Zeitschrift der Hessen für Erziehung, Bildung, Forschung 71.Jahr Heft 10/11 Okt./Nov.2018 - GEW Hessen
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Zeitschrift der Hessen für Erziehung, Bildung, Forschung 71.Jahr Heft 10/11 Okt./Nov.2018 zum Inhaltsverzeichnis 28.Oktober: Wählen gehen!
HLZ 10–11/2018 2 Zeitschrift der GEW Hessen Wer macht mit? für Erziehung, Bildung, Forschung ISSN 0935-0489 I M P R E S S U M Die Vertrauensleute an den Schulen auf die Kollegien zugehen, um Men- sind das Salz in der Suppe der hes- schen zu finden, die Lust haben, „ak- Herausgeber: sischen GEW. Sie sind die Menschen, tiv vor Ort“ zu werden. Mitglieder der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft Landesverband Hessen die in die Kollegien tragen, was auf Kreisvorstände suchen das Gespräch Zimmerweg 12 Landes-, Bezirks- und Kreisebene be- mit interessierten Kolleginnen und Kol- 60325 Frankfurt/Main schlossen wird, sie sind die eigentli- legen. Für das Gespräch bei einer Tasse Telefon (0 69) 971 2930 Fax (0 69) 97 12 93 93 che Gelenkstelle zwischen „Basis“ und Kaffee bringen sie nicht nur die Tassen, E-Mail: info@gew-hessen.de „Funktionärinnen und Funktionäre“. sondern auch weitere nützliche Mate- Homepage: www.gew-hessen.de Doch es ist nicht leicht, an jeder hes- rialien zu Fragen des Schulalltags mit, Verantwortlicher Redakteur: sischen Schule eine Ansprechperson die sie gern auch an bereits aktive Ver- Harald Freiling Klingenberger Str. 13 zu finden, die die Probleme im Alltag, trauensleute weitergeben. Danach sind 60599 Frankfurt am Main die Anregungen und die Kritik aus den weitere Treffen und Fortbildungen für Telefon (0 69) 636269 Schulen weitergibt und die Materialien die „Aktiven vor Ort“ geplant. Fax (069) 6313775 der GEW vor Ort verteilt. Aktive Men- E-Mail: freiling.hlz@t-online.de • Die Kampagne wird von Tony Schwarz, schen gehen in Pension, die Arbeitsbe- Mitarbeit: dem stellvertretenden Landesvorsitzenden, Christoph Baumann (Bildung), Tobias Cepok (Hoch- lastung ist überall hoch und der Zeit- koordiniert, bei dem sich Interessentinnen schule), Dr. Franziska Conrad (Aus- und Fortbildung), geist hat sich geändert… und Interessenten für eine solche Aufgabe Holger Giebel, Angela Scheffels (Mitbestimmung), Die GEW wird deshalb in zwei Ak- auch direkt melden können: tschwarz@ Michael Köditz (Sozialpädagogik), Annette Loycke (Recht), Andrea Gergen (Aus- und Fortbildung), Ka- tionswochen ab Mitte November direkt gew-hessen.de rola Stötzel (Weiterbildung), Gerd Turk (Tarifpolitik und Gewerkschaften) Titelthema: Harald Freiling HLZ: Vor der Wahl Titelbild: Harald Knöfel, Fotos: Hermann Heibel, Hessischer Landtag, Uwe Norkus, panthermedia.net Illustrationen: Dieter Tonn (S. 11), Träger & Träger Die Landtagswahl am 28. Oktober ist • Herbert Storn hat die Veröffentli- (S. 32), Ruth Ullenboom (S. 4) Schwerpunkt dieser HLZ. Zentrale For- chungen des Juraprofessors und Kul- Fotos, soweit nicht angegeben: Martin Sehmisch, DGB (S. 3), GEW (S. 5, 6, 8, 17-19, derungen der GEW zu den Themen Ar- tusministers Professor Ralph Alexan- 23-25, 30, 31) beitsbelastung, Berufliche Bildung und der Lorz zum Schutz der Investoren in Hochschulen findet man auf den Seiten den Freihandelsabkommen TTIP und Verlag: Mensch und Leben Verlagsgesellschaft mbH 6, 18 und 19. Auf den Seiten 8 bis 17 CETA durchgelesen (S. 22). Niederstedter Weg 5 findet man die Antworten der Parteien • Roman George analysiert die Zahlen 61348 Bad Homburg auf die Fragen der HLZ-Redaktion. Eine zur inklusiven Beschulung von Kindern Anzeigenverwaltung: Übersicht über die Themen findet man mit sonderpädagogischem Förderbedarf Mensch und Leben Verlagsgesellschaft mbH im Inhaltsverzeichnis und auf der Seite und die Entwicklung seit 2009 (S. 26). Peter Vollrath-Kühne Postfach 19 44 7. Auch mehrere Einzelbeiträge haben • Sascha Schmidt, Benno Hafeneger 61289 Bad Homburg einen engen Bezug zur Wahl: und Hanna Jestädt informieren über Telefon (06172) 95 83-0, Fax: (06172) 9583-21 • Karola Stötzel nimmt die Forde- Struktur und Programm der AfD vor E-Mail: mlverlag@wsth.de rung von CDU-Ministerpräsident Bouf- der Landtagswahl in Hessen (S. 28-30). Erfüllungsort und Gerichtsstand: fier unter die Lupe, die Ausbildungs- • Informationen über weitere The- Bad Homburg zeit von Erzieherinnen und Erziehern men und regionale Veranstaltungen Bezugspreis: Jahresabonnement 12,90 Euro (9 Ausgaben, ein- zu verkürzen (S. 20). findet man auf Seite 31. schließlich Porto); Einzelheft 1,50 Euro. Die Kosten sind für die Mitglieder der GEW Hessen im Beitrag enthalten. Zuschriften: Aus dem Inhalt Rubriken Einzelbeiträge: Für unverlangt eingesandte Manuskripte und Bilder 4 Spot(t)light 20 Erzieherinnenausbildung verkürzen? wird keine Haftung übernommen. Im Falle einer Ver- öffentlichung behält sich die Redaktion Kürzungen 5 Meldungen 22 Schulpolitik und Welthandel vor. Namentlich gekennzeichnete Beiträge müssen 32 Recht: Wiedereingliederung 23 Die Arbeit an Grundschulen nicht mit der Meinung der GEW oder der Redaktion Titelthema: Landtagswahl am 28.10. 24 Die GEW-Vorsitzende vor Ort übereinstimmen. 25 Fachgruppe Erwachsenenbildung 6 Überlastungsanzeigen ernst nehmen Redaktionsschluss: 26 Inklusion und Exklusion in Zahlen 8 Fragen zur Wahl: Frühe Bildung Jeweils am 5. des Vormonats 28 AfD Hessen: Personal und Progamm 9 Fragen zur Wahl: Schule 30 AfD in Bayern und Hessen 12 Berufsbildung und Lehrerbildung Nachdruck: 31 Meldungen: Vor der Wahl Fotomechanische Wiedergabe, sonstige Vervielfälti- 14 Tarif, Besoldung und Arbeitszeit 32 50 Jahre nach 1968: Was bleibt? gungen sowie Übersetzungen des Text- und Anzei- 16 Fragen zur Wahl: Hochschulen 34 1618-1648: Der Dreißigjährige genteils, auch auszugsweise, nur mit ausdrücklicher Genehmigung der Redaktion und des Verlages. 17 Schulbau und Mitbestimmung Krieg im Geschichtsunterricht 18 Forderungen: Berufliche Bildung Druck: Druckerei und Verlag Gutenberg Riemann GmbH 19 Forderungen: Hochschulpolitik 40 Aus dem lea-Fortbildungsprogramm Werner-Heisenberg-Str. 7, 34123 Kassel
3 HLZ 10–11/2018 zum Inhaltsverzeichnis KOMMENTAR Wählen gehen! Demokratie lebt vom Mitmachen, besser gesagt vom Wahlrecht Gebrauch machen. Haushaltsvorbehalte, Mitgestalten, von der Teilhabe, von der kritischen Dis- blindes Marktvertrauen oder das schlichte Ignorie- kussion und bewussten Einflussnahme. Der Gang zur ren von Handlungsbedarfen werden nicht ohne unsere Wahlurne gehört selbstverständlich ebenso dazu. Dazu Intervention bleiben. Klar ist dabei auch: Je stärker rufen wir als Gewerkschaften auf, wenn am 28. Okto- die Gewerkschaften, desto stärker ist die Stimme der ber in Hessen ein neuer Landtag gewählt wird. Arbeit in der Auseinandersetzung, wie Lebens- und Die neue Landesregierung – ganz gleich welche Arbeitsbedingungen der Menschen gestaltet werden. Parteien sie stellen - hat aus gewerkschaftlicher Sicht Als DGB werden wir keine Wahlempfehlung aus- viel zu tun, wenn sie die Belange der Menschen zum sprechen, denn unsere Anforderungen an eine neue Maßstab ihres Handelns machen will. Im Bildungs- Landesregierung haben allgemeine Gültigkeit. Wo- bereich geht es darum, dass die Herkunft eines Men- vor wir jedoch warnen, sind Wahlentscheidungen, schen nicht mehr entscheidend sein darf für den Bil- die den im Parlament vertretenen Parteien einen ver- dungserfolg. Betreuungsplätze müssen für alle Kinder meintlichen Denkzettel verpassen sollen. vorhanden sein, Baumängel an Schulen und Berufs- Die AfD steht mit ihren Positionen dem gewerk- schulen müssen beseitigt werden, Lehre und For- schaftlichen Streben nach einer vielfältigen und of- schung an den Hochschulen müssen unabhängig von fenen Gesellschaft, in der Würde, Solidarität und Drittmitteln sein und junge Menschen müssen unter garantierte Arbeitnehmerrechte für alle Menschen besten Bedingungen eine Ausbildung machen kön- gelten sollen, vollständig entgegen. Als Bund der nen, um sich eine eigenständige Zukunft zu gestal- Gewerkschaften sind wir davon überzeugt, dass das ten. Inklusion muss gelebte Realität werden. Prinzip der Solidarität und der Einheit besser geeig- Die Beschäftigten im öffentlichen Dienst haben net ist, gesellschaftliche Veränderungen durchzuset- ein Recht auf vernünftige Arbeitsbedingungen und zen, als das Prinzip der Spaltung. Die Würde des die Wertschätzung ihrer Arbeit. Eine neue Landes- Menschen muss unantastbar sein. regierung muss für die Reduzierung der Arbeitszeit Alle demokratischen Parteien sind in der Verant- sorgen und für ausreichend Personal in der Kinder- wortung, dass gesellschaftlicher Reichtum allen Men- betreuung, an Schulen und Hochschulen. Sie muss schen zu Gute kommt. Deshalb ist es höchste Zeit, das Besoldungsdiktat beenden und in die Tarifge- das Auseinanderdriften der Gesellschaft in Arm und meinschaft der Länder zurückkehren. Reich zu beenden und für eine gerechte Verteilung Hessen braucht mehr bezahlbaren und öffentlich von Vermögen zu sorgen. Unsere Gesellschaft braucht geförderten Wohnraum sowie die Reform des Tarif Vielfalt und Respekt gegenüber allen Menschen, un- treue- und Vergabegesetzes hin zu einem Gesetz, das abhängig von ihrer Herkunft, ihrem Glauben oder ih- die Beschäftigten vor Ausbeutung schützt. Eine stär- rer persönlichen Lebensweise. Die alten und neuen kere Tarifbindung, die Ausweitung der Mitbestim- Faschisten sind Feinde der Demokratie. Sie gehören mung, die Vereinbarkeit von Familie und Beruf, der weder auf unsere Straßen noch in unsere Parlamente. Zugang zu Bildung, Ausbildung, Weiterbildung und Qualifizierung, die flächendeckende Versorgung mit Gesundheits- und Pflegeangeboten und die Einfüh- rung von Personalmindeststandards in Betreuung und Pflege müssen vom Land aktiv gestaltet werden. Dazu braucht es politischen Willen und entsprechen- de Rahmenbedingungen. Ganz gleich, welche Koali- tion gebildet wird, sie muss liefern! Der DGB und die in ihm verbundenen Gewerk- Michael Rudolph schaften werden nach der Wahl sehr genau beob- Vorsitzender achten, wie die Politik mit dem wertvollen Vertrauen des DGB-Bezirks der Kolleginnen und Kollegen umgeht, die von ihrem Hessen-Thüringen
SPOT(T)LIGHT zum Inhaltsverzeichnis HLZ 10–11/2018 4 Ein toller Start! Spinnweben überzogen, und murmelt verzweifelt: „Jetzt muss ich zum fünf- ten Mal den Stundenplan ändern. Drei Neueinstellungen haben abgesagt.“ Ob sie bei der Neuerstellung des Stunden- plans meine zehn Springstunden abmil- Der Schulparkplatz ist endlich neu as- pubertierenden Streithähne nicht mehr dern kann? Ich traue mich aber nicht phaltiert, Büsche blühen ringsum. Über ganztags selber betreuen zu müssen. Ich zu fragen. Ich wage auch nicht darauf dem Eingang zu unseren Bildungs- gerate in die üblichen Staus. 28 Grad hinzuweisen, dass meine 9. Klasse voll leuchtturm hängt ein Spruchband: schon am Morgen, die Sonne knallt. besetzt ist und ich trotzdem noch zwei „Guten Start!“ Frau Walke, meine El- Mein Auto hat keine Klimaanlage. Der Zuweisungen bekommen habe. Das ternvertreterin, drückt mir die Hand: Rundfunkmoderator bejubelt den Jahr- Dienstzimmer ist sichtlich vermint. „Die „Schön, dass Sie wieder da sind! Mein hundertsommer. Er hat keinen Blick für beiden Kinder kommen aus Bayern“, Gustav hat Sie richtig vermisst.“ Der die traurig hängenden Straßenbäume. tröstet mich die Sekretärin, „das sind Schulleiter strahlt: „110 Prozent Leh- Meine Schülerinnen und Schüler tum- gute und problemlose Schüler. Sie wer- rerausstattung! Und darunter nur zwei meln sich bestimmt im Freibad. Sie ha- den gar nicht merken, dass Ihre Klasse Quereinsteiger, ganz erfahrene und ben noch Sommerferien. Wir müssen überbesetzt ist.“ souveräne Leute. Wir sind gut aufge- – zur Freude missgünstiger Mitbürger – 120 Lehrkräfte finden sich braun ge- stellt!“ Im Lehrerzimmer ist das Ge- drei Tage früher aus Schweden, Kor- brannt in der Mensa ein. Viele unbe- schirr gespült, sogar die Fenster sind sika, Albanien und Wladiwostok zu- kannte Gesichter darunter. Der Schul- geputzt. Ein guter Geist hat Gardinen rückkommen, um das neue Schuljahr leiter wirkt unfroh. Kein Wunder. Ein und Handtücher gewaschen. Es riecht vorzubereiten: Dienstbesprechungen, paar Tage vor Schulbeginn funktionie- nach frisch gebrühtem Kaffee. Kein Ka- Fachkonferenzen, Aufräum- und Sor- ren Telefon und Internet immer noch bel baumelt aus der Wand. Keine De- tieraktionen, Nachprüfungen und jede nicht. Immerhin hat es in diesem hei- ckenplatte schaukelt bedrohlich-sacht Menge Papierkram. ßen Sommer nirgends hereingeregnet. überm Kopf. Kollege Friese hat einen Der Parkplatz ist immer noch auf- In den Klassen 8 und 9 kann kein Phy- neuen Klingelton auf seinem Smart- gerissen und durchwühlt. Ein Bagger sikunterricht erteilt werden, weil Fach- phone, der sich genau wie mein al- steht einsam im Erdreich. Ich parke ein kräfte fehlen. Der Kollege, der sich gut- ter Wecker anhört. Putzig. – Oje, es ist paar Straßen weiter und gehe zum Se- willig als Aushilfe angeboten hat, ist mein Wecker. Unsanft reißt er mich aus kretariat, um meine neuen Schülerlis- seit zehn Jahren pensioniert und war den Träumen. ten, den Stundenplan und die Kurs- noch nie ein großer Pädagoge. Statt Als ich ins Auto steige, frohlockt bücher abzuholen. Die Stellvertreterin Sport erhalten meine Mädchen Ein- meine Nachbarin: „Endlich fängt die des Schulleiters sitzt seit zwei Wochen weisung in den Schulgarten. Von ei- Schule wieder an!“ Sie ist froh, ihre an ihrem Schreibtisch, mittlerweile von nem Imker. Der Schulleiter gibt die Ergebnis- se der letzten Prozesse bekannt: Drei Schüler der Oberstufe haben nun doch das Abitur „bestanden“, und ich wer- de ihnen hoffentlich niemals begegnen, wenn ich einen Arzt oder einen Anwalt brauche. Eine Referendarin hat sich im Staatsexamen eine Drei erklagt, obwohl sie bei dem Lehrermangel auch mit ei- ner Vier übernommen worden wäre. Ich fühle mich trotz aller kleinen Widrigkeiten gut gerüstet. Bei einem Online-Händler für „effektive Helfer im Schulalltag“ habe ich mir einen Akten- taschen-Trolley gekauft, eine Pädago- gen-Trillerpfeife (kann ich auch nachts in der Tiefgarage benutzen!) und eine Konfliktlösungsdrehscheibe. Für meine Klasse habe ich Gehörschutz fürs freie Lernen und Sichtschutz für die Klausu- ren bestellt. Gleich heute muss ich wel- che für die beiden Zuzügler aus Bayern nachbestellen! Diesen Text habe ich übrigens vier Schulleiterinnen vorgelegt. Sie haben einstimmig geknurrt: „Das ist doch überhaupt keine Satire! Das ist die Re- alität!“ Gabriele Frydrych
5 HLZ 10–11/2018 zum Inhaltsverzeichnis MELDUNGEN Volksabstimmung über Landeselternbeirat: Marode 13. November: Erster Tag Verfassungsänderungen und veraltete Schulen der unbezahlten Arbeit Am 28. Oktober entscheiden die Stimm- Der Landeselternbeirat Hessen (LEB) Zum vierten Mal ruft die GEW am 13. berechtigten im Rahmen der hessischen schlägt Alarm. „Viele Schulen sind November zu Aktionen vor den Staat- Landtagswahl auch über insgesamt 15 nicht nur sanierungsbedürftig, son- lichen Schulämtern auf, um für bessere Änderungen der Landesverfassung. Bei dern marode“, heißt es in einer aktuel- Bedingungen auch in den Grundschu- der Volksabstimmung steht auf dem len Presseerklärung des LEB. Er fordert len zu demonstrieren. Anlass ist der Stimmzettel hinter jeder der Änderun- die „schnelle und unbürokratische Be- „erste Tag der unbezahlten Arbeit“: Ab gen, denen der Landtag bereits zuge- reitstellung der notwendigen Mittel für dem 13. November arbeiten nach A 12 stimmt hat, ein „Ja“ oder „Nein“ zum Ausbau und Sanierung unserer Schu- besoldete Grundschullehrerinnen und Ankreuzen. Wer mit allem einverstan- len aus Landesmitteln“. Die Architektur Grundschullehrer im Vergleich zu ih- den ist, hat auf dem Stimmzettel die müsse den Lehr- und Lernmethoden des ren Kolleginnen und Kollegen in den Option, allen Änderungen auf einmal 21. Jahrhunderts gerecht werden, eine anderen Schulformen „unentgeltlich“. zuzustimmen. Die Änderungen be- anregende Lernumgebung und einen • Informationen über die Aktivitäten der treffen folgende Bereiche: Gleichbe- differenzierten Unterricht ermöglichen: GEW-Kreisverbände findet man auf der rechtigung von Mann und Frau, Kin- „Die kommunalen Investitionsprogram- Homepage der GEW www.gew-hessen.de. derrechte, Recht auf informationelle me KIP I und II helfen den struktur- Selbstbestimmung, Abschaffung der schwachen Regionen Hessens leider nur Todesstrafe, Bekenntnis zur Europäi- wenig, da hierzu durch den Schulträ- schen Union, Herabsetzung des Wähl- ger Eigenmittel in die Hand genom- Neues Vorsitzendenteam im barkeitsalters für den Landtag von 21 men werden müssen, die diese nicht Kreisverband Kassel-Stadt auf 18 Jahre und Senkung der Hür- haben.“ Als kurzfristige Maßnahme for- Das langjährige Tandem Reinhard Bes- den für ein Volksbegehren und eine dert der Vorsitzende des Landeseltern- se und Bernd Rothauge (1. und 2. von Volksabstimmung. Außerdem sollen beirats Korhan Ekinci die Einsetzung links) stand nach 23 Jahren als Kreis- das Prinzip der Nachhaltigkeit und die einer Task Force, die diese Maßnahmen vorsitzendenteam für eine weitere Förderung von Kultur, Ehrenamt und vorantreibt und ergebnisorientiert ar- Amtszeit nicht mehr zur Verfügung. Sport als neue Staatsziele in der Verfas- beitet: „Bei einer Besetzung mit allen an Vor zehn Jahren hatte Simon Aulepp sung verankert werden. Gesetze sollen Bildung Beteiligten kann damit trans- zur Verjüngung des Teams beigetragen. auch durch eine Veröffentlichung im parent und an der Sache orientiert ge- In ihre Amtszeit fielen Streiks und De- Internet „verkündet“ werden können. arbeitet werden.“ monstrationen, zum Beispiel für A13 In der Enquetekommission und im für alle und für kleinere Klassen. Sie Landtag gab es keine Mehrheit für ein setzten sich für Bildungsgerechtigkeit Grundrecht auf gebührenfreie Bildung, Nicht nur in Frankfurt: und eine soziale Steuerpolitik ein. das die SPD in die Verfassung schrei- Mangelnde IT-Ausstattung In der Kasseler Kommunalpolitik ben wollte, und für das von der Frak- wurde die GEW eine feste Größe, be- tion Die Linke geforderte Grundrecht In einer Pressemitteilung kritisieren die sonders durch die Mitwirkung an au- auf Wohnen. Aber auch die Pläne von Personalräte der Frankfurter Gymna- ßerparlamentarischen Initiativen. Dazu CDU, FDP und Arbeitgeberverbänden, sien die mangelhafte IT-Ausstattung gehörte das Engagement gegen TTIP die historisch begründeten Artikel zur ihrer Schulen. An einzelnen Schulen und für eine Aufarbeitung des Mordes Sozial- und Wirtschaftsordnung zu än- stehen für bis zu 30 Klassen zwei PC- an Halit Yozgat sowie zur Rehabilita- dern, waren nicht mehrheitsfähig. und Laptop-Einheiten zur Verfügung, • Weitere Informationen unter https:// tion der von Berufsverboten Betroffe- die Reservierungslisten sind Wochen www.verfassung-hessen.de nen. Der KV Kassel-Stadt unterstützte vorher gefüllt. Computer würde teil- die Ostermärsche genauso wie Eltern- weise nur mit der Tastatur geliefert, initiativen gegen marode Schulen und Bildschirme, Beamer und andere not- für den gemeinsamen Unterricht. Rein- elternbund hessen e.v.: wendige Geräte müssten „vom viel zu hard Besse bleibt als Leiter der Landes- kleinen IT-Schulbudget selbst erwor- Ratgeber für Elternbeiräte rechtsstelle und als Vorsitzender im Ge- ben werden“. samtpersonalrat für die Stadt und den Am Anfang des Schuljahres werden in Die Zusagen für ein großflächig an- Landkreis Kassel aktiv, Bernd Rothauge vielen Schulklassen die Elternvertre- gelegtes WLAN verengten sich nach als Beisitzer im Kreisvorstand. Das neue tungen gewählt. Viele neu gewählte El- Angaben der Personalräte im Laufe Vorsitzendenteam bilden (auf dem Foto ternbeiräte beschäftigt die Frage nach der Zeit auf die Zusage einiger weniger von rechts) Martin Gertenbach, Christi- ihren Rechten und Pflichten. Hier hilft WLAN Access Points mit einer eher ge- ane Stock und Simon Aulepp. der elternbund hessen e.v. mit den Bro- ringen Reichweite: „Innovative Ideen, schüren „Der Klassenelternbeirat“, „Der sorgfältig ausgeklügelte Konzepte so- Schulelternbeirat“ und „Die Schulkon- wie moderner und der digitalen Welt ferenz“. Mit vielen Beispielen werden angepasster Unterricht versanden ange- die Regelungen des Hessischen Schul- sichts der Fehlplanungen der Stadt im gesetzes ausführlich erklärt. Nichts und hinterlassen frustrierte Kol- • Nähere Informationen, kostenlose Le- legien, die sich fragen, ob man mit Pa- seproben und Bestellmöglichkeiten im In- pier und Tafelkreide nicht schlussend- ternet: www.elternbund-hessen.de lich doch auf der sichereren Seite sei.“
TITELTHEMA: LANDTAGSWAHL zum Inhaltsverzeichnis HLZ 10–11/2018 6 Überlastungsanzeigen ernst nehmen Appell der Personalräte und Vertrauensleute hessischer Schulen Ende August fanden in Kassel, Wetzlar, Frankfurt und Darm- tretbar hohe Arbeitsbelastung im Lehrerberuf. Dies hat mas- stadt Konferenzen der Personalräte und GEW-Vertrauensleute sive negative Auswirkungen: statt. Große Aufmerksamkeit fanden die Ausführungen von Frank • Erstens leidet die Unterrichtsqualität erheblich. Neben Mußmann von der Kooperationsstelle Hochschulen und Gewerk- nicht ausgebildetem Personal vor der Klasse bemängeln wir schaften der Universität Göttingen über die zentralen Befunde ei- vor allem fehlende Zeit für Unterrichtsvor- und -nachberei- ner umfassenden Arbeitszeitstudie an niedersächsischen Schulen tung, Binnendifferenzierung sowie individuelle Zuwendung und den Stand der politischen Auseinandersetzung um eine Ar- gerade in großen Klassen bei Lernenden mit erhöhten Be- beitszeitreduzierung. In einer gemeinsamen Erklärung bekräftig- darfen oder Schülerinnen und Schülern, die kaum Deutsch ten mehrere hundert Personalräte und Vertrauensleute die Forde- sprechen. rung der GEW nach einem „Sofortprogramm für gute Bildung“. • Zweitens entscheiden sich Kolleginnen und Kollegen not- Sie begrüßten insbesondere die Maßnahmen, die die Arbeitsbe- gedrungen unter Verzicht auf Bezüge und Pension, in Teil- lastung reduzieren sollen und den Beruf auch für junge Menschen zeit zu arbeiten, um das Pensum zu schaffen. Viele weite- wieder attraktiv machen. Der folgende Text ist eine Zusammen- re nicht teilbare Dienstpflichten (z.B. Konferenzteilnahme) fassung der Resolutionen der Aktionskonferenzen in Kassel, bleiben bestehen und die Teilzeit wird zur Mogelpackung. Wetzlar, Frankfurt und Darmstadt durch die HLZ-Redaktion. • Drittens führt die Überlastung zu hohen Krankenständen, In den Regierungsjahren von Schwarz-Grün sind in Hessen so dass sich der Teufelskreis schließt. (…) mindestens 290 Überlastungsanzeigen von Einzellehrkräf- Die Aktionskonferenzen der GEW unterstützen deshalb vor ten oder ganzen Kollegien beim Hessischen Kultusministe- der Landtagswahl die Forderung der GEW nach einem So- rium eingegangen. fortprogramm für gute Bildung in Kitas, Schulen und Hoch- Wir appellieren seit Jahren an unseren Dienstherrn Kul- schulen, das im Schulbereich folgende Maßnahmen im Um- tusminister Lorz (CDU), seiner Fürsorgepflicht nachzu- fang von mindestens 250 Millionen Euro vorsieht: kommen und das Grundrecht auf Bildung aller hessischen • 80 Millionen Euro für Arbeitszeitverkürzung mit einer Schülerinnen und Schüler ernst zu nehmen. Durch zu hohe Pflichtstundenreduzierung zunächst auf das Niveau der Arbeitszeit, zu große Lerngruppen, Arbeitsverdichtung, fach- 40-Stundenwoche der Tarifbeschäftigten (minus eine halbe fremde Aufgaben, zu wenig und noch dazu oft nicht für den Pflichtstunde) und einer deutlich spürbaren Erhöhung der Schulbereich qualifiziertes Personal sowie eine marode, ge- Schuldeputate unter anderem zur Mentorenentlastung und sundheitsgefährdende Schulinfrastruktur besteht eine unver- für die Anerkennung gestiegener Aufgaben Am 22. September demonstrierten in Frankfurt und Kassel mehrere nach besseren Bedingungen für die Bildung in Kitas, Schulen und Tausend Lehrerinnen und Lehrer, Beschäftigte in Kitas und Hoch- Hochschulen. Aufgerufen hatten unter anderen die GEW, der DGB, schulen, Eltern und Schülerinnen und Schüler für die Forderung der Landeselternbeirat und die Landesschülervertretung.
7 HLZ 10–11/2018 zum Inhaltsverzeichnis TITELTHEMA • 70 Millionen Euro für die Aufwertung des Grundschul- lehramts durch Besoldung nach A13 (…) • 50 Millionen Euro für echte Ganztagsschulen mit mehr HLZ: Fragen vor der Wahl Personal in multiprofessionellen Teams, in angemessenen Mit Unterstützung der Fachgruppen und Referate der GEW Räumlichkeiten und mit demokratisch entwickelten päda- Hessen wählte die HLZ-Redaktion 24 Fragen aus, die sie gogischen Konzepten (…) den im Landtag vertretenen Parteien zur Beantwortung • 50 Millionen Euro für das Menschenrecht auf inklusive vorlegte. Die Antworten der Parteien zu den folgenden Bildung mit 300 zusätzlichen Förderschullehrlehrkräften und Themenbereichen finden Sie hier: sozialpädagogischen Fachkräften nach dem Modell 3:1:1, in • Frühe Bildung: S. 8 dem für je drei Regelschulklassen eine Förderschullehrkraft • Schule: S. 9 und eine sozialpädagogische Fachkraft zur Verfügung ste- • Berufliche Bildung: S.12 hen. Außerdem halten wir es für dringend erforderlich, dass • Aus- und Fortbildung der Lehrerinnen und Lehrer: S.12 die positiven Erfahrungen aus dem Gemeinsamen Unterricht • Tarif, Besoldung und Arbeitszeit: S.14 wieder stärker berücksichtigt werden. • Hochschulen: S.16 • Wir fordern außerdem kleinere Klassen, denn in allen Be- • Kommunale Investitionen: S.17 lastungsstudien spielt die Klassengröße für Lehrkräfte eine • Mitbestimmung: S.17 zentrale Rolle. Auch die Forderungen der GEW zur Landtagswahl finden • Außerdem fordern wir eine konsequente Sanierung der Sie noch einmal in dieser HLZ. Schwerpunkte dieser HLZ Schulen und eine bessere Ausstattung durch weitere Landes- sind der Lehrermangel und die Überlastung der Lehrkräf- programme für die Kommunen, gesetzliche Mindeststandards te (S.6f. und S.24), die Situation an den Berufsbildenden zur Einrichtung und Ausstattung von Schulgebäuden nach Schulen (S.18) und Hochschulen (S.19) und die Ausbildung ökologischen Standards und einen partizipativen Umgang mit der Erzieherinnen und Erzieher (S. 20). Kolleginnen und Kollegen bei Sanierung, Neu- und Umbauten. Eine spürbare Entlastung und eine angemessene Wert- Zum Weiterlesen schätzung der Lehrerinnen und Lehrer sind direkte Investi- Aus Platzgründen mussten alle Antworten der Parteien tionen in deren Gesunderhaltung und damit in die Unter- zum Teil stark gekürzt werden. Ein Ausnahme bilden die richtsqualität. Antworten der Partei Die Linke, die sich – wie erbeten – Detaillierte Informationen zum Sofortprogramm für gute Bil- kurz gefasst hat. Die vollständigen Antworten kann man dung, zu den Finanzierungsmöglichkeiten und Argumentati- auf der Homepage der GEW nachlesen: www.gew-hessen. onsflyer zu den verschiedenen Bildungsbereichen findet man de > Themen > Landtagswahl. Dort kann man sowohl die im Internet auf der Homepage der GEW Hessen unter www. einzelnen Antwortbriefe als auch die thematisch sortier- gew-hessen.de > Themen > Kampagne. ten Gegenüberstellungen einsehen. Pressekonferenz: GEW kritisiert „Sommermärchen“ In ihrer Pressekonferenz zum Schuljahresbeginn warfen die zeigen. In der Antwort auf eine Landtagsanfrage des SPD- GEW-Landesvorsitzenden Maike Wiedwald und Birgit Koch Abgeordneten Christoph Degen verzeichnete das Hessische Kultusminister Lorz (CDU) vor, „ein Sommermärchen zu ver- Kultusministerium (HKM) 95 Überlastungsanzeigen allein im breiten“. Die aktuell vom Forschungsinstitut für Bildungs- und Schuljahr 2017/18. Die meisten kommen von Grundschulen Sozialökonomie erstellte Studie zum Lehrkräftebedarf zeige und Integrierten Gesamtschulen in den Ballungsräumen. Der auf, dass „allein aufgrund der steigenden Schülerzahlen bis Hinweis des HKM, dass die Briefe „die im Arbeitsschutzge- zum Jahr 2030 etwa 6.200 Lehrerinnen und Lehrer zusätzlich setz definierten Kriterien“ nicht erfüllen, helfe den besorg- benötigt werden, davon 2.900 an Grundschulen“. Im selben ten Kollegien nicht weiter: „Sie benötigen keine juristische Zeitraum müssen rund 20.000 alters- oder gesundheitsbedingt Belehrung, sondern konkrete Unterstützungs- und Entlas- ausscheidende Kolleginnen und Kollegen ersetzt werden. Die tungsangebote.“ Nina Heidt-Sommer, Lehrerin an der Ganz- GEW-Vorsitzenden forderten eine deutliche Ausweitung der tagsgrundschule Gießen West, berichtete über einen offenen Zahl der Ausbildungsplätze an Hochschulen und Studiense- Brief, den die Personalräte der meisten Grundschulen im minaren und „konsequente Maßnahmen, um den Beruf deut- Bereich des Schulamts Gießen/Vogelsberg geschrieben ha- lich attraktiver zu machen“. Dazu gehören für die GEW die ben: „Ein Gesprächsangebot an diese Lehrerinnen und Leh- Anhebung der Eingangsbesoldung von Grundschullehrkräf- rer gab es nicht.“ ten auf A13 und eine deutliche Verbesserung der Arbeitsbe- Holger Giebel, Gymnasiallehrer in Rimbach im Odenwald, dingungen durch eine Reduzierung der Unterrichtsverpflich- Paul Neuhaus, Lehrer an der IGS Carl-von-Weinberg-Schule tung und Entlastungen bei außerunterrichtlichen Aufgaben. in Frankfurt, und Elke Fischer, Grundschullehrerin in Bens- Für Kolleginnen und Kollegen ohne pädagogische Ausbildung heim (1), ergänzten die Berichte mit konkreten Problemla- fordert die GEW eine fachliche Qualifizierung vor und wäh- gen in ihren Schulen, die nach den Worten von Kultusminis- rend des Einsatzes im Unterricht und Entlastungen für die sie ter Lorz im Schuljahr 2018/19 „einmalig gut versorgt sind“. beratenden und unterstützenden Lehrkräfte. Der stellvertretende Landesvorsitzende Tony Schwarz (1) Das vollständige Statement von Elke Fischer findet man in dieser verwies noch einmal auf die zahlreichen Überlastungsan- HLZ auf Seite 24.
zum Inhaltsverzeichnis HLZ 10–11/2018 8 Vor der Wahl: Fragen an die Parteien Mit Unterstützung der Fachgruppen und Referate der GEW zeichnet. Die Reihenfolge der Parteien folgt ihrem Anteil an den Hessen wählte die HLZ-Redaktion 24 Fragen aus, die sie den Zweitstimmen bei der Landtagswahl 2013 (CDU 38,3 %, SPD im Landtag vertretenen Parteien zur Beantwortung vorlegte. 30,7 %, Grüne 11,1 %, Linke 5,2 %, FDP 5,0 %). Die vollstän- Aus Platzgründen mussten alle Antworten der Parteien zum digen Antworten kann man auf der Homepage der GEW nachle- Teil stark gekürzt werden. Ein Ausnahme bilden die Antworten sen: www.gew-hessen.de > Themen > Landtagswahl. Dort kann der Partei Die Linke, die sich – wie erbeten – kurz gefasst hat. man sowohl die einzelnen Antwortbriefe als auch die thema- Die Kürzungen sind jeweils nur am Ende der Antwort gekenn- tisch sortierten Gegenüberstellungen einsehen. Zeit für Vernetzungs- und Konzeptionsarbeit sowie ausreichende Unsere Fragen zum Thema Frühe Bildung Möglichkeiten, sich kontinuierlich weiter zu qualifizieren. Hier- Was werden Sie tun, um den Personalschlüssel in den Kin- für wollen wir weitere Landesmittel zur Verfügung stellen. (…) dertageseinrichtungen und die Arbeitsbedingungen in den Die LINKE: Auf acht bis zehn Kinder unter drei Jahren müssen Kitas zu verbessern? zwei Vollzeitstellen kommen. Bei Kindern über 3 Jahren soll- CDU: Wie der aktuell vorliegende Ländermonitor frühkindliche ten zwei Erzieher/innen in Vollzeit maximal 20 Kinder betreu- Bildungssysteme der Bertelsmann Stiftung festgestellt hat, hat en. Da Frühe Bildung eine kommunale Aufgabe ist, müssen die sich Hessen im Hinblick auf den Personalschlüssel im Betrach- Kommunen finanziell ausreichend ausgestattet werden. Andern- tungszeitraum der fünf Jahre über alle Bereiche verbessert: im falls wird es weiter zu Unterbezahlung, Arbeitsüberlastung und Bereich der Unterdreijährigen von 4,1 auf 3,9 und im Bereich auch Privatisierungen von Kindertageseinrichtungen kommen. der über Dreijährigen liegt Hessen stabil bei 9,7. Es ist eine gro- FDP: Wir verweisen auf den Gesetzentwurf der FDP-Fraktion ße Leistung, dass dieses Niveau gehalten werden konnte, ob- (Landtagsdrucksache 19/6283); Veränderung des Fachkraftfak- wohl parallel immer mehr Eltern Betreuungsplätze in Anspruch tors, so dass die Fachkraft-Kind-Relation verbessert wird; An- genommen haben. Viele Städte und Gemeinden in Hessen ma- erkennung der mittelbaren pädagogischen Arbeit; Leitungsfrei- chen vor, wie man das gut und im Sinne der Familien vor Ort stellung; Erhöhung der Qualitätspauschale, so dass diese in die regeln kann. Dabei unterstützt sie die CDU-geführte Landesregie- unmittelbare pädagogische Arbeit fließen kann (...) rung mit so viel Geld wie nie zuvor. So stehen für die Kinderbe- treuung 2018/2019 fast 1,5 Milliarden Euro zur Verfügung. (…) Was werden Sie tun, um mehr ausgebildete Fachkräfte zu ge- SPD: Unser Gesetzentwurf sieht die Einführung eines Zuschlags winnen und mehr Nachwuchskräfte auszubilden? von fünf Stunden pro Gruppe für die Leitungstätigkeit und eines Zuschlags von 20 % für die mittelbare pädagogische Arbeit (El- CDU: Seit der Kampagne „Große Zukunft mit kleinen Helden“, terngespräche, Vor- und Nachbereitung etc.) vor. Den Zuschlag die die Hessische Landesregierung im Jahr 2010 gestartet hat, für Ausfallzeiten (Urlaub, Krankheit, Fortbildung) wollen wir auf sind die Ausbildungszahlen in Hessen in diesem Bereich konti- ein realistisches Maß von 20 % anpassen. Damit verbessern wir nuierlich gestiegen. Sie haben sich auf 8.400 im Ausbildungs- den Fachkraftschlüssel deutlich. jahr 2017/2018 nahezu verdoppelt. Wichtig ist, junge Menschen über den Beruf des Erziehers oder der Erzieherin und die ver- Die GRÜNEN: Zuletzt haben wir GRÜNE durch das große Kita- schiedenen Ausbildungsmöglichkeiten gut und frühzeitig zu in- Paket umfangreiche Qualitätsverbesserungen – auch in der Be- formieren. Dazu gehören neben der „klassischen“ Ausbildung an treuung – erreicht. So investieren wir in den Jahren 2018 und einer Fachschule die Möglichkeit einer praxisintegrierten Aus- 2019 knapp 50 Millionen Euro in die bessere Betreuung, ab 2020 bildung mit Vergütung und diverse Studiengänge. Gleichzeitig fließen die 50 Millionen Euro jährlich. Die Arbeitsbedingungen werden wir prüfen, wie die Ausbildung modifiziert und refor- für Erzieher*innen können somit entscheidend verbessert wer- miert werden kann, um sie noch attraktiver zu gestalten. Dazu den. Hierfür sind auch das Betreuungsverhältnis und die Grup- gehört auch die Frage des Verdienstes. (…) pengröße wesentliche Elemente. Die Fachkräfte brauchen mehr SPD: Fachkräfte kritisieren vor allem die derzeitigen Arbeitsbe- dingungen. Hessen ist bei der Fachkraftquote im Kindergarten Schlusslicht bei den westdeutschen Bundesländern. Indem wir die Arbeitsbedingungen verbessern, können wir mehr Fachkräfte im Beruf halten und wahrscheinlich auch mehr Teilzeitkräfte dazu bewegen, ihre Stundenzahl zu erhöhen. Außerdem wird der Be- ruf dadurch attraktiver für Nachwuchskräfte. Die Zahl der an- gebotenen Fachschulplätze für Sozialwesen muss erhöht werden. Die GRÜNEN: Alle Untersuchungen zeigen, dass die Ausbildung und der Beruf insgesamt attraktiver werden müssen. Dazu ge- hören eine gute und gerechte Bezahlung, weniger Belastung im Arbeitsalltag und eine angemessene und attraktive Aus- bildung. Wir GRÜNE fordern die Tarifpartner auf, die Arbeit von Erzieher*innen besser zu vergüten. Mit allen Akteuren und Expert*innen des Bereiches werden wir versuchen, die Ausbil- dungszeit zu verkürzen. Die derzeit laufenden Versuche der dua- len Ausbildung für den Erzieherberuf wollen wir auswerten, um das Programm hessenweit stärker anzubieten. (…) Frankfurt, 11. Mai 2015 (Foto: GEW)
9 HLZ 10–11/2018 zum Inhaltsverzeichnis TITELTHEMA Die LINKE: Unstrittig ist die Bedeutung früher Bildung. Also Die LINKE: Wir sind Opposition. Unsere Aufgabe ist es, Druck muss die frühe Bildung öffentliche Aufgabe sein und darf kei- zu machen. Unsere Schwerpunkte: bessere Arbeitsbedingungen nesfalls privaten Anbietern überlassen werden. Lohndumping hat an den Schulen, mehr Lehrkräfte und längeres gemeinsames Ler- in Kindereinrichtungen nichts verloren. Erzieherinnen und Er- nen für Schülerinnen und Schüler in einer inklusiven demokra- zieher brauchen eine qualifizierte Ausbildung, gute berufsbeglei- tischen Schule, die alle Kinder individuell fördert tende Fort- und Weiterbildungsmöglichkeiten und eine deutlich FDP: Ausreichend qualifizierte Lehrkräfte an den Schulen; Aus- bessere Entlohnung. Die Ausbildungskapazitäten reichen nach weitung und Realisierung der Selbständigen Schule, so dass wie vor nicht aus. Dies und ein besserer Betreuungsschlüssel Schulen in Freiheit und Verantwortung die Unterrichtsgestal- machen den Beruf attraktiver. tung und die Organisation des Schulbetriebs so gestalten kön- FDP: Einberufung des Runden Tisches Kinderbetreuung mit nen, wie es den Bedürfnissen der Schülerinnen und Schüler ent- Schwerpunkt Fachkräftemangel; Ausweitung der Möglichkei- spricht und zum sozialen Umfeld der Schule passt. Ausweitung ten der praxisintegrierten Ausbildung; Veränderung der Ausbil- von multiprofessionellen Teams an den Schulen, um den He- dungsvergütung, so dass die Auszubildenden analog zu ande- rausforderungen wie Heterogenität, Integration und Inklusion ren Ausbildungen eine Vergütung erhalten; Überarbeitung der gerecht zu werden. Realisierung der Digitalen Bildung an un- Bedarfsanalyse von 2011 unter Berücksichtigung des bedarfs- seren Schulen und Schaffen sowie Aufrechterhalten der techni- gerechten Ausbaus und der veränderten Beschäftigungsstruk- schen Infrastruktur (Investition von jährlich min. 50 Mio. Euro tur (z.B. durch Renteneintritt, Entwicklung von Teilzeitstellen, aus originären Landesmitteln). Entlastung der Lehrkräfte und Freistellung von Leitungskräften) und Erarbeitung eines Kon- Schulleitungen sowie Entbürokratisierung, so dass sich diese zepts zur Fachkräftegewinnung in Hessen; Evaluierung der Aus- wieder auf die Kernaufgaben der pädagogischen Arbeit konzen- bildung an den Fachschulen, von Best-Practice-Modellen und trieren können, um die beste Bildung für jedes Kind und die in- Weiterentwicklung beispielsweise der „Praxis Integrierte Teil- dividuelle Förderung zu realisieren. Unterstützung der Schulen zeitausbildung“ (PIT) mit dem Ziel der Übertragung; Stärkung und Beendigung der Kontrollwut seitens des Kultusministeriums. der Möglichkeiten des Quereinstiegs, berufsbegleitende vergüte- te Ausbildungsgänge für Erzieherinnen und Erzieher sowie die tätigkeitsbegleitende Ausbildung und Weiterqualifizierung. (…) Wie beurteilen Sie die Forderung nach längerem gemeinsa- mem Lernen in „Einer Schule für alle“ und welche Vorstellun- gen haben Sie zur Entwicklung der Schulstruktur? Unsere Fragen zum Thema Schule CDU: Im Mittelpunkt unserer Bildungspolitik steht das Kind. Mit Nennen Sie die wichtigsten schulpolitischen Schwerpunkte uns wird es auch in Zukunft weder Einheitsschulen noch Ein- heitslehrer geben, denn es gibt auch keine Einheitskinder. Die Ihrer Partei für die nächste Wahlperiode. Bewahrung des erfolgreichen und bewährten gegliederten Schul- CDU: Förderung nach Begabung und Talent statt Einheitsschule; systems hat für uns oberste Priorität. In der Sekundarstufe I wol- differenziertes Schulsystem von Förderschule bis Gymnasium; len wir in den kommenden fünf Jahren keine Strukturreform. (…) Schulfriede statt Dauerreform; Stärkung der dualen Ausbildung; SPD: Wir wollen mehr Chancengleichheit und Bildungsgerechtig- weitere Anstrengungen in der Lehrerversorgung, u.a. Beibehal- keit in Hessen schaffen, indem wir mehr echte Ganztagsschulen tung der 105%-Unterrichtsversorgung; Stärkung von Deutsch anbieten, längeres gemeinsames Lernen ermöglichen, die Schul- als Bildungssprache; Ganztagsangebote nach Bedarf ausbauen; sozialarbeit an allen unseren Schulen verankern und soziale digitale Bildung bzw. Medienbildung verstärken; Wertevermitt- Gruppenbildungsprozesse einbeziehen. Durch individuelle För- lung; Integration vorantreiben; Lerninhalte fortentwickeln (z.B. derung mit Förderplan und intensiver sowie regelmäßiger Bera- MINT, bilingualer Unterricht); Berufsbild der Lehrkräfte stärken; tung von Schülerinnen und Schülern und Eltern im Verlauf ei- Attraktivitätsoffensive für den Lehrerberuf; Erhalt der Förder- nes jeden Schuljahres streben wir den Verzicht auf Versetzung schulen; Inklusion mit Augenmaß zum Wohle aller betroffenen in die nächstniedrigere Schulform und auf die Nichtversetzung Kinder; Stärkung der Weiterbildung im Sinne eines lebenslan- in die nächsthöhere Klasse an. Das Schulsystem wollen wir so gen Lernens in Bezug auf die Lehrkräfte (...) weiterentwickeln, dass nicht mehr die Herkunft oder der Geld- SPD: Wir wollen Bildung und Betreuung verbessern, moderne beutel über den Schulerfolg entscheiden. Deshalb wollen wir Schulen mit modernem Unterricht, den Ganztagsschulausbau die Gebühren für Bildung vollständig abschaffen. Die notwen- qualitativ und bedarfsorientiert vorantreiben, zeitgemäße Leh- digen Veränderungen werden wir im Dialog mit Eltern, Lehr- rerausbildung und ein Sofortprogramm gegen Lehrer- und Erzie- kräften, Schulleitungen, Schülervertretungen und Sozialpäda- hermangel auflegen, gerechtere Bildungschancen durch maßge- gogInnen und gemeinsam mit den Schulträgern umsetzen. Wir schneiderte Förderung aller Kinder und Jugendlichen. wollen, dass jede Schule, die ein Kind aufnimmt, es auch zum Abschluss führt, und jede Schule in die Lage versetzen, bei Be- Die GRÜNEN: Das Ziel unserer Bildungspolitik ist es, gleiche darf inklusiv zu arbeiten. (…) Bildungschancen für alle Schülerinnen und Schüler zu schaf- fen – unabhängig vom sozialen Status oder dem Einkommen Die GRÜNEN: Wir sind der Überzeugung, dass Schülerinnen und ihrer Eltern. Die zunehmende Heterogenität der Schülerschaft, Schüler durch längeres gemeinsames Lernen und möglichst lan- der ansteigende Wunsch vieler Eltern nach ganztägig arbeiten- ges Offenhalten aller Bildungsabschlüsse sehr gut individuell ge- den Schulen, die Integration von Kindern und Jugendlichen, die fördert werden können. Wir werden diesen Weg auch weiterhin aus ihrer Heimat fliehen mussten und die Realisierung eines in- niemandem vorschreiben, sondern setzen weiter auf Ermögli- klusiven Bildungsangebotes sind Herausforderungen, für deren chen statt Verordnen und respektieren den Elternwillen. Auch Bewältigung unsere Schulen gute Rahmenbedingungen und Un- wünschen sich viele Eltern eine Vereinfachung des Schulsys- terstützung brauchen. Schulen, die aufgrund des sozialen Hin- tems im Anschluss an die Grundschule. Daher wollen wir in der tergrunds ihrer Schülerinnen und Schüler oder durch Inklusion kommenden Legislaturperiode allen Schulträgern anbieten, ihre und Integration besonders gefordert sind, sollen neben Lehr- vorhandenen verbundenen Haupt- und Realschulen, Mittelstu- kräften ein festes Kontingent von Förderschullehrkräften und fenschulen und kooperativen Gesamtschulen schrittweise in In- Sozialpädagoginnen und -pädagogen bekommen. Wir streben tegrierte Gesamtschulen umzuwandeln. Auch hier gilt das Prin- für diese Schulen eine Lehrerzuweisung von 110 Prozent an. (…) zip: keine Zwangsbeglückung, Ermöglichen statt Verordnen. (…)
zum Inhaltsverzeichnis HLZ 10–11/2018 10 Die LINKE: Das gemeinsame Lernen ist eine alte Forderung der ist, ermöglicht es, gezielt auf die Bedürfnisse von Schüler*innen, Linken. Wir stehen für gemeinsames Lernen bis zu 10. Klas- Lehrkräften und Eltern vor Ort eingehen zu können. Unser Ziel se. Erst danach gehen die Jugendlichen in unterschiedliche Bil- sind multiprofessionelle Teams, in denen Lehrer*innen, För dungsgänge. Wir sehen Gesamtschulen im echten Ganztagsbe- derschulpädagog*innen und Teilhabeassistent*innen gemein- trieb als die geeignetste Schulform. sam verlässlich an allgemeinen Schulen arbeiten. Wir wollen Förderschulpädagog*innen möglichst mit allen Stunden an nur FDP: Wir stehen für die Anerkennung des Schulsystems in seiner einer allgemeinen Schule einsetzen. Für uns ist der Wunsch der Verschiedenheit und Vielfältigkeit und daher sehen wir nicht das Eltern maßgeblich dafür, ob Kinder mit Behinderungen inklu- Erfordernis, dieses grundsätzlich in Frage zu stellen und struk- siv oder an einer Förderschule geschult werden. Daraus folgt, turell zu verändern. Wir vertrauen auf die Kompetenz vor Ort, dass die Zukunft der Förderschulen von der Akzeptanz der El- die die Bedürfnisse des Einzelnen in den Mittelpunkt stellt und tern abhängt. (…) das Schulangebot darauf ausrichtet. Die Herkunft der Schülerin- nen und Schüler oder deren Wohnsitz sollen nicht über die Bil- Die LINKE: Inklusion gelingt nur, wenn die Schulen ausreichend dungschancen eines Kindes oder Jugendlichen entscheiden. El- mit Lehrkräften und Fachkräften ausgestattet sind. Das ist der- tern sollen eine echte Wahl haben und die beste Schule für ihr zeit nicht der Fall. Die Inklusiven Schulbündnisse sind ein Spar- Kind auswählen können. (…) programm, denn Inklusion bedeutet nicht, Schwerpunktschulen zu bilden. Die BFZ machen eine gute Arbeit – zukünftig müs- Welche konkreten Maßnahmen wollen Sie ergreifen, um das sen aber an allen Schulen ausgebildete Sonderpädagogen sein. Menschenrecht auf inklusive Bildung in Hessen zu verwirk- lichen? Welche Rolle spielen in Ihrem Konzept die Förder- FDP: Die Umsetzung der Inklusion muss sich unabhängig von schulen, die Beratungs- und Förderzentren (BFZ) und die in- den Schulformen nach den tatsächlichen Bedürfnissen rich- klusiven Schulbündnisse? Wie wollen Sie die Entwicklung ten. Hier muss das Wohl der Schülerin oder des Schülers in den multiprofessioneller Teams fördern? Mittelpunkt gestellt werden, es müssen die notwendigen räum lichen, sachlichen und personellen Ressourcen zur Verfügung CDU: Oberstes Ziel der Beschulung von Kindern mit Behinde- stehen, und die Zusammenarbeit mit anderen Professionen er- rungen ist deren Integration in die Gesellschaft und die Führung folgen, um eine erfolgreiche Beschulung auch verwirklichen eines möglichst selbstbestimmten Lebens. Dabei ist jedes Kind zu können. Wir setzen uns dafür ein, dass Schülerinnen und individuell zu betrachten. Eine Einheitslösung für alle lehnen Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf an der Regel- wir auch hier ab. Bei Kindern, die nicht lernzielgleich unterrich- schule unterrichtet werden. Wahlfreiheit gilt aber auch für Kin- tet werden können, die aufgrund von Misshandlungen und psy- der und Jugendliche mit besonderen Bedarfen. Förderschulen chischer Beeinträchtigungen besonderer Schon- und Rückzugs- sollen erhalten bleiben für Schüler, deren Eltern der Überzeu- räume bedürfen oder die durch Verhaltensauffälligkeiten und gung sind, dass ihrem Kind dort die bestmögliche Förderung aggressives Verhalten die Durchführung des Regelunterrichtes zuteil wird. (…) massiv erschweren, stößt die Inklusion auf offenkundige päda- gogische Grenzen der Beschulbarkeit. Förderschulen sind daher Wie wollen Sie den Ausbau der gebundenen Ganztagsschu- ein wesentlicher und unverzichtbarer Bestandteil des hessischen Schulsystems. Wir stehen zu den Förderschulen und werden kei- len in Hessen voranbringen? ne Förderschulen schließen. (…) CDU: Wir werden die Ganztagsangebote weiter bedarfsorien- tiert ausbauen. Wir setzen auf eine Vielfalt von freiwilligen, SPD: Wir werden das Recht auf inklusive Bildung umsetzen. Hes- offenen, teilgebundenen und gebundenen Ganztagsangeboten. sen hat seit mehr als 30 Jahren Erfahrung mit dem „Gemein- Der Ausbau des erfolgreichen „Paktes für den Nachmittag“ im samen Unterricht“ von Kindern mit und ohne Behinderung. Um Sinne von Wahlfreiheit, Angebotsvielfalt und Bedarfsorientie- wieder dahin zu kommen, brauchen alle Schulen, nicht nur die rung hat für uns Priorität. Es darf keinen Ganztagszwang für in Schulbündnissen, eine auskömmliche sonderpädagogische alle Kinder geben. Es gilt die Wahlfreiheit der Eltern. Wir wol- Grundversorgung. Unser erklärtes Ziel ist es, dass jedes Kind, len Möglichkeiten erhalten, den Kindern am Nachmittag Raum das eine Regelschule am Wohnort besuchen möchte, diese Schu- und Zeit außerhalb der Schule zu geben, denn auch Aktivitäten le besuchen kann. Die Beratungs- und Förderzentren wollen wir in Feuerwehren, Sportvereinen, Hilfsorganisationen und an an- zu „Zentren für besondere pädagogische Förderung“ weiterent- derer Stelle dürfen nicht zu kurz kommen. (…) wickeln. Als regionale Unterstützungsagenturen für individuel- le Förderung beraten sie Schulen multiprofessionell aus einer SPD: Wir wollen allen Familien, die das wünschen, moderne Hand, vernetzen die Schulen mit außerschulischen Einrichtun- Ganztagsschulen ohne Gebühren am Nachmittag anbieten, weil gen und stellen notwendiges Material zur Verfügung. Wir sind echte Ganztagsschulen die Talente von Kindern besser erken- der Auffassung, dass ein gut organisierter und ausgestatteter nen und fördern können und damit zu mehr Chancengleichheit inklusiver Unterricht es ermöglicht, dass alle Schülerinnen und beitragen. Der Ganztagsschulausbau (in gebundener und teilge- Schüler davon profitieren. Daher werden wir die notwendigen bundener Form) hat für uns eine hohe Priorität. Die SPD hat finanziellen und personellen Mittel zur Verfügung stellen, um sich zum Ziel gesetzt, je Schuljahr 50 Ganztagsgrundschulen zu inklusiven Unterricht zu gewährleisten. Mit einem Masterplan schaffen. Auch für die weiterführenden Schulen wollen wir ein Inklusion werden wir die verschiedenen Etappen auf dem Weg Programm zum Ausbau von Ganztagsschulen verabschieden, das zu einem inklusiven Schulsystem definieren. Ein solcher Mas- den Schulen verlässliche Entwicklungsperspektiven bietet. (…) terplan muss langfristig und somit über die nächste Wahlperi- Die GRÜNEN: Wir werden den Ausbau von rhythmisierten ode hinaus angelegt sein. (…) Ganztagsschulen (Profil 3) weiter vorantreiben. Gerade gebun- Die GRÜNEN: Wir wollen die Voraussetzungen dafür schaffen, dene Ganztagsschulen nach Profil 3 schaffen mehr Zeit für die dass alle Schüler*innen mit und ohne Behinderung gemeinsam individuelle Förderung von Kindern, weil sie eine andere Ver- zur Schule gehen können. Die Einführung der inklusiven Schul- teilung des Unterrichts über den Tag und somit einen Wech- bündnisse ist ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung, denn sel zwischen Lern- und Erholungsphasen ermöglichen. In den nur eine enge Kooperation der regionalen Beratungs- und För- vergangenen Jahren wurden alle Anträge der Schulträger auf derzentren mit den örtlichen allgemeinen Schulen und den För- eine Profil-3-Ganztagsschule genehmigt. Diesen Weg wollen derschulen, wie sie in den inklusiven Schulbündnissen angelegt wir fortsetzen. (…)
11 HLZ 10–11/2018 zum Inhaltsverzeichnis Die LINKE: Wir sehen im Pakt für den Nachmittag ein Spar- programm, das mit echtem Ganztag in schulischer Verantwor- tung nichts zu tun hat. DIE LINKE tritt schon immer für echte gebundene Ganztagsschulen ein. Das werden wir auch zukünf- tig tun und alle Initiativen dahingehend unterstützen. FDP: Fortführung des flächendeckenden bedarfsorientierten und qualitativ hochwertigen Ausbaus von Schulen mit Ganz- tagsangeboten und Ganztagsschulen: Weitere Angebote sollen jedoch standortbezogen zunächst auf freiwilliger Basis geschaf- fen werden, die allen Schulformen offenstehen. Zunehmende Integration der Betreuungs- und Bildungsangebote nach kla- rem pädagogischem Konzept: Betreuung darf sich nicht länger auf „Aufbewahrung“ beschränken. Dazu bedarf es multiprofes- sioneller Teams aus Lehrkräften und Erziehern, für die weitere Stellen geschaffen werden müssen. Bis zum Jahre 2023 soll in le, aber auch Veränderungen bei den Klassengrößen. Die derzei- ganz Hessen die Ganztagsbetreuung bis 17 Uhr an jeder Schule tige Zuweisung von Lehrerstellen nach dem Sozialindex, der die ermöglicht werden. Wir wollen aber auch den Lebensraum Fa- soziale Lage ihres Einzugsgebiets widerspiegelt, wollen wir im milie geschützt wissen und setzen uns für das Recht der Kinder Sinne individueller Förderung ergänzen und ausschließlich an auf selbstbestimmte Freizeit und Kindsein ein. (…) den Bedürfnissen der Schülerinnen und Schüler der einzelnen Schule (schulscharf) ausrichten. Wie beurteilen Sie die Forderung der GEW, verbindliche Ver- Die GRÜNEN: Aus Sicht der GRÜNEN ist eine Absenkung der gleichsarbeiten, insbesondere die flächendeckenden VerA- maximalen Klassengröße eine, aber nicht die einzige Verände- Testungen in der Grundschule abzuschaffen? rung, die das Bildungssystem verbessern würde. In der Abwä- gung mit anderen Verbesserungen halten wir die Verbesserung CDU: Diese Forderung lehnen wir ab. Vergleichsarbeiten dienen der Lehrerzuweisung, weitere Sozialpädagog*innen, den Ausbau der Qualitätssicherung und -weiterentwicklung und somit einer von Ganztagsschulen und die Umsetzung der inklusiven Schul- zielgerichteten Förderung der Schülerinnen und Schüler. Ein Ab- bündnisse für prioritär. Für Schulen mit besonderen Herausfor- schaffen von Vergleichsarbeiten wäre daher kontraproduktiv. derungen (Sozialindex, Integration, Inklusion) streben wir eine SPD: Aus unserer Sicht kann man auf unnötige Vergleichsar- weitere Verbesserung der Lehrerausstattung über die 105 Prozent beiten, durch die keine Rückmeldung an die Lernenden erfolgt, hinaus an. Auch wollen wir den Ansatz ausbauen, die Schulen verzichten. durch Sozialpädagoginnen und -pädagogen in ihrer Arbeit zu unterstützen. Durch zusätzliche Landesmittel für Schulsekreta- Die GRÜNEN: Im Hinblick auf die Vielzahl von zentralen Tests riate und Verwaltungskräfte wollen wir Lehrerinnen und Lehrer und Vergleichsarbeiten streben wir eine Evaluierung der einzel- von bürokratischen Tätigkeiten entlasten und mehr Raum für nen Instrumente zur Qualitäts- und Leistungsfeststellung an. Es die pädagogische Arbeit schaffen. (…) muss sichergestellt sein, dass die Ergebnisse von Vergleichsar- beiten tatsächlich einen Beitrag zur Qualitätsentwicklung leis- Die LINKE: Die Lehrer-Schüler-Relation muss sinken. Dafür ten, ansonsten sind sie verzichtbar. braucht es ausreichend Lehrkräfte. Bis 2030 werden 10.000 Lehrkräfte an den hessischen allgemeinbildenden Schulen feh- Die LINKE: Wir unterstützen die GEW. Die Abschaffung der len. Wir haben eine wissenschaftliche Studie in Auftrag gege- Lernleistungsstudien findet sich auch in unseren Haushaltsfor- ben, die das herausgefunden hat. Mit diesen belegbaren Zahlen derungen als Einsparung. kann Druck auf das Kultusministerium ausgeübt werden, Stu- FDP: Wir teilen diese Forderung in Gänze nicht, sondern stehen dienplätze auszubauen und das Referendariat erfolgreich zu ge- einer Weiterentwicklung und vor allem auch der Veränderung stalten. Die Lehrkräftezuweisungen müssen entsprechend der der Auswertungen grundsätzlich offen gegenüber. Aufgaben erfolgen. FDP: Bereits in der letzten Legislaturperiode wurden die Klassen- Welche Zielvorstellungen haben Sie zur Reduzierung der größen reduziert und die „Sternchenregelung“, die mehr Schü- Klassengrößen insbesondere auch in den Ballungsräumen lerinnen oder Schüler ermöglichte, abgeschafft. Dies wurde mit und sozialen Brennpunkten? Wie beurteilen Sie in diesem großer Kraftanstrengung umgesetzt und vor allem werden da- Kontext die sozialindizierte Zuweisung von Lehrkräften und her mehr Lehrkräfte benötigt. Wir sprechen uns deshalb nicht wie wollen Sie diese weiter entwickeln? für eine prinzipielle Verkleinerung aus, sondern möchten, dass Schulen selbst darüber entscheiden können, ob sie Lerngrup- CDU: Die soziale Herkunft oder Beeinträchtigungen jedweder Art pen in bestimmten Fächern oder für spezielle Zeiträume tei- dürfen kein Kriterium für schulischen Erfolg sein. Die bundes- len, um differenziert zu unterrichten. Daher möchten wir, dass weit nach wie vor unerreichte 105-prozentige Unterrichtsversor- die 105%ige Lehrerversorgung wieder gewährleistet wird. Zu- gung, die Schaffung von über 4.000 zusätzlichen Lehrerstellen dem soll die sozialindizierte zusätzliche Lehrerzuweisung fort- im Zeitraum 2014 bis 2019 oder die Senkung der Schüler-Leh- geführt und die Arbeit in multiprofessionellen Teams gestärkt rer-Relation von 1:19 im Jahr 1999 auf 1:14 im Jahr 2018 sind werden. (…) Erfolge der CDU-geführten Landesregierung, die unseren Ziel- vorstellungen entsprechen. Dazu gehört auch die sozialindizier- te Lehrkräftezuweisung, die wir unterstützen und nach Bedarf Zum Weiterlesen fortsetzen und weiterentwickeln wollen. Aus Platzgründen mussten alle Antworten der Parteien zum Teil SPD: Wir wollen, dass Lehrkräfte individuell auf das einzelne stark gekürzt werden. Die vollständigen Antworten kann man auf Kind eingehen können. Dazu brauchen wir andere Rahmenbe- der Homepage der GEW nachlesen: www.gew-hessen.de > Themen dingungen, entsprechende Fortbildungen für die Lehrkräfte, eine > Landtagswahl. Dort kann man sowohl die einzelnen Antwortbrie- enge Zusammenarbeit mit den SozialpädagogInnen in der Schu- fe als auch die thematisch sortierten Gegenüberstellungen einsehen.
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