Die Versuchung lauert überall - Haufe
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09.2016 | 12.40 EUR www.personalmagazin.de Spezial MATERIAL-NR. 04062-5191 Recruiti ng im digit alen Zeitalte r Die Versuchung lauert überall S . 54 Welchen Beitrag HR zu einer wirksamen Compliance-Organisation leistet S. 14 NEUAUFLAGE Die DIN 33430 zur BESTANDSAUFNAHME Systeme JUBILÄUM Vor zehn Jahren berufsbezogenen Eignungs zur Funktionsbewertung sind oft trat das Allgemeine Gleich diagnostik wurde überarbeitet S. 34 zu komplex ausgestaltet S. 52 behandlungsgesetz in Kraft S. 68
EDITORIAL 3 Liebe Leserinnen und Leser, jeder Arzt erwartet von einem Patienten, dass er sich an seine Rat- schläge hält. Nur wenn der Patient die Medikamente in der verordne- ten Weise einnimmt, kann die Therapie erfolgreich sein. Das Problem sind aber die Patienten, die dem Arzt zwar verbal folgen, sich aber anders verhalten. Sie gelten als „non-compliant“. Wie kann man de- ren Verhalten ändern? In der Medizin gibt es dazu unterschiedliche Antworten. Sie reichen von Methoden der intrinsischen Motivation („Sie wollen doch gesund werden?“) bis zur Überwa- „Die Sank- chung der Medikamenten- einnahme, also der harten tionen für Kontrolle. Der Einsatz der Compliance- jeweiligen Methode ist si- Verstöße tuationsabhängig. Warum werden erzähle ich Ihnen das so immer härter. Das wird ausführlich? Wirkung zeigen.“ Die Analogie zum Thema Reiner Straub, Herausgeber Compliance in Unterneh- men ist offensichtlich. Obwohl viele Unterneh- men klare Bekenntnisse zu Compliance abgeben, verhalten sie sich immer wieder anders. Die Preisabsprachen der LKW-Hersteller, die die EU-Kommission mit einer Strafe von drei Millarden Euro ahndet, sind nur ein aktuelles Beispiel für die Versuchung, der Topmanager immer wieder erliegen. Dass 80 Prozent der privaten Haushaltshilfen schwarz beschäftigt sind, lässt ahnen, dass „normale“ Mitarbeiter für „Vorteile“ empfänglich sind. Das Management der Compliance ist Querschnittsaufgabe und muss sowohl an der Haltung der Mitarbei- ter und Manager ansetzen (Werte, Unternehmenskultur), aber auch Kontroll- und Risikosysteme installieren. Das kostet viel Geld und noch mehr Anstrengung, ist aber für Unternehmen längst zu einer Überlebensfrage geworden. Die Sanktionen für Fehlverhalten werden immer unerbittlicher. 09 / 16 personalmagazin
4 INHALT_SEPTEMBER 2016 Die Transferlücke überbrücken Michael Witzke und Konstantin Ristl haben die App „Blink.it“ entwickelt. Diese Symbole weisen auf Add-Ons in der Personalmagazin-App hin. Video Audio Bildergalerie Umfrage Rechner 12 14 © BLINK.IT Zusatzinfo SZENE MANAGEMENT ORGANISATION 06 News und Events 32 News und 42 News und Softwaremarkt Dienstleistungsmarkt 10 „Ich investiere Zeit in Menschen“ 44 Ein Modell für jede Torsten Bittlingmaier coacht Talente 34 „Mit DIN auf der sicheren Seite“ Lebenslage Professor Heinrich Wottawa Abbvie Deutschland hat ein lebens- 12 Serie: HR-Start-ups erläutert, was die überarbeitete phasenorientiertes Arbeitszeit- und Lerntransfer mit Blink.it DIN 33430 zur berufsbezogenen Vergütungssystem geschaffen Eignungsdiagnostik für HR bringt 48 Talente systematisch fördern TITELTHEMA 36 Expedition ins Unbekannte Wie die SMA-Gruppe Schlüssel- Drei Open-Source-Initiativen auf der stellen im Unternehmen mit Nach- 14 Die Versuchung lauert überall Suche nach dem Führungssystem folgern ausstattet Wie HR zur Compliance beiträgt der Zukunft 52 Wirksam, aber aufwendig 16 HR als wichtiger Unterstützer 38 Serie: Agile Tools Eine Studie zeigt, dass Systeme Der Aufbau eines Compliance- Neue Methoden für agiles Arbeiten: zur Funktionsbewertung häufig zu Management-Systems Das Spiel „Pioneer Cards“ komplex ausgestaltet sind 20 „Veränderung des Mindsets” 40 Vorsorge für stürmische Zeiten Thyssen-Krupp betreibt Compliance Eine Studie belegt, dass es sich als Wertemanagement lohnt, in Resilienz und Nachhaltig- keit zu investieren 24 Compliance-Themen in HR Wo die konkreten Aufgaben liegen 28 Verstöße abgestimmt aufklären Wie HR und Compliance zusam- menarbeiten personalmagazin 09 / 16
© CLAUDIA PAULUSSEN / ADOBE STOCK 5 Nachhaltige Nachfolgeplanung Die SMA-Gruppe fördert Talente systematisch, um Schlüsselstellen rechtzeitig mit Nachfolgern besetzen zu können. Regelverstöße verhindern Welchen Beitrag HR zum Aufbau eines wirksamen Compliance- Management-System 48 © SMA leistet. SPEZIAL RECHT PERSÖNLICH 54 Personalauswahl per Webcam 66 News 82 News und Weiterbildung Wie zeitversetzte Videointerviews von Bewerbern erlebt werden 67 Aktuelle Urteile 84 Die Negativspirale verlassen Wie Sie mit positivem Denken Ihre 58 Fit für den digitalen Wandel 68 Happy Birthday, AGG! Motivation steigern Wie der Automobilzulieferer Vor zehn Jahren trat das Allgemeine Schaeffler digitale Spezialisten Gleichbehandlungsgesetz in Kraft. 86 Buchtipps umwirbt Ein Grund zum Feiern? 90 Ganz persönlich 60 Mehr Komfort für die Empfehler 72 Wird’s jetzt teurer? Volker Ehrentraut, Diversity Digitale Tools für „Mitarbeiter Bei verspäteter Entgeltzahlung Manager bei Ford Deutschland, werben Mitarbeiter“-Programme droht pauschaler Schadenersatz beantwortet den Fragebogen 62 Vom Online-Markting lernen 74 Zwei Fragen weniger Wie Arbeitgeber mit Methoden des Das BAG hat Zweifelsfälle zum RUBRIKEN Online-Marketings passiv Stellen- Mindestlohn entschieden suchende erreichen 03 Editorial 78 EU hat Schutzschild aktiviert 64 Suchen, klicken, bewerben Das „Privacy Shield“ als Nachfolger 87 Impressum, Rückblick Wie Lidl UK mit „Search Targeting“ des Safe-Harbor-Abkommens neue Bewerber generiert 90 Vorschau 09 / 16 personalmagazin
6 SZENE_NEWS Stellenwechsel MELANIE KREIS © DEUTSCHE POST Seit Oktober 2014 ist Melanie Kreis im Vorstand von Deutsche Post DHL für das Personal- ressort zuständig. Nun wurde sie zum neuen Chief Financial Officer der Gruppe berufen. Die Diplom-Physikerin mit Master-Degree und MBA-Abschluss hatte ihre berufliche Lauf- bahn 1997 bei McKinsey begonnen und ist über eine Station bei Apax Partners Private Equity 2004 zur Deutschen Post DHL gekommen. Dort verantwortete sie zunächst inter- nationale M&A-Projekte und später die Integration der Logistik-Division der Excel Gruppe ins Unternehmen. Sie war zudem am Verkauf der Ptbank an die Deutsche Bank beteiligt und arbeitete als Executive Vice President Corporate Controlling. Zuletzt war sie als CFO von DHL Express tätig. Die Aufgaben als Personalvorstand und Arbeitsdirektor wird sie bis auf Weiteres fortführen. © RICOH_DEUTSCHLAND UWE GOHR Seit 1. Juli ist Uwe Gohr als Director Human Resources bei Ricoh Deutschland tätig. In dieser Funk- tion verantwortet er den gesamten Personalbereich innerhalb der Geschäftsleitung. Die Stelle wurde neu geschaffen, unter anderem, um das Wachstum des Unternehmens weiter zu sichern. Der 51-Jäh- rige blickt auf lange Erfahrungen in verschiedenen Top-HR-Positionen im In- und Ausland zurück. Zuletzt war er als Head of Human Resources Development bei Thyssen-Krupp verantwortlich für das globale administrative und strategische Personalmanagement. Davor war er Chief Human Resources Officer bei der Hyva Holding. Ricoh Deutschland beschäftigt derzeit rund 3.000 Mitarbeiter. © POSTCON CHARLOTTE GEMSA Der alternative Briefdienstleister Postcon hat die Position des Chief Human Resources Officers mit einer Nachwuchskraft aus den eigenen Reihen besetzt: Die 38-jährige Charlotte Gemsa übernimmt die Position von Olaf Rekittke, der als Chief Distribution Officer in den Bereich Operations gewech- selt ist. 2008 begann Charlotte Gemsa nach dem Referendariat beim Landgericht Düsseldorf als Legal Council bei Postcon. In den folgenden Jahren hatte sie verschiedene Positionen innerhalb der HR-Abteilung inne. Zuletzt verantwortete Charlotte Gemsa als Personalleiterin die Bereiche Arbeits- recht, HR Business Partnering und Administration bei Postcon. MATTHIAS BÜRK MARKUS PAULY Derzeit ist Matthias Bürk bei Merck als Personalleiter Deutschland Seit dem 1. August arbeitet Markus Pauly als kaufmännischer und Programmleiter für den Ausbau des Standorts Darmstadt zur Geschäftsführer bei der Deutschen Gesellschaft für Personalführung globalen Konzernzentrale tätig. Am 1. September übernimmt er die (DGFP). Davor war er bei der Deutschen Lufthansa in leitenden Posi- Leitung des Werks in Darmstadt. Zuvor war er Programmleiter „One tionen tätig. Bei der DGFP verantwortet Pauly die Bereiche Finanzen Global Headquarters“ & Head HR Germany bei Merck sowie Head of & Controlling, IT & Digital sowie Personal. Total Rewards & HR Germany. ANABEL WUNDERLICH STEPHANIE BUSCH Seit dem 1. Juli leitet Anabel Wunderlich die Personalabteilung von Seit Mai ist Stephanie Busch als Head of Human Resources & Corpo- Cushman & Wakefield in Deutschland. Bereits in den vergangenen rate Development beim Technologieunternehmen Facelift für Aus- vier Jahren hat sie die strategische Personalarbeit des Unterneh- bau und Optimierung der bisherigen Personalprozesse verantwort- mens als HR Business Partner begleitet. In den vergangenen zwei- lich. Die Position wurde neu geschaffen. Zuvor arbeitete sie unter einhalb Jahren war sie Stellvertreterin von Wolfgang Bake, Head of anderem bei Xing und bei Goodgame Studios in HR-Funktionen. HR, der noch bis zum Jahresende in beratender Funktion tätig ist. + + + A k t u e l l e P e r s o n a l i e n + + + t ä g l i c h u n t e r w w w. h a u f e . d e / p e r s o n a l + + + R u b r i k „ P e r s o n a l s z e n e “ Bei Fragen wenden Sie sich bitte an redaktion@personalmagazin.de personalmagazin 09 / 16
7 THOMAS BATSCHING ist Initiator von HR-Integrate, einer Plattform, auf der Personaler und Geflüchtete in Kontakt treten können. Ziel der Initiative ist es, dass Personaler Flüchtlinge auf ihrem Weg in den deutschen Arbeitsmarkt begleiten. Drei Fragen an ... ... Thomas Batsching zur Integration von Flüchtlingen Frage eins: Ihre Initiative HR-Integrate hat das Ziel, Geflüchtete, die eine Arbeitsstelle in Deutschland suchen und sich qualifiziert bewerben wol- len, sowie Personaler, die diese Arbeitssuchenden persönlich unterstützen wollen, zusammenzuführen. Wie funktioniert diese Art des Mentorings? Thomas Batsching: Eigentlich funktioniert das ganz einfach: Geflüchtete und Personaler registrieren sich auf der Plattform www.hr-integrate. com und nehmen dann miteinander Kontakt auf. Bei einem persön- lichen Treffen verabreden sie dann – wenn alles passt – zusammen daran zu arbeiten, dass der oder die Geflüchtete eine Arbeitsstelle in Deutschland findet. Das kann manchmal, aber eher selten, ganz schnell gehen. Üblicherweise dauern das Mentoring und die Arbeitssuche eine ganze Weile. HR-Integrate ist als Pro-bono-Initiative ohne wirtschaftli- che Interessen deutschlandweit tätig. Durch unsere Netzwerke haben wir bundesweit Zugang zu HR-Profis und zu regionalen Initiativen. Das wollen wir für die Geflüchteten nutzbringend einsetzen. Frage zwei: Wie viele Mentoren haben sich bislang zur Verfügung ge- stellt? Gibt es schon Mentor-Mentee-Paare? Batsching: Deutschlandweit haben sich bereits mehr als 40 Personaler als Mentoren zur Verfügung gestellt. Da die Nachfrage nach Betreuun- gen sicherlich noch steigen wird, freuen wir uns über weitere Perso- nal-Profis, die Geflüchtete unterstützen wollen. Es gibt bereits einige Mentor-Mentee-Paare, beispielsweise mit einem Biochemiker in Süd- deutschland oder mit IT-Experten an unterschiedlichen Orten in der Bundesrepublik. Frage drei: Kann ich als Personaler auch teilnehmen, wenn ich nur ein begrenztes Zeitbudget habe? Batsching: Ja, natürlich! Genau das ist einer der Vorteile von HR-Inte- grate. Auch Personal-Profis mit geringem Zeitbudget können teilneh- men. Wichtig ist, mit dem oder der Mentee über die begrenzten Kapa- zitäten zu sprechen und die passenden Absprachen zu treffen. Dann wird das gut funktionieren. 09 / 16 personalmagazin
8 SZENE_EVENTS SZENE_NEWS Die Zukunft Personal 2016 findet vom 18. bis 20. Oktober in Köln statt. © ZUKUNFT PERSONAL / FRANZ PFLUEGL Recruiter Slam in Stuttgart A nfang November geht der „Recruiter Slam“ in Stuttgart in die zweite Runde. Bislang stehen sieben von maximal acht slammenden Recruiting-Praktikern Die Personalfragen der Zukunft M und -Dienstleistern fest, die sich am it den Personalfragen der Zukunft befasst sich die Messe „Zukunft 9. November in der Kulturhalle „Im Personal“ in Köln. Als Top-Referenten sind für dieses Jahr der Mathe- Wizeman“ in den Ring wagen. Mit matiker und Zukunftsdenker Gunter Dueck, Schlafforscherin Profes- dabei sind unter anderem Blogger sor Vicki Culpin von der Privatuniversität Ashridge Executive Education sowie Jannis Tsalikis und Recruiting-Spe- Gravity-Payments-Gründer Dan Price angekündigt. Price hat für Aufsehen zialist Robindro Ullah. Bei der 2016er gesorgt, weil er zugunsten seiner Mitarbeiter auf sein eigenes Millionengehalt Ausgabe versprechen die Organisa- verzichtet. Auf zehn Bühnen finden an den drei Messetagen (18. bis 20. Okto- toren noch mehr Spannung als beim ber) Vorträge und Podiumsdiskussionen statt. Es geht unter anderem um die ersten Slam im vergangenen Jahr: Frage, welche Auswirkungen die Digitalisierung auf die berufliche Aus- und Zunächst müssen die HR-Poeten in Weiterbildung, die Personalarbeit sowie die Arbeitskultur haben wird. Neu vier Paaren live gegeneinander an- auf der diesjährigen Zukunft Personal ist die Verleihung des „HR Innovation treten. Wer ins Finale einzieht und Award“, dessen Ziel es ist, innovativen Personallösungen mehr Sichtbarkeit zu wer sich schließlich unter den vier verschaffen. Anlässlich der Preisverleihung hält Frank Riemersperger, Bitkom Finalisten durchsetzt, entscheidet Hauptvorstand und Vorsitzender der Geschäftsführung von Accenture, einen das Publikum per Applaus. Tickets Impulsvortrag zum Thema „Employee Experience: Welche Kompetenzen brau- gibt es online. www.recruiterslam.de chen Mitarbeiter für eine digitale Arbeitswelt?“. www.zukunft-personal.de HR-Profis netz- werken in Köln TERMINE N ach dem erfolgreichen Start der „HR Night“ im 4. bis 6. IT & Business vergangenen Jahr, zu der Oktober, Tel. 0711 18560-0 rund 400 Personaler nach Köln Stuttgart www.messe-stuttgart.de kamen, lädt Berater und Blogger 5. Oktober, 12. Personalmesse München Henner Knabenreich am 18. Ok- München Tel. 089 88949370 tober nun zur zweiten Ausgabe in www.personal-world.de die Domstadt. Dort können sich 25. bis 26. HR Tech World Congress 2016 HR-Profis am Abend des ersten Oktober, Tel. +36 1 2011469 Messetags der „Zukunft Personal Paris www.hrneurope.com 2016“ wieder in lockerer Atmosphäre zum Netzwerken und Feiern treffen. Wie auch schon bei der ersten Ausgabe soll eine „Speed-Networking“-Aktion 21. bis 22. DGFP-Lab November, Tel. 069 713785-216 die Teilnehmer dabei unterstützen, möglichst ungezwungen mit vielen neuen Berlin www.lab.dgfp.de Kollegen und anderen Branchenprofis in Kontakt zu kommen. w ww.hr-night.de Bei Fragen wenden Sie sich bitte an redaktion@personalmagazin.de personalmagazin 09 / 16
10 SZENE_KARRIEREBERATUNG „Ich investiere Zeit in Menschen“ INTERVIEW. Personalmanager, Geschäftsführer Haufe Akademie Inhouse, selbst ständiger Berater: Torsten Bittlingmaier bündelt jetzt Know-how und Netzwerke. personalmagazin: Sie hatten mit wachsen- Bittlingmaier: Ich verstehe mich als Ergän der Verantwortung in der Personal- und zung zu Personalberatern und setze auf Organisationsentwicklung Angestellten- kontinuierliche Begleitung. Außerdem stationen bei ABB, Linde, MAN, Software sind die Talente meine Auftraggeber, AG, Telekom und Haufe erklommen. Hat nicht die personalsuchenden Unterneh die Midlife-Crisis Sie mit 51 Jahren in die men. Es gibt eine zweite Abgrenzung, Selbstständigkeit getrieben? nämlich die zum Coach und Psychothe Torsten Bittlingmaier: Ganz und gar nicht. rapeuten. Wenn die Gespräche über das Ich kann mir jetzt den Luxus leisten, an Netzwerk und die Jobideen hinausge den Themen zu arbeiten, die mir Freude hen, wenn es um persönliche Schwierig machen, bei denen ich Sinn stiften kann. keiten geht, dann empfehle ich Kollegen, die in diesen Themen zu Hause sind. personalmagazin: Der Firmenname „Talent Manager“ klingt nach klassischer Kar- personalmagazin: Das klingt nicht nach riereberatung. Wollen Sie den Sinn bei harten Bandagen im Konkurrenzkampf? Einzelnen stiften statt in Organisationen? Bittlingmaier: Es geht eher um Koopera Bittlingmaier: Mein Modell ähnelt dem tion mit Fachleuten rund um Personal TORSTEN BITTLINGMAIER ist selbstständi- eines Spielerberaters beim Fußball. Ich themen. Ich kann mit meiner Erfahrung ger Talententwickler. Er gründete „Talent Ma- investiere Zeit in Menschen und möch zum einen im operativen Personal nagers – Advancing Careers“ in Darmstadt. te Talente langfristig begleiten. Deshalb management und zum anderen in der wird ein Interessent für einen niedrigen Nachwuchsentwicklung und Weiterbil jährlichen Betrag Mitglied bei Talent dung strategisches und praktisches Ta Manager und kann sich dann kontinu bei Berufsstartern die Überarbeitung lentmanagement anbieten, das Einstei ierlich oder in Abständen, also, wenn er des Lebenslaufs fürs Xing-Profil oder gern und Berufstätigen hilft, ihren Weg sich verändern möchte, mit mir beraten. eine Begleitung der ersten 100 Tage zu finden und ihn auch zu gehen. Unternehmen, die meine Erfahrung als beim Jobeinstieg. Der Fokus liegt auf Organisationsberater abrufen möchten, dem Erkennen und der Entwicklung personalmagazin: Wer will denn wechseln? werde ich parallel weiterhin beraten des Talents. Bei Führungskräften oder Bittlingmaier: Der Arbeitsmarkt dreht sich. – auch weiter unter der Haufe-Flagge. gestandenen Experten werden Jobange Berufstätige, die sich verändern möchten Aber im Zentrum stehen der Beschäftig bote eruiert oder Kontakte zu Headhun und einen Sparringspartner zum Auslo te und das Netzwerken zwischen Talen tern hergestellt. Die Talentbegleitung ten ihrer Möglichkeiten suchen, sind in ten und Personalmanagern. geschieht sehr individuell. Auch die Er meinem Mitgliedernetzwerk gut veran folgsbeteiligung bei einem erfolgreichen kert. Die Branche wechseln, Karriere ma personalmagazin: Dem Spielerberater im Wechsel wird individuell vereinbart. chen, die digitale Arbeitswelt betreten: Profifußball geht es darum, die flinken Wer Ideen ventilieren will, braucht einen Beine seiner Kunden möglichst teuer zu personalmagazin: Was unterscheidet Ihr Gesprächspartner, der Kontakte in Fir verkaufen. Er profitiert vom finanziellen Konzept von dem der Personalberatun- men hat, aber auch sagen kann, was an Erfolg der Spieler. gen? Dort kann ich mich als Wechsel Know-how noch fehlt. Bittlingmaier: Der Jahresbeitrag ist eine williger in Datenbanken aufnehmen Flatrate für die Beratung. Dazu gehört lassen – sogar kostenfrei. Das Interview führte Ruth Lemmer. Bei Fragen wenden Sie sich bitte an redaktion@personalmagazin.de personalmagazin 09 / 16
12 SZENE_HR START-UP © BLINK.IT Die Gründer von Blink.it: Michael Witzke (links) und Konstantin Ristl. HR START UP In unserer Serie stellen wir Ihnen Jungunternehmer aus dem HR-Bereich mit ihrer Idee vor. In dieser Ausgabe das Unternehmen Blink.it. Wer hat’s gegründet? Gegründet wurde blink.it von Michael Witzke (28) und Konstantin Ristl (29). Sie haben sich zufällig an der TU Darmstadt kennengelernt, obwohl auf diesem Campus Wirtschaftsingenieure Maschinenbau (Michael) und Studenten der Mathematik/ Physik (Konstantin) nur wenige Berührungspunkte haben. Was die beiden Gründer bis heute verbindet, sind ihre Gründungsambitionen. Als sie sich gerade drei Mo- nate kannten, begannen sie 2012 das erste Projekt. Mit Blink.it starteten sie dann Mitte 2014 richtig durch. VIDEO In einem Video in der Personalmagazin- Was ist die Idee dahinter? App sehen Sie, wie die Online-Lösung Blink.it funktioniert. Blink.it liefert eine hochwertige Onlinelösung zur Begleitung betrieblicher Weiterbil- dungsmaßnahmen, Trainings oder auch Speakings. Teilnehmern solcher Veranstaltun- gen fällt der Transfer des Erlernten in die Praxis oft schwer. Man spricht hier von einer Transferlücke, die umso größer ist, je weniger des Erlernten umgesetzt wird. Um die Transferlücke zu schließen, brauchen die Teilnehmer persönliche Unterstützung, die © RAKETE: FRANK PETERS / THINKSTOCKPHOTOS.DE meist zu teuer oder zeitaufwendig ist. Genau hier kommt Blink.it ins Spiel. Blink.it bietet die perfekte Verzahnung zwischen einer Livepräsenz und einer zugehörigen Online- Begleitung. Auf diese Weise ist es möglich, die Teilnehmer langfristig, kostengünstig und flexibel zu unterstützen. Mit diesem Angebot spricht Blink.it sowohl freie Trainer, Coachs und Speaker an, aber auch Unternehmen mit größeren Bildungsabteilungen. Der fachli- che Schulungsexperte kann dadurch frei und selbstständig, ohne technische Kenntnisse, eigene Begleitungen gestalten und an die Bedürfnisse seiner Zielgruppe anpassen. Auf diese Weise wird ein durchgehendes Lern- und Trainingserlebnis geschaffen. Bei Fragen wenden Sie sich bitte an redaktion@personalmagazin.de personalmagazin 09 / 16
13 Wie war die Entwicklungszeit? Wir haben das Start-up von Beginn an gebootstrapped, also ohne externe Finanzie- rung tragfähig gemacht. Begonnen haben wir mit der didaktischen Vermittlung von Handlungsimpulsen per Video. Der enge Austausch mit den Kunden hat uns dann an das Thema Lerntransfer herangeführt. Durch diese besondere Marktnähe konnten wir früh Intuitive Bedienbarkeit hat bei große Unternehmen aber auch freie Trainer Blink.it höchste Priorität. für Blink.it gewinnen und wachsen. Was soll noch geändert werden? Was können etablierte Unternehmen von Ihnen lernen? Ein Produkt zu entwickeln, welches keiner Erklärung Von Beginn an haben wir unseren Fokus auf den Engpass bei den bedarf, ist unser höchster Anspruch. Dies lassen wir bei Kunden gelenkt. Für uns gilt im Gegensatz zu vielen Unternehmen der Entwicklung für die beste Verzahnung aus Online- das Credo: Nutzenmaximierung statt Gewinnmaximierung. Mit unse- und Offline-Training einfließen. Neben neuen Features rem schnellen und agilen Entwicklungsprozess sichern wir unseren bemühen wir uns daher, die Blink.it-App immer leichter Vorsprung. Wir konzentrieren uns auf die Kundenbedürfnisse und benutzbar zu machen. setzen auf die neuesten Technologien in der Softwareentwicklung.
14 TITEL_COMPLIANCE UND HR Die Versuchung lauert überall TREND. Über den Status eines Modethemas ist Compliance hinaus. Es bleiben aber die Fragen, was sich dahinter konkret verbirgt, was neu ist und was HR damit zu tun hat. Von Michael Miller (Red.) Schadenersatzzahlungen, Ermitt- pliance-Skeptiker: Alles also alter Wein © REDSQUIRREL / ADOBESTOCK lungsverfahren, miese Presse, verärger- in neuen Schläuchen? Nicht ganz. Denn V W-Dieselgate, Fifa-Skandal, te Geschäftspartner oder langwierige heutzutage sind Unternehmen zuneh- Schienenkartell, Siemens- Gerichtsverfahren: Die Fälle zeigen, wes- mendem Ermittlungsdruck ausgesetzt Korruption: Die Liste an halb es sich für Unternehmen lohnt, sich – ebenso wie einer größeren medialen eklatanten Manipulationen, intensiv mit Compliance zu beschäftigen Aufmerksamkeit. Auch sind sie besser Schmiergeldzahlungen oder sonstigen und auf ein ethisch korrektes Verhalten vernetzt mit anderen am Geschäft Betei- Rechtsverstößen ist lang und sicherlich zu pochen, das den eigenen Regeln ge- ligten, die somit schneller und direkter noch nicht abgeschlossen. Die Versu- recht wird und den Rechtsvorschriften von den Auswirkungen von Regelverstö- chung lauert überall. Der vorläufig letzte entspricht. ßen betroffen sind. Vor allem aber ge- größere Skandal geht auf das sogenann- ben sich Betriebe zunehmend selbst die te LKW-Kartell zurück. Die EU-Kom- Neue Aufgabe oder alter Hut? Vorgabe einer wertegeprägten Unter- mission hat sich neulich erst mit den An und für sich ist das nicht neu: Kartell nehmenskultur und vermarkten dieses LKW-Herstellern Daimler, Iveco, DAF absprachen sind nicht erst seit gestern Image offensiv. Genau daran müssen sie und Volvo/Renault wegen jahrelanger verboten, Rechtsvorschriften sind schon sich jedoch messen lassen. Preisabsprachen auf ein rekordverdäch- immer dazu da, eingehalten zu werden, Und dafür genügt es nicht mehr, sich tig hohes Bußgeld von fast drei Milliar- und auch das Bild des ehrbaren Kauf- auf redliches Verhalten und punktuelle den Euro geeinigt – rund eine Milliarde manns gibt es schon seit ein paar Tagen. Vorgaben oder Kontrollen zu berufen. bekam dabei Daimler aufgebrummt. Bleibt die Frage aller Fragen der Com- Vielmehr bedarf es strukturierter Maß- nahmen und Prozesse – zum Beispiel regelmäßige Risikoanalysen, die die Themen festlegen, die für das Unter- BUCHTIPP nehmen kritisch sind, oder eine insti- tutionalisierte Zusammenarbeit der für Compliance im Taschenformat Compliance zuständigen Mitarbeiter in Rechts-, Finance- oder Personalabteilung Ob Fremdpersonaleinsatz oder Datenschutz: Compliance ist ein Dauerbrennerthema mit dem Compliance-Verantwortlichen. in Unternehmen. Denn Verstöße beschädigen das Image und können zudem noch Anders formuliert: Das Ziel, sich rechts teuer werden. treu zu verhalten, steht heutzutage nicht Durch entsprechende Regeln und ein entsprechendes System lässt sich mehr alleine im Blickpunkt. Mehr denn jedoch Regelverstößen entgegenwirken. Das Buch gibt anhand vieler je rücken koordinierte Maßnahmen Beispiele einen Einblick in das, was Compliance bedeutet, wie Anfor- – zusammengeführt in einem Compli- derungen an ein Compliance-Management-System umgesetzt werden ance-Management-System – und eine und welche Herausforderungen es dabei zu bewältigen gilt. organisatorische Struktur in den Vor- dergrund. Risiken für Verstöße sollen so Reinhard Preusche/Karl Würz: Compliance. 127 Seiten, Haufe-Lexware, rechtzeitig erkannt, verhindert und das Freiburg, zweite Auflage 2016, 7,95 Euro. Ziel der Rechtstreue erreicht werden. Laufende Informationen zum Thema „Compliance“ bietet auch das Haufe-Online-Portal Letztlich müssen Compliance-Ma- unter folgender Internetadresse: www.haufe.de/compliance nagement-Systeme zudem das Bemühen belegen können, der vom Gesetzgeber Bei Fragen wenden Sie sich bitte an redaktion@personalmagazin.de personalmagazin 09 / 16
15 geforderten Aufsichtspflicht aus § 130 Ordnungswidrigkeitengesetz (OWiG) ge- recht zu werden. Diese Vorschrift bildet gemeinsam mit der Delegation nach § 9 OWiG und den Sanktionen nach § 30 OWiG die rechtliche Grundlage für Com- pliance in Betrieben. Ein Iso-Standard legt zudem international einheitliche Rahmenbedingungen für ein Compli- ance-Management-System fest. Compliance als HR-Thema? Und was hat HR mit alledem zu tun? Zwar hat die Personalabteilung beim Thema „Compliance“ selten eine füh- rende Rolle. So zeigt die Untersuchung „Existing Practice in Compliance 2016“ von EY: Die Compliance-Funktion ist bei 38 Prozent der befragten Unternehmen in der Rechts-, bei 36 Prozent in einer ei- genen, aber nur bei zwei Prozent in der Personalabteilung angesiedelt. Dennoch kann und muss sich HR bei Compliance einbringen – ganz einfach, weil wichtige Compliance-Themen originäre HR-Auf- gaben betreffen (wie auch die Beiträge auf den folgenden Seiten zeigen). Wichtiges Beispiel hierfür: die Unter- nehmenskultur. So prägt der Umgang mit den Mitarbeitern natürlich auch deren Einstellung zu den Verhaltensvorgaben und Wertevorstellungen des Unterneh- mens. Interessant in diesem Zusammen- hang ist jedoch, wie sich die auferlegten Werte in alltäglichen Prozessen spie- geln. So stellt die EY-Untersuchung etwa fest, dass 44 Prozent der Befragten das Thema „Compliance“ im Rahmen der Anreizsysteme für Führungskräfte gar nicht berücksichtigen. Auch in die Leis- tungsbeurteilung von Managern fließen nur bei knapp der Hälfte der Unterneh- men systematisch Compliance-relevante Kriterien, wie Integrität oder vorbildli- ches Verhalten, ein. Es scheint also, dass sich der Stel- lenwert von ethischem Verhalten im Zugreifen oder nicht? Dass Unternehmensalltag durchaus noch Mitarbeiter der Versuchung verbessern kann. Auch für HR bedeutet widerstehen, ist auch Auf- das genug Arbeit, damit Mitarbeiter der gabe von HR. Versuchung tatsächlich widerstehen. 09 / 16 personalmagazin
16 TITEL_COMPLIANCE UND HR HR als wichtiger Unterstützer ÜBERBLICK. Lästige Pflicht oder neue Chance? HR hat beim Aufbau eines Compliance- Management-Systems selten die Federführung – und spielt doch eine zentrale Rolle. Von Wibke A. Kleber Unternehmen sollten heute über strukturierte Maßnahmen verfügen, die J e enger die Berührungspunkte, des- für Rechtskonformität sorgen. Insbeson- to komplexer häufig die Beziehun- dere sollen straf- und bußgeldbewehrtes gen. Das gilt auch für das Verhältnis Handeln sowie erhebliche Vermögens- von HR zu Compliance. „Koopera- und Reputationsschäden für das Un- tion dort, wo sachlich notwendig, aber ternehmen dadurch vermieden und die keine Eingriffe in die Verantwortung Unternehmensleitung sowie Führungs- von HR durch sachfremde Themen“, kräfte vor Strafen, Bußgeldern oder mag sich der HR-Compliance-Skeptiker Regressforderungen geschützt werden. sagen. Und: „Schuster, bleib bei Deinen Die Gesamtheit solcher Maßnahmen be- Leisten“. Der HR-Compliance-Sympa- zeichnet man als Compliance-Manage- thisant überlegt hingegen, in welchen ment-System. Fällen Compliance-Überlegungen tradi- tionelle HR-Routinen verändern und wo Liegt die Federführung beim Thema sich möglicherweise für HR unter Com- „Compliance“ bei HR? pliance-Gesichtspunkten neue Gestal- Ebenso klar wie die Ausgangslage ist, tungsräume und Einflussmöglichkeiten dass HR in Bezug auf Compliance eine ergeben. Unabhängig von der jeweiligen wichtige Rolle zukommt. Wenn es um Einstellung wird HR sich jedoch neben Mitarbeiterverhalten und dessen Ver- eingeforderten Compliance-Unterstüt- änderung geht, ist eine der HR-Kern- zungsleistungen die in der eigenen kompetenzen angesprochen. Gleichwohl Verantwortung schlummernden Compli- sehen wir in der Praxis – auch aus Sicht ance-Risiken vergegenwärtigen müssen. der HR-Verantwortlichen – die Feder- führung in Sachen Compliance eher bei Das Compliance-Management-System: Juristen, Risikomanagern, Revisoren Gesamtheit aller Maßnahmen oder Organisationsfachleuten als bei Dabei ist die Ausgangslage klar: Die HR-Managern. Berufung auf das Wort vom ehrbaren Das hat verschiedene Gründe. Hier- Kaufmann reicht nicht mehr aus. So zu gehört etwa die Überbetonung des war auch schon von der Präsidentin des Juristisch-Regelbetonten: Compliance Bundesarbeitsgerichts (BAG), Ingrid wird häufig immer noch als Anhang zur Schmidt, in der FAZ vom 7. März 2014 Rechtsabteilungstätigkeit gesehen. Dazu zu lesen: „Früher gab es den redlichen kommt, dass Compliance als unterneh- Kaufmann, damit war alles gesagt“, so mensübergreifende Aufgabenstellung die oberste Arbeitsrichterin. „Jetzt kehrt zwar direkt an die Geschäftsleitung be- der redliche Kaufmann unter dem Titel richtet, dabei aber ergänzend neben (und Compliance zurück.“ Öffentlichkeit, Ge- über?) die klassischen Stabs- und Unter- richte, Behörden und Geschäftspartner stützungsfunktionen tritt, wie Recht, sind skeptischer geworden. HR, Risikomanagement und Revision. personalmagazin 09 / 16
17 Wer sich auf Compliance-Verantwor- Linie nicht an Erfolgen im Präventivbe- Blick auf einen weiteren Compliance- tung einlässt, muss bereit sein, über die reich, sondern erst an Störfällen deutlich Mitspieler im Unternehmen, nämlich Grenzen seines angestammten, profes- wird. Compliance hat notwendigerweise den Betriebsrat. Eine enge Abstimmung sionell abgesicherten Aufgabengebiets immer auch mit Mikromanagement in von HR und Compliance ist aber in je- hinauszugehen und im Unternehmen „unangenehmen“ – weil straf-, bußgeld- dem Fall unerlässlich. abteilungsübergreifend Verantwortung oder öffentlichkeitsgefährdeten – Fel- zu übernehmen. dern zu tun. Das Thema lässt sich auf Compliance-Management-System: Hinzu kommt, dass die Bedeutung Dauer nur schwer auf Makrosichtweisen Die Pflichtaufgaben von HR der Compliance-Verantwortung in erster „heben“ und damit in der eigenen Ver- Unabhängig von solchen Grundsatz- antwortung reduzieren. überlegungen gilt: HR nimmt im Compli- So mag es gute Gründe geben, war- ance-Management-System eines Unter- um erfahrene Personaler in Sachen nehmens in vielen Punkten wesentliche © CLAUDIA PAULUSSEN / ADOBE STOCK Compliance einerseits auf Mitwirkung Aufgaben wahr. Das beginnt bei der Un- Wert legen, andererseits aber eher zu- ternehmenskultur, setzt sich bei der Ge- rückhaltend sind, dabei weitere Verant- staltung von Arbeitsbedingungen, der wortung zu übernehmen. Beispielhaft Personalauswahl und -entwicklung fort sei folgende Begebenheit erwähnt: Nach und schließt im Störfall das Konsequen- einem Compliance-Workshop in diesem zen-Management mit den entsprechen- Frühsommer kritisierte eine Personallei- den arbeitsrechtlichen Maßnahmen terin, dass wichtige Compliance-Themen, ein. Diese Aufgaben nehmen zu. Zudem wie zum Beispiel Fremdpersonaleinsatz, rücken Compliance-Risiken aus dem in dem Compliance-Workshop nicht be- eigenen HR-Verantwortungsbereich im- handelt worden seien. Auf die Antwort, mer stärker in den Fokus. Nachfolgend dies sei richtig, hier habe sich ein neues einige Schwerpunkte bei Aufgaben und Compliance-Feld in der Mitverantwor- Risiken. tung von HR entwickelt, erfolgte als Rückäußerung: „Lieber nicht“. HR als wichtiger Unterstützer für eine Daneben gibt es sicher auch andere passende Compliance-Kultur gute Argumente dafür, Personaler in die Eine nicht zu unterschätzende Rolle Mitverantwortung beim Thema „Compli- kommt HR bei der Schaffung eines Ar- ance“ zu nehmen, ihnen aber nicht die beitsumfelds zu, das die Compliance- Federführung zu übertragen. Besteht Wertvorstellungen und Verhaltensvor- etwa der Verdacht eines Compliance- gaben des Unternehmens ernst nimmt Verstoßes, kann es sinnvoll sein, die (Compliance-Kultur). Der Umgang mit Verantwortung für Untersuchungen ei- Mitarbeitern im Betrieb und mit deren nerseits und die gegebenenfalls erforder- eigenen Personalangelegenheiten wird liche Umsetzung von disziplinarischen auch die Einstellung zu Redlichkeit und Maßnahmen andererseits auf mehrere Regeltreue prägen. Schultern zu verteilen. Damit kann eine Fühlen Mitarbeiter sich im Rahmen ih- unnötige Belastung des Verhältnisses res Arbeitsverhältnisses fair, redlich und zwischen HR und Belegschaft vermie- rechtskonform behandelt und werden ih- den werden, beispielsweise wenn sich re Anliegen und Beschwerden ernst ge- der Verdacht als unberechtigt heraus- nommen, werden sie eher geneigt und stellt oder eher Systemveränderungen motiviert sein, auch selbst in ihrem Ar- denn Personalmaßnahmen angezeigt beitsumfeld für Redlichkeit und Rechts- sind. Ähnliche Überlegungen gelten mit konformität zu sorgen und Missstände anzuzeigen. Erleben Mitarbeiter jedoch mangelnden Respekt, Diskriminierung, Im Umgang mit einem Regelverstoß, nicht transparente Personalentschei- aber auch schon zuvor, ist HR ein dungen oder – so empfunden – juristi- wichtiger Compliance-Unterstützer. sche Tricks, wird die Bereitschaft, einen 09 / 16 personalmagazin Bei Fragen wenden Sie sich bitte an redaktion@personalmagazin.de
18 TITEL_COMPLIANCE UND HR aktiven Beitrag zu Compliance zu leis- deren Strafen geahndet wird oder zu ne- Einladungen, Nebentätigkeiten, Wett- ten, im Zweifel eingeschränkt sein bezie- gativen Reaktionen in der Öffentlichkeit bewerbsverbote, Interessenkonflikte, hungsweise gegen Null tendieren. und Vermögensschäden führen kann. Arbeits- und Gesundheitsschutz, Ar- Besondere Gefahrenquellen, die häu- beitszeitrecht, Mutterschutz- und El- Compliance-Risiken im Verantwor- fig unterschätzt werden und nur eine ternzeitrecht, Schwerbehindertenrecht, tungsbereich von HR eingeschränkte Aufmerksamkeit erfah- Beschäftigung von Ausländern oder Ent- Neben HR-Aufgaben bei der Ausgestal- ren, resultieren zum Beispiel aus den sendung von Mitarbeitern. Weitere dem tung und Umsetzung des Compliance- Bereichen Anti-Diskriminierung, Ar- HR-Verantwortungsbereich zuordenbare Management-Systems (siehe Kasten) beitnehmerüberlassung, Werk-, Dienst- Risiken ergeben sich etwa mit Blick auf spielen die Compliance-Risiken aus dem verträge, Beschäftigtendatenschutz, Arbeits- und Sozialbedingungen, Vergü- HR-Verantwortungsbereich eine große Schutz von Persönlichkeitsrechten, tungssysteme, Abfindungszahlungen, Rolle. Auch das Arbeitsrecht und ver- Mitarbeiterüberwachung und -kontrolle, Vertragsgestaltungen, individuelle Son- wandte Gebiete gehören zur Compliance! Betriebsverfassungsrecht, Sozialversi- derbehandlungen et cetera. Hier finden sich zahlreiche Vorschriften, cherungs- und Lohnsteuerrecht, Reise- deren Verletzung mit Bußgeld oder an- kosten, Aufwendungsersatz, Geschenke, Sand im Getriebe: fehlende übergreifende Zusammenarbeit Betrachtet man die einzelnen genannten Aufgabenfelder, wird die Herausforde- KLASSISCHE HR-COMPLIANCE-THEMEN rung deutlich. Es geht auch um Aufga- ben, die HR und andere Abteilungen be- Thema Wie sich HR einbringen kann rühren oder auch Schnittpunktfragen, für die gegebenenfalls noch gar kein Verhaltenskodex Mitgestaltung Verhaltenskodex, Vermeidung von Widersprüchen mit arbeitsvertraglichen/betrieblichen Regelungen et cetera Verantwortlicher bestimmt ist. Beispielhaft sei in diesem Zusammen- Schulung und Ausbildung Compliance-Trainings (E-/Präsenztrainings), Schulungen für Be- hang das Thema „Fremdpersonaleinsatz“ auftragte, individuelle W eiterbildungen, Datenschutz et cetera erwähnt. Oft obliegt die Beschaffung AGG Schulungen, Beschwerdestelle, Konsequenzen- oder Sanktions von Fremdpersonal allein dem Einkauf management et cetera beziehungsweise den Fachabteilungen. Für diese wirft die Aufgabe keine be- Interessenkonflikte, Neben- Arbeitsvertragliche oder betriebliche Gestaltungen, Vermeidung tätigkeiten, Wettbewerbsbe- von Widersprüchen mit Verhaltenskodex oder anderen Richtlini- sonderen Compliance-Fragestellungen schränkungen en, Nebentätigkeitsgenehmigungen et cetera auf. Die Grenzen zwischen legalem und illegalem Fremdpersonaleinsatz sind Auswahl und Zuverlässigkeits- Personalauswahl und fortlaufende Zuverlässigkeitsprüfungen, jedoch fließend. Der Einkauf oder die prüfung von Mitarbeitern Datenschutz, Persönlichkeitsrechte, Fragen und Unterlagen im Bewerbungsprozess, Informationsbeschaffung über Dritte oder Fachabteilungen haben darüber in der das Internet et cetera Regel keine näheren Kenntnisse. Die Juristen haben keine Einwände, da die Vergütungs- und Beurteilungs- Einbringen bezüglich Berücksichtigung von Compliance bei sol- Verträge in der Regel in Ordnung sind. systeme chen Systemen et cetera Mangels Bezug zu einem der „Compli- Datenschutz bei Personalauswahl, Zuverlässigkeitsprüfungen, Verdachts ance-Klassiker“, wie Korruption, fühlt untersuchungen, Hinweisgeberverfahren, IT-Tools et cetera sich der Compliance-Verantwortliche Einsatz von Fremdpersonal bei Auswahl und Ausgestaltung Fremdpersonaleinsatz et cetera nicht zuständig. Und HR? Die Personalabteilung wird Sanktions- und Konsequenzen- Beratung, Unterstützung, Umsetzung bei arbeitsrechtlichen zum Teil bereits deshalb nicht eingebun- management Maßnahmen et cetera den, weil es sich ja definitionsgemäß um Rechte des Betriebsrats bei Verhaltenskodex, Schulung und Ausbildung, IT-Tools, fremdes Personal und nicht um eigene Hinweisgeberverfahren, Datenschutz, Konsequenzen- und Arbeitnehmer des Unternehmens han- Sanktionsmanagement et cetera delt. Zuletzt seien noch die Führungs- kräfte angesprochen, die den Einsatz Einige wichtige Bereiche bei der Ausgestaltung und Umsetzung des Compliance-Ma- des Fremdpersonals tatsächlich verant- nagement-Systems, in die HR in vielen Prozessen und Einzelthemen eingeschaltet ist. worten und wissen, wie es in der Praxis eingesetzt wird. Denn entscheidend für personalmagazin 09 / 16
19 WHISTLEBLOWING Hinweisgeberschutz erstmals im Gesetz Wichtiger Bestandteil eines Compliance-Management-Systems ist ein Hinweisgeber- ance-relevant sind – ohne jedoch den verfahren. Zwar wurde ein Whistleblowing-Gesetz häufig diskutiert, eine Umsetzung Compliance-Bereich in diese Vorgänge ist jedoch nicht absehbar. Nun könnte eine neue Vorschrift Vorbildcharakter haben. einzubinden. Denn dann wird Compli- ance die Möglichkeit genommen, etwaige Neben der Mitwirkung beispielsweise bei mitbestimmungs- und datenschutzrechtlichen Schwächen im System, die das individu- Fragen kann HR bei der Einführung eines Hinweisgeberverfahrens einen entscheidenden elle Fehlverhalten erst ermöglicht ha- Beitrag für den Erfolg eines solchen Verfahrens leisten. Mitentscheidend dafür ist unter ben, zu prüfen und zu beseitigen. Tritt anderem, dass potenzielle Hinweisgeber darauf vertrauen, dass ihre Anliegen ernst nun ein ernsthafter Compliance-Störfall genommen werden, ihnen bei der gutgläubigen Nutzung des Systems keine Sanktionen ein, kann sich dies verschärfend zulas- drohen oder auch, dass ihre Anonymität geschützt wird. Andernfalls werden Mitarbeiter ten des Unternehmens auswirken. Denn das Hinweisgebersystem nicht nutzen. Dazu ist mehr als ein gutes Software-System obwohl im Unternehmen die Schwächen, oder die Bestellung eines Ombudsmanns erforderlich. Gefragt sind Information, Aufklä- wie in den Abmahnungen dokumentiert, rung, Motivation, Training ebenso wie eine angemessene Behandlung von Hinweisen bekannt waren, wurde nichts unternom- und Hinweisgebern in der Praxis. men, um diese abzustellen. Wichtig hierfür ist ferner der Schutz der Hinweisgeber vor möglichen Vergeltungsmaß- nahmen. Abgesehen von dem allgemeinen Maßregelungsverbot in § 612a BGB ist Die Compliance-Koordinationsgruppe: allgemein gesetzlich ein Hinweisgeberschutz noch nicht verankert. Mit § 4 d Abs. 6 Fi- Ressourcen bündeln nanzdienstleistungsaufsichtsgesetz (FinDAG) ist nun im Zusammenhang mit der Einrich- Vorstehende Beispiele zeigen, dass tung eines Hinweisgebersystems bei der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht unter Compliance-Gesichtspunkten in (BaFin) erstmals ein gesetzlich vorgeschriebener Hinweisgeberschutz am 2. Juli 2016 in vielen Bereichen ein fach- und abtei- Kraft getreten. Danach sind, grob gesagt, gutgläubige Hinweisgeber gegen arbeitsrecht- lungsübergreifendes koordiniertes Zu- liche und strafrechtliche Maßnahmen wegen ihrer Meldung geschützt und dürfen nicht sammenwirken, insbesondere zwischen zum Ersatz von Schäden herangezogen werden. Es ist davon auszugehen, dass diese Compliance und HR, erforderlich ist. Vorschrift Vorbildcharakter über den Geltungsbereich des FinDAG hinaus haben wird. Vor diesem Hintergrund kommt die Compliance-Koordinationsgruppe ins Spiel, die ein wesentlicher Bestandteil eines Compliance-Management-Systems die rechtliche Einordnung sind die tat- untersuchungen gegen Mitarbeiter ist. Sie umfasst den Compliance-Beauf- sächlichen Hintergründe und die gelebte ohne Einbindung von HR durchführt. tragten sowie die Compliance unterstüt- Praxis – und nicht die Papierform. Werden dabei arbeitsrechtliche Maß- zenden Funktionen. Dazu gehört HR Fehlt jedoch eine fach- und abteilungs- stäbe missachtet und gegen gesetzliche sowie Funktionen wie Risikomanage- übergreifende Zusammenarbeit und fo- oder betriebliche Regelungen verstoßen, ment, Recht, Rechnungswesen, Control- kussieren sich die jeweiligen Abteilungen riskiert Compliance nicht nur die Un- ling, Revision, Einkauf, Vertrieb und die auf eigene Angelegenheiten, dann besteht wirksamkeit möglicherweise angezeig- vorgeschriebenen Beauftragten. die Gefahr, dass das Unternehmen in ein ter arbeitsrechtlicher Maßnahmen. Die Bei der Einrichtung und Arbeit der erhebliches Compliance-Risiko hinein- Abteilung wird sich auch den Vorwurf Compliance-Koordinationsgruppe geht läuft und der Einsatz des Fremdpersonals gefallen lassen müssen, selber nicht re- es vor allem darum, im Unternehmen als rechtswidrig qualifiziert wird. Dies gelkonform zu handeln. bereits vorhandene Compliance-Res- kann wiederum erhebliche negative Kon- Der Compliance-Kultur ist damit kein sourcen und bestehendes Know-how zu sequenzen haben. Schönreden kann das Gefallen getan. In solchen Fällen sollte bündeln und Aktivitäten mit Präventiv- Unternehmen eine solche Situation im HR aber auch tatsächlich als lösungsori- charakter zu koordinieren sowie – wo Nachhinein kaum, hat es doch durch sei- entierter Unterstützer für Compliance notwendig – zu ergänzen und in einem ne Organisation selbst dazu beigetragen. zur Verfügung stehen. Beide können in- Format zusammenzuführen. soweit dazu beitragen, etwaig bestehende HR muss sich auch bei Verdachts Vorbehalte – wie „Compliance kümmert untersuchungen einbringen WIBKE A. KLEBER ist sich nicht um arbeitsrechtliche Belange“ Fachanwältin für Arbeitsrecht Ähnliches gilt zum Beispiel mit Blick oder „HR blockiert oder taucht ab“ – ge- und Partnerin bei BKPI Legal auf Verdachtsuntersuchungen oder das gen den anderen Bereich abzubauen. & Compliance in Frankfurt am Konsequenzen- beziehungsweise Sank- Andersherum ist dem Unterneh- Main sowie Leiterin der Arbeitsgruppe HR- tionsmanagement, wenn die Compli- men nicht damit gedient, wenn HR Compliance im Netzwerk Compliance e.V. ance-Abteilung zum Beispiel Verdachts- Abmahnungen ausspricht, die Compli- 09 / 16 personalmagazin Bei Fragen wenden Sie sich bitte an redaktion@personalmagazin.de
20 TITEL_COMPLIANCE UND HR © FOTOS: BILDWERKEINS - PAUL WALTHER In der Thyssen-Krupp-Zentrale stellten sich die beiden Vorstände Dr. Donatus Kaufmann (links) und Oliver Burkhard den Fragen von Personalmagazin-Herausgeber Reiner Straub. „Veränderung des Mindsets“ INTERVIEW. Thyssen-Krupp betreibt Compliance vor allem als Wertemanagement. Da- bei arbeiten die Vorstandsressorts „Compliance und Recht“ und „HR“ eng zusammen. personalmagazin: In der Vergangenheit gab es kein systemisches Versagen gibt. Und Rückschlag für alle Anstrengungen? es bei Ihnen zahlreiche Korruptionsfälle. dafür ist ein auf Prävention ausgerich- Oliver Burkhard: Wir sind froh wenn eine Lassen sich solche Vorkommnisse völlig teter gesamthafter Compliance-Ansatz Meldung aus unserem System kommt vermeiden oder nur eindämmen? essentiell, der das Wertemanagement in und nicht über Dritte. Weil das zeigt, Donatus Kaufmann: Thyssen-Krupp ist ein den Mittelpunkt stellt. Die Veränderung dass unsere Mitarbeiter sich mit dem Konzern mit 155.000 Mitarbeitern in 80 des Mindsets von Führungskräften und Thema befassen und sich trauen, das zu Ländern – da können Sie Regelverstöße Mitarbeitern ist für uns der wirkungs- melden. Ein großer Teil der Fragen und nie gänzlich ausschließen, wohl aber in vollste Ansatz, um Compliance-Verlet- Meldungen zu Compliance kann durch Anzahl und Schwere auf ein Mindest- zungen zu vermeiden. gute Beratung der Compliance Officer maß reduzieren. Wo Menschen arbeiten, vor Ort gelöst werden. Jeder wirkliche kommt es leider auch zu Missbrauch. personalmagazin: Wenn neue Compliance- „Fall“ zeigt uns aber, dass wir weiter Einzelfälle wird es daher immer geben, Fälle hochkommen – ist das dann eine am Verständnis für richtige und falsche und dann sorgen wir für konsequente Bestätigung in dem Sinne, dass Ihr Sys- Entscheidungen im Arbeitsalltag arbei- Abstellung. Entscheidend ist aber, dass tem wirkt, oder doch immer wieder ein ten müssen. personalmagazin 09 / 16
21 Kaufmann: Seriöse Hinweise sind willkom- men und helfen uns, Verstößen frühzei- tig entgegenzuwirken und Schäden für unser Unternehmen, unsere Mitarbeiter und unsere Geschäftspartner zu redu- zieren. Darum bieten wir über mehrere Kanäle die Möglichkeit einer Kontakt- aufnahme, um – auf Wunsch auch ano- nym – Verstöße gegen gesetzliche oder interne Regeln zu melden. Neben einem internetbasierten Meldesystem stellen wir etwa auch eine kostenlose Telefon- hotline zur Verfügung – in mehr als 50 DR. DONATUS K AUFMANN (links) ist im vierköpfigen Vorstand für „Compliance und Ländern in 34 Sprachen. Wir gehen je- Recht“ verantwortlich, OLIVER BURKHARD (rechts) für „Human Resources“. dem Hinweis sorgfältig nach. personalmagazin: Sie wollen das Mindset der Führungskräfte verändern. Was sind Beispiel sind unsere jährlichen regio- personalmagazin: Warum gehen Sie so Ihre zentralen Maßnahmen? nalen Führungskräfteveranstaltungen, strikt vor? Haben Sie Angst vor hohen Burkhard: Wir als Vorstand müssen die- an der die 2.000 Top-Führungskräfte Strafen? se Werte vorleben und wir müssen den teilnehmen. Auf diesen Regionalforen Kaufmann: Wir sind davon überzeugt, Kulturwandel mit einer offenen und nimmt das Thema „Werte“ viel Raum dass nur saubere Geschäfte langfris- ehrlichen Kommunikation begleiten. ein. Als Vorstandsteam kommunizieren tig zum Erfolg führen. Compliance ist Bei Führungskräften muss das auch in wir dort deutlich, welche Führungsqua- eine Frage der Haltung. Eine Alternati- die Bewertung mit einfließen. Die war litäten wir erwarten und wie wichtig ve hierzu gibt es nicht. Aber die wirt- in der Vergangenheit vor allem an fach- uns eine werte-orientierte Leistungskul- schaftliche Bedeutung des Themas ist lichen und geschäftlichen Kriterien ori- tur ist. natürlich auch nicht zu unterschätzen. entiert. Heute werden auch werte-orien- Allein für die Beteiligung am Schienen- tierte Kriterien abgeklopft. Dazu gehört, personalmagazin: Thyssen-Krupp ist ein und Aufzugskartell mussten wir für dass sich Führungskräfte compliant ver- weltweit tätiges Unternehmen und Com- Bußgelder und Schadenersatz knapp halten und auf Arbeitssicherheit achten pliance-Standards werden nicht überall eine Milliarde Euro bezahlen. müssen. Das zeigt Wirkung. Die Unfall- so hoch gehängt wie in Westeuropa. Wie häufigkeit ist in den letzten Jahren zum schaffen Sie es, diese Werte in China oder personalmagazin: Reicht ein striktes Wer- Beispiel deutlich zurückgegangen. Indien durchzusetzen? temanagement aus, um Ihre Führungs- Kaufmann: Diese Frage stellt sich uns kräfte, die ihre Umsatzziele erreichen personalmagazin: Wer ist für die Verände- nicht. Der Vorstand hat ein klares Com- müssen, von Compliance zu überzeugen? rung des Mindsets zuständig? pliance-Commitment abgegeben: Lie- Kaufmann: Das hängt davon ab, ob man Kaufmann: Das Thema Wertemanagement ber verzichten wir auf ein Geschäft, als mit gutem Beispiel vorangeht. Wir set- und Mindset Change verstehen wir vier dass es mit unlauteren Mitteln zustande zen ehrgeizige, aber auch erreichbare im Konzernvorstand als eine gemeinsa- kommt. Dies gilt unmissverständlich, Ziele. Es bringt nichts, den Mitarbeitern me Verantwortung, wobei es hier the- überall auf der Welt. Dazu stehen wir. Vorgaben zu machen, die sie einem Di- menbedingt eine ganz enge Verzahnung Und leben das auch. lemma zwischen Werten und Geschäft zwischen HR und Compliance gibt. Ein Burkhard: Wir erleben, dass gerade un- aussetzen. Daher bewerten wir anhand sere Kunden klare Compliance-Regeln einer Risikolandkarte das geschäftliche schätzen. Und wir müssen hier Kurs Umfeld in den einzelnen Ländern und halten. Das gilt auch in Ländern mit ei- berücksichtigen das bei den Zielvorga- BILDERGALERIE nem vermeintlich höheren Korruptions- ben. Wer einen Auftrag nicht bekommt, In der App finden Sie die sieben Leit- risiko. Da muss man vielleicht manch- weil er die rote Linie nicht übertreten sätze zu Compliance und weitere Bilder mal etwas länger auf eine Genehmigung wollte, bekommt dafür keinen Malus. zum Doppelinterview. warten, aber am Ende kommt der Auf- Performance und Werte sind für uns trag dann doch. zwei Seiten der gleichen Medaille. 09 / 16 personalmagazin Bei Fragen wenden Sie sich bitte an redaktion@personalmagazin.de
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