes Sterben in jeder Lebenspha- der ärztlichen Berufsordnung in Über- se beurteilt hat, so klar bleibt: Auch einstimmung mit der Bundesärzteord- nach dem Urteil kann kein Arzt zur Su- nung. Dort heißt es in § 1: „Ärztinnen izidbeihilfe verpflichtet werden. Nicht und Ärzte dienen der Gesundheit des zuletzt, um Patienten ebenso wie einzelnen Menschen und der Bevölke- die Kolleginnen und Kollegen vor fal- rung. schen Erwartungshaltungen zu schüt- zen, muss daher eine innerberufliche Zugleich ist die gesellschaftliche Debatte stattfinden, die eng mit der Diskussion zur Suizidbeihilfe bei der Diskussion in Politik und Gesellschaft Weiterentwicklung des Berufsrechts verknüpft ist. Und dabei wird es im zu berücksichtigen. Da das Gericht Kern um nicht weniger als die Rolle klargestellt hat, dass Ärzte zur Suizid des Arztes insgesamt gehen. assistenz nicht verpflichtet werden können, müssen die Berufsordnungen Aktuell sieht die Mehrzahl der Berufs- zukünftig eindeutig klarstellen, dass Dipl.-Med. ordnungen der Landesärztekammern die Suizidbeihilfe keine ärztliche Auf- Frank-Ullrich Schulz, Präsident der LÄKB restriktive Regelungen zur ärztlichen gabe ist. Der Gesetzgeber muss nach Foto: Elmar Esser Beteiligung am Suizid vor. Das Bun- Wegen suchen, dass weder Patienten desverfassungsgericht hat diese Vor- noch Ärzte der Erwartungshaltung be- schriften zwar nicht juristisch beurteilt. gegnen, dass der assistierte Suizid als Garantenpflicht. Und auf diese will Dennoch werden im Urteil Zweifel an normale ärztliche Leistung angesehen nach meiner festen Überzeugung der den unterschiedlichen Regelungen er- wird. weit überwiegende Teil der Patienten kennbar. Die Gremien der Ärztekam- auch künftig vertrauen dürfen. mern auf Bundes- und Landesebene Gesellschaftliche Position kann auch stehen nun vor der anspruchsvollen künftig nicht sein, Suizide von Patien- Aufgabe, die Berufsordnungen mit ten und anderen verzweifelten oder ■ Mit besten kollegialen Grüßen! den Aussagen des Urteils abzuglei- lebensmüden Menschen als Ausdruck Ihr Frank-Ullrich Schulz chen und zu diskutieren. Aufgrund der der Selbstbestimmung fraglos hinzu- unzweifelhaft gleichzeitig startenden nehmen. Vielmehr muss es insbeson- gesamtgesellschaftlichen Diskussion dere Ärzten darum gehen, Schwerst- werden sie bei der Weiterentwicklung kranken das Leiden durch Palliativme- des Berufsrechts im besonderen Fokus dizin zu erleichtern und Suizidwillige der Öffentlichkeit stehen. durch gezielte Suizidprävention und ggfs. psychische und psychiatrische Hier sind klare und auch mu- Unterstützung von ihrem Sterbe- tige Positionierungen gefragt. wunsch abzubringen. Wir haben eine 10 | Brandenburgisches Ärzteblatt 7 – 8 • 2020
KAMMERINFORMATIONEN/GESUNDHEITSPOLITIK KOMPETENZBASIERT UND ZUKUNFTSORIENTIERT Kammerversammlung beschließt neue Weiterbildungsordnung Mit überwältigender Mehrheit hat die Kammerversammlung der Landesärztekammer Branden- burg in ihrer Sitzung am 20. Juni die neue Weiterbildungsordnung (WBO) beschlossen. Bis auf we- nige Änderungen setzten die De- legierten damit die 2018 von der Bundesärztekammer verabschie- dete neue Muster-Weiterbildungs- ordnung um. „Ich freue mich, dass es uns trotz der Es gab eine konstruktive Diskussion zwischen den Corona-Beschränkungen gelungen Delegierten. ist, unseren bereits vor der Pandemie Fotos: Anja Zimmermann M.A. aufgestellten Zeitplan einzuhalten“, er- klärte Kammerpräsident Frank-Ullrich Schulz dazu. Aufgrund der geltenden Abstands- und Hygieneregelungen fand die Sitzung der Kammerversamm- lung nicht im Haus der Ärzteschaft, sondern im großen Hörsaal der Uni- versität Potsdam statt, der auch unter den aktuellen Bedingungen genügend Platz für eine Veranstaltung dieser Grö- ßenordnung mit über 80 Delegierten bietet. Die neue Weiterbildungsordnung ori- entiert sich primär an der Vermittlung Dipl.-Med. Frank-Ullrich und dem Nachweis von Kompetenzen. Schulz Mit ihr wird gleichzeitig auch das elek- tronische Logbuch verpflichtend ein- der Delegierten nicht in die neue WBO befinden, können in einer Übergangs- geführt. Zudem stehen künftig mehr übernommen. zeit wählen, ob sie diese nach der al- Weiterbildungsmöglichkeiten im am- ten oder der neuen WBO abschließen bulanten Bereich zur Verfügung. Die neue Weiterbildungsordnung möchten. tritt nach der Genehmigung durch das Die neue Weiterbildungsordnung Ministerium für Soziales, Gesundheit, Nach der umfangreichen Debatte der enthält insgesamt 13 neue bzw. ange- Integration und Verbraucherschutz Muster-Weiterbildungsordnung in der passte Zusatzweiterbildungen. Die Zu- des Landes Brandenburg laut vorge- Bundesärztekammer und den Fach- satzbezeichnung Homöopathie wurde sehenem Zeitplan Ende Juli in Kraft. gesellschaften wurde über die WBO nach Diskussion und Beschlussfassung Ärzte, die sich bereits in Weiterbildung auch in den Gremien der Landesärz- tekammer Brandenburg diskutiert. Die Prüfungsausschüsse der Landesärzte- kammer bekamen Gelegenheit zur um- fassenden Stellungnahme. Die WBO wird zeitnah auf der Inter- netseite der LÄKB (www.laekb.de) veröffentlicht. Unter Einhaltung der Schutzmaßnahmen konn- te die Kammerversamm- ■ Elmar Esser lung stattfinden. Brandenburgisches Ärzteblatt 7 – 8 • 2020 | 11
KAMMERINFORMATIONEN/GESUNDHEITSPOLITIK WAHL ZUR KAMMERVERSAMMLUNG DER 9. LEGISLATURPERIODE (2021 – 2026) Grundlagen des Wahlverfahrens Im Oktober 2020 beginnt das Einreichung von Wahlvorschlägen auf- innerhalb einer Wahlliste einzelne Per- letzte Vierteljahr der aktuellen fordern und auf die einzuhaltenden sonen durch Ankreuzen unterstützt vierjährigen Wahlperiode der Kam- Voraussetzungen hinweisen. Hierbei werden. merversammlung der Landesärzte- wird zugleich bekannt geben, wie vie- Die Wählerin/der Wähler legt seinen kammer Brandenburg, womit Neu- le Mitglieder voraussichtlich zu wählen Stimmzettel in den Wahlumschlag, wahlen anzusetzen sind. Als Wahl- sind, welchen Inhalt und welche Form verschließt diesen und übersendet ihn tag wurde durch den Vorstand der die Wahlvorschläge haben müssen, im beigefügten Wahlbriefumschlag, Landesärztekammer Brandenburg wie viele Unterschriften und welche der gleichfalls zu verschließen ist, der der 20. Januar 2021 festgelegt. weiteren Erklärungen dem Wahl-Vor- Wahlleiterin so rechtzeitig, dass dieser Die Wahl wird schriftlich als Brief- schlag beizufügen sind und wo bis spä- bis zum 20. Januar 2021, 17:00 Uhr wahl durchgeführt. Spätestens am testens acht Wochen vor dem Wahltag eingeht. Verspätet eingegangene o. g. Wahltag, 17:00 Uhr, müssen bis 18:00 Uhr die Wahlvorschläge ein- Wahlbriefe können nicht mehr berück- die Wahlbriefe bei der Wahlleiterin gereicht werden können. sichtigt werden. eingegangen sein. Aufgrund der Bedeutung der Form- Anschließend wird der Wahlausschuss vorschriften wird in einer der nächsten die Stimmen auszählen und das end- Zunächst wird aus dem Verzeichnis Ausgaben des Brandenburgischen Ärz- gültige Wahlergebnis feststellen. der Kammerangehörigen ein Wähler- teblattes in einem gesonderten Beitrag verzeichnis erstellt, in das die wahl- über Form und Inhalt der Wahlvor- Die Gewählten werden von der Wahl- berechtigten Kammerangehörigen in schläge informiert. leiterin benachrichtigt und aufgefor- alphabetischer Reihenfolge mit Fami- Die vom Wahlausschuss zugelassenen dert, innerhalb von 10 Tagen schriftlich lienname, Vorname, Geburtsdatum Wahlvorschläge werden dann öffent- zu erklären, ob sie die Wahl anneh- und privater Anschrift eingetragen lich durch Aushang im Carl-Thiem-Kli- men. Gibt das gewählte Kammermit- werden. Das Wählerverzeichnis liegt nikum Cottbus, Klinikum Frankfurt/ glied bis zum Ablauf der gesetzten Frist in der Zeit vom 20. Oktober 2020 Oder, Klinikum Ernst von Bergmann bis einschließlich 2. November 2020 Potsdam und in den Ruppiner Kliniken in der Zeit von 9:00 bis 16:00 Uhr im Neuruppin sowie im Brandenburgi- Carl-Thiem-Klinikum Cottbus, im Klini- schen Ärzteblatt bekannt gegeben. kum Frankfurt/Oder, im Klinikum Ernst von Bergmann Potsdam und in den Bis spätestens zum 23. Dezember Akademie für ärztliche Fortbildung Ruppiner Kliniken Neuruppin zur Ein- 2020 wird sodann jeder/jedem im sicht seitens der Kammerangehörigen Wählerverzeichnis geführten Wahlbe- INTENSIV- aus. Darüber hinaus wird das Wäh- rechtigten an dessen Privatanschrift lerverzeichnis auch in den beiden Ge- zugesandt: VORBEREITUNG schäftsstellen der Landesärztekammer 1. ein Stimmzettel, KENNTNISPRÜFUNG Brandenburg (Dreifertstraße 12, 03044 2. ein verschließbarer Wahlumschlag Cottbus sowie Pappelallee 5, 14469 für den Stimmzettel mit dem Auf- Potsdam) ausliegen. druck „Stimmzettel", Soweit ein Kammerangehöriger das 3. ein freigemachter verschließbarer Wählerverzeichnis für unrichtig oder Wahlbriefumschlag mit der Anschrift unvollständig hält, kann er innerhalb der Wahlleiterin und der Nummer, 22. - 24. Oktober 2020 der Auslegungsfrist Einspruch einle- unter der die/der Wahlberechtigte gen. Der Einspruch ist schriftlich oder im Wählerverzeichnis eingetragen ist. zur Niederschrift in der Geschäftsstelle Foto: Anja Zimmermann M.A. - der Landesärztekammer Brandenburg, Die Wahl ist an die Wahlvorschläge Pappelallee 5, 14469 Potsdam, z. H. gebunden. Die/der Wahlberechtig- der Wahlleiterin, einzulegen und soll te kennzeichnet persönlich auf dem eine Begründung enthalten. Stimmzettel den Listen- oder Einzel Die Wahlleiterin schließt das Wähler- Wahlvorschlag, dem sie/er ihre/seine verzeichnis spätestens zwei Wochen Stimme geben will. Veranstaltungsort: Landesärztekammer Brandenburg nach Ende der Auslegungsfrist mit Fest- Pappelallee 5 14469 Potsdam stellung der Zahl aller Eintragungen ab. Jede Wählerin/jeder Wähler hat Wissenschaftlicher Leiter: nur eine Stimme, darf also nur einen Dr. med. Reinhold Schrambke Spätestens zehn Wochen vor dem Wahlvorschlag ankreuzen, sonst ist Wahltag wird die Wahlleiterin durch der Stimmzettel insgesamt ungültig. öffentliche Bekanntmachung zur Ebenso zur Ungültigkeit führt, wenn 12 | Brandenburgisches Ärzteblatt 7 – 8 • 2020
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