Orthopädie & Traumatologie Rheumatologie - Österreichische Gesellschaft für Orthopädie ...

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Orthopädie & Traumatologie
Rheumatologie
EUR 9,– Jahrgang 25/2020 ISSN 1997-8308 MZ 09Z038204M, P. b. b., Retouren an PF 555, 1008 Wien                                         3 / 2020

                                   HÜFTCHIRURGIE                                      BECKENCHIRURGIE                  RHEUMATOLOGIE
                            Der direkt anteriore Zugang                      Begleitverletzungen bei             SLE: Endlich auch auf dem
                                 in der Revisions­                            Beckenringfrakturen                Weg zur personalisierten
                                   endoprothetik                                                                          Medizin
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                                                                                                        FOKUSTHEMA

                                                                                                        Hüfte und Becken
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Editorial

ORTHOPÄDIE & TRAUMATOLOGIE RHEUMATOLOGIE           Österreichische
                                                   Gesellschaft für
                                                   Unfallchirurgie

                                                       m it:
                                                n sa m     d er
                                            e i         g
                                      Gemrestagun
                                           h
                                     1. Ja

                                                        Wirbelsäule
                                                        56. Jahrestagung
                                                        1. – 3. Oktober 2020
                                                        Salzburg

                                                        2020
            Es wird angestrebt, die
            Jahrestagung nach den Kriterien
            des Österreichischen Umweltzeichens für
2           Green Meetings/Green Events auszurichten.                 Orthopädie & Traumatologie Rheumatologie 3 / 2020
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Editorial
© T. Mesic

                                                    G. Thewanger, Linz                                                                                   ORTHOPÄDIE & TRAUMATOLOGIE RHEUMATOLOGIE

             Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen!

                Die chirurgische Versorgung von Brüchen des Beckens und                                                                         haben wir die Autorenschaft für die Kapitel „Prothetik nach
             der Hüftpfanne ist mittlerweile als Spezialdisziplin in der                                                                        Acetabulumfrakturen“ und „periprothetische Femurfrakturen“
             Unfallchirurgie etabliert. Ausgehend von den auch heute noch                                                                       ein wenig atypisch, aber durchaus richtungsweisend zwischen
             als wegbereitend zu bezeichnenden Arbeiten von Judet und                                                                           orthopädischer und traumatologischer Expertise aufgeteilt.
             Letournel hat sich ein völlig neues Verständnis der Biomechanik                                                                       Für die vorliegende Ausgabe haben Kollege Maurer-Ertl und
             des Beckens und des Entstehens verschiedener Frakturformen                                                                         ich uns bemüht, Beiträge zusammenzustellen, die einen guten
             und deren Charakteristika entwickelt. Auch verfügen wir über                                                                       Überblick über Bewährtes und teilweise auch Innovatives geben
             ein praktisch weltweit akzeptiertes Klassifikationssystem, das                                                                     sollen. An dieser Stelle möchte ich mich ganz herzlich bei allen
             einerseits hilfreich ist, um Ergebnisse zu vergleichen, anderer-                                                                   Autoren und Mitwirkenden dafür bedanken, dass die Beiträge
             seits auch eine gewisse Unterstützung in der Therapieplanung                                                                       trotz der derzeit – nicht nur im medizinischen Umfeld – widri-
             geben kann.                                                                                                                        gen Umstände rechtzeitig fertiggestellt werden konnten.
                Ein neues und besseres Verständnis der zugrunde liegenden
             Pathologien führt naturgemäß auch zu veränderten und teil-                                                                              Viel Freude beim Lesen,
             weise neuen Behandlungskonzepten. Darüber hinaus haben sich
             aber auch – dem demografischen Wandel unserer Gesellschaft
             entsprechend – die Aufgabenstellungen geändert: Der typische                                                                            Dr. Georg Thewanger
             Beckenpatient war noch vor etwa 25 Jahren jung, männlich und                                                                            AUVA-Unfallkrankenhaus Linz
             üblicherweise Opfer eines Hochrasanztraumas. Nicht selten war
             die Beckenverletzung Teil eines Polytraumas. Heute bereits fast
             häufiger ist jedoch die über 70-jährige Patientin mit teilweise
             hochkomplexen Frakturen als Folge eines Bagatelltraumas.
             Diese stark differenten Verletzungsmuster benötigen unter-
             schiedliche und entsprechend angepasste Behandlungsstrate-                                                                             Anmerkung der Redaktion: Wie Ihnen vermutlich aufgefallen
             gien, die oft auch ein interdisziplinäres Vorgehen erfordern.                                                                      ist, haben wir die Titelseite unseres Journals einem dezenten aber
                Die Becken- und speziell die Hüftgelenkschirurgie dienen                                                                        merklichen „Facelifting“ unterzogen. Wir hoffen, das neue Design
             meines Erachtens sehr gut als Beispiele, wie stark die Fachge-                                                                     findet Ihre Zustimmung und trägt dazu bei, den praktischen Nut-
             biete der Orthopädie und Traumatologie bereits verwoben sind                                                                       zen und den Wiedererkennungswert unserer Medien noch weiter
             und auch weiter zusammenwachsen müssen. Dementsprechend                                                                            zu erhöhen!

             Impressum
             Herausgeber: Universimed Cross Media Content GmbH, Markgraf-Rüdiger-Straße 6–8, 1150 Wien. E-Mail: office@universimed.com. Tel.: +43 1 876 79 56. Fax: +43 1 876 79 56-20.
             Geschäftsführung: Dr. med. Bartosz Chłap, MBA. Chefredaktion: Mag. Christine Lindengrün. E-Mail: christine.lindengruen@universimed.com. Projektleitung: Mag. Manuela Moya.
             E-Mail: manuela.moya@universimed.com. Lektorat: DI Gerlinde Hinterhölzl, Dr. Patrizia Maurer, Mag. Sabine Wawerda. Grafik: Amir Taheri. Produktion & Druck: AV + Astoria (Print
             Alliance GmbH), 2540 Bad Vöslau. Artikel mit grauer Hinterlegung sind im Sinne des Österreichischen Mediengesetzes §26 als Werbung, Promotion oder entgeltliche Einschaltung zu
             verstehen. Gerichtsstand: Wien. Offenlegung: Herausgeber: Universimed Cross Media Content GmbH (100 %ige Tochter der Universimed Holding GmbH). Eigentümer und Medienin-
             haber: Universimed Holding GmbH
             Bezugsbedingungen Abonnement: Bestellung bei Universimed oder unter www.universimed.com. Jahresabo EUR 45,–, Einzelheft EUR 9,– inkl. MwSt. und Versand innerhalb von Österreich; im Ausland zzgl. Versandspesen. ISSN 1997-8308. Das Medium JATROS
             Orthopädie & Traumatologie Rheumatologie ist für den persönlichen Nutzen des Lesers konzipiert und beinhaltet Informationen aus den Bereichen Expertenmeinung, wissenschaftliche Studien und Kongresse. Namentlich gekennzeichnete Artikel und sonstige Beiträge
             sind die persönliche und/oder wissenschaftliche Meinung des Verfassers und müssen daher nicht mit der Meinung der Redaktion und des Herausgebers übereinstimmen. Mit der Übergabe von Manuskripten und Bildern gehen sämtliche Nutzungsrechte in Print und Inter-
             net an Universimed über. Copyright: Alle Rechte liegen bei Universimed. Nachdruck oder Vervielfältigung – auch auszugsweise – nur mit schriftlicher Genehmigung des Herausgebers. Die wiedergegebene Meinung deckt
             sich nicht in jedem Fall mit der Meinung des Herausgebers, sondern dient der Information des Lesers. Die am Ende jedes Artikels vorhandene Zahlenkombination (z.B.: ■0918) stellt eine interne Kodierung dar. Geschlechterbe-
             zeichnung: Um die Lesbarkeit der Informationen zu erleichtern, wird bei Personenbezeichnungen in der Regel die männliche Form verwendet. Es sind jedoch jeweils männliche und weibliche Personen gemeint.

                           Orthopädie & Traumatologie Rheumatologie 3 / 2020                                                                                                                                                                                                3
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                                                      W. Maurer-Ertl, Graz                                                   ORTHOPÄDIE & TRAUMATOLOGIE RHEUMATOLOGIE

                          Hüfttotalendoprothetik im Spannungsfeld
                          zwischen Gelenksersatz und Sportgerät
                             Historisch gesehen liegen die Anfänge der heutigen endopro-                               schen Bogen über österreichische Hüftgeschichte zu spannen.
                          thetischen Versorgung vor fast 150 Jahren. Im Jahr 1891                                      Ich hatte die Gelegenheit, Herrn Dr. Wurzinger, Mitentwickler
                          implantierte Themistokles Gluck die ersten künstlichen Kniege-                               des Zweymüllerschaftes, noch persönlich kennenzulernen.
                          lenke aus Elfenbein und Nickelstahl. Darauf folgten zahlreiche                               Noch im Alter von fast 80 Jahren war er aktiv an der Entwick-
                          heute noch klingende Namen wie 1943 Austin Morre oder die                                    lung des ANA.NOVA®-Proxy®-Kurzschaftes beteiligt – für mich
                          Gebrüder Judet, die den Hüftkopf 1946 durch Plexiglas ersetz-                                ein Beispiel für Pioniergeist bis ins hohe Alter.
                          ten. Unterschiedlichste Materialien wie rostfreier Stahl, Chrom-                                War die Endoprothetik in ihren Anfängen damit befasst,
                          Kobalt-Legierungen, Teflonpfannen, die im Jahr 1959 von Sir                                  einen funktionellen Gelenksersatz bieten zu können, stehen wir
                          John Charnley durch Polyethylen als Gleitpartner kombiniert                                  heute vor der Herausforderung, immer häufiger jüngere Patien-
                          mit Metallköpfen ersetzt wurden, kamen in den darauf folgen-                                 ten mit insgesamt höheren funktionellen Ansprüchen zu ver-
                          den Jahren der Pionierzeit mehr oder weniger erfolgreich zur                                 sorgen.
                          Anwendung. Der weltweit bekannte Name Zweymüller steht für                                      Erlauben Sie mir, aus aktuellem Anlass noch ein abschlie-
                          eine österreichische Pionierleistung der 1970er-Jahre. Gemein-                               ßendes Statement: Die Covid-19-Pandemie macht unter ande-
                          sam mit Dr. Wurzinger hat Prof. Zweymüller einen weltweit                                    rem die Anfälligkeit unserer Infrastruktur in Form von Versor-
                          mehr als 1 Million Mal zementfrei implantierten Geradschaft                                  gungsengpässen sichtbar. Aus diesem Grund sollten wir, wie
                          konzipiert. 1997 kam die Oberflächenersatzprothese Birming-                                  auch bereits von Gesundheitsminister Anschober gefordert,
                          ham Hip Resurfacing (BHR) von McMinn auf den Markt.                                          gerade im Medizinbereich darüber nachdenken, wie wir
                          Dadurch wurde ein kurz anhaltender Hype um dieses Prothe-                                    Produktionsstandorte in Europa bzw. in Österreich sichern
                          sendesign mit teilweise katastrophalem Ausgang für Konkur-                                   können.
                          renzprodukte ausgelöst. Nicht zuletzt durch wissenschaftliche
                          Studien und die Auswertung von internationalen Registerdaten                                     Mit kollegialem Gruß
                          haben sich Materiallegierungen aus Titan mit unterschiedlichen
                          Oberflächenstrukturen und Beschichtungen sowie Gleitpaarun-
                          gen aus Keramik mit Polyethylen oder Keramik mit Keramik                                         Dr. Werner Maurer-Ertl
                          etabliert.                                                                                       Universitätsklinik für Orthopädie und Traumatologie, Graz
                             In dieser Ausgabe wird mit dem Beitrag über Langzeitergeb-
                          nisse für den Zweymüllerschaft bis hin zu ersten Erfahrungen
                          mit dem innovativen Kurzschaft Proxy® versucht, einen histori-

                          Wissenschaftliche Beiräte
                          D. Aletaha, Wien; W. Anderl, Wien; C. Bach, Wien; N. Böhler, Linz; P. Bösch, Wr. Neustadt; H. Boszotta, Eisenstadt; M. Breitenseher, Horn; W. Brodner, Krems; E. Cauza, Wien;
                          K. Dann, Wien; M. Dominkus, Wien; U. Dorn, Salzburg; R. Dorotka, Wien; A. Engel, Wien; L. Erlacher, Wien; R. Eyb, Wien; C. Fialka, Wien; M. Friedrich, Wien; R. Ganger, Wien;
                          A. Giurea, Wien; R. Graf, Stolzalpe; W. Graninger, Graz; W. Grechenig, Graz; F. Grill, Wien; J. Grisar, Wien; G. Grohs, Wien; G. Gruber, Graz; K. Gstaltner, Wien; J. Hochreiter, Linz;
                          S. Hofmann, Stolzalpe; L. Holzer, Klagenfurt, H. Imhof, Wien; S. Junk-Jantsch, Wien; F. Kainberger, Wien; R. Kdolsky, Wien; K. Knahr, Wien; R. Kotz, Wien; P. Krepler, Wien;
                          M. Krismer, Innsbruck; W. Lack, Wien; B. Leeb, Stockerau; R. Lunzer, Graz; K. Machold, Wien; R. Maier, Baden; S. Marlovits; Wien; M. Mousavi, Wien; T. Muellner, Wien; S. Nehrer,
                          Krems; T. Neubauer, Horn; M. Nicolakis, Wien; M. Nogler, Innsbruck; A. Pachucki, Amstetten; G. Pflüger, Wien; R. Puchner, Wels; F. Rainer, Graz; H. Resch, Salzburg; P. Ritschl,
                          Wien; K. Schatz, Wien; G. Schippinger, Graz; M. Schirmer, Innsbruck; W. Schneider, Wien; H. Seitz, Judenburg; F. Singer, Laab i. W.; H. Tilscher, Wien; K. Trieb, Wels; H.-J. Trnka,
                          Wien; C. Tschauner, Stolzalpe; A. Ulreich, Gröbming; V. Vécsei, Wien; A. Wanivenhaus, Wien; R. Windhager, Wien; C. Wurnig, Wien; P. Zenz, Wien; J. Zwerina, Wien

                                    Orthopädie & Traumatologie Rheumatologie 3 / 2020                                                                                                                          5
Orthopädie & Traumatologie Rheumatologie - Österreichische Gesellschaft für Orthopädie ...
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                                                                                                                                                                 x t li

                                                                                                                                                                          ch
                                                                                                                                                           1
                                                                                                                                                                Ta b l e t

                                                                                                                                                                         te
                                                                                                                                                            1
                                           Für erwachsene Patienten mit mittelschwerer bis schwerer aktiver RA bei unzureichendem Ansprechen auf DMARDs:

                                           EIN ÜBERLEGENER THERAPIEANSATZ
                                           Olumiant® zeigte statistische Signifikanz für die Überlegenheit gegenüber Adalimumab für ACR20-Ansprechen
                                           und mittlere Veränderung des DAS28-CRP, jeweils in Woche 12.1,2*

                                           Überlegene Wirksamkeit
                                           im direkten Vergleich mit Adalimumab                                                1,2*

                                           jeweils in Kombination mit MTX

                                                                                                         1
                                                Schnell: Wirkeintritt bereits in Woche 1
                                                                                                             1**
                                                Langanhaltend: stabile Remissionsraten
                                                                                                              3
                                                Über 7 Jahre: günstiges Sicherheitsprofil
                                                                                                                         1
                                                Monotherapie: auch als Monotherapie zugelassen

                                     RE1 dunkelgelbe Box
                                     *  Statistisch signifikant höhere ACR50 und ACR70-Ansprechraten im Vergleich zu Adalimumab in Woche 12. Signifikante Verbesserung der Gesamt-
                                        beurteilung durch Arzt und Patient, des HAQ-DI, der Schmerzbewertung und des CRP in den Wochen 12, 24 und 52 unter Baricitinib im Vergleich
                                XX
Kurzfachinformation siehe Seite 50

                                        zu Adalimumab. Signifikante Verbesserung der mittleren Dauer und des Schweregrades der morgendlichen Gelenksteifigkeit unter Baricitinib im
                                        Vergleich zu Adalimumab in Woche 12.
                                     ** Höhere Remissionsraten im Vergleich zu Placebo wurden bereits ab Woche 4 beobachtet. Unter Berücksichtigung der Daten aus der Langzeit-
                                        Verlängerungsstudie wurden die Raten von Remission und geringer Krankheitsaktivität für mindestens 2 Jahre aufrechterhalten.
                                     1 Fachinformation Olumiant® Stand November 2019. 2 Taylor PC et al. N Engl J Med. 2017 Feb 16;376(7):652-662.
                                     3 Genovese MC et al. Ann Rheum Dis 2019; 78 (Suppl 2): 308–309

                                     PP-BA-AT-0330 Jänner 2020
Orthopädie & Traumatologie Rheumatologie - Österreichische Gesellschaft für Orthopädie ...
Inhalt

                                                                 ORTHOPÄDIE & TRAUMATOLOGIE RHEUMATOLOGIE

                                                            35 Begleitverletzungen bei
    GESELLSCHAFTSMITTEILUNGEN
                                                               Beckenringfrakturen
8     ÖGU/ÖGOuT                                                   M. Gregori, Wien
                                                                  S. Hajdu, Wien

9     ÖGO
                                                            40 Technik und Grenzen der
                                                               perkutanen SI-Verschraubung
10    GOTS
                                                               unter Bildwandlerkontrolle
    HÜFT- UND BECKENCHIRURGIE                                     D. Krappinger, Innsbruck

12    30-Jahres-Ergebnisse des Alloclassic                  44 Das Konzept der pfeilerkreuzenden
      Zweymüller® Geradschaftes                                Zugschrauben in der Osteosynthese
      kombiniert mit einer Schraubpfanne                       von Acetabulumfrakturen
      Alloclassic CSF®                                            D. Krappinger, Innsbruck
      L. Pisecky, Linz
      G. Hipmair, Linz                                      48 „Missed injuries“ an Hüfte
                                                               und Becken
16    4-Jahres-Ergebnisse mit dem                                 J. Starlinger, Wien/Rochester
      Kurzschaft ANA.NOVA® Proxy® –
      eine österreichische
      Erfolgsgeschichte?                                        RHEUMATOLOGIE
      W. Maurer-Ertl, Graz
      A. M. Smolle, Graz                                    53 Gebro Pharma: Astec® und Lafene®
                                                               Opioidpflaster jetzt in neuem Design
20 „Return to sport“
   nach Kurzschaftprothese                                  54 Lunge, Schmerz und Reha:
      C. Anderl, Linz                                          interdisziplinäre Fortbildung

                                                            58 Rheuma als Risikofaktor
23 Hüftendoprothetik nach                                      für Lunge und Herz
   Acetabulumfrakturen
      G. Thewanger, Linz                                    60 Aktualisierte EULAR-Empfehlungen zur Behandlung der
                                                               rheumatoiden Arthritis (RA)
                                                               JAK-Inhibitoren wie Baricitinib sind
26 Periprothetische Frakturen                                  etabliert und bDMARDs gleichzustellen
   bei geriatrischen Patienten
      M. A. Smolle, Graz
                                                            62 Systemischer Lupus erythematodes
      F.-J. Seibert, Graz
      W. Maurer-Ertl, Graz                                     Endlich auch auf dem Weg
                                                               zur personalisierten Medizin
29 Der direkt anteriore Zugang
   in der Revisionsendoprothetik                            65 Antikörper gegen systemischen Lupus erythematodes
      M. Thaler, Innsbruck                                     Hilft Anifrolumab oder nicht?

                                                            66 Interview
32 Altersfrakturen des Acetabulums:                            Anifrolumab
   Neues und Bewährtes in der                                  „Ein Zeichen der Hoffnung“
   operativen Versorgung                                          M. Aringer, Dresden
      F. Baumann, Regensburg
      V. Freigang, Regensburg
      V. Alt, Regensburg

                                                            3     Impressum

        Orthopädie & Traumatologie Rheumatologie 3 / 2020                                                            7
Orthopädie & Traumatologie Rheumatologie - Österreichische Gesellschaft für Orthopädie ...
ÖGU/ÖGOuT                                                                                     K. Gstaltner, Wien

Sehr geehrte Kolleginnen
und Kollegen!
   Wir befinden uns mitten in herausfordernden Zeiten. Unsere     fachgesellschaftspolitische Fragen haben derzeit nicht oberste
Fachgruppe hat gelernt, mit unerwarteten Situationen umzuge-      Priorität und wir müssen all diese Themen nach der Bewälti-
hen, schwierige Probleme zu lösen. Wir wurden für die Bewälti-    gung der derzeitigen Situation in Ruhe angehen. Vielleicht geht
gung von Großschadensereignissen und den Anfall von zahlrei-      dann alles auch etwas leichter von der Hand. Mit Glück haben
chen Schwerverletzten geschult.                                   wir dann aus der derzeitigen Situation gelernt, dass mitunter
   Nun sehen wir uns damit konfrontiert, dass eine medizini-      das Gemeinsame im Vordergrund stehen sollte und Einzelinter-
sche Problematik in einem völlig anderen Fachgebiet auftaucht,    essen kurzsichtig sind.
wir infolge der Entschleunigung der sozialen Kontakte keine          Ich wünsche Ihnen allen, dass Sie und Ihre Lieben sicher und
fachspezifisch großen Patientenzahlen zu bewältigen haben,        gesund durch die nächsten Wochen oder Monate kommen und
und dennoch sind wir auf eine Weise gefordert, wie in unser       wir uns spätestens bei der gemeinsamen Jahrestagung der ÖGU
aller Berufslaufbahn noch nie.                                    und ÖGOuT vom 1. bis 3. Oktober 2020 in Salzburg in alter Fri-
   Die logistische Herausforderung des ressourcenschonenden       sche wiedersehen.
Mitarbeitereinsatzes, die endenwollend vorhandenen Schutz-
ausrüstungen, der Umgang mit dem Bewusstsein, täglich einer         Ihre
unsichtbaren potenziellen Gefahr zu begegnen, und schlussend-
lich das Wissen, dass weltweit zahlreiche Kolleginnen und Kol-      Karin Gstaltner
legen an den Folgen einer Covid-19-Infektion sterben, wirken        Präsidentin der ÖGU
sich auch auf uns und unseren beruflichen Alltag aus.               Präsidentin der ÖGOuT
   Nichtsdestotrotz ist es im Moment unsere wichtigste Auf-
gabe, die unfallchirurgische Akutversorgung im ganzen Land
bestmöglich sicherzustellen.
   Alle anderen „Problemchen“ haben dabei in den Hintergrund
zu rücken, sind aber trotzdem nicht zu übersehen.
   Voraussichtlich werden wir in beiden Fachgesellschaften, der
ÖGU und der ÖGOuT, vor dem Sommer 2020 keine Fortbil-
dungsveranstaltungen mehr anbieten können. Standes- und

8                                                                                          Orthopädie & Traumatologie Rheumatologie 3 / 2020
Orthopädie & Traumatologie Rheumatologie - Österreichische Gesellschaft für Orthopädie ...
© Sissi Furgler

                                             A. Leithner, Graz                                                                                                         ÖGO

                      Viren und Orthopädie
                         Liebe Kolleginnen und Kollegen, aktuell               Möglicherweise sind Viren in der Ent-              Preise der
                      sind ja Viren in aller Munde, leider nicht            stehung von viel mehr orthopädischen Er-
                      nur bildlich gesprochen. Der aktuelle Kon-            krankungen beteiligt, als wir derzeit wis-            Österreichischen
                      nex zur Orthopädie besteht beim SARS-                 sen oder vermuten. So wird beispielsweise             Gesellschaft
                      CoV-2 (Abb. 1), aber vor allem in der Absa-           die Liste der von Viren mitausgelösten
                      ge elektiver orthopädischer Operationen               Tumorerkrankungen länger. Die WHO geht                für Orthopädie und
                      (und den daraus resultierenden mittelfris-            davon aus, dass etwa 10 % aller Tumoren               orthopädische Chirurgie
                      tigen Problemen wie längeren Wartelisten)             weltweit durch Virusinfektionen (mit)be-
                      sowie in der Absage großer internationaler            dingt sind.                                           Einreichungsfrist verlängert bis
                      Tagungen.                                                Die Aufgabe einer wissenschaftlichen               15. Juni 2020
                         Dabei sind Viren seit Jahrtausenden an             Gesellschaft wie der ÖGO besteht unter                https://intern.orthopaedics.or.at/
                      einer Vielzahl orthopädischer Krankheits-             anderem auch darin, Forschung zu för-                 beilagen/preise/preise.html
                      bilder beteiligt. Das wohl bekannteste,               dern. In diesem Zusammenhang darf ich
                      wenn auch zum Glück heutzutage fast aus-              auf die Forschungsförderung der ÖGO in
                      schließlich historische Beispiel ist die              der Höhe von 15 000 Euro verweisen, die
                      Poliomyelitis, oder kurz Polio. In einem              im Rahmen des Kongresses für Orthopädie
                      jahrzehntelangen Kampf der WHO konnte                 und Traumatologie 2021 vergeben werden                Save the Date
                      diese mutilierende viral bedingte Erkran-             wird. Bitte sich mit interessanten und in-
                      kung mit Impfungen auf letzte Herde in                novativen Projekten darum bewerben                    34. Jahrestagung der Vereinigung
                      Afghanistan und Pakistan zurückgedrängt               (Einsendeschluss wurde bis 15. Juni 2020              für Kinderorthopädie e. V.
                      werden, die lokalen Ärzte werden aber                 verlängert). Wer weiß, vielleicht findet              verschoben auf
                      noch viele Jahre die Spätfolgen behandeln             einmal jemand heraus, dass Viren bei der              29.–31. Oktober 2020, Graz
                      müssen (Abb. 2).                                      Entstehung eines Teils von Hüftdysplasien             www.kinderorthopaedie.org/
                         Rötelviren andererseits können zu ver-             eine Rolle spielen?                                   kongress-fachkollegen.html
                      schiedensten muskuloskelettalen Sympto-
                      men wie Arthralgien und Arthritiden bzw.                   Herzliche Grüße                                  33. Jahrestagung EMSOS
                      sogar zu angeborenen Fehlbildungen füh-                                                                     verschoben auf
                      ren. Aber auch andere virale Erreger kön-                  Andreas Leithner                                 16.–18. Dezember 2020, Graz
                      nen reaktive Arthritiden nach sich ziehen.                 Präsident der ÖGO                                www.emsos2020.org
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                                                                                                                                                                             © iStockphoto.com/aluxum

                      Abb. 1: SARS-CoV-2                                                             Abb. 2: Poliomyelitis-Spätfolgen in Indien

                             Orthopädie & Traumatologie Rheumatologie 3 / 2020                                                                                           9
Orthopädie & Traumatologie Rheumatologie - Österreichische Gesellschaft für Orthopädie ...
GOTS-NACHRICHTEN

         Absage 23. GOTS-Kongress Hopfgarten 2020

         Danksagung und Ausblick
         GOTS-Kongress 2021
         Liebe Mitglieder der GOTS, Freunde der Sportmedizin, sehr geehrte Organisatoren und Sponsoren!
         Die Pandemie der Covid hat unsere Welt in unvorstellbarer Art verändert. Sie trifft uns alle, und mit ihr
         auch alle wunderbaren Vorausplanungen der GOTS, die bereits im Endspurt waren …

            Derzeit sind alle geplanten Veranstaltungen abgesagt und wir          Die sorgfältige Vorbereitung des GOTS-Österreich-Treffens
         wollen diese Zeit nutzen, um Danke zu sagen an alle unermüd-          in Hopfgarten durch Universimed unter der Leitung von Frau
         lich Aktiven, die bisher und zukünftig dazu beitragen, fortschritt-   Dr. Christine Dominkus war schon abgeschlossen und ein viel-
         liche, wissenschaftlich relevante, interessante und freundschaft-     versprechender Kongress lag vor uns. Aufgrund der Einschrän-
         liche GOTS-Veranstaltungen vorzubereiten, zu unterstützen und         kungen durch Covid-19 war die Durchführung nicht mehr mög-
         durchzuführen: Danke für Ihre Unterstützung und Ihr Vertrauen!        lich, denn die Gesundheit von uns allen stand im Vordergrund:
            Auch wollen wir antreten, die Bedeutung von Bewegung und           Schützen wir uns selbst und schützen wir andere durch die
         Sport gerade in Zeiten von Isolation und Veränderungen im All-        strenge Einhaltung der Verhaltensregeln!
         tag noch mehr zu betonen. Leben ist immer auch Bewegung,                 Das 23. GOTS-Treffen Österreich, das für 19. bis 23. März
         und Sport erhöht nachweislich die Widerstandskraft, sichert die       2020 in Hopfgarten im Brixental geplant war, hätte einen wich-
         Gesunderhaltung der Bevölkerung und stärkt das Selbstwertge-          tigen Beitrag für die medizinische Aus- und Weiterbildung in
         fühl. Also bleiben wir in Bewegung, bleiben wir gesund!               Hinblick auf die Prävention, Diagnostik und Therapie von
                                                                               Sportverletzungen leisten können.
                                                                                  Geplant werden konnte diese Veranstaltung nur mit dem Wis-
Berufsbegleitende Universitätslehrgänge                                        sen, auf wissenschaftliche und finanzielle Unterstützung von
                                                                               internationalen Experten und Sponsoren der Industrie zählen zu
                                                                               können. Es wäre aber auch Ihre aktive Teilnahme vor Ort gewe-
Sportmedizin                                                                   sen, die wesentlich zum Erfolg unseres Treffens beigetragen
                                                                               hätte. Neben dem Besuch von Vorträgen und Workshops muss es
claudia.gruber@donau-uni.ac.at, +43 (0)2732 893-2751
                                                                               den Teilnehmerinnen und Teilnehmern ermöglicht werden, die
www.donau-uni.ac.at/sportmedizin
                                                                               derzeit auf dem Markt angebotenen Produkte selbst kennenzu-
                                                                               lernen, zu vergleichen, zu diskutieren und Hintergrundinforma-
Advanced Orthopedics                                                           tionen aus erster Hand zu erhalten. Dadurch lebt eine Veranstal-
                                                                               tung und hebt sich von Frontalvorträgen ab.

and Traumatology                                                                  Zurzeit kann niemand sagen, wie lange die Einschränkungen
                                                                               noch dauern werden, aber wir werden Sie rechtzeitig informieren,
sabine.siebenhandl@donau-uni.ac.at, +43 (0)2732 893-2750                       wann das 23. GOTS-Treffen der GOTS Österreich in Hopfgarten im
www.donau-uni.ac.at/aot                                                        Brixental nachgeholt werden wird (www.gots.at, www.gots.org).
                                                                                  Gerade nach einer Periode, in der das Ausüben vieler Sportar-
Das Zentrum für Gesundheitswissenschaften und Medizin bietet Master-           ten nicht möglich ist, wird auch mit einer vermehrten sportlichen
studien für moderne orthopädische und traumatologische Operations-             Aktivität zu rechnen sein. Lassen Sie uns dann wieder gemeinsam
und Behandlungsstrategien von Erkrankungen des Bewegungsapparates              einen Beitrag zur Ausbildung wie auch zur Weiterbildung von jun-
und kompetente medizinische Betreuung von SportlerInnen aller                  gen wie arrivierten Sportärzten leisten!
Leistungsstufen – vom Breiten- bis zum Spitzensport an.                           Im Namen der GOTS Österreich bedanken wir uns im Voraus
Start: Auf Grund der Einschränkungen durch Covid-19 wird der                   für Ihr Vertrauen, dafür, dass Sie uns weiterhin in unseren Akti-
Lehrgang auf Herbst verschoben, der genaue Starttermin wird                    vitäten unterstützen, für Ihr bisheriges Interesse, Ihre Treue
sobald möglich bekannt gegeben.                                                und freuen uns auf ein baldiges aktives Wiedersehen.
Dauer: 5 Semester berufsbegleitend • Abschluss: Master of Science (MSc)
Lehrgangsleitung: Univ.-Prof. Dr. Stefan Nehrer und                              Mit sportlichen Grüßen im Namen des GOTS-Österreich-Teams,
Univ.-Prof. Dr. Dr. Thomas Klestil                                               Priv.-Doz. Dr. Gerald Gruber, Kongressorganisator
Donau-Universität Krems. Die Universität für Weiterbildung.                      Priv.-Doz. Dr. Lukas Negrin, Kongressorganisator
                                                                                 Dr. Rolf Michael Krifter, GOTS-Vizepräsident Österreich
Kooperationspartner                                                              Univ.-Prof. Dr. Stefan Nehrer, GOTS-Vizepräsident

         10                                                                                              Orthopädie & Traumatologie Rheumatologie 3 / 2020
23. GOTS-Treffen Österreich                                                  GOTS-NACHRICHTEN

                                                                                 Vorträge | Diskussionen | Consensus | Workshops

                                                                                 www.gots.at
© iStockphoto/Jakob Helbig

                                                                         to be continued
                                                                                  in 2021

                             Orthopädie & Traumatologie Rheumatologie 3 / 2020                                                     11
Referat
                                                                                    L. Pisecky, Linz
HÜFT- UND BECKENCHIRURGIE                                                           G. Hipmair, Linz

30-Jahres-Ergebnisse des Alloclassic
Zweymüller® Geradschaftes kombiniert
mit einer Schraubpfanne Alloclassic CSF®
Schraubpfannen und Geradschäfte, unzementiert eingebracht, sind in                               KEYPOINTS
der Hüfttotalendoprothetik seit Jahrzehnten im Einsatz und haben vor                             $ Über Jahrzehnte haben unze-
                                                                                                       mentierte Geradschäfte und
allem im zentraleuropäischen Raum lange Zeit den Versorgungs­
                                                                                                       Schraubpfannen sehr gute
standard gebildet. Diese etablierten Systeme werden nun zunehmend                                      Ergebnisse in der Hüftgelenks-
                                                                                                       endoprothetik geliefert.
durch kürzere, vornehmlich meta­ oder metadiaphysär verankerte
                                                                                                 $ Die Ansprüche an die Implan-
Schaftsysteme in Kombination mit sphärischen Pfannen abgelöst.
                                                                                                       tate wurden zunehmend auch
Wir zeigen durch eine retrospektive Betrachtung unserer eigenen                                        in funktioneller Hinsicht grö-
                                                                                                       ßer, sodass nun mehrheitlich
Patienten im Verlauf von 30 Jahren, ob es sich bei der beschriebenen
                                                                                                       anatomisch geformte, muskel-
Versorgung lediglich um auslaufende Modelle handelt oder nach wie                                      und knochenschonend ein-
                                                                                                       bringbare Implantate den
vor um einen ernstzunehmenden Versorgungsstandard. Es handelt
                                                                                                       Markt beherrschen.
sich weltweit um das erste Patientenkollektiv mit dieser Versorgung,
                                                                                                 $ Die Implantate müssen im
welches über 30 Jahre beobachtet wurde.                                                                Verlauf der kommenden
                                                                                                       Dekaden ihre Überlegenheit
                                                                                                       auch im Sinne der Haltbarkeit
Hintergrund                                     Corail® und CLS® haben ebenso wie                      noch zeigen.
                                                Schraubpfannen (z. B. T-TAP ST) über De-
                                                                                                 $ Die Kombination aus der
   Aktuelle Trends führen zum Einsatz           kaden ihre Berechtigung zum Einsatz in
                                                                                                       bewährten 30-jährigen Veran-
kleinerer, anatomisch geformter Systeme,        der Hüft totalendoprothetik unter Beweis
                                                                                                       kerungstechnik spezieller
welche muskelschonend und knochen-              gestellt.
                                                                                                       Titanlegierungen und den
sparend eingebracht werden können. Je-             Einige Studien und Registerdaten be-
                                                                                                       neuen, strukturschonenden
doch liegen für die meisten Implantate          schäftigen sich mit kurz- und mittelfristi-
                                                                                                       Kurzschaftsystemen zeigt
noch keine Langzeitergebnisse vor, wel-         gen Ergebnissen des Alloclassic®-
                                                                                                       einen weiteren Weg für zu
che deren Überlegenheit gegenüber den           Zweymüller SL- und CSF-Systems, welches
                                                                                                       erwartenden langfristigen
seit Jahrzehnten im Einsatz befindlichen        1985 von Univ.-Prof. Dr. Karl Zweymüller
                                                                                                       Erfolg in der primären Hüft-
Systemen zeigt.                                 mit Sulzer Medica, Schweiz, entwickelt
                                                                                                       endoprothetik.
   Gut etablierte zementfreie Gerad-            wurde. Wenige Studien berichten von Da-
schaftsysteme wie Bicontact®, Taperloc®,        ten nach bis zu 20 Jahren. Seit der ersten

                                                                                              Publikation unserer Kohorte sind 15 Jahre
                 1,00                                                                         vergangen, was uns nun ermöglicht, ver-
                                                                                              lässliche Langzeitdaten zu generieren. Bis
                 0,75
                                                                                              heute ist den Studienautoren keine weitere
                                                                                              Arbeit mit 30 Verlaufsjahren bekannt. Das
      Survival

                                                                                              Ziel der Arbeit war die Reevaluierung der
                 0,50
                                                                                              Überlebensraten des Hüfttotalendoprothe-
                                                                                              sensystems nach 30 Jahren.
                 0,25

                                                                                              Patienten und Methoden
                   0
                        0             10                   20                  30                Von 1986 an hat unsere Abteilung das
                                              Elapsed                                         System „Zweymüller hochgezogen“, ge-
                                                                                              folgt vom „Alloclassic® SL“-System und
Abb. 1: Kaplan-Meier-Überlebenskurve für den Endpunkt „aseptische Lockerung“                  der CSF-Schraubpfanne bei Primär- und

12                                                                                                 Orthopädie & Traumatologie Rheumatologie 3 / 2020
Referat

                                                                                                HÜFT- UND BECKENCHIRURGIE

                                                                                           meter waren das Überleben der Endopro-
                1,00                                                                       these und notwendige Folgeeingriffe in
                                                                                           den letzten 30 Jahren. Nebenzielgrößen
                0,75                                                                       waren radioluzente Linien nach DeLee
                                                                                           und Charnley sowie Gruen im rezent ver-
     Survival

                0,50                                                                       fügbaren Röntgenbild. Die Patientenzu-
                                                                                           friedenheit wurde frei abgefragt. Über-
                0,25                                                                       lebenskurven nach Kaplan-Meier wurden
                                                                                           für aseptische Lockerung sowie jeden
                  0                                                                        Revisionsgrund berechnet.
                       0                       10                   20             30
                                                          Elapsed                          Resultate

Abb. 2: Kaplan-Meier-Überlebenskurve für den Endpunkt „Revision aus jedem Grund“           Überlebensrate
                                                                                               Definiert man den Endpunkt als asep-
Revisionseingriffen, zementfrei implan- nisch interviewt und der Implanta- tische Lockerung von Schaft oder Pfanne
tiert. 178 CSF-Schraubpfannen standen tionsstatus der Endoprothese wurde er- (3 Fälle), so erhält man eine Überlebens-
107 „Zweymüller hochgezogen“ und 71 fragt. Weiters wurden eventuell aufge- rate von 98,31 % (Abb. 1). Wenn der End-
SL-Schäften gegenüber. Alle 178 Systeme, tretene Probleme in Zusammenhang mit punkt „Revision aus jeglichem Grund“
implantiert bei 171 Patienten zwischen der Endoprothese gezählt. Wenn mög- ist, so ergibt sich eine Überlebensrate
1986 und 1987, wurden in die Nachunter- lich, wurde eine klinische Untersuchung von 84,83 % (27 Fälle, Abb. 2). Elf Pati-
suchung miteingeschlossen. In allen Fäl- mit Röntgendiagnostik vorgenommen. enten benötigten einen Wechsel von Kopf
len wurde ein Standard-Polyethyleninlay Bei 17,1 % des gesamten Patientenkollek- und Inlay nach durchschnittlich 21,44
verwendet. Die Gruppe bestand aus 102 tivs war kein Follow-up möglich. Das Jahren (SD 5,92). Davon benötigte ein
Frauen und 77 Männern. Das mittlere Al- mittlere Alter zum Zeitpunkt des Follow- Patient zweimal den Wechsel der beweg-
ter bei der Operation lag bei 62,71 Jahren ups lag bei 83,1 Jahren (72,4–95,2; Stan- lichen Bauteile aufgrund einer Abriebre-
(33,2–83,1; Standardabweichung 9,56). dardabweichung 6,86). Hauptzielpara- aktion. Jene Patienten, die innerhalb der
Die Indikationen zum Eingriff                                                                          vergangenen 30 Jahre verstor-
waren primäre Coxarthrose in                                                                           ben waren, lebten durch-
136 Fällen (76,40 %) und se-                                                                           schnittlich 18,57 Jahre (2,5–
kundäre Coxarthrose in 30 Fäl-                                                                         30,3; Standardabweichung
len (16,85 %). Weiters waren                                                                           6,96) mit dem Implantat.
Revisionsoperationen aus ver-
schiedenen Gründen in 12 Fäl-                                                                          Radiologie
len (6,74 %) die Indikation zur                                                                           Die Mehrheit der osteolyti-
Implantation.                                                                                          schen Zonen der Pfanne wurde
   Nach 30 Jahren waren 136                                                                            an der lateralen Zone 1 nach
Patienten verstorben. 29 von                                                                           DeLee und Charnley gesehen
35 verbliebenen Patienten                                                                              (n = 8; 87,5 %). Am Schaft fan-
konnten ausgeforscht und per                                                                           den sich radioluzente Linien
Telefon kontaktiert werden.                                                                            mehrheitlich an den proxima-
Angesichts von Übersiedelun-                                                                           len Zonen 1 und 7 nach Gruen
gen in andere Regionen und                                                                             (69,7 und 21,2 %). Keines der
der teils sehr schlechten ge-                                                                          Implantate wurde als gefährdet
sundheitlichen      Begleitum-                                                                         betrachtet.
stände konnten wir eine
durchgehende klinische Nach-                                                                           Klinisch
untersuchung nicht erwarten. Abb. 3: Exzellentes Operationsergebnis eines 73-jährigen Patienten nach      Die Zufriedenheit der Pa-
Die Patienten wurden telefo- 30 Jahren (li.)                                                           tienten mit der implantierten

            Orthopädie & Traumatologie Rheumatologie 3 / 2020                                                                       13
Referat

HÜFT- UND BECKENCHIRURGIE

Endoprothese war hoch. Kein Patient be-                                                       Überlebensrate von 89 % nach 17 Jahren.
schrieb residuale Schmerzen (Abb. 3).                                                         Das tschechische Endoprothetikregister
                                                                                              zeigte für 2677 Schäfte nach 1–11 Jahren
Ereignisse mit weiterer Operation                                                             ein Überleben in 99,81 %. In Anbetracht
   Jeweils 3 Fälle resultierten in asepti-                                                    der exzellenten Langzeitüberlebensdaten
scher bzw. septischer Lockerung der Endo-                                                     muss ein nachfolgendes System ähnlich
prothese. Bei 2 Pfannen trat eine asepti-                                                     gute Daten liefern, um Überlegenheit zu
sche Lockerung ein, jeweils mit Lockerung                                                     beweisen. Es zählen hier andere, funktio-
des Schaftes. Eine Pfanne lockerte auf-                                                       nelle Benchmarks, welche die Überlegen-
grund eines vollständigen Abriebs aus                                                         heit der kürzeren, anatomisch geformten
(Abb. 4, 5). 5 Patienten mussten aufgrund                                                     Schaftsysteme abbilden. Knochensparen-
einer periprothetischen Fraktur und 3 auf-                                                    de, muskelschonend einzubringende Im-
grund einer ausgedehnten heterotopen                                                          plantate, welche einen hohen Grad an
Ossifikation revidiert werden. Eine Im-                                                       Reproduzierbarkeit eines guten Operati-
plantatfraktur führte zur Revision der                                                        onsergebnisses versprechen, drängen auf
Femurkomponente (Abb. 6). Eine peripro-                                                       den Markt. Jedoch weisen derzeit nur Ge-
thetische Infektion und eine periprotheti-                                                    radschäfte ein ODEP-Rating von 13A* auf.
sche Fraktur führten jeweils zu einer                                                         Die Limitierung unserer Nachuntersu-
Girdlestone-Situation. Bei 3 Implantatio-                                                     chung liegt sicher in der geringen Zahl an
nen wurde schon intraoperativ eine Fissur-                                                    Patienten, die nach 30 Jahren noch für
bildung gesehen, wobei aber kein Zweitein-                                                    Nachuntersuchungen zur Verfügung stan-
griff notwendig war, weil sie mittels Cer-                                                    den. Es war aber möglich, verwertbare
clage versorgt werden konnte.                                                                 Daten zum Überleben des Systems nach 30
                                                                                              Jahren zu generieren, was diese Kohorten-
Diskussion                                                                                    analyse als alleinstehend auf dieser Ebene
                                                                                              auszeichnet.
   Als Folgeuntersuchung unserer bisher       Abb. 4 und 5: Absoluter Abrieb nach 25 Jahren      Das beschriebene System ist sehr ver-
publizierten Ergebnisse ist diese Kohorte                                                     lässlich in Primär- und Sekundäreingriffen
die erste mit einer Langzeitbeobachtung                                                       zu verwenden. Jedoch arbeitet man auch
von 30 Jahren. Während dieses Beobach-                                                        an unserer Abteilung seit zehn Jahren mit
tungszeitraumes konnte eine gewisse                                                           einem metadiaphysär verankernden
Bandbreite an Komplikationen gesehen                                                          Schaftsystem mit ebenfalls sehr guten Er-
werden. Nichtsdestoweniger war die Ver-                                                       fahrungen. Für diesen Kurzschaft, Fit-
sorgung für eine Mehrheit von 84,83 % der                                                     more® der Firma Zimmer Biomet, wurden
Patienten der letzte notwendige Eingriff                                                      schon 10-Jahres-Ergebnisse publiziert und
am Hüftgelenk. 15,17 % der Kohorte benö-                                                      er hat im ODEP-Rating („Orthopaedic Data
tigten einen Revisionseingriff. Es muss an                                                    Evaluation Panel“) aktuell eine 10A-Emp-
dieser Stelle festgehalten werden, dass die                                                   fehlung. Diese Schaftsysteme stellen sicher
Hauptursache für den Folgeeingriff der                                                        die neue Basis der Versorgung in der Hüft-
Abrieb des Standard-Polyethyleninlays                                                         totalendoprothetik dar. Die exzellenten
war. Seit der Einführung der ultrahochver-                                                    Ergebnisse dieses Kurzschaftsystems, kom-
netzten Ultrahochmolekulargewichts-Po-                                                        biniert mit dem bewährten 30-jährigen
lyethylene 1998 wurden die Eingriffe unter    Abb. 6: Implantatfraktur nach 20 Jahren         Titaneinwachsverhalten, dürften den Weg
Verwendung dieses Materials durchge-                                                          für die Zukunft zeigen.                  ◼
führt, was weniger Abrieb und weniger
Revisionseingriffe verspricht. Die sehr gut   trachtet. Eine Vorarbeit der Studiengruppe                                                 Autoren:
nachgewiesene Kosteneffektivität der          konnte die Reduktion der osteolytischen                  Dr. Lorenz Pisecky, Dr. Günter Hipmair
Hüfttotalendoprothetik wird mit der Ver-      Zonen rund um den Femurschaft nach                       Klinik für Orthopädie und Traumatologie
wendung stärker haltbarer Materialien         Kopf- und Inlay-Wechsel zeigen.                                   Kepler-Universitäts-Klinikum Linz
aufgrund des geringeren Abriebs und der          Unsere Ergebnisse sind vergleichbar                E-Mail: lorenz.pisecky@kepleruniklinikum.at
geringeren Revisionsrate noch größer.         mit jenen der Studiengruppe Delauny,                        guenter.hipmair@kepleruniklinikum.at
   Wie erwartet, wurden die radioluzenten     welche Überlebensraten von 99 % für den                                                         ◾04
Linien der Pfanne in der lateralen Zone       Schaft nach 7–8 Jahren zeigen konnte. Die
nach DeLee und Charnley gesehen, ebenso       Gruppe um Pieringer zeigte 2006 nach            Literatur:
wie am Femurschaft an den proximalen          157 Monaten eine Überlebensrate von             bei den Verfassern
Zonen 1 und 7. Diese Phänomene, typisch       98,4 % für die Pfanne bei aseptischer Lo-
für die Implantate, waren bekannt und kei-    ckerung. Die Studiengruppe Busch präsen-
nes der Systeme wurde als gefährdet be-       tierte 2012 für Schaft und Pfanne eine

14                                                                                                Orthopädie & Traumatologie Rheumatologie 3 / 2020
1                                           3              6                                                     2
                                                                                                                                                                                                     12
                                                                                   4
                                                                                                                                                                                                                   Referat
                                                                                                               3                                                 HÜFT-
                                                                                                                                                                   2   UND BECKENCHIRURGIE
                                                                                                                                                                                                                            11

                                                                                                                                      9          10

                                                                           Unger Instrumente für den                                                           Universalsystem speziell für den
                                                                                                                                                               direkt anterioren Zugang beim
                                                                           direkt anterioren Hüftzugang                                                        totalendoprothetischen Hüftgelenkersatz
                                                                           Entwickelt von Anthony Unger, MD

Wixson-Anteriores
Aufhänge-Hakensystem
Entwickelt von Richard L. Wixson, MD                                                                                                                              9 Schenkelhalshebel
Zur Femurpräparation nach                                                                              1 Breiter Hohmann-Hebel—mit einem Zinken
Implantation der Pfannenkomponente
                                                                                                                                                                                           10 Weichteilschutz

                                                                                                       2 Breiter Hohmann-Hebel—mit zwei Zinken

                                                                                                                                                                                           13 Schenkelhalshebel, lang

                                                                                                       3 Schmaler Hohmann-Hebel

                                                                                                       4 Schmaler Kobra-Hebel

                                                                                                                                                                  11 12 Schmaler Offset-Hohmann-
                                                                                                                                                                            Hebel - rechts & links

Zur Verwendung mit einem
Standard-OP-Tisch; erleichtert                                                 5 Kanal-Zugangsraspel, gerade
die Elevation des proximalen
Femurs bei der Implantation                                                                                                                                  ARTIKELNUMMERN:
von Hüft-TEPs über einen direkt                                                                                                                           1 3001 [Breiter Hohmann-Hebel; mit einem Zinken]
anterioren Zugang                                                                                                                                         2 3008 [Breiter Hohmann-Hebel; mit zwei Zinken]
                                                                               6 Kanal-Zugangsraspel, gebogen
                                                                                                                                                          3 3002 [Schmaler Hohmann-Hebel]
                                                                                                                                                          4 3003 [Schmaler Kobra-Hebel, stumpf]
                                                                                                                                                          5 3004 [Kanal-Zugangsraspel, gerade]
                                                                                                                                                          6 3004-01 [Kanal-Zugangsraspel, gebogen]
                                                                                    Kanal-Zugangsraspel, gebogen
                                                                              6s mit glattem proximalem Abschnitt
                                                                                                                                                          6s 3004-02 [Unger Kanal-Zugangsraspel, gebogen
                                                                                                                                                                         mit glattem proximalem Abschnitt]
                                                                                                                                                           7 3005-R [Kastenmeißel, rechts]
                                                                                                                                                           8 3005-L [Kastenmeißel, links]
                                                                                                   7      8 Kastenmeißel                                   9 3006 [Schenkelhalshebel]
                                                                                                                                                          10 3007 [Weichteilschutz]
                                                                                                                                                          11 3009-R [Offset-Hohmann-Hebel, schmal, rechts]
                                                                                                                                                          12 3009-L [Offset-Hohmann-Hebel, schmal, links]
                                                                                                                                                          13 3006-01 [Schenkelhalshebel, lang]

 ARTIKELNUMMER:                                                                                                                                                                                                         HERGESTELLT
                                                                                                                                                                                                                        IN DEN USA
 6245-00 [Komplette Systemeinheit]
HERGESTELLT
                                                                                                     melswiesen 9 D-78056 Villingen-Schwenn
IN DEN USA                                                                         stik GmbH In Ram
                                                              H   c / o Emons Logi         19 CH-6 330 Cham Schweiz Tel: 0041 (41) 740 67
                                                                                                                                           ingen
                                                      p e Gm b            ha user s trasse                                                7 4
                                              ed-Euro           Alte Stein
                                        Innom -Europe LLC
                                               ed                              Einscannen
                                         Innom                                              um zu unserer
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                       Orthopädie & Traumatologie Rheumatologie 3 / 2020                 103 Estus Drive, Savannah, GA 31404 USA                           (912) 236-0000         info@innomed.net
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                                                                                                                                                                                                                  www.innomed.net
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Referat
                                                                                         W. Maurer-Ertl, Graz
HÜFT- UND BECKENCHIRURGIE                                                                 A. M. Smolle, Graz

4-Jahres-Ergebnisse mit dem Kurzschaft
ANA.NOVA® Proxy® – eine österreichische
Erfolgsgeschichte?
Kurzschaft ist nicht gleich Kurzschaft. Auch wenn derzeit nur wenige Langzeitergebnisse
für unterschiedliche Kurzschaftversionen vorliegen und daher eine definitive Aussage zu
deren Wertigkeit im Vergleich zu seit Jahrzehnten verwendeten Standard-Geradschäften
noch nicht abschließend möglich ist, halten wir es für absolut notwendig, diese
Diskussion differenziert zu führen.

D    ie Implantation von Hüfttotalendo-
     prothesen (HTEP) wurde im „Lancet“
als eine der erfolgreichsten Operationen
                                                    wird. 3 Historisch wurden nicht nur ope-
                                                    rative Zugangswege und verwendete Ma-
                                                    terialien verbessert, sondern auch Ober-
                                                                                                        Osteotomiehöhe beziehen. Die Klassifika-
                                                                                                        tion nach McTighe teilt Kurzschäfte in
                                                                                                        vier Gruppen ein, wobei sie definitionsge-
des letzten Jahrhunderts gelistet.1 Zwi-            flächen, Implantatdesigns und Veranke-              mäß nicht über die Metaphyse reichen
schen 2000 und 2015 stieg die Zahl der              rungsphilosophien.4                                 dürfen.7
implantierten HTEP in allen OECD-Län-
dern um durchschnittlich 30 %. 2 Öster-             Wann ist ein Schaft ein Kurzschaft?                 Warum Kurzschäfte? Marketing-
reich lag mit 271 HTEP pro 100 000 Ein-                                                                 Hype oder Innovation?
wohner und Jahr auf Platz 3 und deutlich               Kurzschaftprothesen haben in den letz-
über dem OECD-Schnitt von 156 pro                   ten Jahren an Popularität zugenommen.                   Auch wenn beispielsweise der Zwey-
100 000 Einwohner und Jahr. 2 Auch                  So machten sie bereits 9,7 % aller regis-           müller-Geradschaft hervorragende lang-
wenn die zu erwartende Standzeit bei                trierten Prothesen im deutschen Endopro-            fristige Standzeiten bewiesen hat, wird
HTEP – unter anderem aufgrund neuer                 thesenregister (EPRD) 2018 aus, vergli-             jeder Hüftchirurg bestätigen, dass eine
Erkenntnisse in puncto Biomechanik,                 chen mit 6,6 % im Jahr 2015.5 Die Defini-           mittlerweile zeitgemäße minimal invasive
weiterentwickelter Oberflächenbeschaf-              tion von Kurzschaftprothesen ist aller-             Einbringung von Geradschäften über einen
fenheit und neuer Operationstechniken               dings nicht klar geregelt. Die Einteilungen         anterolateralen bzw. anterioren Zugang im
– heute nur abgeschätzt werden kann, ist            von Learmonth6, McTighe7 und Khanuja8               Vergleich zu Kurzschäften deutlich schwe-
mit Blick auf Registerdaten davon auszu-            nehmen eine Klassifizierung nach dem                rer möglich ist. Muskelverletzungen mit
gehen, dass bei knapp mehr als der Hälf-            Verankerungsmechanismus vor, während                positivem Trendelenburg-Zeichen und
te aller HTEP über einen Zeitraum von 25            sich die Einteilungen nach Feyen et Shim-           Duchenne-Hinken sind, neben diaphysär
Jahren keine Revision erforderlich sein             min9, van Oldenrijk10 und Falez11 auf die           knöcherner Hypertrophie mit Schaft-
                                                                                                        schmerzen und proximalem Resorptions-
                                                                                                        saum, bekannte mögliche Komplikationen
                                                                                                        nach Implantation diaphysär verankernder
                                                                                                        Geradschäfte. Diese Probleme und das Ziel
                                                                                                        einer einfacheren Implantationsmöglich-
                                                                                                        keit bezüglich Muskelschonung, komplet-
                                                                                                        tem Erhalt des Trochanter major sowie ei-
                                                                                                        ner möglichst proximalen Krafteinleitung
                                                                                                        in das Femur sind Anlass genug, neue De-
                                                                                                        signs zu evaluieren.

                                                                                                        Prospektive Postmarketing-
                                                                                                        Surveillance-Studie
                                                                                                        ANA.NOVA Proxy®

                                                                                                           Die Erstimplantation des Kurzschaftes
Abb. 1: 4 Jahre radiologisches Follow-up, völlig reizlose knöcherne Integration der Prothese trotz      ANA.NOVA Proxy® (ImplanTec GmbH,
höchster sportlicher Beanspruchung mit über 60 000 abgespulten Radmarathonkilometern                    Mödling, Österreich) erfolgte, nach inten-
(A: präoperativ, B: postoperativ, C: 1 Jahr postoperativ, D: 4 Jahre postoperativ)                      siver Entwicklungsarbeit rund um das

16                                                                                                          Orthopädie & Traumatologie Rheumatologie 3 / 2020
Referat

                                                                                                             HÜFT- UND BECKENCHIRURGIE

                                       Coxa vara                   Coxa norma                 Coxa valga                 p-Wert
                                       (n=124)                     (n=204)                    (n=143)
 Absolute Änderung CCD                 15,0° ± 6,3°                8,1° ± 4,7°                4,7° ± 4,2°
Referat

HÜFT- UND BECKENCHIRURGIE

                                                                                                                                                Autoren:
      450                                                                                                                       Dr. Werner Maurer-Ertl
                                                                                                                                 Dr. Maria Anna Smolle
      400
                                                                                                                   Universitätsklinik für Orthopädie und
      350                                                                                                                            Traumatologie, Graz
      300
                                                                                                                            Korrespondierende Autorin:
      250                                                                                                                       Dr. Maria Anna Smolle
      200
                                                                                                                   E-Mail: maria.smolle@medunigraz.at
                                                                                                                                                            ◾04
      150
                                                                                                   Literatur:
      100
                                                                                                   1 Learmonth ID et al.: The operation of the century: total
       50                                                                                          hip replacement. Lancet 2007; 370(9597): 1508-19
                                                                                                   2 OECD: Geographic Variations in Health Care: What do we
        0                                                                                          know and what can be done to improve health system per-
              bis 30     31–40       41–50      51–60      61–70       71–80       >81             formance? Paris: OECD Publishing 2014 3 Evans JT et al.:
                                                                                                   How long does a hip replacement last? A systematic re-
                                                                                                   view and meta-analysis of case series and national regis-
Abb. 2: Altersverteilung in Dekaden für 1222 Proxy®-Implantationen an der Universitätsklinik für   try reports with more than 15 years of follow-up. Lancet
Orthopädie und Traumatologie am LKH Graz im Zeitraum von Dezember 2015 bis Dezember 2019.          2019; 393(10172): 647-54 4 Wiles P: The surgery of the os-
Nach den ersten Jahresauswertungen konnte die Anwendung ohne Alterslimit ausgedehnt werden         teoarthritic hip. Br J Surg 1958; 45(193): 488-97 5 Grim-
                                                                                                   berg A, Jansson V: Endoprothesenregister Deutschland –
                                                                                                   Jahresbericht 2019: Mit Sicherheit mehr Qualität. Endopro-
                                                                                                   thesenregister Deutschland 2019 6 Learmonth ID: Conser-
Diskussion                                        nach zu einer sukzessiven Stabilisierung
                                                                                                   vative stems in total hip replacement. Hip Int 2009; 19(3):
                                                  kommt.16 So wurde in einer Studie zum            195-200 7 McTighe T et al.: JISRF Classification System for
   Innovation braucht innovative Akteure.         Optimys®-Kurzschaft (Mathys) eine mitt-          Short Stem Uncemented THA. JISRF Publication 2012
Unter diesem Gesichtspunkt sehe ich es als        lere Migration von 0,21 mm nach 6 Wo-            8 Khanuja HS et al.: Short bone-conserving stems in ce-
Auftrag, insbesondere an Universitätskli-         chen beobachtet, wobei die Schäfte nach-         mentless hip arthroplasty. J Bone Joint Surg Am 2014;
                                                                                                   96(20): 1742-52 9 Feyen H, Shimmin AJ: Is the length of the
niken, Forschung nach „Good clinical              folgend alle sekundär knöchern integ-
                                                                                                   femoral component important in primary total hip replace-
practice“-Kriterien zu betreiben und damit        rierten.16 Insbesondere zeigt sich durch         ment? Bone Joint J 2014; 96-B(4): 442-8 10 van Oldenrijk J
objektive Ergebnisse transparent bereitzu-        diese vereinzelt beobachtete Frühmigra-          et al.: Revision rate after short-stem total hip arthroplasty:
stellen. Jene metaphysär verankerten              tion kein erhöhtes Risiko für eine asepti-       a systematic review of 49 studies. Acta Orthop 2014; 85(3):
Kurzschäfte, die bis heute auf dem Markt          sche Lockerung. Damit sind EBRA-Daten            250-8 11 Falez F et al.: Current concepts, classification,
                                                                                                   and results in short stem hip arthroplasty. Orthopedics
sind, zeigen mittelfristig ein mit Standard-      für Kurzschäfte differenziert von bishe-
                                                                                                   2015; 38(3 Suppl): S6-13 12 Giardina F et al.: Short stems
Geradschäften vergleichbares Outcome.12           rigen Erfahrungen mit Geradschäften zu           versus conventional stems in cementless total hip arthro-
Demgegenüber haben einige Kurzschäfte,            diskutieren.                                     plasty: a long-term registry study. J Arthroplasty 2018;
die sich hauptsächlich im Schenkelhals                Generell weisen die meisten Autoren          33(6): 1794-9 13 Hauer G et al.: Survival rate of short-stem
verankern, an Popularität verloren bzw.           darauf hin, dass die Erfolgsrate von Kurz-       hip prostheses: a comparative analysis of clinical studies
                                                                                                   and national arthroplasty registers. J Arthroplasty 2018;
sind teilweise wieder vom Markt ver-              schäften mit der Erfahrung des Opera-
                                                                                                   33(6): 1800-5 14 Thalmann C et al.: An excellent 5-year
schwunden, da diese Schäfte erhöhte Kom-          teurs mit dem Schaftsystem steigt, da so-        survival rate despite a high incidence of distal femoral cor-
plikationsraten wie aseptische Lockerun-          wohl die richtige Osteotomiehöhe am              tical hypertrophy in a short hip stem. Hip Int 2020; 30(2):
gen aufzuweisen scheinen.13                       Schenkelhals als auch die adäquate Press-        152-9 15 Malahias MA et al.: The clinical outcome of the
   Andere Kurzschäfte, die eine meta-             fit-Verankerung des Schaftes entscheidend        Metha short hip stem: a systematic scoping review. Hip Int
                                                                                                   2020: 1120700020903719 16 de Waard S et al.: The migra-
physäre Verankerung haben, wie der                für eine gute Rekonstruktion der Hüftana-
                                                                                                   tion pattern and initial stability of the Optimys short stem
Fitmore®-Schaft (Zimmer Biomet), zei-             tomie sowie stabile Fixierung im Knochen         in total hip arthroplasty: a prospective 2-year follow-up
gen sehr gute klinische Ergebnisse, auch          sind.17                                          study of 33 patients with RSA. Hip Int 2020:
wenn es immer wieder zu kortikalen Hy-                                                             1120700020901844 17 Padilla JA et al.: The learning curve
pertrophien kommt.14 Diese Hypertro-              Zusammenfassung                                  following adoption of a novel short-stem prosthesis in total
                                                                                                   hip arthroplasty: implications on short-term patient out-
phien scheinen unabhängig von Schaft-
                                                                                                   comes. Eur J Orthop Surg Traumatol 2019; 29(4): 819-25
schmerzen zu sein, die bis zu 16 % der               Unsere ersten Erfahrungen nach über
Patienten berichten.14 Auch mit dem               1200 Implantationen und die Studienda-
Metha®-Kurzschaft (B. Braun Aesculap)             ten nach 4 Jahren Follow-up liefern für
konnten insbesondere bei jungen Patien-           den Kurzschaft ANA.NOVA® Proxy® her-
ten gute klinische Ergebnisse erzielt wer-        vorragende Ergebnisse. Entsprechend
den.15 Auch wenn in einigen Studien für           dem Studienprotokoll werden laufend
unterschiedliche Kurzschafttypen Nach-            Auswertungen der Röntgenbilder inklusi-
sinterung berichtet wird, scheint diese           ve EBRA-Migrationsanalysen sowie die
nur in den ersten Monaten nach Operati-           Erhebung der klinischen Patientenzufrie-
on eine Rolle zu spielen, während es da-          denheit folgen.                       ◼

18                                                                                                      Orthopädie & Traumatologie Rheumatologie 3 / 2020
Referat

                                                                         HÜFT- UND BECKENCHIRURGIE

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                                                                               mit l             te
                                                                                     Varian

                                                                                                  19
              GmbH ● Grenzgasse 38a ● 2340 Mödling ● Österreich ● info@implan-tec.at ● www.implan-tec.at
          Orthopädie & Traumatologie Rheumatologie 3 / 2020
 © ImplanTec
© Krankenhaus BHS Linz
Referat

HÜFT- UND BECKENCHIRURGIE                                                                               C. Anderl, Linz

„Return to sport“
nach Kurzschaftprothese
Sowohl das steigende Aktivitätslevel der älteren Patienten als auch                             KEYPOINTS
die wachsende Anzahl an jungen Patienten stellen die Hüftendo­                                  $ Das Prinzip der Kurzschaft-
                                                                                                   prothese zeigt gerade bei
prothetik vor neue Herausforderungen. Dabei wird vor allem der                                     sportlich aktiven Patienten
Anspruch auf sportliche Aktivität nach Hüftimplantation weiter an                                  entscheidende Vorteile.

Bedeutung gewinnen. Es zeigt sich nun zunehmend, dass die                                       $ Studien belegen die Über-
                                                                                                   legenheit gegenüber tradi-
Kurzschaftprothesen auch in diesem Bereich deutliche Vorteile                                      tionellen Prothesendesigns,
bringen.                                                                                           was die immer mehr in den
                                                                                                   Fokus tretende Thematik
                                                                                                   „return to sport“ betrifft.

D   ie exzellenten Ergebnisse der moder-
    nen Hüftendoprothetik haben zu einer
kontinuierlichen Zunahme der Erwar-
                                              welche oft eine lebenslange muskuläre In-
                                              suffizienz zur Folge hat. Beim Geradschaft
                                              hingegen verlangt das Prothesendesign
                                                                                                $ Um Komplikationen bei
                                                                                                   der knöchernen Integration
tungshaltung unter den Patienten ge-          eine diaphysäre und damit deutlich weiter            zu vermeiden, sollte in der
führt, mit einem besonderen Augenmerk         distal gelegene Verankerung. Um diese zu             Frühmobilisation auf Spitzen-
auf die Wiederaufnahme von sportlichen        erreichen, kommt es während der Präpa-               belastungen verzichtet
Aktivitäten.                                  ration bzw. Implantation unvermeidlich zu            werden.
                                              einer knöchernen Schwächung der Tro-
Kurzschaft vs. Geradschaft: Der               chanterregion wie auch zu einer deutli-
Unterschied liegt im Design                   chen Traumatisierung der pericoxalen            in vielen Fällen noch über dem präopera-
                                              Muskulatur.2 Es konnte auch gezeigt wer-        tiven Niveau liegt.
   Die besseren Resultate betreffend sport-   den, dass durch die Schenkelhals-erhalten-          In einer an unserer Abteilung durchge-
liche Aktivitäten nach Kurzschaftimplan-      de Implantationstechnik des Kurzschaftes        führten Studie wurden 137 Patienten nach
tation im Vergleich zur Geradschaftim-        eine physiologische Rekonstruktion des          einzeitiger Implantation einer zementfrei-
plantation sind höchstwahrscheinlich          Offsets und damit der natürlichen Kinema-       en Kurzschaftprothese (Optimys; Mathys,
durch mehrere grundlegende Unterschiede       tik des Hüftgelenkes erreicht werden            Bettlach, Switzerland) nachuntersucht.5 Es
zwischen diesen Prothesendesigns begrün-      kann.3 Dies ist sicherlich eine Grundvor-       wurde dabei die postoperative sportliche
det. Eine entscheidende Rolle scheint dabei   aussetzung, um ein hohes postoperatives         Aktivität mit der Hypothese abgefragt,
der Optimierung der Operationstechnik in      Level der sportlichen Aktivität zu erlangen.    dass nach Kurzschaftimplantation ein Er-
Kombination mit einem minimal invasiven                                                       reichen des ursprünglichen sportlichen
Zugang zuzukommen. Die Implantations-         Wissenschaftliche Datenlage –                   Levels bei erhöhtem körperlichem Wohlbe-
technik unterscheidet sich dahingehend        Sport nach Kurzschaft                           finden möglich ist. Die Daten wurden mit-
deutlich vom Geradschaft, als bei vielen                                                      tels Fragebogen betreffend die prä- und
Kurzschäften eine anatomische Führung            An Abteilungen mit langjähriger Erfah-       postoperative Durchführung von gesamt
der Prothese entlang des Calcars erfolgt,     rung in der minimal invasiven Hüftchirur-       26 verschiedenen Sportarten und Rehabi-
mit dem Ziel einer metaphysären Fixation      gie ist das Bild des früh mobilisierten Pati-   litationsmaßnahmen erhoben, wobei die
und damit physiologischen Krafteinlei-        enten, welcher ohne gluteales Schonhin-         präoperativen Angaben die Zeit vor dem
tung. In einer rezenten Publikation konnte    ken beim Gangtraining mit den Physiothe-        Einsetzen von restringierenden Sympto-
nach Kurzschaftimplantation eine Zunah-       rapeuten angetroffen wird, bereits Alltag       men betrafen. Es wurde auch nach den
me der Knochendichte genau in den Area-       geworden.4 In Anbetracht der rasch zuneh-       Gründen für einen etwaigen Wechsel der
len nachgewiesen werden, welche beim          menden Verbreitung der Kurzschäfte er-          sportlichen Aktivität sowie nach dem Zeit-
Geradschaft am deutlichsten vom Stress-       höht sich nun auch zunehmend die Aussa-         punkt der Wiederaufnahme der selbigen
Shielding betroffen sind.1 Durch die ge-      gekraft von wissenschaftlichem Datenma-         gefragt. Ergänzend wurden der VAS wäh-
schwungene Prothesenform ist es schließ-      terial, welches sich mit den klinischen und     rend des Sports und die Schmerzmedika-
lich auch möglich, das Implantat gewebs-      radiologischen Ergebnissen dieses Verfah-       tion erhoben.
schonend im Muskelintervall einzubrin-        rens beschäftigt. In mehreren wissen-               Erfreulicherweise konnte über alle Pa-
gen. Hierbei kommt es insbesondere zu         schaftlichen Nachuntersuchungen konnte          tienten hinweg eine „Return to sports“-
keiner Schwächung des Trochanter major,       nun zuletzt gezeigt werden, dass auch nach      Rate von 91 % nachgewiesen werden. Über
wodurch die gefürchtete Komplikation ei-      Kurzschaftimplantation ein hohes sportli-       die Hälfte der Patienten (56 %) nahmen
nes Trochanterabrisses vermieden wird,        ches Level erreicht werden kann, welches        ihre sportlichen Aktivitäten bereits zwi-

20                                                                                               Orthopädie & Traumatologie Rheumatologie 3 / 2020
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