Schulblatt 4/2016 Das liebe Geld - Konsum und Finanzen im Griff? - Kanton Zürich

 
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Schulblatt 4/2016 Das liebe Geld - Konsum und Finanzen im Griff? - Kanton Zürich
Kanton Zürich

               Schulblatt
               Bildungsdirektion

                                               4/2016

                                   Das liebe Geld
                                    Konsum und Finanzen
                                               im Griff?

An der Wand
Matthias Büeler sieht
Klettern als Lebensschule

Exportschlager
Die Schweizer Berufs­
lehre goes India

Neue Zeitrechnung
Das bringt der neu
­definierte Berufsauftrag
Schulblatt 4/2016 Das liebe Geld - Konsum und Finanzen im Griff? - Kanton Zürich
6               12
                                         Magazin                                            Fokus:                                                  Volksschule
                                                                                            Das liebe Geld
                                         4                                                                                                          24
                                         Meine Schulzeit                                    12                                                      Berufsauftrag
                                         Giulia Steingruber,                                 Im Gespräch                                            Für Lehrpersonen gilt künftig
                                         Kunstturnerin                                       Gregor Mägerle findet,                                 eine Jahresarbeitszeit
                                                                                             ­Jugendliche sollten finanzielle
                                         5                                                    Verantwortung übernehmen                              26
                                         Im Lehrerzimmer                                                                                            Bildungsverläufe
                                         Schulhäuser Fuhrstrasse                            16                                                      Nicht alle Schulkarrieren
                                         und Rotweg, Wädenswil                               Geld im Unterricht                                     ­verlaufen geradlinig
                                                                                             Wie Kinder und Jugendliche
                                         6                                                   lernen, mit Geld umzugehen                             28
                                         Persönlich                                                                                                 Stafette
                                         Matthias Büeler begeistert                          21                                                     Die Sek3 – Oberstufe für
                                         ­Jugendliche fürs Klettern                          Schülerstimmen                                         ­Gehörlose lebt die Inklusion
                                                                                             Geld ist nicht alles, sagen
                                         9                                                   Schülerinnen und Schüler                               31
                                         Bildungsdirektorin                                                                                         In Kürze
                                         Silvia Steiner sieht die
                                         ­Sommerferien als Chance
Schulblatt Kanton Zürich 4/2016 Inhalt

                                         Wichtige Adressen                                                   Impressum Nr. 4/2016, 1.7.2016
                                         Bildungsdirektion: www.bi.zh.ch Generalsekretariat: 043 259 23 09   Herausgeberin: Bildungsdirektion Kanton Zürich, Walcheplatz 2, 8090 Zürich Erscheinungs­
                                         Bildungsplanung: 043 259 53 50 Bildungsstatistik: www.bista.zh.ch   weise: 6-mal jährlich, 131. Jahrgang, Auflage: 19 000 Ex. Redaktion: reto.heinzel@bi.zh.ch,
                                         Volksschulamt: www.vsa.zh.ch, 043 259 22 51 Mittelschul- und        043 259 23 05; jacqueline.olivier@bi.zh.ch, 043 259 23 07; Sekretariat schulblatt@bi.zh.ch,
                                         ­Berufsbildungsamt: www.mba.zh.ch, 043 259 78 51 Amt für Jugend     043 259 23 14 Journalistische Mitarbeit an dieser Ausgabe: Stefan Hartmann, Paula
                                         und Berufsberatung: www.ajb.zh.ch, 043 259 96 01 Lehrmittel­        Lanfranconi, Andreas Minder, Charlotte Spindler Abonnement: Lehr­personen einer öffentli-
                                          verlag Zürich: www.lehrmittelverlag-zuerich.ch, 044 465 85 85      chen Schule im Kanton Zürich können das ­Schulblatt in ihrem ­Schulhaus gratis beziehen
                                         Fachstelle für Schulbeurteilung: www.fsb.zh.ch, 043 259 79 00       (Bestellwunsch an Schulleitung). Bestellung des Schulblatts an Privat­adresse ­sowie Abonne­
                                         Bildungsratsbeschlüsse: www.bi.zh.ch > Bildungsrat > Beschluss­     ment weiterer I­nteressierter: abonnemente@­staempfli.com, 031 300 62 52 (Fr. 40.– pro Jahr)
                                          archiv Regierungsratsbeschlüsse: www.rrb.zh.ch                     Online: www.schulblatt.zh.ch ­    Gestaltung: www.­bueroz.ch Druck: www.staempfli.com
                                                                                                             Inserate: inserate@staempfli.com, 031 767 83 30 R      ­ e­daktions- und ­Inserateschluss
                                                                                                             nächste Aus­gabe: 21.7.2016 Das n   ­ ächste Schulblatt erscheint am: 26.8.2016
                                         Titelbild: Hannes Heinzer
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Schulblatt 4/2016 Das liebe Geld - Konsum und Finanzen im Griff? - Kanton Zürich
32                 40
Mittelschule                                           Berufs­bildung                                             43
                                                                                                                  Amtliches
32                                                     38
Lehrerausbildung                                       Entwicklungs­                                              47
Mehr praktische                                        zusammenarbeit                                             Weiterbildung
Erfahrungen sammeln                                    Bessere Lebenssituation                                    Verantwortlichkeiten im
                                                       dank Berufslehre                                           Klassenzimmer klären
34                                                                                                                Kurse und Module
Schulgeschichte(n)                                     40
Kantonsschule Büelrain                                 Berufslehre heute                                          56
in Winterthur                                          Mediamatikerin
                                                                                                                  schule & kultur
37                                                     42                                                         58
In Kürze                                               In Kürze                                                   Agenda

    Editorial
                                                               Meine ersten Batzen verdiente ich als Erstklässler. Während der Fasnachtszeit
                                                                                                                                                  Schulblatt Kanton Zürich 4/2016 Inhalt

                                                               zogen mein Gspänli und ich durchs Wohnquartier und boten selbst gemachte
                                                               Konfetti feil. Unnötig zu sagen, dass wir kaum etwas verkauften. Trotzdem
     Reto Heinzel                                              platzten wir fast vor Stolz, als wir schliesslich mit ein paar Rappen nach Hause
                                                               kamen. Am schönsten war aber jener Moment, als wir im Dorfladen unseren
                                                               bescheidenen Gewinn in ein Häuflein Zehner-Mocken investieren konnten.
                                                               Der Erstklässler mag sich noch über Süssigkeiten freuen. Für den Teenager
                                                               müssen es möglicherweise teure Markenkleider sein, damit er zufrieden ist
                                                               und glaubt, in der Gruppe bestehen zu können. Wer als junger Mensch nicht
                                                               gelernt hat, mit Geld umzugehen, für den kann es schwierig werden, sich
                                                               ­später in finanziellen Dingen Leitplanken zu setzen. Um in Geldfragen kompe­
                                                                tent zu werden, braucht es deshalb vor allem die Unterstützung der Eltern –
                                                                aber auch die der Schulen. Wie diese mit dem Thema umgehen, beleuchten
                                                                wir in ­dieser Ausgabe. 
                                                                                                                                                  3

Die Redaktion freut sich über Reaktionen auf das Schulblatt: reto.heinzel@bi.zh.ch, jacqueline.olivier@bi.zh.ch
Schulblatt 4/2016 Das liebe Geld - Konsum und Finanzen im Griff? - Kanton Zürich
Meine Schulzeit                                                                                                                      chen konnte. Gleichzeitig hat sie viel von

       Schulaufgaben
                                                                                                                                            mir verlangt – sie hat mich gefördert und
                                                                                                                                            gefordert.
                                                                                                                                                 Inwiefern hat Ihnen die Schule

       im Auto erledigt
                                                                                                                                            ­geholfen, eine erfolgreiche Schweizer
                                                                                                                                             Kunstturnerin zu werden?
                                                                                                                                             Ich habe beispielsweise im sozialen Be-
                                                                                                                                             reich und punkto Selbstständigkeit profi-

       Fünf Fragen an die Kunstturnerin                                                                                                      tiert. So habe ich gelernt, meine Tages­
                                                                                                                                             abläufe zu organi­sieren. Wenn ich gewisse
       Giulia Steingruber                                                                                                                    Stunden nicht in der Schule war, musste
                                                                                                                                             ich mich selber um die Aufgaben küm-
                                                                                                                                             mern, nachfragen, wann eine Prüfung
                                                                                                                                             stattfindet und so w
                                                                                                                                                                ­ eiter. Eigenverantwor-
                                                                                                                                             tung und Disziplin, sich organisieren zu
                                                                                           Wenn Sie an Ihre Schulzeit denken, was            können und Terminpläne einzuhalten,
                                                                                           kommt Ihnen als Erstes in den Sinn?               sind wichtige Voraussetzungen, um im
                                                                                           Meine Gspänli, mit denen ich in die Schule        Spitzensport zu be­stehen.
                                                                                           gegangen bin, und meine spärliche Frei-               Was ist das Wichtigste, was Kinder
                                                                                           zeit, die ich mit Spielen und Rumalbern           heute in der Schule lernen sollten, und
                                                                                           verbringen durfte. Ich trainierte jeden           warum?
                                                                                           Nachmittag, musste dafür zeitweise nach           Das ist Ansichtssache; die einen finden
                                                                                           Rüti, nach Niederlenz in den Kanton Aar-          Mathematik sehr wichtig, andere Spra-
                                                                                           gau oder nach Widnau reisen. Gegessen             chen oder Geschichte. Ich bin eher der
                                                                                           und Schulaufgaben erledigt habe ich oft           Sprachentyp. Im Sport hat mir das sehr
                                                                                           im Auto. Zweimal pro Jahr durfte ich an           geholfen, da ich oft im Ausland unter-
                                                                                           einem Nachmittag eine Geburtstagsparty            wegs bin und die Sprachen dort auch an-
                                                                                           besuchen – das waren meine Joker-Nach-            wenden kann.
                                                                                           mittage.                                              Warum wären Sie eine gute Lehr­
                                                                                               Welcher Lehrperson geben Sie                  person – oder eben nicht?
                                                                                           rückblickend die Note 6 und warum?                Ich weiss nicht, ob ich eine gute oder
   Foto: Kummer & Kummer

                                                                                           Meiner 5.- und 6.-Klasslehrerin Bea­trice         eine schlechte Lehrerin wäre. Im Turnen
                                                                                           Keller. Sie hat mich auf meinem Weg               bin ich manchmal ungeduldig, zu Hause
                                          Giulia Steingruber (22) aus Gossau SG            zur Kunstturnerin immer stark unterstützt         eher chaotisch und unordentlich. Dies
                                          ist professionelle Kunstturnerin. An den
                                          Schweizer Meisterschaften gewann sie             und gewisse Freiräume geschaffen, etwa,           sind wohl nicht die besten Eigenschaf-
                                          ­unter anderem fünfmal in Folge Gold im          indem sie mich in Absprache mit dem               ten für eine Lehrperson. Aber ich denke,
                                           Mehrkampf, 2013 zusätzlich Gold in allen
                                           Einzeldisziplinen. An den Europameister-        Schulamt Gossau von Religions-, Hand­             man muss seine Sache ernst nehmen und
                                           schaften 2016 holte sie Gold am Sprung          arbeits- und Turnstunden befreit hat. Der         Freude haben an dem, was man tut. Damit
                                           und am Boden. Neben ihrer Kar­riere als
                                           Sportlerin absolviert sie das Gymnasium
                                                                                           Stundenplan wurde derart angepasst, dass          kann man gewisse Schwächen auch aus-
                                           im Fernstudium an der AKAD.                     ich die Pflichtstunden am Morgen besu-            gleichen.

                                          Bildungs-Slang
                                          Ruedi Widmer, Cartoonist, interpretiert Begriffe aus Bildung und Schule – diesmal: Nachteilsausgleich
Schulblatt Kanton Zürich 4/2016 Magazin
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Schulblatt 4/2016 Das liebe Geld - Konsum und Finanzen im Griff? - Kanton Zürich
Im Lehrerzimmer

            Schulhäuser Fuhrstrasse
             und Rotweg, Wädenswil
                           An der Bartheke treffen sich morgens um 7 Uhr
                     die Lehrerinnen und Lehrer zu Kaffee und Austausch.
                                                                                                                      Fotos: Marion Nitsch

                                                                                                                                        Schulblatt Kanton Zürich 4/2016 Magazin

Sofalandschaft: Während das neue Oberstufenschulhaus Rotweg erbaut wird, teilen sich die Teams der beiden Schulhäuser ein
Lehrerzimmer: zwei Sitzgruppen für 45 Lehrpersonen, zwei Kaffeemaschinen für den Ansturm in der grossen Pause, ein langer
Tisch. Gegen 100 Personen arbeiten an der Oberstufe Wädenswil, zum Einzugsgebiet gehören die ländlichen Gemeinden Schönen-
berg und Hütten. Gut frequentiert: ist frühmorgens die Bar, ebenso am Freitagabend nach 17 Uhr, wenn man sich zum Apéro und
zum Ausklang der Woche trifft. Auf der Theke steht immer ein Korb mit Früchten und Vollkorngebäck – ein Beitrag der Schule zur
gesunden Ernährung ihrer Mitarbeitenden. Wechselausstellung: Über den Sofas hängen zurzeit Bilder mit Tessiner Landschaften.
Sie stammen vom Künstler Daniele von Arb, der an der Schule unterrichtet. Lernlandschaften: In den Schulhäusern Fuhrstrasse
und Rotweg sind während der letzten sechs Jahre vier Lernlandschaften entstanden. Hier haben die Schülerinnen und Schüler der
1. bis 3. Oberstufe ihre individuellen Arbeitsplätze, sie arbeiten weitgehend selbstständig am Lernstoff. Preisgekrönt: 2013 wurde
die Oberstufe Wädenswil mit dem Schweizer Schulpreis ausgezeichnet. [cs]
                                                                                                                                       5
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Persönlich                                                                                                                       gen. «Das Beherrschen der Standard­

       «Klettern ist eine
                                                                                                                                        abläufe ist ganz wichtig», betont er. «Wer
                                                                                                                                        ans Seil geht, muss die Handgriffe aus-
                                                                                                                                        wendig kennen.» Auch die Verständigung

       Lebensschule»
                                                                                                                                        unter Seilpartnern sei zentral. Er lässt die
                                                                                                                                        Jugendlichen darum wichtige Handgriffe
                                                                                                                                        mündlich bestätigen.

       Bei Bergführer und J+S-Experte                                                                                                   Kletterevent statt Schulreise
                                                                                                                                        Klettern erfreue sich in letzter Zeit stei-
       Matthias Büeler lernen auch Schul­                                                                                               gender Beliebtheit unter den Jungen, be-

       klassen das Klettern – und gleich­                                                                                               obachtet Matthias Büeler. «Das hat damit
                                                                                                                                        zu tun, dass keiner ausgelacht wird, im
       zeitig Teamgeist und Verantwortung.                                                                                              Gegenteil. Die Klettergruppen entwickeln
                                                                                                                                        einen unglaublichen Kitt.» Klettern habe
       Text: Stefan Hartmann Foto: Stephan Rappo                                                                                        nicht nur viele spielerische Komponenten,
                                                                                                                                        sondern schule Taktik und Vorausdenken:
                                                                                                                                        Wo ist der nächste Griff? Wo stelle ich den
                                                                                                                                        Fuss ab? «Klettern fördert das Selbstver-
                                                                                                                                        trauen», ist Matthias Büeler überzeugt.
                                                                                                                                        «Das Bewältigen einer Kletterroute ist je-
                                                                                                                                        des Mal ein Erfolgserlebnis.» Klettern ver­
                                          Freitagabend, sechs Uhr, in der Kletterhal-     Jahren gründete er den Verein Alpine-Ex-      mittle aber auch Sozialkompetenz: kame-
                                          le «Griffig» in Uster. Im grössten Indoor-      perience, einen Kletter- und Bergsport-       radschaftliches Erleben, Vertrauen in und
                                          Kletter-Eldorado der Schweiz herrscht re­       verein mit einem breiten Angebot für          Verantwortung für den Seilpartner. Solche
                                          ger Betrieb. Durchtrainierte Kletterasse,       ­Kinder, Jugendliche und Erwachsene; für      Qualitäten seien nützlich im Leben.
                                          darunter auffallend viele Frauen, han-           Schulklassen, Familien oder Firmen. Auch         Klettern mit «Mättel» hat sich herum-
                                          geln sich mit eleganten Bewegungen an            bei der vor zwei Jahren eröffneten Klet-     gesprochen – auch in den Schulen. «Schon
                                          17 Meter hohen Wänden mit Routen der             terhalle in Uster war er treibender Motor.   einige Lehrer haben bei mir anstelle einer
                                          Schwierigkeit 7a – für Fortgeschrittene –        «Wir wollten ein Angebot schaffen, das       Schulreise einen Kletterevent gebucht.»
                                          hoch, teilweise an überhängenden Stellen.        auch für Kinder und Jugendliche, für         Immer mehr Sportlehrpersonen erschei-
                                          Wer beim Vorstieg ins Seil fällt, wird vom       ­Familien oder Schulen bezahlbar ist», er-   nen regelmässig mit ihren Schülerinnen
                                          Seilpartner am Boden sicher gehalten.           zählt er. Die Halle wird von einer Genos-     und Schülern im «Griffig», um hier Lekti-
                                              Derweilen sammeln sich 40 Jugend­           senschaft getragen.                           onen abzuhalten. Auch melden sich g   ­ anze
                                          liche im Alter zwischen 10 und 20 Jahren                                                      Lehrerteams an, um erst selber die Grund­
                                          um den Bergführer und Jugend+Sport-             Jeder Handgriff muss sitzen                   techniken des Kletterns zu erlernen, be-
                                          Experten Matthias Büeler und seine vier         Nach dem spielerischen Aufwärmen beim         vor sie ihre Klassen an die Wände lassen.
                                          J+S-Leiter. Die Jugendlichen freuen sich        Bouldern ziehen die Jungen ihre Kletter-          Apropos Wände: Matthias Büeler hat
                                          spürbar auf das wöchentliche Klettertrai-       gurte an und wechseln zu den fest ein­        inzwischen alle 47 Viertausender-Gipfel
                                          ning mit «Mättel», wie sie ihren 46-jähri-      gerichteten Kletterrouten, von denen es       der Schweiz bestiegen. Sich in den Bergen
                                          gen Kletterlehrer rufen. Dieser begrüsst        im «Griffig» insgesamt 130 an der Zahl        zu bewegen ist für ihn Sucht und Therapie
                                          alle mit festem Handschlag, ermuntert da,       gibt. Sie üben sich zu zweit abwechselnd      zugleich. «Auch nach einer anstrengen-
                                          korrigiert dort. Einige Schüler haben be-       am «Toprope» – einem fix an der Wand          den Tour ist der ‹Zähler› wieder auf null
                                          reits auf eigene Faust mit dem Herum­           angebrachten Seil, an dem jeweils einer       und die Batterien sind voll!», schwärmt er.
                                          kraxeln an den Boulderwänden begon-             klettert und vom Partner am Boden ge­
                                          nen. Eine völlig lockere Szene. Matthias        sichert wird. Einige klettern auch allein     Mit der Rega in der Luft
                                          Büeler strahlt Ruhe und Konzentration           am «Topas», einem fixen Seil mit auto­        Seit 16 Jahren arbeitet Matthias Büeler
                                          aus. Seine Freude am Vermitteln der Klet-       matischer Sicherung. Die geübteren Duos       bei der Rega. Dort kann er kombinieren,
                                          terkniffe ist spürbar.                          unter den 40 Jugendlichen lässt Matthias      was ihm am Herzen liegt: die Bergwelt,
                                              Die Begeisterung für die Berge und          Büeler bereits mit dem eigenem Seil klet-     helfen, Leben retten. An zwei Tagen in der
                                          fürs Klettern packte den Zürcher Unter-         tern. Sie üben den anspruchsvolleren Vor-     Woche trifft man ihn auf der Regabasis
                                          länder, als er nach einer Elektroniker­         stieg, bei dem man sich alle zwei bis drei    in Dübendorf an. Er ist jeweils 48 Stunden
                                          lehre als Flughelfer beim Glarner Heli-         Meter mit dem Seil an fixen Karabinern        am Stück auf Pikett und fliegt mit dem
Schulblatt Kanton Zürich 4/2016 Magazin

                                          kopterunternehmen Heli Linth einstieg.          in der Wand sichern muss. Übung, Fertig-      Rega-Team im Durchschnitt zu drei bis
                                          Er bildete sich weiter, zunächst zum dip­       keit, Geschicklichkeit zählen. Nachlässig-    vier Einsätzen. «An Schönwettertagen –
                                          lomierten Rettungssanitäter HF und an-          keit duldet das Klettern nicht. Sicherheit    Sommer und Winter – können es auch gut
                                          schliessend zum Bergführer. Vor sieben          gehört zu Matthias Büelers Hauptanlie-        doppelt so viele sein.» Im Heli übernimmt
                                                                                                                                        er auch Co-Pilotenfunktion. Das heisst,
                                                                                                                                        navigieren und funken sowie dem Piloten
                                            Verein Alpine-Experience und Kletterhalle «Griffig»                                         beim Abhaken der Checkliste bei einem
                                            Der Verein Alpine-Experience widmet sich dem Bergsport, insbesondere dem                    Notfall, wenn es um Sekunden geht, zur
                                            Sportklettern, Hochtouren sowie Ski- und Snowboardtouren. Er bietet diverse                 Hand gehen. «Den Check müssen immer
                                            Trainings, Touren und Lager an. Auch Schulklassen können das Angebot nutzen.                zwei machen – wie beim Klettern.» Dane-
                                            Der Verein wird von Jugend+Sport unterstützt.                                               ben bedient er die Rettungswinde. Und als
                                            In der Kletterhalle «Griffig» werden Kurse und Trainings für alle Schwierig­                Rettungssanitäter ist er die rechte Hand
                                            keitsstufen angeboten, vom Einsteiger bis zum geübten Techniker. Auch mass­                 des Rega-Arztes, der immer mit an Bord
                                            geschneiderte Kurse und Kletterevents sind auf Anfrage möglich.                             ist. «Rega und Klettern haben vieles ge-
                                             www.alpine-experience.ch; www.griffig.com                                                 meinsam: Man muss sich auf den andern
                                                                                                                                        hundertprozentig verlassen können.» 
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Schulblatt 4/2016 Das liebe Geld - Konsum und Finanzen im Griff? - Kanton Zürich
Beim Klettern steht für Matthias
Büeler nicht allein die sportliche
    Betätigung im Vordergrund,
 sondern ebenso die Förderung
    von Sozialkompetenzen wie
Selbstvertrauen, Zuverlässigkeit
             und Verantwortung.

                               Schulblatt Kanton Zürich 4/2016 Magazin
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Bildungsdirektorin

                       «Die langen Ferien sind
                                 eine Chance»
     Vor der grossen Sommerpause wirft Silvia Steiner einen Blick
        zurück aufs vergangene Jahr – und preist die Ferien als Ge­
      legenheit, die eigene Tätigkeit aus der Distanz zu betrachten.
                                                                                                                               Interview: Reto Heinzel

Nach ihrer Wahl in den Regierungsrat                                                              Unterricht gut funktioniert hat und was
haben Sie die Bildungsdirektion als                                                               weniger. Lehrpersonen haben einen wun-
Wunschdirektion bezeichnet. Mittler­                                                              derbaren, aber auch einen sehr arbeits­
weile sind Sie seit etwas mehr als                                                                intensiven Beruf. Sie alle leisten während
­einem Jahr im Amt. Haben sich Ihre                                                               des Schuljahres ungeheuer viel.
 Hoffnungen erfüllt?                                                                                   Wie sieht es bei den Schülerinnen
 Mehr als erfüllt. Es ist eine schöne und                                                         und Schülern aus? Droht nicht die
 wertvolle Aufgabe. Ich bin umringt von                                                           ­Gefahr, dass die Distanz zum Schul­
 Mitarbeitenden, die täglich mit grosser                                                           geschehen für sie zu gross wird und
 Motiva­tion an ihre Arbeit gehen. Beson-                                                          die Motivation verloren geht?
 ders freut mich, dass man bei den aller-                                                          Das glaube ich nicht. Für viele Schülerin-
 meisten Tätigkeiten und über alle Bil-                                                            nen und Schüler ist es ja auch eine Zeit
 dungsstufen hinweg ausgesprochen zu-                                                              des Übergangs. Sie stehen vor einem Stu-
 kunftsorientiert agiert.                                                                          fenübertritt, viele beginnen eine Lehre.
      Was ziehen Sie für eine erste                                                                Dadurch bleibt die Motivation in der Re-
 ­Zwischenbilanz?                                tonsfinanzen weiter beschäftigen. Wichtig         gel automatisch erhalten.
  Die fällt durchaus positiv aus. Mein Ziel      ist, dass wir die Ergebnisse der Leistungs-           Bei meinen eigenen Kindern empfand
  im ersten Jahr war es, mir einen Überblick     überprüfung im Dialog mit allen Beteilig-         ich die Sommerferien übrigens immer als
  zu verschaffen und die Vernetzungen im         ten und mit Augenmass umsetzen.                   sehr wichtige Zeit. Vor allem als sie noch
  weit verzweigten Bildungswesen zu er-                Nach einer intensiven Zeit stehen           etwas kleiner waren, geschah in diesen
  kennen. Ich denke, das ist mir gelungen.       nun die Sommerferien vor der Tür.                 Wochen immer ganz viel mit ihnen. Hatte
  Natürlich bin ich auch auf viele Heraus-       Freuen Sie sich darauf?                           man beispielsweise vor den Ferien noch
  forderungen gestossen, doch darin liegt ja     Selbstverständlich! Die Sommerferien bie­         den Eindruck, der Bub sei noch gar nicht
  gerade das Spannende an meiner Arbeit.         ten mir die wunderbare Möglichkeit, die           schulreif, kam man fünf Wochen später
      Welche Themen werden Sie im                eigene Arbeit aus der Distanz zu betrach-         zum gegenteiligen Schluss. Tatsächlich
  kommenden Jahr beschäftigen?                   ten. Der übliche Arbeitsrhythmus wird             kam es im Sommer regelmässig zu schub-
  Ich werde darauf achten, nicht zu viele        durchbrochen, es gibt keine wöchentli-            weisen Entwicklungen. So gewannen mei-
  neue Baustellen zu eröffnen. Nach Jahren       chen Sitzungen von Regierung, Kantons-            ne Kinder in den Ferien oftmals merklich
  der Reformen ist es Zeit für eine Konso­       rat und Kommissionen. Es ist eine Zeit,           an Körpergrösse.
  lidierung. Mir ist es wichtig, dass sich die   die Reflexion ermöglicht.                             Wieso ist es eigentlich so wichtig,
                                                       Wie werden Sie den Sommer                   Distanz zum Schulalltag zu schaffen?
                                                 ­verbringen?                                      Lassen Sie es mich mit einem Bild er­
                                                  Man soll die Zeit nutzen, um Ferien zu           klären: Wenn man gewissermassen auf
                                                  machen – zumindest verlange ich das              dem Problem sitzt, sieht man die Lösung
 «Wenn man auf                                    von meinem Umfeld. Ich selber werde in           nicht. Das gilt wohl für alle Berufe, ganz
                                                                                                                                                   Schulblatt Kanton Zürich 4/2016 Magazin

                                                  dieser Zeit an verschiedenen offiziellen
dem Problem sitzt,
                                                                                                   besonders für den Lehrberuf. Ich glaube,
                                                  Anlässen teilnehmen – allen voran am             die Lehrpersonen müssen es als Chance

  sieht man die                                   1. August. Ansonsten bietet mir die Som-
                                                  merpause die willkommene Gelegenheit,
                                                                                                   anschauen, um ihre professionelle Dis-
                                                                                                   tanz während dieser längeren schulfreien
  Lösung nicht.»                                  mich in Ruhe strategischen Gedanken zu           Zeit wieder zurückgewinnen können. So-
                                                  widmen – und wieder einmal den Schreib-          lange man mitten im Schulalltag steckt,
                                                  tisch aufzuräumen.                               kann dies sehr schwierig sein. Als Staats-
                                                       Welche Bedeutung haben die                  anwältin habe ich immer gesagt: Ihr dürft
                                                  ­Sommerferien für Lehrpersonen?                  bei der Spurensicherung nicht zu nah bei
Lehrpersonen auf das Kerngeschäft kon-             Für Lehrerinnen und Lehrer ist es be­           der Spur stehen. Ihr müsst einen Schritt
zentrieren können, den Unterricht. Meine           sonders wichtig, während dieser fünf Wo-        zurücktreten, damit ihr das Gesamtbild
Hauptziele fürs kommende Jahr bleiben              chen Abstand zum Alltag zu gewinnen             erkennen könnt.
deshalb unverändert: den Lehrplan 21 und           und sich zu erholen, aber auch, um mit              So, und jetzt wünsche ich allen schöne
den neu definierten Berufsauftrag wei­             den schulischen Dingen des vergangenen          Sommerferien und einen offenen Blick für
terzuverfolgen und sauber einzuführen.             Jahres abzuschliessen. Es ist auch die Zeit,    die anstehenden Aufgaben und Heraus-
Und natürlich werden uns auch die Kan-             sich Gedanken darüber zu machen, was im         forderungen! 
                                                                                                                                                   9
Schulblatt 4/2016 Das liebe Geld - Konsum und Finanzen im Griff? - Kanton Zürich
10   Schulblatt Kanton Zürich 4/2016 Fokus
Fokus

Das liebe
Geld
Geld regiert die Welt – auch jene der ganz
­Jungen. Mit dem eigenen Taschengeld oder
 dem Lehrlingslohn haushalten zu k    ­ önnen, will
 aber gelernt sein. Verantwortung tragen in
 ­erster Linie die Eltern, findet Gregor Mägerle,
  Leiter der Schuldenprävention der Stadt
  ­Zürich. Doch auch den Schulen attestiert er
   eine wichtige Rolle. Tatsächlich werden Geld
   und Konsum auf allen Stufen thematisiert, wie
   Beispiele aus verschiedenen Schulen ­zeigen.
   Und Kinder und Jugendliche erzählen, was
   Geld für sie bedeutet.
Fotos: Hannes Heinzer

                                                      Schulblatt Kanton Zürich 4/2016 Fokus
                                                      11
Im Gespräch                                                                                                                   ab der 3. oder 4. Klasse allmählich be­

       «Für die Schule
                                                                                                                                     merkbar. Es ist aber auch möglich, dass
                                                                                                                                     sich jemand erst in der 6. Klasse für Geld
                                                                                                                                     zu interessieren beginnt. Mir sind sogar

       ist Geld ein dank-
                                                                                                                                     Eltern einer Oberstufenschülerin begeg­
                                                                                                                                     net, die sagten, ihre Tochter gebe ihr Ta­

       barer Gegenstand»
                                                                                                                                     schengeld nur für Plüschtiere aus.
                                                                                                                                          Wo lässt sich der Umgang mit
                                                                                                                                     Geld am besten lernen?
                                                                                                                                     Dies sollte möglichst in verschiedenen Le­
                                                                                                                                     benswelten geschehen, zunächst aber in
       Gregor Mägerle leitet die Stadtzürcher                                                                                        der Familie. Hier ist ein offener Umgang

       Schuldenprävention. Er versucht,                                                                                              mit finanziellen Fragen besonders wich­
                                                                                                                                     tig, denn die Eltern wirken als Vorbilder
       Schüler für einen verantwortungsvollen                                                                                        nachhaltig auf ihre Kinder ein. Auch für
                                                                                                                                     die Schule ist «Geld» ein dankbarer Ge­
       Umgang mit Geld zu sensibilisieren.                                                                                           genstand, der keineswegs nur in der Ma­
                                                                                                                                     thematik, sondern praktisch in allen Fä­
       Interview: Reto Heinzel Fotos: Dieter Seeger                                                                                  chern behandelt werden kann. Nach wie
                                                                                                                                     vor einen schweren Stand hat das Thema
                                                                                                                                     unter Erwachsenen, unter Freunden und
                                                                                                                                     Bekannten. Wenn Geld und Schulden dort
                                                                                                                                     nicht mehr derart stark tabuisiert würden,
                                        In unserer Konsumgesellschaft lässt            Wie verändert sich die Bedeutung des          wäre sehr viel gewonnen. Dabei geht es
                                        es sich bekanntlich schlecht ohne Geld         Geldes während des Aufwachsens?               gar nicht darum, den eigenen Lohn offen­
                                        leben. Wie schwierig ist es für einen          Die Veränderung ist riesig. Für meinen        zulegen. Aber wenn jemand finanzielle
                                        Jugendlichen, sich inmitten unzähliger         sechsjährigen Sohn beispielsweise sind        Sorgen hat, sollte er dies unbedingt be­
                                        materieller Verlockungen zurecht­              die Anzahl Geldstücke, die er bekommt,        sprechen und nicht totschweigen.
                                        zufinden?                                      noch wichtiger als deren Wert. Für kleine          Ab wann sollte in der Schule übers
                                        Das kann manchmal sehr frustrierend            Kinder ist das alles noch sehr spielerisch:   Geld gesprochen werden?
Schulblatt Kanton Zürich 4/2016 Fokus

                                        sein. An Elternabenden fordere ich die         Beim «Verkäuferlis» geben sie einen Bat­      Das Thema lässt sich bereits auf Primar­
                                        Anwesenden jeweils auf, an einem Sams­         zen und erhalten etwas dafür. Vielleicht      stufe auf einfache Art und Weise in den
                                        tag doch einmal das Portemonnaie und die       dürfen sie im Restaurant auch einmal die      Unterricht einbauen. Wenn man die Kin­
                                        Kreditkarten daheim zu lassen, 20 Fran­        Rechnung für ihre Eltern begleichen, ohne     der zum Beispiel nach ihren Träumen
                                        ken einzustecken und den Nachmittag an         zu wissen, um welchen Betrag es sich          fragt, wird die Klasse ganz automatisch
                                        der Bahnhofstrasse, im Sihlcity oder im        ­effektiv handelt. Sobald die Kinder älter    aufs Geld zu sprechen kommen. Möglich
                                        Glattzentrum zu verbringen. An diesen           sind, beginnen sie dann aber, sich mit Ka­   ist auch die gemeinsame Budgetplanung
                                        Orten begegnet man unzähligen Men­              meraden und Freunden zu vergleichen.         für den Pausenkiosk. Oder man nimmt
                                        schen auf Shoppingtour. Menschen, die           Es geht plötzlich um Fragen wie: Was will    eine Schulreise zum Anlass, die Gesamt­
                                        möglicherweise gerade das allerneueste          ich? Was würde mir gefallen? Was möchte      kosten des Tages zusammenzurechnen –
                                        Gadget gekauft haben. Das ist in etwa die       ich mir leisten können?                      vom Busbillett über das Mittagessen bis
                                        Situation, in der viele Jugendliche stecken.        In welchem Alter gewinnen diese          zum Zoo-Eintritt. Es ist sehr einfach, das
                                        Sie müssen feststellen, dass sich die ande­     Fragen an Bedeutung?                         Thema Geld mit dem Alltag der Kinder
                                        ren schöne Dinge leisten, sie selbst aber       Das ist sehr unterschiedlich. Bei den ei­    zu verknüpfen. Dies hilft enorm dabei, ein
12

                                        zum Zuschauen verdammt sind.                    nen macht sich das Interesse am Konsum       Gefühl für Lebenskosten zu entwickeln.
Gregor Mägerle (41) ist ausgebildeter Sozialpädagoge.
Ausserdem stellt Pro Juventute ein um­                                                          Er leitet das dreiköpfige Team der Schuldenprävention der
fangreiches Lehrmittel für die Unter- und                                                    Stadt Zürich. Die im Oktober 2013 geschaffene Stelle geht auf
                                                                                                       einen Vorstoss im Stadtzürcher Gemeinderat zurück.
die Mittelstufe zur Verfügung.                                                                     Gregor Mägerle ist Vater von zwei Kindern im Alter von
      Sie führen an den Stadtzürcher                                                                 8 und 6 Jahren. Er wohnt mit seiner Familie in Zürich.
­Sekundarschulen regelmässig Work­
 shops durch. Dabei geben Sie An­
 regungen und Tipps im Umgang mit
 Geld. Weshalb konfrontieren Sie
 gerade Sekundarschülerinnen und
 -schüler mit dem Thema?
 Wir zielen mit unserem Angebot auf
 ­Jugendliche der Oberstufe, weil wir nach     Weil der Übertritt ins Berufsleben unmit­       treibungsregister. Er gibt aber auch Tipps,
  dem alten Sprichwort verfahren: «Was         telbar bevorsteht. In der Lehre erhalten        wie man sich gegen betrügerische Rech­
  Hänschen nicht lernt, lernt Hans nimmer­     die Jugendlichen zum ersten Mal in ihrem        nungen zur Wehr setzen kann. In der
  mehr.» Viele Kinder bekommen ja schon        Leben einen Lohn für eine erbrachte             zweiten Lektion lernen die Jugendlichen,
  relativ früh etwas Taschengeld. In der Re­   Leistung. Zum Zeitpunkt unseres Work­           wie sie ein einfaches Budget erstellen.
  gel zeigt sich jedoch schon bald, dass es    shops haben ja die meisten Schülerinnen         Und im abschliessenden dritten Teil steht
  zu wenig ist, um sich grössere Wünsche       und Schüler ihren Lehrvertrag bereits in        dann die Psychologie des Konsums im
  zu erfüllen. Ein Bewusstsein fürs Geld       der Tasche. Sie wissen zwar schon, wie viel     Zentrum. Dabei geht es darum, das eigene
  zu entwickeln braucht Zeit. Von Schul­       sie nach den Sommerferien verdienen             Kaufverhalten zu reflektieren und mit
  präsidien, Elternforen und Elternräten       werden, haben aber oft noch keine Ah­           den Klassenkameraden zu diskutieren.
  erhalten wir regelmässig Referatsanfra­      nung, wie sie sinnvoll mit dem Geld um­              Und wie erleben Sie die Jugend­
  gen für Elternabende, dies auch für die      gehen können.                                   lichen in diesen Diskussionen?
  Unter- und die Mittelstufe. Geld ist also        Wie läuft ein solcher Workshop ab?          Nicht alle reden ja gerne übers Geld
  sowohl für Eltern als auch für Schulen ein   Unser Workshop besteht aus drei Lektio­         oder die eigenen Vorlieben.
  wichtiges Thema. Für die Schulen ist der     nen. Im ersten Teil begleitet uns jeweils       Als sehr offen und ehrlich. Im Gegensatz
                                                                                               zu Älteren besteht bei den Jugendlichen
                                                                                               tatsächlich eine grosse Bereitschaft, übers
                                                                                               Geld zu reden. Vielleicht hat das ja auch
                                                                                               damit zu tun, dass die Jugendlichen im­
                                                                                                                                                        Schulblatt Kanton Zürich 4/2016 Fokus

          «Ein Bewusstsein fürs Geld zu                                                        mer knapp bei Kasse sind und noch nichts
                                                                                               zu verstecken haben.
            entwickeln braucht Zeit.»                                                               Wie gross ist das Vorwissen der
                                                                                               ­Jugendlichen in Sachen Geld?
                                                                                                Es gibt sehr grosse Unterschiede. Einer­
                                                                                                seits treffe ich auf Jugendliche, die sehr
                                                                                                genau wissen, wie ihre Familie budgetiert.
Workshop übrigens nicht obligatorisch.         der Chef des Betreibungsamts des betref­         Sie haben auch schon eine sehr genaue
Trotzdem haben wir diesen Frühling in          fenden Stadtkreises. Er oder sie zeigt den       Vorstellung davon, wie sie mit ihrem
89 von insgesamt 96 Klassen der 3. Sek         Jugendlichen auf, was passiert, wenn sie         selbst verdienten Geld umgehen werden.
in der Stadt Zürich unseren Workshop           eine Rechnung nicht bezahlen können –            Es gibt zum Beispiel 15-Jährige, die für
durchführen können.                            oder wollen. Er spricht über Verschul­           ihre Eltern die Bezahlung der Kranken­
   Wieso führen Sie diese Workshops            dung, Betreibungen und die möglichen             kassenrechnungen übernehmen. Ander­
gerade in den 3.-Sekundar-Klassen              Folgen wie Lohnpfändung, Leben auf dem           seits begegnen wir solchen, die sehr weit
                                                                                                                                                        13

durch?                                         Existenzminimum und Einträge im Be­              weg vom Thema sind und so gut wie keine 
Vorstellung von Finanzen haben. Ich habe     Welche Rolle spielt der Gruppen­               der, für den Haarschnitt und die Handy­
                                        auch schon mit Sekschülern gesprochen,       druck?                                         rechnung selber verantwortlich. Wer also
                                        die nicht einmal wissen, was eine Kran­      Der ist mit Sicherheit ein wichtiger Aus­      einmal eine besonders teure Markenjeans
                                        kenkasse ist oder wie viel Geld man pro      löser für die Verschuldung junger Men­         oder gar das neuste iPhone haben will,
                                        Woche durchschnittlich für Lebensmittel      schen. Man muss «dabei sein», dieselben        muss sich überlegen, wie die Mehrkosten
                                        ausgibt.                                     Kleider tragen wie der auf Youtube be­         kompensiert werden können, damit die
                                             Sie sind bislang nur in der             wunderte Star. Zu einer Hypothek kann          Finanzen im Gleichgewicht bleiben.
                                        Stadt ­tätig. Welche Angebote gibt es        übrigens auch das unter Jugendlichen ver­          Ab welchem Alter wird der Jugend­
                                        für Schulen in anderen Zürcher               breitete Fahren ohne gültiges Trambillett      lohn empfohlen?
                                        ­Gemeinden?                                  werden. Denn wer erwischt wird, die Bus­       Wir folgen hier dem Psychologen und Fa­
                                         Regelmässige Anfragen aus dem Kanton        se aber nicht bezahlt, muss mit einer Be­      milientherapeuten Urs Abt, dem Erfinder
                                         zeigen uns, dass es ausserhalb Zürichs      treibung rechnen – das gilt auch für Min­      des Jugendlohnes. Er empfiehlt, im Alter
                                         kein vergleichbares Angebot gibt. Seit      derjährige. Das ist vielen nicht bewusst.      von 12 Jahren damit zu beginnen. Abt be­
                                         Kurzem erlaubt uns die Stadt, unsere             Gibt es Entwicklungen, die Sie mit        gründet dies damit, dass 12-Jährige noch
                                         Workshops auch in anderen Gemeinden         besonderer Sorge betrachten?                   keine anspruchsvollen Konsumwünsche
                                         durchzuführen. Anders als in Zürich sind    Ja, durchaus. Ich denke vor allem an Wer­      haben und die Beziehung zwischen Eltern
                                         diese dann allerdings kostenpflichtig.      bekampagnen, in denen der angeblich            und Kindern meist noch nicht durch stän­
                                             Welche Fallstricke müssen Jugend­       noch raschere und noch unkompliziertere        dige Diskussionen über Anschaffungen
                                         liche beachten, damit sie nicht in die      Abschluss von Kleinkrediten direkt am          belastet ist.
                                         Schulden geraten?                           Kiosk propagiert wird. Solche Kampagnen            Was bringt das den Eltern?
                                         Viele junge Menschen gehen verantwor­       sind alarmierend, denn sie zielen klar auf     Den Eltern wird zwar einiges an Mut ab­
                                         tungsvoll mit ihrem Geld um. Bekanntlich    junge Menschen und auf deren Konsum­           verlangt, anderseits geraten sie in eine
                                                                                                                                    neue, positive Rolle: sie wechseln von der
                                                                                                                                    Rolle der Bestimmenden zu Beratenden.
                                                                                                                                    Damit ist auch gesagt, dass der Jugend­

                                                        «Schulden sind kein                                                         lohn ohne die Unterstützung der Eltern
                                                                                                                                    nicht funktionieren kann. Verlangt wird
                                                    exklusives Jugendproblem.»                                                      auch Konsequenz: Fehlentscheide der Ju­
                                                                                                                                    gendlichen sollen von den Eltern aus­
                                                                                                                                    gehalten werden, nur so lernen Junge mit
Schulblatt Kanton Zürich 4/2016 Fokus

                                                                                                                                    dem eigenen Budget auszukommen. Auch
                                                                                                                                    gehen die Jugendlichen sorgfältiger mit
                                        gibt es aber auch jene, für die Geld eine    bedürfnisse. Wer ins Netz geht, gerät oft in   ihren Dingen um.
                                        ungeheure Herausforderung darstellt. Ei­     eine langjährige, von regelmässigen Ra­            Und wie kommt der Jugendlohn
                                        nes kann ich mit Sicherheit sagen: Das       tenzahlungen begleitete Abhängigkeit.          bei den Kindern an?
                                        Thema Schulden ist kein exklusives Ju­            Die Schuldenprävention der Stadt          Die sind anfänglich auch nicht immer be­
                                        gendproblem, sondern betrifft alle Alters­   Zürich unterstützt die Idee eines              geistert. Einerseits realisieren sie, dass sie
                                        stufen gleichermassen. Die Gründe für        ­Jugendlohns und ist Mitglied des              zwar wirklich mehr Geld zur Verfügung
                                        eine Verschuldung sind bei Jugendlichen       gleichnamigen Vereins. Um was geht            haben, anderseits müssen sie auch mehr
                                        aber sicherlich andere als bei einem          es dabei?                                     damit bezahlen. Rückblickend sagen aber
                                        40-jährigen Familienvater. Zu den gros­       Es geht darum, dass die Eltern möglichst      die meisten: Es war eine tolle Sache, da
                                        sen Schuldenfallen für Jugendliche zäh­       früh einen Teil der finanziellen Verant­      habe ich viel gelernt. Die positive Reso­
                                        len bestimmt Konsumkredite, aber auch         wortung für die eigenen Lebenskosten an       nanz ist übrigens auch durch Studien be­
                                        das schrankenlose Online-Shopping birgt       die Kinder abgeben. Mit dem Jugendlohn        legt. Wir erhoffen uns jedenfalls, dass die
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                                        Gefahren.                                     werden die Kinder für den Kauf der Klei­      Idee rasch Verbreitung findet. 
15   Schulblatt Kanton Zürich 4/2016 Fokus
Geld im Unterricht                                                                      eine Lehre beginnen und freuen sich auf

                                        Verdienen –
                                                                                                                                ihren Lohn. Wie hoch dieser sein wird,
                                                                                                                                ­darüber haben sie im Laufe der Projekt­
                                                                                                                                 tage ganz offen gesprochen. Und auch

                                        budge­tieren –
                                                                                                                                 wenn die Spannweite von 400 bis über
                                                                                                                                 1000 Franken reiche, hätten doch die meis­
                                                                                                                                 ten das Gefühl, über viel Geld zu verfü­

                                        ausgeben
                                                                                                                                 gen, erzählt Regula Müller. «Als sie dann
                                                                                                                                 aber ein Budget erstellten, haben einige
                                                                                                                                 gemerkt, dass es gar nicht so viel ist.»
                                                                                                                                     Interessant fand die Lehrerin auch die

                                        Fürs Leben fit zu sein, bedeutet auch,                                                   Diskussionen, ob man vom Lehrlingslohn
                                                                                                                                 zu Hause etwas abgeben müsse. Während
                                        Bescheid zu wissen über finanzielle                                                      manche mit ihren Eltern diesbezüglich

                                        Belange. Geld und Konsum werden
                                                                                                                                 schon klare Vereinbarungen getroffen
                                                                                                                                 hätten, seien andere etwas darüber er­

                                        deshalb an den meisten Schulen the­                                                      schrocken, dass ihre Eltern dies vielleicht
                                                                                                                                 verlangen könnten. «In diesem Zusam­
                                        matisiert. Im Gegensatz zu manchem                                                       menhang haben wir mit ihnen themati­

                                        Elternhaus.                                                                              siert, was ein Kind in ihrem Alter die El­
                                                                                                                                 tern kostet – was zum einen oder anderen
                                                                                                                                 Aha-Erlebnis führte.»
                                        Text: Jacqueline Olivier
Schulblatt Kanton Zürich 4/2016 Fokus

                                                                                                                                Enormer Gruppendruck
                                                                                                                                Auf dem Programm stand ausserdem der
                                                                                                                                Besuch eines Betreibungsbeamten aus
                                        «Geld ist ein grosses Thema für die Ju­     zweiten geht es um Sexualität und Auf­      Uster, der den Jugendlichen Einblicke in
                                        gendlichen», ist Regula Müller überzeugt.   klärung, für die dritten ums Geld. Regula   seinen Alltag gab. Zudem sahen die Ju­
                                        Wie gross, hat die Lehrerin der Sekundar­   Müller hat mit ihrer Klasse nun zum ers­    gendlichen einen Film über eine junge
                                        schule Dürnten diesen Frühling im Rah­      ten Mal einen solchen Turnus durch­         Frau, die wegen unbezahlter Rechnun­
                                        men von zweieinhalb Projekttagen selber     laufen und zieht ein eindeutiges Fazit:     gen von Online-Einkäufen einen fünf­
                                        erlebt: «Die Schülerinnen und Schüler       «Das Thema Geld hat klar das grösste        stelligen Schuldenbetrag angehäuft hatte
                                        waren voll dabei.»                          Echo ausgelöst.» Weil es ausnahmslos alle   und mit einer Lohnpfändung ins Berufs­
                                            An der Sekundarschule Dürnten fin­      Schülerinnen und Schüler betreffe. Erst     leben starten musste. «Das hat die Schüler
                                        den jedes Jahr die sogenannten XUND-        recht zum jetzigen Zeitpunkt, da sie dem­   sehr beschäftigt.»
                                        Tage statt. Die ersten Klassen beschäf­     nächst die Volksschule abschliessen. Fast       Gestaunt hat die Lehrerin über die
                                        tigen sich in Workshops mit dem Thema       alle Dürntner Drittsekschülerinnen und      Aufsätze, die sie von den Schülern zum
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                                        Suchtverhalten und -prävention, für die     -schüler werden nach den Sommerferien       Thema Geld und zu einer Einschätzung
des eigenen Schuldenrisikos erhalten hat.     Richtige.» Ebenso müssten Eltern wissen,      Lernenden Budgets erstellt. «Etlichen Ler­
Dass so viele den enormen Gruppendruck        wofür sie und wofür ihre Kinder haftbar       nenden wird erst in diesem Moment be­
betonten, habe sie doch überrascht. Und       seien: «Eltern müssen nicht alles bezah­      wusst, was es heisst, diverse Fixkosten zu
ebenso, dass nicht wenige offenbar schon      len.» Solches Wissen können sich Mütter       haben und den Lohn einzuteilen.»
die Erfahrung gemacht hatten, wie rasch       und Väter in Elternbildungskursen an­             Wenn es um das Betreibungswesen
etwas, das sie glaubten, unbedingt haben      eignen. Informationen zu solchen Kursen       geht, merkt der Lehrer jeweils bald, wer
zu müssen, nicht mehr aktuell war.            sind auch auf auf der Website der KEO zu      bereits Erfahrungen mit Schulden ge­
     Regula Müllers wichtigster Eindruck:     finden (siehe Kasten Seite 18). Denn für      macht hat – weil solche Jugendliche schon
«Die Jugendlichen wären gerne kompe­          Gabriela Kohler ist klar: «Als Eltern trägt   einiges über Mahnungen und Betrei­
tent in finanzieller Hinsicht. Und sie        man Verantwortung und hat punkto Infor­       bungen wissen. In der Regel handle es
wünschen sich gewisse finanzielle Frei­
­                                             mationen eine Holschuld.» Zwar sei es zu      sich dabei um etwas ältere Lernende, und
heiten.» Ausserdem stellte die Lehrerin       begrüssen, wenn die Schule die Finanz­        diese über den Unterricht dafür zu sen­
fest, dass bei den Schülern zu Hause oft      kompetenz der Jugendlichen fördere, aber      sibilisieren, dass Geld erst verdient wer­
kaum über Finanzen gesprochen wird.           die Schule könne nicht alles leisten.         den müsse, bevor man es ausgebe, könne
Die Oberstufenlehrerin, die selber zwei                                                     sicher nicht schaden, meint Erich Schen­
Töchter hat, sieht die Eltern diesbezüglich   Neue Lebenssituation                          kel. Natürlich spiele auch das Eltern­
in der Pflicht. Aber eben auch die Schule.    Das Thema Finanzen und Umgang mit             haus eine wichtige Rolle, an der Berufs­
«Unser Auftrag ist es, die Jugendlichen       Geld muss allerdings in der Volksschule       fachschule könne man die Eltern aber
fit fürs Leben zu machen, dazu gehört es      aufgenommen werden, so will es der kan­       definitiv nicht mehr ins Boot holen. Aus­
auch, Themen wie den Umgang mit Geld          tonale Lehrplan (siehe Kasten). Dasselbe      serdem müssten die jungen Leute in die­
aufzugreifen.» Eine Zusammenarbeit mit        gilt für die Berufsfachschulen, auch hier     sem Alter allmählich selber Verantwor­
den Eltern erlebt sie auf dieser Stufe je­    enthält der Rahmenlehrplan für den All­       tung übernehmen.
doch als schwierig: «In der Sekundar­         gemeinbildenden Unterricht (ABU) di­
schule erreicht man viele Mütter und Vä­      verse Zielvorgaben. Aus Sicht von Erich       Spannungsfeld Detailhandel
ter kaum mehr. Ausserdem ist Geld für         Schenkel, Leiter der Fachgruppe Gesell­       Im Fach Wirtschaft spielt Geld ebenfalls
viele Eltern ein Tabuthema.»                  schaft an der Berufsschule für Detailhan­     eine Rolle, etwa bei den Themen Zah­
                                              del Zürich (BSDHZ), ist dies durchaus         lungsverkehr oder Konsumkredite. Ob­
Am selben Strick ziehen                       sinnvoll. «Mit dem Beginn einer Lehre         schon dabei im Unterricht vor allem die
Ähnliche Erfahrungen macht Gabriela           befinden sich die Jugendlichen in einer
                                              ­                                             betriebliche Sicht zähle, erklärt Fachgrup­
Kohler-Steinhauser, Präsidentin der kan­      neuen Lebenssituation.» Deshalb wird an       penleiter Hanspeter Kunz, versuche man,
tonalen Elternmitwirkungsorganisation         der BSDHZ, wo man keinen ABU-, son­           wenn immer möglich, einen Bezug zur Le­
(KEO). Einbringen können und sollen           dern wie an kaufmännischen Berufsschu­        benswelt der Jugendlichen herzustellen.
sich die Eltern aber, findet sie. «Schule     len klassischen Fächerunterricht erteilt,     So lasse sich beispielsweise beim Thema
und Eltern sollten am selben Strick           das Thema Umgang mit Geld im Fach Ge­         Konsumkreditgesetz leicht die Überschul­
­ziehen.» So könnten die Eltern die Schule    sellschaft schon kurz nach dem Start auf­     dung und damit auch die persönlichen
 etwa bei der Organisation von Informa­       genommen. Etwa, indem man mit den             Schuldenfallen für jeden Einzelnen an­ 
 tionsanlässen unterstützen. Als Gabriela
 Kohlers Kinder noch die Sekundarschule
 besuchten und sie Mitglied des dortigen        Finanzkompetenz in den Lehrplänen
 Elternrats war, lud die Schule einen Be­       Der Umgang mit Geld ist Teil des kantonalen Lehrplans für die Volksschule.
 treibungsbeamten des Bezirks ein, der          ­Bereits auf der Unterstufe geht es beispielsweise in der Mathematik darum, die
 die Schüler über das Betreibungswesen           Masseinheiten für Geldwerte zu kennen und darauf basierend einfache Rech­
 und die langjährigen Folgen von Schul­          nungen lösen zu können. In der Mittelstufe sollen im Fach Mensch und Umwelt
 den aufklärte. «Ergänzend dazu haben            Themen wie Umgang mit Freizeit oder Taschengeld aufgegriffen werden. In der
 wir den Betreibungsbeamten im Rahmen            Oberstufe kommen weitergehende Aspekte dazu, etwa Einkauf und Verbrauch,
 eines Elternanlasses eingeladen, so er­         Wirtschaft, Geld und Konsum, Werbung, Kenntnisse über Kapital, Zins und
 hielten die Eltern die gleichen Informa­        Preisstrategien oder das Erstellen eines eigenen Budgets.
 tionen wie ihre Kinder.»                        Im neuen kantonalen Lehrplan 21, der sich zurzeit noch in der Vernehmlassung
     Im Weiteren können Elternorganisa­          befindet, ist das Thema auf der Primarstufe im Fachbereich Natur, Mensch,
 tionen Gelegenheiten für den Austausch          ­Gesellschaft angesiedelt. Unter den Stichworten Arbeit, Produktion und Konsum
 schaffen. «Wir hatten damals ein mehr­           sollen die Schülerinnen und Schüler unter anderem einfache wirtschaftliche
 mals jährlich stattfindendes Elternkafi»,        Regeln beim Kaufen, Tauschen und Verkaufen kennenlernen sowie über
 erzählt Gabriela Kohler, «in diesem Rah­         ­Wünsche, Bedürfnisse und Konsum nachdenken. Auf der Sekundarstufe sind
 men konnten wir über diverse Themen               im Fachbereich Wirtschaft, Arbeit, Haushalt Themen wie Lebenskosten, Budget,
                                                                                                                                          Schulblatt Kanton Zürich 4/2016 Fokus

 diskutieren, die uns beschäftigten, zum           Zahlungsverkehr oder Vorbeugung von Schulden vorgesehen.
 Beispiel über Taschengeld, Online-Shop­           Der Rahmenlehrplan für den Allgemeinbildenden Unterricht (ABU) an Berufs­
 ping oder Handyrechnungen.» Gerade die            fachschulen schreibt unter dem Stichwort «Lebensplanung und Finanzen»
 Frage nach dem angemessenen Taschen­              Lerninhalte zum Umgang mit Geld vor. In den Lehrplänen der einzelnen Berufs­
 geld bei­spielsweise und ob man dafür von         fachschulen wird dies in der Regel im Lernbereich Gesellschaft unter dem
 den Kindern als Gegenleistung Hilfe im            ­Aspekt Wirtschaft umgesetzt, wenn auch sehr unterschiedlich. Grundlegende
 Haushalt verlangen könne, verunsichere             Kenntnisse wie etwa das Erstellen eines Budgets sind aber in den meisten
 viele Mütter und Väter.                            Schullehrplänen verankert.
                                                    Für die Maturitätsschulen gibt der Rahmenlehrplan der EDK für das Fach Wirt­
Eltern tragen Verantwortung                         schaft und Recht vor, die fundierte Auseinandersetzung mit wirtschaftlichen
Eltern sollten sich zudem darüber infor­            und rechtlichen Fragen müssten den Schülerinnen und Schülern ermöglichen,
mieren, welche Arten von Bankkonti sich             «die eigene soziale Position zu erkennen und sie nach eigenen Interessen
für Jugendliche eigneten, fährt Gabriela            und Möglichkeiten zu gestalten». Was dies genau bedeutet, wird in den schul­
Kohler fort. «Ein Konto, das man ohne Wei­          spezifischen Lehrplänen genauer ausgeführt. [jo]
                                                                                                                                          17

teres überziehen kann, ist sicher nicht das
sprechen. Auch Fragen zum Betreibungs­       den 2. Klassen für die Schuldenpräven­         Block oder Ergänzungsmodul in einer
                                        recht liessen sich grundsätzlich durch       tion reserviert. Unterstützt wird die Schule   Sonderwoche. Allerdings steht auch für
                                        zwei Brillen betrachten – aus jener des      dabei von einem Betreibungsbeamten.            Fachvorstand Ernst Füglistaler fest: «Dies
                                        Geschäfts und jener des Kon­sumenten.            Gedanken, spezielle Gefässe für das        würde den Beizug von Expertinnen und
                                            «Lernende im Detailhandel sind ver­      Thema zu schaffen, macht sich derzeit          Experten der Schuldenberatung bedin­
                                        mutlich näher dran an solchen Themen         die Fachschaft Wirtschaft und Recht der        gen, die sich mit dieser Thematik vertieft
                                        als jene in handwerklichen oder techni­      Kantonsschule Limmattal – allenfalls als       auskennen.» 
                                        schen Berufen», sagt Hanspeter Kunz.
                                        Gleichzeitig befinden sich die angehen­
                                        den Detailhändler in einem Spannungs­
                                        feld: Im Betrieb lernen sie, wie wichtig
                                        Marketing und Umsatz sind, als Konsu­          Ausgewählte Angebote und Links
                                        menten sollten sie lernen, der Werbung
                                        zu widerstehen und ihr eigenes Konsum­         Kontakt- und Beratungsstellen:
                                        verhalten zu reflektieren.                     Schuldenberatung Schweiz: Dachverband der Schweizer Schuldenberatungs­
                                                                                       stellen; umfassende Informationen sowie zahlreiche Tipps und Links zum
                                        Volkswirtschaftliche Faktoren                  ­Thema Schulden und Prävention.
                                        In unterschiedlichem Umfang thematisiert        www.schulden.ch
                                        werden Geld und Konsum an den Mittel­
                                        schulen. Zwar gibt es für alle Gymnasias­      Schuldenprävention der Stadt Zürich: kostenlose Workshops für Schul­klassen
                                        ten eine Einführung in Wirtschaft und          der Sekundarstufen I und II in der Stadt Zürich, Unterstützung von Lehrpersonen
                                        Recht, diese bietet jedoch wenig Raum für      beim Umsetzen des Themas im Unterricht, Informationen für Eltern, zahlreiche
                                        Fragen nach Budget und die Schulden­           Links zu Schuldenberatungsstellen, diverses Informa­tionsmaterial.
                                        prävention. Eher aufgenommen werden             www.stadt-zuerich.ch/schuldenpraevention
                                        können diese im Schwerpunktfach Wirt­
                                        schaft und Recht (WR), obwohl es auch          Budgetberatung Schweiz: Informationen, Budgetvorlagen und -beispiele,
                                        da vornehmlich um betriebs- und volks­         Merkblätter, Richtlinien etc. für Jugendliche, Familien, Lehrpersonen.
                                        wirtschaftliche Inhalte geht. An der Kan­       www.budgetberatung.ch
                                        tonsschule Wiedikon hatten die Schüle­
                                        rinnen und Schüler der 4. Klassen bis vor      Caritas: Kostenlose Beratungshotline und Onlineberatung bei Finanz­problemen,
                                        einigen Jahren anlässlich von Projekt­         Tipps zum Umgang mit Geld, kostenlose App «My Money», ­Informationen und
                                        tagen die Möglichkeit, sich für halb- oder     Links zu Beratungsstellen.
                                        eintägige Workshops zu Themen der All­          www.caritas-schuldenberatung.ch,
                                                                                       Hotline: 0800 709 708, Montag bis Donnerstag, 10 bis 13 Uhr
                                        tagsbewältigung anzumelden – Steuer­
                                        erklärung, Budgetplanung oder Bewerbun­
                                        gen. Das Interesse an diesen Workshops         Informationsmaterial:
                                        war laut Rektor Urs Bamert aber weniger        Dossier Finanzen des Schulamts der Stadt Zürich: Inhalte des kantonalen
                                        gross als erhofft.                             Lehrplans zum Thema Finanzkompetenz, Lehrmittel und ­Angebote, Unterrrichts­
                                                                                       ideen.
                                        Steter Tropfen …                                www.stadt-zuerich.ch/dossier-finanzen
                                        An der Kantonsschule Uster geht man ei­
                                        nen anderen Weg: Hier werden im Schwer­        Lehrmittel und Lernspiele:
                                        punktfach (WR) über die Zeit von der 3.        Ciao Cash: Kartenspiel zu Geld und Glück der Schulden- und Beratungs­stelle
                                        bis zur 6. Klasse im Rahmen von Betriebs­      Plusminus Basel für zwei bis sechs Spieler ab 10 Jahren, für Familien und Schulen.
                                        wirtschaftslehre und betrieblichem Rech­        www.schulden.ch > Prävention > Ciao Cash
                                        nungswesen in verschiedenen Sequenzen
                                        Verbindungen zu den persönlichen Er­           Potz Tuusig: Bilderbuch für Kinder von 5 bis 8 Jahren. Kinder-Cash: für Kinder
                                        fahrungen der Jugendlichen hergestellt.        und Jugendliche zwischen 10 und 13 Jahren, Eltern und Lehrpersonen der 4.
                                        Dies sei wirkungsvoller, als das Thema mit     bis 6. Klasse. Spezielles Sparschwein, Kinder­magazin, Elternheft und Lehrmittel
                                        einem Unterrichtsblock abzuhaken, findet       für die Mittelstufe sowie Veranstaltungen für Eltern. Beide von Pro Juventute.
                                        WR-Lehrer Jürg Schärer. Zum Beispiel            www.projuventute.ch > Programme > Finanzkompetenz
                                        lautet eine Aufgabenstellung im Rech­
                                        nungswesen: «Wir schauen uns im eige­          Finance Mission Heroes: Digitales Lernspiel, getragen von den Schweizer
                                        nen Zimmer um und erstellen eine Bilanz        ­Lehrerverbänden und Kantonalbanken. Für Sekundarstufe I.
Schulblatt Kanton Zürich 4/2016 Fokus

                                        mit den eigenen Vermögens- und Schul­           www.financemissionheroes.ch
                                        denteilen in eigener Sache.» Wobei Jürg
                                        Schärer hofft, dass eben keine Schulden­       Cure Runners: längerfristiges Lernspiel für 12- bis 17-Jährige in Form diverser
                                        teile vorhanden seien. Trotzdem lasse sich     Workshops, geeignet für Schulprojekte. Entwickelt von der unabhängigen,
                                        so das Thema Schulden ansprechen.              ­mehrfach ausgezeichneten Organisation Three Coins.
                                            Einen besonders geeigneten Anknüp­          www.curerunner.ch
                                        fungspunkt sieht er beim Schuldbe­
                                        treibungs- und Konkursrecht. In diesem         Weitere Links:
                                        Rahmen führt er den Klassen gerne den          Kantonale Elternmitwirkungsorganisation (KEO): Informationen und
                                        Dokumentarfilm «Im Sog der Schulden»           ­weiterführende Links.
                                        vor und diskutiert mit den Jugendlichen         www.keo-zh.ch > Links und Tipps > Finanzen
                                        anschliessend da­rüber. «Die Schüler sind
                                        vom Film jedes Mal stark beeindruckt.»         Jugendlohn: Informationen, Elternveranstaltungen etc.
                                        Ausserdem ist an der KS Uster jeweils die       www.jugendlohn.ch
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                                        Gesundheitswoche vor den Sport­ferien in
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Schülerstimmen

                                             «Ich träume nicht
                                            vom grossen Geld»
                            Was bedeutet Kindern und Jugendlichen Geld?
                      Wie gehen sie damit um und wofür geben sie es gerne
                             aus? Vier Schü­lerinnen und Schüler erzählen.
                                                                          Aufgezeichnet von: Reto Heinzel und Jacqueline Olivier Fotos: zvg

            Nelson Wilhelm, 18,                                                   Leonie Stadler, 15,
6. Klasse, Kantonsschule Hohe Promenade                                     3. Sek, Oberstufenschule Stadel
«Geld bedeutet mir insofern relativ viel, als ich nicht sehr viel   «Ich bin nicht fixiert auf Geld, habe aber schon gerne ein Nötli
habe und damit auskommen muss. Ich bekomme zu Hause jeden           im Portemonnaie, für den Ausgang zum Beispiel. Von meinen
Monat einen Betrag, von dem ich gewisse Dinge zahlen muss:          ­Eltern bekomme ich kein Taschengeld. Wenn ich etwas brauche,
Handyrechnung, Tramabonnement, Essen, Schulmaterial, Klei­           gehe ich zu meiner Mutter und meistens bekomme ich das Geld
der oder Freizeit. Zu Hause reden wir ganz offen über Geld.          dann von ihr. Seit ein oder zwei Jahren verdiene ich ausserdem
­Meine Eltern sind getrennt, und ich weiss, was meine Mutter         selber Geld mit Babysitten. Das reicht für die täglichen Aus­
 verdient, was für sie finanziell machbar ist und was nicht.         gaben ganz gut. Manchmal kann ich auch etwas zur Seite legen,
       Sparen kann ich gut beim Essen, das ich in der Regel von      ich habe ein Sparkässeli und ein Sparkonto. Im Moment bin ich
 daheim mitnehme, damit ich nichts kaufen muss. Lieber gebe          aber nicht so gut bei Kasse und spare für den Besuch des Open
 ich mein Geld am Wochenende für Konzertbesuche aus oder             Airs Frauenfeld, wo ich mit meinem Freund hingehen möchte.
 für sonstige Dinge, die mir Spass machen. Es ist auch schon vor­    Mein Handy musste ich mir auch selber ersparen. Meine Eltern
 gekommen, dass mein Geld nicht für den ganzen Monat reichte.        laden jeweils etwas Geld auf die Prepaid-Karte, wenn ich mehr
 Dann hat mir entweder meine Mutter ausnahmsweise geholfen           brauche, muss ich es selber bezahlen.
 oder ich griff auf mein Sparkonto zurück. Auf dieses zahle ich           Nach den Sommerferien beginne ich eine Lehre als Fach­
 teilweise selber Geld ein, ein anderer Teil stammt aus einem        frau Gesundheit. Der zukünftige Verdienst war für mich bei der
 Erbe. In den Ferien arbeite ich regelmässig, um etwas zu ver­       Berufswahl kein Kriterium, ich möchte einen Beruf, den ich ger­
 dienen, ich gehe das Schulhaus putzen oder habe auch mal als        ne ausübe. Im ersten Lehrjahr werde ich 800, im zweiten 1000
 Assistent an der Zürcher Hochschule für angewandte Wissen­          und im dritten 1400 Franken verdienen.
 schaften beim Einrichten von Computern geholfen. Solches Geld            Zu Hause sprechen wir recht offen über Geld. Im Moment
                                                                                                                                         Schulblatt Kanton Zürich 4/2016 Fokus

 spare ich – im Moment fürs Reisen, denn nach der Matur werde        sowieso, weil mein 17-jähriger Bruder nächstes Jahr in eine
                                                                     ­
 ich nun erst einmal ein Zwischenjahr einschalten. Auch für eine     WG ziehen möchte. In diesem Zusammenhang diskutieren wir
 gute Kamera spare ich, denn ich filme sehr gern. Den Führer­        oft darüber, was das Leben dort für ihn so kosten wird. Auch
 schein möchte ich sicher auch machen, aber das hat für mich         in der Schule hat unser Lehrer das Thema Lebenskosten bei
 momentan nicht oberste Priorität.                                   ­verschiedenen Gelegenheiten immer mal wieder angesprochen.
       Während des Zwischenjahrs möchte ich zudem ein Prakti­         Aber ein Budget zu machen, haben wir nicht gelernt. Ich gebe
 kum machen, um noch mehr Geld zu verdienen, denn ich stelle          einfach nicht mehr Geld aus, als ich habe. Wenn ich mit Freun­
 mir vor, dass ich für das Studium zu Hause ausziehe. Mein Ziel       dinnen shoppen gehe, kaufe ich nur etwas, wenn ich das Geld
 ist es, entweder an eine Filmschule zu gehen oder Politikwissen­     dafür im Portemonnaie habe. Online habe ich noch nie einge­
 schaft und Sinologie zu studieren, weil mich China als Land sehr     kauft, höchstens mal etwas auf Ricardo mit dem Einverständnis
 interessiert – nicht im wirtschaftlichen, sondern im kulturellen     meiner Mutter. Ich gehe lieber in den Laden.
 Sinn. Dass ich später im Berufsleben das grosse Geld mache,              Wenn ich ganz viel Geld hätte, etwa nach einem Lotto­
 ­davon träume ich nicht. Mir ist es wichtig, etwas arbeiten zu       gewinn, würde ich mein Leben wohl nicht gross ändern. Das
  ­können, was mir Freude bereitet. Zumindest sehe ich das heute      Geld würde ich auf ein Sparkonto einzahlen und höchstens ab
                                                                                                                                         21

   so. Vielleicht ist das ja der Idealismus eines 18-Jährigen.»       und zu etwas für Reisen ausgeben.»                             
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