ROSCH HASCHANA 5777 - Illustrierte Neue Welt

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ROSCH HASCHANA 5777 - Illustrierte Neue Welt
P.B.B. VERL AGSPOSTAMT 1010 WIEN
PLUS.ZEITUNG 08Z037896 P                        AUSGABE     3 | 2016
ILLUSTRIERTE NEUE WELT
JUDENGASSE 1A /25
1010 WIEN
EINZELPREIS € 6.50

                                           AUS DEM INHALT

                                           www.neuewelt.at

                          ROSCH HASCHANA 5777
                                           Besuchen Sie unsere
                                           neu gestaltete Hompage mit
                                           aktuellen Terminen und
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ROSCH HASCHANA 5777 - Illustrierte Neue Welt
2   AUSGABE   3 | 2016

                          Zum Neujahrsfest Rosch Haschana 5777 wünscht das
                         Bundesministerium für Europa, Integration und Äußeres
                                    allen Leserinnen und Lesern alles
                            erdenklich Gute im persönlichen und beruflichen
                                                 Bereich.

                               In der Hoffnung auf Gesundheit und Frieden!

                               Ein gutes Neues Jahr – Shana Tova u Metuka

                                                                                                                                                                    Foto: Parl.Dir./Simonis
                                                                          Anlässlich des jüdischen Neujahrsfestes Rosch Haschana möchte ich
                                                                          allen Leserinnen und Lesern der Illustrierten Neuen Welt und allen
                                                                          jüdischen Bürgerinnen und Bürgern meine besten Wünsche für ein
                             Das Bundesministerium für                    gutes neues Jahr 5777 übermitteln.
                           Gesundheit & Frauen wünscht
                                                                          Wir alle hoffen und beten, dass es ein Jahr der Mitmenschlichkeit, der Versöhnung und des
                           den Neue Welt-LeserInnen ein                   Friedens wird. Dass dieser Friede kommt und bleibt, das wünsche ich Ihnen und uns allen von
                            gesegnetes Rosch Haschana.                    ganzem Herzen!
                                                                                                                    Shalom!

                             Aktuelle Infos zum Thema Gesundheit
                                          finden Sie auf bmgf.gv.at
                                                                                                               Dr. Reinhold Lopatka
                                                                                                               ÖVP-Klubobmann
                                              Entgeltliche Einschaltung
ROSCH HASCHANA 5777 - Illustrierte Neue Welt
AUSGABE   3 | 2016   3

Präsidentin des Nationalrates Doris Bures                                                           Oberrabbiner Paul Chaim Eisenberg
                                                                                                    Die hebräische Sprache                                                   mit Harmonie und Frie-
                                                                                                    ist sehr reich an Inter-                                                 den in unserem Bereich
                                                                                                    pretationen. Besonders                                                   verbreiten. Wir neigen
                                                                                                    auffällig ist, dass viele                                                oft dazu, von anderen zu
                                                                                                    Worte mehrere Bedeu-                                                     erwarten, dass sie sich
                                                                                                    tungen haben. Der Neu-                                                   weiter entwickeln und
                                                                                                    jahrstag heißt auf hebrä-                                                glauben, dass wir selbst
                                                                                                    isch Rosch Haschanah,                                                    das nicht brauchen. Dem
                                                                                                    Kopf des Jahres. Shana                                                   hält der österreichische
                                                                                                    stammt von der selben                                                    Oberrabbiner entgegen,
                                                                                                    Wurzel, wie das Wort                                                     dass wir auch ein wenig
                                                                                                    für Veränderung und                                                      flexibel sein sollten, und
                                                                                                    das gibt uns gleich eine                                                 damit eine positive Ent-
                                                                                                    Idee, wie wir das neue                                                   wicklung fördern. Inso-
Geschätzte Leserinnen und Leser der Illustrierten Neuen Welt!                                       Jahr begrüßen und be-                                                    fern können wir für eine
                                                                                                    gehen sollen. Wir sind                                                   bessere neue Welt sorgen.
Es ist mir eine persönliche Freude, Ihnen          In diesem Sinne wünsche ich Ihnen ein schö-      uns wohl alle einig, dass
meine besten Glückwünsche für das bevorste-        nes Rosh-ha-Shana und ein süßes Jahr 5777!       die Ereignisse im letzten Jahr mit Krieg und        Ich wünsche allen, Shana Tova, eine gute
hende Neujahrsfest zu übermitteln. Ich hoffe,                                                       Terrorismus uns hoffen lassen, dass das neue        Änderung.
die Feiertage bieten Ihnen die Möglichkeit zur     Shanah Tovah!                                    Jahr ein wenig anders, besser werde. Die meis-
inneren Einkehr im Kreis Ihrer Familie und                                                          ten von uns können auf das keinen Einfluss
Freunde und auch die Ruhe, um neue Vorha-                                                           nehmen. Was wir aber sicher tun können, ist
ben in Aussicht zu nehmen.                                                                          unser eigenes Verhalten zu verändern und so-

Bürgermeister und Landeshauptmann von Wien                                                          Botschafterin des Staates Israel
Dr. Michael Häupl                                                                                   Talya Lador-Fresher
                                                   Begegnung im Sinne der Worte des jüdischen       Liebe Leserinnen und Leser,
                                                   Religionsphilosophen Martin Buber, der uns
                                                   sagt, dass „alles wirkliche Leben Begegnung      dass es einem offiziellen Vertreter des Staates
                                                   ist“. Wien mit seinem jüdischen Leben und        Israel an dieser Stelle möglich ist, seine Gedan-
                                                   der aktiven Kultusgemeinde ist ein Ort der       ken mit Ihnen zu teilen, ist eine schöne Tradi-
                                                   Begegnung. Wir verbeugen uns vor dem gro-        tion. Umso mehr freue ich mich, dass ich nun
                                                   ßen Kulturerbe, das so viele Jüdinnen und        das erste Mal als Israels Botschafterin in Wien
                                                   Juden unserer Stadt hinterlassen haben. Zur      ein paar Worte an Sie richten kann. Zu Jahres-
                                                   Weltoffenheit einer Stadt wie Wien gehört        ende ist es an der Zeit, Bilanz über das vergan-
                                                   auch, dass unsere jüdische Gemeinde inner-       gene Jahr zu ziehen, neue Ideen zu sammeln
                                                   halb der letzten Jahrzehnte einen so blühen-     und auch einen Blick in die Zukunft zu wagen.
                                                   den Aufschwung genommen hat.                         Rückblickend hielt das vergangene Jahr für
                                                        Aber so sehr wir auch gegen Intoleranz      Israel einige Überraschungen bereit – manche
                                                   und Vorurteile kämpfen, unsere heutige Ge-       tragisch, viele jedoch positiv. Die Situation im
                                                   sellschaft spricht leider zu oft eine andere     Nahen Osten hat sich im letzten Jahr leider
                                                   Sprache. Die aktuelle weltpolitische Lage ist    nicht verbessert – der Bürgerkrieg in Syrien
                                                   so schmerzhaft von Hass, Angst, Gewalt und       tobt weiter und eine Lösung scheint in weiter
                                                   Ungerechtigkeiten geprägt. Aber auch in un-      Ferne. Gerade auch Europa spürt die Auswir-
                                                   serer „kleinen Welt“, im Alltagsleben, ist die   kungen dieses Krieges mit der wachsenden
                                                   Ablehnung gegenüber Menschen, die anders         Zahl von Flüchtlingen. In Israel wurden bis         feiern in diesem Jahr das 60-jährige Bestehen
Sehr geehrte Leserinnen, sehr geehrte Leser!       leben und glauben, noch zu oft manifest, aus     Ende Juli in dutzenden Messerattacken 40            diplomatischer Beziehungen, und die zahlrei-
                                                   Begegnung wird hier ignorante Distanz. Und       Israelis von Terroristen getötet und 521 wur-       chen Besuche von Politikern und Wirtschafts-
Es ist ein alter jüdischer Glaube, dass in den     das ist der Nährboden auch für Gewalt. Doch      den verletzt. Nur durch den unermüdlichen           delegationen unterstreichen das gegenseitige
zehn Tagen zwischen Rosh Hashana und Yom           Gewalt kann und soll nie die Lösung von Pro-     Einsatz von Antiterror-Einheiten gelang es,         Interesse an Austausch und Zusammenarbeit.
Kippur Gott das Buch geöffnet hat, in dem          blemen sein. Wie man auf Gewalt richtig ant-     weitere Anschläge zu verhindern. Selbst wenn        Umso mehr waren wir erfreut, in diesem Jubi-
nach zehn Tagen der Umkehr jeder eingetra-         wortet ist eine Frage, für die es eine Antwort   uns Israelis immer noch nicht jenes Verständ-       läumsjahr Außenminister Sebastian Kurz, der
gen wird, der das nächste Neujahrsfest erle-       von uns allen zu finden gilt.                    nis für unsere Lage und Probleme entgegen-          von einer Young Leaders Delegation begleitet
ben darf. Diesen Gedanken möchte ich auf-               Zum bevorstehenden Jahreswechsel            gebracht wird wie wir es uns wünschen, so           wurde, in Israel willkommen heißen zu können.
greifen, birgt er doch für alle Menschen eine      wünsche ich der jüdischen Gemeinde Shana         begreifen doch immer mehr Menschen in                   In Österreich, wie generell im Ausland,
tiefe Sinnhaftigkeit in sich. Denn jeder von       Tova 5777, viel Glück, Erfolg und vor allem      Europa, welch großen Herausforderungen sich         blickt man erstaunt auf Israel, das vor allem
uns sollte sich dafür einsetzen, dass das Buch     Gesundheit und Zufriedenheit für das kom-        Israel seit Jahrzehnten stellen muss.               in der High-Tech Industrie einen ausgezeich-
des Lebens für alle geöffnet bleibt. Es geht da-   mende Jahr.                                          Von vielen hier in Europa unbemerkt,            neten Ruf genießt. Besonders im Bereich der
rum, aktiv für Frieden und gegen Rassismus                                                          hat Israel auf diplomatischer Ebene weitere         Cybersecurity zählt Israel zur Weltspitze: mit
und Gewalt einzutreten.                                                                             wichtige Schritte gesetzt. Wir brechen nach         einer Anzahl von 250 Firmen, welche dazu
    Reden wir miteinander, leben wir mitei-                                                         Afrika auf. Premierminister Netanyahu traf          beitragen, Hackerangriffe abzuwehren und
nander, suchen wir Orte und Gedanken der                                                            im Rahmen von mehreren Staatsbesuchen               sensible Daten zu schützen, belegen wir welt-
                                                                                                    auf dem afrikanischen Kontinent mit sieben          weit den zweiten Platz.
                                                                                                    Staatsoberhäuptern zusammen. Erstmals wur-              Kooperationen werden auch weiterhin im
                                                                                                    den diplomatische Beziehungen mit Guinea            Bereich der Forschung, im wirtschaftlichen,
                                                                                                    aufgenommen und weitere Beziehungen ge-             wissenschaftlichen und kulturellen Austausch
                                         Das Titelbild stammt von Jakov Bararon                     knüpft. Auch der seit neun Jahren erste offi-       geschlossen, und Touristen aus Israel und Ös-
                                         und trägt den Titel Chaj                                   zielle Besuch eines amtierenden ägyptischen         terreich nutzen die Gelegenheit direkter tägli-
                                         Öl/Leinwand 40 x 40                                        Außenministers, Minister Sameh Shoukry, ist         cher Flugverbindungen, um das jeweils andere
                                         Das Bild zeigt eine „malerirische Illustration“            ein Zeichen dafür, dass sich Israels Position in    Land und dessen Menschen kennenzulernen.
                                         zweier hebräischen Buchstaben, die Lebens-                 der Region verbessert hat.
                                         freude aber auch Leben (Chaj) bedeuten.                        Die Hauptaufgabe unserer Botschaft in           Ich wünsche Ihnen ein erfolgreiches, süßes
                                                                                                    Wien ist, neben unseren multilateralen Auf-         und hoffentlich friedliches Neues Jahr!
                                                                                                    gaben, die Beziehungen zwischen Israel und
                                                                                                    Österreich zu pflegen. Israel und Österreich                         Shana Tova!
ROSCH HASCHANA 5777 - Illustrierte Neue Welt
4    AUSGABE   3 | 2016                                                                                                                                    ÖSTERREICH

REFLEXIONEN                                                                                                                                     PUBLIK ATIONEN
                                                                                                                                      Anfang Oktober erscheint sein

DIPLOMATISCHER
                                                                                                                                      neues Buch auf Hebräisch:
                                                                                                                                      Reflections on my mission as Israels
                                                                                                                                      Ambassador to Austria, Slovakia and
                                                                                                                                      Slovenia August 1993 – December 1995

BEZIEHUNGEN
                                                                                                                                      Bereits erschienene Werke:
                                                                                                                                      - The Jewish Factor in the relations between
                                                                                                                                        the Soviet Union and Nazi Germany
                                                                                                                                      - Israel‘s Relations with the Soviet Union
                                                                                                                                        1953-1967

JOSEF GOVRIN – ISRAELISCHER                                                                                                           - Israel‘s Relations with Romania at the end
                                                                                                                                        of Ceausescu Era, 1985-1989
                                                                                                                                      - Israel‘s relations with the East European

BOTSCHAFTER IN ÖSTERREICH                                                                                                               States, From Disruption to Resumption
                                                                                                                                      - In the Shadow of Destruction, Recollections

VON 1993-1995
                                                                                                                                        of Transnistria and Illegal Immigration to
                                                                                                                                        Eretz-Israel 1941-1947
                                                                                                                                      - Israel‘s Ministry of Foreign Affairs the First
                                                                                                                                        Fifty Years

D
          ie Beziehungen zwischen Österreich                                                                                        PLO und Israel im Jahre 1993 wurde in Öster-
          und Israel der letzten 60 Jahre kann                                                                                      reich sehr begrüßt, und Österreich engagierte
          man als sehr wechselhaft bezeichnen.                                                                                      sich sowohl politisch als auch finanziell am
Österreich hat den Staat Israel am 5. März 1949,                                                                                    Auf bau von Gaza und Samaria und unterstützte
zehn Monate nach der Unabhängigkeitserklä-                                                                                          die Friedensgespräche zwischen Israel und den
rung, anerkannt. Im Jahre 1950 wurden diplo-                                                                                        arabischen Staaten. Nicht unerwähnt bleiben
matische Beziehungen auf Konsularebene etab-                                                                                        sollte die Rolle, die Österreich in den Nachfor-
liert, die 1956 zu Gesandtschaften erhoben und                                                                                      schungen des Schicksals des israelischen Piloten
schließlich 1959 zu Botschaften erklärt wurden.                                                                                     Ron Arad spielte und dessen Schicksal bis heute
Österreich hat stets eine sehr wichtige Rolle als                                                                                   noch im Dunkeln liegt.
Transitland für die aus der Sowjetunion und aus                                                                                         Eine ganz neue und besondere Perspektive
den damaligen Oststaaten f lüchtenden Juden in                                                                                      brachte der Beitritt Österreichs in die Europä-
den Westen gespielt.                                                                                                                ische Union im Jahre 1995 und der eine enge
    Während der Kanzlerschaft von Bruno                                                                                             Kooperation mit Israel in Aussicht stellte.
Kreisky (1970 -1983) kam es zeitweise zu Dif-                                                                                           Alle diese Ereignisse trugen dazu bei, die
ferenzen, da er, obzwar er die Existenz Israels                                                                                     Zusammenarbeit und die Freundschaft beider
anerkannte, eine antizionistische und proara-                                                                                       Staaten zu verbessern und einen intensiven Di-
bische Haltung einnahm. So war er das erste                                                                                         alog, sowohl auf politischer als auch auf wissen-
Staatsoberhaupt der westlichen Welt, der offizi-                                                                                    schaftlicher Ebene, zu führen.
ell die PLO anerkannte und Yasser Arafat nicht                                                                                          Es fand ein intensiver Austausch zwischen
als Gegenleistung die Modifizierung des Paläs-                                                                                      den Universitäten beider Ländern statt – so
tinensischen Manifestes, in der die Vernichtung                                                                                     wurden zum Beispiel an der Hebrew University
Israels gefordert wird, abverlangte und der PLO                                                                                     in Jerusalem ein Institut für Austrian Studies
eine offizielle Vertretung in Österreich anbot.                                                                                     etabliert und es werden, neben der Wiener Uni-
Gleichzeitig aber bemühte sich Kreisky inten-                                                                                       versität, auch an den Universitäten der Bundes-
siv um Friedensgespräche zwischen Israel und                                                                                        länder Studienmöglichkeiten zur jüdischen und
der PLO.                                                                                                                            israelischen Geschichte angeboten.
    Meine Berufung nach Österreich 1993 habe        festiert. Höhepunkte dieser Verbesserung der         Der Vertiefung der             Auf parlamentarischer Ebene wurden die
ich mit Begeisterung aufgenommen, erstens war       Beziehungen waren die Besuche von Kanzler                                       Beziehungen zwischen der Opposition und den
                                                                                                         Beziehungen zwischen
mir seine Geschichte und Kultur sehr vertraut       Franz Vranitzky und Präsident Thomas Klestil                                    Regierungsparteien SPÖ und ÖVP intensiviert.
und zweitens sah ich darin eine willkommene         in Israel, die von historischer Bedeutung waren.     der israelischen           Eine Ausnahme bildete die FPÖ, deren Nähe
Gelegenheit, die angeschlagenen diplomatischen      Kanzler Vranitzky betonte in seiner legendären       Botschaft und der          zum Nazi-Regime nicht zu leugnen war – als
Beziehungen der beiden Länder nach der Präsi-       Rede an der Hebrew University in Jerusalem die                                  diese 2000 in die Regierung kam, wurde Israels
dentschaft von Kurt Waldheim (1986-1992) zu         Mitverantwortung Österreichs am Holocaust,           jüdischen Gemeinden, ...   Botschafter für drei Jahre abberufen.
verbessern.                                         ein Bekenntnis, das lange Zeit in Österreich, das    waren und sind ein             Intensiviert wurden auch die Beziehungen
    Der Beginn einer neuen Ära nach der Wahl        sich als erstes Opfer Hitlers sah, einen entschei-                              mit den verschiedenen Freundschaftsgesell-
von Thomas Klestil, bot die Gelegenheit, die        denden Wendepunkt im Geschichtsverständnis           besonderes Anliegen.       schaften diverser Universitäten und anderer In-
angeschlagenen diplomatischen Beziehungen           Österreichs brachte. Auch Präsident Klestil ver-                                stitutionen in Israel. Ebenso besteht ein enger
nicht nur zu erneuern, sondern auszubauen           trat diese Interpretation in seiner Rede in der                                 Kontakt zu den österreichischen Medien.
und zu vertiefen. Es fanden politische Dialoge      Knesset – dem israelischen Parlament.                                               Der Vertiefung der Beziehungen zwischen
auf allen Ebenen statt und diese freundschaft-          Einen weiteren Aspekt in den diplomati-                                     der israelischen Botschaft und den jüdischen
lichen Beziehungen wurden durch gemeinsame          schen Beziehungen bildete der Fall der Sowjet-                                  Gemeinden, insbesondere jener in Wien, wo der
Verträge auf Gebieten der Wirtschaft, Wis-          union sowie das darauf folgende Ende des Kal-                                   Großteil der jüdischen Bevölkerung lebt, waren
senschaft, Kultur sowie der Sicherheit mani-        ten Krieges. Der Vertrag von Oslo zwischen der                                  und sind ein besonderes Anliegen.
                                                                                                                                        Die Anwesenheit der israelischen Botschaft
                                                                                                                                    bei besonderen Anlässen, in der Synagoge sowie
                                     Israels Vertretung in Österreich seit 1950                                                     bei Gedenkveranstaltungen in Mauthausen und
                                                                                                                                    Ebensee, waren selbstverständlich.
          1950 Generalkonsul Arye Eschel 1955 Generalkonsul Shmuel Benzur 1958 Botschafter Yehezkiel Sahar                              All diese erwähnten und auch nicht er-
             1961 Botschafter Nathan Peled 1963 Botschafter Michael Simon 1967 Botschafter Zeev Shek                                wähnten Aktivitäten sind das Ergebnis, das
           1971 Botschafter Yitzhak Patish 1974 Botschafter Dr. Avigdor Dagan 1977 Botschafter Yaacov Doron                         Israels Botschaft in Wien – vor der Waldheim
       1979 Botschafter Issachar Ben-Yaacov 1984 Botschafter Michael Elizur 1986 Chargé d´Affaires Gideon Yarden                    Aera und insbesonders danach – verwirklichen
            1990 Botschafter Uriel (Peter) Aran 1993 Botschafter Dr. Yosef Govrin 1995 Botschafter Yoel Sher                        konnte. Abschließend ist zu vermerken, dass
         1998 Botschafter Nathan Meron 2000 Chargé d´Affaires Ilan Ben-Dov 2001 Chargé d´Affaires Avraham Toledo
                                                                                                                                    in den Beziehungen zwischen Österreich und
                                                                                                                                    Israel in den letzten Jahren auf vielen Ebenen
              2004 Botschafter Avraham Toledo 2005 Botschafter Dan Ashbel 2009 Botschafter Aviv Shir-On
                                                                                                                                    sehr viel erreicht worden ist. Die Türen stehen
                        2013 Botschafter Zvi Heifetz Nov. 2015 Botschafterin Talya Lador-Fresher                                    auf beiden Seiten offen, um weitere Kontakte zu
                                                                                                                                    intensivieren.                                 
ROSCH HASCHANA 5777 - Illustrierte Neue Welt
ISRAEL                                                                                                                                                                      AUSGABE   3 | 2016   5

                                                                                                                                                                       INW: Nein, ich meine, wenn es zu Verurteilungen
Foto: Joanna Nittenberg

                                                                                                                                                                 kommt und z. B., dass sich alles sehr auf das Palästi-
                                                                                                                                                                 nenserproblem konzentriert.
                                                                                                                                                                 M.W.: Das ist ein Punkt, wo man aus israelischer
                                                                                                                                                                 Sicht sagen kann, dass dieses Problem mit extremer
                                                                                                                                                                 Aufmerksamkeit beobachtet wird.
                                                                                                                                                                 INW: Unverhältnismäßig?
                                                                                                                                                                 M. W.: Unverhältnismäßig vielleicht und bei vielen an-
                                                                                                                                                                 deren Problemen sieht man nicht genauer hin. Das mag
                                                                                                                                                                 schon sein. Aber ich glaube trotzdem: Wenn man sich
                                                                                                                                                                 z. B. diesen letzten Bericht anschaut, es hat diesen so-
                                                                                                                                                                 genannten Quartettbericht gegeben, wo eben die USA,
                                                                                                                                                                 Europa, Russland, die Vereinten Nationen sozusagen
                                                                                                                                                                 gemeinsam die Situation analysieren. Dieser Bericht
                                                                                                                                                                 ist recht ausgewogen. Sicher, wenn man mit einer Lupe
                                                                                                                                                                 hinschaut, wird man einige Punkte finden und sagen,
                                                                                                                                                                 das ist aber unfair. Aber im Großen und Ganzen ist es
                                                                                                                                                                 eine Sicht der Dinge, die den Realitäten ziemlich nahe
                                                                                                                                                                 kommt. Ich glaube nicht, dass Europa unfair mit Israel
                                                                                                                                                                 umgeht .Der Bericht wurde von beiden Seiten kritisiert,
                                                                                                                                                                 so ist es doch wahrscheinlich, dass er relativ wirklich-
                                                                                                                                                                 keitsnahe ist. Ich meine, dass das hier ein ungelöstes
                                                                                                                                                                 Problem noch immer ist, da kommen wir nicht drum
                                                                                                                                                                 herum. Und zwar jetzt anders als in meiner letzten
                                                                                                                                                                 Funktion, wo ich Botschafter in Zypern war, auch ein
                                                                                                                                                                 ungelöstes Problem, aber ein ungelöstes Problem, wo
                                                                                                                                                                 beide Seiten damit leben, ohne dass dort immer wieder

                          ERINNERUNG AN DIE
                                                                                                                                                                 Menschen sterben, ohne dass dort Blut fließt. Es ist halt
                                                                                                                                                                 ein Frozen Conflict.
                                                                                                                                                                 INW: Gut, aber hier ist es auch ein hineingetragener
                                                                                                                                                                 Konflikt.

                          VERGANGENHEIT UND
                                                                                                                                                                 M.W.: Ein hineingetragener, aber hier ist das einer, der
                                                                                                                                                                 halt wirklich immer wieder in meiner Zeit, in diesem
                                                                                                                                                                 halben Jahr, in dem ich hier lebe, viele Opfer hervor-
                                                                                                                                                                 ruft – ältere Menschen, junge Leute... Dass Europa und

                          BLICK NACH VORNE
                                                                                                                                                                 die Welt sich damit beschäft igt – ganz von der Hand
                                                                                                                                                                 weisen kann man es nicht.
                                                                                                                                                                 INW: Welche Aktivitäten sind anlässlich dieses Jubi-
                                                                                                                                                                 läums geplant?
                                                                                                                                                                 M.W.: Also wir hatten, wie gesagt, einen sehr schönen

                          Joanna Nittenberg im Gespräch mit Österreichs                                                                                          Besuch von unserem Außenminister hier und haben
                                                                                                                                                                 dabei dieses Abkommen für die jungen Israelis und
                                                                                                                                                                 die jungen Österreicher unterschrieben. Was mir sehr
                          Botschafter in Israel, Dr. Martin Weiss                                                                                                wichtig ist. Wir haben auch einen Jugendaustausch
                                                                                                                                                                 zu diesem Anlass gemacht. Es sind 30 junge Öster-
                          INW: Wie sehen Sie jetzt die 60 Jahre im Rück-         M.W.: Insgesamt ist das Verhältnis Israels mit           Ich bin sehr froh,     reicher mit unserem Minister nach Israel gekommen.
                          blick? Ist das jetzt ein Jubelfest? Oder ist es auch   der Europäischen Union, wenn man genau hin-                                     Junge Menschen, künft ige Entscheidungsträger und
                          ein besinnliches Fest, ein besinnliches Datum?         schaut, ein sehr starkes Verhältnis. Europa ist der      wo diese Beziehung     im Gegenzug werden 30 junge Israelis im Herbst nach
                          MARTIN WEISS: A little bit of both, wie man            wichtigste Wirtschaftspartner Israels, bei weitem.       gelandet ist.          Österreich kommen,. Da haben wir die Zahl 30+30,
                          sagen würde. Es gehört beides dazu. Einerseits         Wirtschaft lichen Austausch, auch Austausch im
                                                                                                                                          Gleichzeitig vergessen das sind 60 als symbolische Zahl für dieses Jubiläum.
                          freue ich mich schon darüber, wo unsere Bezie-         Bereich z. B. Wissenschaft und Kooperation, gibt                                Wir planen im Herbst den Besuch der Nationalrat-
                          hungen heute stehen. Unser Wirtschaftsaustausch        es extrem viel. Ich habe es selber hier erlebt. Als      wir natürlich unsere   spräsidentin, der Präsidentin Bures, als Gegenbesuch
                          ist im Verhältnis zu den letzten Jahren wieder um      der Präsident der Österreichischen Akademie der          Geschichte nicht.      zu Präsident Edelstein von der Knesset, der in Wien
                          viele Prozentpunkte gewachsen. Tourismus befin-        Wissenschaften, Univ. Prof. Zeilinger, hier war, hat                            war. Wir haben möglicherweise den Besuch unserer
                          det sich auf hohem Niveau. Es waren noch nie so        er enge Kooperationen im universitären Bereich                                  Gesundheitsministerin, sowie den Besuch unseres Fi-
                          viele israelische Touristen in Österreich. Wir ha-     aufgenommen. Die Universitäten in Jerusalem                                     nanzministers, also wirklich einen Austausch auf un-
                          ben fast eine Million Übernachtungen. Und wenn         und Tel Aviv, sowie das Technion in Haifa, das                                  terschiedlichsten Gebieten, der noch nie so dicht war
                          man hier mit den Leuten spricht, meinen sehr           Weizmann Institut und noch viele andere pfle-                                   in den 60 Jahren. Ich finde es auch extrem wichtig für
                          viele: Österreich ist so schön, sowohl im Sommer       gen enge Kontakte mit österreichischen Forschern.                               unsere Politiker hierher zu kommen und diese Ge-
                          als auch im Winter. Es gibt da sehr viel Goodwill.     Also da gibt es wirklich ein enges Netz von Koope-                              spräche zu suchen, weil der Standort oft die Dinge be-
                          Heuer haben wir ein Abkommen unterschrieben,           rationen und es läuft hervorragend in beide Rich-                               stimmt. Wenn man in Israel steht und die Golanhöhen
                          dass sowohl junge Israelis in Österreich als auch      tungen. Und dann gibt es eben politische Diskus-                                sieht und die Geografie dieses Land begreift, dann se-
                          junge Österreicher in Israel arbeiten können. Die-     sionen, wo halt Europa immer wieder kritisch ist                                hen diese Dinge einfach anders aus. Und ich habe auch
                          ses Holiday To Work Agreement wird wieder viele        und vielleicht aus israelischer Sicht überkritisch.                             bei allen Besuchern, die hier waren, erlebt, wie interes-
                          künftige Möglichkeiten schaffen. Ich bin sehr froh,    Und wo man in Israel sagt, na habt ihr keine ande-                              sant, sowohl das Land als auch die Gesprächspartner
                          wo diese Beziehung gelandet ist. Gleichzeitig ver-     ren Sorgen, als sich dauernd mit diesem Problem                                 für sie waren. Man profitiert wirklich davon und das
                          gessen wir natürlich unsere Geschichte nicht. Es       zu beschäft igen. Schaut einmal selber, was ihr für                             freut mich, dass das auf so hohem Niveau stattfindet.
                          ist uns bewusst, was in unserer Vergangenheit          Probleme habt. Verstehe ich auch, diese Sicht der                               INW: Herzlichen Dank für das Gespräch.                
                          geschehen ist und wie schwierig die politischen        Dinge, aber ich glaube, wenn man auf die reellen
                          Beziehungen über die Jahre mit Israel immer wie-       Beziehungen schaut, das dichte Netz der Besuche,                Österreichische Vertretung in Israel seit 1950
                          der waren. Also, ich glaube, da muss man immer         das dichte Netz der Wirtschaft skontakte, die In-
                          wieder nach rückwärts sehen und sich an die Ver-       vestitionen, das lauft alles wie am Schnürchen, das                   1950 Konsul, ab 1952 Generalkonsul Karl Hartl
                          gangenheit erinnern und gleichzeitig nach vorne        muss auch erwähnt werden.                                                     1955 Generalkonsul Kurt Enderl
                          blicken und schauen, was es da für Möglichkei-         INW: Israel ist Europa doch auch.                                 1958 Gesandter, ab 1959 Botschafter Ernst Luegmayer
                          ten gibt. Aber dieses Jahr wird sicherlich ein gutes   M.W.: Absolut, spürt man auch.                               1962 Botschafter Walter Peinsipp 1968 Botschafter Arthur Agstner
                          Jahr. Wir hatten schon viele Besuche, auch den         INW: Ja, das spürt man, aber trotzdem sind in-
                                                                                                                                               1972 Botschafterin Johanna Nestor 1976 Botschafter Ingo Mussi
                          unseres Außenministers, und es werden noch an-         nerhalb der EU... die Stellung Österreichs ist nicht
                                                                                                                                                  1981 Botschafter Otto Pleinert 1990 Geschäftsträger, ab
                          dere hochrangige Besuche erwartet. Und in den          immer so, wie es sich Israel wünschen würde.
                                                                                                                                                 1992 Botschafter Kurt Hengl 1994 Botschafter Herbert Kröll
                          Gesprächen, die stattfanden, gab es eine wirklich      M.W.: Nicht immer hundertprozentig vielleicht,
                          gute Vertrauensbasis, das habe ich persönlich          wie man es sich wünschen würde, aber das Ver-                  1998 Botschafter Wolfgang Paul 2002 Botschafter Kurt Hengl
                          miterlebt.                                             hältnis ist sehr gut und sehr vertrauensvoll. Also           2008 Botschafter Michael Rendi 2012 Botschafter F. Josef Kuglitsch
                          INW: Wie sehen Sie die Beziehung Österreichs           es ist nicht so, dass man sagt, man hat jetzt so viele                     Nov. 2015 Botschafter Martin Weiss
                          und der EU zu Israel?                                  offene Fragen oder offene Themen.
ROSCH HASCHANA 5777 - Illustrierte Neue Welt
SINAI – DAS GELOBTE LAND
DER ISLAMISTEN?                                                                                                                                                                           GIL YARON

D
          ie Straßenschilder beweisen es. Bis vor    aus Angst vor Angriffen aus dem Sinai wei- gerüstet. Jetzt rollen Panzer durch die Wüste,          So wurden vom Sinai wiederholt Raketen ab-
          kurzem galt eine Kollision mit einem       ter erhöht werden musste. Sinai – das gelobte gedeckt von Ägyptens Luftwaffe, die das eigene       geschossen. Seitdem im August 2011 bei einem
          Kamel als die größte Gefahr bei ei-        Land der Islamisten? Nicht ganz: „Ägypten Land mit Kampfflugzeugen und Hubschrau-                  Grenzüberfall einer Dschihadistenzelle acht Is-
nem Besuch von Israels erster Friedens- und          macht gewaltige Anstrengungen den IS end- bern bombardiert. Al-Sisi erklärte vor einem             raelis ermordet wurden, ist die 182 Kilometer
zweitlängsten Landgrenze. In den Sanddünen,          gültig zu besiegen“,                                                         Monat im Fernse-      lange Route 10, entlang des Zauns, für Zivi-
an der Grenze zur ägyptischen Sinai-Halbin-          sagt Malcha. Seit                                                            hen, die Terroris-    listen geschlossen. Die Grenzanlagen wurden
sel, warnt alle paar Kilometer ein dreieckiges       vier Jahren gilt hier          In Syrien und Irak mögen die                  ten kontrollierten    erneuert, neueste Aufklärungsgeräte aufgestellt,
Straßenschild in Form eines rot umrahmten            e i ne Aus g angs -                                                          höchstens drei Pro-   neue Bataillone für den Grenzschutz gegrün-
                                                                                  Dschihadisten auf dem Rückzug
schwarzen Dromedars Autofahrer vor den               sperre. Ab vier Uhr                                                          zent des Sinai. Der   det. Zum anderen, weil die wohl noch größere
streunenden Wüstenschiffen. Doch die Sol-            nachmittags steht             sein. Doch im Sinai können sie                 Befehlshaber der      Gefahr für Israel von der intensiven Zusam-
daten von Oberstleutnant Yaron Malcha, der           das zivile Leben im         trotz intensiver, fast rückhaltloser             Truppen auf der       menarbeit zwischen dem IS im Sinai und der
in der israelischen Armee für diesen Grenz-          Norden der Halbin-                                                           Halbinsel, Osama      radikal-islamischen Hamas im Gazastreifen
abschnitt mitverantwortlich ist, sehen sich          sel still, wenn Bür-            Anstrengungen der größten                    Askar, prahlte die    herrührt. So sollen verwundete IS-Kämpfer in
seit wenigen Jahren einer ungleich größeren          ger dazu gezwun-              arabischen Armee stets neue                    Halbinsel befände     Gaza behandelt werden, andere werden hier
Bedrohung gegenüber: „Fast täglich hört man          gen sind, in ihren                                                           sich wieder „voll     militärisch ausgebildet. Im Gegenzug bietet der
hier die Kämpfe zwischen der ägyptischen Ar-         Häusern zu bleiben.
                                                                                     Erfolge für sich verbuchen.                  unter Kontrolle der   IS geschmuggelte Waffen und Geld. In der Ver-
mee und den Islamisten auf der anderen Seite         Nach besonders                                                               Armee.“               gangenheit kooperierten die Islamisten bei der
der Grenze“, sagt der Offizier. Die Terrormiliz      blutigen Attacken                                                                Doch mit der      Planung und Ausführung von Attentaten auf
wolle sich jedoch nicht mit dem Kampf ge-            der Islamisten im Januar 2015, die mindestens Realität scheint das nur wenig zu tun zu haben.      Israel und angeblich auch auf ägyptische Stel-
gen das Regime in Kairo begnügen: „Der IS            dreißig Soldaten und Zivilisten töteten, ver- Denn selbst die streng zensierten ägyptischen        lungen. Schadi al Manai, einer der wichtigsten
im Sinai will auch uns angreifen“, so Malcha.        doppelte die Regierung in Kairo ihre Anstren- Medien, die im Sinai noch strengeren Auflagen        Führer des IS im Sinai, soll Gaza unlängst einen
In Syrien und Irak mögen die Dschihadisten           gungen gegen die Terroristen. Präsident Abdel unterliegen, berichten ununterbrochen wie ak-        weiteren Besuch abgestattet haben, um die Ko-
auf dem Rückzug sein. Doch im Sinai können           Fatah Al-Sisi fasste alle Armeekräfte östlich des tiv der IS dort noch ist.                        operation zu intensivieren.
sie trotz intensiver, fast rückhaltloser Anstren-    Suezkanals unter einem Befehlshaber zusam-            Es kam ein Rekrut der Polizei durch eine          Nicht nur die Islamisten, auch Ägypten
gungen der größten arabischen Armee stets            men. Er bat und erhielt Israels Zustimmung, Explosion ums Leben, zeitgleich wurde der              und Israel arbeiten deswegen immer enger
neue Erfolge für sich verbuchen. „Sie zählen         die Truppen in der Halbinsel – Anzahl und stellvertretende Kommandant der Polizeista-              zusammen. So zitierte Bloomberg News einen
tausende Kämpfer. Sie sammeln ständig neue           Bewaffnung sind durch eine Klausel des Frie- tion, Al-Kasima, in Al Arish erschossen, seine        „hochrangigen israelischen Beamten“ der be-
Kampferfahrung und stocken ihr Waffenar-             densvertrags begrenzt – auszutauschen und Dienstwaffe gestohlen. Wenige Tage später, am            stätigte, dass sein Land auf Anfrage der Ägyp-
senal auf.“                                          aufzustocken. Und so sieht Malcha „inzwi- 28. Juli, wurde ein Soldat von einer Bombe ge-           ter Drohnen im Sinai einsetze und sogar aktiv
     So sehr ist hier die Gefahr gewachsen, dass     schen ganz andere ägyptische Soldaten auf der tötet. Am Tag zuvor kamen bei einer weiteren         in die Kämpfe gegen den IS eingreife. Bisher
die Bereitschaft der israelischen Truppen an         anderen Seite der Grenze“: Besser ausgerüstet, Explosion an einer Autobahn, südlich von Al         schwiegen sich Jerusalem und Kairo über
der Grenze seit dem Fastenmonat Ramadan              höher motiviert, mit modernstem Kampfgerät Arish, drei Personen ums Leben.                         diese Zusammenarbeit aus, die anscheinend
                                                                                                           Anfangs hieß, es habe sich um Zivilisten     seit 2013 stattfindet. Es gibt auch sichtbare
                                                                                                       gehandelt, später erklärten staatliche Medien,   Beweise für die Annäherung wie der histori-
                                                                                                       die Opfer seien drei gesuchte Terroristen, die   sche Besuch des ägyptischen Außenministers
                                                                                                       beim Legen einer Bombe offensichtlich einen      Sameh Schukri in Jerusalem, Anfang Juli – die
                                                                                                       Fehler gemacht hatten. Ende Juni erschoss ein    erste Visite seit 2007.
    Israel rettet weiterhin                        Syrern das Leben                                   Anhänger des IS einen koptischen Priester in          Doch selbst die von Israeli unterstützten
                                                                                                       Al Arish am helllichten Tag.                     Offensiven haben kaum Aussicht, den Sinai
   Bei heftigem Artillerie-Beschuss in der sy-       und befanden sich in akuter Lebensgefahr.             Neben diesen Nadelstichen gibt es auch       zu befrieden, solange sie nicht von umfassen-
   rischen Grenzregion zu Israel durch das           Sie ächzten unter den Schmerzen. Michel           immer wieder größere Attacken, wie im März,      den politischen Maßnahmen begleitet werden.
   Assad-Regime wurde in der vergangenen             Pushkov, ein Sanitäter, der als Ersthelfer vor    als 13 Soldaten bei einem Angriff auf einen      Denn die Terroristen „haben großen Rückhalt
   Woche auch ein medizinisches Zentrum              Ort war und die beiden Kinder behandelte,         Checkpoint ums Leben kamen. Und strate-          in der Bevölkerung“, so Malcha: „Sie sitzen in
   in Quneitra beschossen. Acht dabei schwer         beschrieb die Situation so: „Wir brachten         gische Attentate, wie die Bombe, die vergan-     den Moscheen, Schulen, Wohnhäusern, bedie-
   verletzte Syrer, die teilweise in Lebensge-       eine Menge medizinisches Material mit, da         genen Oktober an Bord eines russischen Pas-      nen Dich im Tante Emma Laden.“
   fahr schwebten, wurden an den Grenzzaun           wir wussten, dass das eine riesige Sache war.     sagierjets in Sharm el-Sheikh geschmuggelt            Nach Jahrzehnten der Diskriminierung
   zu Israel gebracht. Zwei von ihnen waren          Die Kinder sahen furchtbar aus. Wir gaben         wurde und nach dessen Absturz die ägypti-        durch die Zentralregierung in Kairo haben
   Kinder im Alter von 7 und 11 Jahren. Die          ihnen Medizin und obwohl sie Angst hat-           sche Tourismusindustrie – eine der wichtigs-     sich die dortigen Beduinenstämme nämlich
   Verletzungen – starke Blutungen, schwere          ten, beantworteten sie unsere Fragen. Als         ten Devisenquellen des Regimes – vollkom-        auf Seite des IS geschlagen: „Ein tiefer Gra-
   Verbrennungen, Kopfverletzungen, Schuss-          sie verstanden, dass wir da waren, um ih-         men zum Erliegen brachte. Insgesamt sollen       ben trennt die Stämme vom Staat“, bestätigte
   wunden – waren so schwerwiegend, dass             nen zu helfen, sahen sie glücklicher aus.“        in den vergangenen vier Jahren mehr als 700      Scheich Naim Dschabr, der Koordinator der
   die Israelischen Verteidigungsstreitkräfte             Die Grenzregion zu Israel ist seit ver-      Soldaten und Zivilisten und bis zu 2.000 Is-     Stämme des Nordsinai, der Nachrichtenweb-
   (ZAHAL) sich trotz der damit verbunde-            gangenem Jahr unter Kontrolle der Rebel-          lamisten ums Leben gekommen sein. Kein           site Al Monitor. Daran dürfte selbst ein am-
   nen Risiken entschlossen, die Verletzen           len und islamistischen Extremisten. Das           Wunder also, dass selbst der parlamentarische    bitionierter Entwicklungsplan Al-Sisis kaum
   mit einem Hubschrauber in verschiedene            Assad-Regime versucht derzeit mit den             Untersuchungsausschuss zur Lage im Sinai die     etwas ändern und der von den Saudis finan-
   Krankenhäuser zu evakuieren. Sieben me-           Kämpfen die Region zurückzuerobern.               geplante Reise von Kairo zur Halbinsel ständig   ziert werden soll: „Er lässt nämlich genau die
   dizinische Teams, unter ihnen hochran-                 Vor drei Jahren begann Israel aus huma-      wieder verschiebt.                               Gegenden im Nordsinai aus, in denen die här-
   giges medizinisches Personal, wurden in           nitären Gründen verwundete Syrer zu be-               Dieser Zustand wird für Israel zu einer      testen Kämpfe stattfinden“, so Dschabr. Dort
   das Gebiet gerufen. Die zwei Kinder hat-          handeln. Seitdem waren 2500 Syrer in Israel       wachsenden Bedrohung. Zum einen, weil die        trauen sich selbst Ägyptens Elitesoldaten nur
   ten am ganzen Körper Verbrennungen                in Behandlung.                                   erstarkenden Islamisten den Judenstaat an-       in gepanzerten Formationen hin, während der
                                                                                                       greifen könnten – wie in der Vergangenheit.      IS weiter blüht.                              
ROSCH HASCHANA 5777 - Illustrierte Neue Welt
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MÜNZE „ÖSTERREICH“

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ÖSTERREICH
PRÄGT

Was ist Österreich? Gewiss der Großglockner, freilich der Skisport, bestimmt das Wunderkind
Mozart, ferner der Habsburger Franz Joseph I.; Österreich, das ist auch seine Kunst, auf der Münze
vertreten durch Klimt. Aber was ist Österreich noch? – Österreich ist seine Kinder. Die entzückende
Gemeinschaftszeichnung einer Kapfenberger Schulklasse ist auf einer Münzseite zu bewundern. –
Als krönender Abschluss des Bundesländer-Reigens: die „Österreich-Münze“.
Erhältlich aus Silber edel verpackt oder aus Kupfer zum Nennwert in den Geldinstituten, im Sammel-
service der Österreichischen Post AG, in den Filialen des Dorotheums, im Münzhandel, im Münze
Österreich-Shop Wien sowie unter www.muenzeoesterreich.at.
MÜNZE ÖSTERREICH – WERTE, DIE DAS LEBEN PRÄGT.
ROSCH HASCHANA 5777 - Illustrierte Neue Welt
8     AUSGABE   3 | 2016

Der Einsatz von ABC-Waffen als Mittel des Krieges wurde von der
internationalen Staatengemeinschaft geächtet. Selbstmordattentaten
hingegen wurde im UN-System bis heute nicht ausdrücklich jede
Legitimation abgesprochen. Sie gelten nicht nur radikalen Islamisten
als gerechtfertigtes Kampfmittel. Während aber Muslime und selbst
manche Islamisten sich zunehmend von Suicide Attacs distanzieren,
bleibt die westliche Politik indifferent.

„IHR LIEBT DAS LEBEN,
 WIR DEN TOD!“
DIE KRIEGSWAFFE DES SELBSTMORDATTENTATS
IST BIS HEUTE NICHT EXPLIZIT GEÄCHTET
                                                                                                                                                                        MATTHIAS KÜNTZEL

D
         as Grauen, das uns nach den              schen Staat mit Luftschlägen zu treffen, grei-    Andere Verse rufen die Muslime dazu            Martyrium Husseins der Kern der schii-
         Brüsseler Terroranschlägen erneut        fen deshalb zu kurz, solange dies eine nicht auf, den Tod mehr zu lieben als das Leben:          tischen Ideologie und der Ashura-Tag das
         erfasst, beginnt mit den Selbstmor-      gelingt: Die Kriegsform des Selbstmordatten- „Dieses irdische Leben“, heißt es zum Bei-          höchste Fest gläubiger Schiiten.
dattentätern selbst. Sie haben in sich einen      tats als ein Verbrechen gegen die Menschheit spiel in Sure 29, Vers 64, „ist nichts als Zeit-        So ist es kein Zufall, dass auch die Sekte
existenziellen Willen abgetötet, der eigentlich   politisch und juristisch so zu ächten, wie man vertreib und ein Spiel, und siehe, die jensei-    der Assassinen schiitisch war. Deren Ka-
allen Lebewesen gemeinsam ist: den Überle-        einst den Einsatz der ABC-Waffen geächtet tige Wohnung ist wahrlich das Leben.“ Der              der hatten bereits im 11. Jahrhundert den
benswillen. Wer aber entschlossen ist, sein       hat.                                           Märtyrertod gilt als besonders attraktiv: Wer     Tod mehr als das Leben geliebt. Und doch
Leben zu opfern, lässt sich durch nichts ab-          Tatsächlich aber findet diese Forderung, als Märtyrer stirbt, dem werden alle Sünden         hatte ihre Kampfform mit jener der heuti-
schrecken und ist zu jedem Verbrechen bereit.     die in der Vergangenheit von Organisationen vergeben. Zugleich wird das Leben nach dem           gen Suicide Bomber wenig gemein: Erstens
    Bisher war Krieg, von einigen Ausnah-         wie Human Rights Watch und Einzelperso- Tod mit sexuellen Verlockungen schmack-                  erdolchten die Assassinen stets sorgfältig
men abgesehen, eine räumlich und zeitlich         nen wie dem Holocaust-Überlebenden Elie haft gemacht: „Jungfrauen mit schwellen-                 ausgewählte Herrscher, also Einzelpersonen,
begrenzte Ausnahmesituation. Selbstmord-          Wiesel erhoben wurde,                                                den Brüsten“, aber auch     denen sie sich inkognito näherten. Und zwei-
terroristen heben diese Begrenzungen auf.         auch nach den Anschlä-              Die Kriegsform des               „unsterbliche Knaben“       tens töteten sie niemals sich selbst, sondern
Ihr Tatort ist der Flughafen, die U-Bahn,         gen von Brüssel und                                                  verspricht der Koran,       nahmen nach dem Mord ihre Hinrichtung
der Konzertsaal, das Café, die Moschee oder       Paris kein Gehör. Viele            Selbstmordattentats               die der Märtyrer in den     in Kauf. Allerdings setzte man damals schon
der Markt – Orte, an denen sich Menschen          scheinen das Selbst-            als ein Verbrechen gegen             „Gärten der Wonne“ ge-      den Überlebenswillen mittels Paradiesver-
sammeln.                                          mordattentat für ein                                                 nießen könne. Hierauf       sprechungen außer Kraft. Daran knüpfte
    In Paris kostete die Mordorgie vom 13.        Grundmerkmal des Is-             die Menschheit ist poli-            auf bauend entwickel-       der iranische Revolutionsführer Ajatollah
November 130 Menschen das Leben, 352              lam oder zumindest des          tisch und juristisch so zu           ten die 1928 in Ägypten     Khomeini an. „Wir siegen, indem wir töten
wurden verletzt. Die Kriegsführung der            Islamismus zu halten.                                                gegründeten Muslim-         und indem wir getötet werden“, erklärte er
                                                                                 ächten, wie man einst den
Selbstmordattentäter ist besonders heimtü-        Doch diese Annahme                                                   brüder ihren Märtyrer-      im September 1979. Die natürliche Welt sei
ckisch: So hatten sich die Attentäter am Flug-    ist falsch. In Wirklich-         Einsatz der ABC-Waffen              kult: Für sie war und ist   nur „der Abschaum der Schöpfung“, das
hafen von Brüssel als Touristen getarnt, um       keit sind der islamis-                  geächtet hat.                „der Tod für die Sache      Jenseits aber eine „göttliche Welt, die uner-
diejenigen zu zerfetzen, die sie arglos in ihre   tisch motivierte Selbst-                                             Gottes ihr erhabenster      schöpflich“ ist. Khomeini beließ es nicht bei
Mitte ließen.                                     mordattentäter und die                                               Wunsch.“                    Worten. 1982, im Krieg zwischen dem Irak
    Das scheinbar Sinnlose folgt einem klaren     Selbstmordattentäterin eine historisch neue       Und doch war ihr Aufruf, den Tod im            und dem Iran, schickte der Revolutionsfüh-
Konzept. „Selbstmordattentate bringen dem         Figur. Vor 35 Jahren hat es ihn noch nicht Zuge des Djihad gegen Ungläubige nicht zu             rer tausende iranische Kinder ab zwölf Jah-
Feind das größtmögliche Grauen bei relativ        gegeben.                                       fürchten, von der heutigen Praxis des suizi-      ren in den sicheren Tod: Er veranlasste sie,
geringen Verlusten für die Islamistische Be-          Von 1979 bis 1989 führten sunnitische dalen Massenmords, bei dem die Täterin und             die Minenfelder mit ihren jungen Körpern zu
wegung“, schrieb al-Qaida-Führer Ayman            Islamisten, unterstützt von den USA, ihren der Täter den Selbstmord willentlich vorbe-           räumen, um, so die Propaganda, ins Paradies
al Zawahiri im Jahr 2001. Am besten seien         Krieg gegen die Sowjets in Afghanistan. In reiten, weit entfernt.                                zu kommen. Vor den Einsätzen wurde ihnen
Anschläge, die möglichst viele ZivilistInnen      diesem Zeitraum gab es dort kein einziges         Die frühen Ideologen des Islamismus            ein silberner Plastikschlüssel um den Hals
töten: „Das verbreitet bei den Völkern des        Selbstmordattentat. Dies hatte einen einfa- wollten keine Muslime, die durch Sterben             gehängt, der ihnen die Pforten zum Paradies
Westens den größten Schrecken. Das ist die        chen Grund: Das Suicide Bombing wider- kämpfen, sondern solche, die durch Kämp-                  öffnen werde.
Sprache, die sie verstehen.                       spricht den Vorgaben des Koran. Erstens fen sterben; die in auswegloser Situation ihr                Diese Lüge verfing. „Sie kommen in rie-
    Inzwischen wurden sie vor allem zu ei-        verbietet auch der Islam das Menschenopfer Leben also eher opfern als zu kapitulieren.           sigen Horden“, klagte 1982 ein irakischer Of-
nem Schrecken für die islamische Welt, mor-       für Gott, zweitens ist die Tötung beliebiger Dies ist von der Praxis späterer Selbstmor-         fizier. „Man kann die erste Welle erschießen,
den sie doch in erster Linie Muslime und          Menschen, die sich zufällig am Ort des Mas- dattentäter, die sich willentlich in einer kei-      auch die zweite, aber irgendwann türmen sich
Musliminne in Syrien, Irak, Afghanistan           sakers befinden, verboten und drittens ist die neswegs ausweglosen Situation in den Tod          vor dir die Leichen, dass du nur noch heulen
oder Pakistan. Selbstmordattentate bedro-         Selbsttötung strikt untersagt. „Begeht nicht stürzen, weit entfernt.                             und dein Gewehr wegwerfen willst, das sind
hen gleichzeitig die Grundvoraussetzungen         Selbstmord“, heißt es in Sure 4, Vers 29 des      Es bedurfte der Beihilfe der islamisti-        doch alles Menschen.“
demokratischer Gesellschaften, denn sie nö-       Koran: „Wer dieses tut (…), den werden wir schen Schiiten, um die Kluft zwischen Mär-                Im November 1982 kopierte der 15-jäh-
tigen diese, entweder die Freiheit zu opfern,     brennen lassen im Feuer.“                      tyrerverherrlichung und Selbstmord-Kultur         rige Schiit Ahmad Qusayr erstmals diese
um Sicherheit zu schaffen, oder Unsicherhei-          Gewiss: Es finden sich im Koran zahllose zu schließen. Denn für Schiiten ist Hussein,        Methode und sprengte in der libanesischen
ten und permanente Furcht zu akzeptieren.         Verse, die das Töten ausdrücklich empfehlen. der Enkel Mohammeds, die religiöse Schlüs-          Stadt Tyros sich selbst und mehrere Israelis
    All die Rufe nach besserer Überwachung        „Und wenn ihr die Ungläubigen trefft“, heißt selfigur. Hussein wurde grausam niederge-           in die Luft. Khomeini erklärte Qusayr zum
und geheimdienstlicher Operation, wie sie         es zum Beispiel im vierten Vers der 47. Sure, metzelt, weil er sich im Jahr 680 ohne die ge-     „Helden des Islam“ und ließ ihm in Teheran
auch nach den Brüsseler Anschlägen zu hö-         „dann herunter mit dem Haupt, bis ihr ein ringste Überlebenschance in die berühmte               ein Denkmal errichten: Das Kampfmittel des
ren waren, und all die Versuche, den Islami-      Gemetzel unter ihnen angerichtet habt.“        Schlacht von Kerbala stürzte. Seither ist das     suizidalen Massenmords war geboren.
ROSCH HASCHANA 5777 - Illustrierte Neue Welt
TERRORISMUS                                                               AUSGABE   3 | 2016   9

                                                                                                 Selbstmordattentats nicht wieder in die Fla-     „Gesetz zur Bekämpfung des internationa-
                                                                                                 sche zurückbeordern können – doch bezeugt        len Terrorismus“ darauf, die Befugnisse der
                                                                                                 auch seine Korrektur, dass sich in relevanten    Geheimdienste zu erweitern, ohne sich an
                                                                                                 Sektoren der islamischen Geistlichkeit etwas     einer Definition von „Terrorismus“ auch nur
                                                                                                 tut. Darauf kommt es an. Denn der Todeskult      zu versuchen.
                                                                                                 der Suicide Bomber wird nur dann überwun-
                                                                                                 den werden können, wenn ihn die islamische       Linke Verharmlosung
                                                                                                 Welt systematisch delegitimiert.                 und Ignoranz
                                                                                                     Davon kann heute aber leider noch keine    Ein möglicher Grund für diese Zurückhal-
                                                                                                 Rede sein. Dies belegt eine erst kürzlich be-  tung ist die Weigerung, die offensive Ideo-
                                                                                                 kannt gewordene Broschüre der türkischen       logie des Islamismus wirklich zur Kenntnis
                                                                                                 Religionsbehörde Diyanet, in der Kindern       zu nehmen. Immer wieder wird der isla-
                                                                                                 das Märtyrertum beigebracht wird. Die          mistische Selbstmordterror als Verzweif-
                                                                                                 Diyanet ist als türkisch-islamischer Dach-     lungstat gegen Israel oder den Westen rati-
                                                                                                 verband auch in Deutschland und Österreich     onalisiert und als „Waffe der kleinen Leute“
                                                                                                 die einf lussreichste Organisation für Mus-    romantisiert.
                                                                                                 lime, berichtet Ednan Aslan, ein islamischer       „Was sollen die Armen machen im Vorde-
                                                                                                 Religionspädagoge aus Wien. „In einem von      ren Orient, die seit Jahren dem Kolonialismus
                                                                                                 ihr veröffentlichten Comic diskutiert ein Va-  ausgesetzt sind?“, fragte zum Beispiel Oskar
                                                                                                 ter mit seinen Kindern, warum es gut ist, als  Lafontaine Anfang 2016 auf einer Großver-
                                                                                                 Märtyrer zu sterben. Seine Tochter beklagt     anstaltung der Linkspartei. „Sie haben keine
                                                                                                 sich, dass sie als Mädchen von dieser Ehre     Bomben, sie haben keine Raketen, sie haben
                                                                                                 ausgeschlossen bleibt. Daraufhin erklärt ihr   keine Heere, die sie auf den Weg bringen
                                                                                                 der Vater, was der Prophet sagt: Wer die Ab-   können, um ihre Interessen zu wahren – und
                                                                                                 sicht zum Martyrium habe, werde auch wie       dann greifen sie zum Selbstmordattentat. Das
                                                                                                 die Märtyrer von Sünden befreit, er fühle den  zeigt doch die ganze Perversion unserer Welt-
                                                                                                 Schmerz des Todes nicht.“                      ordnung, dass sich Menschen nur so noch
    Es vergingen mehr                                                      Während 2005 nur                                                     wehren können.“ Lafontaine lässt außer Acht,
                                 In jüngster Zeit erreichte                                      Versagen der
als zehn Jahre, bevor                                                  11 Prozent der Jor-                                                      dass Selbstmordattentate in erster Linie Mus-
auch sunnitische Isla-              der Islamische Staat               danierInnen Selbstmor-    internationalen Politik                        lime konkurrierender Glaubensrichtungen
misten ihre religiös be-            seine Bodengewinne                 dattentate grundsätz-     Wollte die Internationale Gemeinschaft den zerfetzen. Er ignoriert, dass die Attentäter
dingten Skrupel über-                                                  lich ablehnten, waren     Horror islamistischen Terrors überwinden, ausweislich ihrer letzten Videoaufzeichnun-
wanden: 1993 starteten           nicht zuletzt mithilfe der            es 2014 bereits 55 Pro-   müsste sie die Selbstmordattentate als „Ver- gen den suizidalen Massenmord keineswegs
die Al-Qassam-Briga-             Schockwirkung massen-                 zent. Dementsprechend     brechen gegen die Menschheit“ kennzeich- verzweifelt, sondern hoffnungsfroh und stolz
den der Hamas ihre                                                     ging die Zustimmung       nen und all diejenigen, die den Suicide Terror begehen. Er will nicht sehen, dass ihre Tat
erste Selbstmord-Ope-
                                      haft  eingesetzter               zu Selbstmordattenta-     propagieren, ächten, isolieren und bestrafen. nicht die Verbesserung der Welt, sondern
ration. Obwohl theolo-             Selbstmordattentäter.               ten in Jordanien von          Davon ist man aber weit entfernt. Zwar ihre Unterjochung unter Allahs Gesetz be-
gisch weiterhin umstrit-                                               57 Prozent in 2005 auf    wurde der 2002 geschaffene Internatio- zweckt. Seine Rechtfertigung des Terrors fällt
ten, setzte sich dieses                                                15 Prozent in 2014 zu-    nale Gerichtshof mit der Aufgabe betraut, all den Muslimen und Musliminnen in den
Kampfmittel einige Jahre später im Zuge der rück. Im Libanon stieg die Ablehnungsrate            den Tatbestand des „Verbrechens gegen die Rücken, die gegen die Talibanisierung ihrer
zweiten Intifada durch. Mittlerweile hat es im gleichen Zeitraum von 33 auf 45 Prozent,          Menschheit“ zu definieren und zu ahnden. Lebensumstände kämpfen.
sich global verbreitet: 2013 hatte es weltweit in Pakistan von 46 auf 83 Prozent und in In-      Was unter derartigen Verbrechen zu verste-         Es ist bezeichnend für die gegenwärtige
305 Selbstmordattentate gegeben. 2014 wa- donesien von 66 auf 76 Prozent.                        hen ist, legt Artikel 7 des Römischen Statuts Situation, dass kurz nach dem Pariser Mas-
ren es 592 Angriffe – eine Steigerung um 94          Darüber hinaus grenzen sich derzeit         in dreizehn Einzelpunk-                                                saker ein führender
Prozent.                                         wichtige Sprecher der sunnitischen Welt von     ten fest. Der Unterpunkt                                               Politiker der Linken
    In jüngster Zeit erreichte der Islamische diesem Kampfmittel ab. Zu ihnen gehört             „Suicide Terror“ taucht             Die Rechtfertigung                 den Selbstmordterror
Staat seine Bodengewinne nicht zuletzt mit- Muhammad Aal Al-Sheikh, ein bekannter                in dieser Auf listung je-        des Terrors fällt all den             an derart prominenter
hilfe der Schockwirkung massenhaft einge- saudischer Journalist, der im September 2015           doch nicht auf.                                                        Stelle rechtfertigt, ohne
setzter Selbstmordattentäter. Dem Bericht in der regierungseigenen Zeitung Al-Jazirah                Die Staatengemein-
                                                                                                                                 Muslimen und Muslimin-                 dass die Öffentlichkeit
eines IS-Kommandeurs zufolge begannen alle „vernünftigen Theologen“ dazu aufrief,                schaft, einschließlich           nen in den Rücken, die                daran groß Anstoß
Angriffe mit dem Einsatz von PKWs, deren gegen Selbstmordattentate vorzugehen:                   Deutschlands, ist sich          gegen die Talibanisierung              nimmt.
Fahrer sich mittels einer Ladung Sprengstoffs        „Wenn die religiösen Gelehrten des sau-     bis heute noch nicht                                                       Die Verachtung des
in die Luft jagten. Es folgte eine zweite Welle dischen Königreichs … es den Herrschern          einmal darüber einig,             ihrer Lebensumstände                 Lebens breitet sich der-
von Suicide Bombers, die sich zu Fuß in die in der gesamten muslimischen Welt erlaub-            ob es sich bei Selbstmor-                  kämpfen.                    weil nicht nur in Form
Reihen ihrer Gegner schleusten, um dort ten, einen jeden zu beobachten, zu bestrafen             dattentaten um Terror                                                  der Selbstmordatten-
hochzugehen. Erst im dritten Schritt folgte und abzuschrecken und Selbstmord-Opera-              handelt oder nicht. Aus                                                tate aus. Die Kultur des
das Gros der Bodenkämpfer, die die Reihen tionen zu unterstützen – dann würden wir               eben diesem Grund sind die Verhandlungen Todes manifestiert sich auch in der Praxis
der verstörten und verängstigten Verteidi- nicht nur die Hände von ISIS und Al-Qaida             über eine Umfassende Konvention über den der „menschlichen Schutzschilde“, die von
ger mit Leichtigkeit durchbrachen. Auf diese binden, sondern auch den Islam gegen jene           Internationalen Terrorismus, die die Ver- Hamas und Hisbollah begonnen und vom
Karriere des Selbstmordattentats ist das ira- verteidigen, die mit ihm spielen und ihn           einten Nationen 1996 zu führen begannen, Islamischen Staat übernommen worden ist.
nische Regime auch jetzt noch stolz.             geringschätzen.“                                seit Jahren blockiert. Hierbei bestehen ins-       Im Juli 2014 wurden während des Ga-
    „Wir sehen heute, dass sich die Liebe zum        Auch wenn es am wahabitischen Islam         besondere die Mitgliedstaaten der Organi- za-Kriegs 260 Hamas-Raketen von Schu-
Märtyrertum wie ein Lauffeuer alltäglich in der Saudis nichts zu verteidigen gibt, deutet        sation für Islamische Zusammenarbeit auf len abgefeuert, 160 von Moscheen und an-
jedem Land auf der Welt verbreitet“, jubilierte sich in diesem Punkt die Möglichkeit einer       eine Konvention, die die Selbstmordattentate deren religiösen Einrichtungen, 50 von
im Februar 2015 Ali Shirazi, der Vertreter des Trendwende zumindest an.                          von Hisbollah und Hamas vom Terror-Ver- Krankenhäusern sowie 597 von sonstigen
iranischen Revolutionsführers Ali Khamenei           Nicht minder überraschend war die Er-       dikt ausklammert und als Widerstand gegen Bevölkerungszentren.
bei den Revolutionären Garden. Es sei ent- klärung des prominentesten Muslimbruders,             „fremde Besatzung“ implizit legitimiert.           Selbstmordattentate sind generell zu verur-
scheidend, die „Kultur des Märtyrertums Scheich Yusuf al-Qaradawi, der zu den ext-                   Die EU hat zwar in ihrem Rahmenbe- teilen. Auch Organisationen wie die PKK oder
am Leben zu erhalten“, erklärte 2015 auch remsten, islamistischen Ideologen der Gegen-           schluss zur Terrorismusbekämpfung vom die Tamil Tigers, die ihre Mitglieder in den si-
Khamenei selbst. „Wenn die Kultur des Op- wart gehört: Er bezeichnete den Holocaust              13. Juni 2002 den Begriff der „terroristischen cheren Tod schicken, haben die Bezeichnung
fers und der Märtyrertums sich in einer Ge- als gerechte Strafe, forderte die Tötung aller       Straftaten“ definiert, doch fehlt auch bei ihr „Befreiungsbewegung“ verwirkt. Islamistisch
sellschaft verbreitet, wird diese Gesellschaft ZionistInnen und sanktionierte die Selbst-        ein Hinweis auf Suicide Terror. Demgegen- motivierte Selbstmordattentate aber sind eine
voranschreiten und niemals anhalten oder mordattentate in Palästina. Im Sommer                   über beschränkt sich das im Januar 2002 Kriegserklärung an die Menschheit und müs-
zurückweichen. Irans Außenminister Javad 2015 aber rückte er unter dem Eindruck des              vom deutschen Bundestag beschlossene sen als solche erkannt und geächtet werden.
Zarif bezeichnete „die Kultur des Opfers und IS-Terrors von seiner Zustimmung zu Selbst-
des Märtyrertums“ als „den Eckstein der ira- mordattentaten wieder ab: „Es gibt für Mär-
nischen Macht                                    tyreroperationen keine Rechtfertigung mehr.“
                                                     Er begründet dies reichlich abwegig da-            Korrektur: Der Artikel „Hätte der Krieg im Nahen Osten verhindert werden kön-
Muslime gegen                                    mit, dass die PalästinenserInnen inzwischen            nen“ (I.N.W. 2/2016) fasst einen englischsprachigen Aufsatz von Matthias Küntzel
Selbstmordattentate                              über weit reichende Raketen verfügten, auf             zusammen. Er wurde allerdings nicht von Küntzel, wie versehentlich angegeben,
Mit dieser Haltung steht Teheran jedoch zu- Selbstmordattentate also nicht mehr ange-                   sondern von Michel Wyss für das Online-Magazin Audiatur verfasst.
nehmend allein, wie Umfrageergebnisse des wiesen seien. Natürlich wird, wer sich wie
renommierten PEW Research Centers zeigen. Qaradawi diskreditiert hat, den Geist des
ROSCH HASCHANA 5777 - Illustrierte Neue Welt
10    AUSGABE   3 | 2016                                                                                                                                                       POLITIK

                                                                                                                                                      Das Blut war auf dem Boulevard in Nizza
                                                                                                                                                  noch nicht trocken, als CCIF schon warnte:
                                                                                                                                                  Achtung! Achtung! „das Massaker von 84
                                                                                                                                                  Menschen bringt das Risiko von nicht zu tole-
                                                                                                                                                  rierenden Diskriminierungen mit sich“. Die-
                                                                                                                                                  ser Zynismus ist nicht zu überbieten, wenn sie
                                                                                                                                                  gleichzeitig auch an die „Verantwortung“ der
                                                                                                                                                  Journalisten appellieren, „unsere Mitbürger
                                                                                                                                                  eher zu vereinigen, als zu dividieren.“
                                                                                                                                                      Edw y Plenel, ein bekannter isla-
                                                                                                                                                  mo-gauchistischer Journalist, der früher Mit-
                                                                                                                                                  arbeiter von Le Monde war, hat bereits am 15.
                                                                                                                                                  Juli um 08.27 auf Twitter gewarnt vor einer
                                                                                                                                                  „Konfrontation“, die es wegen „eines oder
                                                                                                                                                  mehrerer massiver Attentate der islamisti-
                                                                                                                                                  schen Bewegung“ zwischen den Ultrarechten
                                                                                                                                                  und den Muslimen geben könnte. Laut Mei-
                                                                                                                                                  nung der Islamisten und ihrer linksextremis-
                                                                                                                                                  tischen Sympathisanten hatte das „Verbre-
                                                                                                                                                  chen“ dieses Tunesiers in Nizza die Funktion
                                                                                                                                                  einen antimuslimischen Pogrom anzutreiben,
                                                                                                                                                  der nur einen Vorwand suche, um damit zu
                                                                                                                                                  beginnen.
                                                                                                                                                      Dieser Alptraum eines Bürgerkrieges, die
                                                                                                                                                  französischen rassistischen Horden, die nur
                                                                                                                                                  darauf warten, in den von Muslimen dicht
                                                                                                                                                  bewohnten Vorstätten Ausschreitungen zu
                                                                                                                                                  begehen, um die Barbarei des „islamischen
                                                                                                                                                  Staates“ zu relativieren, ist nicht neu. Davon
                                                                                                                                                  träumen totalitäre Bewegungen, die sich ei-
                                                                                                                                                  nen Bürgerkrieg herbeiwünschen, um so zur
                                                                                                                                                  Macht zu kommen.
                                                                                                                                                      Ministerpräsident Manuel Valls warnte

TENDENZ ZUR                                                                                                                                       in einem Ende Juli geführten Gespräch mit
                                                                                                                                                  Le Monde vor kommenden Attentaten, ist
                                                                                                                                                  aber sicher, dass der Krieg gegen den Terror
                                                                                                                                                  erfolgreich sein wird: „Denn Frankreich hat

VERHARMLOSUNG?                                                                                                                                    eine Strategie, um zu siegen, um gegen die-
                                                                                                                                                  sen Feind, den islamischen Totalitarismus zu
                                                                                                                                                  kämpfen.“ Aber „Meine Regierung wird nicht
                                                                                                                                                  diejenige sein, die ein Guantanamo à la fran-
                                                                                                                               KARL PFEIFER       caise begründet“.
                                                                                                                                                      An der Entschlossenheit der französi-
                                                                                                                                                  schen Regierung, den islamistischen Terror

D
         en 14. Juli verbrachte ich in Toulouse.   Parkplatz hatte er eine Person mit einer Latte     Energisch wendete sich jedoch der Islami-   mit allen legalen Mitteln zu bekämpfen, darf
         Nach dem Abendessen, um 22.30,            krankenhausreif geschlagen –, im März 2016 sche Staat (IS) gegen die Verschwörungsthe-         man mit Recht zweifeln. Der Regierungschef
         begann ein wunderbares Feuerwerk          zu sechs Monaten Gefängnis auf Bewährung orien. Insbesondere gegen diejenigen irani-           plädierte dafür, den Islam in Frankreich neu
und ich beobachtete es mit Tausenden ande-         verurteilt und er durfte weiter in Frankreich schen Ursprungs. Denn im Gegensatz zu den        zu organisieren. Für eine gewisse Zeit soll-
ren am Ufer der Garonne. Unter den vielen          bleiben.                                       Nazis, die ihre Massenverbrechen versuchten     ten ausländische Mittel zum Bau und zum
Zuschauern waren auch muslimische Fami-                Wie immer nach Attentaten verbreiten zu verheimlichen, sind der IS und seine eu-           Unterhalt von Moscheen verboten werden.
lien, denn dieses Fest der Gleichheit betrach-     die Weltverschwörungstheoretiker auch nach ropäischen Sympathisanten stolz auf die Ver-        Er wünscht, dass „die Imame in Frankreich
ten sie auch als ihr eigenes. Am Rand konnte       dem Attentat in Nizza ihre – den Täter entlas- brechen, die sie begehen. Sie dokumentieren     ausgebildet werden und nicht anderswo“.
man schwerbewaffnete Polizisten sehen. Ei-         tende – die Opfer beleidigenden Erklärungen: und verbreiten sie, um damit erfolgreich unter    Valls weiter: „Man muss hart bleiben, wenn
nen Moment kam der Gedanke auf: Hoffent-           „Das ist eine Verschwö-                                              jugendlichen Muslimen     jemand den Säkularismus in Frage stellt, ge-
lich zündet kein Islamist eine Bombe. Kurz         rung des Staates“; „die                                              zu werben und die Geg-    genüber den fundamentalistischen Ideologen
vor Mitternacht war ich wieder im Hotel und        Arbeit der Freimaurer“            Im Gegensatz zu den                ner einzuschüchtern.      und gegen alle, die hinter einem fundamen-
erst am nächsten Morgen erfuhr ich, dass ein       usw. „Der Verdächtige         Nazis, die ihre Massenver-             Auch das Kollektiv ge-    talistischen Diskurs die Geister für Gewalt
islamistischer Täter in Nizza ein Massaker be-     von Nizza spricht aus                                                gen die Islamophobie in   vorbereiten. Der Salafismus hat keinen Platz
                                                                                    brechen versuchten zu
gangen hatte.                                      Tunesien und sagt, er                                                Frankreich (CCIF) hat     in Frankreich“. Er rief auf zur „Änderung der
    Ich war schon wieder in Wien, als am 26.       sei nicht für das Mas-        verheimlichen, sind der IS             sich zu Wort gemeldet.    Kultur“ und warnte: „Wir werden mit dieser
Juli zwei Täter in einer Kirche einer Klein-       saker verantwortlich“,          und seine europäischen               Und zwar wenige Stun-     Bedrohung mehrere Jahre leben müssen.“
stadt von 30.000 Einwohner in der Nähe von         wird in einem Video                                                  den nach dem Anschlag,        Ende August 2016 kam es zu einer De-
Rouen einen katholischen Priester gezwungen        auf Youtube behauptet.         Sympathisanten stolz auf              der 84 Menschenleben      monstration von 30.000 chinesisch-stämmi-
haben, niederzuknien. Sie schnitten ihm die        Der Film dauert 41 Se-           die Verbrechen, die sie             gekostet hat, – seither   gen Franzosen in der Kleinstadt Aubersvil-
Kehle durch.                                       kunden und der Spre-                                                 sind mehrere Verwun-      liers (80.000 Einwohner). Die Demonstranten
    Nach dem Massaker im Januar 2015 an            cher hat den gleichen                     begehen.                   dete im Spital verstor-   forderten „Sicherheit, Freiheit, Gleichheit,
den Journalisten des satirischen Wochen-           Namen wie der Täter,                                                 ben – um zunächst Bei-    Brüderlichkeit“ und trafen einen wunden
magazins Charlie Hebdo, dem Mord an Poli-          ähnelt ihm aber nicht.                                               leid den Angehörigen      Punkt der Republik. In Aubersvilliers wurde
zisten und an vier Juden in einem koscheren            Emmanuel Domenach, Vizepräsident auszusprechen und dann drei Vorschläge zu                 der 49jährige Zhang Chaolin am 7. August
Supermarkt in Paris, haben Millionen für die       des Vereins Opfer des 13. November, Brü- machen:                                               tätlich angegriffen und erlag am 12. August
Werte der Republik demonstriert. Im Ge-            derlichkeit und Wahrheit beklagt sich, dass        „1) Den Schutz rund um die Gotteshäuser,    seinen Verletzungen. Allein in dieser Klein-
gensatz zum von den Islamisten erträumten          er, acht Monate nach dem Massenmord insbesondere in der Region Nizza zu verstär-               stadt, in der Nähe von Paris, gab es in den ers-
Bürgerkrieg blieb der Rechtsstaat aufrecht,        im Bataclan (90 Tote), laufend Botschaften ken. 2) Die bessere Überwachung von rassis-         ten sechs Monaten dieses Jahres 105 Anzeigen
denn die gemäßigten toleranten Franzosen           erhält, „dass nichts passiert ist“, oder „das tischen und identitären Bewegungen, die ihre     wegen Raub und Diebstahl an Chinesen.
sind in der Mehrzahl. Das blieb auch nach          es anders war“. „Gewisse Leute sagen uns, Aufrufe zum Hass vermehren und explizit zur              Medien und Behörden verschweigen –
den terroristischen Attacken am 13. Novem-         das war der Mossad, andere beschuldigen Repressalien gegen unsere muslimischen Mit-            wann immer es möglich ist – konsequent die
ber 2015 in Paris und Umgebung so. Doch            Frankreich“. Eheleute, deren Partner er- bürger aufrufen. 3) Neubewertung der anti-            Herkunft der Täter. Die Frage ist, ob sich die
die Frage, die viele Franzosen stellen, steht      mordet wurden, erhalten die Nachricht: „Ihr terroristischen Politik, aufgrund der jüngsten     französische Gesellschaft für den Kampf ge-
im Raum: Kann der Staat so weiter machen,          Ehemann oder ihre Ehefrau lebt auf einer Berichte und verstehen, dass das Fortbestehen         gen den islamischen Fundamentalismus wird
wie bisher?                                        einsamen Insel und wird vom Staat dafür des Notstandes, das missbräuchliche Anzielen           mobilisieren lassen. Werden die Parteien auf
    Mohamed Lahouaiej Bouhlel (MLB), der           bezahlt.“ Die Überlebenden der Pariser At- der Muslime die Fähigkeit unserer Geheim-           dubiose politische Geschäfte mit Islamisten
Täter von Nizza, ein tunesischer Staatsbürger,     tentate wurden auch als „jüdische Schau- dienste einschränkt und definitiv nicht unsere        verzichten oder wird die Tendenz zur Unter-
wurde – anlässlich einer Streiterei um einen       spieler“ beschimpft.                           Sicherheit garantiert.“                         werfung noch stärker werden.                 
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