Die Ostschweizer Lösung für den FCSG
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www.leaderonline.ch August 6/2012 Preis Fr. 8.50 Ausgabe für die Ostschweiz und das Fürstentum Liechtenstein DAS UNTERNEHMERMAGAZIN Dölf Früh: Die Ostschweizer Lösung für den FCSG Seite 6 Rorschach: Aufbruch zu neuem Glanz Seite 20 Treue Kunden und Mitarbeiter DENK Seite 82 Adrian Künzi, CEO der Notenstein AG, über das Starthalbjahr, die weiteren Aussichten und den Stellenwert der Ostschweiz für die Privatbank. Seite 14 ANSTOSS!
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Editorial 3 Jodeln gegen den Druck aus Deutschland Bekanntlich jodeln wir Schweizer ausnahmslos, und das vom frühen Morgen bis zum späten Abend. Das jedenfalls ist das Bild, das deutsche TV-Macher in einer Reportage über die Schweiz vermittelten. Aber wir singen nicht nur, wir sind auch Helfershelfer böser Steuerhinterzieher. Nun aber wehrt sich das arme Deutschland, und deshalb sin- gen wir Schweizer, wie es ein Sprecher sagte: «Und so jodeln sie an gegen den Druck, der da von aussen kommt.» Kein Wort über die eigene, eines Rechtsstaates unwürdi- ge Rolle, die auf Zusammenarbeit mit Kriminellen fusst und Diebesgut mit geheimen Daten ankauft. Dabei ist der ganze Zauber doch schwergewichtig politisch begründet. Die Schweiz hält Deutschland Tag für Tag den Spiegel vor. Wir beweisen: Es ist möglich, mitten in Europa, mit eigener Währung und ohne EU-Mitgliedschaft erfolgreich zu wirtschaften und einen florierenden Aussenhandel zu betreiben. Die Schweiz ist der Gegenentwurf zum Moloch EU, der seit jeher von einer schönen, aber unrealistischen Vision ausging: Kulturell, mentalitätsmässig und in ihrer Leistungsbereitschaft völlig unterschiedliche Nationen werden über einen Kamm geschert, die Schwächen des einen müssen, wenn nötig unter Druck der tonangebenden Eurokraten, vom anderen ausgebügelt werden. Mit der Steuerhinterziehungsdebatte soll die Schweiz nun wenigstens am Rande mit hineingezogen werden in den Umverteilungsschlamassel, den die Brüsseler Verwal- tungsdiktatur im Zusammenspiel mit den einzelnen Regierungen angerichtet hat. Die schweizfeindlichen Kräfte in Deutschland – vornehmlich rot regierte Bundeslän- der – agieren einerseits aus einer Position der Stärke, anderseits erinnern sie an Kin- der, die wütend «stämpfelen», weil sie merken, dass der andere bessere Karten in der Hand hat. Damit tut Deutschland im Fall der Schweiz exakt das, was es seit vielen Jah- ren mit den eigenen Unternehmern tut: Statt sich zu freuen über positive Beispiele und von ihnen zu profitieren, macht man den Erfolgreichen mit einer Hochsteuerpolitik das Leben schwer. Mit dem Resultat eben, dass deutsche Unternehmer dorthin flüch- ten, wo man sie zu schätzen weiss… Liebe Nachbarn, respektiert die Gesetze anderer Länder (wozu etwa das Schweizer Bankgeheimnis gehört), setzt Eure Steuerpolizisten an die Luft und stellt dafür eine Reihe von unternehmerisch denkenden Leuten ein. Schickt diese dann zu uns in einen Lehrgang für unternehmer- und wirtschaftsfreund- lichen Umgang mit Steuerzahlern. Das füllt die Kassen nachhaltig – und ohne Raub züge in souveränen Nachbarstaaten. Natal Schnetzer Verleger Sie haben vieles erreicht. Wie weiter? Ihr Partner für Mergers & Acquisitions. Kauf und Verkauf von Unternehmen. Rolf Staedler, CEO awitgroup AG, +41 (0)71 447 88 88, rolf.staedler@awit.ch, www.awit.ch Zusammen. Einfach. Mehr. LEADER | August 2012
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Inhalt 5 «Konfiskation wird salonfähig» Der neue Präsident des Hauseigentümer- verbandes Kanton St.Gallen, Kantonsrat Walter Locher, hat grosse Vorbehalte ge- gen das verschärfte Raumplanungsrecht. Seite 10 20 Rorschach blüht auf 40 Hirslanden investiert in die Ostschweiz In Rorschach wird gebaut, neue Die St.Galler Klinik Stephanshorn liess inner- Arbeitsplätze entstehen – dank halb weniger Tage aus Fertigbauelementen ein unternehmerisch geprägter Politik. neues Gesundheitszentrum errichten. 26 Eingeschränkte Pensionskassenbezüge 46 Treffpunkt Ost für Immobilienerwerb Der Romanshorner Unternehmer Roland Albert Koller, SGKB, zu den neuen Gutjahr ist als Oberthurgauer des Jahres 2012 Mindestanforderungen für die Belehnung ausgezeichnet worden. von Wohnliegenschaften. 48 Der Gestalter in der Verwaltung 28 Medien Markus Walt leitet seit Kurzem das Amt für Die «Greater Zurich Area» (GZA) will Wirtschaft im Kanton Appenzell Innerrhoden. die ganze Deutschschweiz vereinnahmen. Die St.GallenBodenseeArea winkt ab. 54 Nach der Finanzkrise die Talentkrise Die Sorge vieler Unternehmen gilt einer neuen 30 Faserplast AG auf Erfolgskurs Herausforderung: dem wachsenden Mangel Pascal Kesseli, CEO der Faserplast AG, an qualifizierten Fachkräften. Rickenbach, hat seine Firma zu einem schweizweit und international tätigen 57 Der erste «Diamant»-Preisträger Handels- und Industrieunternehmen Der erstmals verliehene Jungunternehmer- geformt. preis STARTFELD Diamant ging an die Verpa- ckungsfirma Weibel CDS AG aus Waldstatt. 36 «Gute Rahmenbedingungen, kurze Wege, wenig Bürokratie» 61 Von Hypes und Trends Werkplatzkampagne des Thurgauer Vorschau auf den diesjährigen Networking-Tag Standortmarketings. der FHS Alumni St.Gallen mit Freddy Nock. 64 Sechs Teams greifen nach der Trophäe Der Hochseilläufer Der WTT Young Leader Award wird Freddy Nock in Ende September in St.Gallen verliehen. adrenalinintensiver Situation 73 «Bei uns wird schon nichts passieren» Kleine und mittlere Unternehmen sind für die Sicherheit ihrer IT oft zuwenig sensibilisiert. LEADER | August 2012
6 Interview «Wir wollen die Abhängigkeit vom Sport verkleinern» Seit bald zwei Jahren führt Dölf Früh aus Teufen den FCSG. Er will erfolg reichen Fussball in der Ostschweiz nachhaltig sichern, und das, indem er den FC St.Gallen geografisch und thematisch auf eine breitere Basis stellt. Bislang scheint die Rechnung aufzugehen. Und Früh hat bereits bewiesen, dass ihn Rückschläge nicht aus der Bahn werfen können. Eine Annäherung. Text: Stefan Millius Bild: Bodo Rüedi Am Anfang der Geschichte stand ein Kalauer aus der feld. Darauf angesprochen, ob die Marke FCSG unter Blick-Redaktion. «Es ist nie zu spät – jetzt kommt der erneuten Zweitklassigkeit gelitten habe, ob sie Früh» titelte das Blatt, als der Teufener Dölf Früh sich auf Sponsoring und Merchandising auswirkte, im Spätherbst 2010 im Zusammenhang mit dem FC winkt Dölf Früh energisch ab. «Ganz und gar nicht, St.Gallen in Erscheinung trat. Der Medienunterneh- im Gegenteil.» Nach dem Abstieg habe man viel po- mer kam als einer von mehreren Rettern, die Geld sitives Feedback erhalten aus dem Umfeld, und fast einschossen, in Frühs Fall 2,7 Millionen Franken. Da- alle Sponsoren hätten ihr Engagement beibehalten rüber hinaus übernahm er an der Vereinsspitze auch oder sogar erhöht. Früh weiter: «Im Merchandising, die Verantwortung. Früh war seit langer Zeit Weg- bei Fanartikeln, haben wir zudem eine deutliche Um- gefährte des Ostschweizer Clubs, nun avancierte er satzsteigerung erzielt, die uns ebenso aufzeigt, dass zum ersten Mann. Und das aus höchster Not heraus, wir auf dem richtigen Weg sind. Durch den souverä- zu einem Zeitpunkt, als es um Leben und Tod ging für nen Aufstieg haben wir nun weiteren Rückenwind den FCSG – einmal mehr. erhalten, mit dem wir die Saison in der Super League angehen werden.» Turbulenter Start Das war vor bald zwei Jahren. Und in dieser kurzen Auf hohem Niveau gehalten Zeit hatte Dölf Früh die zweifelhafte Ehre, das Wech- Unternehmerische Erfahrung und eine ruhige Hand selbad der Gefühle, dem der FC St.Gallen seit lan- stellte die Clubführung nicht zuletzt dadurch unter ger Zeit ausgesetzt ist, gleich selbst auszukosten. Der Beweis, dass sie nach dem Abstieg den «Apparat» sportliche Abstieg in die Niederungen der Challenge rund um den FCSG nicht etwa panikartig nach unten fuhr, sondern – auch dank treuer Sponsoren – die In- frastruktur auf dem hohen Niveau hielt. Denn einen «Im Merchandising haben wir eine einmal gedrosselten Motor nach dem Aufstieg wie- deutliche Umsatzsteigerung erzielt.» der auf Touren zu bringen, wäre zweifellos teurer ge- wesen und hätte seine Zeit gedauert. Nach dem Auf- stieg – dem stets erklärten Ziel – sofort wieder auf Su- League war ein Imagedämpfer – und ein Rückschlag per-League-Niveau arbeiten zu können, das war die im Fahrplan, den Club nach der Rettung in ruhigere Absicht. Wasser zu führen. Allerdings: Schon hier zeigte sich, Doch wie deckungsgleich sind sie überhaupt, die dass der FCSG mit Recht auf einen erfahrenen Unter- beiden Bereiche Wirtschaft und Sport? Es gebe vie- nehmer gesetzt hatte. Für Früh war die Saison in der le Parallelen, sagt Dölf Früh: «Man braucht die rich- Challenge League sicher eine unangenehme Erfah- tige Strategie, die richtigen Führungsleute, und man rung, aber eine kalkulierbare. «Es war von vornherein muss Mitarbeiter zu einem funktionierenden Team klar, dass wir in der Challenge-League-Saison mit dem zusammenfügen. Es ist entscheidend, die Marktsi- Ziel des sofortigen Wiederaufstiegs ein wirtschaftli- tuation richtig zu beurteilen und den Markt mit Pro- ches Minus einfahren würden», erinnert er sich. «Dies dukten zu beliefern, die beim Konsumenten, beim war einkalkuliert, von daher haben wir vorab sicher- Publikum ankommen.» Anders hingegen sei sicher- gestellt, dass der Verlust aufgefangen wird.» lich, dass der Erfolg im Sport nicht immer planbar ist: Diese Sicherheit, die der neue Präsident damals aus- «Es gibt viel Hektik in diesem Geschäft, die Betrach- strahlte, übertrug sich offenbar auch auf das Um- tung von ausserhalb ist sehr emotional geprägt. Und LEADER | August 2012
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Interview 9 im Gegensatz zur Wirtschaft ziehen wir nach jedem digt worden, man habe die Dinge nun im Griff, klaff- Spiel ein Fazit, nicht quartals- oder jahresweise.» te auch schon das nächste Loch in der Kasse – und die treuen Supporter wurden abermals gebeten zu hel- Reine Ostschweizer Lösung fen. Ein Zustand, der einem Vollblutunternehmer ein Wo Parallelen vorhanden sind, war Dölf Früh ohne Dorn im Auge sein muss. «Alle unsere Anstrengun- Zweifel der richtige Mann; an seinen Qualitäten in gen gehen dahin, dass wir langfristig auf gesunden Sachen Unternehmensführung zweifelt kaum je- Beinen stehen», sagt Dölf Früh zu diesem Thema. Die mand. Darüber hinaus war es – gerade in den Tagen Abteilung Verkauf werde nachhaltig ausgebaut; in und Wochen vor der dringend nötigen Rettung – sei- den Bereichen Werbung, Sponsoring und Merchan- ne starke Vernetzung innerhalb der Ostschweizer dising wolle man das gesamte Einzugsgebiet von der Wirtschaft, die segensreich war. Denn nicht nur er, Region Zürich bis ins Bündnerland bedienen und die eine ganze Gruppe von Persönlichkeiten aus der Re- reine Abhängigkeit vom Sport verkleinern. gion griff tief in die Tasche. Und das hätte sie kaum Ganz entscheidend in den Bemühungen sei auch getan, wäre das Vertrauen in den neuen starken das Projekt «FutureChampsOstschweiz». Früh dazu: Mann im Verein nicht vorhanden gewesen. Dölf Früh «Wir leisten hier mit unseren Partnern eine einma- wies damals vor den Medien auch darauf hin, dass es lige, herausragende Nachwuchsförderung, die be- zahlreiche «exotische Angebote» gegeben habe, wie reits heute auf fünf Jahre hinaus durch Sponsoring- immer, wenn es um einen Sportverein geht. Ihm war beiträge gesichert ist. Selbstverständlich ist es un- es trotz aller Dramatik der Situation jedoch wichtig, ser Ziel, aus dieser Nachwuchsförderung heraus dass die Grün-Weissen mittels einer Ostschweizer junge Spieler aus der Region in unserem Profikader Lösung gerettet wurden – was dann auch geschah. einbauen zu können – aber auch, Transfererlöse zu generieren.» Der Teufener ist kein Verdränger und weiss, dass schwierige Situationen im Sport bei al- «Es gibt viel Hektik in diesem Geschäft; die Betrach ler Planung stets wieder auftreten können. Man wol- tung von ausserhalb ist sehr emotional geprägt.» le finanzielle Reserven bilden, um solche – sollten sie kommen – überstehen zu können. Ebenfalls vorteilhaft war die Tatsache, dass mit Früh Wirtschaft als Partner einer auf den Plan trat, der dem Club zwar sehr ver- Weil das Eintrittsgeld der Fans und die unberechen- bunden ist, aber dennoch eine gewisse Distanz zum baren Erlöse aus dem Transfergeschäft nicht reichen, Geschehen pflegt und sich bei aller Liebe zum Fuss- um einen Verein auf diesem Niveau zu betreiben, ball nicht von Emotionen leiten lässt. Er habe durch bleibt die Wirtschaft für den FCSG ein notwendiger diese Distanz auch in hektischen Situationen die Partner. Dölf Früh will auf sportlicher und anderer Ruhe bewahren können, «und das ist eine wichtige Ebene beweisen, dass der Fussballclub eine Bedeu- Aufgabe für einen Verwaltungsratpräsidenten». tung für die Ostschweiz hat und so die Verbundenheit zur Wirtschaft stärken. Neben ideellen Werten gebe Neuorganisation greift man interessierten Unternehmen aber auch Handfes- Als der Club nach der Euphorie rund um das neue tes. «Die AFG Arena bietet hervorragende Möglich- Stadion im Wechselspiel finanziell und sportlich ins keiten für Firmen, sich zu präsentieren. Diese Wer- Schlingern geriet, wurde auch Kritik an der Organi- beflächen und Dienstleistungen wollen wir weiter sation laut. Viele Anhänger hatten kaum mehr den ausbauen und verbessern. Und nicht zuletzt steht die Durchblick angesichts der verschiedenen Aktienge- Betreuung unserer Partner und Sponsoren in unse- sellschaften, die sich rund um den FCSG und das Sta- rem Fokus, um die guten Beziehungen weiter zu pfle- dion tummelten. Bei der Sanierung habe man die Or- gen und langfristig gemeinsam erfolgreich zu sein.» ganisation bewusst geändert, so Früh, und die neu- Das alles ist schnell und leicht dahingesagt – aber en Strukturen greifen laut ihm. «Die Stadion AG als nur mühsam zu realisieren. Nicht nur, aber auch an Besitzerin ist absolut eigenständig, die FC St.Gallen der Spitze des FCSG fällt diese Arbeit an. Derzeit be- Event AG ist für den wirtschaftlichen Bereich zustän- deute das sicherlich ein enormes Engagement für ihn dig und die FC St.Gallen AG für den Sport. Die kla- persönlich, stellt Dölf Früh fest, aber dieses trage er re Trennung der einzelnen Kompetenzbereiche war gern, «denn der Verein ist eine Herzensangelegen- wichtig und hat sich absolut bewährt. Dadurch, dass heit». Im Unterschied zu seinen Vorgängern ist Früh die Event AG wie die FC St.Gallen AG vom gleichen weniger Kritik ausgesetzt, und öffentliche Polemik Verwaltungsrat geführt werden, haben wir wesent- hat er kaum zu ertragen. Weshalb das so ist, mag er lich einfachere Entscheidungswege.» nicht selbst beurteilen. «Wichtig für mich in meiner Das alles dient vor allem einem Ziel: einer nachhalti- täglichen Arbeit ist, den Verein nach vorne zu brin- gen Gesundung, einer langfristigen Sicherung. Denn gen und weiterzuentwickeln. Es geht nicht um die was über Jahre und Jahrzehnte an der Substanz des Person Dölf Früh, sondern um den FC St.Gallen.» Die Vereins geknabbert hatte, waren die sich laufend Feststellung ist verbunden mit einem Versprechen: wiederholenden Rettungsaktionen. Kaum war nach «Von daher freue ich mich auf weitere spannende einer Massnahme oder einer Bettelaktion angekün- und erfolgreiche Jahre mit dem FCSG.» LEADER | August 2012
10 Interview Walter Locher: «Die Linke will nicht Aus- gleich, sie will Gleichheit und Konfiskation.» LEADER | August 2012
Interview 11 «Es führt kein Weg an einer echten Dezentralisierung vorbei» Der neue Präsident des Hauseigentümerverbandes Kanton St.Gallen, Kantonsrat Walter Locher, äussert sich im LEADER-Interview besorgt über die zunehmend kritische Betrachtung von Wohlstand bis hin zu eigen tumsfeindlichen Tendenzen. Grosse Fragezeichen setzt er zum verschärften Raumplanungsrecht sowie zum Raumplanungskonzept des Bundes, das die Ostschweiz massiv benachteiligen würde. Interview: Richard Ammann Bilder: Bodo Rüedi Dem Eigentum und seiner Förderung weht ein rau- – Der aufziehende Sturm über Europa – verursacht er Wind entgegen. Wird Konfiskation salonfähig? durch hemmungsloses Schuldenmachen einzelner Leider immer mehr, ja. In den letzten beiden Jahren Volkswirtschaften – wird unsere Konjunktur sehr wurden auf Stufe Bund und in einzelnen Kantonen belasten und die Versuchung der Politik mit sich politische Entscheid gefällt und Vorlagen aufgegleist, bringen, benötigtes Geld zum Ölen der Staatma- die das Verständnis für die Wichtigkeit von Eigen- schinerie und überbordender Sozialwerke vor al- tum immer mehr vermissen lassen. Wir entwickeln lem bei jenen zu holen, die es sich selbst erspart uns immer deutlicher zu einer Neidgesellschaft, in haben. Die Grundeigentümer und der Mittelstand der vor allem denen etwas genommen wird, die es werden, weil sie nicht mobil sind, als erste betrof- sich selbst erarbeitet haben. Wohlstand wird viel kri- fen sein. tischer betrachtet und die Bereitschaft wächst, ihn steuerlich stärker abzuschöpfen oder durch Verbote Die Zeche bezahlt in erster Linie der Mittelstand, da- zu beschränken: bei ist jede in Freiheit und Demokratie verfasste Ge- sellschaft auf ein Mindestmass an Solidarität der Leistungsstarken mit den Schwachen angewiesen. «Wir entwickeln uns immer deutlicher zu einer Die Linke aber will etwas ganz anderes: Sie will nicht Neidgesellschaft, in der vor allem denen etwas ge Ausgleich, sie will Gleichheit und Konfiskation. nommen wird, die es sich selbst erarbeitet haben.» Wo liegen für den HEV die Fragezeichen beim ver- schärften Raumplanungsrecht? – Im März 2011 ist die im Kern eigentumsfeindliche Sowohl die Rückzonungspflicht von zu grossen Bau- Zweitwohnungsinitiative angenommen worden. zonen als auch die Verpflichtung zur Zwangsüber- – Vor zwei Monaten hat das eidgenössische Parla- bauung der Grundstücke innert bestimmter Fristen ment im Rahmen der Behandlung des Raumpla- und die zwingende Bundeslösung zur Mehrwert- nungsgesetzes die umstrittene Mehrwertabschöp- abgabe schränken die verfassungsmässigen Eigen- fung von 20 Prozent beschlossen und – in vorausei- tumsrechte massiv ein. Der Ausgleich für erhebliche lendem Gehorsam – hat das Thurgauer Stimmvolk planerische Vorteile erfolgt zu einem wesentlichen zu einer solchen Mehrwertabgabe im Juni bereits Teil bereits heute über die Grundstückgewinnsteuer. ja gesagt. Im Entwurf zu einem st. gallischen Bau- Mit gutem Grund wurden denn auch in verschiede- gesetz werden sogar 30 Prozent vorgeschlagen. nen Kantonen bis heute Gesetzesvorlagen im Zusam- – Angekündigt und am Horizont bereits spürbar ist menhang mit dem weitergehenden Ausgleich von die nationale Erbschaftsteuer, die den freien Über- Planungsvorteilen abgelehnt. Dies gilt umso mehr, gang auch von Grundeigentum von einer Generati- als im gegenteiligen Fall, nämlich bei der Entschä- on auf die nächste empfindlich einschränken und digung von Planungsnachteilen (Auszonungen, Be- besteuern will. Der Grundsatz, dass Eigentum un- schränkungen des Grundeigentums) die bundesge- geschmälert erhalten, gemehrt und an die nächs- richtliche Rechtsprechung sehr restriktiv ist. te Generation übertragen werden kann, ist damit Die Bestimmungen des revidierten Raumplanungs- hochgradig gefährdet. gesetzes führen zudem auf allen drei Staatsebenen LEADER | August 2012
12 Interview die Schweiz derzeit jährlich um rund 80‘000 Einwoh- ner pro Jahr wächst. Unser Wohlstand und der aus- gebaute Sozialstaat können längerfristig nur so auf- recht erhalten werden. Wachstum ist durch flexible Lösungen zu ermög- lichen. Will man die gesellschaftliche und wirt- schaftliche Dynamik nicht vollständig abwürgen, sind Zonenerweiterungen unabdingbar. Die Initiati- ve behindert neue Einzonungen an raumplanerisch sinnvollen Orten: konkret in Städten oder Agglome- rationen mit guter Anbindung an den öffentlichen Verkehr. Folge wird sein, dass vermehrt an periphe- ren Lagen gebaut wird, wo noch Baulandreserven verfügbar sind. Damit schreitet die Zersiedelung weiter voran. So oder so wären in gewissen Gebieten wegen der durch die künstliche Verknappung des Baulandes be- wirkten Preissteigerungen Wirtschaft und Bevölke- rung die Opfer der starren Vorgaben der Initiative. Der Boden würde sich an den raumplanerisch sinn- vollen Standorten weiter verteuern, was wiederum die Kaufpreise und die Mieten in die Höhe treiben dürfte. Mit dem Einfrieren der Bauzonen während insgesamt zu mehr Bürokratie und komplizierteren 20 Jahren würden ausgerechnet Gemeinden und Verfahren, etwa bei der Mehrwertabgabe oder der Kantone bestraft und ihrer Entwicklungspotentiale Rückzonungspflicht. beraubt, die bisher eine restriktive Siedlungspolitik Raumplanung ist zudem grundsätzlich Sache der verfolgt haben. Kantone. Der Bund soll nur die Grundsätze festle- gen. Die Situation ist in der Stadt Basel anders als Befürworter der Gesetzesrevision befürchten be- im ländlichen Appenzell, die Siedlungsstruktur in reits «Last-Minute-Einzonungen» während der lau- Zürich weicht von jener im Kanton Uri völlig ab. Die fenden Referendumsfrist. Kann man in so kurzer Zeit überhaupt Zonenplanrevisionen realisieren? Die Initianten befürchten das und machen bereits «Die Bestimmungen des revidierten jetzt Druck. Die Stiftung für Landschaftsschutz hat Raumplanungsgesetzes führen auf allen bereits ein Moratorium für Einzonungen gefordert. So kommen wir nicht mehr weiter. Neues Recht gilt drei Staatsebenen insgesamt zu mehr ab dann, wenn es angenommen ist. Sonst wird der Bürokratie und komplizierteren Verfahren.» Rechtsstaat total ausgehöhlt. Wenn einzelne Ge- meinden versuchen, bereits laufende Planungspro- zesse zu beschleunigen, so ist das legal und legitim. vom Parlament beschlossene Revision des RPG ver- Es ist darin nichts Verwerfliches zu erkennen. stärkt die Kompetenzen des Bundes, der den Kanto- Zonenplanrevisionen brauchen Zeit und können nen zum Beispiel neue detaillierte Vorschriften zur nach Gesetz nicht beliebig oft in die Wege geleitet Ausgestaltung der Richtpläne aufzwingt. Diesen An- werden. Es gilt der Grundsatz der Planbeständig- griff werden auch die Haus- und Grundeigentümer keit, der es erst nach einer bestimmten Zeit wieder zu spüren bekommen. erlaubt, Zonenpläne abzuändern. Damit ist der Ge- meindeautonomie im Planungsbereich eine klare Wie würde sich die Zwangsredimensionierung Grenze gesetzt. grosser Bauzonen und das Verbot zur Neueinzo- Es ist allerdings typisch, dass auch diese Gesetzesre- nung auf 20 Jahre hinaus auswirken? vision seitens bestimmter Kreise bereits wieder dazu Zunächst muss eines festgehalten werden: Ein haus- benutzt wird, neue Beschränkungen zu verlangen. hälterischer Umgang mit dem Boden ist geboten. So hat der Geschäftsführer der Stiftung für Land- Starre Begrenzungen des Flächenkonsums sind aber schaftsschutz jüngst eine Ausdehnung des Verbands- auch aus Sicht der Haus- und Grundeigentümer ab- beschwerderechtes auf Einzonungen verlangt – an- zulehnen. geblich, um der drohenden Zersiedelung entgegen- Der HEV verschliesst sich den Problemen und Defi- zuwirken. Es handelt sich dabei in Tat und Wahrheit ziten in der Raumordnung nicht und ist bereit, ver- aber einfach um ein altes Postulat einzelner Umwelt- antwortungsvolle Antworten darauf zu unterstüt- verbände, das nun so – gewissermassen als Neben- zen. Radikallösungen sind jedoch abzulehnen. Es ist effekt der Gesetzesrevision – möglichst geräuschlos in diesem Zusammenhang daran zu erinnern, dass eingeführt werden sollte. LEADER | August 2012
Interview 13 Grundeigentümer sollen für ausgezontes Bauland stösst. In Zentren arbeiten – an der Peripherie woh- entschädigt werden. Reicht das aus der Mehrwert- nen. Will man das Problem aber nachhaltig lösen, abschöpfung bei Neueinzonungen vorgesehene führt kein Weg an einer echten Dezentralisierung Geld dafür aus? – auch wieder der Arbeitsplätze – vorbei. Die Men- Nach Schätzungen von Experten müssten in der schen sollten wieder verstärkt dort arbeiten können, Schweiz insgesamt rund 18‘800 Hektaren aus der wo sie wohnen und die Lebensqualität besonders Bauzone betroffener Gemeinden ausgezont werden. hoch ist. Zum Beispiel in der Ostschweiz. Geht man von einem Durchschnittspreis von hundert Franken aus, so ergeben sich Gesamtkosten von 18.8 Was für Ziele haben Sie sich als HEV-Präsident für Milliarden Franken Wenn die Mehrwertabschöpfung die nächsten Jahre gesetzt? Ich will den Eigentumsgedanken und den Wert des Eigentums wieder verstärkter fördern und Entwick- «Einen Vertreter des Kantons St.Gallen sucht man lungen – auch steuerliche Belastungen – entgegen- in der Projektgruppe des Bundes vergeblich.» treten, die immer mehr ins Eigentum eingreifen und dieses auszuhöhlen versuchen. Der HEV soll durch unsere Mitglieder weiterhin als zur Bezahlung dieser Entschädigungen nicht aus- wertvoller Dienstleister, der mit Rat und Tat zur Sei- reicht – Berechnungen hierzu sind schwierig – wer- te steht wahr- und in Anspruch genommen werden den die Kosten einfach zu Lasten der betroffenen Ge- können. Die Sektionen leisten dabei eine sehr wich- meinden oder besser des Steuerzahlers gehen. tige Arbeit. Sie sollen durch den Verband aktiv unter- stützt werden. Was halten Sie vom Raumkonzept des Bundes mit Der erfreuliche starke Mitgliederzuwachses in den vier Grossregionen Zürich, Basel, Genf und Bern? letzten 10 Jahren von + 35 Prozent auf derzeit rund Werden die Interessen der Ostschweiz darin ver- 27 500 Mitglieder soll möglichst weitergehen. Wir nachlässigt? freuen uns über jeden Haus- und Grundeigentümer, Das Raumkonzept Schweiz stellt einen nächsten Ver- der zu uns stösst – ob alt oder jung. Denn jedes Mit- such dar, in Fragen des Bodenrechtes und der Raum- glied unterstützt uns in unseren Bemühungen zur planung den Kantonen und Gemeinden weitere Stärkung des Haus- und Grundeigentums. Kompetenzen zu entziehen. Es spurt Entscheidun- Aktuell setze ich mich für die Annahme der HEV-Ini- gen vor, welche ausschliesslich von demokratisch tiative «Sicheres Wohnen im Alter» ein, über die wir gewählten Gremien getroffen werden müssen. Inte- im September abstimmen. Tausende ältere Wohnei- ressant ist, dass das Konzept durch ein zufällig zu- gentümer aus dem Mittelstand leiden unter der un- sammengestelltes Team von Planern, Verwaltungs- fairen Besteuerung des Eigenmietwertes. Sie haben fachleuten und Politikern erarbeitet wurde, in dem ihre Hypothekarschulden abbezahlt und werden für die Ostschweiz praktisch nicht vertreten war. Einen ihre Schuldenfreiheit mit hohen, ungerechten Steu- Vertreter des Kantons St. Gallen sucht man in der ern bestraft, sodass sie ihr Eigentum unter Umstän- Projektgruppe sogar ganz vergeblich! Es verwun- den veräussern müssen. Damit gefährdet der Fiskus dert daher nicht, dass die Interessen der Ostschweiz nicht nur unsere Volkswirtschaft, sondern torpediert im Konzept massiv vernachlässigt wurden. auch eine zielführende Vorsorgepolitik und unter- Das Konzept sieht nur noch drei Metropolitanregio- gräbt Rechtschaffenheit und Eigenverantwortung. nen vor: Zürich, Basel und Genfersee sowie das Ge- Die Schuldenfreiheit wird damit bestraft – das darf biet um die Hauptstadt Bern. Vorwiegend in diesen nicht länger sein. Räumen soll die internationale und nationale Wett- bewerbsfähigkeit erhalten und gefördert werden. Die Ostschweiz hat nur noch Vorzimmerfunktion zu diesen Räumen. Eine Metropolitanregion St.Gallen – beispielsweise mit den Kantonen St.Gallen, Thur- Zur Person gau, Appenzell Inner- und Ausserrhoden, Vorarlberg, Dr. iur. Walter Locher ist selbständiger Rechtsanwalt Süddeutschland und dem Fürstentum Liechtenstein in St.Gallen. Seit 2003 ist er Kantonsrat (Mitglied der sucht man dagegen vergeblich. Die Ostschweiz gilt FDP-Fraktion), Präsident der Rechtspflegekommissi- nur noch als «ländlicher Raum» und es wird einseitig on. 2010/11 präsidierte er den Kantonsrat. Locher ist einfach auf den Schutz- und Erholungsaspekt unse- Verwaltungsratsmitglied verschiedener Ostschwei- rer Region verwiesen, obwohl sie ein sehr bedeuten- zer Unternehmen, so u.a. bei der Druckguss Systeme der Wirtschafts- und Wohnraum ist. Die Ostschweiz AG St.Gallen (Präsident), der Gebrüder Knie Schweiz hat in beiden Bereichen weiterhin grosse Entwick- National-Circus AG und der HEV-Verwaltungs-AG lungschancen, welche nicht verunmöglicht werden St.Gallen. Seit kurzem präsidiert er den kantonalen dürfen, sondern gefördert werden müssen. Davon Hauseigentümerverband. Walter Locher ist ausser- liest man nichts. dem Stiftungsrat der Walter und Verena Spühl- Mit dem Raumkonzept Schweiz wird eine Entwick- Stiftung, der J.S. Bach-Stiftung und der Kinder- und lung verstärkt, die immer mehr an ihre Grenzen Jugendpsychiatrischen Dienste St.Gallen. LEADER | August 2012
14 Interview «Man muss stets einen Plan B und einen Plan C bereithaben» Der Bankenplatz St.Gallen hat aufregende Monate hinter sich: Anfang Jahr entstand aus der ehemaligen Wegelin & Co. die Notenstein Privatbank. Als neue Eigentümerin trat Raiffeisen auf den Plan. Adrian Künzi, CEO der Notenstein AG, im Gespräch über das Starthalbjahr, die weiteren Aussichten und den Stellenwert der Ostschweiz für die Privatbank. Interview: Stefan Millius Bild: Bodo Rüedi Adrian Künzi, nach den ersten drei Monaten als Angesichts der turbulenten Entstehungsgeschich- Notenstein Privatbank haben Sie in verschiede- te muss sich aber mehr geändert haben als nur nen Interviews eine Startbilanz gezogen. Inzwi- Name und Eigentümer. Allgemein wurde erwartet, schen sind wieder einige Monate vergangen. Wie dass die neue Bank einiges anders anpackt als die präsentiert sich die Bilanz jetzt? Vorgängerin. Hat das – zusätzlich zu den zurückge- Wir können definitiv feststellen, dass wir das Schiff wonnenen Kunden – eine neue Art von Kunden ge- aus dem Sturm herausführen konnten. Per Ende Juni bracht? haben wir 21 Milliarden Franken Kundengelder ver- Am Anfang stand natürlich die Frage: Wie positio- waltet. Das entspricht einem Rückgang von rund nieren wir uns strategisch im aktuellen Umfeld? Tat- sächlich bot sich die einmalige Gelegenheit, mit dem Aufbau einer neuen Bank bewusste Akzente zu set- «Uns bot sich die einmalige Gelegenheit, zen. Erste Priorität hatte für uns von Anfang an der mit dem Aufbau einer neuen Bank weitere Ausbau des Geschäfts in der Schweiz, wo wir bewusste Akzente zu setzen.» an 13 Standorten vertreten sind. 70 Prozent unse- rer Kundengelder stammen aus der Schweiz, das ist ein stolzer Wert. Das ist im Übrigen auch die Quali- fünf Prozent gegenüber der Endphase der Bank We- tät, die Raiffeisen sofort erkannt hat. Die Übernah- gelin. Damit können wir von einem sehr erfolgrei- me der neuen Bank war für Raiffeisen eine einmalige chen Start sprechen. Mittlerweile konnte der Abfluss Gelegenheit, und sie weist eine hohe Logik auf, weil gestoppt werden. wir eben beide im Heimmarkt sehr stark sind und gut zusammenpassen. Die zweite Priorität ist der Ausbau Worauf führen Sie es zurück, dass der Aderlass des institutionellen Bereichs, vor allem mit Schwei- nach dem medial stark begleiteten Wechsel von zer Pensionskassen. Schon heute betreuen wir rund Wegelin zu Notenstein und Raiffeisen als neuer Ei- 150 Kunden in diesem Segment. Wir weisen hier ein gentümerin nicht grösser war? sehr gutes Produkteangebot aus und verstehen uns Ich sehe im Wesentlichen zwei Gründe. Zum einen auf dieses Geschäft. Entsprechend wollen wir in die- sind uns unsere Kundenberater treu geblieben, unter sem Segment weiter wachsen. An dritter Stelle sind gesamthaft rund 150 hatten wir nur sechs Abgänge die internationalen Privatkunden zu nennen. zu verzeichnen. Das zeigt, dass auch unsere Mitar- beiter an den Erfolg von Notenstein glauben. Diesel- Erst auf Platz drei kommt also das Kundensegment, be Treue stellen wir bei unseren Kunden fest. Das hat das man gemeinhin als typisch für eine Schweizer sicher mit der Geschichte zu tun. Schon Wegelin ist Privatbank halten würde. Wie ist das zu erklären? organisch und nicht durch Zukäufe gewachsen, und Die internationale Finanzwelt hat grosse Umwälzun- viele Kunden kamen offenbar zum Schluss: Es gibt gen erlebt und steht weiter im Umbruch. Als Bank zwar einen klaren Schnitt, aber vieles bleibt auch be- muss man sich genau überlegen, in welchen Aus- stehen, die Geschichte wird unter neuem Namen und landmärkten man tätig sein will. Es ist nicht möglich, mit einem neuen Eigentümer fortgesetzt, die Anla- überall aktiv zu sein; es gilt, sich die Zielmärkte aus- gephilosophie, die Kundenverantwortlichen und das zusuchen. Die Kunden erwarten von uns, dass wir Know-how bleiben erhalten. die lokalen Bedingungen wie beispielsweise die steu- LEADER | August 2012
Interview 15 Adrian Künzi: «Wir haben das Schiff aus dem Sturm herausgeführt.» LEADER | August 2012
16 Interview erliche Situation genau kennen. Aus diesem Grund Ja. In vielerlei Hinsicht war es der absolut richtige beschränkt sich eine Bank von unserer Grösse sinn- Weg. Ich bin überzeugt, dass wir dadurch auf viele vollerweise auf zehn bis zwölf Zielmärkte. Für uns Mitbewerber fünf Jahre Vorsprung haben. Was im Mo- liegt es nahe, dass wir im angrenzenden und im na- ment auf dem Finanzplatz zu beobachten ist, bezeich- hegelegenen Ausland aktiv sind, weiter in ein bis ne ich als Wiederentdeckung des Schweizer Kunden. zwei osteuropäischen und zwei bis drei lateinameri- Eine Zeit lang wollten viele Banken nur noch interna- kanischen Ländern. Mit diesem Segment runden wir tional tätig sein, jetzt beobachten wir eine Rückkehr unser Kundenportfolio ab. auf den Schweizer Markt. Nur: Dieser Markt ist nicht ganz einfach. Man kann ihn nicht ausschliesslich von Eine erklärte Absicht war es, Synergien mit Raiffei- den Finanzzentren Zürich und Genf aus bedienen. Die sen als neuer Eigentümerin zu finden. Vor einigen geografische Nähe ist sehr wichtig. Der Rechtsanwalt Monaten haben Sie von rund vierzig Synergiepro- aus Bern will in Bern betreut werden, der Anleger aus jekten gesprochen. Wo stehen Sie diesbezüglich? Schaffhausen wünscht sich ein Unternehmen vor Ort. Zunächst muss man festhalten: Beiden Seiten war von Der Schweizer Markt besteht aus vielen kleinen Teil- Anfang an klar, wie wichtig es ist, dass Notenstein eine märkten. Viele Anbieter versuchen nun, dem gerecht eigenständige Bank ist und dass die Marke entspre- zu werden – wir tun das bereits seit Langem. chend aufgebaut werden soll. Die ersten Monate unter Und Sie tun das mit einer gesunden Kostenstruk- tur, wie Sie vor Kurzem in einem Interview gesagt «Beiden Seiten war klar, wie wichtig es ist, haben, vor allem auch dank «sehr vielen sehr jun- dass Notenstein eine eigenständige gen» Mitarbeitern. Geht das nicht auf Kosten der Erfahrung? Bank ist und dass die Marke entsprechend Was die Lohnkosten angeht, profitieren wir vor allem aufgebaut werden soll.» davon, dass rund 350 Mitarbeiter hier in St.Gallen tätig sind; die Löhne in der Ostschweiz sind be- kanntlich tiefer als beispielsweise in Zürich. Was dem neuen Dach haben dies bestätigt. Aber natürlich das Durchschnittsalter angeht: Dieses ist tatsächlich gibt es viele Möglichkeiten der Zusammenarbeit. Al- recht niedrig, aber das liegt daran, dass wir in Berei- lerdings handelt es sich hier um Prozesse, die wachsen chen wie Informatik, Services und Operations viele müssen; man kann nicht einfach heute in einem Kon- jüngere Leute beschäftigen. Das sind gut ausgebilde- zept Synergien beschliessen und diese sofort umsetzen. te und sehr motivierte Mitarbeiter. Im Segment der Anlageberater ist das Profil ein anderes, hier spielt Mit Raiffeisen ist Notenstein aber sicher gegenüber die Berufserfahrung eine grössere Rolle, und ent- der Vorgängerbank Wegelin schweizerischer ge- sprechend ist das Durchschnittsalter höher. worden. Spüren Sie das bereits? Ist Interesse an Ih- rer Bank erwacht aus Kreisen, die genau das suchen, Blicken wir zurück auf Anfang 2012, als aus Wege- beispielsweise bestehende Raiffeisenkunden? lin Notenstein wurde. Von aussen betrachtet ha- In erster Linie stelle ich fest, dass man unsere Kunden ben sich die Dinge damals förmlich überschlagen. nicht typisieren oder standardisieren kann. Da gibt Im Grunde müsste man für einen solchen gross- es diejenigen, die gleichzeitig Kunde bei Raiffeisen en Schritt entsprechend viel Planungszeit haben. und Notenstein sind, einige Raiffeisenkunden ha- Wie beurteilen Sie das im Nachhinein? ben uns entdeckt, in anderen Fällen können unsere Es gehört für mich zur Pflicht eines Unternehmers, Kunden von Raiffeisen profitieren. Jedenfalls steht nicht einfach am Alten festzuhalten. Man muss stets fest, dass die angeblichen kulturellen Unterschiede, einen Plan B und auch einen Plan C bereithaben. Im von denen immer wieder die Rede war, nicht existie- Januar wurde uns bewusst, dass wir Plan B auslösen ren. Raiffeisen und Notenstein sprechen über weite und umsetzen müssen – und zwar kompromisslos. Strecken dieselbe Sprache. Beide sind unternehme- Sobald ein solcher Schritt nötig wird, muss man ihn rische Banken und wollen Marktanteile gewinnen. in aller Konsequenz durchziehen, dann gibt es kein Die Grundchemie zwischen uns stimmt. Und nicht Zurück, und es gilt, alle Beteiligten von der Notwen- zu vergessen: Raiffeisen hat viel Erfahrung im Füh- digkeit zu überzeugen. Auf veränderte Rahmenbe- ren von unabhängigen Banken, jede Raiffeisenbank dingungen und eine neue Situation muss man sich ist ja eigenständig. einfach einstellen. Das haben wir getan, innerhalb von 18 Tagen eine neue Bank kreiert und einen er- Sie haben eingangs vom organischen Wachstum folgreichen Start hingelegt. gesprochen, das bei Wegelin geherrscht habe. Es war allerdings ein sehr schnelles Wachstum: 700 Für Sie persönlich bedeutete das, dass Sie in Re- Mitarbeiter, 13 Geschäftsstellen: Würden Sie das kordzeit in eine neue Rolle gerutscht sind. Norma- auch so organisieren, wenn Sie keinen bestehen- lerweise kann man sich auf eine solche Aufgabe den Apparat übernommen, sondern auf einem vorbereiten. Wie sind Sie selbst mit dem fliegen- weissen Blatt Papier neu angefangen hätten? den Wechsel umgegangen? LEADER | August 2012
Kolumne 17 Entscheidend ist, dass man offen ist für eine solche Veränderung und Sie nicht nur akzeptiert, sondern Innovation ist aktiv mitgestaltet und prägt. Ich habe am 8. Januar den Auftrag erhalten, eine neue Bankenstruktur zu Grundlage, nicht Ziel erarbeiten. In diesem Moment wurde mir klar, dass Der Begriff Innovati- sich mein Lebensmittelpunkt von der Westschweiz on hat Hochkonjunk- nach St.Gallen verschieben wird. Die ganze Situa- tur. Täglich mehrt sich tion war eine Herausforderung, aber wenn es sich die Zahl jener, die von dann – so wie jetzt – gut entwickelt, dann ist das sehr der Wirtschaft lautstark stimulierend. Man muss eine grosse Bereitschaft für Innovationen fordern. Veränderung haben, sonst ist man am falschen Ort. Sie reden darüber wie Vor allem in der Finanzbranche. über gutes Wetter und entleeren damit den Be- Inwiefern ist diese Branche in dieser Hinsicht be- griff ebenso wie jenen sonders? der «Nachhaltigkeit», An den Finanzmärkten haben wir es laufend mit ra- der «Prozessorientie- Carmen Haag ist CVP- santen Wechseln und dauernd neuen Situationen rung» oder der «Durch- Kantonsrätin im Thurgau lässigkeit». Es ist diese und Fraktionspräsidentin zu tun. Man muss die Lage ständig neu beurteilen. der CVP/glp-Fraktion. Unschärfe, an denen Be- Wir arbeiten bei Notenstein in der Anlageanalyse mit griffe zugrunde gehen. fünf verschiedenen Szenarien, die teilweise parallel Innovation bedeutet «Erneuerung». Erneuern eintreten können. Die Welt ist unvorhersehbar ge- kann man nur, was schon ist. Was noch nicht ist, worden; man muss bereit sein, für jede Entwicklung braucht Kreativität, Einfallsreichtum und den Mut und auf jede Gefahr die richtige Antwort zu haben, zum Unbekannten. und das von heute auf morgen. Wir leben in einer Innovationsgesellschaft. An kaum etwas anderem lässt sich der Erfolg unserer Welche Bedeutung hat die engere Notenstein- mittelständischen Firmen festmachen. Das wis- Heimat, die Ostschweiz? sen unsere Industrie und auch das Gewerbe schon Eine grosse. Wir sind hier sehr stark verankert, vor al- lange. Völlig unnötig also, dass sich Politik und lem in der Region St.Gallen und den beiden Appen- Funktionäre täglich darin gefallen, die Wirtschaft zell. Unser Ziel ist generell eine noch stärkere Positi- an Innovationen zu erinnern. Solches ringt unse- onierung in der Schweiz, vor allem in der Ostschweiz. ren Patrons lediglich ein müdes Lächeln ab. Seit Ich wünsche mir beispielsweise mehr Präsenz im Jahrzehnten sausen die High-Tech-Sensoren der Baumer Group in Frauenfeld in Formel-1-Renn- autos, in Raumfahrzeugen und an den Rotoren «Ich bin überzeugt, dass von Grosswind-Kraftwerken mit. Der «Bamix» aus dem Thurgau quirlt schon ebenso lang rund um wir auf viele Mitbewerber fünf die Welt in der Hand renommierter Küchenchefs Jahre Vorsprung haben.» Köstlichkeiten zu Mousse. Täglich verlassen Tau- sende von Mikro-Pumpen für Kaffeemaschinen die Fabrikationsräume im Oberthurgau. Unaufge- Rheintal. Dort gibt es viele erfolgreiche Unternehmen, fordert leistet unser Gewerbe an der Innovations- die sehr gut zu uns passen. Ich kann mir gut vorstellen, front Spitzenleistungen – und überlebt dank Tech- künftig in dieser Region ganz bewusst Akzente zu set- nologievorsprung. Die ehemalige Dorfschmiede zen. Ich persönlich bin oft im Alpstein unterwegs, un- Sauter in Sulgen entwickelte sich im Lauf ihrer sere Inserate zeigen Bilder aus der Ostschweiz – und Geschichte sprichwörtlich zur High-Tech-Schmie- auch wir als Bank verstehen uns als Bergführer, der de mit internationaler Ausstrahlung – und fertigt das Wetter im Auge behält, alternative Routen in Be- als Belimed-Gruppe Geräte von höchster Güte. tracht zieht und entsprechend handelt. Der Frauenfelder Stahlbauer Tuchschmid gibt den Ideen des Star-Architekten Jean Nouvel ihre Form und liess vom KKL Luzern bis zum Baldachin in Bern atemberaubende Werke entstehen. Die Liste solcher Beispiele lässt sich ohne weiteres fort Zur Person setzen. Adrian Künzi (*1973) ist CEO der Notenstein Privat- Angesichts solcher Leistungen müssen sich jene bank. Zuvor war er unbeschränkt haftender und ge- Politiker, die leichtfertig nach Innovationen rufen, schäftsführender Teilhaber bei Wegelin & Co. Dort schon mal fragen lassen, worin denn die Innova- war er unter anderem für den Aufbau von Wegelin in tion ihrer eigenen Tätigkeit liegt. In täglich neu- der Romandie und für das Geschäft mit institutionel- en Gesetzen und Verordnungen, in tranigen Voten len Kunden verantwortlich. Künzi hat an der Univer- für die Galerie – oder eben darin, für unsere Wirt- sität St.Gallen in Finance promoviert und an der Uni- schaft solide Grundlagen zu schaffen, auf denen versität Cambridge den Master in Management Stu- sie ihren Vorsprung auf die Konkurrenz halten dies absolviert. und ausbauen kann. LEADER | August 2012
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2 Publireportage Publireportage 19 Dokumentenerfassung und -verteilung Leistungsfähige Systeme für das Dokumentenmanagement Digitale Systeme unterstützen Unternehmen in nahezu allen Bereichen. Im Austausch mit Kunden, Partnern oder Lieferanten werden aber nach wie vor häufig Dokumente in Papierform eingesetzt. Ausgedruckte Rechnungen, Lieferscheine, Angebote oder Vertragsdokumente sind in einer Geschäftsbe- ziehung also immer noch weit verbreitet, für eine effiziente Verarbeitung in den nachgelagerten digitalen Systemen sind sie aber alles andere als praktisch. In praktisch jedem Unternehmen arbeiten Menschen wendungen und Geschäftsprozesse integrieren. Tag für Tag mit grossen Mengen papierbasierter und Mittels der individualisierbaren Scanoberfläche elektronischer Informationen. Und in vielen Fällen werden Dokumente direkt eingescannt, konver- ist es eine echte Herausforderung, ein zuverlässiges tiert, weitergeleitet und verwaltet. Als leistungs- Dokumentenmanagement einzurichten, mit wel- starke Desktop-Dokumentenmanagementlösung chem Dokumente effektiv erfasst, verwaltet, bear- können Anwender mit der Unity Document Sui- beitet, wiedergefunden und mit anderen geteilt wer- te PDF-Dateien erzeugen und konvertieren, wo- den können. So ist es naheliegend, dass Firmen jeder bei beliebige Dokumente kombiniert werden kön- Grösse bestrebt sind, dokumentenbasierte Prozesse nen. Zudem verfügt die Software über OCR-Texter- zu vereinfachen, um die Produktivität zu steigern, kennung (Optical Character Recognition) und die die Effizienz zu erhöhen und die Kosten zu senken. Möglichkeit, Dateien zu kommentieren und Bilder Kurz: Die Umwandlung von Daten in jederzeit ver- zu bearbeiten. fügbares Wissen ist für Unternehmen von strategi- Für den unternehmensweiten Einsatz bietet sich die scher Bedeutung. Lösung AutoStore an. AutoStore optimiert den Da- Im Idealfall umfasst eine Lösung für das Dokumen- tenaustausch zwischen verschiedenen Anwendun- tenmanagement ein leistungsstarkes Gesamtsystem, gen, indem sie an die im Unternehmen eingesetz- welches auf verschiedenen, aufeinander abgestimm- ten Applikationen anknüpft und diese erweitert. ten Komponenten basiert, die Dokumente und Da- Der Mehrwert: Es entstehen neue Möglichkeiten, ten erkennen, erfassen, aufbereiten und archivieren. Informationen zu erfassen und zu verarbeiten. Ob Durch den Einsatz von professionellen Lösungen für Papierdokumente oder Dateien, die Informationen die Dokumentenerfassung und -verteilung, wie sie werden im gewünschten Format an das Zielsystem von Graphax angeboten werden, kann die Produk- oder die nachgelagerten Anwendungen übermittelt tivität enorm gesteigert werden. Lösungen wie die – mit minimalem manuellem Aufwand. Auf diese Unity Document Suite oder AutoStore erleichtern die Weise sind digitalisierte Dokumente in Sekunden- Erfassung von Informationen aus physischen Doku- schnelle auffindbar, sparen Ablageplatz und kön- menten, vereinfachen deren Verarbeitung und Ab- nen einfach und rasch verteilt werden. Und durch lage oder automatisieren ganze Geschäftsprozesse. die vollständige Integration in die Bedienoberflä- Das spart viel Zeit, erhöht die Effizienz und reduziert che von im Unternehmen vorhandenen Multifunk- die Kosten. tionsgeräten bietet die Lösung höchste Benutzer- freundlichkeit. AutoStore verfügt als beliebig er- Für jedes Bedürfnis die richtige Lösung weiterbare Serverlösung ausserdem über diverse So stellt beispielsweise die Dokumentenmanage- Möglichkeiten, um bedürfnisorientiert weitere Pro- mentlösung Unity Document Suite alle Features zesse zu automatisieren. zum Scannen, Verwalten, Suchen und Archivie- ren direkt auf dem PC-Desktop bereit, sodass die Schreibtischarbeit effizienter erledigt werden kann. Die verschiedenen Softwareapplikationen der Unity Document Suite sind anwenderfreund- lich und lassen sich vollständig in bestehende An- LEADER | August 2012
20 Wirtschaft Rorschachs Aufbruch zu neuem Glanz und neuer Grösse Rorschach ist im Aufbruch. Überall wird gebaut, neue Arbeitsplätze entste hen, unattraktive Liegenschaften weichen anziehenden Überbauungen. Stadtpräsident Thomas Müller gilt als Treiber dieser Entwicklung. Damit hat er den Negativtrend gebrochen, unter dem Rorschach lange litt – und von dem die Stadt existenziell bedroht war. Doch dem Politiker trägt dieser Kurs nicht nur Lob ein. Text: Stefan Millius Bilder: Bodo Rüedi Ein Tag Anfang Juli. Keine Sommerhitze, aber warm sollte dem Gesamtwohl dienen, selbst wenn Einzelne genug, um das Mittagessen draussen, direkt an der aufschreien. Arbeitsplätze, eine intakte Infrastruk- Seepromenade, zu geniessen. Thomas Müller isst ei- tur, schöner Wohnraum, ein positives Image: Das al- nen Wurst-Käse-Salat. Er plaudert mit der Kellnerin, les braucht eine Stadt. Rorschach hat sämtliche die- winkt einigen Leuten zu, diskutiert kurz mit einem ser Werte trotz einer hervorragenden Ausgangslage anderen Gast, der an unserem Tisch vorbei geht. Ei- innerhalb weniger Jahrzehnte verspielt. Müller führt nen Monarchen stellt man sich anders vor. Distan- seit seiner Wahl 2003 einen verzweifelten Wettlauf zierter und mit edleren Vorlieben, was die Speisen gegen die Zeit: Er will Rorschach so schnell wie mög- angeht. Aber genau das soll er sein, der Rorschacher lich wieder fit trimmen. Stadtpräsident: Ein Dorfkönig. Das jedenfalls sugge- Der Blick zurück ist verklärt. Rorschach ist im Grun- rierte ein kurz zuvor erschienener Artikel in der lin- de eine Perle. Die Lage am See: Ein Geschenk. In vie- ken «WOZ». Mit rund 1700 Worten versuchte der len Bereichen war die Hafenstadt bei der Wende zum Journalist, seine These vom diktatorischen Dorfkö- 20. Jahrhundert eine Pionierin: Früh mit der Bahn nig zu untermauern. Er scheiterte kläglich. Wer un- erschlossen, die erste Betonstrasse der Schweiz, ei- voreingenommen ist und den Stadtpräsidenten und nes der ersten Kinos im Land, eine aufstrebende In- dustriekleinstadt mit einer rekordverdächtigen Be- siedlung – 1910 zählte Rorschach 14‘000 Einwohner. «Prozesse, die sonst Jahre in Anspruch nehmen, Eine so glorreiche Vergangenheit hätte ein Betrach- beschleunigte Müller um ein Vielfaches.» ter in den siebziger Jahren aber kaum vermutet. Tho- mas Müller nennt diesen Zeitraum den „Bruch in der Stadtentwicklung». Drei Gründe seien ausschlagge- SVP-Nationalrat nicht kennt, wird nach der Lektü- bend gewesen: Als sich der Trend zum Wohneigen- re zum Schluss kommen: Da versteht einer sein Ge- tum entwickelte, war Rorschach bereits praktisch schäft und hat eine an den Rand des Niedergangs vollständig überbaut; wer seine Wohnsituation ver- heruntergewirtschaftete Stadt wieder auf eine gute ändern wollte, zog weg. Der Zusammenbruch des Spur gebracht. Sein einziger Schönheitsfehler: Er Stickereiunternehmens Feldmühle mit dem Verlust steht politisch auf der anderen Seite als die WOZ. Das von 1500 Arbeitsplätzen sorgte für den nächsten reicht für einen Verriss. Oder den Versuch eines Ver- grossen Abwanderungsschub, weil es an Ersatzar- risses. beitsplätzen fehlte. «Damit begann ein Teufelskreis am Immobilienmarkt», sagt Müller. Die Eigentümer Stadt wieder fit trimmen investierten nicht mehr in ihre Liegenschaften, weil «Man kann es in der Politik nicht jedem recht ma- sie damit rechnen mussten, diese nicht vermieten chen, wer das probiert, hält es nicht lange aus», sagt zu können. Viele Gebäude verlotterten, die Bausub- Thomas Müller und schiebt den leeren Teller zur Sei- stanz veraltete, Rorschach zog in der Folge nur noch te. Kritik nimmt er ernst, er fragt nach, geht auf Ar- anspruchslose Mieter an. Das wiederum waren oft gumente ein. Aber am Ende eines solchen Prozesses, Leute, die nichts zum Steuersubstrat der Stadt beizu- das hat er wie kaum ein anderer Lokalpolitiker verin- tragen vermochten und gleichzeitig hohe Kosten ver- nerlicht, muss eine Entscheidung stehen. Und diese ursachten – als Bezüger öffentlicher Beiträge. LEADER | August 2012
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